mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV

mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV

julia.siegmueller.de
von julia.siegmueller.de Mehr von diesem Publisher
29.11.2014 Aufrufe

WBS-Kindern sogar zu erwarten, da der Lexikonerwerb bei diesen Kindern sehr unterschiedlich einsetzt (vgl. Kapitel 1.1.3.4.1) und somit das Entwicklungsstadium des Wortschatzspurtes, in dem die lexikalischen Erwerbsbeschränkungen besonders häufig zum Einsatz kommen, ebenfalls individuell erreicht werden wird. So ist es notwendig, Belege für das Erreichen des Spurts und das Einsetzen des fast mapping-Prozesses aus der Literatur vorzulegen, bevor eine Untersuchung der constraints als Testfall universalen Wissens von WBS-Kindern sinnvoll erscheint. Durchlaufen WBS-Kinder den Wortschatzspurt und weisen fast mapping auf, sind Untersuchungen der lexikalischen constraints eine Möglichkeit, dem universellen Wissen von jungen WBS-Kindern vor der in Kapitel 1 besprochenen Aufholphase näher zu kommen. 2.4.1 Auftreten des Wortschatzspurts und des fast mappings bei Kindern mit Williams-Beuren- Syndrom Es existieren nicht viele Angaben darüber, ob WBS-Kinder einen Wortschatzspurt in ihrer Lexikonentwicklung zeigen. Nur in einer Studie von Mervis und Bertrand (1997) wird der Spurt bei einer Gruppe WBS-Kinder zum altersadäquaten Zeitpunkt festgestellt. Daneben wird in der Langzeitstudie von Capirci und Kollegen erwähnt, dass ihr italienisches Fallkind mit 2;5 in den Wortschatzspurt kommt. Während des Spurts erweiterte sich das Lexikon dieses WBS-Kindes von ca. 20 auf 100 Wörter; eine weitere Wortschatzmessung mit 3;6 ergab 484 Wörter (Capirci et al. 1996). Als Anhaltspunkt für normales Lernverhalten von WBS-Kindern in dieser Entwicklungsphase kann außerdem gelten, dass sie wie ungestörte Kinder einfache Gattungsbegriffe der Basisebene vor subordinierten sowie vor superordinierten Begriffen erwerben (Mervis et al. 2004). Der Untersuchung von Mervis und Kollegen zufolge wird auch das funktionale Explorieren von Objekten im spontanen Spiel von den WBS-Kindern ähnlich ausgeführt wie von ungestörten gleichaltrigen Kindern. Die WBS-Kinder erproben in solchen Spielsituationen adäquate Funktionen der zur Verfügung stehenden Spielzeuge; z.B. probieren sie das Rollen nur bei runden Objekten bzw. Gegenständen mit Rädern. Sie versuchen nicht, Objekte zu rollen, an denen keine offensichtlichen Möglichkeiten dazu bestanden. Weiterhin gibt es einige Aussagen über voraussetzende Fähigkeiten bei WBS-Kindern, d.h. Kompetenzen, von denen angenommen wird, dass sie zur Auslösung des Wortschatzspurts notwendig sind. Mervis et al. (2004) sowie Mervis und Bertrand (1997) gehen davon aus, 75

dass bei ungestörten Kindern ein zeitlicher Zusammenhang zwischen spontanem Sortieren im kindlichen Spiel und der Auslösung des Wortschatzspurts besteht. Beide Fähigkeiten spiegeln zwei zunächst unabhängige, sich parallel entwickelnde Einsichten des Kindes wider, die sich während des Spurts zur Benenneinsicht verbinden und als fast mapping den schnellen Wortschatzerwerb steuern. Die beiden voraussetzenden Einsichten besagen, dass Objekte einen Namen benötigen (linguistische Einsicht) bzw. einer Kategorie angehören (Sortieren, kognitive Einsicht). Hierbei drückt das Kind durch das Sortieren von Realgegenständen in Gattungen die Bereitschaft aus, semantische Kategorien aufzubauen, die sich dann während des Spurts als Erwerbsbeschränkung (taxonomic assumption) nachweisen lassen (Mervis et al. 2004: 79f.). Bei WBS-Kindern wird der Zusammenhang zwischen dem spontanen Sortieren und dem Beginn des Spurts nicht so deutlich wie bei chronologisch altersgleichen ungestörten Kindern oder Down-Syndrom-Kindern. Stattdessen ist das fast mapping bei WBS-Kindern nachweisbar, bevor diese mit dem spontanen Sortieren beginnen (Mervis & Bertrand 1997). Das heißt, dass die WBS-Kinder den Spurt beginnen, ohne die zweite grundlegende kognitive Einsicht zuvor bewältigt zu haben. Der schnelle Wortschatzerwerb könnte nach Mervis und Bertrand somit bei den WBS-Kindern mithilfe anderer Prozesse ablaufen als bei ungestörten Kindern oder Kindern anderer klinischer Gruppen 16 . Als Erklärung, wie fast mapping bei den WBS-Kindern unter diesen Umständen möglich sein kann, schlagen Mervis und Kollegen (2004: 81) vor, dass WBS-Kinder in dieser Zeit eine Entwicklung im sprachlichen Kurzzeitgedächtnis durchlaufen, so dass sich hierdurch das Erwerbstempo von Wörtern erhöht, obwohl die Kinder eigentlich noch mithilfe des gleichen Prozesses wie in der Phase vor dem Spurt ihr Lexikon erwerben. Durch die verbesserten Kurzzeitgedächtnisfähigkeiten ist dies lediglich effizienter als vorher. Das fast mapping selbst wurde bei WBS-Kindern in drei Studien untersucht. Nach den Ergebnissen von Mervis und Bertrand (1997) setzt der schnelle Abbildungsprozess bei WBS- Kindern zum chronologisch erwartbaren Zeitpunkt ein, d.h. ab einem Alter von ca. 17 Monaten. Weiterhin wurden gute fast mapping-Fähigkeiten in einer Einzelfallstudie bei einem deutschen vierjährigen WBS-Kind nachgewiesen (Böhning, Weissenborn & Starke 2004). Böhning und Kollegen unterschieden in der Auswertung der Ergebnisse die Wortlern- und die Wortspeicherfähigkeiten des Einzelfalls. Hierbei zeigte sich, dass das WBS-Kind zwar neue Wörter in sein Lexikon aufnehmen kann, diese jedoch schwerer im Gedächtnis behält als die ungestörte, nach chronologischem Alter zugeordnete Kontrollgruppe. Neben diesen beiden Angaben zu jungen WBS-Kindern weisen Stevens und Karmiloff-Smith (1997) bei WBS- 16 Alternativ können bei Interpretationen dieser Art immer auch die postulierten Erwerbsprozesse bei unauffälligen Kindern in Frage gestellt werden. Dies zu untersuchen, trifft jedoch nicht die Zielstellung dieser Arbeit. 76

