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Mißbrauch im Chat - Online-Beratung

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Prävention vor Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

Bericht über ein Projekt der <strong>Beratung</strong>sstelle Mittelstraße<br />

Dr. Britta Schmitz


Seite 2<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Projektidee und Zielsetzung S. 3<br />

Einführung ins Thema <strong>Chat</strong>ten und Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> S. 3<br />

Phasen der Projektdurchführung S. 5<br />

Information der Lehrer(innen) und Zusammenarbeit mit Schulen S. 6<br />

Informationssammlung über die <strong>Chat</strong>-Erfahrung von Schüler(innen) S. 7<br />

Unterrichtseinheiten zum Thema „Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ S.12<br />

Information der Eltern S. 13<br />

Informationsmaterialien S. 13<br />

Besonderheiten der Schulformen S. 14<br />

Vernetzung der Schulen untereinander S. 15<br />

Außerschulische Veranstaltungen S. 16<br />

Fazit und Ausblick S. 16<br />

Literatur, Organisationen, Links S. 18<br />

Anhang mit Materialien S. 20<br />

Inhaltsverzeichnis S. 21<br />

Einführung ins Thema S. 22<br />

Konzept Doppelstunde mit Live-<strong>Chat</strong> S. 38<br />

Klassenlehrer(innen)stunde mit Live-<strong>Chat</strong> S. 40<br />

Workshop über 4 Schulstunden mit Live-<strong>Chat</strong> S. 42<br />

Unterrichtseinheit für Politikunterricht S. 45<br />

Vorschlag für die Durchführung eines Workshops für Eltern S. 46<br />

Fragebogen für Schüler zum <strong>Chat</strong>ten S. 56


Seite 3<br />

Projektidee und Zielsetzung<br />

Als Mitarbeiter der <strong>Beratung</strong>sstelle Mittelstraße Mitte des Jahres 2002 zum ersten Mal auf das<br />

Thema „sexueller Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ aufmerksam wurden, fiel sehr schnell die eklatante<br />

Diskrepanz zwischen den Aktivitäten der Kinder und Jugendlichen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> und dem geringen<br />

Informationsstand der Erwachsenen auf. Bei näherem Hinsehen wurde aber auch deutlich,<br />

dass sich die Jugendlichen gut <strong>im</strong> technischen Bereich auskannten, jedoch nur sehr wenig<br />

über die Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> kannten.<br />

Aufgrund dieser Erfahrungen stellte die <strong>Beratung</strong>sstelle Mittelstraße <strong>im</strong> Oktober einen Antrag<br />

auf Unterstützung des Projektes „Prävention vor Missbrauch von Kindern und Jugendlichen<br />

<strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ be<strong>im</strong> Verein „Wir helfen“ vom Verlag M. DuMont Schauberg.<br />

Innerhalb des Projektes sollten Schulen als Multiplikatoren genutzt werden, um möglichst<br />

viele Fachleute, Eltern und Kinder bzw. Jugendliche zu erreichen.<br />

Zielsetzung des Projekts war die Integration des Themas „Prävention vor Missbrauch <strong>im</strong><br />

<strong>Chat</strong>“ in den Schulalltag weiterführender Schulen in den Jahrgangstufen 5 – 7 (Sonderschulen<br />

bis Gymnasium).<br />

Ins Projekt einbezogen werden sollten alle weiterführenden Schulen <strong>im</strong> kommunalen<br />

Einzugsgebiet der <strong>Beratung</strong>sstelle Mittelstraße in Kerpen-Horrem. Insgesamt handelte es sich<br />

dabei um acht einzelne Schulen aus dem Stadtgebiet Kerpen:<br />

ein Gymnasium<br />

zwei Realschulen<br />

zwei Hauptschulen<br />

eine Gesamtschule<br />

eine Schule für Lernbehinderung<br />

eine Schule für Erziehungshilfe.<br />

Da man bei den acht Schulen von sehr unterschiedlichen Organisationsstrukturen und<br />

Gestaltungen des Schulalltags ausgehen musste, wurde eine individuelle Zusammenarbeit mit<br />

jeder einzelnen Schule der Erwicklung eines „allgemeingültigen“ Konzepts vorgezogen.<br />

Einführung in das Thema <strong>Chat</strong>ten und Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

Anders als Internetseiten zu best<strong>im</strong>mten Themen kann man <strong>Chat</strong>räume nicht in prinzipiell<br />

gefährlich oder ungefährlich einteilen. Ob für Jugendliche in einem <strong>Chat</strong>raum Gefahren<br />

lauern, ist <strong>im</strong>mer von den anderen gerade anwesenden <strong>Chat</strong>tern und ihren Absichten<br />

abhängig. Im <strong>Chat</strong> können Jugendliche Erwachsene treffen, die mit den Jugendlichen über<br />

Texte und auch Bilder Cybersex haben wollen oder Jugendliche in realen Treffen sexuell<br />

missbrauchen. Formen des sexuellen Missbrauchs <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> sind:<br />

genaue Fragen nach der körperlichen Reife<br />

Aufforderung zu sexuellen Handlungen vor dem Computer<br />

Aufforderung sich bei sexuellen Handlungen mit einer Webcam zu filmen<br />

Schilderung von sexuellen Handlungen, die der <strong>Chat</strong>partner gerade selbst durchführt.<br />

Ein Schutz ist nur möglich, indem die Jugendlichen gut informiert sind, sich selbst eigene<br />

Grenzen setzen und bewusst <strong>Chat</strong>räume und <strong>Chat</strong>partner auswählen.<br />

Ein für die Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> wichtiges Merkmal der <strong>Chat</strong>-Kommunikation ist die<br />

Anonymität, die in Kombination mit einer sehr direkten Int<strong>im</strong>ität auftreten kann.<br />

Im <strong>Chat</strong> gilt: „Nichts ist unmöglich“. Hinter Anonymität und Pseudoanonymität kann man<br />

alle Spuren verwischen und sich voll und ganz in eine virtuelle Scheinwelt begeben. Das ist


Seite 4<br />

nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Erwachsene mit abnormen sexuellen Bedürfnissen<br />

ein besonderer Kick.<br />

Der <strong>Chat</strong> zeichnet sich durch verschiedene Merkmale aus, die ihn für das Ausleben erotischer<br />

und sexueller Bedürfnisse sehr interessant macht:<br />

Im <strong>Chat</strong> herrscht eine große Risikolosigkeit. In den seltensten Fällen kann jemand zur<br />

Verantwortung gezogen werden.<br />

Im <strong>Chat</strong> ist ein schneller Rollenwechsel möglich, da man sich nur über einen<br />

ausgedachten Nickname zu erkennen gibt, den man auch schnell wieder wechseln<br />

kann.<br />

Die Sprache <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> ist oft sehr direkt und konkret. Hier kann man schnell zum<br />

<br />

Thema Sex und Erotik kommen und eine lange Kennenlernphase überspringen.<br />

Im <strong>Chat</strong> treffen Erwachsene mit abnormen sexuellen Bedürfnissen <strong>im</strong>mer wieder auf<br />

Gleichgesinnte. Das lässt die Hemmschwelle sinken und diese Erwachsenen<br />

bekommen den Eindruck, dass sie mit ihren Bedürfnissen gar nicht so allein da stehen.<br />

Viele Erwachsene unterschätzen den Sog, der für Jugendliche – und letztendlich auch für<br />

Erwachsene – <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> entstehen kann. Das <strong>Chat</strong>ten wird von Jugendlichen gern genutzt, um<br />

sich <strong>im</strong> Gespräch mit dem anderen Geschlecht auszuprobieren. „Im <strong>Chat</strong> frage ich schon mal<br />

ein Mädchen nach der Körbchengröße“, sagte ein Jugendlicher <strong>im</strong> Rahmen des Projekts in<br />

einem Klassengespräch. So wie ihm geht es vielen anderen auch, die einen ersten Flirt <strong>im</strong><br />

<strong>Chat</strong> suchen und ausprobieren, was be<strong>im</strong> anderen gut ankommt. Diese Jugendlichen stoßen<br />

mit ihren Interessen und Bedürfnissen teilweise auf Erwachsene, die nicht nur einen Flirt,<br />

sondern sehr direkten bis brutalen Sex suchen. Dabei muss es gar nicht zu Treffen zwischen<br />

diesen Erwachsenen und den Jugendlichen <strong>im</strong> „wirklichen Leben“ kommen. Bilder, die durch<br />

Worte oder auch durch den Gebrauch von Photos oder einem Live-Video per Webcam an die<br />

Jugendlichen heran getragen werden, können Jugendliche zutiefst erschrecken und belasten.<br />

„Ich habe etwas Schl<strong>im</strong>mes erlebt, darüber möchte ich aber nicht sprechen“ war ein Satz, der<br />

häufiger in Klassengesprächen zu hören war.<br />

Jugendlichen fällt es teilweise schwer, ihre eigene Grenze in solchen Situationen zu finden.<br />

Sie machen sich keine Vorstellung davon, was auf sie zukommen kann, wenn sie sich auf eine<br />

Kommunikation einlassen. Andererseits ist für sie der <strong>Chat</strong>partner so real wie <strong>im</strong><br />

Alltagsleben. Sie möchten diese Person nicht vor den Kopf stoßen oder beleidigen und<br />

scheuen sich, ihre Grenzen deutlich zu machen. Der schlichte Rat von Eltern „dann mach<br />

doch den Computer einfach aus“ kann hier nicht greifen.<br />

Erwachsene Täter, die ihre abnormen sexuellen Bedürfnisse ausleben wollen, machen sich<br />

diese Umstände zu nutze. Sie machen keinen Hehl aus ihren sexuellen Bedürfnissen.<br />

Stattdessen „verkaufen“ sie den Jugendlichen diese Bedürfnisse als etwas ganz Normales, was<br />

man heute so macht. Sie schmeicheln den Jugendlichen, indem sie den Altersunterschied<br />

benennen aber für unbedeutend erklären und die Jugendlichen mit Kompl<strong>im</strong>enten<br />

überschütten.<br />

Nicht alle Täter legen es auf ein Treffen mit den Jugendlichen an. Manchen reicht es sich mit<br />

den Jugendlichen auf der Ebene des „Cybersex“ zu bewegen. Jugendliche fühlen sich hier<br />

häufig viel zu sicher in der Einschätzung ihres <strong>Chat</strong>-Partners. Sie machen sich während der<br />

<strong>Chat</strong>kommunikation ein Bild von dem anderen und verwechseln dann dieses Bild mit der<br />

Realität.<br />

Ausführliche Informationen zum Thema „<strong>Chat</strong>ten“ und „Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ sind <strong>im</strong> Anhang<br />

zu finden.


Seite 5<br />

Phasen der Projektdurchführung<br />

Einführung ins Thema durch Literaturstudium und <strong>Chat</strong>-Experten<br />

In einer ersten Phase ging es um eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema <strong>Chat</strong>ten<br />

und Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>. Während es zum Thema <strong>Chat</strong>ten allgemein ein recht umfangreiches<br />

Repertoire an Literatur zu finden gab, tauchte das Thema „Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ fast gar nicht<br />

auf. Dieser Umstand hat sich von 2003 bis 2005 gravierend verändert. Jetzt gibt es <strong>im</strong>mer<br />

mehr Personen und Organisationen, die sich mit dem Thema Missbrauch auseinandersetzen<br />

und dazu veröffentlichen.<br />

Zur ersten Projektphase gehörte auch, dass wir jugendliche <strong>Chat</strong>ter als Experten nutzten, die<br />

uns ihre <strong>Chat</strong>-Erfahrungen und verschiedene <strong>Chat</strong>räume vorstellten. Auf diese Weise war es<br />

möglich, einen schnellen und effektiven Einstieg ins <strong>Chat</strong>ten zu finden. Dieser Weg über die<br />

Jugendlichen als <strong>Chat</strong>-Experten ist Lehrer(innen) und Eltern sehr zu empfehlen.<br />

Kontaktaufnahme mit den Schulen<br />

Kontakt zu den Schulen wurde über die Schulleitung aufgenommen. Fast alle Schulen zeigten<br />

sich an dem Projekt grundsätzlich interessiert - trotz der häufig genannten Sorge, dass die<br />

Lehrerkollegien überlastet seien und sich vielleicht nicht auch noch auf dieses Thema<br />

einlassen könnten.<br />

In den meisten Schulen war der zweite Schritt eine persönliche Information interessierter<br />

Lehrer oder das Vorstellen des Themas in einer Lehrerkonferenz.<br />

Danach lief die Zusammenarbeit mit den Schulen sehr individuell und unterschiedlich ab (vgl.<br />

Abschnitt „Information der Lehrer(innen) und Zusammenarbeit mit Schulen“ und<br />

„Besonderheiten der Schulformen“).<br />

Konzertierte Aktionen und Kontinuität<br />

In der Komplexität des Schulalltags und durch die vielfältigen Aufgaben, die Lehrer und<br />

Lehrerinnen heute zu bewältigen haben, drohte das Thema „Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ bei<br />

manchen Schulen <strong>im</strong>mer wieder in Vergessenheit zu geraten.<br />

Die <strong>Beratung</strong>sstelle sah es <strong>im</strong> Rahmen des Projekts als eine ihrer Aufgaben an, Kontinuität<br />

herzustellen und das Interesse an dem Thema zu wecken. Daher wurden während der<br />

Projektlaufzeit neben der individuellen Zusammenarbeit <strong>im</strong>mer wieder Aktionen überlegt, die<br />

allen Schulen angeboten wurden. Zu diesen Aktivitäten gehörten:<br />

eine Fragebogenuntersuchung<br />

die Vorstellung der schulspezifischen Auswertung dieser Fragebogenuntersuchung <strong>im</strong><br />

Lehrerkollegium<br />

Treffen aller Schulen zum Erfahrungsaustausch.<br />

Diese Angebote wurden von allen Schulen mit Interesse angenommen. Streckenweise<br />

konnten über die Aktionen weitere interessierte Lehrer und Lehrerinnen für das Thema<br />

gewonnen werden.


Seite 6<br />

Information der Lehrer(innen) und Zusammenarbeit mit Schulen<br />

Lehrerkonferenzen<br />

Lehrerkonferenzen waren ein sehr häufiges Forum, in dem das Thema allen Lehrern und<br />

Lehrerinnen vorgestellt werden konnte. In einem etwa 20-minütigen Vortrag mit<br />

anschließender Diskussion konnte häufig ein erstes Interesse bei einigen Lehrer(innen)<br />

geweckt und konnten weitere Absprachen getroffen werden.<br />

Unterlagen zu dieser Lehrerinformation finden interessierte Leser in Form einer Power-Point-<br />

Präsentation auf der CD.<br />

Sozialarbeiter(innen) und Stufenleitung<br />

In manchen Schulen konnten die Kontakte zu zuständigen oder interessierten Lehrer(innen)<br />

über Sozialarbeiter(innen) oder über die Stufenleitung hergestellt werden. Dieser Weg hatte<br />

häufig den Vorteil, dass sich eine Person für das Thema verantwortlich fühlte und nicht das<br />

gesamte Lehrerkollegium in grundlegende, organisatorische Überlegungen einbezogen<br />

werden musste.<br />

Lehrerfortbildungen<br />

Eine ausführliche Information <strong>im</strong> Rahmen einer ca. zweistündigen Fortbildung teilweise auch<br />

mit einer Live-Demonstration eines <strong>Chat</strong>s, wurde an manchen Schulen für interessierte<br />

Personen aus den Lehrerkollegien durchgeführt. Solche Veranstaltungen hatten den Vorteil,<br />

dass man sich ohne großen Zeitdruck dem Thema widmen und ausführlicher diskutieren und<br />

planen konnte.<br />

Ergebnisse der Zusammenarbeit mit Lehrer(innen)<br />

Aus der Zusammenarbeit mit den am Thema interessierten Lehrerinnen und Lehrern sind<br />

verschiedene Produkte entstanden. Die Zusammenarbeit gestaltete sich meist so, dass<br />

verschiedene Arbeitstreffen stattfanden, in denen Unterrichtseinheiten geplant wurden, diese<br />

Einheiten durchgeführt und teilweise später ausgewertet wurden.<br />

Eine ausführliche Darstellung der Unterrichtseinheiten für Schüler und Informationseinheiten<br />

für Eltern erfolgt in den entsprechenden Abschnitten. Materialien sind <strong>im</strong> Anhang und auf der<br />

CD zu finden.<br />

Workshops: Es wurde ein 4-stündiger Workshop für die 7. Klasse vorbereitet und<br />

durchgeführt.<br />

Unterrichtseinheit: Für die 6. Klasse wurde eine 2-stündige Unterrichtseinheit<br />

vorbereitet und durchgeführt.<br />

Unterrichtseinheit <strong>im</strong> Fachunterricht: Für den Politikunterricht wurde eine<br />

Unterrichtseinheit für eine 6. Klasse vorbereitet und durchgeführt.<br />

Klassenlehrerstunde: Die Gestaltung einer Klassenlehrerstunde zum Thema wurde<br />

vorbereitet und in einer 6. Klasse durchgeführt.<br />

Elternworkshop: Ein 4-stündiger Elternworkshop <strong>im</strong> Rahmen einer<br />

Elternpflegschaftsveranstaltung wurde vorbereitet und durchgeführt.<br />

Elternabende: wurden geplant und mehrfach für Eltern mit Kindern in der 5.-7.<br />

Klassen durchgeführt.


Seite 7<br />

Informationssammlung über die <strong>Chat</strong>-Erfahrung von Schülern und<br />

Schülerinnen<br />

Für die Entwicklung von Präventionsmaßnahmen war es unerlässlich zu erfahren, wie die<br />

Zielgruppe Schüler mit dem Medium <strong>Chat</strong> umgeht.<br />

Diese Informationen wurden über zwei Wege gesammelt:<br />

Klassengespräche<br />

Fragebogen zum <strong>Chat</strong>ten.<br />

Im Folgenden werden Erfahrungen aus den Klassengesprächen und Ergebnisse aus dem<br />

Fragebogen zum <strong>Chat</strong>ten berichtet. Der Fragebogen zum <strong>Chat</strong>ten ist <strong>im</strong> Anhang zu finden.<br />

Klassengespräche<br />

Klassengespräche wurden in mehreren Klassen der Jahrgangsstufen 5-7 in verschiedenen<br />

Schulformen durchgeführt. Hier war nicht entscheidend, systematisch alle Schulformen und<br />

Klassenstufen zu erfassen. Vielmehr ging es darum, sich in ersten Gesprächen mit Schülern<br />

einen Eindruck über die <strong>Chat</strong>-Erfahrungen zu verschaffen.<br />

Die Klassengespräche liefen so ab, dass Frau Dr. Schmitz von der <strong>Beratung</strong>sstelle für eine<br />

Schulstunde in eine Klasse ging und mit den Schülerinnen und Schülern ein Gespräch über<br />

das <strong>Chat</strong>ten führte. In den meisten Fällen waren die jeweiligen Fach- oder<br />

Klassenlehrer(innen) in dieser Zeit anwesend, beteiligten sich jedoch nicht am Gespräch.<br />

Mögliche Fragen in den Klassengesprächen<br />

Thema: Umgang mit dem PC und Erfahrungen mit dem Internet<br />

Wer hat einen Computer zu Hause?<br />

Was macht ihr so am Computer?<br />

Wer macht auch etwas anderes als schreiben oder spielen?<br />

Wer war schon mal <strong>im</strong> Internet? Was erlebt ihr <strong>im</strong> Internet?<br />

Mit wem sitzt ihr am Computer (allein oder mit Freunden oder den Eltern)?<br />

Wer hat euch gezeigt, wie man ins Internet geht?<br />

Thema: <strong>Chat</strong>ten<br />

Habt ihr schon mal gechattet?<br />

Welche Erfahrungen habt ihr da gemacht?<br />

Wer kann mir mal erzählen, was er gern <strong>im</strong> Internet macht / in welche <strong>Chat</strong>räume er<br />

gern geht?<br />

Was ist das Spannende / Schöne am <strong>Chat</strong>ten; was würde euch interessieren, wenn ihr<br />

es tätet?<br />

Was macht ihr so <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>?<br />

Habt ihr schon mal an einen <strong>Chat</strong>ter eure persönlichen Daten weitergegeben?<br />

Habt ihr schon mal jemanden über das <strong>Chat</strong>ten kennen gelernt?<br />

Wisst ihr was Nettiquette oder <strong>Chat</strong>tiquette ist?<br />

Thema: Schlechte Erfahrungen mit dem <strong>Chat</strong>ten / Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

Ist euch schon mal etwas <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> passiert, was ihr nicht so toll oder sogar<br />

unangenehm fandet? Wisst ihr etwas über die Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>?<br />

Habt ihr eine Idee, warum <strong>Chat</strong>ten nicht nur lustig, sondern auch gefährlich sein<br />

könnte?


Seite 8<br />

<br />

<br />

Kennt ihr jemanden, der schon mal schlechte Erfahrungen mit dem <strong>Chat</strong>ten gemacht<br />

hat?<br />

Mit wem könnt ihr über Dinge sprechen, die ihr <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> erlebt?<br />

Diese Fragen waren in erster Linie Anhaltspunkte für die Gestaltung der Klassengespräche.<br />

Im Vordergrund stand, dass sich ein lebendiges Gespräch mit den Schülern entwickelte, bei<br />

dem dann auch Themen in den Vordergrund rücken konnten, die die Schüler einbrachten.<br />

Ergebnisse der Klassengespräche<br />

Die Klassengespräche konnten einen ersten Aufschluss über die <strong>Chat</strong>-Erfahrungen der<br />

Schüler und Schülerinnen liefern:<br />

Schüler und Schülerinnen der 5. und 6. Klassen sind sehr interessiert am Thema und<br />

haben selbst Fragen (z. B. „Muss man <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> jetzt die Wahrheit sagen oder nicht?“).<br />

Als Schutz vor Bedrohungen oder Belästigungen fällt den meisten Schülern (aller<br />

Klassenstufen) nur das Verlassen des <strong>Chat</strong>raums oder Ausschalten des Computers ein.<br />

Nur wenige kennen die Möglichkeit des Ignorierens innerhalb eines <strong>Chat</strong>raums oder<br />

des Beschwerens be<strong>im</strong> Anbieter.<br />

<strong>Chat</strong>-Erfahrung ist bei einigen bereits in der 5. Klasse vorhanden. In den 7. Klassen<br />

haben die meisten schon mal gechattet.<br />

Im Rahmen der Klasse unter Anwesenheit von Lehrern und einer fremden Person aus<br />

der <strong>Beratung</strong>sstelle sind nur wenige bereit, über schlechte Erfahrungen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> zu<br />

sprechen. Manche sagen offen, dass sie nicht darüber sprechen wollen, andere kichern<br />

nur viel sagend.<br />

Die Schüler und Schülerinnen chatten in sehr unterschiedlichen <strong>Chat</strong>räumen.<br />

Das Gespür dafür, wann <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> die Privatsphäre verletzt wird, ist sehr<br />

unterschiedlich ausgeprägt. Einige geben fre<strong>im</strong>ütig nicht nur ihre eigenen Daten <strong>im</strong><br />

<strong>Chat</strong> weiter, sondern auch noch die persönlichen Daten von Freunden. Andere<br />

beschweren sich und sind betroffen darüber, dass andere z.B. Photos von ihnen über<br />

den <strong>Chat</strong> oder über eine Homepage veröffentlicht – ohne sie vorher zu fragen.<br />

Insgesamt herrscht eher Unsicherheit darüber, wo das fre<strong>im</strong>ütige Weitergeben von<br />

Informationen in Ordnung ist und wo die Privatsphäre anfängt.<br />

Erfahrungen aus den Klassengesprächen<br />

Es war in den 5. und 6. Klassen der verschiedenen Schulformen recht leicht, mit den Schülern<br />

und Schülerinnen ins Gespräch zu kommen. Sie stiegen schnell in das Thema ein – egal ob sie<br />

schon <strong>Chat</strong>-Erfahrung hatten oder nicht. In den 7. Klassen gestaltete sich die<br />

Gesprächsführung wesentlich schwieriger. Die Schüler waren nicht mehr so offen,<br />

beantworteten Fragen eher lustlos. Fragen zu schlechten Erfahrungen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> wurden seltener<br />

beantwortet, wobei man jedoch den Eindruck gewinnen konnte, dass einige Schüler durchaus<br />

schlechte Erfahrungen gemacht hatten, aber nicht darüber sprechen wollten. Andere konnten<br />

offen sagen, dass sie darüber nicht sprechen möchten.


