mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV

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lexikalischer Prinzipien zeigen lässt oder ob es sich um reine Trainingseffekte handelte, durch die das Verhalten von Kindern unter der Bedingung genügender Wiederholung in jedwede Richtung gelenkt werden kann. Eine solche Interpretation könnte z.B. durch das Ergebnis von Hernandez Jarvis et al. (2004) gestützt werden, da in dieser Studie die Kinder in beide Richtungen (Akzeptanz der neuen phonologischen Form als neues Wort bzw. Annahme als phonemische Variante eines bekannten Wortes) trainiert werden konnten. Zudem ist der mutual exclusivity constraint in Markmans Sinne eine default-Annahme und wird angewendet, wenn keine anderen Hinweise zur Verfügung stehen. Insofern muss er durch solch extensives Training und feedback (wie oben aufgeführt) eigentlich überschrieben werden. Eine Aussage über sein generelles Vorhandensein kann durch derartiges feedback nicht gemacht werden. Insofern zeigen in Merrimans Studien jeweils die Kinder, die kein feedback erhielten, am deutlichsten, wie sich der mutual exclusivity constraint in einer Konfliktsituation bei zu großer Nähe von familiären und unfamiliären Wortformen verhält. Diese Kinder sind sowohl in der Benenn- als auch in der Nicht-Benennbedingung weniger bereit, das unbekannte Objekt zu wählen, da kein extensives feedback den mutual exclusivity constraint überschreiben hilft. In einen Konflikt im Bereich der Wortbedeutungen gerät das Kind, wenn sich das zu lernende Objekt in der äußeren Form zu eng an ein bereits familiäres Objekt annähert (wie dies z.B. auf den wenig abstrakten Unterbegriffsebenen der Fall ist, siehe oben zum Erwerb der Relation class inclusion). Überschreibt das Kind in diesem Fall den mutual exclusivity constraint, lernt es ein neues Wort für ein Objekt, welches einem zweiten sehr ähnlich ist (familiär: Pudel, neu erworben: Dackel). Verharrt es auf der Anwendung des constraints, so weist es das neue Wort als falsche Bezeichnung eines bereits bekannten Referenten zurück. In einer Untersuchung mit japanischen Kindern zeigt sich ein Alterseffekt, der darauf hinweist, dass die Bereitschaft, den mutual exclusivity constraint in diesen Fällen zu überschreiben, nicht in jedem Alter gleich ist (Haryu & Imai 1999). Jüngere Kinder (im mittleren Alter von 3;6 Jahren) verharrten dabei auf der Anwendung des constraints, während Ältere das neue Wort als solches akzeptierten. Hier zeigte sich bei den jüngeren Kindern eine Präferenz für den Erwerb der mittleren Abstraktionsebene des taxonomischen Systems, der Basisebene, während die visuell ähnlicheren Distinktionen im Unterbegriffsbereich erst im Verlauf des Wortschatzerwerbs als lexikalisch relevant unterschieden werden. Rothweiler und Meibauer (1999: 19) weisen darauf hin, dass ab dem vierten Lebensjahr im semantischen Erwerb vermehrt Vernetzungsaspekte wie Reorganisation und Konsolidierung der lexikalischen Einträge wichtig werden. Dies führt zu einer Stabilisierung der hierarchischen Beziehungen zwischen über- und untergeordneten Begriffen. Diese Beobachtung könnte mit einer 71

Abschwächung des mutual exclusivity constraints einhergehen, so dass die Bezeichnung eines Objektes auf verschiedenen Hierarchiestufen jetzt leichter wird. Implikationen für die Anwendung des mutual exclusivity constraints bei WBS- Kindern Die deskriptive Betrachtung des Lexikonerwerbs von WBS-Kindern (vgl. Kapitel 1) legt zunächst keine Störungsimplikation bezüglich des mutual exclusivity constraints nahe. Es ist nicht bekannt, dass WBS-Kinder z.B. leichter alternative Bezeichnungen für familiäre Objekte akzeptieren als andere Kinder. Ebenso wie bei der Anwendung der beiden anderen dargestellten constraints könnten sich durch die visuelle Wahrnehmung Probleme ergeben, so dass WBS-Kinder z.B. früher als ungestörte Kinder den Erwerb unfamiliärer Objekte aufgrund visueller Ähnlichkeit zu familiären Objekten ablehnen könnten, weil sie das unfamiliäre Objekt bereits als gleich zu dem familiären ansehen. Alternativ dazu könnten die WBS-Kinder diese Information des mutual exclusivity constraints aber auch missachten und so visuell ähnlichere Objekte eher akzeptieren als andere Kinder. Ein zweiter Faktor, der evtl. Einfluss nehmen könnte, ist die individuelle Ausprägung der Hyperakusis bei kleinen WBS-Kindern (vgl. Kapitel 1.1.2). Es ist bisher ungeklärt, inwiefern diese Störung im akustischen Bereich in phonologische Verarbeitungsprozesse hineinreicht (Böhning, Campbell & Karmiloff-Smith 2002). Gäbe es einen solchen Einfluss, so könnte sich dieser bei der Anwendung des mutual exclusivity constraints als ein veränderter Informationsfluss von phonologischen Aspekten beim Aufbau von Wortformen darstellen. So könnten nahe phonologische Formen anders gegen bestehende Wörter abgegrenzt werden. Ob sich die überhöhte Geräuschwahrnehmung dann in einer vergrößerten Toleranz bei der phonologischen Annäherung von unfamiliären Wortformen an familiäre Wörter oder in einer früheren Ablehnung niederschlagen würde, lässt sich nicht festlegen. 2.4 Die Rolle der lexikalischen Erwerbsbeschränkungen bei Kindern mit Williams-Beuren-Syndrom Geht man davon aus, dass es sich bei lexikalischen Erwerbsbeschränkungen um universelle Fähigkeiten von Kindern handelt (unabhängig von der Frage der direkten Angeborenheit oder der Weiterentwicklung allgemeiner Lernmechanismen, vgl. Kapitel 2.1), so sollten diese 72

