mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV

mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV

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29.11.2014 Aufrufe

Kindern gibt (ca. 10% der Population), die nicht unter einer Hyperakusis leiden, müsste es eine Zweiteilung unter den WBS-Kindern geben. Es müsste demnach eine Gruppe WBS- Kinder geben, die phonologische Pseudo-Wortformen aufbaut, und eine Gruppe, die phonologisch abstrakter und damit vollständig normal verarbeitet 36 . Von dieser zweiten Gruppe ist nicht zu erwarten, dass sie das für das WBS typische Syndromprofil ausbildet, welches auch im Erwachsenenalter Restsymptome dieser frühen Erwerbsbedingungen aufweist. Die Folge davon wäre, dass insgesamt betrachtet, das „typische WBS-Profil“ nicht in dem Sinne beobachtbar sein sollte. Zwar wird immer wieder von dem WBS als einer heterogenen Population berichtet (z.B. Udwin & Yule 1990; Mervis et al. 1999), doch variieren die Leistungen der Probanden in der Regel innerhalb der auffälligen Bereiche. WBS-Probanden, deren Leistungen und deren Sprachprofil als unauffällig bewertet werden können, sind selten (Volterra et al. 1996). Von daher scheint Majerus´ Hypothese nicht weit genug zu greifen. Die überspezifizierte phonologische Verarbeitung kann nicht als Ursache für das Verhalten der WBS-Kinder in den Versuchen zu den lexikalischen Erwerbsbeschränkungen oder gar für die Entwicklung des typischen Sprachprofils angesehen werden, sie erklärt jedoch einen Teilbereich, nämlich das Verhalten der WBS-Kinder im Versuch zum mutual exclusivity constraint. 5.3.2.2 Hypothese 2 Als alternative Hypothese beruht das Verhalten der WBS-Kinder auf einer Wurzel außerhalb der einzelnen perzeptuellen Domänen und der lexikalischen Erwerbsprinzipien. Die einheitliche Ursache, die auf das Verhalten der WBS-Kinder Einfluss nimmt, produziert in beiden Versuchen ein Verhaltensmuster vergleichbarer Art. Der mutual exclusivity constraint und der whole object constraint werden in ihrer Anwendung beide von den zugrunde liegenden nichtsprachlichen Perzeptionsdomänen beeinflusst. Beide Male kann die Auffälligkeit beim Aufbau der lexikalischen Einträge als stark am konkreten Erlebnis beschrieben werden: im Falle der phonologischen Form bleibt die phonologische Repräsentation zu wenig abstrakt; beim Aufbau der semantischen Repräsentation bevorzugt das Kind lokale Informationen, die ebenfalls am Einzelobjekt orientiert bleiben und schlecht zu abstrahieren sind. Es kann konstatiert werden, dass der Aufbau von Wörtern im mentalen 36 Unter den teilnehmenden WBS-Kindern hatte nur LH keine Hyperakusis. Sie reagiert im mutual-exclusivityconstraint-Versuch wie die Kontrollkinder. Allerdings hatte PK, der in 50% der Fälle den phonologischen Ablenker zeigte, eine starke Hyperakusis. 145

Lexikon so auf einer im Vergleich zu ungestörten Kindern niedrigen Abstraktionsebene stattfindet. Die oben angesprochene externe Wurzel für das Verhalten der WBS-Kinder in den beiden Versuchen kann als eine generellere Detailpräferenz beschrieben werden als Majerus es vermutet. Diese Präferenz zieht sich durch verschiedene Basisfähigkeiten des Spracherwerbs. Eine solche Verarbeitungsstrategie zieht ein allgemeines Abstraktionsdefizit nach sich. Eine generelle Detailpräferenz hat neben der phonologischen Organisation auch für die Entfaltung des semantischen Systems schwerwiegende Folgen. Konkrete semantische Details – wie sie durch lokale Informationen entstehen – haben in abstrakteren mentalen Repräsentationen nur auf subordinierten Ebenen Bestand, während die höheren Ebenen, inklusive der Basisebene, nur die generalisierte Merkmale aufweisen, die für alle untergeordneten Begriffe gelten (Murphy 2002: 202), sich also nicht mehr auf ein konkretes Ereignis beziehen können. Dies sollte den Aufbau gefestigter Gattungsbegriffe als Einträge der Basisebene nachhaltig behindern. Im Zusammenspiel mit der detailgetreuen phonologischen Verarbeitung kommt es außerdem zum Aufbau von lexikalischen Pseudo-Einträgen, die sich zu stark an einzelnen Objekten und an akustischen Ereignissen orientieren, um unter einem Gattungsbegriff subsumiert werden zu können. Die Folge könnte eine Behinderung oder gar Hemmung der von Markman als dritte Annahme formulierte taxonomic assumption sein, da die Abgrenzung von Gattungsbegriffen durch semantische Merkmale auf einer solch konkreten Ebene nicht entwickelt werden kann. Es entsteht ein flaches semantisches System. Nach der Hypothese der generellen Detailpräferenz wäre demnach der Aufbau des semantischen Systems stark mitbetroffen 37 . Für das WBS-Kind hätte die verminderte Fähigkeit, Ereignisse und Objekte auf abstrakteren Ebenen zu repräsentieren und zu robusten Gattungsbegriffen zu formen, weitreichende Folgen, die sich als bekannte Symptome von WBS-Probanden in der Literatur finden lassen. Ein semantisches System, welches nur wenig oder gar nicht anhand von abstrakten semantischen Merkmalen strukturiert ist, speichert Ereigniseindrücke als eigenständige Repräsentationen. Dies führt mit zunehmender Masse lexikalischer Einträge zu redundanten semantischen Repräsentationen, was die Gefahr birgt, das kindliche Gedächtnissystem zu überlasten, da es mit einer vielfach größeren Menge von Repräsentationen umgehen muss als es verarbeiten kann. Conti-Ramsden (2003) nimmt an, dass die Überlastung des kindlichen Gedächtnissystems bei Kindern mit spezifischen Sprachentwicklungsstörungen zum Ausbruch von Wortfindungsstörungen beiträgt. Auf diese Art könnten auch die beim WBS beschriebenen Wortfindungsstörungen entstehen (Temple et al. 2002). 37 Eine Untersuchung des dritten constraints steht noch aus, die Daten von Masataka (2000) zeigen allerdings, dass die Ebene der Gattungsbegriffe nicht vollständig blockiert ist. 146