Seite 9<br />

Fragebogenuntersuchung<br />

In der Fragebogenuntersuchung sollten die ersten Eindrücke aus den Klassengesprächen<br />

erweitert und vertieft werden.<br />

Die Fragebogenuntersuchung wurde in allen acht Schulen in je einer 5., 6., und 7. Klasse<br />

durchgeführt. Dabei wurde darauf geachtet, dass Klassen ausgewählt wurden, die nicht an den<br />

Klassengesprächen teilgenommen hatten.<br />

In der Schule für Lernbehinderung wurden höhere Klassen ausgewählt, da in den 5. und 6.<br />

Klassen viele Schüler(innen) noch nicht gut genug lesen und schreiben konnten, um zu<br />

chatten.<br />

Insgesamt nahmen 528 Schüler an der Untersuchung teil.<br />

Zielsetzung der Fragebogenuntersuchung<br />

Mit Hilfe der Fragebogenerhebung sollte die Zielgruppe (Schüler der 5.-7. Klassen<br />

verschiedener Schulformen) genauer beschrieben werden können <strong>im</strong> Hinblick auf:<br />

ihre <strong>Chat</strong>-Erfahrung<br />

ihre Einstellung zum <strong>Chat</strong>ten<br />

ihren Umgang mit dem Medium (z. B. Weitergabe persönlicher Daten; Treffen mit<br />

<strong>Chat</strong>bekanntschaften <strong>im</strong> realen Leben, etc.)<br />

Angst und Unwohlsein durch negative Erfahrungen be<strong>im</strong> <strong>Chat</strong>ten.<br />

Die Ergebnisse der Fragebogenuntersuchung sollten zu einer fundierten Planung von<br />

Präventionsmaßnahmen beitragen.<br />

Aufbau des Fragebogens<br />

Der Fragebogen wurde bewusst kurz gehalten (eine DIN A 4 Vor- und Rückseite), damit er<br />

problemlos zu Beginn oder am Ende einer Unterrichtsstunde ausgefüllt werden konnte. Es<br />

wurden keine Namen erfragt, um den Schülern zu signalisieren, dass es nicht um sie<br />

persönlich geht, und um ihnen eine ehrliche Antwort auch auf heikle Fragen zu erleichtern.<br />

Die Fragen der Erhebung bezogen sich auf folgende Bereiche:<br />

Häufigkeit des <strong>Chat</strong>tens (<strong>Chat</strong>-Erfahrung)<br />

Faszination be<strong>im</strong> <strong>Chat</strong>ten<br />

Negative Aspekte des <strong>Chat</strong>tens<br />

Einstellung von Nicht-<strong>Chat</strong>tern zum <strong>Chat</strong>ten<br />

<strong>Chat</strong>ten mit Fremden<br />

Weitergabe von Daten (persönliche und Daten andere) an fremde <strong>Chat</strong>ter<br />

Treffen mit fremden <strong>Chat</strong>tern (<strong>Chat</strong>bekanntschaften)<br />

Angst und Unwohlsein durch negative Erfahrungen be<strong>im</strong> <strong>Chat</strong>ten<br />

Vertrauenspersonen als Ansprechpartner bei negativen Erfahrungen.<br />

Ein Exemplar des Fragebogens ist auf der CD zu finden.<br />

Ergebnisse der Fragebogenuntersuchung<br />

Der Fragebogen wurde in erster Linie deskriptiv ausgewertet. An dieser Stelle werden<br />

Ergebnisse dargestellt, die nahezu für alle Schulen gelten, da sich über alle Fragen hinweg<br />

keine signifikanten Unterschiede zwischen den Schulen finden ließen.


Seite 10<br />

<strong>Chat</strong>-Erfahrung<br />

Die <strong>Chat</strong>-Erfahrung n<strong>im</strong>mt von der 5. bis zur 7. Klasse rapide zu. Während in der 5. Klasse<br />

die meisten Schüler und Schülerinnen noch keine <strong>Chat</strong>-Erfahrung haben, gibt es in den 7.<br />

Klassen nur noch wenige Nicht-<strong>Chat</strong>ter.<br />

Der Anteil der Viel-<strong>Chat</strong>ter (die auf einer Skala von 0-6 (0= nie und 6= sehr häufig) die<br />

Kategorien 5 oder 6 angekreuzt haben) n<strong>im</strong>mt dagegen nicht zu und bleibt relativ gering.<br />

Faszination be<strong>im</strong> <strong>Chat</strong>ten<br />

Hier wurde eine offene Frage gestellt, auf die die Schüler(innen) frei antworten konnten. Die<br />

Antworten wurden anschließend kategorisiert.<br />

Das Ergebnis zeigt, dass Schüler(innen) am häufigsten chatten, um <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> neue Leute<br />

kennen zu lernen oder ihre Freunde zu treffen (chatten statt telefonieren). Häufig dient das<br />

<strong>Chat</strong>ten bei den befragten Schüler(innen) auch zum Spaß und Zeitvertreib, zum Flirten in der<br />

Anonymität, weil niemand sie <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> kennt und sie ihre wahre Identität verstecken können.<br />

Negative Aspekte des <strong>Chat</strong>tens<br />

Hier wurden über alle Schulen hinweg am häufigsten Antworten gegeben, die man den<br />

Kategorien „Perversitäten“ und „Falschaussagen“ zuordnen kann. Schüler und Schülerinnen<br />

fühlen sich oft durch perverse Anmache, schweinische Wörter und sexuelle Angebote<br />

belästigt. Diese Kategorie wird von Mädchen deutlich häufiger benannt als von Jungen.<br />

Ebenso stört es viele, wenn sie das Gefühl haben, von <strong>Chat</strong>tern belogen zu werden und es<br />

durch die Anonymität nicht überprüfen können. Bei manchen Fragebögen fällt auf, dass die<br />

selben Schüler oder Schülerinnen es toll finden, selbst <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> anonym sein zu können und<br />

gleichzeitig blöd finden, dass sie <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> nicht wissen, mit wem sie es zu tun haben.<br />

Einstellung von Nicht-<strong>Chat</strong>tern zum <strong>Chat</strong>ten<br />

Auf die Frage, warum Nicht-<strong>Chat</strong>ter (Schüler(innen), die noch nie gechattet haben) nicht<br />

chatten, gibt es sehr unterschiedliche Antworten. Auch hier war die Frage offen gestellt, so<br />

dass die Schüler(innen) frei antworten konnten.<br />

Am häufigsten äußerten Nicht-<strong>Chat</strong>ter <strong>im</strong> Fragebogen, sie hätten kein Interesse, fänden<br />

chatten blöd, hätten keinen Internetzugang und oder ein Verbot der Eltern.<br />

Daneben spielt bei den Nicht-<strong>Chat</strong>tern auch die Anonymität eine Rolle. Sich mit Leuten <strong>im</strong><br />

<strong>Chat</strong> zu unterhalten, die sie in den meisten Fällen nie richtig kennen lernen können, finden<br />

einige Nicht-<strong>Chat</strong>ter überhaupt nicht attraktiv. Da gehen sie lieber an reale Ort, um neue<br />

Leute kennen zu lernen.<br />

Manche Nicht-<strong>Chat</strong>ter äußerten auch die Befürchtung, dass <strong>Chat</strong>ten gefährlich sein könnte,<br />

führten das aber nicht genauer aus.<br />

Weitergeben von Daten<br />

Wenn Daten weiter gegeben werden, dann ist es meist der eigene Vorname und /oder die<br />

Handynummer bzw. die e-Mailadresse. Häufig werden Daten auch in Kombination weiter<br />

gegeben (z.B. der eigene Vorname und die Handynummer oder der gesamte Name und die e-<br />

Mailadresse).<br />

Die eigenen Daten werden bereitwilliger <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> veröffentlicht als Daten anderer Leute,<br />

wobei die Weitergabe fremder Daten auch <strong>im</strong>mer wieder vorzukommen scheint. Hier werden<br />

in erster Linie Vornamen, z.B. von Freunden genannt, gelegentlich auch andere Daten darüber<br />

hinaus.<br />

Treffen mit <strong>Chat</strong>-Bekanntschaften<br />

Es gibt so gut wie keine Klasse, in der sich nicht mindestens ein Schüler oder eine Schülerin<br />

schon mal mit einer <strong>Chat</strong>-Bekanntschaft getroffen hat. Von den 528 Schülern und


Seite 11<br />

Schülerinnen haben sich 64 schon mal mit Menschen getroffen, die sie nur über den <strong>Chat</strong><br />

kannten.<br />

Angst und Unwohlsein durch negative Erfahrungen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

Während die Frage, ob die Schüler(innen) schon mal Angst vor einem anderen <strong>Chat</strong>ter gehabt<br />

hätten nur von einem recht geringen Prozentsatz der Stichprobe bejaht wurde, äußerten <strong>im</strong><br />

Schnitt die Hälfte der Schüler und Schülerinnen, dass ihnen die Art, wie andere <strong>Chat</strong>ter sie<br />

angesprochen haben, unangenehm war.<br />

Bei diesen Fragen ergab sich der einzige deutliche Geschlechtsunterschied: Mädchen sagen<br />

eher, dass sie durch die Art, wie sie von einem anderen <strong>Chat</strong>ter angesprochen werden,<br />

unangenehm berührt sind.<br />

Vertrauenspersonen<br />

Relativ viele Schülerinnen und Schüler scheinen über ihre negativen Erlebnisse <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> mit<br />

anderen zu sprechen. Nur sehr wenige geben an, dass sie mit niemandem sprechen.<br />

Während in den 5. Klassen noch sehr häufig die Eltern als Ansprechpartner genannt werden,<br />

sind es in den 6. und besonders 7. Klassen eher die Freundinnen und Freunde.<br />

Fazit der Fragebogenuntersuchung<br />

Die <strong>Chat</strong>-Erfahrung n<strong>im</strong>mt von der 5. bis zur 7. Klasse stetig zu. Die Sorge mancher<br />

Lehrkräfte und Eltern, dass man durch präventive Informationsveranstaltungen bei den<br />

Kindern und Jugendlichen schlafende Hunde wecken könnte, ist somit unbegründet. In den 7.<br />

Klassen haben auch ohne Informationsveranstaltungen fast alle Schülerinnen und Schüler<br />

schon mal gechattet. Die Meisten scheinen das <strong>Chat</strong>ten auszuprobieren, sich aber nicht<br />

automatisch zu Viel-<strong>Chat</strong>tern zu entwickeln. Der Anteil der Viel-<strong>Chat</strong>ter bleibt über alle<br />

Klassenstufen hinweg relativ gering.<br />

Die meisten Schüler(innen) chatten, um Kontakte zu (Schul)freundinnen zu pflegen oder aber,<br />

um neue Leute kennen zu lernen. Der Anteil der Schüler(innen), die bereit sind, sich mit<br />

<strong>Chat</strong>-Bekanntschaften zu treffen, ist beängstigend groß. Ebenso hat der Anteil der<br />

Schüler(innen), die persönliche Daten oder Daten von anderen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> weitergeben eine<br />

Größe, über die man nicht einfach hinwegsehen sollte (siehe Abschnitt „Ableitungen“).<br />

Als negative Aspekte des <strong>Chat</strong>tens werden häufig die Konfrontation mit Perversitäten und<br />

Falschaussagen anderer <strong>Chat</strong>ter genannt. Diese beiden Punkte scheinen viele Schüler nicht<br />

nur zu stören, sondern auch zu belasten. Mädchen geben offener als Jungen an, dass sie davon<br />

betroffen sind. Aus dem Fragebogen lässt sich nicht schließen, dass Mädchen häufiger<br />

belästigt werden. Womöglich äußern Jungen diese Aspekte nicht so offen wie Mädchen.<br />

Erfreulich ist, dass die meisten Jungen und Mädchen über ihre negativen Erlebnisse <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

mit anderen sprechen. Erwachsene haben besonders bei den 5. und 6. Klassen eine Chance,<br />

mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Schüler(innen) der 7. Klassen ziehen häufig ein Gespräch<br />

mit Freunden und Freundinnen vor.<br />

Ableitungen aus den Fragebogenergebnissen für die Präventionsarbeit<br />

Um wirklich präventiv arbeiten zu können, sollten Informations- und<br />

Aufklärungsveranstaltungen für Schüler in der 5. Klasse, spätestens in der 6. Klasse<br />

ansetzen.<br />

Elterninformationen sollten so früh wie möglich stattfinden, da Eltern bei ihren<br />

jüngeren Kindern noch eher den Status einer Vertrauensperson für dieses Thema<br />

haben.


Seite 12<br />

<br />

<br />

Die Anzahl der Treffen mit <strong>Chat</strong>-Bekanntschaften und der Weitergabe von<br />

persönlichen Daten machen in besonderer Weise deutlich, dass Präventionsarbeit und<br />

Aufklärung über die Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> unerlässlich sind, da sich Schüler(innen) sonst<br />

einem nicht kalkulierbaren Risiko aussetzen.<br />

Bei der Präventionsarbeit sollte man berücksichtigen, dass Mädchen allem Anschein<br />

nach offener über negative Erlebnisse <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> berichten als Jungen. Eventuell macht<br />

es Sinn, mit Mädchen und Jungen zumindest zeitweise getrennte Unterrichtseinheiten<br />

durchzuführen.<br />

Unterrichtseinheiten zum Thema „Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“<br />

Im Projekt wurden verschiedene Möglichkeiten entwickelt, das Thema „Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ in<br />

den Jahrgangsstufen 5-7 <strong>im</strong> Unterricht zu bearbeiten. Es zeigte sich, dass es nicht <strong>im</strong>mer<br />

notwendig war, mit den Schüler(innen) auch in den <strong>Chat</strong> zu gehen.<br />

Ausführlichere Angaben zum Ablauf und Inhalt der Unterrichtseinheiten sind <strong>im</strong> Anhang zu<br />

finden. Hier werden kurz die Konzepte der Unterrichtseinheiten skizziert.<br />

Konzept für eine Doppelstunde<br />

Zu Beginn wurde besonders bei den Klassen 5 und 6 eine allgemeine Einführung zum Thema<br />

„Was ist eigentlich chatten?“ gegeben, da in diesen Klassen laut der Ergebnisse der<br />

Fragebogenuntersuchung noch viele Schülerinnen und Schüler sind, die noch nie gechattet<br />

haben. Im Rahmen dieser Einführung wurde ein Live-<strong>Chat</strong> angeboten – entweder als<br />

Demonstration oder aber indem die Schüler paarweise vor einem Rechner saßen und chatten.<br />

Anschließend an die Live-Demonstration folgte häufig ein Gespräch, in dem erste<br />

Erfahrungen und Eindrücke ausgetauscht werden konnten. Hier flossen durchaus auch<br />

Erfahrungen ein, die nicht in dieser Stunde über das <strong>Chat</strong>ten gesammelt wurden. Das<br />

Gespräch wurde teilweise ergänzt durch eine Gruppenarbeit, in der sich wenige Schüler noch<br />

mal intensiver austauschen konnten und ihre Ergebnisse auf Metaplankärtchen festhalten<br />

konnten. In der zweiten Stunde der Doppelstunde wurde an die Erfahrungen angeknüpft. Hier<br />

wurde eine Überleitung zu Lösungsmöglichkeiten und Schutzmaßnahmen gesucht. Wenn sich<br />

<strong>im</strong> Klassengespräch zu wenige Beispiele für schlechte Erfahrungen fanden, konnten auch<br />

Beispiele aus der Literatur eingebracht werden. In den <strong>im</strong> Literaturverzeichnis aufgeführten<br />

Artikeln oder auch Broschüren sind solche Beispiele zu finden. Solche Beispiele für sexuelle<br />

Belästigung oder sexuellen Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> kann man unterteilen in:<br />

Besch<strong>im</strong>pfung und Beleidigung <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

Sexuelle Belästigung (z.B. <strong>im</strong> Separee)<br />

Kommunizieren sexueller Fantasien<br />

Aufforderung zu sexuellen Handlungen während des <strong>Chat</strong>tens (auch bei laufender<br />

Webcam)<br />

Anfrage nach getragener Kinderunterwäsche<br />

Aufforderung zu Herausgabe persönlicher Daten und einem Treffen<br />

Das Sammeln von Lösungsmöglichkeiten konnte durch den Flyer und die Broschüre der<br />

<strong>Beratung</strong>sstelle unterstützt oder vervollständigt werden.<br />

Klassenlehrer(innen)stunde<br />

Hat eine Lehrerin oder ein Lehrer in seiner Klasse die Möglichkeit eine wöchentliche<br />

Klassenlehrer(innen)stunde einzurichten, so kann auch hier das Thema „Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ in<br />

einer Stunde aufgegriffen werden.


Seite 13<br />

Wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit wurde keine Live-Demonstration<br />

eingeplant.<br />

Die Frage „was ist eigentlich chatten“ konnte <strong>im</strong> Gespräch zwischen erfahrenen <strong>Chat</strong>tern und<br />

Nicht-<strong>Chat</strong>tern geklärt werden. Unterstützend wurden Screenshots oder Beispieldialoge<br />

vorführt.<br />

Im Zentrum der Klassenlehrer(innen)stunde sollte der Erfahrungsaustausch mit der Suche<br />

nach Präventions- und Lösungsmöglichkeiten stehen.<br />

Diese eine Stunde kann aber auch als Ausgangspunkt genutzt werden, um in folgenden<br />

Klassenlehrer(innen)stunde das Thema nochmals kurz anzureißen oder Schülern die<br />

Möglichkeit zu geben, von sich aus später <strong>Chat</strong>-Erfahrungen zu thematisieren.<br />

Workshop über 4 Schulstunden<br />

Stand z.B. <strong>im</strong> Rahmen von Projekttagen sehr viel Zeit zur Verfügung, konnte man über die<br />

Punkte „was ist chatten“, Live-Demonstration, Erfahrungsaustausch und Suche nach<br />

Lösungen hinausgehen und konkretere Themen ansprechen wie z.B. die Suche nach<br />

geeigneten Nicknames, was sind Kriterien für gute <strong>Chat</strong>räume, technische Möglichkeiten sich<br />

zu schützen in den <strong>Chat</strong>s, Internetseiten für Kinder und Jugendliche über das <strong>Chat</strong>ten.<br />

Information der Eltern<br />

Zur Information der Eltern wurden <strong>im</strong> Rahmen des Projektes verschiedene Veranstaltungen<br />

angeboten und durchgeführt: Elternabende, Elternworkshops und eine Information der<br />

Elternpflegschaft.<br />

In diesem Abschnitt soll nur das Konzept des Elternworkshops ausführlich dargestellt werden.<br />

Die beiden anderen Varianten waren kurze Informationsveranstaltungen, zu denen es auf der<br />

CD noch Arbeitsmaterial in Form einer Power-Point-Präsentation gibt.<br />

Information der Elternpflegschaft<br />

Die Information der Elternpflegschaft besteht aus einem ca. 15-minütigen Vortrag über die<br />

Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> und einer anschließenden 5-minütigen Diskussionsphase. Ergänzend kann<br />

der Flyer verteilt werden.<br />

Elternabend<br />

Elternabende sind Informationseinheiten von 1,5 bis 2 Stunden. Hier ist sowohl für die<br />

Informationseinheit als auch für die Diskussionsphase mehr Raum. Wenn man möchte kann<br />

man hier auch einen Live-<strong>Chat</strong> durchführen. Eine Power-Point-Präsentation zum Konzept<br />

eines Elternabends ist auf der CD zu finden. Ausführlichere Hintergrundinformationen zu den<br />

Folien finden sich <strong>im</strong> nächsten Abschnitt zum Thema „Elternworkshop“.<br />

Elternworkshop<br />

Als Informationsmaterial für den Elternworkshop können hier genau wie be<strong>im</strong> Elternabend<br />

die Power-Point-Präsentation und als Ergänzung der Flyer verwendet werden. Ein Ablauf zu<br />

einem Elternworkshop ist <strong>im</strong> Anhang zu finden.<br />

Informationsmaterialien<br />

Neben Informationsmaterialien anderer Organisationen, die <strong>im</strong> Literaturverzeichnis<br />

aufgeführt sind, wurden innerhalb des Projekts von der <strong>Beratung</strong>sstelle Mittelstraße<br />

Materialien erstellt, die hier kurz beschrieben werden und auf der beiliegenden CD als<br />

Druckvorlage zu finden sind.


Seite 14<br />

<br />

<br />

<br />

Flyer zum Thema Prävention vor Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>: Dieser Flyer ist eine kurze<br />

Information zu den Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> und richtet sich in erster Linie an Erwachsene.<br />

Der Flyer ist gut als ergänzendes Material für Elternabende einsetzbar..<br />

Broschüre „<strong>Chat</strong>ten: Anquatschen, anflüstern, anmachen – Klartext zum Thema<br />

sicheres <strong>Chat</strong>ten“: Diese Broschüre ist in erster Linie für Kinder und Jugendliche<br />

gedacht und bietet sich ergänzend zu Unterrichtseinheiten an. Thema der Broschüre<br />

sind Möglichkeiten, wie Jugendliche sich schützen können, wenn sie chatten. Es gibt<br />

zwar keinen hundertprozentigen Schutz, aber es gibt verschiedene Regeln, durch deren<br />

Beachtung sich das Risiko verringern lässt.<br />

Hintergrundinformation zu den Themen <strong>Chat</strong>ten und Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>:<br />

Ausführlichere Hintergrundinformationen sind <strong>im</strong> Anhang dieses Berichtes zu finden.<br />

Sie sind für Fachleute gedacht, die sich in das Thema einarbeiten möchten, um<br />

Informationen an Jugendliche und Erwachsene weiter zu geben.<br />

Besonderheiten der Schulformen<br />

Das Thema „Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ ist kein selbstverständliches Schulthema. Daher ist es um so<br />

wichtiger, die individuellen Möglichkeiten zu eruieren und zu nutzen, um das Thema <strong>im</strong><br />

Schulalltag etablieren zu können.<br />

Die acht weiterführenden Schulen sind Systeme mit sehr unterschiedlichen Größenordnungen<br />

und Organisationsformen. Deswegen wurde <strong>im</strong> Rahmen des Projekts sehr bewusst von<br />

Anfang an individuell mit ihnen zusammen gearbeitet. So konnten die Besonderheiten der<br />

Schulsysteme berücksichtigt und für das Projekt genutzt werden.<br />

Besonderheiten der Organisationsformen<br />

In großen Systemen stellen sich sehr schnell Stufenleitungen als Ansprechpartner und<br />

Verantwortliche zur Verfügung.<br />

In manchen Schulen ist es üblich z.B. kurz vor den Sommerferien Projekttage<br />

anzubieten, bei denen den Schülern verschiedenste Themen in Form von Workshops<br />

angeboten werden. In diesem Rahmen kann das Thema „Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ etabliert<br />

werden.<br />

Gerade große Schulsysteme bieten regelmäßige Themenschwerpunkte an (z.B.<br />

Gewaltprävention oder Suchtprävention), bei denen auch mit externen Fachkräften<br />

zusammengearbeitet wird. Hier kann das Thema „Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ mit<br />

eingeflochten werden.<br />

Die Spielräume von Klassenlehrern sind unterschiedlich. Klassenlehrerstunden bieten<br />

Klassenlehrern die Möglichkeit einer freien Gestaltung. Hier können nicht nur<br />

Probleme <strong>im</strong> Klassenverband und organisatorische Dinge angesprochen werden<br />

sondern auch aktuelle Themen wie die Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> aufgegriffen werden.<br />

Die Organisation und Aktivität der Elternschaft in Form der Elternpflegschaft ist in<br />

den Schulen ebenfalls sehr unterschiedlich. An manchen Schulen ist es durchaus<br />

möglich, die Eltern direkt über die Elternpflegschaft anzusprechen. Manche<br />

Elternpflegschaften organisieren auch zusammen mit dem Lehrerkollegium<br />

Workshoptage für die Elternschaft der Schule, bei denen das Thema <strong>Chat</strong>ten seinen<br />

Platz finden kann.


