Wissenschaftliches Arbeiten - Doebler-online.de
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sem Punkt gehen die Usancen freilich auseinan<strong>de</strong>r. Während empirische<br />
soziologische/psychologische <strong>Arbeiten</strong> oft in zahllose<br />
Kleinstkapitel „zerhackt“ wer<strong>de</strong>n, schreiben Historiker nicht selten<br />
Kapitel, die schon wie<strong>de</strong>r Aufsätze für sich darstellen. Je nach Aufgabe<br />
wer<strong>de</strong>n Sie hier Ihren eigenen, gleichwohl methodisch begrün<strong>de</strong>ten<br />
Weg fin<strong>de</strong>n müssen. Ein Beispiel für eine Dezimalglie<strong>de</strong>rung<br />
fin<strong>de</strong>n Sie in <strong>de</strong>r Anlage! Ein Nachtrag: nach 2.1 folgt<br />
zwingend 2.2 und nicht 3.0 (3), nach 3.3.1 folgt zwingend 3.3.2 und<br />
nicht 3.4 o<strong>de</strong>r 4.0 (4) !<br />
3.3.3 Die Einleitung<br />
Paradoxerweise eröffnet die Einleitung zwar eine Arbeit, in <strong>de</strong>r Regel<br />
jedoch wird sie erst nach Fertigstellung aller übrigen Teile endgültig<br />
ausformuliert. Dieses Paradoxon macht Sinn. Be<strong>de</strong>nken Sie,<br />
daß es zwar eine wichtige Funktion <strong>de</strong>r Einleitung ist, <strong>de</strong>n Leser mit<br />
Argumentationen vertraut zu machen, daß dieser Gedankengang<br />
aber im Laufe eines Forschungs- und Schreibprozesses erheblichen<br />
Verän<strong>de</strong>rungen unterworfen sein kann. Unter Umstän<strong>de</strong>n wird<br />
es sogar erfor<strong>de</strong>rlich, ein Thema neu einzugrenzen o<strong>de</strong>r mit Blick<br />
auf die erzielten Ergebnisse die Gesamtproblematik an<strong>de</strong>rs zu gewichten.<br />
Insgesamt sollte die Einleitung sein wie die Kunstform <strong>de</strong>s striptease:<br />
eine Verheißung von Lei<strong>de</strong>nschaft, die gera<strong>de</strong> im Hinausschieben<br />
<strong>de</strong>r Erlösung wachsen<strong>de</strong> Begehrlichkeit weckt. Versuchen<br />
Sie einmal einen striptease - und Sie wissen, wie schwer es ist,<br />
eine gelungene, das heißt Neugier wecken<strong>de</strong> Einleitung zu schreiben.<br />
Für jene, die es profaner (vielleicht auch: puritanischer) mögen<br />
- die Einleitung einer wissenschaftlichen Arbeit sollte enthalten:<br />
m Eine Entwicklung <strong>de</strong>r Problemstellung: Der Leser soll für die<br />
Arbeit interessiert und an das Thema herangeführt wer<strong>de</strong>n. Dessen<br />
Relevanz ist - auch mit einem Blick auf Problemlösungsanfor<strong>de</strong>rungen<br />
und die Zielsetzung <strong>de</strong>r Arbeit - zu ver<strong>de</strong>utlichen.<br />
m Die Eingrenzung <strong>de</strong>s Gegenstands bzw. Themas bietet zugleich<br />
eine Begründung, warum die Arbeit sich auf einen bestimmten<br />
Ausschnitt/Aspekt konzentriert. Unter Umstän<strong>de</strong>n ist es sinnvoll,<br />
hier bereits erste Definitionen vorzunehmen und damit eine<br />
sichere Grundlage für <strong>de</strong>n weiteren Fortgang <strong>de</strong>r Studien zu schaffen.<br />
m Die Forschungsstandanalyse verortet Ihre Arbeit (Gegenstand,<br />
Fragestellungen, methodischer Ansatz) im Wissenschaftssystem,<br />
in<strong>de</strong>m sie die bereits vorliegen<strong>de</strong>n Forschungen kontrovers<br />
darstellt, Erkenntnisse und Schwachstellen gewichtet und<br />
Forschungs<strong>de</strong>si<strong>de</strong>rate ableitet.<br />
m Damit ist zugleich die Brücke geschlagen zur konzeptionellen/methodischen<br />
Anlage einer Untersuchung. Sofern es sich um<br />
eine empirische Studie han<strong>de</strong>lt, sollten die zentralen Hypothesen<br />
ausformuliert wer<strong>de</strong>n, die dann im Hauptteil Gegenstand <strong>de</strong>r<br />
Operationalisierung und Überprüfung sind.<br />
m Unverzichtbarer Teil <strong>de</strong>r Einleitung ist schließlich eine Erläuterung<br />
<strong>de</strong>s Aufbaus <strong>de</strong>r Arbeit, die <strong>de</strong>m Leser eine Wegweisung<br />
durch <strong>de</strong>n Text und damit zugleich Kriterien für die Auswahl und<br />
vertiefte Lektüre einzelner Kapitel bietet.<br />
3.3.4 Der Hauptteil<br />
Hinsichtlich <strong>de</strong>r Anlage und Durchführung <strong>de</strong>s Hauptteils einer Arbeit<br />
lassen sich kaum verbindliche Regeln aufstellen. Der Gedankengang<br />
sollte originell und nachvollziehbar, die Sprache sachlich<br />
und verständlich sein. Wichtig ist die Vermeidung <strong>de</strong>r Substantivierung<br />
[sic] von Verben und natürlich [sic] auch von Füllworten. Vermei<strong>de</strong>n<br />
Sie Wie<strong>de</strong>rholungen, komplizierte Satzgebil<strong>de</strong>, Tempuswechsel<br />
und - ganz stringent [sic] - rhetorische Aufgeblasenheiten.<br />
Gedankliche Wechsel wer<strong>de</strong>n durch Absätze markiert. Nicht hinnehmbar<br />
ist die seitenfüllen<strong>de</strong> Praxis, je<strong>de</strong>n zweiten Satz mit einem<br />
Absatz zu beschließen. Gelungene Kapitelüberleitungen und<br />
-zusammenfassungen för<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n Lesefluß und wirken so positiv<br />
auf das Unterbewußtsein <strong>de</strong>s Prüfers. Graphiken und Tabellen sind<br />
unter Umstän<strong>de</strong>n informativ, müssen aber grundsätzlich im Text<br />
erläutert wer<strong>de</strong>n.<br />
Kommen wir zum sog. Anmerkungsapparat, weniger geschwollen<br />
auch: Fuß- o<strong>de</strong>r Endnote. Sie ist Ort <strong>de</strong>r „unfröhlichen Wissenschaft“(1),<br />
an <strong>de</strong>m Sie „endlich so schlecht schreiben [dürfen - J.D.],<br />
wie Sie es am liebsten schon im Haupttext täten.“ Hierher expedieren<br />
Sie alles, was im Grun<strong>de</strong> nicht beson<strong>de</strong>rs erwähnenswert ist,<br />
(1) Dazu in fröhlicher Satire Ludger Lütkehaus, Unfröhliche Wissenschaft,<br />
in: Die Zeit Nr.42 vom 15.10.1993.<br />
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