Lexikon so auf einer im Vergleich zu ungestörten Kindern niedrigen Abstraktionsebene<br />

stattfindet. Die oben angesprochene externe Wurzel für das Verhalten der WBS-Kinder in den<br />

beiden Versuchen kann als eine generellere Detailpräferenz beschrieben werden als Majerus<br />

es vermutet. Diese Präferenz zieht sich durch verschiedene Basisfähigkeiten des<br />

Spracherwerbs. Eine solche Verarbeitungsstrategie zieht ein allgemeines Abstraktionsdefizit<br />

nach sich.<br />

Eine generelle Detailpräferenz hat neben der phonologischen Organisation auch für die<br />

Entfaltung des semantischen Systems schwerwiegende Folgen. Konkrete semantische Details<br />

– wie sie durch lokale Informationen entstehen – haben in abstrakteren mentalen<br />

Repräsentationen nur auf subordinierten Ebenen Bestand, während die höheren Ebenen,<br />

inklusive der Basisebene, nur die generalisierte Merkmale aufweisen, die für alle<br />

untergeordneten Begriffe gelten (Murphy 2002: 202), sich also nicht mehr auf ein konkretes<br />

Ereignis beziehen können. Dies sollte den Aufbau gefestigter Gattungsbegriffe als Einträge<br />

der Basisebene nachhaltig behindern.<br />

Im Zusammenspiel mit der detailgetreuen phonologischen Verarbeitung kommt es außerdem<br />

zum Aufbau von lexikalischen Pseudo-Einträgen, die sich zu stark an einzelnen Objekten und<br />

an akustischen Ereignissen orientieren, um unter einem Gattungsbegriff subsumiert werden zu<br />

können. Die Folge könnte eine Behinderung oder gar Hemmung der von Markman als dritte<br />

Annahme formulierte taxonomic assumption sein, da die Abgrenzung von Gattungsbegriffen<br />

durch semantische Merkmale auf einer solch konkreten Ebene nicht entwickelt werden kann.<br />

Es entsteht ein flaches semantisches System. Nach der Hypothese der generellen<br />

Detailpräferenz wäre demnach der Aufbau des semantischen Systems stark mitbetroffen 37 .<br />

Für das WBS-Kind hätte die verminderte Fähigkeit, Ereignisse und Objekte auf abstrakteren<br />

Ebenen zu repräsentieren und zu robusten Gattungsbegriffen zu formen, weitreichende<br />

Folgen, die sich als bekannte Symptome von WBS-Probanden in der Literatur finden lassen.<br />

Ein semantisches System, welches nur wenig oder gar nicht anhand von abstrakten<br />

semantischen Merkmalen strukturiert ist, speichert Ereigniseindrücke als eigenständige<br />

Repräsentationen. Dies führt mit zunehmender Masse lexikalischer Einträge zu redundanten<br />

semantischen Repräsentationen, was die Gefahr birgt, das kindliche Gedächtnissystem zu<br />

überlasten, da es mit einer vielfach größeren Menge von Repräsentationen umgehen muss als<br />

es verarbeiten kann. Conti-Ramsden (2003) nimmt an, dass die Überlastung des kindlichen<br />

Gedächtnissystems bei Kindern mit spezifischen Sprachentwicklungsstörungen zum<br />

Ausbruch von Wortfindungsstörungen beiträgt. Auf diese Art könnten auch die beim WBS<br />

beschriebenen Wortfindungsstörungen entstehen (Temple et al. 2002).<br />

37 Eine Untersuchung des dritten <strong>constraint</strong>s steht noch aus, die Daten von Masataka (2000) zeigen allerdings, dass<br />

die Ebene der Gattungsbegriffe nicht vollständig blockiert ist.<br />

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