Seite 15<br />

Ansprechpartner innerhalb der Schulen<br />

Die Wege, um feste Ansprechpartner für ein Thema zu finden, die sich dann für das Thema<br />

verantwortlich fühlen, sind von Schule zu Schule sehr unterschiedlich.<br />

Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass es in kleineren Systemen durchaus funktionieren<br />

kann, wenn ein von außen kommendes Thema an die Schulleitung gebunden bleibt.<br />

In manchen Systemen wird man sehr schnell an Stufenleiter verwiesen, und manchmal<br />

geht der Weg dann noch weiter zu interessierten Lehrerinnen oder Lehrern, die das<br />

Thema kontinuierlich aufgreifen und begleiten.<br />

An manchen Schulen entstehen Kontakte zu den jeweiligen Klassenlehre(innen) der<br />

5.-7. Klassen. Diese Lehrer(innen) tragen dann das Thema direkt in ihre Klassen.<br />

Schulsozialarbeiter sind ebenfalls wichtige Anlaufstellen, die entweder das Thema in<br />

der Hand behalten oder aber be<strong>im</strong> Kontaktknüpfen zu interessierten Lehrer(innen)<br />

behilflich sind.<br />

Um das Thema „Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ kontinuierlich in einer Schule zu etablieren, ist es<br />

notwendig, Personen zu finden, die sich für das Thema verantwortlich fühlen und es auch<br />

über einen best<strong>im</strong>mten Projektzeitraum hinaus begleiten. Dieser Vorgang gestaltet sich in den<br />

meisten Schulen nicht sehr einfach. Lehrerkollegien werden heute mit sehr unterschiedlichen<br />

und vielschichtigen Anforderungen konfrontiert. Da bleibt häufig wenig Zeit und Motivation,<br />

sich auch noch mit schulferneren Themen auseinander zu setzen. Ansprechpartner können<br />

daher Schulleitung, Stufenleiter, Klassenlehrer(innen), themeninteressierte Lehrer oder<br />

Schulsozialarbeiter sein.<br />

Besonderheiten auf Seiten der Schüler<br />

Zum einen durch die Erfahrung <strong>im</strong> Projekt an einer reinen Mädchenschule, zum<br />

anderen durch die Fragebogenuntersuchung fiel auf, dass Mädchen und Jungen anders<br />

mit dem Thema Belästigung <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> umgehen. Offensichtlich finden offenere<br />

Gespräche darüber statt, wenn Mädchen unter sich sind, so dass Angebote zu<br />

geschlechtergetrennte Gesprächsmöglichkeiten sinnvoll erscheinen.<br />

In der Schule für Lernbehinderung wurden als Zielgruppe nicht die Klassen 5-7,<br />

sondern die Klassen 8-10 ausgewählt. Da lernbehinderte Schüler aus den jüngeren<br />

Jahrgangsstufen häufig noch nicht über ausreichende Lese- und<br />

Rechtschreibkenntnisse verfügen, ist das Thema <strong>Chat</strong>ten eher bei den Älteren verortet.<br />

Von daher bieten sich Aufklärungs- und Präventionsangebote eher in diesen Klassen<br />

an.<br />

In der Schule für Erziehungshilfe wurde besonders betont, dass man es hier vielleicht<br />

nicht nur mit potentiellen Opfern, sondern auch mit potentiellen Tätern zu tun haben<br />

könnte. Diese Überlegung wurde zwar besonders für die Schule für Erziehungshilfe<br />

benannt, gilt aber letztendlich auch für alle anderen Schulformen.<br />

Vernetzung der Schulen untereinander<br />

Vernetzung der Schulen untereinander bedeutet, dass sich die für das Thema „Gefahren <strong>im</strong><br />

<strong>Chat</strong>“ verantwortlichen Personen der verschiedenen Schulen treffen und austauschen.<br />

Ein solches Treffen entstand aus dem eigenen Interesse von Lehrern und wurde innerhalb des<br />

Projekts in der <strong>Beratung</strong>sstelle Mittelstraße durchgeführt. In der Folge wurde fest gehalten,<br />

weitere Treffen in größeren Abständen stattfinden zu lassen, um die Kontinuität in der<br />

Auseinandersetzung mit dem Thema zu fördern und sich gegenseitig zu unterstützen.


Seite 16<br />

Außerschulische Veranstaltungen<br />

Das Thema „Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ hat <strong>im</strong> Laufe der Projektzeit über die Grenzen der Schulen<br />

hinweg Kreise gezogen. Es kamen Anfragen von verschiedenen außerschulischen Stellen an<br />

die <strong>Beratung</strong>sstelle, ob nicht ein Workshop, Elternabend oder Vortrag zu dem Thema<br />

angeboten werden könnte. Diese Anfragen wurden von der <strong>Beratung</strong>sstelle genutzt das<br />

Thema weiter publik zu machen.<br />

An dieser Stelle seien kurz einige außerschulische Veranstaltungen benannt und kurz<br />

beschrieben:<br />

Erftprävent: (???) was ist das für eine Veranstaltung Be<strong>im</strong> Erftprävent wurde ein<br />

Workshop mit Live-Demonstration eines <strong>Chat</strong>s durchgeführt. Teilnehmer(innen)<br />

waren Fachleute aus unterschiedlichen pädagogischen Sparten.<br />

Caritas-Rhein-Erft-Forum: Im Rahmen einer Veranstaltungsreihe des<br />

Caritasverbandes Rhein-Erft wurde ein Vortragsabend zum Thema „Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

durchgeführt, zu dem Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen geladen waren.<br />

Internetcafe einer Pfarrgemeinde: Von einer Pfarrgemeinde kam die Anfrage, ob eine<br />

Informationsveranstaltung in ihrem Internetcafe zu dem Thema durchgeführt werden<br />

könnte. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde eine Live-<strong>Chat</strong> demonstriert.<br />

Informationsnachmittag in einer Jugendgruppe: Die Leiterin einer kirchlich<br />

organisierten Jugendgruppe hatte die Idee, einer ihrer Gruppenstunden zum Thema<br />

„Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ zu gestalten. Neben vielen Diskussionen und Fragerunden wurde<br />

hier auch ein Live-<strong>Chat</strong> demonstriert.<br />

Weiterführende Schulen außerhalb von Kerpen: In einigen Schulen außerhalb von<br />

Kerpen bestand Interesse an einem Elternabend zu dem Thema. Hier wurden<br />

Veranstaltungen außerhalb des Projektrahmens angeboten.<br />

Fazit und Ausblick<br />

Das Thema „Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ ist bei Schülern, Lehrern und Eltern auf großes Interesse<br />

gestoßen. Die Fragebogenerhebung bei den Schülern hat deutlich gemacht, dass eine<br />

Aufklärung in diesem Bereich notwenig ist, da ein nicht zu vernachlässigender Anteil der<br />

Schüler (5.-7. Klasse) sehr risikobereit und unbefangen mit dem Medium umgeht. Sie geben<br />

leichtfertig eigene Daten wie Handynummer und Namen weiter. Einige scheuen sich nicht<br />

Treffen mit <strong>Chat</strong>bekanntschaften zu vereinbaren, und sehr viele Schüler haben perverse<br />

Anmache oder Beleidigungen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> erlebt.<br />

Daher ist es in Zukunft wichtig, Schüler(innen) über die Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> und auch über<br />

Schutz- und Präventionsmöglichkeiten aufzuklären und mit ihnen über dieses Thema <strong>im</strong><br />

Gespräch zu bleiben. In den 5. und 6. Klassen ist die Präventionsarbeit besonders sinnvoll, da<br />

hier noch viele Schüler(innen) ohne <strong>Chat</strong>-Erfahrung sind und alle insgesamt für das Thema<br />

aufgeschlossener sind.<br />

In der Zusammenarbeit mit den Schulen hat sich eine schulspezifische und individuelle<br />

Herangehensweise bewährt. Die acht weiterführenden Schulen stellten sich <strong>im</strong> Rahmen des<br />

Projektes als sehr unterschiedliche Systeme dar, bei denen es verschiedene Nischen gab, in<br />

denen sich das Thema „Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ platzieren ließ. Die Schulen sind sehr<br />

unterschiedlich mit dem Thema umgegangen, wodurch ein großes Spektrum an Ideen und<br />

Möglichkeiten zu dem Thema entstand.


Seite 17<br />

Einige Schulen steckten in dem Dilemma, dass sie das Thema durchaus als interessant und<br />

wichtig einstuften, aber Schwierigkeiten hatten, es <strong>im</strong> Gesamtplan der Anforderungen<br />

unterzubringen. Schulen werden <strong>im</strong> Moment mit vielen von außen kommenden Themen<br />

konfrontiert. In dieser Situation wurde es als hilfreich erlebt, dass Fachleute aus der<br />

<strong>Beratung</strong>sstelle Mittelstraße Vorarbeit leisteten, Informationen sammelten und geplante<br />

Veranstaltungen vorstrukturierten. Ebenso war es wichtig, das Thema von Seiten der<br />

<strong>Beratung</strong>sstelle <strong>im</strong>mer wieder in den Schulen in Erinnerung zu rufen.<br />

Der Fragebogen erfüllte eine weitere wichtige Funktion: Er diente in manchen Klassen als<br />

Türöffner für ein beginnendes Gespräch zwischen Lehrern und Schülern über das Thema<br />

<strong>Chat</strong>ten. Durch die Darstellung der Fragebogenergebnisse in Lehrerkonferenzen wurde das<br />

Thema noch mal <strong>im</strong> ganzen Lehrerkollegium aufgegriffen und in Erinnerung gerufen.<br />

Da die Laufzeit des Projektes über einen Schuljahreswechsel hinausging, wurde deutlich, in<br />

welchen organisatorischen Konstellationen die Weitergabe des Themas an die nächsten<br />

Klassen gut funktionierte und wo es Schwierigkeiten zu überwinden galt.<br />

Ein einfacher Übergang war oft dann möglich, wenn sich eine oder mehrere Personen des<br />

Lehrerkollegiums für das Thema verantwortlich fühlten und eine klare Einordnung des<br />

Themas in den Schulalltag definiert war (z.B. <strong>im</strong> Rahmen von Projekttagen, die sich <strong>im</strong>mer in<br />

einer best<strong>im</strong>mten Jahrgangsstufe wiederholten). Schwieriger gestaltete sich der Übergang,<br />

wenn sich einzelne Klassenlehrer(innen) engagierten, die dann mit ihrer Klasse aus dem<br />

Bereich der Zielgruppe (5.-7. Klasse) „herauswuchsen“. Sie konnten zwar mit ihrer Klasse <strong>im</strong><br />

Gespräch bleiben, es war aber nicht definiert, wie das Thema in die neuen 5.-7. Klassen<br />

getragen werden kann. Hilfreich und sinnvoll war die Arbeit vieler Lehrer(innen), die das<br />

Thema ohne großen Aufwand in ihren Fachunterricht oder aber in sonstige Gesprächszeiten<br />

mit Schülern integriert haben und auf diese Weise eine Sensibilisierung für die Gefahren <strong>im</strong><br />

<strong>Chat</strong> und eine Gesprächsbasis zwischen Lehrern und Schülern geschaffen haben.<br />

In der Arbeit mit Eltern war ein wichtiges Ziel, ihnen die Befürchtung zu nehmen, sie würden<br />

sich zu wenig mit dem <strong>Chat</strong>ten auskennen, um ihre Kinder sinnvoll <strong>im</strong> Umgang mit diesem<br />

Medium zu begleiten. Hier zeigte sich bei Elternabenden ein ähnliches Bild wie bei<br />

Lehrerkonferenzen: Die meisten Eltern hatten schon mal vom <strong>Chat</strong>ten gehört, hatten aber<br />

darüber hinaus kaum Ahnung von den Möglichkeiten und Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>.<br />

Die Fragebogenerhebung macht deutlich, dass die Elternarbeit besonders in den 5. Klassen<br />

sinnvoll ist, da hier Eltern und Kinder noch in gutem Kontakt stehen und Eltern wichtige<br />

Vertrauenspersonen für die Kinder darstellen. Innerhalb der später folgenden Pubertät haben<br />

Eltern einen wesentlich schwereren Stand bei ihren Kindern und können sie daher auch mit<br />

ihrem Begleitungsangebot be<strong>im</strong> <strong>Chat</strong>ten schwerer erreichen.<br />

Wie oben schon erwähnt, scheint es für Schulen hilfreich zu sein, wenn von außen regelmäßig<br />

auf das Thema aufmerksam gemacht wird und es in Erinnerung gerufen wird. Daher plant die<br />

<strong>Beratung</strong>sstelle Mittelstraße in größeren zeitlichen Abständen interessierte Lehrer(innen) zu<br />

einer Gesprächsrunde zum Thema „Prävention vor Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>“ einzuladen.


Seite 18<br />

Literatur, Links, Broschüren<br />

Literatur<br />

Abbühl, V. (2003). <strong>Chat</strong>kommunikation.<br />

http//visor.unibe.ch/ws04/medienthemen/docs/Vortrag_chat.pdf<br />

Beißwenger, M. (Hrsg.) (2002). <strong>Chat</strong>-Kommunikation, Sprache, Interaktion, Sozialität &<br />

Identität in synchroner computervermittelter Kommunikation, Perspektiven auf ein<br />

interdisziplinäres Forschungsfeld. Band 1 und 2. Stuttgart: ibidem-Verlag.<br />

Der richtige Dreh <strong>im</strong> WWW<br />

Broschüre des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />

Bezugsmöglichkeit über www.bmfsfj.de<br />

Döring, N. (2000). Cybersex aus feministischen Perspektiven: Vikt<strong>im</strong>isierung, Liberalisierung<br />

und Empowerment. Zeitschrift für Frauenforschung und Geschlechterstudien, 18. Jhg., Heft 1<br />

+ 2 / 2000, 22-48. http://www.nicola-doering.de/publications/ZfFG_doering-2000.pdf<br />

Döring, N. (2003). Sozialpsychologie des Internets. Göttingen: Hogrefe<br />

Döring, N. (2004). Verliebt – verlobt – vernetzt: Paarbeziehungen <strong>im</strong> Internetzeitalter.<br />

Psychologie Heute, Januar 2004 (46-51).<br />

Ein Netz für Kinder – Surfen ohne Risiko?<br />

Bezugsmöglichkeit: www.bmfsfj.de/Kategorien/Publikationen.did=4712.html<br />

Ursula Enders (2004). Sexueller Missbrauch in den <strong>Chat</strong>räumen des Internets.<br />

www.zartbitter.de<br />

Groner, R., Dubi, M. (Hrsg.) (2001). Das Internet und die Schule, Bisherige Erfahrungen und<br />

Perspektiven für die Zukunft. Göttingen: Verlag Hans Huber.<br />

Heine, C. (2001). <strong>Chat</strong>ten, Alles über <strong>Chat</strong>systeme, Communities und die Netzkultur.<br />

Würzburg. Arena-Verlag<br />

Links<br />

www.blinde-kuh.de<br />

www.cyberangels.org<br />

www.enough.org<br />

www.internet-seepferdchen.de<br />

www.internet-abc<br />

www.jugendschutz.de


Seite 19<br />

www.kindersache.de/interakt/default.html<br />

http://chatten-aber-sicher.pixsolution.de<br />

www.polizei.propk.de/kids<br />

www.safer-internet.net<br />

www.seitenstark.de<br />

www.zartbitter.de<br />

Broschüren<br />

<strong>Chat</strong>ten ohne Risiko? Zwischen fettem Grinsen und Cybersex. www.jugendschutz.de<br />

<strong>Chat</strong>ten: Anqatschen, anflüstern, anmachen – Klartext zum sicheren <strong>Chat</strong>ten.<br />

Unveröffentlichte Broschüre der <strong>Beratung</strong>sstelle Mittelstraße (2004). Kerpen-Horrem.<br />

Click it! – für Jungen und Mädchen. Zartbitter e.V. (2005)<br />

Click it! Für Eltern. Zartbitter e.V. (2005)<br />

Sicher surfen. Sicherheitsregeln für Kinder <strong>im</strong> Internet. www.nrw.jugendschutz.de


Seite 20<br />

ANHANG<br />

mit<br />

Materialien


Seite 21<br />

Inhaltsverzeichnis zum Anhang<br />

Einführung ins Thema <strong>Chat</strong>ten und Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> S. 22<br />

Konzept für eine Doppelstunde mit Live-<strong>Chat</strong> S. 38<br />

Klassenlehrer(innen)stunde ohne Live-<strong>Chat</strong> S. 40<br />

Workshop über 4 Schulstunden mit Live-<strong>Chat</strong> S. 42<br />

Unterrichtseinheit für den Politikunterricht S. 45<br />

Vorschlag für die Durchführung eines Workshops für Eltern<br />

über ca. 3 Schulstunden (mit Live-<strong>Chat</strong>) S. 46<br />

Fragebogen für Schüler zum <strong>Chat</strong>ten S. 56


Seite 22<br />

Einführung ins Thema <strong>Chat</strong>ten und Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

Was ist <strong>Chat</strong>ten?<br />

<strong>Chat</strong> ist englisch und bedeutet „Plausch“ oder „Schwätzchen“.<br />

<strong>Chat</strong>ten ist die Möglichkeit, <strong>im</strong> Internet Gespräche mit anderen Personen zu führen, die sich<br />

zeitgleich auch <strong>im</strong> Internet – genauer in dem gleichen <strong>Chat</strong>raum - befinden.<br />

Als Kommunikationstechnologie ist das <strong>Chat</strong>ten am ehesten mit dem Telefonieren zu<br />

vergleichen. Die Redepartner kommunizieren ohne Sichtkontakt. <strong>Chat</strong>ten ist sozusagen eine<br />

zeitgleiche Distanzkommunikation. Anders als be<strong>im</strong> Telefonieren:<br />

• erfolgt die Kommunikation be<strong>im</strong> <strong>Chat</strong>ten schriftlich<br />

• ist zumindest in den öffentlichen <strong>Chat</strong>räumen meist mehr als eine Person<br />

potentieller Gesprächspartner<br />

• ist es möglich, parallel an mehreren Gesprächssträngen teilzunehmen<br />

• erscheinen die Beiträge der einzelnen Personen in der Reihenfolge, in der sie be<strong>im</strong><br />

<strong>Chat</strong>-Server eintreffen. „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“.<br />

• ist es schwer, die genaue Identität der Gesprächspartner herauszubekommen<br />

• können von den Gesprächen Protokolle angefertigt werden, die später eingesehen<br />

werden können<br />

Organisation von <strong>Chat</strong>räumen<br />

<strong>Chat</strong>ten kann man <strong>im</strong> Internet in eigens dafür angelegten Räumen. Solche Räume kann man<br />

durch Angabe der Internet-Adresse aufrufen (z. B. www.knuddels.de oder http//de.yahoo.com<br />

oder www.chatcity.de).<br />

1. Schritt: Anmeldung<br />

In den meisten <strong>Chat</strong>räumen muss man sich als neuer Nutzer anmelden. Das heißt, man muss<br />

sich einen Nickname geben und ein Passwort angeben. In manchen <strong>Chat</strong>s kann man sich aber<br />

auch als Gast einloggen (anmelden). Das geht z. B. in <strong>Chat</strong>city.<br />

2. Schritt: Wahl eines Channels / <strong>Chat</strong>raums<br />

Anschließend kommt man auf eine neue Oberfläche, auf der man sich einen „<strong>Chat</strong>raum“ oder<br />

„Channel“ aussuchen kann. Meist gibt es unter einer www-Adresse (z. B. knuddels.de) sehr<br />

viele verschiedene Channels. Die Channels haben Namen, die schon etwas über ihre<br />

thematische Ausrichtung verraten. Beispiele für Channel-Namen:<br />

• Flirt 45<br />

• Teenchat<br />

• Biergarten<br />

• Heiße Liebe<br />

• Unter 20<br />

• Halle 3<br />

• Hausaufgaben<br />

• Help 4 you<br />

Durch die Wahl des Channels kann man schon ein bisschen steuern, was einen erwartet.<br />

Dabei muss man sagen, dass man z. B. sexuelle Belästigungen nicht wirklich ausschließen,<br />

sondern eher bewusst aufsuchen kann. Das heißt, <strong>im</strong> Schüler-<strong>Chat</strong> kann man nicht davon<br />

ausgehen, dass man nicht sexuell belästigt wird. Geht man aber in den Chanel „Heiße Liebe“,


Seite 23<br />

kann man sicher sein, dass man in kürzester Zeit sehr eindeutig in Richtung Cybersex<br />

angesprochen wird.<br />

Allgemein kann man sagen, es gibt Channels für<br />

• best<strong>im</strong>mte Altersgruppen (z. B. unter 20)<br />

• best<strong>im</strong>mte Themen (z. B. Heiße Liebe oder Hausaufgaben)<br />

• offene Channels (z. B. Halle 3) ohne thematische Ausrichtung<br />

• Channels, in denen man Fragen zum <strong>Chat</strong> stellen kann (z. B. Help 4 you)<br />

• Channels, in denen man <strong>Online</strong>-Spiele mit anderen spielen kann (z. B. Mafia <strong>im</strong><br />

knuddels)<br />

3. Schritt: Kontaktaufnahme<br />

Hat man einen Channel ausgewählt, wird meist von einer <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> befindlichen Instanz <strong>im</strong><br />

Channel bekannt gegeben, dass man den Raum betreten hat (z. B. „Luisa14 betritt den<br />

Raum“).<br />

Meist kann man in einem Channel über eine nebenstehende Liste sehen, wer sonst noch zur<br />

gleichen Zeit in diesem Channel / <strong>Chat</strong>raum ist. Jetzt kann man mit einzelnen Personen oder<br />

mit mehreren gleichzeitig chatten. Einen <strong>Chat</strong>ter, der sich nur als Beobachter <strong>im</strong> Channel<br />

befindet, ohne sich an einem Gespräch zu beteiligen, nennt man Lurker. In manchen<br />

<strong>Chat</strong>räumen wird man dann allerdings von der Administration rausgeworfen. Das macht<br />

besonders in teilnehmerbegrenzten <strong>Chat</strong>s Sinn, da dann wieder „gesprächswillige“ <strong>Chat</strong>ter<br />

nachrücken können. Die Administratoren können auch gebeten werden, jemanden aus dem<br />

