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Mißbrauch im Chat - Online-Beratung

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Seite 49<br />

(Auflistung in Anlehnung an Kollmann in Beißwenger, 2002 (Band 2, S. 345))<br />

Die Gefahren, die durch die Neuartigkeit des Mediums <strong>Chat</strong> entstehen, sind vielfältig:<br />

• Der <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> vollzogene Rollenwechsel bleibt nicht ohne Auswirkungen auf das<br />

„reale“ Selbstbild. Denkt sich jemand sehr intensiv in eine – teilweise – andersartige<br />

virtuelle Identität, hat das meist unkontrollierte Auswirkungen auf das Selbstbild und<br />

die Selbstwahrnehmung. Das kann positive Folgen haben (z.B. dass sehr<br />

zurückhaltende und kontaktscheue Personen über den <strong>Chat</strong> lernen, mit anderen in<br />

Kontakt zu treten und sich zu öffnen). Es kann aber auch negative Folgen haben<br />

(wenn z. B. <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> ausgelebte Aggressionen zu einer Enthemmung <strong>im</strong> realen Leben<br />

führen).<br />

• Jemand kann <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> andere Personen – besonders Kinder und Jugendliche – massiv<br />

unter Druck setzen. Trotz der anfänglichen Anonymität kann eine Person (z. B. ein<br />

Pädophiler) auf unterschiedliche Arten Druck ausüben:<br />

o Er kann sich durch eine sehr verständnisvolle und vertrauenswürdige Art mit<br />

dem Kind oder dem Jugendlichen vertraut machen. Auf diese Weise macht er<br />

es dem Kind /Jugendlichen schwer, nein zu sagen und eventuell den Kontakt<br />

abzubrechen. Das schlechte Gewissen, dem netten Gesprächspartner vor den<br />

Kopf zu stoßen oder eine Abfuhr zu erteilen, können Pädophile hier ausnutzen.<br />

So kann es z. B. zu realen sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen<br />

kommen, ohne dass sich ein junges Mädchen in dem Moment wehrt.<br />

o Er kann auf die Scham- und Schuldgefühle der Jugendlichen hoffen. Sie<br />

werfen sich oft vor, dass sie viel zu lange eingewilligt haben oder nichts<br />

ahnend best<strong>im</strong>mten Bedingungen zugest<strong>im</strong>mt haben. Belastende Erlebnisse <strong>im</strong><br />

<strong>Chat</strong> werden dann häufig aus Schuldgefühlen und Empfinden von Peinlichkeit<br />

heraus nicht den Eltern oder anderen Erwachsenen erzählt. So bleibt der Täter<br />

weiter unbehelligt.<br />

o Er kann dem Kind oder Jugendlichen offen reale Gewalt androhen. Es gibt<br />

viele Möglichkeiten, die genaue Identität eines Kindes oder Jugendlichen<br />

heraus zu bekommen, wenn einige wenige Informationen geflossen sind (z. B.<br />

Alter, Wohnort und Schule). Auf diese Weise können Kinder und Jugendliche<br />

eingeschüchtert und gezwungen werden, Dinge zu tun oder auszuhalten, die<br />

gegen ihren Willen sind.<br />

• Täter leben <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> abnorme Bedürfnisse aus und finden Gleichgesinnte. Dadurch<br />

verschieben sich moralische Werte, und die Hemmschwelle wird herabgesetzt. Im<br />

<strong>Chat</strong> sind Dinge möglich, die <strong>im</strong> realen Leben aufgrund unserer gesellschaftlichen<br />

Werthaltungen undenkbar wären: Tiersex, Pädophilie, Betrug des realen<br />

Lebenspartners mit <strong>Chat</strong>bekanntschaften <strong>im</strong> Netz, Austausch über<br />

gewünschte/erträumte Gewaltexzesse etc.. In best<strong>im</strong>mten <strong>Chat</strong>räumen und Foren<br />

treffen sich Gleichgesinnte und tauschen sich hemmungslos aus. Dabei geschieht das<br />

manchmal öffentlich, manchmal <strong>im</strong> Rahmen privater Räume, die nicht allen<br />

zugänglich sind und vor Polizei und strafrechtlicher Verfolgung gut geschützt sind.<br />

Dieses Äußern und Ausleben abnormer Bedürfnisse führt zu einer schrittweisen<br />

Enthemmung – nicht nur <strong>im</strong> Netz, sondern auch in der Realität. Das Finden anderer<br />

Personen mit ähnlichen Bedürfnissen und Gedanken verschiebt die Abnormalität<br />

unmerklich in den Bereich der Normalität. Täter fühlen sich mit ihren Gefühlen und<br />

Gedanken nicht mehr allein. Die Gemeinschaft macht sie stark. Langsam verwischt<br />

die Grenze zwischen Virtualität und Realität. Am Ende kann ein reales Verbrechen<br />

oder eine reale Vergewaltigung stehen. Ein Beispiel für so einen Prozess bietet der<br />

Fall des „Kannibalen von Rotenburg“, der derzeit durch die Presse gegangen ist.

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