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Die Sportvereine stecken mitten in einer Formkrise - Vorbild Sein

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6.1 <strong>Die</strong> Brettschneider-Studie im Spiegel der Medien<br />

85<br />

Überschriften zur Brettschneider-Studie von Februar bis Mai 2001<br />

Süddeutsche Zeitung 4. Mai 2001:<br />

Studie entlarvt<br />

Vere<strong>in</strong>swirkungen<br />

Völlig überschätzt Vollrausch e.V.<br />

Alle Annahmen, welche Segnungen der <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong><br />

für Jugendliche bereithält, wurden untersucht<br />

und lösen sich <strong>in</strong> Luft auf.<br />

FAZ 9. Februar 2001:<br />

Neue Westfälische 16. Februar 2001.<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> im Zwielicht<br />

Jugendliche <strong>in</strong> Clubs gegen Drogenkonsum und Gewaltbereitschaft nicht gefeit.<br />

Neue Ruhrzeitung 6. März 2001:<br />

FAZ 6. März 2001:<br />

Abschied vom Alleskönner<br />

Fürchterliche Ergebnisse e<strong>in</strong>er Studie<br />

Vere<strong>in</strong>e machen Jugendliche nicht fitter fürs Leben, positiver<br />

E<strong>in</strong>fluss von Sportclubs kaum nachweisbar.<br />

„Erschütternde Ergebnisse“ beunruhigen<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> bieten ke<strong>in</strong>en Schutz vor Drogen<br />

WAZ 6. März 2001:<br />

Beim Konsum von Bier und Zigaretten<br />

s<strong>in</strong>d Vere<strong>in</strong>sfußballer spitze<br />

Sportvere<strong>in</strong> hat nur wenig E<strong>in</strong>fluss auf die Jugend<br />

Rhe<strong>in</strong>ische Post 6. März 2001:<br />

WAZ 6. März 2001:<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> verh<strong>in</strong>dern<br />

nicht den Drogenkonsum<br />

Westfalenblatt Bielefeld 6. März 2001:<br />

Fußballer mit<br />

kräftigem Schluck<br />

Kölnische Rundschau 7. März 2001:<br />

Verdienstvolles Aufräumen mit e<strong>in</strong>em Mythos<br />

<strong>Die</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> <strong>stecken</strong><br />

<strong>mitten</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>Formkrise</strong><br />

FAZ vom 9. Februar 2001<br />

Von Gerd Schneider<br />

„Fürchterliche Ergebnisse“ e<strong>in</strong>er Studie:<br />

Positiver E<strong>in</strong>fluss von Sportklubs kaum<br />

nachweisbar<br />

Vere<strong>in</strong>e machen Jugendliche nicht fitter fürs<br />

Leben<br />

PADERBORN. Ende Februar wird das Kultusm<strong>in</strong>isterium<br />

von Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen die Ergebnisse e<strong>in</strong>er Studie veröffentlichen,<br />

<strong>in</strong> der es um die Auswirkungen des Vere<strong>in</strong>ssports<br />

auf Jugendliche geht. Das ist nichts Neues, schließlich gibt es<br />

<strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>e unüberschaubare Anzahl von solchen Untersuchungen.<br />

Man hat sich auch daran gewöhnt, dass sie unter<br />

dem Strich unisono e<strong>in</strong>es zutage fördern: wie segensreich die<br />

Effekte des Vere<strong>in</strong>ssports für die jungen Menschen s<strong>in</strong>d.<br />

Doch die wissenschaftliche Untersuchung, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong> paar<br />

Wochen <strong>in</strong> Düsseldorf vorgestellt wird, weicht empf<strong>in</strong>dlich<br />

ab von dieser herrschenden Me<strong>in</strong>ung – um nicht zu sagen: Sie<br />

hat es <strong>in</strong> sich. Ihre Ergebnisse stellen die meisten der verme<strong>in</strong>tlich<br />

gesicherten Erkenntnisse über die Auswirkungen<br />

des Vere<strong>in</strong>ssports <strong>in</strong> Frage. Und sie erschüttern dass landläufige<br />