<strong>Chat</strong> zu werfen, der andere belästigt. Dieser kann dann allerdings durchaus unter einem<br />

anderen Nickname wieder auftauchen und weitermachen.<br />

4. Schritt: Aufsuchen eines int<strong>im</strong>eren Kommunikationsraums (Anflüstern, Privatraum /<br />

Separee)<br />

Wenn man mit jemandem nicht vor allen anderen chatten möchte, kann man ihn anflüstern.<br />

Das heißt, man bleibt in dem vorher gewählten Channel, wählt aber über eine best<strong>im</strong>mte<br />

Funktion (ist von <strong>Chat</strong>raum zu <strong>Chat</strong>raum verschieden), dass der Text, den man schreibt, nur<br />

von einer best<strong>im</strong>mten Person gesehen werden kann.<br />

Geht einem diese Form der privaten Kommunikation noch nicht weit genug, kann man den<br />

oder die gewünschten Gesprächspartner auch ins Separee einladen. Das heißt, es wird ein<br />

privater Raum eingerichtet, in den die gewünschten Gesprächspartner und man selbst<br />

wechseln können. Im SEP ist man dann unter sich. Niemand sonst kann lesen, was dort<br />

geschrieben wird.<br />

Diese Möglichkeit wird vielfach von Personen gewählt, die mit best<strong>im</strong>mten anderen Personen<br />

Cybersex haben wollen, wird aber genau so von Freunden genutzt, die sich einfach privater<br />

unterhalten möchten.<br />

<strong>Chat</strong>-Technologien<br />

Im <strong>Chat</strong> wird in erster Linie Text zur Kommunikation verwendet. Daneben gibt es aber auch<br />

noch die Möglichkeit, Bilder oder Filme und Töne zu verschicken.<br />

o Video-<strong>Chat</strong>s: Um <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> nicht nur Texte, sondern auch Videos zu benutzen, braucht<br />

man spezielle Hard- und Software. Mit einer Webcam kann man z. B. Live-Bilder<br />

verschicken, wie man gerade allein vor dem Computer sitzt und chattet. Diese<br />

Möglichkeit wird zunehmend in den erotischen <strong>Chat</strong>s genutzt, damit man sich<br />

gegenseitig bei der Selbstbefriedigung zusehen kann. Das stellt für Jugendliche eine


Seite 24<br />

besondere Gefahr da, weil sie dadurch mit Bild- und Videomaterial konfrontiert<br />

werden, das sie völlig unvorbereitet trifft, schockiert und überfordert.<br />

o Grafik-<strong>Chat</strong>s: In Grafik-<strong>Chat</strong>s kann man sozusagen in eine virtuelle grafische Welt<br />

einsteigen, auch „Avatar-Welten“ genannt. Hier kann man für sich selbst auch eine<br />

grafische Darstellung wählen (Avatar) und in eine mehr oder weniger phantastische<br />

Geschichte einsteigen. Dieser Bereich ist für das Thema sexueller Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

anscheinend nicht so relevant.<br />

o Text-<strong>Chat</strong>s: Das sind die am häufigsten verwendeten <strong>Chat</strong>s, die jedoch zunehmend mit<br />

Video-<strong>Chat</strong>s und Audio-<strong>Chat</strong>s kombiniert werden können.<br />

o E-Mail <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>: In manchen <strong>Chat</strong>räumen ist es möglich, e-Mails an den Nickname<br />

einer anderen Person zu versenden. So kann man an diese Person eine Nachricht<br />

senden, auch wenn sie <strong>im</strong> Moment nicht „online“ ist. Betritt diese Person wieder den<br />

<strong>Chat</strong>raum, wird sie von der Administration (Verwaltung des <strong>Chat</strong>raums, die vom<br />

Anbieter betrieben wird) benachrichtigt, dass für sie eine e-Mail vorliegt. Auch dies<br />

kann eine lästige bis gefährliche Funktion sein, da sich so Pädophile an Jugendliche<br />

wenden können, ohne dass die sich gegen die Nachricht wirklich schützen oder<br />

wehren können.<br />

Die <strong>Chat</strong>-Sprache<br />

Im Laufe der Zeit hat sich eine eigene <strong>Chat</strong>-Sprache entwickelt, die man zumindest verstehen<br />

sollte, wenn man sich in einen <strong>Chat</strong> begibt. Diese <strong>Chat</strong>-Sprache ist nicht nur eine<br />

Modeerscheinung, sondern hat seine Ursachen zumindest teilweise in den Besonderheiten des<br />

Mediums.<br />

‣ <strong>Chat</strong>ten muss schnell gehen: Es ist nicht sinnvoll – und in den meisten <strong>Chat</strong>s auch<br />

nicht erwünscht, dass man Romane schreibt. Längere Texte zu verfassen ist auch<br />

deshalb problematisch, da das Geschriebene <strong>im</strong>mer erst zum <strong>Chat</strong>-Server abgeschickt<br />

werden kann, wenn es vollständig ist. Das heißt, der <strong>Chat</strong>partner weiß in dem Moment<br />

gar nicht, ob man einen langen Text verfasst, gerade durch etwas anderes abgelenkt ist<br />

oder keine Lust mehr hat, mit ihm zu chatten.<br />

‣ Non- und paraverbale Kommunikation muss in kurze Schriftsprache umgesetzt<br />

werden: <strong>Chat</strong>ten hat sehr häufig Smalltalk-Charakter. Und der Smalltalk lebt nicht von<br />

den harten Fakten, die vermittelt werden, sondern von den emotionalen Inhalten. Im<br />

Gespräch auf einer Party kann man Sympathie und Antipathie, Interesse, emotionale<br />

Erregung etc. durch M<strong>im</strong>ik, Gestik und Intonation dem Gegenüber vermitteln. Im<br />

<strong>Chat</strong> hat man nur die schwarzen Zeichen auf weißem Grund. Daher wurden<br />

Emoticons und Kürzel entwickelt, die sehr schnell diese emotionalen Inhalte in den<br />

<strong>Chat</strong> einfließen lassen können.<br />

‣ Meldungen und Anmerkungen der Administration müssen von den anderen<br />

Gesprächsinhalten unterscheidbar sein. Daher werden diese Mitteilungen in<br />

Kursivschrift geschrieben.<br />

Gängige Standards der <strong>Chat</strong>-Sprache:<br />

• Endungsausfall und Kontraktion: „is doch nur´n spiel“<br />

• Umgangssprachliches Verschlucken von Silben: Kommste morgn<br />

• Begriffe für M<strong>im</strong>ik: „snieff, traen und wer liebt mich???? Heul“


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• Geschriebene Umgangssprache: „ich mach mich denn auch ma auffe socken“<br />

• Gesprächswörter: „huch, da war er schon wech, dummdidumm“<br />

• Lautstärke durch Großbuchstaben: „HAAAALOOOO; HÖÖRT MICH JEMAND“<br />

• Emotionen durch Abkürzungen: *g* heißt „Grinsen“; *gg* heißt „breites Grinsen“<br />

Die <strong>Chat</strong>-Sprache ist stark der Umgangssprache angepasst. Rechtschreibfehler durch<br />

schnelles Tippen oder auch umgangssprachliche Auslassungen sind durchaus üblich. Die<br />

Verwendung von Emoticons (Symbole für Gefühle wie z. B. :o) für lachen ) ermöglicht es<br />

den <strong>Chat</strong>tern, ihre Gefühle in sehr kurzer und teilweise witziger Weise mitzuteilen.<br />

Erfahrene <strong>Chat</strong>ter können an der Art der Gestaltung von Gesprächsinhalten erkennen, ob ihr<br />

Gegenüber ein ebenfalls erfahrener <strong>Chat</strong>ter oder ein Anfänger ist. Dies ist auch eine<br />

Möglichkeit für Pädophile, ihre potentiellen Opfer schnell und unkompliziert herauszufiltern,<br />

da sie hoffen können, dass Jugendliche ohne <strong>Chat</strong>erfahrung den Gefahren des <strong>Chat</strong>tens eher<br />

auf den Le<strong>im</strong> gehen als Jugendliche, die Experten in der Nutzung dieses Mediums sind.<br />

<strong>Chat</strong>tiquette oder Nettiquette: Regeln <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

Der <strong>Chat</strong> ist anonym und als Kommunikationsform sehr flüchtig. Dadurch ist er ideal<br />

geeignet, Kommunikationsarten und Gesprächsformen auszuprobieren, die <strong>im</strong> realen Leben<br />

nicht konform und nicht geduldet sind. Da es <strong>im</strong>mer wieder zu sehr ausschweifenden und<br />

beleidigenden Konversationen gekommen ist, wurde versucht, durch die <strong>Chat</strong>tiquette oder<br />

auch Nettiquette Regeln für die Kommunikation und die Gestaltung von Beziehungen <strong>im</strong><br />

Netz - speziell <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> – zu etablieren. Beispiele für solche Regeln sind: „Sprich andere so an<br />

wie Du selbst auch angesprochen werden möchtest.“ „ Sei höflich zu anderen .“ „Vergiss nie,<br />

dass die anderen <strong>Chat</strong>ter auch Menschen und nicht virtuelle Gestalten sind.“ „Versuche nie,<br />

anderen Deine Meinung aufzuzwingen.“<br />

In manchen <strong>Chat</strong>räumen wird verlangt, sich vor Betreten des Raumes über die Regeln zu<br />

informieren (z. B. neuerdings bei <strong>Chat</strong>city) oder aber es gibt auch innerhalb der <strong>Chat</strong>räume<br />

„Aufsichtspersonen“, die darauf achten, dass keine Sch<strong>im</strong>pfwörter oder Ähnliches verwendet<br />

werden. Im Knuddels werden solche Gesprächsbeiträge erst gar nicht <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>raum angezeigt.<br />

Stattdessen schreibt der „Butler James“ eine Mitteilung an den Urheber. Viele solcher<br />

Mitteilungen führen zum Verweis aus dem <strong>Chat</strong>raum. Das heißt, hier sind Verstöße gegen die<br />

Regeln auch teilweise sanktioniert. Virtuelle Aufsichtspersonen wie der Butler James können<br />

dabei aber nur sehr rud<strong>im</strong>entäre Funktionen erfüllen und sollten nicht vorschnell als<br />

weitreichende Absicherung verstanden werden. Der des Raumes verwiesene <strong>Chat</strong>ter kann sich<br />

sofort wieder unter einem anderen Nickname einloggen und unerkannt <strong>im</strong> gleichen <strong>Chat</strong>raum<br />

weiter chatten.


Seite 26<br />

Beispiele für <strong>Chat</strong>räume<br />

www.chatcity.de<br />

1. Aufrufen des <strong>Chat</strong>s.<br />

2. Anmeldung: Man kann sich entweder als Gast einloggen oder als registrierter Nutzer.<br />

3. Wahl eines <strong>Chat</strong>raums aus der Liste. Bevor man in den <strong>Chat</strong>raum gehen kann, muss<br />

man noch quittieren, dass man sich über die Regeln <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> informiert hat.<br />

4. Im <strong>Chat</strong>raum<br />

Im <strong>Chat</strong>raum kann man ganz oben <strong>im</strong> Bildausschnitt sehen, wie viele Personen gerade <strong>im</strong><br />

<strong>Chat</strong> sind. (Anwesende 18 / 32) bedeutet, dass 18 Personen <strong>im</strong> offenen <strong>Chat</strong> sind und 32 <strong>im</strong><br />

Separee.<br />

Einige Befehle für <strong>Chat</strong>city<br />

Befehle<br />

Bedeutung der Befehle<br />

/springe schueler<br />

Mit / kann man <strong>im</strong>mer Befehle angeben. In diesem<br />

Fall lautet der Befehl: Springe in den <strong>Chat</strong>raum<br />

Schüler.<br />

/who oder /wer<br />

Wer ist gerade <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>raum<br />

<br />

Dieser Punkt vor dem geschriebenen Text bedeutet,<br />

dass jemand <strong>im</strong> offenen Separee ist.<br />

/ gehe (Name des Separees) Möchte man selbst in ein Separee, kann man das mit<br />

diesem Befehl tun.<br />

(Nickname) flüstert ..........<br />

Der Text, der nach dem „flüstert“ erscheint, kann nur<br />

von mir, nicht von den anderen Anwesenden <strong>im</strong><br />

<strong>Chat</strong>raum gelesen werden. Vor dem „flüstert“ steht<br />

der Nickname der Person, die mich angeflüstert hat.<br />

/w oder /f (Nickname) Text Mit diesem Befehl kann ich jemanden anflüstern, so<br />

dass nur er meinen Text sieht.<br />

/sn (Name)<br />

So kann ich ein neues Separee anlegen, in das ich<br />

jemanden einladen kann (sn bedeutet Separee new).<br />

/weg<br />

So kann ich ein Separee verlassen.<br />

/me<br />

Speichern von Textabschnitten<br />

So kann ich in der dritten Person von mir sprechen.<br />

Rechte Maustaste<br />

Markieren<br />

Kopieren an den gewünschten Ort<br />

Illegale Texte oder Bilder sollte man zu<br />

Dokumentationszwecken nicht auf die Festplatte,<br />

sondern nur auf CD oder Diskette speichern, sonst<br />

kann man sich strafbar machen.<br />

Erklärung zur Tabelle: Die Klammern um z. B. Nickname gehören nicht zum Befehl sondern<br />

sollen nur deutlich machen, dass an dieser Stelle ein spezieller Name oder ein spezielles Wort<br />

einzufügen ist.


Seite 27<br />

<strong>Chat</strong>city ist ein <strong>Chat</strong>, in dem es sehr viel um Sex und Erotik geht. Selbst <strong>im</strong> Schueler-<strong>Chat</strong><br />

wird man innerhalb kürzester Zeit sehr direkt auf Cybersex angesprochen – auch oder gerade<br />

wenn man sich als 13-14 jähriges Mädchen ausgibt. Auch „echte“ Jugendliche werden in<br />

dieser Weise angesprochen.<br />

www.knuddels.de<br />

Im Knuddels-<strong>Chat</strong> muss man sich anmelden und kann nicht als Gast einsteigen.<br />

1. Aufrufen des <strong>Chat</strong>raums mit der www-Adresse<br />

2. Nickname erfinden<br />

3. Password eingeben<br />

4. <strong>im</strong> Knuddels stehen einem sehr viele verschiedene <strong>Chat</strong>räume zur Verfügung. Die<br />

meisten verraten durch ihren Namen, worum es geht.<br />

Im Knuddels ist es möglich, „Family-Mitglied“ zu werden. Mitglied wird man, wenn man<br />

mehr als 6000 Minuten <strong>im</strong> Knuddels-<strong>Chat</strong> war und wenn man in der Zwischenzeit nicht zu oft<br />

von dem „Aufpasser“ James ermahnt werden musste, weil man die <strong>Chat</strong>tiquette verletzt hat.<br />

Als Family-Mitglied darf man <strong>Chat</strong>räume besuchen, die den Anfängern verschlossen bleiben.<br />

Daneben hat man auch andere Vorteile als Family-Mitglied, die ich hier nicht alle auflisten<br />

kann (z. B. auch, dass man seinen eigenen Channel best<strong>im</strong>men und eröffnen kann, in den man<br />

andere Personen einladen kann. Diese Channels sind aber nicht öffentlich und daher in der<br />

Eingangsliste auch nicht erwähnt). Solche Channels können sich auch Cliquen, Freunde oder<br />

Schulklassen einrichten. Wenn sie den Namen nicht öffentlich machen, sondern nur an<br />

Mitglieder ihrer Gruppe weiter geben, haben sie so einen <strong>Chat</strong>raum, in dem sie ungestört<br />

unter sich sein können.<br />

Einige Befehle aus dem Knuddels-<strong>Chat</strong>:<br />

Befehle<br />

Bedeutung der Befehle<br />

/kiss (Name)<br />

Man kann <strong>im</strong> Knuddels Küsse als Sympathiebezeugungen<br />

verteilen. Bekommt man einen Kuss, wird der als Knutschfleck<br />

dargestellt und <strong>im</strong> Profil der Person gezählt. So lässt sich ein<br />

Beliebtheitsgrad feststellen. Neben Küssen kann man auch<br />

Rosen verteilen.<br />

/w (Nickname) Es kommt ein Raster mit Informationen über die Person mit<br />

dem genannten Nicknamen (z. B. wie viele Küsse sie schon<br />

bekommen hat, wann sie das erste Mal <strong>im</strong> Knuddels war etc.).<br />

/go (Channelname)<br />

/blinddate<br />

/away (Grund für<br />

Abwesenheit)<br />

Mit diesem Befehl kann man den <strong>Chat</strong>raum wechseln.<br />

Es erscheint ein Raster, in das man das Profil eines Wunsch-<br />

<strong>Chat</strong>partners eingeben kann (z. B. Alter, Region, Interessen <strong>im</strong><br />

<strong>Chat</strong> etc.).<br />

Mit diesem Befehl sagt man, dass man mal kurz weg ist, ohne<br />

ganz aus Knuddels raus zu gehen. Den Grund dazu muss man<br />

nicht angeben.<br />

/m (Nickname) Mit /m kann man eine Nachricht an eine Person senden, egal<br />

ob sie gerade <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> ist oder nicht. Wenn sie in den <strong>Chat</strong><br />

kommt, wird sie benachrichtigt, dass sie eine Message hat<br />

(funktioniert wie e-Mail über den Nickname).<br />

/ig (Nickname)<br />

Mit /ig kann ich jemanden ignorieren, der mich nervt oder in<br />

einer für mich unangenehmen Weise anspricht. Dann


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erscheinen seine Texte nicht mehr auf meinem Bildschirm.<br />

/unig (Nickname)<br />

So kann ich das Ignorieren wieder aufheben.<br />

/f (Nickname) In Knuddels kann ich eine Freundschaftsliste mit bis zu 40<br />

Freunden anlegen und mit /f (Nickname) kann ich einen<br />

Freund hinzufügen. Wenn ich in den <strong>Chat</strong> gehe, kann ich mich<br />

benachrichtigen lassen, ob meine Freunde auch gerade online<br />

sind.<br />

/f Ansehen der Freundschaftsliste.<br />

/tut<br />

Über diesen Befehl kommt man in ein Tutorial, in dem man<br />

schrittweise lernt, sich in Knuddels zurecht zu finden. Immer<br />

wenn man eine Lektion geschafft hat, bekommt man die<br />

nächste.<br />

/h knigge Hier bekommt man die Liste der Regeln des Umgangs<br />

miteinander für Knuddels (Nettiquette).<br />

(Nickname) cm<br />

Hinter Nicknamen mit „cm“ dahinter verbergen sich Personen,<br />

die einen Channel moderieren.<br />

anflüstern<br />

Rechts neben dem <strong>Chat</strong>raum befindet sich die Liste der<br />

Anwesenden. Möchte ich mit jemandem flüstern, muss ich ihn<br />

nur in der Liste mit der Maus markieren. Dann erscheint meine<br />

nächste Nachricht nur für ihn und alle folgenden Nachrichten<br />

auch, so lange ich ihn markiert lasse.<br />

Help 4 you Channel In diesem Channel wird einem geholfen, wenn man Fragen hat.<br />

Wie be<strong>im</strong> Arbeitsamt muss man mit dem Text „nummer bitte“<br />

eine Nummer ziehen. Wenn man dran ist, kann man mit einem<br />

Mentor flüstern und seine Fragen stellen.<br />

maffen<br />

Maffen ist ein Kürzel für Mafia spielen. In Knuddels kann man<br />

das Spiel „mafia“ spielen. Auch hier gibt es wie bei „Family“<br />

verschiedene Experten-Stadien und als Family-Mitglied kann<br />

man sich Leute in den eigenen Channel zum Maffen einladen.<br />

James James ist <strong>im</strong> Knuddels der Butler. Von ihm kann man sich z. B.<br />

eine eisgekühlte Cola bringen lassen oder andere Butler-<br />

Aufgaben erledigen lassen. James hat aber auch die Funktion<br />

eines Aufpassers. Wenn jemand sich gegen die Regeln verhält<br />

und z. B. Sch<strong>im</strong>pfwörter benutzt, wird der Beitrag zensiert,<br />

kommt also nicht für alle auf den Bildschirm. Stattdessen rügt<br />

James den Urheben (z. B. mit „lass den Käse“). Rügen von<br />

James werden gezählt und bei zu vielen Rügen hat das<br />

Konsequenzen.<br />

/p (Nickname): Text Mit diesem Befehl kann man von einem Channel zum anderen<br />

schreiben, z. B. wenn man in einem anderen Channel einen<br />

Schifttaste zusammen mit<br />

Taste links von der 1 plus<br />

Buchstaben für Farbe plus<br />

Zahl für Schriftgröße plus<br />

wieder Schifttaste<br />

zusammen mit Taste links<br />

von der 1 : °y50°<br />

Freund entdeckt hat und sich mit ihm verabreden will.<br />

°y50° bedeutet, dass man für sich eine gelbe Schrift<br />

(Anfangsbuchstaben der Farben <strong>im</strong> Englischen) in der<br />

Schriftgröße 50 wählen möchte.<br />

Knuddels ist ein <strong>Chat</strong>, in dem man auch erotische Abenteuer erleben kann, wenn man möchte.<br />

Man kann sich aber auch davor schützen. Es gibt verschiedene Channels mit verschieden


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strenger Nettiquette und verschieden strengen Knigge-Regeln. Gutes Verhalten wird belohnt,<br />

schlechtes Verhalten auch bestraft bis hin zum Ausschluss aus dem <strong>Chat</strong>. Je erfahrener die<br />

<strong>Chat</strong>ter sind, desto mehr Freiheiten bekommen sie in Knuddels<br />

(z. B. als Family-Mitglied selbst private Channels aufzumachen, als Admin auch öffentliche<br />

Channels, als erfahrenes Family-Mitglied kann man Mentor werden und unerfahrenen<br />

<strong>Chat</strong>tern hilfreich zur Seite stehen).<br />

Kontaktaufnahme <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

Die Kontaktaufnahme <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> läuft meist <strong>im</strong>mer nach dem gleichen Muster ab:<br />

1. Kontaktaufnahme <strong>im</strong> öffentlichen <strong>Chat</strong> oder in Foren<br />

2. Einladen in ein Separee bzw. private <strong>Chat</strong>s<br />

3. Austauschen von e-Mails und der e-Mailadressen<br />

4. Austauschen von Fotos<br />

5. Austauschen der Handynummern und erster telefonischer Kontakt<br />

6. persönliches Treffen<br />

(aus N. Döring, 2004)<br />

Viele Kontakte <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> durchlaufen nicht alle Stufen. Die allermeisten brechen irgendwo<br />

dazwischen ab. Jeder Schritt weiter bedeutet nicht nur einen neuen Vertrauensbeweis, sondern<br />

auch eine neue Möglichkeit, den anderen besser kennen zu lernen und zu überprüfen, ob die<br />

Vorstellung vom anderen etwas mit seiner realen Person zu tun hat. Viele <strong>Chat</strong>ter werden auf<br />

einer späteren Stufe herbe enttäuscht (z. B. vom Foto oder von der St<strong>im</strong>me, oder von den<br />

Inhalten, wenn längere Gespräche per Telefon möglich sind). Es passiert aber auch <strong>im</strong>mer<br />

wieder, dass sich Personen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> kennen lernen, ineinander verlieben und <strong>im</strong> realen Leben<br />

ein Paar werden.<br />

Jugendlichen ist zu empfehlen, sich sehr gut abzusichern und auch ihre Eltern zu informieren,<br />

bevor sie ihre e-Mailadresse, ihren wirklichen Namen, ihren Wohnort oder ihre<br />

