mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV

mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV

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Einträge anzusehen. Die Kinder lernen diese Strategie so bereitwillig, dass es in der anschließenden Posttest-Phase zu einer Zufallsverteilung einer nicht-familiären Wortform auf familiäre und unfamiliäre Objekte kommt 31 . Der Erwerb von neuen Wörtern, die sich phonologisch nur minimal von bekannten Wörtern unterscheiden, findet demnach unter erschwerten Bedingungen statt. Dies ist auch der Fall, wenn ein eindeutig unbekannter Referent für das Kind sichtbar ist wie im aktuellen Versuch. Die nur minimal veränderte Wortform ist nicht stark genug, um mit dem visuellen Input Konvergenz einzugehen und als neuer lexikalischer Eintrag aufgebaut zu werden. Die Ursache hierfür könnte im Einfluss des bereits bestehenden lexikalischen Wissens der Kinder liegen, welches als eine Art Filter mögliche Fehler durch Versprecher oder auch Verhören den Aufbau neuer Repräsentationen einschränkt. Auch diese Kontrollfunktion wird von Markman als Teil des mutual exclusivity constraints betrachtet, d.h. eine Hemmfunktion, die vor dem Aufbau falscher Repräsentationen schützen soll (Markman 1990). Der Wortschatzerwerb wird vor allem im Wortschatzspurt von diesen beiden Seiten des constraints vorangetrieben, wobei eine einmal aufgebaute Wortform mehr Gewicht hat als ein damit in Konflikt stehender Input (vgl. Kapitel 2.1.1.3). Auf diese Art kann ein unfamiliärer Stimulus sowohl besonders schnell, als auch gut kontrolliert zum Aufbau neuer Repräsentationen führen. Im Wortschatzspurt kommt es somit nicht zu mehr fehlerhaften mappings als in anderen Zeiten des Wortschatzerwerbs. Der Befund, dass Wörter mit minimalen Kontrasten zu bestehenden phonologischen Repräsentationen Nachteile beim Aufbau als neue lexikalische Einträge erfahren, steht in Übereinstimmung mit Untersuchungen aus der frühkindlichen phonologischen Entwicklung. In ihren Experimenten finden Swingley und Aslin (2000) Belege dafür, dass Kinder im Alter von 18-23 Monaten lexikalische Repräsentationen so spezifisch aufgebaut haben, dass sie für die phonologische Abweichung, die durch die Bezeichnung der Objekte durch absichtliche Versprecher entstand, sensitiv waren. Da keine Korrelation zu der Größe des Wortschatzes der Kinder nachweisbar ist, gehen die Autoren von einem Altersfaktor aus, d.h. mit 18 Monaten sind bereits entsprechend detaillierte Informationen aufgebaut. Swingley und Aslin argumentieren, dass durch die auditive Präsentation des unbekannten Minimalpaarwortes das bekannte Wort mit aktiviert wird und der phonologische Kontrast der beiden Wörter erkannt wird. Die phonologische Repräsentation ist schon so detailliert und abstrakt, dass der Versprecher nicht mehr als mögliche korrekte phonologische Form für den bereits bekannte Eintrag mit einbezogen wird. Jusczyk (1997) weist darauf hin, dass im ungestörten Lexikonerwerb Kontraste auf phonologischer Ebene, wenn sie sich nur auf ein 31 Wobei noch einmal angemerkt werden muss, dass es sich bei den nicht-familiären Objekten um Dinge handelte, welche die Kinder in einem zuvor durchgeführten Prätest falsch benannten, die aber durchaus in ihrer Alltagswelt vorkamen. So könnte die hohe Bereitschaft, die nicht-familiäre Wortform abzulehnen auch daraus erwachsen sein, dass sie die korrekte Bezeichnung der Objekte rezeptiv bereits kannten und daher die unfamiliäre Wortform nicht als mögliches Wort akzeptierten. In diesem Fall wäre der mutual exclusivity constraint von ihnen angewendet und nicht, wie die Autoren interpretieren, ignoriert worden. 129