Ansehen des Sports als Allheilmittel. „Es s<strong>in</strong>d fürchterliche<br />

Ergebnisse“, sagt selbst der Urheber der Studie, der Paderborner<br />

Sportwissenschaftler Professor Wolf-<strong>Die</strong>trich Brettschneider:<br />

„Mir tun diese Daten selbst weh“.<br />

Der renommierte Jugendforscher und se<strong>in</strong>e Mitarbeiter hatten<br />

es sich zum Ziel gesetzt, besonders gründlich den Anspruch<br />

und die Wirklichkeit der Jugendarbeit <strong>in</strong> den <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n zu<br />

untersuchen. Anders als die gängigen Erhebungen über die<br />

Auswirkungen des Sporttreibens konzipierten die Paderborner<br />

die Auftragsarbeit des Landes Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen als<br />

komb<strong>in</strong>ierte Längs- und Querschnittsstudie. In ihrer Art und<br />

dem damit verbundenen Aufwand dürfte sie auf diesem<br />

Gebiet <strong>in</strong> Deutschland bislang e<strong>in</strong>zigartig se<strong>in</strong>. <strong>Die</strong> weit weniger<br />

aufwendigen Querschnittsstudien fußen auf Untersuchungen,<br />

die zu e<strong>in</strong>em bestimmten Zeitpunkt bei Jugendlichen<br />

unterschiedlichen Alters gewonnen werden; sie können<br />

Zusammenhänge aufspüren, aber Entwicklungen oder Fragen<br />

nach Ursache und Wirkung nur selten beantworten. Brettschneiders<br />

Studie untersuchte dagegen Gruppen von Jugendlichen<br />

im Alter zwischen zwölf und achtzehn Jahren über den<br />

Zeitraum von drei Jahren h<strong>in</strong>weg. Das hat den Vorteil, dass<br />

man Entwicklungen detailliert verfolgen und daraus Schlüsse<br />

ziehen kann, die der Wirklichkeit ziemlich nahe kommen.<br />

<strong>Die</strong> Realität der Jugendarbeit <strong>in</strong> den <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n, wie sie<br />

die Paderborner Untersuchung wiedergibt, ist ziemlich desillusionierend.<br />

<strong>Die</strong> Sportwissenschaftler verglichen – anhand<br />

von Fragebogen, motorischen Tests und begleitenden Interviews<br />

– die Entwicklungen von Jugendlichen, die <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>en<br />

Sport treiben, mit denen von jungen Leuten, die nicht e<strong>in</strong>em<br />

Sportvere<strong>in</strong> angehören. So akribisch sie auch nach auffälligen<br />

Unterschieden <strong>in</strong> den Entwicklungsverläufen forschten, sie<br />

waren kaum zu f<strong>in</strong>den. Selbst bei der Untersuchung der körperlichen<br />

Leistungsfähigkeit traten ernüchternde Ergebnisse<br />

zutage. Zwar weist die Studie nach, dass die zwölfjährigen<br />

Jungen und Mädchen <strong>in</strong> den Klubs bessere „Anfangsleistungen“<br />

<strong>in</strong> Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und Koord<strong>in</strong>ationsvermögen<br />

haben; offensichtlich gel<strong>in</strong>gt es den Vere<strong>in</strong>en, die<br />

motorisch begabteren Jugendlichen zu rekrutieren und an sich<br />

zu b<strong>in</strong>den. „Jedoch kann im Entwicklungsverlauf e<strong>in</strong> positiver<br />

E<strong>in</strong>fluss des Sportvere<strong>in</strong>s nicht identifiziert werden“, so<br />

heißt es <strong>in</strong> der Untersuchung, „es tritt nicht der erwartete<br />