Handynummer herausgeben.<br />

Sollten sie sich wirklich mit einer <strong>Chat</strong>-Bekanntschaft treffen wollen, ist es ratsam, das nicht<br />

allein zu tun, sondern sich von Freunden begleiten zu lassen und geschützte Räume für die<br />

Verabredung auszuwählen (z. B. zu Hause oder in einem Café, o.ä.).<br />

Identitäten <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

So sehr man es <strong>im</strong> „wirklichen Leben“ hasst, wenn man den anderen nicht gut einschätzen<br />

kann, wenn man nicht weiß, woran man be<strong>im</strong> anderen ist, so sehr macht es <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> gerade<br />

den Reiz der Kommunikation aus. Im <strong>Chat</strong> gilt: „Nichts ist unmöglich“, hinter Anonymität<br />

und Pseudoanonymität kann man alle Spuren verwischen und sich nach Herzenslust in eine<br />

virtuelle Scheinwelt begeben. Man kann sich eine völlig neue Identität geben und so sein, wie<br />

man schon <strong>im</strong>mer sein wollte. Der Computer und damit der <strong>Chat</strong>raum sind wie eine<br />

Blackbox, die zwischen den Gesprächspartnern steht und nur das durchlässt, was der andere<br />

auch wirklich vorgeben oder von sich preisgeben möchte. In einem realen Kontakt kann man<br />

Figur, Aussehen, Alter, Geruch, Sprachfehler aber auch zum Teil finanziellen Wohlstand,<br />

soziale Zurückhaltung, Ungeschicklichkeit <strong>im</strong> Umgang mit anderen kaum verbergen. Im <strong>Chat</strong><br />

ist das ganz anders. Auch wenn man das Blaue vom H<strong>im</strong>mel gelogen hat, andere übel


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besch<strong>im</strong>pft oder sexuell belästigt hat, kann man sich unerkannt aus dem Staub machen und<br />

be<strong>im</strong> nächsten Mal völlig „sauber“ mit einem neuen Nickname in den <strong>Chat</strong> gehen.<br />

Erstaunlicher Weise zeigen Untersuchungen, dass die meisten <strong>Chat</strong>ter nicht so vorgehen. Sie<br />

bleiben mit der Darstellung ihrer Identität sehr nah an ihrer realen Person. Macken bindet man<br />

dem Gesprächspartner nicht unbedingt auf die Nase und einige Aspekte (Alter oder<br />

Aussehen) werden vielleicht leicht beschönigt. (vgl. Döring, 2003).<br />

Den meisten <strong>Chat</strong>tern ist es nach ihren Aussagen viel zu anstrengend, sich konsequent in eine<br />

andere Identität hinein zu denken und hier glaubwürdig zu erscheinen. Viele <strong>Chat</strong>ter sind<br />

nicht an einem kurzen, grandiosen Erlebnis <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> interessiert, sondern wollen längerfristige<br />

Kontakte zu anderen <strong>Chat</strong>tern aufbauen. Da würde eine erfundene Identität nur stören.<br />

Auch der vielbesprochene „Gender-switch“ (Geschlechtswechsel) ist für die meisten <strong>Chat</strong>ter<br />

längst nicht so attraktiv wie es auf den ersten Blick erscheint. Sich fälschlicher Weise als<br />

Mann oder als Frau auszugeben ist höchstens für Jugendliche, die mit dem <strong>Chat</strong>ten anfangen,<br />

attraktiv. Danach verliert es schnell seinen Reiz.<br />

Auch Pädophile halten mit ihrer Identität und ihren Absichten nicht großartig hinter dem<br />

Berg. Vielleicht machen sie sich manchmal nur jünger als sie sind, gehen ansonsten aber sehr<br />

offen mit ihrer Person und ihren Wünschen um. Hier ist eher die Hemmungslosigkeit, mit der<br />

Persönliches und abnorme Bedürfnisse veröffentlicht werden (z. B. auch über die Webcam-<br />

Videos) erschreckend.<br />

Nichts desto trotz ist es für Jugendliche wichtig, <strong>im</strong>mer zu berücksichtigen, dass sich hinter<br />

den schwarzen Buchstaben auf dem Bildschirm Alles und Jeder verbergen kann. Im Netz<br />

kann keine wirkliche Vertrautheit und kein wirkliches Kennen Lernen stattfinden. Hier ist die<br />

Überprüfung <strong>im</strong> realen Leben notwendig.<br />

Für Jugendliche kann es auch interessant sein, <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> neue Möglichkeiten des Kontakts<br />

auszuprobieren, die <strong>im</strong> realen Leben nicht möglich wären. Solche Ideen sollte man nicht<br />

verteufeln, sondern aufgreifen und so unterstützen, dass es nicht zu groben Entgleisungen<br />

kommt. Im Alter der Jugendlichen gehört es naturgemäß dazu, sich in neuen<br />

Beziehungsformen und Kontakten einerseits und neuen Identitäten und Rollen anderseits zu<br />

üben. Da kommt der <strong>Chat</strong> als Übungsplattform genau richtig.<br />

Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

Warum ist es so attraktiv, erotische Aktivitäten über den <strong>Chat</strong> auszuleben?<br />

• Fast völlige Risikolosigkeit: Regel- und Normverletzungen können unbehelligt<br />

ausgeübt werden, ohne dass jemand zur Verantwortung gezogen werden kann.<br />

• Hohe Verfügbarkeit: <strong>Chat</strong>ten kann man rund um die Uhr. Besonders nachts, wenn<br />

man in der realen Umgebung keinen mehr so leicht erreichen kann, findet man <strong>im</strong><br />

<strong>Chat</strong> <strong>im</strong>mer einen Ansprechpartner.<br />

• Kostengünstig: Das Internet und die Internetnutzung kostet nicht sehr viel. Sehr viele<br />

deutsche Haushalte sind in der Lage, sich einen Internetanschluss zu leisten und ihn<br />

auch zu nutzen.<br />

• Schneller Rollenwechsel: Auch wenn man mit einem Nickname Schiffbruch erlitten<br />

hat und eventuell sogar aus dem <strong>Chat</strong> geworfen wurde, kann man mit einem neuen<br />

Nickname und einem neuen Passwort <strong>im</strong> nächsten Moment wieder auftauchen und<br />

eine neue Kontaktaufnahme starten.<br />

• Neue Form der Selbstinszenierung: Wer sich sonst unattraktiv fühlt, erlebt endlich<br />

positive Resonanz und fühlt sich geschmeichelt und begehrt.


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• Direkte Ansprachemöglichkeiten: Im <strong>Chat</strong> braucht man keine lange Kennenlernphase,<br />

wenn man das nicht möchte. Hier kann man sehr schnell zum Thema Erotik und<br />

Cybersex übergehen, ohne bei den anderen Anstoß zu erregen.<br />

• Viele potentiell bereitstehende Partner: Je nachdem, welchen Channel man sich<br />

ausgesucht hat, kann man sich streckenweise kaum retten vor Gesprächspartnern, die<br />

auch auf der Suche nach einem erotischen Abenteuer sind. Geht man z. B. bei Yahoo<br />

unter Romantik und Erotik in den Teenchat, so ist das, was dann kommt, alles andere<br />

als jugendfrei.<br />

(Auflistung in Anlehnung an Kollmann in Beißwenger, 2002 (Band 2, S. 345))<br />

Die Gefahren, die durch die Neuartigkeit des Mediums <strong>Chat</strong> entstehen, sind vielfältig:<br />

• Der <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> vollzogene Rollenwechsel bleibt nicht ohne Auswirkungen auf das<br />

„reale“ Selbstbild. Denkt sich jemand sehr intensiv in eine – teilweise – andersartige<br />

virtuelle Identität, hat das meist unkontrollierte Auswirkungen auf das Selbstbild und<br />

die Selbstwahrnehmung. Das kann positive Folgen haben (z.B. dass sehr<br />

zurückhaltende und kontaktscheue Personen über den <strong>Chat</strong> lernen, mit anderen in<br />

Kontakt zu treten und sich zu öffnen). Es kann aber auch negative Folgen haben<br />

(wenn z. B. <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> ausgelebte Aggressionen zu einer Enthemmung <strong>im</strong> realen Leben<br />

führen).<br />

• Jemand kann <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> andere Personen – besonders Kinder und Jugendliche – massiv<br />

unter Druck setzen. Trotz der anfänglichen Anonymität kann eine Person (z. B. ein<br />

Pädophiler) auf unterschiedliche Arten Druck ausüben:<br />

o Er kann sich durch eine sehr verständnisvolle und vertrauenswürdige Art mit<br />

dem Kind oder dem Jugendlichen vertraut machen. Auf diese Weise macht er<br />

es dem Kind /Jugendlichen schwer, nein zu sagen und eventuell den Kontakt<br />

abzubrechen. Das schlechte Gewissen, den netten Gesprächspartner vor den<br />

Kopf zu stoßen oder eine Abfuhr zu erteilen, können Pädophile hier ausnutzen.<br />

So kann es z. B. zu realen sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen<br />

kommen, ohne dass sich ein junges Mädchen in dem Moment wehrt.<br />

o Er kann auf die Scham- und Schuldgefühle der Jugendlichen hoffen. Sie<br />

werfen sich oft vor, dass sie viel zu lange eingewilligt haben oder nichtsahnend<br />

best<strong>im</strong>mten Bedingungen zugest<strong>im</strong>mt haben. Belastende Erlebnisse <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

werden dann häufig aus Schuldgefühlen und Erleben von Peinlichkeit heraus<br />

nicht den Eltern oder anderen Erwachsenen erzählt. So bleibt der Täter weiter<br />

unbehelligt.<br />

o Er kann dem Kind oder Jugendlichen offen reale Gewalt androhen. Es gibt<br />

viele Möglichkeiten, die genaue Identität eines Kindes oder Jugendlichen<br />

heraus zu bekommen, wenn einige wenige Informationen geflossen sind (z. B.<br />

Alter, Wohnort und Schule). Auf diese Weise können Kinder und Jugendliche<br />

eingeschüchtert und gezwungen werden, Dinge zu tun oder auszuhalten, die<br />

gegen ihren Willen sind.<br />

• Täter leben <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> abnorme Bedürfnisse aus und finden Gleichgesinnte. Dadurch<br />

verschieben sich moralische Werte und die Hemmschwelle wird herabgesetzt. Im <strong>Chat</strong><br />

sind Dinge möglich, die <strong>im</strong> realen Leben aufgrund unserer gesellschaftlichen<br />

Werthaltungen undenkbar wären: Tiersex, Pädophilie, Betrug des realen<br />

Lebenspartners mit <strong>Chat</strong>-Bekanntschaften <strong>im</strong> Netz, Austausch über<br />

gewünschte/erträumte Gewaltexzesse etc.. In best<strong>im</strong>mten <strong>Chat</strong>räumen und Foren<br />

treffen sich Gleichgesinnte und tauschen sich hemmungslos aus. Dabei geschieht das<br />

manchmal öffentlich, manchmal <strong>im</strong> Rahmen privater Räume, die nicht allen<br />

zugänglich sind und vor Polizei und strafrechtlicher Verfolgung gut geschützt sind.


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Dieses Äußern und Ausleben abnormer Bedürfnisse führt zu einer schrittweisen<br />

Enthemmung – nicht nur <strong>im</strong> Netz, sondern auch in der Realität. Das Finden anderer<br />

Personen mit ähnlichen Bedürfnissen und Gedanken verschiebt die Abnormalität<br />

unmerklich in den Bereich der Normalität. Täter fühlen sich mit ihren Gefühlen und<br />

Gedanken nicht mehr allein. Die Gemeinschaft macht sie stark. Langsam verwischt<br />

die Grenze zwischen Virtualität und Realität. Am Ende kann ein reales Verbrechen<br />

oder eine reale Vergewaltigung stehen. Ein Beispiel für so einen Prozess bietet der<br />

Fall des „Kannibalen von Rotenburg“, der kürzlich durch die Presse gegangen ist.<br />

• Jugendliche probieren Kontaktmöglichkeiten aus und finden die Grenze nicht mehr.<br />

Jugendliche sind neugierig und nutzen das Medium <strong>Chat</strong> auch, um mal zu sehen, was<br />

passiert, wenn ....... Sie fühlen sich hinter der Anonymität <strong>im</strong> Netz und <strong>im</strong> Angesicht<br />

der Ungestörtheit vor dem PC sicher. Grenzen, die in realen Kontakten klar<br />

eingehalten werden, fallen. Sowohl <strong>im</strong> sexuellen als auch <strong>im</strong> aggressiven Bereich<br />

werden neue Möglichkeiten und eventuelle eigene Stärken erprobt. Da <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> sehr<br />

selten eine Kontrolle von außen erfolgt, sind sie auf ihre eigene Selbstkontrolle<br />

angewiesen. Das kann sehr schwierig werden und zu ungewollten, belastenden<br />

Erlebnissen führen.<br />

Die Täter und Opfer<br />

Weder bei den Tätern noch bei den Opfern lässt sich ein best<strong>im</strong>mter Typus<br />

herauskristallisieren.<br />

Die Täter zeichnen sich <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> durch teilweise große Hemmungslosigkeit und ein<br />

selbstbewusstes Auftreten aus. Sie sind offensiv und in manchen Channels sehr zahlreich.<br />

Nicht selten kommen sie schnell und ohne große Umschweife auf ihr Anliegen zu sprechen<br />

und stellen das als völlig normales Bedürfnis dar.<br />

Opfer sind nicht die „typischen“ Opfertypen, wie man sie aus Beschreibungen zum sexuellen<br />

Missbrauch oder auch zum Mobbing aus der Literatur kennt. Gefährdet sind alle Kinder und<br />

Jugendlichen, die ins Internet gehen und auch chatten. Da der erste Kontakt mit dem PC<br />

<strong>im</strong>mer früher auftritt und auch die Computerkompetenz der jüngeren Kinder <strong>im</strong>mer mehr<br />

zun<strong>im</strong>mt, werden auch die Opfer <strong>im</strong>mer jünger. Die Scheu vor dem Medium hat ebenfalls<br />

eine abnehmende Tendenz, so dass Kinder und Jugendliche <strong>im</strong>mer offensiver und<br />

risikobereiter ins Netz gehen. Das steigert ihre Gefährdung.<br />

Prävention und Schutz<br />

Präventive Maßnahmen und Schutzmaßnahmen für die Nutzung von Internet und <strong>Chat</strong> sind<br />

noch nicht sehr lange Thema in unserer Gesellschaft. Lange wurde das Internet als quasi<br />

rechtsfreier Raum geduldet. Regeln entstanden bestenfalls aus der Nutzung heraus. Ethische<br />

und moralische Werte waren Privatsache. Langsam wird deutlich, dass das Internet zwar ein<br />

Medium mit gänzlich neuen Möglichkeiten ist, aber best<strong>im</strong>mte Prozesse der Interaktion und<br />

Kommunikation eine ähnliche Dynamik und Wirkung haben wie <strong>im</strong> realen Leben.<br />

Beleidigungen können z. B. eine genauso verletzende Wirkung in der virtuellen wie in der<br />

realen Welt haben. Auch über das Netz kann eine - kilometermäßig vielleicht weit entfernte -<br />

Person Macht über eine andere Person ausüben, sie einschüchtern und ihr Angst machen.


Seite 33<br />

Kinder und Jugendliche<br />

Für Kinder und Jugendliche ist das Internet und speziell auch der <strong>Chat</strong> ein spannendes und<br />

willkommenes Medium, das auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. In der Altersgruppe<br />

zwischen 10 und 18 Jahren ist das Ausprobieren neuer Kontakt- und<br />

Beziehungsmöglichkeiten – und speziell auch der Kontakt zum anderen Geschlecht ein<br />

großes und wichtiges Thema. Die <strong>Chat</strong>kommunikation lebt von diesem Bedürfnis und bietet<br />

durch die hohe Verfügbarkeit und die Anonymität ganz neue Möglichkeiten auf diesem<br />

Gebiet. Von daher macht es keinen Sinn, dieses Medium zu verdammen oder zu verbieten.<br />

Auf diese Weise käme es nur zu einer noch größeren Verdunkelung der <strong>Chat</strong>aktivitäten.<br />

Information<br />

Ein wichtiges Standbein der Prävention vor Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> ist die Information. Worüber<br />

sollten Kinder und Jugendliche unbedingt Bescheid wissen, bevor sie anfangen zu chatten?<br />

Technische Möglichkeiten: Viele Kinder und Jugendliche kennen nur eine<br />

Möglichkeit, sich <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> vor rüder sexueller Ansprache oder Bedrohung zu schützen:<br />

den <strong>Chat</strong> verlassen und den Computer ausmachen. Nur wenige kennen die<br />

Möglichkeit, sich bei der Administration (häufig in Form eines Butlers oder Lotsen)<br />

zu beschweren, so dass der unverschämte Gegenüber aus dem <strong>Chat</strong>raum<br />

ausgeschlossen wird. Auch gibt es die Möglichkeit des Ignorierens: D. h. man kann<br />

die Mitteilungen des störenden <strong>Chat</strong>ters auf seinem Bildschirm ausblenden.<br />

<strong>Chat</strong>tiquette: Die höflichen Umgangsformen für das Internet und speziell für den <strong>Chat</strong><br />

sollten bekannt sein. Die <strong>Chat</strong>tiquette macht deutlich, dass man es auch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> mit<br />

einem menschlichen Gegenüber zu tun hat und auch hier die alltäglichen<br />

gesellschaftlichen Regeln zum Umgang mit anderen gelten, was Kinder und<br />

Jugendliche gern vergessen, wenn sie den anderen nicht sehen und nicht hören<br />

können.<br />

<strong>Chat</strong>sprache: Die <strong>Chat</strong>sprache sollte zumindest in ihren Grundzügen bekannt sein.<br />

Manche Anbieter von <strong>Chat</strong>räumen schicken schon mit ihrer Anmeldebestätigung eine<br />

Zusammenfassung wichtiger Kürzel und Emoticons mit. Das Beherrschen der<br />

<strong>Chat</strong>sprache verleiht den Kindern und Jugendlichen Sicherheit <strong>im</strong> Umgang mit ihrem<br />

„virtuellen“ Gegenüber und macht es ihnen leichter, dessen Bedürfnisse und<br />

Absichten einschätzen zu können. An dem Sprachgebrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> kann aber auch<br />

der Gegenüber erkennen, ob er es mit einem <strong>Chat</strong>-Anfänger oder <strong>Chat</strong>-Experten zu<br />

tun hat. Kinder und Jugendliche, die durch die Verwendung der <strong>Chat</strong>sprache deutlich<br />

machen, dass sie sich auskennen und informiert sind, werden es leichter haben, sich<br />

von unangenehmen, sexuellen Angeboten abzugrenzen und trickreiche<br />

Überredungskünste Pädophiler zu stoppen.<br />

Wahl des Channels: Durch die Wahl des Channels kann man sich nicht wirklich<br />

schützen, da sich in jedem Channel auch Pädophile aufhalten können. Aber wenn man<br />

einen Channel mit dem Namen „Erotik“, „Flirt“ oder „Schwule und Lesben“ wählt,<br />

kann man 100%-ig sicher sein, in kürzester Zeit und fast ausschließlich sexuelle<br />

Gesprächsangebote zu bekommen.<br />

Sicherheitsregeln: Es gibt mittlerweile eine Menge guter Sicherheitstipps, die von<br />

verschiedenen Organisationen <strong>im</strong> Internet, aber auch über Flyer und<br />

Informationsbroschüren verbreitet werden (z. B. „Sicher surfen“ vom AJS,<br />

www.internet-seepferdchen.de, http://chatten-aber-sicher.pixsolution.de, www.blindekuh.de/fbitips.html).<br />

Eine ausführlichere Auflistung findet sich unter Literatur.<br />

Hier sollen nur einige wichtige Regeln in aller Kürze genannt werden:


Seite 34<br />

o Gib niemandem <strong>im</strong> Internet deine Adresse bzw. Telefonnummer, deine<br />

Kontoverbindung / Kreditkartennummer oder deinen richtigen Namen.<br />

o Schicke niemandem dein Bild.<br />

o Triff dich nicht allein mit jemandem, den du <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> kennen gelernt hast.<br />

o Wenn du dich mit jemandem treffen willst, wähle einen öffentlichen Ort (z. B.<br />

Cafe oder Jugendzentrum). Es reicht nicht, einen Freund oder eine Freundin<br />

mitzunehmen.<br />

o Bleib nicht in einem <strong>Chat</strong>raum, in dem über Dinge gesprochen werden, die dir<br />

unangenehm sind oder die dir Angst machen.<br />

o Schütze deine Freunde und Bekannten, indem du auch von ihnen keine<br />

Namen, Adressen etc. <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> weiter gibst.<br />

Kommunikation über den <strong>Chat</strong><br />

Kinder und Jugendliche sind – was die Medienkompetenz angeht – den Erwachsenen<br />

heutzutage um Längen voraus. Das macht sie <strong>im</strong> Umgang mit dem Medium oft einsam. Wenn<br />

überhaupt, dann tauschen sie sich über Hard- und Softwareangelegenheiten mit gleichaltrigen<br />

Freunden aus. Andere Aspekte der Mediennutzung werden kaum kommuniziert.<br />

So ist es nicht verwunderlich, dass Kinder und Jugendliche meist über belastende oder<br />

verwirrende Erlebnisse, die sie <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> gemacht haben, mit niemandem reden.<br />

Kontaktaufnahme, Sympathiebekundungen, Ablehnungen und Beleidigungen oder auch<br />

sexuelle Belästigungen laufen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> in einem Tempo ab, das für reale<br />

Kommunikationssituationen undenkbar wäre. Kinder und Jugendliche sind damit überfordert<br />

und brauchen vertrauenswürdige, reale Ansprechpartner und Foren, mit denen bzw. in denen<br />

sie sich darüber austauschen können. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sie <strong>Chat</strong>-<br />

Bekanntschaften beurteilen können, was von Bedrohungen und Beleidigungen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> zu<br />

halten ist, welche Erwartungen sie an <strong>Chat</strong>-Beziehungen knüpfen können und wie ein<br />

ausgewogenes Verhältnis zwischen <strong>Chat</strong>-Freundschaften und realen Freundschaften aussehen<br />

kann, müssen Kinder und Jugendliche sich darüber mit anderen Gleichaltrigen und auch<br />

Erwachsenen austauschen können. Diese emotionalen Aspekte der <strong>Chat</strong>-Kommunikation<br />

finden <strong>im</strong> Moment kaum Beachtung – obwohl viele Kinder und Jugendliche, die chatten, dort<br />

schon unangenehme oder beängstigende Erlebnisse hatten.<br />

Grenzen setzen<br />

Der <strong>Chat</strong> reizt durch seine Anonymität, Grenzen zu überschreiten – nicht nur bei den<br />

Pädophilen, sondern auch bei den Kindern und Jugendlichen selbst. 12-14-Jährige nutzen den<br />

<strong>Chat</strong> vielfach, um erste Kontakte zum anderen Geschlecht zu knüpfen oder <strong>im</strong>mer wieder<br />

auch, um „Leute zu verarschen“. In beiden Fällen ist es gerade der Reiz, Grenzen des<br />

höflichen Umgangs zu überschreiten. Im <strong>Chat</strong> kann z. B. ein 14-jähriger Junge ausprobieren,<br />

wie ein gleichaltriges Mädchen reagiert, wenn er es z. B. nach seiner Körbchengröße fragt.<br />