lexikalischer Prinzipien zeigen lässt oder ob es sich um reine Trainingseffekte handelte, durch<br />

die das Verhalten von Kindern unter der Bedingung genügender Wiederholung in jedwede<br />

Richtung gelenkt werden kann. Eine solche Interpretation könnte z.B. durch das Ergebnis von<br />

Hernandez Jarvis et al. (2004) gestützt werden, da in dieser Studie die Kinder in beide<br />

Richtungen (Akzeptanz der neuen phonologischen Form als neues Wort bzw. Annahme als<br />

phonemische Variante eines bekannten Wortes) trainiert werden konnten.<br />

Zudem ist der <strong>mutual</strong> <strong>exclusivity</strong> <strong>constraint</strong> in Markmans Sinne eine default-Annahme und<br />

wird angewendet, wenn keine anderen Hinweise zur Verfügung stehen. Insofern muss er<br />

durch solch extensives Training und feedback (wie oben aufgeführt) eigentlich überschrieben<br />

werden. Eine Aussage über sein generelles Vorhandensein kann durch derartiges feedback<br />

nicht gemacht werden. Insofern zeigen in Merrimans Studien jeweils die Kinder, die kein<br />

feedback erhielten, am deutlichsten, wie sich der <strong>mutual</strong> <strong>exclusivity</strong> <strong>constraint</strong> in einer<br />

Konfliktsituation bei zu großer Nähe von familiären und unfamiliären Wortformen verhält.<br />

Diese Kinder sind sowohl in der Benenn- als auch in der Nicht-Benennbedingung weniger<br />

bereit, das unbekannte Objekt zu wählen, da kein extensives feedback den <strong>mutual</strong> <strong>exclusivity</strong><br />

<strong>constraint</strong> überschreiben hilft.<br />

In einen Konflikt im Bereich der Wortbedeutungen gerät das Kind, wenn sich das zu lernende<br />

Objekt in der äußeren Form zu eng an ein bereits familiäres Objekt annähert (wie dies z.B.<br />

auf den wenig abstrakten Unterbegriffsebenen der Fall ist, siehe oben zum Erwerb der<br />

Relation class inclusion). Überschreibt das Kind in diesem Fall den <strong>mutual</strong> <strong>exclusivity</strong><br />

<strong>constraint</strong>, lernt es ein neues Wort für ein Objekt, welches einem zweiten sehr ähnlich ist<br />

(familiär: Pudel, neu erworben: Dackel). Verharrt es auf der Anwendung des <strong>constraint</strong>s, so<br />

weist es das neue Wort als falsche Bezeichnung eines bereits bekannten Referenten zurück. In<br />

einer Untersuchung mit japanischen Kindern zeigt sich ein Alterseffekt, der darauf hinweist,<br />

dass die Bereitschaft, den <strong>mutual</strong> <strong>exclusivity</strong> <strong>constraint</strong> in diesen Fällen zu überschreiben,<br />

nicht in jedem Alter gleich ist (Haryu & Imai 1999). Jüngere Kinder (im mittleren Alter von<br />

3;6 Jahren) verharrten dabei auf der Anwendung des <strong>constraint</strong>s, während Ältere das neue<br />

Wort als solches akzeptierten. Hier zeigte sich bei den jüngeren Kindern eine Präferenz für<br />

den Erwerb der mittleren Abstraktionsebene des taxonomischen Systems, der Basisebene,<br />

während die visuell ähnlicheren Distinktionen im Unterbegriffsbereich erst im Verlauf des<br />

Wortschatzerwerbs als lexikalisch relevant unterschieden werden. Rothweiler und Meibauer<br />

(1999: 19) weisen darauf hin, dass ab dem vierten Lebensjahr im semantischen Erwerb<br />

vermehrt Vernetzungsaspekte wie Reorganisation und Konsolidierung der lexikalischen<br />

Einträge wichtig werden. Dies führt zu einer Stabilisierung der hierarchischen Beziehungen<br />

zwischen über- und untergeordneten Begriffen. Diese Beobachtung könnte mit einer<br />

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