Schereneffekt zugunsten der Vere<strong>in</strong>smitglieder e<strong>in</strong>, sondern<br />

e<strong>in</strong> Nivellierungseffekt.“ Mit anderen Worten: Den Vere<strong>in</strong>en<br />

gel<strong>in</strong>gt es offenbar nicht, se<strong>in</strong>e jungen Mitglieder <strong>in</strong> ihrer körperlichen<br />

Entwicklung gezielt zu fördern. Auch die Sozialisationseffekte,<br />

die dem Vere<strong>in</strong>ssport geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> nachgesagt<br />

werden, stellt die Paderborner Studie <strong>in</strong> Frage. Jugendliche,<br />

die <strong>in</strong> Klubs regelmäßig Sport treiben, sollen im Vergleich zu<br />

„Vere<strong>in</strong>smuffeln“ e<strong>in</strong> positiveres Bild von sich selbst haben,<br />

e<strong>in</strong> höheres Selbstwertgefühl, e<strong>in</strong>e bessere Stressresistenz<br />

und e<strong>in</strong>e ausgeprägtere soziale Kompetenz. Außerdem sollen<br />

sie kontaktfreudiger se<strong>in</strong>. <strong>Die</strong> Studie stellt dazu fest: Zwar<br />

„sche<strong>in</strong>t es, dass die Entwicklung des Selbstwertgefühls bei<br />

den männlichen Jugendlichen während der gesamten Jugendphase,<br />

bei den weiblichen lediglich im frühen Jugendalter von<br />

der Sportvere<strong>in</strong>szugehörigkeit positiv bee<strong>in</strong>flusst wird.“<br />

Doch die Untersuchung weist auch nach, dass bei den nicht <strong>in</strong><br />

Vere<strong>in</strong>en engagierten Jugendlichen die Entwicklung des<br />

Selbstkonzepts und der emotionalen Stabilität e<strong>in</strong>en ähnlichen<br />

Verlauf nehme. „<strong>Die</strong> Daten raten zur Zurückhaltung,<br />

wenn es um die persönlichkeitsformende Kraft des Sportvere<strong>in</strong>s<br />

geht."<br />

Nicht weniger ernüchternd s<strong>in</strong>d die Ergebnisse über die Auswirkungen<br />

von Vere<strong>in</strong>ssport auf Drogenkonsum, Gewaltbereitschaft<br />

und andere Gesetzesverstöße wie <strong>Die</strong>bstahl. „Aus<br />

der Entwicklung der Konsumraten legaler und illegaler Drogen<br />

kann nicht abgelesen werden, dass der Sportvere<strong>in</strong> die<br />

K<strong>in</strong>der gegen Drogen stark macht“, so Brettschneider <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Studie. „In der Entwicklung des Rausch- und Tr<strong>in</strong>kverhaltens<br />

unterscheiden sich die Sportvere<strong>in</strong>smitglieder nicht von<br />

den vere<strong>in</strong>sdistanzierten Jugendlichen.“ In manchen Sportarten<br />

kann sogar e<strong>in</strong> gegenteiliger Effekt nachgewiesen werden.<br />

<strong>Die</strong> Wissenschaftler fanden heraus, dass „nirgendwo so viel<br />

geraucht und getrunken wird wie im Fußball und im Handball“.<br />

Auch positive E<strong>in</strong>flüsse auf die Häufigkeit strafbarer<br />

Handlungen lassen sich nicht nachweisen.<br />

Auch wenn die Untersuchung, wie jede wissenschaftliche<br />

Studie, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Ergebnissen womöglich anfechtbar ist:<br />

<strong>Die</strong> Signale, die von ihr ausgehen, s<strong>in</strong>d zu deutlich, um sie<br />

künftig ignorieren zu können. Brettschneider ist der Nachweis<br />

gelungen, dass die <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> ihre hochgesteckten und<br />

zuweilen auch unrealistischen Ziele <strong>in</strong> der Jugendarbeit vielfach<br />

nicht erreichen – und vermutlich auch gar nicht erreichen<br />

können. „Der Sportvere<strong>in</strong> von heute saugt alles auf“, sagt der<br />