Die Neugierde treibt pubertierende Jugendliche in Channels mit eindeutig sexuellen Themen.<br />

In der Realität wäre die Hemmschwelle dagegen viel höher, in einen Sexshop oder ein<br />

Bordell zu gehen.<br />

Diese Neugierde, die sich mit Hilfe des Internets und des <strong>Chat</strong>s auf sehr freizügige Art<br />

befriedigen lässt, macht den Schutz vor den Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> nicht einfach.<br />

Kinder – und besonders Jugendliche – müssen lernen, mit dieser Neugierde umzugehen und<br />

genau wie <strong>im</strong> realen Leben ihre Grenzen kennen zu lernen. Sie müssen ein Gespür dafür<br />

entwickeln, wann ihnen ein <strong>Chat</strong>-Kontakt zu weit geht und was sie dann tun können. Sie<br />

müssen aber auch wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie sich in diesem Bereich<br />

risikofreudig auf das Glatteis begeben. Obwohl sie sich <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> manchmal als<br />

Gesprächspartner für sexuell gefärbte Gespräche anbieten, gehen ihnen die Reaktionen –<br />

besonders älterer Gesprächspartner oder Pädophiler - doch viel zu weit. So erzählte z. B. ein


Seite 35<br />

Jugendlicher in einem Klassengespräch, dass er von seiner <strong>Chat</strong>-Partnerin zwar gern ein Bild<br />

gehabt hätte, auf dem sie nur einen Bikini anhat. Als er aber ein Foto einer nackten jungen<br />

Frau bekam, war er schockiert und unangenehm berührt.<br />

Klar zu wissen, was man will und was man nicht will und das auch eindeutig und best<strong>im</strong>mt zu<br />

äußern, ist <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> fast noch wichtiger als <strong>im</strong> realen Leben, nicht zuletzt wegen der<br />

Geschwindigkeit, in der Stadien der Kontaktaufnahme und Beziehungsgestaltung durchlaufen<br />

werden. Int<strong>im</strong>ität hat <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> eine andre Qualität als <strong>im</strong> realen Leben. Was man sich selbst<br />

und anderen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> zumuten kann, darüber besteht bei Kindern und Jugendlichen große<br />

Unklarheit und Unsicherheit.<br />

Diese Themen kann man nicht – wie z. B. die Sicherheitsregeln – in einem 10-Punkte-Plan<br />

abhandeln. Hier sind Gespräche mit Vertrauenspersonen wichtig. Hier können auch Hinweise<br />

besprochen werden, an denen ein Kind oder Jugendlicher erkennen kann, wann ein <strong>Chat</strong>-<br />

Gespräch in eine gefährliche Richtung abzudriften droht. Hierzu einige Beispiele aus dem<br />

Flyer „Sicher surfen“ vom AJS:<br />

- Wenn dich jemand zu etwas überreden oder zwingen will...<br />

- Wenn dich jemand erpressen will oder dir droht...<br />

- Wenn jemand „schweinische“ Wörter benutzt...<br />

- Wenn dich jemand locken oder kaufen will...<br />

- Wenn jemand dir großzügige Geschenke anbietet... (...)<br />

- Wenn jemand hauptsächlich über dein Aussehen und deinen Körper reden will... (...)“<br />

Eltern<br />

Interesse<br />

Auch wenn Eltern sich nicht persönlich für die vielfältigen Möglichkeiten des Internets<br />

interessieren, sollten sie ein Auge darauf haben, wofür sich ihr Kind interessiert. Je früher es<br />

zur Selbstverständlichkeit wird, dass der Vater oder die Mutter dem Kind am Computer mal<br />

über die Schulter schaut und Fragen stellt, um so leichter lässt sich das auch be<strong>im</strong><br />

Jugendlichen weiterführen. Die oftmals technische Überlegenheit der Kinder muss hier kein<br />

Hindernis sein. Im Gegenteil: Welches Kind genießt es nicht, mal den Eltern etwas zu<br />

erklären.<br />

So können Eltern die ersten Schritte ihrer Kinder <strong>im</strong> Internet begleiten und bekommen eine<br />

Idee davon, wie ihre Kinder sich <strong>im</strong> Umgang mit diesem Medium verhalten:<br />

- Ist ein Kind eher vorsichtig oder risikobereit?<br />

- Wie verhält sich ein Kind, wenn es <strong>im</strong> Umgang mit dem Internet etwas herausfinden will?<br />

- Tauscht sich ein Kind mit Freunden über dieses Thema aus?<br />

Eltern sollten die <strong>Online</strong>-Freunde ihrer Kinder genauso ernst nehmen wie die Freunde aus der<br />

Klasse oder dem Sportverein. Wenn Kinder das erste Date mit ihrer <strong>Chat</strong>-Bekanntschaft bei<br />

sich zu Hause abhalten, ist das wesentlich sicherer als an vielen anderen Orten, und die Eltern<br />

bekommen mögliche Enttäuschungen oder Irritationen sofort mit und können ihr Kind<br />

unterstützen.<br />

Vertrauen und Verständnis<br />

Kinder brauchen ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihren Eltern oder zu einer anderen<br />

erwachsenen Person. Zum Aufbau eines solchen Verhältnisses ist es sehr wichtig, die<br />

Interessen und Vorlieben des Kindes ernst zu nehmen. Zu strenge Verbote bezogen auf den<br />

Umgang mit dem Computer sind da eher hinderlich.


Seite 36<br />

Eltern sollten so detailliert über Gefahren <strong>im</strong> Umgang mit dem Internet oder auch über<br />

Gefahren des <strong>Chat</strong>s informiert sein, dass sie eventuelle Alarmsignale ihres Kindes<br />

wahrnehmen und auch be<strong>im</strong> Computergebrauch ihres Kindes nach Ursachen suchen:<br />

- Zieht sich ein Kind zurück? - Ist ein Kind in letzter Zeit sehr bedrückt oder gereizt?<br />

- Scheint ein Kind etwas zu verhe<strong>im</strong>lichen?<br />

- Dehnen sich die Zeiten vor dem Computer oder auch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> <strong>im</strong>mer mehr aus?<br />

- Will ein Kind plötzlich nur noch für sich allein chatten?<br />

Falls ein Kind oder ein Jugendlicher nicht direkt mit den Eltern reden will, ist es manchmal<br />

sinnvoll, mit ihm über mögliche andere Ansprechpartner zu reden und dafür zu sorgen, dass<br />

jemand anderes ihm unterstützend zur Seite stehen kann.<br />

Kontrolle<br />

Kontrolle gehört zu den fürsorglichen Pflichten von Eltern. Da sollte der Umgang mit dem<br />

Computer nicht ausgeschlossen sein.<br />

o Eltern sollten wissen, auf welchen Internet-Seiten sich ihre Kinder bewegen und ihren<br />

Eindruck ab und zu überprüfen und aktualisieren. Das sollten sie offen mit ihren<br />

Kindern besprechen und dann auch tun.<br />

o Gerade bei jüngeren Kindern und Internet-Einsteigern ist es sinnvoll, eine E-<br />

Mailadresse einzurichten, bei der ankommende E-Mails erst von einem Erwachsenen<br />

kontrolliert werden. Die Gefahr, dass ein Kind überraschend mit pornographischem<br />

Bildmaterial konfrontiert wird, wird dadurch deutlich geringer.<br />

o Eltern sollten Wert darauf legen, sich ein Bild von <strong>Chat</strong>-Freunden machen zu können<br />

und sie –so wie Schulfreunde auch – <strong>im</strong> realen Leben kennen zu lernen, wenn das<br />

Kind den Kontakt intensiviert.<br />

Schule und Lehrer<br />

Medienkompetenz ist ein Schlagwort für einen - relativ – neuen Bildungszweig, der in die<br />

Schulen Einzug hält. Im Moment geht es dabei in erster Linie um technisches Wissen und<br />

„Know How“, wie man sich mit Hilfe des Computers und des Internets die Arbeit an einem<br />

Thema erleichtern kann. Der <strong>Chat</strong> bietet auch hier lohnende Möglichkeiten (z. B. thematische<br />

Foren zu best<strong>im</strong>mten Fachbereichen, Englisch und Französisch sprechen und benutzen lernen,<br />

indem man sich mit Engländern und Franzosen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> trifft, eigene <strong>Chat</strong>räume einrichten, in<br />

denen sich Schüler einer Klasse oder einer AG unkompliziert austauschen können).<br />

Neben den Chancen der Medien sollten aber auch die Risiken in der Schule thematisiert<br />

werden. Anders als <strong>im</strong> Elternhaus hat die Schule die Möglichkeit, solch ein Thema auf<br />

vielfältige Weise und didaktisch aufbereitet zu vermitteln.<br />

Im Abschnitt „Information der Schüler innerhalb von Unterrichtseinheiten“ werden einige<br />

Ideen genannt und kurz erläutert.<br />

Rechtliche Grundlagen<br />

Seit dem 1. April 2004 ist ein Sexualstrafrecht in Kraft, das den Schutz von Kindern und<br />

Jugendlichen in <strong>Chat</strong>räumen verbessert. § 176 StGB stellt ab diesem Zeitpunkt sexuellen<br />

Missbrauch ohne Körperkontakt unter Strafe. Das heißt, wenn sich ein Erwachsener z.B. in<br />

einem <strong>Chat</strong>raum einem Kind (unter 14 Jahre) nähert und es zu sexuellen Handlungen<br />

auffordert, sich mit dem Kind zu sexuellen Handlungen verabredet oder ihm pornographische<br />

Handlungen oder Bilder zeigt, damit das Kind die gesehenen Handlungen wiederholt, macht<br />

er sich strafbar. Das Gesetz schreibt für solche und ähnliche Delikte eine Strafe von drei


Seite 37<br />

Monaten bis fünf Jahren vor. Die Tat kann erst verjähren, wenn das Opfer das 18. Lebensjahr<br />

vollendet hat.<br />

Sollte ein Kind oder ein Jugendlicher <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> sexuell missbraucht worden sein, sollte die<br />

Polizei benachrichtigt werden. Dazu ist wichtig, möglichst folgende Informationen zu haben:<br />

Adresse der Internetseite<br />

das Datum<br />

die auf die Minute / Sekunde genaue Uhrzeit<br />

das Pseudonym des Täters und eventuelle die e-Mailadresse<br />

den ausgedruckten <strong>Chat</strong>dialog.<br />

Die Polizei sollte möglichst schnell benachrichtigt werden, da die Internetanbieter – wenn<br />

überhaupt – die Daten nur für einen begrenzten Zeitraum gespeichert haben.<br />

Anzeigen n<strong>im</strong>mt jede Polizeidienststelle entgegen. Es gibt aber auch auf sexuelle Ausbeutung<br />

spezialisierte Kr<strong>im</strong>inalämter. Meldungen sind möglich unter www.lka.nrw.de .<br />

Ebenso kann man sich an die Stelle für Jugendschutz <strong>im</strong> Internet wenden<br />

(www.jugendschutz.net).<br />

Im Raum Kerpen kann man sich auch an den Opferschutz in Wesseling wenden<br />

(02236 / 89320 oder 02236 / 89324960).


Seite 38<br />

Konzept für eine Doppelstunde mit Live-<strong>Chat</strong><br />

Ideen für Möglichkeiten, das Thema schon vorab <strong>im</strong> Fachunterricht anzureißen:<br />

1. Im Klassenlehrerunterricht einen Steckbrief entwerfen lassen, den die Schüler(innen)<br />

gern ins Internet stellen würden<br />

2. Im Kunstunterricht einen Text aus Satzzeichen, Buchstaben etc. Emoticon entwerfen<br />

lassen<br />

3. Im Deutschunterricht einen Text entwerfen oder gestalten, in dem möglichst viele<br />

Emoticons und Abkürzungen wie „CU“ (für see you) vorkommen.<br />

1. Stunde der Doppelstunde<br />

Fragestellung: Was ist eigentlich chatten?<br />

A. Allgemeine Einführung (5 Minuten)<br />

Lehrerin erzählt etwas zu den Projekttagen und zum <strong>Chat</strong>ten allgemein (vielleicht, wie sie<br />

zum ersten Mal gechattet hat)<br />

Frage: Wer aus der Klasse hat schon mal selbst gechattet? Wie ist er / sie darauf gekommen?<br />

B. Inhaltliche Einführung (5 Minuten)<br />

Konkreter zum Thema: was ist ein <strong>Chat</strong> und wie geht das<br />

Als Visualisierungsmöglichkeit ein Plakat, auf dem die Metapher eines Hochhauses benutzt<br />

wird und so die Organisation eines <strong>Chat</strong>s erklärt wird. (z.B. das ganze Hochhaus ist der <strong>Chat</strong>.<br />

Die einzelnen Channels sind Z<strong>im</strong>mer oder Wohnungen. Der Eingangsbereich ist vergleichbar<br />

mit den Hallen, die allen zugänglich sind u.s.w.)<br />

C. Die Schüler chatten paarweise (10 Minuten)<br />

Bei der Bildung der Paare soll darauf geachtet werden, dass <strong>im</strong>mer ein erfahrener <strong>Chat</strong>ter mit<br />

einem unerfahrenen zusammen sitzt, so dass der erfahrene den anderen anlernen kann.<br />

Ziel: Die Schüler sollen nicht lernen zu chatten, sondern nur einen Eindruck von dem<br />

Medium bekommen und dabei beobachten können, was sie daran mögen, was ihnen nicht<br />

gefällt oder was ihnen vielleicht auch unhe<strong>im</strong>lich ist.<br />

Mittel: Wenn möglich soll für diese Phase ein Klassen-Channel eröffnen werden (z. B. über<br />

ein knuddel-Familymitglied, das selbst einen Channel öffnen kann).<br />

Wenn das nicht möglich ist, kann man auch in einen vorhandenen Channel gehen, in dem zu<br />

dem Zeitpunkt nicht so viel los ist.<br />

D. Klassengespräch (5 Minuten)<br />

Schüler tauschen sich über ihre Erfahrungen aus – vielleicht nur diejenigen, die sie in den<br />

vergangenen 10 Minuten gemacht haben, sie können aber auch Erlebnisse erzählen, die sie<br />

früher schon mal be<strong>im</strong> chatten hatten.<br />

E. Stillarbeit: Gefühle und Erfahrungen auf Metaplan-Kärtchen schreiben (10 Minuten)<br />

Auch hier können frühere Erlebnisse einfließen. Die Schüler, die zusammen am Computer<br />

gesessen haben, können die Kärtchen auch zusammen ausfüllen.<br />

F. Kärtchen geordnet nach positiv und negativ an eine Wand heften (10 Minuten)


Seite 39<br />

2. Stunde der Doppelstunde<br />

Ziel: In der zweiten Stunde soll an den eigenen negativen Gefühlen angesetzt werden und von<br />

da aus Lösungen gesucht werden, mit deren Hilfe sich die Schüler vor Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

schützen können.<br />

A. Gefühle aufgreifen und besonders auf die genannten negativen Gefühle achten.<br />

Falls gar keine negativen Gefühle genannt werden, sollte Lehrerin Beispiele für Episoden<br />

nennen, bei denen es bei anderen Schülern schon zu negativen Gefühlen gekommen ist,<br />

Situationen, in denen sie sich bedroht gefühlt haben oder Angst hatten, sich verletzt oder<br />

beleidigt fühlten oder aber peinlich berührt waren.<br />

Lehrer(in) hat vorbereitete Beispiele, die sie/er gegebenen falls nutzen kann. Hier kann der<br />

Fokus schon klarer auf Missbrauchsfällen und sexueller Belästigung liegen.<br />

Anknüpfungspunkte für die Beispiele:<br />

- Wenn Schüler sagen, sie hätten gar nicht gewusst, mit wem sie jetzt eigentlich<br />

gechattet haben<br />

- Wenn Schüler beschreiben, dass sie <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> von anderen beleidigt worden sind.<br />

- Wenn Schüler berichten, dass es ihnen nicht gut ging, da sie in dem ganzen Rummel<br />

niemanden gefunden haben, der mit ihnen chatten wollte<br />

- Wenn sich Schüler geschmeichelt fühlten, wenn sie ins Sep. eingeladen wurden.<br />

(10 Minuten)<br />

B. Lösungen suchen<br />

1. Vorbeugende Lösungen: Das sind solche Lösungen, die die Gefahr herabsetzen<br />

können, <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> belästigt zu werden (z. B. aussuchen des Channels; Aussuchen des<br />

Nicknames, keine persönlichen Daten weitergeben, Gestaltung des eigenen Profils)<br />

2. Agierende Lösungen: Das sind Lösungen, die ich brauche, wenn ich bei<br />

<strong>Chat</strong>gesprächen schon ein komisches Gefühl bekomme oder jemand mich auf eine Art<br />

anspricht, die ich nicht mag (z.B. ignorieren, sich mit dem <strong>Chat</strong>ter nicht weiter<br />

befassen, Mails und Bilder erst von Erwachsenen ansehen lassen, eine vertraute<br />

Person (große Geschwister) dazu holen, den Channel wechseln, den Computer aus<br />

machen. Hier aber auch, was kann ich machen, wenn ich mich mit einem total netten<br />

<strong>Chat</strong>ter zum ersten Mal treffen möchte?<br />

3. Nachbereitende Lösungen: Wenn mir best<strong>im</strong>mte Sätze oder Bilder nicht mehr aus dem<br />

Kopf gehen oder ich Angst habe, wieder auf den gleichen <strong>Chat</strong>ter zu treffen, oder<br />

Sorge habe, wieder so blöde Bilder/Filme geschickt zu bekommen, dann ist es gut,<br />

eine vertraute erwachsene Person einzuschalten und über die schlechten Gefühle zu<br />

sprechen. Dann kann man gemeinsam nach Lösungen suchen.<br />

Wichtige Bestandteile der zweiten Stunde:<br />

Siehe Flyer<br />

C. Brenzlige Beispielsituationen<br />

Zum Abschluss der Stunde nennt der oder die Lehrer/in brenzlige Beispielsituationen, in<br />

denen die Schüler auf dem Hintergrund der Stunde konkrete Lösungsmöglichkeiten überlegen<br />

sollen. Auf diese Weise können Schüler mit dem gelernten Stoff umgehen lernen.<br />

Zu Beginn der Pause können alle noch mal chatten, die gern möchten.


Seite 40<br />

Klassenlehrer(innen)stunde ohne Live-<strong>Chat</strong><br />

<strong>Chat</strong>ten:<br />

Was ist chatten und wie geht das?<br />

Wer kann das erklären und wer hat es noch nie gesehen?<br />

Zur Demonstration: Screenshot vom <strong>Chat</strong>ten (z. B. Knuddel) als Folie auf Tageslichtprojektor<br />

Was ist toll am <strong>Chat</strong>ten?<br />

Was denkt ihr, was häufig von anderen <strong>Chat</strong>tern genannt wird?<br />

- andere Leute hochnehmen<br />

- alles schreiben können, ohne Ärger zu bekommen<br />

- sich mit anderen unterhalten können<br />

- streiten oder flirten<br />

- sich verwandeln können, ohne dass es einer merkt<br />

Was ist blöd am <strong>Chat</strong>ten?<br />

Was denkt ihr, was häufig von anderen <strong>Chat</strong>tern genannt wird?<br />

- dass manche nur Mist / Müll schreiben<br />

- dass man nicht weiß, wer der andere ist<br />

- dass manche einen treffen wollen oder die Handynummer haben wollen<br />

- dass Leute sehr schnell aufdringlich werden und man schnell nach CS (Cybersex), TS<br />

(Telefonsex) oder SB (Selbstbefriedigung) gefragt wird<br />

Fazit:<br />

- manche, die noch keine Erfahrung haben, haben auch Angst vor den „blöden“ Seiten<br />

be<strong>im</strong> <strong>Chat</strong>ten<br />

- manche haben schon <strong>Chat</strong>-Erfahrung und haben auch schon negative Dinge erlebt<br />

- manche chatten nur mit Freunden/innen, die sie auch aus dem richtigen Leben kennen<br />

Welche Erfahrungen habt ihr gemacht, welche Gefühle habt ihr be<strong>im</strong> <strong>Chat</strong>ten kennen<br />

gelernt?<br />

Was könnt ihr tun, wenn<br />

- ihr zum ersten Mal chatten wollt<br />

- ihr euch einen Nickname überlegen müsst<br />

- ihr ein Profil von euch anlegen wollt<br />

- jemand blöde Sachen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> zu euch sagt<br />

- ihr euch von jemandem bedrängt fühlt<br />

- jemand euch ein Bild von sich schicken will<br />

- sich jemand mit euch treffen will<br />

Wie könnte der <strong>Chat</strong> weitergehen?<br />

Lehrer(in) kann sich ein Beispiel ausdenken: Lehrer(in) ist jemand, der die Mädchen<br />

bedrängen will und reagiere <strong>im</strong>mer auf das, was die Mädchen schreiben – kann an der Tafel<br />

gemacht werden<br />

Begleitend zur KlassenlehrerInnenstunde kann die Broschüre für Schülerinnen und Schüler<br />

genutzt werden, die von der <strong>Beratung</strong>sstelle erstellt wurde (siehe CD). Daneben kann man<br />

aber auch auf anderes Infomaterial zurückgreifen.


Seite 41<br />

Workshop über 4 Schulstunden mit Live-<strong>Chat</strong><br />

Einführung ins Thema <strong>Chat</strong>ten durch ein Klassengespräch<br />

Wer hat schon mal gechattet?<br />

Was ist toll / blöd am <strong>Chat</strong>ten?<br />

Wer hat noch nie gechattet und warum?<br />

Was denkt ihr über diesen Workshop, was würde euch interessieren?<br />

Am Ende dieser Phase sollte man wissen, wie viele Schüler <strong>Chat</strong>-Erfahrung haben und wie<br />

viele nicht, warum die Nicht-<strong>Chat</strong>ter nicht chatten und was die Schüler an dem Workshop<br />

interessiert.<br />

Konkretere Informationen zum <strong>Chat</strong>ten mit Live-Demonstration<br />

Wer kann mal einen <strong>Chat</strong>raum vorstellen, in dem er häufig chattet?<br />

Oder<br />

Immer zwei Schüler(innen) chatten an einem Computer und stellen sich gegenseitig<br />

einen <strong>Chat</strong>raum vor (bzw. ein <strong>Chat</strong>ter stellt einem Nicht-<strong>Chat</strong>ter einen Raum vor)<br />

Oder<br />

Wenn möglich einen <strong>Chat</strong>raum eröffnen, in dem nur die Schüler dieses Workshops<br />

chatten können.<br />

Anschließendes Gespräch über Themen wie:<br />

Die Sprache <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

Was habt ihr gerade <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> erlebt; was hat euch gefallen, was nicht?<br />

Erkennt ihr Leute, die ganz neu <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> sind (so genannte Newbies) und wenn ja<br />

woran?<br />

Wie habt ihr es schon mal geschafft, neue Leute <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> kennen zu lernen?<br />

Kleingruppenarbeit “Was würdet ihr eurem Freund / eurer Freundin raten …“<br />

zu z. B. diesen Themen:<br />

Wenn sie/er sich <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> in jemanden verliebt hat, den sie sonst nicht kennt<br />

Wenn sie/er nach seiner Adresse und seiner Telefonnummer gefragt wird<br />

Wenn sie/er blöd angemacht wird oder sie/er mitbekommt, wie andere blöd angemacht<br />

werden<br />

Wenn sie/er sich einen guten Nickname ausdenken soll<br />

Wenn sie/er noch nie in einem <strong>Chat</strong> war und zum ersten Mal chatten möchte<br />

Wenn sie/er sich <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> ein Profil oder eine Homepage anlegen möchte<br />

Anschließende Auswertung ist eine erste Einführung ins Thema „Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> und wie<br />

kann man sich schützen“. Ergebnisse sollten vielleicht auf Flipchart oder Folie<br />

(Tageslichtschreiber) festgehalten werden.<br />

Thema Nicknames: Was sagt ein Nickname aus und wie suche ich mir einen aus?<br />

Aufgabe in Großgruppe: Nennen von ca. 10 Nicknames, die an der Tafel für alle<br />

sichtbar aufgeschrieben werden. Danach soll jede Schülerin und jeder Schüler 4<br />

Adjektive / Beschreibungen finden, die ihrer/seiner Meinung nach zu dem Nickname<br />

passen.<br />

Auswertung: Einige Adjektive bzw. Beschreibungen werden vorgestellt und hinter den<br />

Namen notiert. In der Auswertung soll deutlich werden, dass man sich durch den Nickname<br />

<strong>im</strong> <strong>Chat</strong> auf eine best<strong>im</strong>mte Weise präsentiert und Phantasien bei den anderen über die eigene<br />

Person weckt. Eventuell Metapher: Durch eine best<strong>im</strong>mte Art sich zu kleiden präsentiert man<br />

sich <strong>im</strong> realen Leben auch auf eine best<strong>im</strong>mte Weise und möchte damit etwas aussagen.


