mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV
mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV
Spracherwerbs nicht wesentlich in ihrer Weiterentwicklung behindert. Jedoch wären Einflüsse der veränderten phonologischen Wahrnehmung auf die verschiedenen sprachlichen Ebenen wahrscheinlich; gerade im Bereich des Lexikonerwerbs sollte sich dies niederschlagen. Wenn der Aufbau neuer lexikalischer Repräsentationen auf der Basis eines reicheren phonologischen Systems geschähe, so könnte es in experimentellen Situationen zu Effekten kommen, die vom ungestörten Spracherwerb abweichen, auch wenn die lexikalischen Erwerbsbeschränkungen von den WBS-Kindern an sich normal angewendet werden. Eine der wichtigsten zu erwartenden Veränderungen, wäre eine andere Etablierung von Frequenzeffekten über den Verlauf der frühen Kindheit. Majerus et al. (2003) fanden bei ihren jugendlichen und erwachsenen WBS-Probanden einen verminderten phonotaktischen Frequenzeffekt; Vicari et al. (1996b) berichten das gleiche von der lexikalischen Frequenz 34 . Die Etablierung von Frequenz ist gebunden an das stetige Wiedererkennen und Ausdifferenzieren einer Wortform nach dem ersten Aufbau der lexikalischen Repräsentation. Wird die Ausdifferenzierung von Wortformen durch den Aufbau pseudobedeutungsunterscheidender Einträge ersetzt, so sollte sich das Lexikon von WBS-Probanden flacher darstellen, in dem Sinne, dass die Einträge alle relativ gleich aber niedrigfrequent repräsentiert sind. Vor allem die Ausdifferenzierung von Wörtern mit hoher Inputfrequenz müsste sich problematisch zeigen, da sie dem Kind öfter und mit größerer Variation (verschiedene Situationen, Sprecher) angeboten werden. Von solchen Begriffen kann das WBS-Kind mehr pseudo-bedeutungsunterscheidende Repräsentationen aufbauen als von Wörtern mit niedrigerer Inputfrequenz. Die tatsächliche lexikalische Frequenz sollte pro WBS-Kind individuell unterschiedlich sein, abhängig davon, wie viel Variation das jeweilige Lautsystem innerhalb einer phonologischen Repräsentation kompensieren kann. Für den Beginn und den Verlauf des Lexikonerwerbs ergeben sich die folgenden Überlegungen. Der Faktor der Inputfrequenz ist mit ausschlaggebend für den Einstieg in den Lexikonerwerb, d.h. für den Erwerb der ersten Wörter (Brent & Siskind 2001). Könnte durch eine weniger abstrakt organisierte Lautklassifikation die notwendige Frequenz des Inputs nicht hergestellt werden, so folgte daraus, dass sich der Erwerb der ersten Wörter verzögert, da kein Wort frequent genug wird, um sich im noch ungeübten Lexikon zu verankern. Das verspätete Auftreten des ersten Wortes bei WBS-Kindern wird von verschiedenen Autoren entweder anekdotisch (z.B. Masataka 2000) oder durch Befragungen der Eltern (Mervis & Robinson 2000) berichtet (vgl. Kapitel 1.1.3.4.1). Die Zeitspanne, in der die ersten Wörter von WBS- 34 Gegenteilige Evidenz kommt von Brock und Kollegen (Brock et al. 2005). Brock führt die Ergebnisunterschiede darauf zurück, dass die Stimuli in der Studie von Majerus und Vicari und Kollegen nicht genügend kontrolliert waren (Brock 2007). 135
Kindern produziert werden, ist größer als bei ungestörten Kindern. Sie reicht vom ungestörten Zeitpunkt um den ersten Geburtstag bis ins dritte Lebensjahr hinein. Der Auftretenszeitpunkt der ersten Wörter könnte durch die Schwere der überspezifizierten phonologischen Wahrnehmung mit bedingt sein. Kommt es zum Aufbau von Repräsentationen, besteht durch die Schwierigkeiten im Prozess der Ausdifferenzierung ein höheres Risiko als bei anderen Kindern die phonologische Form aufgrund mangelnden Inputs wieder zu vergessen. Verankern sich jedoch zwei oder mehrere pseudo-bedeutungsunterschiedene Formen nebeneinander, ist dies eine Belastung für das Gedächtnis des WBS-Kindes, die andere Kinder nicht erfahren. Zur Tilgung der inkorrekten Formen wird ein Reanalyseprozess benötigt, der wiederum Gedächtnis, hohe Inputfrequenz und Rückgriff auf sprachliches Wissen benötigt; den WBS-Kindern also schwer fällt. So wäre die Tilgung der falschen Formen auch dann erschwert, wenn sichergestellt würde, dass die korrekte Form eine höhere Inputfrequenz erhält. Hinsichtlich einer späten Aufholphase im Spracherwerb kann prognostiziert werden, dass mit abnehmender Hyperakusis im Schulalter der Weg frei gemacht wird für eine abstraktere phonologische