Paderborner Jugendforscher, „er will allen alles bieten: Fitness,<br />

geistige Gesundheit, Kontakte, Unterhaltung. Aber vor<br />

lauter Spass und trallala kommt nichts heraus. Wer alles will,<br />

hat am Ende gar nichts.“ Um dem Dilemma beizukommen,<br />

plädiert Brettschneider dafür, dass sich die Vere<strong>in</strong>e wieder e<strong>in</strong><br />

differenziertes Profil geben sollten. Das heißt: Will man<br />

bestimmte Effekte durch den Sport hervorrufen, muss man sie<br />

auch gezielt fördern. „Von der Vorstellung, dass sich die<br />

gewünschten Wirkungen automatisch e<strong>in</strong>stellen, muss man<br />

sich wohl verabschieden“, sagt Brettschneider. „Nebenher<br />

passiert gar nichts."


86<br />

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6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

FAZ vom<br />

9. Februar 2001<br />

nen Sport treiben, mit denen junger Menschen, die nicht Mitglied<br />

e<strong>in</strong>es Sportvere<strong>in</strong>s s<strong>in</strong>d. Trotz <strong>in</strong>tensiven Forschens –<br />

Brettschneider fand ke<strong>in</strong>e Unterschiede <strong>in</strong> den Entwicklungsverläufen.<br />

Selbst bei der Untersuchung der körperlichen Leistungsfähigkeit<br />

traten ernüchternde Ergebnisse zu Tage. „Im<br />

Entwicklungsverlauf kann e<strong>in</strong> positiver E<strong>in</strong>fluss des Sportvere<strong>in</strong>s<br />

nicht identifiziert werden. Vere<strong>in</strong>en gel<strong>in</strong>gt es offenbar<br />

nicht, ihre jungen Mitglieder <strong>in</strong> ihrer körperlichen Entwicklung<br />

gezielt zu fördern."<br />

Auch die positiven Sozialisierungseffekte, die Vere<strong>in</strong>ssport<br />

geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> zugesprochen werden, stellt Brettschneider <strong>in</strong> Frage.<br />

Dezidiert weist er nach, dass bei den nicht <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>en<br />

engagierten Jugendlichen die Entwicklung des „Selbstkonzepts<br />

und der emotionalen Stabilität“ e<strong>in</strong>en ähnlichen Verlauf<br />

nehme. „<strong>Die</strong> Daten raten zur Zurückhaltung, wenn es um die<br />

persönlichkeitsformende Kraft des Sportvere<strong>in</strong>s geht“, heißt<br />

es vorsichtig vornehm <strong>in</strong> der Studie.<br />

Brettschneider weiß um die Brisanz se<strong>in</strong>er Ergebnisse. „Mir<br />

tun diese Daten selbst weh“, sagt der renommierte Sportwissenschaftler.<br />

Er rät den Vere<strong>in</strong>en, sich e<strong>in</strong> differenziertes Profil<br />

zu geben. Das heißt: Wolle man bestimmte Effekte durch<br />

den Sport hervorrufen, müsse man sie auch gezielt fördern.<br />

„Von der Vorstellung, dass sich die gewünschten Wirkungen<br />

automatisch e<strong>in</strong>stellen, muss man sich wohl verabschieden“,<br />

sagt Brettschneider. Dafür habe er dem Sportm<strong>in</strong>ister auch<br />

e<strong>in</strong>e Reihe von Empfehlungen an die Hand gegeben. „<strong>Die</strong>se<br />