Seite 42<br />

Anschließende Diskussion: Was sind gute Namen? Welche Namen sollte man nicht wählen,<br />

wenn man nicht blöd angemacht werden will?<br />

In Großgruppe sammeln und z. B. auf Flipchart festhalten<br />

Ist euch schon mal etwas Unangenehmes passiert be<strong>im</strong> <strong>Chat</strong>ten oder seid ihr be<strong>im</strong><br />

<strong>Chat</strong>ten schon mal unangenehm angemacht worden?<br />

Kennt ihr jemanden, dem schon mal etwas Unangenehmes be<strong>im</strong> <strong>Chat</strong>ten passiert ist,<br />

so dass er/sie sich nachher unwohl gefühlt hat oder sich peinlich berührt gefühlt hat?<br />

Zum Thema Täterstrategien (Hintergrundinformation: siehe Ursula Enders: Sexueller<br />

Missbrauch in den <strong>Chat</strong>räumen des Internets)<br />

Diskussion: Was glaubt ihr tun Täter, um das Vertrauen der Jugendlichen zu<br />

bekommen und was brauchen sie zu ihrer Befriedigung?<br />

Oder<br />

Lehrer(in) fängt an der Tafel oder am Tageslichtschreiber einen Dialog als Täter an,<br />

Schüler(innen) machen Vorschläge, wie sie reagieren würden oder wie sie schon mal<br />

reagiert haben. Hier kann man verschiedene Varianten an Dialogen durchführen.<br />

Zum Thema Prävention (Hintergrundinformation: siehe Broschüren zum Thema Prävention<br />

für Jugendliche)<br />

Sammeln zu Fragen wie: Was macht dich wütend <strong>im</strong> <strong>Chat</strong>; was macht dir Angst;<br />

worüber freust du dich; was erschreckt dich; was fordert dich heraus?<br />

Wodurch können Jugendliche sich schützen; was können sie tun, um <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> nicht in<br />

komische Situationen zu kommen?<br />

Hier können Ergebnisse der vorhergehenden Arbeitseinheiten einbezogen und genutzt<br />

werden.<br />

Erfahrungen aus der Arbeit mit Schülerinnen und Schülern zum Thema Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

Vielfach kommt es zu technischen Schwierigkeiten zu Beginn der<br />

Unterrichtseinheiten, wenn man mit einem Live-<strong>Chat</strong> arbeitet. Hier ist es sicher<br />

sinnvoll, alles vorab auszuprobieren und eventuell Experten einzuschalten.<br />

Es kann schwierig sein, innerhalb des Computerraums zwischen Unterrichtseinheiten<br />

am Computer und Einheiten ohne Computer zu wechseln. Viele Schüler(innen)<br />

können sich dann schlecht lösen und bei einer Gruppenarbeit oder einer Diskussion<br />

mitarbeiten. Falls das möglich ist, macht es Sinn, für die Unterrichtseinheiten den<br />

Raum zu wechseln.<br />

Es wurden durchaus gute Erfahrungen damit gesammelt (z. B. in einer einstündigen<br />

Unterrichtseinheit), Unterrichtseinheiten zu den Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> ohne eine Live-<br />

Demonstration <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> durchzuführen. Falls es in der Klasse Schülerinnen oder<br />

Schüler gibt, die noch nie <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> waren, kann man auch mit auf Folie kopierten<br />

Screenshots arbeiten, um diesen Schülern einen Eindruck vom <strong>Chat</strong> zu vermitteln.<br />

Erfahrungen aus den Unterrichtseinheiten<br />

Wenn mit einem Live-<strong>Chat</strong> gearbeitet werden soll, ist es wichtig, die technischen<br />

Möglichkeiten und Voraussetzungen genau zu prüfen und auszuprobieren. In den<br />

verschiedensten Schulen kam es <strong>im</strong>mer wieder zu technischen Aussetzern –<br />

besonders, wenn nicht ein eigener <strong>Chat</strong>raum eingerichtet worden ist, sondern die<br />

Schüler in einen öffentlich zugänglichen <strong>Chat</strong> gehen sollten.


Seite 43<br />

<br />

<br />

<br />

Live-<strong>Chat</strong>-Unterrichtseinheiten und Diskussions- oder Arbeitseinheiten sollten<br />

vielleicht auch räumlich klar getrennt werden. Schüler(innen) sind ansonsten von den<br />

Computern sehr abgelenkt und versuchen <strong>im</strong>mer wieder he<strong>im</strong>lich ins Netz oder in den<br />

<strong>Chat</strong> zu gehen.<br />

Nicht-<strong>Chat</strong>ter in der Klasse können sich nach den vorliegenden Erfahrungen sehr<br />

schnell in das Thema einklinken und brauchen nur eine kurze allgemeine Einführung<br />

in das Thema „was ist <strong>Chat</strong>ten“. Screenshots können hier ähnlich wirkungsvoll<br />

verwendet werden wie eine Live-<strong>Chat</strong>-Demonstration.<br />

Beispiele für negative Erfahrungen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> brauchen sich Lehrkräfte nicht mühsam<br />

vorab zu überlegen oder zusammensuchen. Hier gibt es in jeder Klasse eigene<br />

Beispiele oder Schüler(innen), die andere Jugendliche mit schlechten Erfahrungen<br />

kennen und davon berichten können.


Seite 44<br />

Unterrichtseinheit für den Politikunterricht<br />

Information der Eltern<br />

Um die Eltern etwas mit einzubeziehen und um eventuelle Vorbehalte vorab zu klären, kann<br />

man vor Beginn der Unterrichteinheit den Schülern eine Information an die Eltern mitgeben.<br />

Live-<strong>Chat</strong><br />

Hier kann man einen eigenen <strong>Chat</strong>raum einrichten, oder aber auf bestehende <strong>Chat</strong>räume<br />

zurückgreifen (z. B. als sicher eingestufte <strong>Chat</strong>s aus der Broschüre „<strong>Chat</strong>ten ohne Risiko?<br />

Zwischen fettem Grinsen und Cybersex“).<br />

Hier kann man erfahrene <strong>Chat</strong>ter mit unerfahrenen zusammen chatten lassen.<br />

Erstellen eines Ratgebers<br />

In der Gesamtgruppe oder auch in Kleingruppen stellen die Schülerinnen und Schüler einen<br />

Ratgeber mit dem Titel „Worauf muss ich be<strong>im</strong> <strong>Chat</strong>ten achten“ zusammen.<br />

Anschließend können die Ergebnisse vorgestellt und über das Thema diskutiert werden. Hier<br />

können dann auch eigene Erfahrungen einfließen.


Seite 45<br />

Vorschlag für die Durchführung eines Workshops für Eltern über ca. 3<br />

Schulstunden (mit Live-<strong>Chat</strong>)<br />

Einstieg (Aufhänger, um Interesse zu wecken)<br />

10 Minuten<br />

Fragen zum <strong>Chat</strong>ten wie bei Schülerveranstaltung:<br />

• Wer hat schon mal gechattet?<br />

• Wer chattet regelmäßig?<br />

• Wissen Sie, ob Ihre Kinder chatten?<br />

• Haben Sie Ihrem Kind schon mal be<strong>im</strong> <strong>Chat</strong>ten über die Schulter gesehen?<br />

• In welche <strong>Chat</strong>räume gehen Sie, wenn Sie chatten?<br />

• Was reizt Sie am <strong>Chat</strong>ten?<br />

• Warum haben Sie noch nie gechattet?<br />

z.B. sich mit dem Nachbarn darüber austauschen, was man über das <strong>Chat</strong>ten weiß und warum<br />

man chattet oder auch nicht chattet.<br />

Kurze Auswertung des Einstiegs <strong>im</strong> Plenum; so bekommt die Workshopleiterin oder der<br />

Workshopleiter einen Überblick darüber, was die Teilnehmer(innen) wissen und was nicht.<br />

Was ist <strong>Chat</strong>ten<br />

<strong>Chat</strong> ist englisch und bedeutet Plausch oder Schwätzchen.<br />

<strong>Chat</strong>ten ist die Möglichkeit, <strong>im</strong> Internet Gespräche mit anderen Personen zu führen, die sich<br />

zeitgleich auch <strong>im</strong> Internet – genauer in dem gleichen <strong>Chat</strong>raum - befinden.<br />

Als Kommunikationstechnologie ist das <strong>Chat</strong>ten am ehesten mit dem Telefonieren zu<br />

vergleichen. Die Redepartner kommunizieren ohne Sichtkontakt. <strong>Chat</strong>ten ist sozusagen eine<br />

zeitgleiche Distanzkommunikation.<br />

<strong>Chat</strong>ten: Wie geht das?<br />

15 Minuten<br />

Dieser Punkt kann mit oder ohne Verwendung eines Live-<strong>Chat</strong>s durchgeführt werden. Wenn<br />

kein Live-<strong>Chat</strong> gewünscht oder möglich ist, kann man auch über Screenshots eine Einblick in<br />

die Art und Weise der <strong>Chat</strong>kommunikation geben.<br />

1. Schritt: Anmeldung<br />

In den meisten <strong>Chat</strong>räumen muss man sich als neuer Nutzer anmelden. Das heißt man muss<br />

sich einen Nickname geben und ein Passwort angeben. In manchen <strong>Chat</strong>s kann man sich aber<br />

auch als Gast einloggen (anmelden), das geht z. B. in <strong>Chat</strong>city.<br />

2. Schritt: Wahl eines Channels / <strong>Chat</strong>raums<br />

Anschließend kommt man auf eine neue Oberfläche, auf der man sich einen <strong>Chat</strong>raum oder<br />

Channel aussuchen kann. Meist gibt es unter einer www-Adresse (z. B. knuddels.de) sehr<br />

viele verschiedene Channels. Die Channels haben Namen, die schon etwas über ihre<br />

thematische Ausrichtung verraten. Beispiele für Channel-Namen:<br />

• Flirt 45<br />

• Teenchat<br />

• Biergarten<br />

• Heiße Liebe<br />

• Unter 20<br />

• Halle 3


Seite 46<br />

• Hausaufgaben<br />

• Help 4 you<br />

Durch die Wahl des Channels kann man schon ein bisschen steuern, was einen erwartet.<br />

Dabei muss man sagen, dass man z. B. sexuelle Belästigungen nicht wirklich ausschließen<br />

sondern eher bewusst aufsuchen kann. Das heißt, <strong>im</strong> Schueler-<strong>Chat</strong> kann man nicht davon<br />

ausgehen, dass man nicht sexuell belästigt wird. Geht man aber in den Chanel „Heiße Liebe“<br />

kann man sicher sein, dass man in kürzester Zeit sehr eindeutig in Richtung Cybersex<br />

angesprochen wird.<br />

Allgemein kann man sagen, es gibt Channels für<br />

• Best<strong>im</strong>mte Altersgruppen (z. B. unter 20)<br />

• Best<strong>im</strong>mte Themen (z. B. Heiße Liebe oder Hausaufgeben)<br />

• Offene Channels (z. B. Halle 3) ohne thematische Ausrichtung<br />

• Channels, in denen man Fragen zum <strong>Chat</strong> stellen kann (z. B. Help 4 you)<br />

• Channels, in denen man <strong>Online</strong>-Spiele mit anderen spielen kann (z. B. Mafia <strong>im</strong><br />

knuddels)<br />

3. Schritt: Kontaktaufnahme<br />

Hat man einen Channel ausgewählt, wird meist von einer <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> befindlichen Instanz <strong>im</strong><br />

Channel bekannt gegeben, dass man den Raum betreten hat (z.B. Luisa14 betritt den Raum).<br />

Meist kann man in einem Channel über eine nebenstehende Liste sehen, wer sonst noch zur<br />

gleichen Zeit in diesem Channel / <strong>Chat</strong>raum ist. Jetzt kann man mit einzelnen Personen oder<br />

mit mehreren gleichzeitig chatten. Einen <strong>Chat</strong>ter, der sich nur als Beobachter <strong>im</strong> Channel<br />

befindet, ohne sich an einem Gespräch zu beteiligen, nennt man Lurker. In manchen<br />

<strong>Chat</strong>räumen wird man dann allerdings von der Administration rausgeworfen. Das macht<br />

besonders in teilnehmerbegrenzten <strong>Chat</strong>s Sinn, da dann wieder „gesprächswillige“ <strong>Chat</strong>ter<br />

nachrücken können.<br />

4. Schritt: Aufsuchen eines int<strong>im</strong>eren Kommunikationsraums (Anflüstern, Privatraum /<br />

Separee)<br />

Wenn man mit jemandem nicht vor allen anderen chatten möchte, kann man ihn anflüstern.<br />

Das heißt, man bleibt in dem vorher gewählten Channel, legt aber über eine best<strong>im</strong>mte<br />

Funktion fest (ist von <strong>Chat</strong>raum zu <strong>Chat</strong>raum verschieden), dass der Text, den man schreibt,<br />

nur von einer best<strong>im</strong>mten Person gesehen werden kann.<br />

Geht einem diese Form der privaten Kommunikation noch nicht weit genug, kann man den<br />

gewünschten Gesprächspartner oder die gewünschten Gesprächspartner auch ins Separee<br />

einladen. Das heißt, es wird ein privater Raum eingerichtet, in den die gewünschten<br />

Gesprächspartner und man selbst wechseln können. Im SEP ist man dann unter sich.<br />

Diese Möglichkeit wird vielfach von Personen gewählt, die mit best<strong>im</strong>mten anderen Personen<br />

Cybersex haben wollen, wird aber genau so von Freunden genutzt, die sich einfach privater<br />

unterhalten möchten.<br />

Folie mit den 4 Schritten parallel zum Live - <strong>Chat</strong>


Seite 47<br />

Kurze Hintergrundinformationen<br />

5 Minuten<br />

<strong>Chat</strong>-Technologien<br />

Was ist alles möglich, und wie können Jugendliche mit Informationen konfrontiert werden,<br />

die schockierend sind?<br />

Innerhalb eines <strong>Chat</strong>raums kann man sich nicht nur durch die Schriftsprache miteinander<br />

austauschen. Diese grundlegende Technologie ist mittlerweile kombinierbar mit anderen<br />

Möglichkeiten des Informationsaustausches:<br />

E-Mail: Innerhalb eines <strong>Chat</strong>raums wird eine Mailbox eingerichtet, die andere <strong>Chat</strong>ter<br />

mit Post füllen können. Dazu brauchen sie nur meinen Nickname zu kennen.<br />

Verschicken von Bildern: Über diesen E-Mailweg können dann nicht nur Briefe<br />

sondern auch digitale Fotos und Videos verschickt werden.<br />

Webcam: Während des <strong>Chat</strong>s kann man live eine Kamera mitlaufen lassen, die z.B.<br />

einen selbst zeigt, wie man gerade chattet. (Pädophile haben dann z.B. die Kamera<br />

zwischen ihre Beine gerichtet; es kann einem aber auch passieren, dass ein Pärchen<br />

möchte, dass man ihm be<strong>im</strong> be<strong>im</strong> Geschlechtsverkehr zuschaut und zuhört).<br />

<strong>Chat</strong>sprache, Motivation zu chatten (<strong>Chat</strong>kultur)<br />

<strong>Chat</strong>ten ist:<br />

Anonym – wenn man möchte<br />

Zunächst sehr flüchtig, was den Kontakt angeht<br />

Man muss keine Sorge haben, den <strong>Chat</strong>partner irgendwann mal wieder zu treffen<br />

Das Hin und Her innerhalb der Gespräche ist sehr schnell – niemand sitzt 10 Minuten<br />

vor dem Rechner und wartet auf eine Antwort, ohne zu wissen, ob überhaupt eine<br />

kommt.<br />

Dementsprechend ist die <strong>Chat</strong>sprache:<br />

Kurz<br />

Flüchtig bis unvollständig<br />

Sehr der Umgangssprache angeglichen<br />

Direkt<br />

Häufig sehr emotional<br />

Schnell – d.h. auch sehr schnell int<strong>im</strong><br />

Emotionen werden vielfach durch Emoticons ausgedrückt<br />

Folie<br />

Großschreibung bedeutet aber auch z.B. schreien<br />

Was reizt Jugendliche am <strong>Chat</strong>ten:<br />

<strong>Chat</strong>ten ist eine sehr schnelle und unverbindliche Art, andere Leute zu treffen<br />

Manche Jugendliche sind zufrieden, wenn sie ihre Freunde <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> treffen können<br />

und nicht <strong>im</strong>mer nur mit ihnen telefonieren müssen<br />

Im <strong>Chat</strong> können Jugendliche Arten der Kommunikation ausprobieren, die sie sich <strong>im</strong><br />

„richtigen Leben“ nicht trauen würden.<br />

Im <strong>Chat</strong> können Jugendliche ausprobieren, wie es ist, sich dem anderen Geschlecht zu<br />

nähern und welche Art der Kommunikation be<strong>im</strong> anderen Geschlecht gut ankommt.<br />

Manche Jugendliche trauen sich, <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> Dinge über sich selbst zu erzählen, die sie<br />

<strong>im</strong> „wirklichen Leben“ lieber für sich behalten.


Seite 48<br />

Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong><br />

15 Minuten<br />

Diesen Teil eher als Gespräch und Diskussion<br />

Beispielsätze von Schülern aus den Klassengesprächen<br />

6. Klasse: Als der mich nach meiner Telefonnummer gefragt hat, habe ich ihm die<br />

Handynummer von meiner Freundin gegeben.<br />

7. Klasse. Im <strong>Chat</strong> frage ich ein Mädchen auch schon mal nach seiner Körbchengröße,<br />

würde ich mich sonst nie trauen.<br />

7. Klasse: Als ich die nach einem Foto gefragt habe, dachte ich, ich bekomme ein Bild<br />

von einem Mädchen in meinem Alter. Dann kam aber ein Bild von einer nackten<br />

erwachsenen Frau. Das wollte ich nicht.<br />

5. Klasse: Und dann hat einer auf einmal geschrieben, sein Schwanz ist schon ganz<br />

groß und steif.<br />

6. Klasse: Der Mann hat mich richtig verfolgt, <strong>im</strong>mer wenn ich <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> war, war er<br />

auch sofort da und hat mich blöd angemacht. Da habe ich richtig Angst bekommen.<br />

6. und 7. Klasse: Ich habe etwas ganz Unangenehmes erlebt, darüber möchte ich hier<br />

aber nicht sprechen.<br />

6. und 7. Klasse: Über die blöden und unangenehmen Dinge <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> rede ich mit<br />

niemandem.<br />

7. Klasse: Das merke ich doch ganz schnell, ob sich jemand als Jugendlicher ausgibt<br />

oder ob er wirklich so alt ist wie ich.<br />

Gespräch: Eltern fragen, was sie darüber denken, wie sie diese Aussagen<br />

einschätzen.<br />

Warum ist es so attraktiv, erotische Aktivitäten über den <strong>Chat</strong> auszuleben?<br />

• Im <strong>Chat</strong> herrscht fast völlige Risikolosigkeit. Regel- und Normverletzungen können<br />

unbehelligt ausgeübt werden, ohne dass jemand zur Verantwortung gezogen werden<br />

kann.<br />

• Hohe Verfügbarkeit: <strong>Chat</strong>ten kann man rund um die Uhr. Besonders nachts, wenn<br />

man in der realen Umgebung keinen mehr so leicht erreichen kann, findet man <strong>im</strong><br />

<strong>Chat</strong> <strong>im</strong>mer einen Ansprechpartner.<br />

• Kostengünstig: Das Internet und die Internetnutzung kostet nicht sehr viel. Sehr viele<br />

deutsche Haushalte sind in der Lage, sich einen Internetanschluss zu leisten und ihn<br />

auch zu nutzen.<br />

• Schneller Rollenwechsel ist möglich: Auch wenn man mit einem Nickname<br />

Schiffbruch erlitten hat und eventuell sogar aus dem <strong>Chat</strong> geworfen wurde, kann man<br />

mit einem neuen Nickname und einem neuen Passwort <strong>im</strong> nächsten Moment wieder<br />

auftauchen und eine neue Kontaktaufnahme starten.<br />

• Neue Form der Selbstinszenierung ist möglich: Wer sich sonst unattraktiv fühlt erlebt<br />

endlich positive Resonanz und fühlt sich geschmeichelt und begehrt.<br />

• Direkte Ansprachemöglichkeiten: Im <strong>Chat</strong> braucht man keine lange Kennenlernphase,<br />

wenn man das nicht möchte. Hier kann man sehr schnell zum Thema Erotik und<br />

Cybersex übergehen, ohne bei den anderen Anstoß zu erregen.<br />

• Viele potentiell bereitstehende Partner: Je nachdem, welchen Channel man sich<br />

ausgesucht hat, kann man sich streckenweise kaum retten vor Gesprächspartnern, die<br />

auch auf der Suche nach einem erotischen Abenteuer sind. Geht man z. B. bei Yahoo<br />

unter Romantik und Erotik in den Teenchat, so ist das, was dann kommt, alles andere<br />

als jugendfrei.