dass bei ungestörten Kindern ein zeitlicher Zusammenhang zwischen spontanem Sortieren im<br />

kindlichen Spiel und der Auslösung des Wortschatzspurts besteht. Beide Fähigkeiten spiegeln<br />

zwei zunächst unabhängige, sich parallel entwickelnde Einsichten des Kindes wider, die sich<br />

während des Spurts zur Benenneinsicht verbinden und als fast mapping den schnellen<br />

Wortschatzerwerb steuern. Die beiden voraussetzenden Einsichten besagen, dass Objekte<br />

einen Namen benötigen (linguistische Einsicht) bzw. einer Kategorie angehören (Sortieren,<br />

kognitive Einsicht). Hierbei drückt das Kind durch das Sortieren von Realgegenständen in<br />

Gattungen die Bereitschaft aus, semantische Kategorien aufzubauen, die sich dann während<br />

des Spurts als Erwerbsbeschränkung (taxonomic assumption) nachweisen lassen (Mervis et al.<br />

2004: 79f.).<br />

Bei WBS-Kindern wird der Zusammenhang zwischen dem spontanen Sortieren und dem<br />

Beginn des Spurts nicht so deutlich wie bei chronologisch altersgleichen ungestörten Kindern<br />

oder Down-Syndrom-Kindern. Stattdessen ist das fast mapping bei WBS-Kindern<br />

nachweisbar, bevor diese mit dem spontanen Sortieren beginnen (Mervis & Bertrand 1997).<br />

Das heißt, dass die WBS-Kinder den Spurt beginnen, ohne die zweite grundlegende kognitive<br />

Einsicht zuvor bewältigt zu haben. Der schnelle Wortschatzerwerb könnte nach Mervis und<br />

Bertrand somit bei den WBS-Kindern mithilfe anderer Prozesse ablaufen als bei ungestörten<br />

Kindern oder Kindern anderer klinischer Gruppen 16 . Als Erklärung, wie fast mapping bei den<br />

WBS-Kindern unter diesen Umständen möglich sein kann, schlagen Mervis und Kollegen<br />

(2004: 81) vor, dass WBS-Kinder in dieser Zeit eine Entwicklung im sprachlichen<br />

Kurzzeitgedächtnis durchlaufen, so dass sich hierdurch das Erwerbstempo von Wörtern<br />

erhöht, obwohl die Kinder eigentlich noch mithilfe des gleichen Prozesses wie in der Phase<br />

vor dem Spurt ihr Lexikon erwerben. Durch die verbesserten Kurzzeitgedächtnisfähigkeiten<br />

ist dies lediglich effizienter als vorher.<br />

Das fast mapping selbst wurde bei WBS-Kindern in drei Studien untersucht. Nach den<br />

Ergebnissen von Mervis und Bertrand (1997) setzt der schnelle Abbildungsprozess bei WBS-<br />

Kindern zum chronologisch erwartbaren Zeitpunkt ein, d.h. ab einem Alter von ca. 17<br />

Monaten. Weiterhin wurden gute fast mapping-Fähigkeiten in einer Einzelfallstudie bei einem<br />

deutschen vierjährigen WBS-Kind nachgewiesen (Böhning, Weissenborn & Starke 2004).<br />

Böhning und Kollegen unterschieden in der Auswertung der Ergebnisse die Wortlern- und die<br />

Wortspeicherfähigkeiten des Einzelfalls. Hierbei zeigte sich, dass das WBS-Kind zwar neue<br />

Wörter in sein Lexikon aufnehmen kann, diese jedoch schwerer im Gedächtnis behält als die<br />

ungestörte, nach chronologischem Alter zugeordnete Kontrollgruppe. Neben diesen beiden<br />

Angaben zu jungen WBS-Kindern weisen Stevens und Karmiloff-Smith (1997) bei WBS-<br />

16 Alternativ können bei Interpretationen dieser Art immer auch die postulierten Erwerbsprozesse bei unauffälligen<br />

Kindern in Frage gestellt werden. Dies zu untersuchen, trifft jedoch nicht die Zielstellung dieser Arbeit.<br />

76

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!