Daten dürfen nicht unterdrückt, mit ihnen muss offensiv<br />

umgegangen werden“, rät der Wissenschaftler. Er wolle sich<br />

gern der Ause<strong>in</strong>andersetzung stellen.<br />

Dazu bekommt er im April Gelegenheit. Dann erst will<br />

Vesper das Gutachten der Öffentlichkeit übergeben. „Ich werde<br />

die Studie differenziert auswerten und me<strong>in</strong>e Schlüsse<br />

geme<strong>in</strong>sam mit dem Sport ziehen“, erklärte er gestern dieser<br />

Zeitung. Brettschneider muss bis dah<strong>in</strong> schweigen. Das hat er<br />

Vesper versprochen.<br />

Wolf-<strong>Die</strong>trich Brettschneider<br />

· Geboren am 15. Juli 1943 <strong>in</strong> Sangerhausen<br />

· Beruflicher Werdegang: 1. Staatsexamen 1971, 1975 Promotion,<br />

1976 Studienprofessor an der Deutschen Sporthochschule<br />

Köln, 1977 Professor an der Universität Hamburg,<br />

1979 Professor an der Universität Paderborn, 1990<br />

Professor an der FU Berl<strong>in</strong>. Seit 1997 Professor an der Universität<br />

Paderborn.<br />

· Schwerpunkte: Sportwissenschaft/Sportpädagogik.<br />

· Brettschneider war Wegbereiter für die E<strong>in</strong>richtung „sportbetonter<br />

Schulen“ <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.<br />

Neue Westfälische vom 16. Februar 2001<br />

Von Bernhard Hänel<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> im Zwielicht<br />

Studie der Universität Paderborn:<br />

Jugendliche <strong>in</strong> Klubs gegen Drogenkonsum und<br />

Gewaltbereitschaft nicht gefeit<br />

Paderborn/Düsseldorf. <strong>Die</strong> nordrhe<strong>in</strong>-westfälische Landesregierung<br />

kann ihre Überlegungen ad acta legen, die <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong><br />

verstärkt mit der außerschulischen Betreuung von Schülern<br />

zu betrauen. Grund dafür ist e<strong>in</strong>e Studie des Paderborner<br />

Sportwissenschaftlers Wolf-<strong>Die</strong>trich Brettschneider, <strong>in</strong> der es<br />

um die Auswirkungen des Vere<strong>in</strong>ssports auf Jugendliche geht.<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse s<strong>in</strong>d erschütternd. „Nirgendwo wird so viel<br />

geraucht und getrunken wie <strong>in</strong> den Breitensportarten Fußball<br />

und Handball“, heißt es <strong>in</strong> der Expertise, die NRW-Sportm<strong>in</strong>ister<br />

Michael Vesper (<strong>Die</strong> Grünen) unter Verschluss hält.<br />

Das dennoch wesentliche Ergebnisse an die Öffentlichkeit<br />

gelangtem, ist der Aufmerksamkeit e<strong>in</strong>es Sport-Journalisten<br />

der Frankfurter Allgeme<strong>in</strong>en Zeitung zu verdanken. Vor Jahren<br />

hatte Gerd Schneider auf e<strong>in</strong>em Kongress von der Auftragsstudie<br />

der damaligen NRW-Sportm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Ilse Brusis<br />

(SPD) an der Universität Paderborn gehört und e<strong>in</strong>fach mal<br />

nachgefragt. So kam er zu der Veröffentlichung von wissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen, die Düsseldorf zur geheimen<br />

Kommandosache erklärt hat.<br />

<strong>Die</strong> Realität der Jugendarbeit <strong>in</strong> den <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n, wie sie<br />

die Paderborner Untersuchung wiedergibt, ist desillusionierend.<br />

<strong>Die</strong> <strong>in</strong> Sonn- und Festtagsreden von Politikern gefeierten<br />

segensreichen Effekte des Vere<strong>in</strong>ssports s<strong>in</strong>d allenfalls marg<strong>in</strong>al.<br />