Verarbeitung. In gewissem Maße könnte dann das Lexikon zielsprachlich reorganisiert werden. Die auffälligen Frequenzeffekte in den Untersuchungen von Majerus oder auch das Verhalten der WBS-Probanden von Bellugi und Kollegen in fluency-Versuchen (Bellugi et al. 1994) könnten dieser Argumentation folgend Restsymptome der frühkindlichen akustisch-phonologischen Verarbeitung darstellen. Zusammenfassend bietet die von Majerus (Majerus et al. 2003; Majerus 2004) postulierte Hypothese der überspezifizierten phonologischen Wahrnehmung eine gute Erklärung für das Verhalten der WBS-Kinder im Versuch zum mutual exclusivity constraint. Demnach wenden WBS-Kinder den constraint nicht anders an als andere Kinder, jedoch lässt der Einfluss der überspezifisch organisierten phonologischen Wahrnehmung ein anders organisiertes Lexikon entstehen. Vor allem das notwendige Zuordnen von konkreten Höreindrücken zu bereits aufgebauten Wortformen gelingt nicht oder nur vermindert. Hierdurch entstehen Probleme in der Verarbeitung von Frequenz und in der sicheren Speicherung von lexikalischen Repräsentationen. 136
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Spracherwerbs nicht wesentlich in ihrer Weiterentwicklung behindert. Jedoch wären<br />
Einflüsse der veränderten phonologischen Wahrnehmung auf die verschiedenen sprachlichen<br />
Ebenen wahrscheinlich; gerade im Bereich des Lexikonerwerbs sollte sich dies<br />
niederschlagen. Wenn der Aufbau neuer lexikalischer Repräsentationen auf der Basis eines<br />
reicheren phonologischen Systems geschähe, so könnte es in experimentellen Situationen zu<br />
Effekten kommen, die vom ungestörten Spracherwerb abweichen, auch wenn die<br />
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werden. Eine der wichtigsten zu erwartenden Veränderungen, wäre eine andere Etablierung<br />
von Frequenzeffekten über den Verlauf der frühen Kindheit. Majerus et al. (2003) fanden bei<br />
ihren jugendlichen und erwachsenen WBS-Probanden einen verminderten phonotaktischen<br />
Frequenzeffekt; Vicari et al. (1996b) berichten das gleiche von der lexikalischen Frequenz 34 .<br />
Die Etablierung von Frequenz ist gebunden an das stetige Wiedererkennen und<br />
Ausdifferenzieren einer Wortform nach dem ersten Aufbau der lexikalischen Repräsentation.<br />
Wird die Ausdifferenzierung von Wortformen durch den Aufbau pseudobedeutungsunterscheidender<br />
Einträge ersetzt, so sollte sich das Lexikon von WBS-Probanden<br />
flacher darstellen, in dem Sinne, dass die Einträge alle relativ gleich aber niedrigfrequent<br />
repräsentiert sind. Vor allem die Ausdifferenzierung von Wörtern mit hoher Inputfrequenz<br />
müsste sich problematisch zeigen, da sie dem Kind öfter und mit größerer Variation<br />
(verschiedene Situationen, Sprecher) angeboten werden. Von solchen Begriffen kann das<br />
WBS-Kind mehr pseudo-bedeutungsunterscheidende Repräsentationen aufbauen als von<br />
Wörtern mit niedrigerer Inputfrequenz. Die tatsächliche lexikalische Frequenz sollte pro<br />
WBS-Kind individuell unterschiedlich sein, abhängig davon, wie viel Variation das jeweilige<br />
Lautsystem innerhalb einer phonologischen Repräsentation kompensieren kann.<br />
Für den Beginn und den Verlauf des Lexikonerwerbs ergeben sich die folgenden<br />
Überlegungen.<br />
Der Faktor der Inputfrequenz ist mit ausschlaggebend für den Einstieg in den Lexikonerwerb,<br />
d.h. für den Erwerb der ersten Wörter (Brent & Siskind 2001). Könnte durch eine weniger<br />
abstrakt organisierte Lautklassifikation die notwendige Frequenz des Inputs nicht hergestellt<br />
werden, so folgte daraus, dass sich der Erwerb der ersten Wörter verzögert, da kein Wort<br />
frequent genug wird, um sich im noch ungeübten Lexikon zu verankern. Das verspätete<br />
Auftreten des ersten Wortes bei WBS-Kindern wird von verschiedenen Autoren entweder<br />
anekdotisch (z.B. Masataka 2000) oder durch Befragungen der Eltern (Mervis & Robinson<br />
2000) berichtet (vgl. Kapitel 1.1.3.4.1). Die Zeitspanne, in der die ersten Wörter von WBS-<br />
34 Gegenteilige Evidenz kommt von Brock und Kollegen (Brock et al. 2005). Brock führt die Ergebnisunterschiede<br />
darauf zurück, dass die Stimuli in der Studie von Majerus und Vicari und Kollegen nicht genügend kontrolliert<br />
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