SWISS GAAP FER oder IFRS FÃR KMU? - obt
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Seite 8 19/10 – Das OBT Magazin | <strong>KMU</strong> Praxis<br />
Welcher Rechnungslegungsstandard für <strong>KMU</strong>?<br />
Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong> <strong>oder</strong> <strong>IFRS</strong> für kmu?<br />
Jahresabschlüsse nach anerkannten Standards werden in Zukunft auch für mittelgrosse Schweizer<br />
Unternehmen an Bedeutung gewinnen. Im Sommer 2009 wurde mit den <strong>IFRS</strong> für <strong>KMU</strong> ein neuer<br />
Rechnungslegungsstandard auf internationaler Ebene lanciert. Dieser tritt in der Schweiz in Konkurrenz<br />
zu den bereits etablierten Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong>. Es stellt sich die Frage, ob der neue Standard eine<br />
mögliche Alternative darstellt.<br />
Daniel Schweizer<br />
Wirtschaftsprüfung<br />
Zürich<br />
Patrick Zahno<br />
Partner<br />
Wirtschaftsprüfung<br />
Zürich<br />
2009 hat das IASB (International Accounting<br />
Standards Board) den mit<br />
Spannung erwarteten Standard <strong>IFRS</strong> für<br />
<strong>KMU</strong> (engl. <strong>IFRS</strong> for SME) in seiner definitiven<br />
Fassung publiziert. Der neue<br />
internationale Standard richtet sich an<br />
kleinere und mittlere Unternehmen und<br />
ist ein weitgehend in sich geschlossenes<br />
Regelwerk, das aber leider Querverweise<br />
zu den „vollen“ <strong>IFRS</strong> enthält.<br />
Damit tritt der neue Standard im <strong>KMU</strong>-<br />
Segment in Konkurrenz zu den in der<br />
Schweiz etablierten Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong>.<br />
Beide Standards haben zum Ziel, dass<br />
die Jahresrechnung ein den tatsächlichen<br />
Verhältnissen entsprechendes<br />
Bild vermitteln soll ohne Verzerrung<br />
durch stille Reserven. Im Zuge des Konvergenzprojektes<br />
mit den US <strong>GAAP</strong><br />
wurden die <strong>IFRS</strong> in den letzten Jahren<br />
deutlich komplexer. An eine Anwendung<br />
ohne Hilfe von Spezialisten ist<br />
heute nicht mehr zu denken. Bei einer<br />
Kosten-Nutzen-Abwägung wird die Anwendung<br />
der vollen <strong>IFRS</strong> zunehmend<br />
unattraktiv. Dies zeigt sich auch darin,<br />
dass 2009 einige an der SIX kotierte Gesellschaften<br />
wie Hügli, Bossard <strong>oder</strong><br />
Cham Paper Group den Wechsel des<br />
Rechnungslegungsstandards von <strong>IFRS</strong><br />
zu Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong> angekündigt haben.<br />
Das IASB als Herausgeber der<br />
<strong>IFRS</strong> hat die Problematik erkannt und<br />
arbeitet seit längerem an einem eigenständigen<br />
Rechnungslegungsstandard<br />
für <strong>KMU</strong>. Mit der Konkurrenzsituation<br />
zwischen Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong> und <strong>IFRS</strong><br />
für <strong>KMU</strong> stellt sich die Frage, welcher<br />
der beiden Standards für <strong>KMU</strong> am<br />
idealsten ist.<br />
Anwenderkreis<br />
Die Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong> richten sich in erster<br />
Linie an Schweizer <strong>KMU</strong>, können<br />
aber auch von börsenkotierten Gesellschaften,<br />
ausser am Hauptsegment der<br />
SIX, angewendet werden. Die <strong>IFRS</strong> für<br />
<strong>KMU</strong> verbieten explizit die Anwendung<br />
für kotierte Gesellschaften. Ferner ist<br />