Merkmal beziehen, deutlichere Evidenz brauchen, um als neuer lexikalischer Eintrag akzeptiert zu werden. Die jüngste teilnehmende Altersgruppe (3;0-3;11) des aktuellen Versuchs unterscheidet sich von den anderen Altersgruppen; diese Kinder wählen das unbekannte Wort häufiger aus als die älteren Kinder. Der Grund könnte in dem noch relativ kleinen Lexikon liegen, in dem lexikalische Einträge generell noch nicht so häufig nur durch minimale Kontraste unterschieden werden müssen. Der mutual exclusivity constraint wirkt noch stärker in dieser Altersgruppe als in den älteren Kindern. Das Kind kann, geleitet vom mutual exclusivity constraint, somit den phonologischen Stimulus leichter mit dem visuellen in Übereinstimmung bringen und einen neuen lexikalischen Eintrag aufbauen. Diese Interpretation wird auch von einer Studie von Deák und Kollegen gestützt, die belegt, dass Kinder ab dreieinhalb Jahren vermehrt bereit sind, den mutual exclusivity constraint zu überschreiben (vgl. Deák et al. 2001). Insofern stören sich auch die dreijährigen Kinder an dem phonologischen Ablenkerbild, folgen jedoch häufiger dem noch stärker wirkenden Erwerbsprinzip als die älteren Kinder. Zusammenfassend kann der phonologische Ablenker als Störfaktor für die unauffälligen Kinder in der phonologischen Version des mutual-exclusivity-constraint-Versuchs identifiziert werden. Die phonologische Nähe des unbekannten Wortes überschreibt die lexikalische Erwerbsbeschränkung, so dass das mapping zwischen der unfamiliären Wortform und dem Referenten nur selten stattfindet. 5.2.2 Diskussion des Verhaltens der WBS-Kinder im Versuch zum mutual exclusivity constraint Die WBS-Kinder durchlaufen die phonologische Version des Versuchs zum mutual exclusivity constraint. Im Gegensatz zu den Kontrollkindern wählen sie hierbei das Zielbild häufiger aus als das phonologische Ablenkerbild. Es entsteht ein statistisch bedeutsamer Unterschied zu den Kontrollkindern; die WBS-Kinder reagieren öfter im Sinne der Versuchskonzeption als die ungestörten Kinder (vgl. Kapitel 4.2.2.5). Auch die Einzelfallauswertung zeigt dieses Bild; lediglich LH entspricht ihrer Vergleichsgruppe, für alle anderen entsteht ein Abstand von mehr als 1,3 SD im Vergleich zu ihren Kontrollgruppen. Ein solches Ergebnis ist gerade in Studien mit genetisch gestörten Kindern ungewöhnlich und bedarf einer Erklärung. 130

Merkmal beziehen, deutlichere Evidenz brauchen, um als neuer lexikalischer Eintrag<br />

akzeptiert zu werden.<br />

Die jüngste teilnehmende Altersgruppe (3;0-3;11) des aktuellen Versuchs unterscheidet sich<br />

von den anderen Altersgruppen; diese Kinder wählen das unbekannte Wort häufiger aus als<br />

die älteren Kinder. Der Grund könnte in dem noch relativ kleinen Lexikon liegen, in dem<br />

lexikalische Einträge generell noch nicht so häufig nur durch minimale Kontraste<br />

unterschieden werden müssen. Der <strong>mutual</strong> <strong>exclusivity</strong> <strong>constraint</strong> wirkt noch stärker in dieser<br />

Altersgruppe als in den älteren Kindern. Das Kind kann, geleitet vom <strong>mutual</strong> <strong>exclusivity</strong><br />

<strong>constraint</strong>, somit den phonologischen Stimulus leichter mit dem visuellen in<br />

Übereinstimmung bringen und einen neuen lexikalischen Eintrag aufbauen. Diese<br />

Interpretation wird auch von einer Studie von Deák und Kollegen gestützt, die belegt, dass<br />

Kinder ab dreieinhalb Jahren vermehrt bereit sind, den <strong>mutual</strong> <strong>exclusivity</strong> <strong>constraint</strong> zu<br />

überschreiben (vgl. Deák et al. 2001). Insofern stören sich auch die dreijährigen Kinder an<br />

dem phonologischen Ablenkerbild, folgen jedoch häufiger dem noch stärker wirkenden<br />

Erwerbsprinzip als die älteren Kinder.<br />

Zusammenfassend kann der phonologische Ablenker als Störfaktor für die unauffälligen<br />

Kinder in der phonologischen Version des <strong>mutual</strong>-<strong>exclusivity</strong>-<strong>constraint</strong>-Versuchs<br />

identifiziert werden. Die phonologische Nähe des unbekannten Wortes überschreibt die<br />

lexikalische Erwerbsbeschränkung, so dass das mapping zwischen der unfamiliären Wortform<br />

und dem Referenten nur selten stattfindet.<br />

5.2.2 Diskussion des Verhaltens der WBS-Kinder im<br />

Versuch zum <strong>mutual</strong> <strong>exclusivity</strong> <strong>constraint</strong><br />

Die WBS-Kinder durchlaufen die phonologische Version des Versuchs zum <strong>mutual</strong><br />

<strong>exclusivity</strong> <strong>constraint</strong>. Im Gegensatz zu den Kontrollkindern wählen sie hierbei das Zielbild<br />

häufiger aus als das phonologische Ablenkerbild. Es entsteht ein statistisch bedeutsamer<br />

Unterschied zu den Kontrollkindern; die WBS-Kinder reagieren öfter im Sinne der<br />

Versuchskonzeption als die ungestörten Kinder (vgl. Kapitel 4.2.2.5). Auch die<br />

Einzelfallauswertung zeigt dieses Bild; lediglich LH entspricht ihrer Vergleichsgruppe, für<br />

alle anderen entsteht ein Abstand von mehr als 1,3 SD im Vergleich zu ihren<br />

Kontrollgruppen. Ein solches Ergebnis ist gerade in Studien mit genetisch gestörten Kindern<br />

ungewöhnlich und bedarf einer Erklärung.<br />

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