mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV
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Für den Lexikonerwerb bedeutet Majerus Hypothese, dass WBS-Kinder vermehrt zur<br />
Akzeptanz unfamiliärer Wortformen als potentielle neue Repräsentationen bereit sein<br />
könnten. Abweichende Höreindrücke des gleichen Wortes werden nicht als Variante<br />
verarbeitet bzw. kompensiert, sondern führen eher zum Aufbau alternativer Pseudo-<br />
Wortformen. Ein herkömmliches Minimalpaar würde dann wahrscheinlich mehr als einen<br />
phonologischen Unterschied aufweisen. Gegeben, Majerus Hypothese trifft zu, wäre für die<br />
WBS-Kinder im Versuch zum <strong>mutual</strong> <strong>exclusivity</strong> <strong>constraint</strong> kein minimaler phonologischer<br />
Ablenker vorhanden, sie reagieren wie die ungestörten Kinder in der semantischen Version,<br />
in der kein phonologischer Ablenker präsentiert wurde. Der <strong>mutual</strong> <strong>exclusivity</strong> <strong>constraint</strong><br />
wird damit von den WBS-Kindern normal verwendet, es liegt keine extensivere Anwendung<br />
vor.<br />
Das ursächliche Problem der WBS-Kinder läge somit in dem Defizit, die phonologische<br />
Wahrnehmung auf die für die Muttersprache relevanten phonologischen Kontraste zu<br />
reduzieren und diese entsprechend zu abstrahieren. Diese Fähigkeit entwickelt sich<br />
normalerweise gegen Ende des ersten Lebensjahres. Das phonologische System der WBS-<br />
Kinder entspräche damit ungestörten Kindern in den ersten 6-8 Lebensmonaten, die, wie<br />
Jusczyk (1997) zusammenfassend beschreibt, ebenfalls eine phonetische Klassifikation von<br />
Lauten vornehmen 32 . Die Vorhersage für den Spracherwerb von WBS-Kindern wäre<br />
demnach, dass bei ihnen aufgrund der perzeptuellen Organisation des phonologischen<br />
Systems eine Stagnation auf der Ebene der phonetischen Klassifikation von Lauten auftritt.<br />
Dadurch können mehrere Varianten eines Phonems auf einer niedrigeren Abstraktionsebene<br />
zu eigenständigen Repräsentationen werden, was sublexikalisch zu einem im Vergleich zur<br />
Zielsprache zu großem Inventar pseudo-bedeutungsunterscheidender Einträge führen sollte.<br />
Es wäre lohnenswert zu prüfen, ob sich die WBS-Kinder die Fähigkeiten zur Diskriminierung<br />
muttersprachlicher phonologisch nichtrelevanter Kontraste länger als ungestörte Kinder<br />
bewahren 33 .<br />
Geht man bei diesem Phänomen von einer umschriebenen Stagnation aus, die sich selektiv<br />
auf die Abstraktionsfähigkeiten für Phoneme auswirkt, wäre die restliche Entwicklung des<br />
32 Im Zuge dieses Verarbeitungswechsels verlieren die ungestörten Kinder die Fähigkeit, nicht-muttersprachliche<br />
phonetische Kontraste zu diskriminieren (dies belegte u.a. die Studie von Werker & Lalonde 1988). Der Verlust<br />
der Diskriminierungsfähigkeit für nicht-muttersprachliche Kontraste bei Kindern am Ende des ersten Lebensjahres<br />
ist für verschiedene Sprachen belegt, jedoch fanden sich auch einzelne Kontraste, die auch von älteren Kindern<br />
und sogar Erwachsenen diskriminiert werden konnten (z.B. ein Klick-Kontrast aus Zulu, siehe Best, McRoberts &<br />
Sithole 1988). Jusczyk weist darauf hin, dass generell ein Training Erwachsener ermöglichen kann, die trainierten<br />
nicht-muttersprachlichen Kontraste wieder zu diskriminieren, so dass er nicht von einem unumkehrbaren<br />
Fähigkeitsverlust ausgeht (1997: 81).<br />
33 Eine Untersuchung der Voice-Onset-Time (VOC) mit deutschen WBS-Probanden von Brandt (2005) ergab<br />
allerdings, dass sich das Erkennen der VOC bei ihnen nicht von dem gesunder Probanden unterscheidet.<br />
Anzumerken ist aber, dass sich bei dieser Studie herausstellte, dass auch die gesunden Probanden die<br />
Differenzierung der getesteten Plosive /t/ und /d/ nicht eindeutig zogen.<br />
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