im Zuge der Revision des Aktienrechtes<br />
vorgesehen, dass wirtschaftlich bedeutende<br />
Unternehmen ihre Jahresrechnung<br />
nach einem anerkannten Standard<br />
zu erstellen haben. Ob die <strong>IFRS</strong> für<br />
<strong>KMU</strong> zu diesen anerkannten Standards<br />
zählen werden, ist heute noch nicht sicher.<br />
Internationale<br />
Vergleichbarkeit<br />
Der gewichtigste Vorteil der <strong>IFRS</strong> für<br />
<strong>KMU</strong> gegenüber Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong> liegt<br />
vermutlich in ihrer internationalen Ausrichtung.<br />
Die Akzeptanz der <strong>IFRS</strong> für<br />
<strong>KMU</strong> bei ausländischen Empfängern<br />
des Jahresabschlusses wie Aktionäre<br />
<strong>oder</strong> Geldgeber wird höher sein als jene<br />
der Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong>. Zudem wird die<br />
Einführung der <strong>IFRS</strong> für <strong>KMU</strong> für ausländische<br />
Tochtergesellschaften eines<br />
Schweizer Konzerns einfacher zu bewerkstelligen<br />
sein, falls sich die <strong>IFRS</strong> für<br />
<strong>KMU</strong> im Ausland durchzusetzen vermögen.<br />
Die beiden Vorteile sind aber mit<br />
Vorsicht zu geniessen. Es ist zum heutigen<br />
Zeitpunkt noch nicht abschätzbar,<br />
ob sich die <strong>IFRS</strong> für <strong>KMU</strong> international<br />
etablieren können.<br />
Umfang und Komplexität<br />
Unbestritten ist, dass die <strong>IFRS</strong> für <strong>KMU</strong><br />
eine höhere Regelungsdichte aufweisen<br />
als die Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong>. Dies ma-<br />
nifestiert sich bereits im Umfang der<br />
Standards. Der eigentliche Unterschied<br />
bezieht sich jedoch weniger auf die Seitenzahl<br />
als auf die Komplexität der angewendeten<br />
Konzepte und die Regelungsdichte<br />
in den einzelnen Bereichen.<br />
Die Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong> sind stark prinzipienorientiert,<br />
während in den <strong>IFRS</strong> für<br />
<strong>KMU</strong> mehr Einzelheiten detailliert geregelt<br />
sind. Unterschiede sind in der umseitigen<br />
Tabelle detaillierter aufgeführt.<br />
Die <strong>IFRS</strong> für <strong>KMU</strong> enthalten im Vergleich<br />
zu den vollen <strong>IFRS</strong> aber auch gewichtige<br />
Vereinfachungen. So entfällt<br />
beispielsweise die Segmentberichterstattung<br />
komplett, und die Ausweispflichten<br />
im Anhang zur Jahresrechnung<br />
sind massiv verringert worden.<br />
Kadenz von Änderungen<br />
Änderungen der Rechnungslegungsstandards<br />
sind für den Anwender immer<br />
mit Aufwand und Kosten verbunden.<br />
Einerseits muss er sich über die<br />
Änderungen informieren, was sehr zeitintensiv<br />
ist und je nach Situation Expertenwissen<br />
nötig macht, und andererseits<br />
ergibt sich durch die Änderungen<br />
eine erhebliche Planungsunsicherheit.<br />
Die Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong> wurden zuletzt<br />
2007 einer grundlegenden Erneuerung<br />
unterzogen. In den nächsten Jahren<br />
wird lediglich mit marginalen Anpassungen<br />
zu rechnen sein. Die <strong>IFRS</strong> für<br />
<strong>KMU</strong> sollen für eine Periode von jeweils<br />
drei Jahren stabil bleiben und somit<br />
nicht laufend geändert werden, wie<br />
dies bei den vollen <strong>IFRS</strong> der Fall ist.<br />
Goodwill Accounting<br />
Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong> sehen vor, dass der<br />
Goodwill periodisch, in der Regel über<br />
fünf Jahre, abzuschreiben ist. In begründeten<br />
Fällen kann die Abschreibungsdauer<br />
mit bis zu 20 Jahren angesetzt<br />
werden. Alternativ ist es zulässig, den<br />
Goodwill direkt mit dem Eigenkapital zu<br />
verrechnen. Im Anhang muss jedoch<br />
die Situation offengelegt werden, die<br />
sich ergeben hätte, wenn der Goodwill<br />
aktiviert würde. Die <strong>IFRS</strong> für <strong>KMU</strong> se-
Seite 9 19/10 – Das OBT Magazin | <strong>KMU</strong> Praxis<br />
Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong><br />
<strong>IFRS</strong> für <strong>KMU</strong><br />
Zielgruppe<br />
<strong>KMU</strong>, auch für am Nebensegment der SIX kotierte<br />
Gesellschaften, Non-Profit-Organisationen und<br />
Vorsorgewerke<br />
Unternehmen, die nicht öffentlich rechenschaftspflichtig<br />
sind<br />
Verbreitung in der Schweiz anerkannt und etabliert international ausgerichtet<br />
Umfang/Regelungsdichte<br />
Konstanz<br />
wenig Detailregelungen – Rahmenkonzept muss oft<br />
Lücken füllen, ca. 130 Seiten<br />
zuletzt 2007 grundlegend überarbeitet, diese Version<br />
soll für die kommenden Jahre Gültigkeit haben;<br />
Überarbeitung bei Bedarf<br />
Goodwill Accounting Goodwill periodisch abzuschreiben, i.d.R. über 5<br />
Jahre, in begründeten Fällen bis zu 20 Jahren;<br />
Verrechnung mit dem Eigenkapital zum Zeitpunkt des<br />
Erwerbs zulässig, Auswirkung einer „theoretischen“<br />
Aktivierung im Anhang aufzuführen<br />
Verbindlichkeit aus<br />
Personalvorsorge<br />
Darstellung/Gliederung<br />
Equity-Bewertung von<br />
bedeutenden Beteiligungen<br />
Finanzinstrumente<br />
Angabe zu Segmenten<br />
Basis = Jahresrechnung der Vorsorgeeinrichtung<br />
nach Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong> 26.<br />
Entsprechende wirtschaftliche Verbindlichkeit/<br />
Guthaben passiviert/aktiviert<br />
a.o. Positionen sind erlaubt. Keine Regelung für nicht<br />
weitergeführte Geschäftsbereiche und zum Verkauf<br />
gehaltene Aktiven<br />
assoziierte Gesellschaften mittels Equity-Methode in<br />
der Konzernrechnung zu bilanzieren<br />
Finanzinstrumente (Ausnahme Derivate) auf der<br />
Basis der allgemeinen Bewertungs-, Gliederungsund<br />
Offenlegungsvorschriften zu behandeln<br />
Aufgliederung der (netto) Erlöse nach geographischen<br />
Märkten und Geschäftsbereichen<br />
etc. ... ...<br />
enthält detaillierte Regelungen, ca. 200 Seiten und<br />
einige Verweise zu den „vollen“ <strong>IFRS</strong>, die ca. 2‘800<br />
Seiten umfassen<br />
Überarbeitung alle 3 Jahre<br />
Goodwill periodisch abzuschreiben,<br />
kann Nutzungsdauer nicht zuverlässig bestimmt<br />
werden, über 10 Jahre abzuschreiben;<br />
Verrechnung mit Eigenkapital nicht zulässig<br />
Offen, ob für Schweizer Verhältnisse zusätzliches<br />
Gutachten von Versicherungsexperten nötig<br />
Verglichen mit dem vollen <strong>IFRS</strong>, Vereinfachung bzgl.<br />
zu berücksichtigende Parameter<br />
Erfolgswirksame Erfassung der Verbindlichkeit aus<br />
Personalvorsorge<br />
keine a.o. Positionen zugelassen – regelt die<br />
Darstellung von nicht weitergeführten Geschäftsbereichen<br />
und zum Verkauf gehaltenen Aktiven<br />
Wahlmöglichkeit für assoziierte Gesellschaften:<br />
■ Anschaffungskosten (abzgl. Wertberichtigung)<br />
■ zum fair value<br />
■ gemäss Equity-Methode<br />