Jugendliche, die ihre Freizeit im Sportvere<strong>in</strong> verbr<strong>in</strong>gen,<br />

seien gegen Drogenkonsum, Gewaltbereitschaft und andere<br />

Gesetzesverstöße wie <strong>Die</strong>bstahl nicht gefeit. „Aus der Entwicklung<br />

der Konsumraten legaler und illegaler Drogen kann<br />

nicht abgelesen werden, dass der Sportvere<strong>in</strong> die K<strong>in</strong>der<br />

gegen Drogen stark macht“, so Brettschneider. „In der Entwicklung<br />

des Rausch- und Tr<strong>in</strong>kverhaltens unterscheiden sich<br />

die Sportvere<strong>in</strong>smitglieder nicht von den vere<strong>in</strong>sdistanzierten<br />

Jugendlichen.“ Gerade beim Verband, der die Losung „Ke<strong>in</strong>e<br />

Macht den Drogen“ auf se<strong>in</strong>e Fahnen geschrieben hat, könne<br />

sogar e<strong>in</strong> gegenteiliger Effekt nachgewiesen werden.<br />

<strong>Die</strong> Sportwissenschaftler verglichen auch über drei Jahre –<br />

anhand von Fragebögen, motorischen Tests und geleitenden<br />

Interviews – die Entwicklung von Jugendlichen, die <strong>in</strong> Verei-<br />

WAZ vom<br />

6. März 2001


88<br />

89<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

Rhe<strong>in</strong>ische Post Düsseldorf vom<br />

6. März 2001<br />

Von Jan Popp-Sew<strong>in</strong>g<br />

Fußballer mit kräftigem Schluck<br />

Studie: Versäumnisse <strong>in</strong> der Jugendarbeit<br />

DÜSSELDORF. Der E<strong>in</strong>fluss von <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n auf die Entwicklung<br />

junger Mitglieder wird deutlich überschätzt. <strong>Die</strong><br />

Vere<strong>in</strong>e werden ihren eigenen Ansprüchen bei der Jugendarbeit<br />

nicht gerecht. Das ist das Fazit e<strong>in</strong>er 500-seitigen repräsentativen<br />

Studie der Universität Paderborn, die Sportwissenschaftler<br />

Prof. Wolf-<strong>Die</strong>trich Brettschneider gestern NRW-<br />

Sportm<strong>in</strong>ister Michael Vesper übergab. Drei Jahre lang haben<br />

Forscher rund 1600 Zwölf- bis 18 Jährige, Mitglieder diverser<br />

Vere<strong>in</strong>e und e<strong>in</strong>e Vergleichsgruppe aus Nicht-Mitgliedern,<br />

beobachtet und getestet. Das Ergebnis der 300 000 Mark teuren<br />

Untersuchung überraschte auch die Wissenschaftler.<br />

Der Konsum von Alkohol und illegalen Drogen sei zum Beispiel<br />

zwischen Mitgliedern und Jugendlichen, die nicht regelmäßig<br />

Vere<strong>in</strong>ssport treiben, gleich weit verbreitet. Bei den<br />

Zigaretten gibt es je nach Sportart Unterschiede. Viele Vere<strong>in</strong>sjugendliche<br />

fürchten sich offenbar vor Leistungse<strong>in</strong>bußen<br />

durch Tabak und schränkten daher das Rauchen e<strong>in</strong>. Nicht so<br />

die Vere<strong>in</strong>sfußballer: Sie seien bei Rauchen und Tr<strong>in</strong>ken Spitzenreiter.<br />