Seite 49<br />

(Auflistung in Anlehnung an Kollmann in Beißwenger, 2002 (Band 2, S. 345))<br />

Die Gefahren, die durch die Neuartigkeit des Mediums <strong>Chat</strong> entstehen, sind vielfältig:<br />

• Der <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> vollzogene Rollenwechsel bleibt nicht ohne Auswirkungen auf das<br />

„reale“ Selbstbild. Denkt sich jemand sehr intensiv in eine – teilweise – andersartige<br />

virtuelle Identität, hat das meist unkontrollierte Auswirkungen auf das Selbstbild und<br />

die Selbstwahrnehmung. Das kann positive Folgen haben (z.B. dass sehr<br />

zurückhaltende und kontaktscheue Personen über den <strong>Chat</strong> lernen, mit anderen in<br />

Kontakt zu treten und sich zu öffnen). Es kann aber auch negative Folgen haben<br />

(wenn z. B. <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> ausgelebte Aggressionen zu einer Enthemmung <strong>im</strong> realen Leben<br />

führen).<br />

• Jemand kann <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> andere Personen – besonders Kinder und Jugendliche – massiv<br />

unter Druck setzen. Trotz der anfänglichen Anonymität kann eine Person (z. B. ein<br />

Pädophiler) auf unterschiedliche Arten Druck ausüben:<br />

o Er kann sich durch eine sehr verständnisvolle und vertrauenswürdige Art mit<br />

dem Kind oder dem Jugendlichen vertraut machen. Auf diese Weise macht er<br />

es dem Kind /Jugendlichen schwer, nein zu sagen und eventuell den Kontakt<br />

abzubrechen. Das schlechte Gewissen, dem netten Gesprächspartner vor den<br />

Kopf zu stoßen oder eine Abfuhr zu erteilen, können Pädophile hier ausnutzen.<br />

So kann es z. B. zu realen sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen<br />

kommen, ohne dass sich ein junges Mädchen in dem Moment wehrt.<br />

o Er kann auf die Scham- und Schuldgefühle der Jugendlichen hoffen. Sie<br />

werfen sich oft vor, dass sie viel zu lange eingewilligt haben oder nichts<br />

ahnend best<strong>im</strong>mten Bedingungen zugest<strong>im</strong>mt haben. Belastende Erlebnisse <strong>im</strong><br />

<strong>Chat</strong> werden dann häufig aus Schuldgefühlen und Empfinden von Peinlichkeit<br />

heraus nicht den Eltern oder anderen Erwachsenen erzählt. So bleibt der Täter<br />

weiter unbehelligt.<br />

o Er kann dem Kind oder Jugendlichen offen reale Gewalt androhen. Es gibt<br />

viele Möglichkeiten, die genaue Identität eines Kindes oder Jugendlichen<br />

heraus zu bekommen, wenn einige wenige Informationen geflossen sind (z. B.<br />

Alter, Wohnort und Schule). Auf diese Weise können Kinder und Jugendliche<br />

eingeschüchtert und gezwungen werden, Dinge zu tun oder auszuhalten, die<br />

gegen ihren Willen sind.<br />

• Täter leben <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> abnorme Bedürfnisse aus und finden Gleichgesinnte. Dadurch<br />

verschieben sich moralische Werte, und die Hemmschwelle wird herabgesetzt. Im<br />

<strong>Chat</strong> sind Dinge möglich, die <strong>im</strong> realen Leben aufgrund unserer gesellschaftlichen<br />

Werthaltungen undenkbar wären: Tiersex, Pädophilie, Betrug des realen<br />

Lebenspartners mit <strong>Chat</strong>bekanntschaften <strong>im</strong> Netz, Austausch über<br />

gewünschte/erträumte Gewaltexzesse etc.. In best<strong>im</strong>mten <strong>Chat</strong>räumen und Foren<br />

treffen sich Gleichgesinnte und tauschen sich hemmungslos aus. Dabei geschieht das<br />

manchmal öffentlich, manchmal <strong>im</strong> Rahmen privater Räume, die nicht allen<br />

zugänglich sind und vor Polizei und strafrechtlicher Verfolgung gut geschützt sind.<br />

Dieses Äußern und Ausleben abnormer Bedürfnisse führt zu einer schrittweisen<br />

Enthemmung – nicht nur <strong>im</strong> Netz, sondern auch in der Realität. Das Finden anderer<br />

Personen mit ähnlichen Bedürfnissen und Gedanken verschiebt die Abnormalität<br />

unmerklich in den Bereich der Normalität. Täter fühlen sich mit ihren Gefühlen und<br />

Gedanken nicht mehr allein. Die Gemeinschaft macht sie stark. Langsam verwischt<br />

die Grenze zwischen Virtualität und Realität. Am Ende kann ein reales Verbrechen<br />

oder eine reale Vergewaltigung stehen. Ein Beispiel für so einen Prozess bietet der<br />

Fall des „Kannibalen von Rotenburg“, der derzeit durch die Presse gegangen ist.


Seite 50<br />

• Jugendliche probieren Kontaktmöglichkeiten aus und finden die Grenze nicht mehr.<br />

Jugendliche sind neugierig und nutzen das Medium <strong>Chat</strong> auch, um mal zu sehen, was<br />

passiert, wenn ....... Sie fühlen sich hinter der Anonymität <strong>im</strong> Netz und <strong>im</strong> Angesicht<br />

der Ungestörtheit vor dem PC sicher. Grenzen, die in realen Kontakten klar<br />

eingehalten werden, fallen. Sowohl <strong>im</strong> sexuellen als auch <strong>im</strong> aggressiven Bereich<br />

werden neue Möglichkeiten und eventuelle eigene Stärken erprobt. Da <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> sehr<br />

selten eine Kontrolle von außen erfolgt, sind sie auf ihre eigene Selbstkontrolle<br />

angewiesen. Das kann sehr schwierig werden und zu ungewollten, belastenden<br />

Erlebnissen führen.<br />

Die Täter und Opfer<br />

Weder bei den Tätern noch bei den Opfern lässt sich ein best<strong>im</strong>mter Typus<br />

herauskristallisieren.<br />

Die Täter zeichnen sich <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> teilweise durch große Hemmungslosigkeit und ein<br />

selbstbewusstes Auftreten aus. Sie sind offensiv und in manchen Channels sehr zahlreich.<br />

Nicht selten kommen sie ohne große Umschweife auf ihr Anliegen zu sprechen und stellen es<br />

als völlig normales Bedürfnis dar.<br />

Opfer sind nicht die „typischen“ Opfertypen, wie man sie aus Beschreibungen zum sexuellen<br />

Missbrauch oder auch zum Mobbing teilweise aus der Literatur kennt. Gefährdet sind alle<br />

Kinder und Jugendlichen, die ins Internet gehen und auch chatten. Da der erste Kontakt mit<br />

dem PC <strong>im</strong>mer früher auftritt und auch die Computerkompetenz der jüngeren Kinder <strong>im</strong>mer<br />

mehr zun<strong>im</strong>mt, werden auch die Opfer <strong>im</strong>mer jünger. Die Scheu vor dem Medium hat<br />

ebenfalls eine abnehmende Tendenz, so dass Kinder und Jugendliche <strong>im</strong>mer offensiver und<br />

risikobereiter ins Netz gehen. Das steigert ihre Gefährdung.<br />

Folien von Beispielkommunikationen aus dem <strong>Chat</strong> (z.B. aus Döring)<br />

10 Minuten Pause<br />

Prävention und Schutz<br />

15 Minuten<br />

Präventive Maßnahmen und Schutzmaßnahmen für die Nutzung von Internet und <strong>Chat</strong> sind<br />

noch nicht sehr lange Thema in unserer Gesellschaft. Lange wurde das Internet als quasi<br />

rechtsfreier Raum geduldet. Regeln entstanden bestenfalls aus der Nutzung heraus. Ethische<br />

und moralische Werte waren Privatsache. Langsam wird deutlich, dass das Internet zwar ein<br />

Medium mit gänzlich neuen Möglichkeiten ist, aber best<strong>im</strong>mte Prozesse der Interaktion und<br />

Kommunikation eine ähnliche Dynamik und Wirkung haben wie <strong>im</strong> realen Leben.<br />

Beleidigungen können z. B. eine genauso verletzende Wirkung in der virtuellen wie in der<br />

realen Welt haben. Auch über das Netz kann eine - kilometermäßig vielleicht weit entfernte -<br />

Person Macht über eine andere Person ausüben, sie einschüchtern und ihr Angst machen.<br />

Kinder und Jugendliche<br />

Für Kinder und Jugendliche ist das Internet und speziell auch der <strong>Chat</strong> ein spannendes und<br />

willkommenes Medium, das auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. In der Altersgruppe<br />

zwischen 10 und 18 Jahren ist das Ausprobieren neuer Kontakt- und


Seite 51<br />

Beziehungsmöglichkeiten – und speziell auch der Kontakt zum anderen Geschlecht ein<br />

großes und wichtiges Thema. Die <strong>Chat</strong>kommunikation lebt von diesem Bedürfnis und bietet<br />

durch die hohe Verfügbarkeit und die Anonymität ganz neue Möglichkeiten auf diesem<br />

Gebiet. Von daher macht es keinen Sinn, dieses Medium zu verdammen oder zu verbieten.<br />

Auf diese Weise käme es nur zu einer noch größeren Verdunklung der <strong>Chat</strong>aktivitäten.<br />

Information<br />

Ein wichtiges Standbein der Prävention vor Missbrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> ist die Information. Worüber<br />

sollten Kinder und Jugendliche unbedingt Bescheid wissen, bevor sie anfangen zu chatten?<br />

Technische Möglichkeiten: Viele Kinder und Jugendliche kennen nur eine<br />

Möglichkeit, sich <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> vor rüder sexueller Ansprache oder Bedrohung zu schützen:<br />

den <strong>Chat</strong> verlassen und den Computer aus machen. Viele kennen nicht die<br />

Möglichkeit, sich bei der Administration (häufig in Form eines Butlers oder Lotsen)<br />

zu beschweren, so dass der unverschämte Gegenüber aus dem <strong>Chat</strong>raum<br />

ausgeschlossen wird. Auch gibt es die Möglichkeit des Ignorierens: D.h. man kann die<br />

Mitteilungen des störenden <strong>Chat</strong>ters auf seinem Bildschirm ausblenden.<br />

<strong>Chat</strong>tiquette: Die höflichen Umgangsformen für das Internet und speziell für den <strong>Chat</strong><br />

sollten bekannt sein. Die <strong>Chat</strong>tiquette macht deutlich, dass man es auch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> mit<br />

einem menschlichen Gegenüber zu tun hat und auch hier die alltäglichen<br />

gesellschaftlichen Regeln zum Umgang mit anderen gelten, was Kinder und<br />

Jugendliche gern vergessen, wenn sie den anderen nicht sehen und nicht hören<br />

können.<br />

<strong>Chat</strong>sprache: Die <strong>Chat</strong>sprache sollte zumindest in ihren Grundzügen bekannt sein.<br />

Manche Anbieter von <strong>Chat</strong>räumen schicken schon mit ihrer Anmeldebestätigung eine<br />

Zusammenfassung wichtiger Kürzel und Emoticons mit. Das Beherrschen der<br />

<strong>Chat</strong>sprache verleiht den Kindern und Jugendlichen Sicherheit <strong>im</strong> Umgang mit ihrem<br />

„virtuellen“ Gegenüber und macht es ihnen leichter, dessen Bedürfnisse und<br />

Absichten einschätzen zu können. An dem Sprachgebrauch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> kann aber auch<br />

der Gegenüber erkennen, ob er es mit einem <strong>Chat</strong>-Anfänger oder <strong>Chat</strong>-Experten zu<br />

tun hat. Kinder und Jugendliche, die durch die Verwendung der <strong>Chat</strong>sprache deutlich<br />

machen, dass sie sich auskennen und informiert sind, werden es leichter haben, sich<br />

von unangenehmen, sexuellen Angeboten abzugrenzen und trickreiche<br />

Überredungskünste Pädophiler zu stoppen.<br />

Wahl des Channels: Durch die Wahl des Channels kann man sich nicht wirklich<br />

schützen, da sich in jedem Channel auch Pädophile aufhalten können. Aber wenn man<br />

einen Channel mit dem Namen „Erotik“, „Flirt“ oder „Schwule und Lesben“ wählt,<br />

kann man 100%-ig sicher sein, in kürzester Zeit und fast ausschließlich sexuelle<br />

Gesprächsangebote zu bekommen.<br />

Sicherheitsregeln: Es gibt mittlerweile eine Menge guter Sicherheitstipps, die von<br />

verschiedenen Organisationen <strong>im</strong> Internet aber auch über Flyer und<br />

Informationsbroschüren verbreitet werden (z. B. „Sicher surfen“ vom AJS,<br />

www.internet-seepferdchen.de, http://chatten-aber-sicher.pixsolution.de, www.blindekuh.de/fbitips.html).<br />

Eine ausführlichere Auflistung findet sich <strong>im</strong> Abschnitt<br />

„Literatur, Links, Broschüren“. Hier sollen nur einige wichtige Regeln in aller Kürze<br />

genannt werden:<br />

o Gib niemandem <strong>im</strong> Internet deine Adresse bzw. Telefonnummer, deine<br />

Kontoverbindung / Kreditkartennummer oder deinen richtigen Namen.<br />

o Schicke niemandem dein Bild.<br />

o Triff dich nicht allein mit jemandem, den du <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> kennen gelernt hast.


Seite 52<br />

o Wenn du dich mit jemandem treffen willst, wähle einen öffentlichen Ort (z. B.<br />

Cafe oder Jugendzentrum). Es reicht nicht, einen Freund oder eine Freundin<br />

mitzunehmen.<br />

o Bleib nicht in einem <strong>Chat</strong>raum, in dem über Dinge gesprochen werden, die dir<br />

unangenehm sind oder die dir Angst machen.<br />

o Schütze deine Freunde und Bekannten, indem du auch von ihnen keine<br />

Namen, Adressen etc. <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> weiter gibst.<br />

Kommunikation über den <strong>Chat</strong><br />

Kinder und Jugendliche sind – was die Medienkompetenz angeht – den Erwachsenen<br />

heutzutage um Längen voraus. Das macht sie <strong>im</strong> Umgang mit dem Medium oft einsam. Wenn<br />

überhaupt, dann tauschen sie sich über Hard- und Softwareangelegenheiten mit gleichaltrigen<br />

Freunden aus. Andere Aspekte der Mediennutzung werden kaum kommuniziert.<br />

So ist es nicht verwunderlich, dass Kinder und Jugendliche meist über belastende oder<br />

verwirrende Erlebnisse, die sie <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> gemacht haben, mit niemandem reden.<br />

Kontaktaufnahme, Sympathiebekundungen, Ablehnungen und Beleidigungen oder auch<br />

sexuelle Belästigungen laufen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> in einem Tempo ab, das für reale<br />

Kommunikationssituationen undenkbar wäre. Kinder und Jugendliche sind damit überfordert<br />

und brauchen vertrauenswürdige, reale Ansprechpartner und Foren, mit denen bzw. in denen<br />

sie sich darüber austauschen können. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sie <strong>Chat</strong>-<br />

Bekanntschaften beurteilen können, was von Bedrohungen und Beleidigungen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> zu<br />

halten ist, welche Erwartungen sie an <strong>Chat</strong>-Beziehungen knüpfen können und wie ein<br />

ausgewogenes Verhältnis zwischen <strong>Chat</strong>-Freundschaften und realen Freundschaften aussehen<br />

kann, müssen Kinder und Jugendliche sich darüber mit anderen Gleichaltrigen und auch<br />

Erwachsenen austauschen können. Diese emotionalen Aspekte der <strong>Chat</strong>-Kommunikation<br />

finden <strong>im</strong> Moment kaum Beachtung – obwohl viele Kinder und Jugendliche, die chatten, dort<br />

schon unangenehme oder beängstigende Erlebnisse hatten.<br />

Grenzen setzen<br />

Der <strong>Chat</strong> reizt durch seine Anonymität, Grenzen zu überschreiten – nicht nur bei den<br />

Pädophilen, sondern auch bei den Kindern und Jugendlichen selbst. 12-14-Jährige nutzen den<br />

<strong>Chat</strong> vielfach, um erste Kontakte zum anderen Geschlecht zu knüpfen oder <strong>im</strong>mer wieder<br />

auch, um „Leute zu verarschen“. In beiden Fällen ist es gerade der Reiz, Grenzen des<br />

höflichen Umgangs zu überschreiten. Im <strong>Chat</strong> kann z.B. ein 14-jähriger Junge ausprobieren,<br />

wie ein gleichaltriges Mädchen reagiert, wenn er es z. B. nach seiner Körbchengröße fragt.<br />

Die Neugierde treibt pubertierende Jugendliche in Channels mit eindeutig sexuellen Themen.<br />

In der Realität wäre die Hemmschwelle dagegen viel höher, in einen Sexshop oder ein<br />

Bordell zu gehen.<br />

Diese Neugierde, die sich mit Hilfe des Internets und des <strong>Chat</strong>s auf sehr freizügige Art<br />

befriedigen lässt, macht den Schutz vor den Gefahren <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> nicht einfach.<br />

Kinder – und besonders Jugendliche – müssen lernen, mit dieser Neugierde umzugehen und<br />

genau wie <strong>im</strong> realen Leben ihre Grenzen kennen zu lernen. Sie müssen ein Gespür dafür<br />

entwickeln, wann ihnen ein <strong>Chat</strong>-Kontakt zu weit geht und was sie dann tun können. Sie<br />

müssen aber auch wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie sich in diesem Bereich<br />

risikofreudig auf das Glatteis begeben. Obwohl sie sich <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> manchmal als<br />

Gesprächspartner für sexuell gefärbte Gespräche anbieten, gehen ihnen die Reaktionen –<br />

besonders älterer Gesprächspartner oder Pädophiler - doch viel zu weit. So erzählte z. B. ein<br />

Jugendlicher in einem Klassengespräch, dass er von seiner <strong>Chat</strong>-Partnerin zwar gern ein Bild<br />

gehabt hätte, auf dem sie nur einen Bikini anhat, als er aber ein Foto einer nackten jungen<br />

Frau bekam, war er schockiert und unangenehm berührt.


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Klar zu wissen, was man will und was man nicht will und das auch eindeutig und best<strong>im</strong>mt zu<br />

äußern, ist <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> fast noch wichtiger als <strong>im</strong> realen Leben, nicht zuletzt wegen der<br />

Geschwindigkeit, in der Stadien der Kontaktaufnahme und Beziehungsgestaltung durchlaufen<br />

werden. Int<strong>im</strong>ität hat <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> eine andere Qualität als <strong>im</strong> realen Leben. Was man sich selbst<br />

und anderen <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> zumuten kann, darüber besteht bei Kindern und Jugendlichen große<br />

Unklarheit und Unsicherheit.<br />

Diese Themen kann man nicht – wie z.B. die Sicherheitsregeln – in einem 10-Punkte-Plan<br />

abhandeln. Hier sind Gespräche mit Vertrauenspersonen wichtig. Hier können auch Hinweise<br />

besprochen werden, an denen ein Kind oder Jugendlicher erkennen kann, wann ein <strong>Chat</strong>-<br />

Gespräch in eine gefährliche Richtung abzudriften droht. Hierzu einige Beispiele aus dem<br />

Flyer „Sicher surfen“ vom AJS:<br />

- „Wenn dich jemand zu etwas überreden oder zwingen will...<br />

- Wenn dich jemand erpressen will oder dir droht...<br />

- Wenn jemand „schweinische Wörter benutzt...<br />

- Wenn dich jemand locken oder kaufen will...<br />

- Wenn jemand dir großzügige Geschenke anbietet... (...)<br />

- Wenn jemand hauptsächlich über dein Aussehen und deinen Körper reden will... (...)“<br />

Eltern<br />

Interesse<br />

Auch wenn Eltern sich nicht persönlich für die vielfältigen Möglichkeiten des Internets<br />

interessieren, sollten sie ein Auge darauf haben, wofür sich ihr Kind interessiert. Je früher es<br />

zur Selbstverständlichkeit wird, dass der Vater oder die Mutter dem Kind am Computer mal<br />

über die Schulter schaut und Fragen stellt, um so leichter lässt sich das auch be<strong>im</strong><br />

Jugendlichen weiterführen. Die oftmals technische Überlegenheit der Kinder muss hier kein<br />

Hindernis sein. Im Gegenteil: Welches Kind genießt es nicht, mal den Eltern etwas zu<br />

erklären.<br />

So können Eltern die ersten Schritte ihrer Kinder <strong>im</strong> Internet begleiten und bekommen eine<br />

Idee davon, wie ihre Kinder sich <strong>im</strong> Umgang mit diesem Medium verhalten:<br />

Ist ein Kind eher vorsichtig oder risikobereit?<br />

Wie verhält sich ein Kind, wenn es <strong>im</strong> Umgang mit dem Internet etwas herausfinden will?<br />

Tauscht sich ein Kind mit Freunden über dieses Thema aus?<br />

Eltern sollten die <strong>Online</strong>-Freunde ihrer Kinder genauso ernst nehmen wie die Freunde aus der<br />

Klasse oder dem Sportverein. Wenn Kinder das erste Date mit ihrer <strong>Chat</strong>-Bekanntschaft bei<br />

sich zu Hause abhalten, ist das wesentlich sicherer als an vielen anderen Orten, und die Eltern<br />

bekommen mögliche Enttäuschungen oder Irritationen sofort mit und können ihr Kind<br />

unterstützen.<br />

Vertrauen und Verständnis<br />

Kinder brauchen ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihren Eltern oder zu einer anderen<br />

erwachsenen Person. Zum Aufbau eines solchen Verhältnisses ist es sehr wichtig, die<br />

Interessen und Vorlieben des Kindes ernst zu nehmen. Zu strenge Verbote bezogen auf den<br />

Umgang mit dem Computer sind da eher hinderlich.<br />

Eltern sollten so detailliert über Gefahren <strong>im</strong> Umgang mit dem Internet oder auch über<br />

Gefahren des <strong>Chat</strong>s informiert sein, dass sie eventuelle Alarmsignale ihres Kindes<br />

wahrnehmen und auch be<strong>im</strong> Computergebrauch ihres Kindes nach Ursachen suchen:<br />

- Zieht sich ein Kind zurück?<br />

- Ist ein Kind in letzter Zeit sehr bedrückt oder gereizt?


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- Scheint ein Kind etwas zu verhe<strong>im</strong>lichen?<br />

- Dehnen sich die Zeiten vor dem Computer oder auch <strong>im</strong> <strong>Chat</strong> <strong>im</strong>mer mehr aus?<br />

- Will ein Kind plötzlich nur noch für sich allein chatten?<br />

Falls ein Kind oder ein Jugendlicher nicht direkt mit den Eltern reden will, ist es manchmal<br />

sinnvoll, mit ihm über mögliche andere Ansprechpartner zu reden und dafür zu sorgen, dass<br />

jemand anderes ihm unterstützend zur Seite stehen kann.<br />

Kontrolle<br />

Kontrolle gehört zu den fürsorglichen Pflichten von Eltern. Da sollte der Umgang mit dem<br />

Computer nicht ausgeschlossen sein.<br />

o Eltern sollten wissen, auf welchen Internet-Seiten sich ihre Kinder bewegen und ihren<br />

Eindruck ab und zu überprüfen und aktualisieren.<br />

o Gerade bei jüngeren Kindern und Internet-Einsteigern ist es sinnvoll, eine E-<br />

Mailadresse einzurichten, bei der ankommende E-Mails erst von einem Erwachsenen<br />

kontrolliert werden. Die Gefahr, dass ein Kind überraschend mit pornographischem<br />

Bildmaterial konfrontiert wird, wird dadurch deutlich geringer.<br />

o Eltern sollten Wert darauf legen, sich ein Bild von <strong>Chat</strong>-Freunden machen zu können<br />

und sie –so wie Schulfreunde auch – <strong>im</strong> realen Leben kennen zu lernen, wenn das<br />

Kind den Kontakt intensiviert.<br />

Präventionsmöglichkeiten der Eltern (Arbeitsgruppen)<br />

20 Minuten Kleingruppenarbeit<br />

20 Minuten Darstellung<br />

mögliche Fragen für die Kleingruppenarbeit:<br />

a. Wie können Elternpflegschaftsvertreter das Thema weiter in die Klassen (vornehmlich<br />

zu den Eltern) tragen<br />

b. Wie können Eltern zu Hause bei ihren Kindern Präventionsarbeit leisten?<br />

c. Was muss ich selbst über das <strong>Chat</strong>ten wissen<br />

Ergebnisse pro Arbeitsgruppe werden auf einer Folie zusammengetragen<br />

Auswertung der Kleingruppenarbeit und weitere Planung<br />

10 Minuten

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