mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV
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(Majerus et al. 2003; Majerus 2004). Nach Majerus Meinung wird der einzelne phonemische<br />
Eintrag im phonologischen System von WBS-Kindern weniger stark abstrahiert als bei<br />
anderen Kindern. Das phonologische System der WBS-Kinder ist also konkreter und damit<br />
detailreicher. Die Folge ist, dass das einzelne Phonem weniger phonetische Merkmale in sich<br />
vereint als in der Zielsprache vorgesehen. Hierdurch könnten „Pseudo-Phoneme“ entstehen,<br />
welche die verbleibenden phonetischen Merkmale tragen. Ein solches phonologisches System<br />
wäre größer als eines mit höher abstrahierten Einträgen. Die phonologischen<br />
Repräsentationen von WBS-Kindern basieren stärker auf tatsächlichen phonetischen<br />
Höreindrücken. Majerus vermutet, dass ein Sprachverarbeitungssystem mit einer<br />
phonologischen Wahrnehmung dieser Art generell nur schlecht in der Lage ist, Regularitäten<br />
jeglicher Form zu erkennen, die auf dem Konzept von wiederkehrenden phonologisch<br />
gleichen Informationen basieren. Im Fall einer überspezifizierten Wahrnehmung muss ein<br />
Konzept in mehr Merkmalen übereinstimmen als eines auf einer höheren abstrakten Ebene.<br />
Die Chance der Übereinstimmung zwischen zwei geäußerten phonetischen Ereignissen ist<br />
damit geringer, das Erkennen der Gleichheit und ihre Abstraktion zur formalen<br />
Repräsentation schwieriger.<br />
Majerus Hypothese basiert auf der Untersuchung des phonologischen Kurzzeitgedächtnisses<br />
von WBS-Probanden. Bei Untersuchungen in diesem Bereich zeigte sich, dass phonologische<br />
Informationen, die bei ungestörten Sprechern das Nachsprechen unterstützen, bei WBS-<br />
Probanden wenig Einfluss haben (vgl. auch Kapitel 1.1.3.1). Dies betrifft sowohl<br />
phonotaktische Frequenz- und Lexikalitätseffekte (Majerus et al. 2003) als auch lexikalische<br />
Frequenzeffekte (Vicari et al. 1996a; 1996b). Majerus vermutet deshalb, dass die<br />
Gedächtnisleistungen der WBS-Kinder nicht auf phonologischer Speicherung basieren,<br />
sondern allgemein akustisch organisiert sind und eine linguistische Speicherung von<br />
sprachlichen Stimuli umgehen (Majerus 2004: 136f). Grundlegend stammt diese Idee von<br />
Vicari et al. (1996a), die ihre WBS-Probanden als hyperphonologisch bezeichnen, jedoch<br />
nicht genauer auf mögliche Gründe dafür eingehen. Majerus (2004) sieht die Ursache hierfür<br />
in einer auffällig entwickelten Wahrnehmung von auditiven bzw. akustischen Informationen,<br />
was sich nichtsprachlich in der Hyperakusis niederschlägt (zur Hyperakusis vgl. Klein et al.<br />
1990), und sprachlich zu einem komplexen Muster im phonologischen Verarbeiten führt. Eine<br />
zu detaillierte phonologische Wahrnehmung hat Konsequenzen für die Größe des<br />
phonologischen Inventars auf der sublexikalischen phonemischen Ebene. Einzelne akustische<br />
Variationen von Phonemen könnten eigenständig repräsentiert werden, als Folge davon<br />
könnte das phonologische System von WBS-Kindern mehr Phonemeinträge aufweisen als das<br />
ungestörter Sprecher.<br />
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