Detaillierte Regelung, Finanzinstrumente meistens<br />
zum fair value bilanziert<br />
detaillierte Angaben im Anhang<br />
Keine Ausweispflicht<br />
hen analog Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong> die periodische<br />
Abschreibung des Goodwills vor.<br />
Eine direkte Verrechnung mit dem Eigenkapital<br />
ist aber nicht zulässig. Die<br />
Abschreibung soll über die Nutzungsdauer<br />
erfolgen <strong>oder</strong>, falls diese nicht zuverlässig<br />
ermittelt werden kann, über<br />
zehn Jahre. Die Wahlmöglichkeit der<br />
Verrechnung des Goodwills mit dem Eigenkapital<br />
kann die Jahresrechnung<br />
massiv beeinflussen und wirkt sich entsprechend<br />
positiv auf Gewinn und Eigenkapitalrendite<br />
aus.<br />
Pensionsverbindlichkeiten<br />
Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong> bieten für die Erfassung<br />
von Pensionsverbindlichkeiten eine<br />
für die Schweizer Verhältnisse massgeschneiderte<br />
Lösung. Die Jahresrechnung<br />
der Vorsorgeeinrichtung (nach Swiss<br />
<strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong> 26) bildet dafür die Grundlage.<br />
Für den Jahresabschluss entstehen<br />
somit keine Zusatzkosten für Gutachten<br />
von Versicherungsexperten. Die <strong>IFRS</strong> für<br />
<strong>KMU</strong> können und wollen nicht auf die Besonderheiten<br />
des Schweizer Vorsorgewesens<br />
eingehen. Es ist zum heutigen<br />
Zeitpunkt nicht abschliessend geklärt, ob<br />
für die Anwendung der <strong>IFRS</strong> für <strong>KMU</strong> ein<br />
Fazit<br />
Mit der Einführung der <strong>IFRS</strong> für<br />
<strong>KMU</strong> entsteht ein fruchtbarer<br />
Wettbewerb im Markt der Rechnungslegungsstandards.<br />
Die <strong>IFRS</strong><br />
für <strong>KMU</strong> sind jedoch immer noch<br />
deutlich umfassender und komplexer<br />
als die Swiss <strong>GAAP</strong> <strong>FER</strong>, vor<br />
allem in den Bereichen Pensionsverbindlichkeiten,<br />
Finanzinstrumente<br />
und bezüglich diverser Anhang-Angaben.<br />
Zudem dürfen die<br />
<strong>IFRS</strong> für <strong>KMU</strong> nicht von börsenkotierten<br />
Gesellschaften angewendet<br />
werden. Der neue Rechnungslegungsstandard<br />
ist zum heutigen<br />
Zeitpunkt nur für vereinzelte<br />
zusätzliches versicherungsmathematisches<br />
Gutachten nötig ist. Dieses wird<br />
jedoch einfacher zu erstellen sein als für<br />
einen „vollen“ <strong>IFRS</strong>-Abschluss, da diverse<br />
Erleichterungen in Bezug auf die zu<br />
berücksichtigenden Parameter vorgesehen<br />
sind. Trotzdem bleibt die Ermittlung<br />
der Vorsorgeverbindlichkeit eine grosse<br />
Unbekannte für die Anwendung des neuen<br />
Standards, da bis heute keine Praxiserfahrungen<br />
von Schweizer Unternehmen<br />
vorliegen.<br />
Schweizer <strong>KMU</strong> mit starker internationaler<br />
Verflechtung eine lohnende<br />
Alternative. Sollte er sich<br />
jedoch international etablieren,<br />
würden auch die Karten im<br />
Schweizer Markt neu gemischt.<br />
Erfahrungen in der Anwendung<br />
des neuen Standards fehlen allerdings<br />
weitgehend, daher ist eine<br />
abschliessende Beurteilung gegenwärtig<br />
nicht möglich. OBT<br />
empfiehlt den Schweizer <strong>KMU</strong> bei<br />
Änderung <strong>oder</strong> Einführung eines<br />
Rechnungslegungsstandards deshalb,<br />
nach wie vor Swiss <strong>GAAP</strong><br />
<strong>FER</strong> anzuwenden.