Auch hätten junge Sportler durch die Vere<strong>in</strong>e kaum Entwicklungsvorteile<br />

bei der Ausbildung von Schnelligkeit, Kraft und<br />

Ausdauer. Es sei eher so, dass Jugendliche, die sowieso schon<br />

sportlich begabt seien, eher <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>treten als weniger<br />

begabte Altersgenossen.<br />

Bei der Förderung der Fitness kommt die Studie zu e<strong>in</strong>em<br />

besonders negativen Ergebnis: Den Vere<strong>in</strong>en sei es nicht<br />

gelungen, motorische Fähigkeiten und Kondition des getesteten<br />

Nachwuchses zu verbessern, sondern lediglich das Niveau zu<br />

halten. Auch näherten sich die Fitness-Werte der nicht organisierten<br />

Gruppe im Lauf der Untersuchung denen der Sportler<br />

an. Positiv schlug vor allem zu Buche, dass die Entwicklung<br />

des Selbstwertgefühls durch Engagement im Vere<strong>in</strong> profitiere.<br />

„<strong>Die</strong> Mitgliedschaft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vere<strong>in</strong> hat nicht automatisch<br />

positive Wirkungen“, unterstreicht Brettschneider. <strong>Die</strong> Studie<br />

habe ergeben, dass es bei der Jugend noch „große Potentiale“<br />

gebe, die Tra<strong>in</strong>er und Jugendleiter nutzen könnten.<br />

Walter Probst, Geschäftsführer des LandesSportBundes, sieht<br />

die Studie gelassen: „Enttäuscht s<strong>in</strong>d nur die, die den Sport<br />

als Allheilmittel sehen. Aber wir s<strong>in</strong>d nicht die Reparaturwerkstatt<br />

der Gesellschaft“. Vere<strong>in</strong>e könnten eben nicht <strong>in</strong> sechs<br />

bis acht Stunden pro Woche soziale Defizite korrigieren, an<br />

denen schon Eltern, Schule und Kirchen gescheitert seien.<br />

Prof. Brettschneider empfiehlt den 20 000 Vere<strong>in</strong>en <strong>in</strong> NRW,<br />

sich im Jugendbereich auf qualitativ hochwertige Angebote<br />

durch geschulte Tra<strong>in</strong>er zu beschränken und nicht zu versuchen<br />

aus Angst vor Mitgliederschwund „alles für jeden“ anzubieten.<br />

Sportm<strong>in</strong>ister Vesper kündigte als Reaktion auf die Studie<br />

e<strong>in</strong>en „Pakt für den Sport“ zwischen Land und Vere<strong>in</strong>en an.<br />

E<strong>in</strong>zelheiten würde das M<strong>in</strong>isterium gerade erarbeiten.<br />

<strong>Die</strong> Welt vom 6. März 2001<br />

Wissenschaft Kompakt<br />

Psychologie<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> verh<strong>in</strong>dern nicht Drogenkonsum<br />

und Gewalt<br />

Gewaltbereitschaft und Drogenkonsum s<strong>in</strong>d bei Jugendlichen,<br />

die <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n aktiv s<strong>in</strong>d, genauso häufig, wie<br />

bei anderen. Das ist das Ergebnis e<strong>in</strong>er Studie der Universität<br />

Paderborn. Insgesamt waren dafür seit 1997 rund 1600<br />

Jugendliche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitraum von drei Jahren befragt und<br />

getestet worden. Weder bei den motorischen Fähigkeiten noch<br />

bei der emotionalen Stabilität und allgeme<strong>in</strong>en Entwicklung<br />

ließen sich Vorteile für Jugendliche, die <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n<br />

organisiert s<strong>in</strong>d, nachweisen. E<strong>in</strong>zige Pluspunkte: Vere<strong>in</strong>sjugendliche<br />

rauchen deutlich weniger und leiden seltener an<br />

Schlafstörungen und Kopfschmerzen. Dafür s<strong>in</strong>d Vere<strong>in</strong>sfußballspieler<br />

beim Konsum von Bier und Zigaretten Spitzenreiter.<br />

Frankfurter Allgeme<strong>in</strong>e Zeitung<br />

vom 6. März 2001<br />

Reaktionen auf die Studie zur Jugendarbeit <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n:<br />

„Erschütternde“ Ergebnisse beunruhigen<br />

gsc. DÜSSELDORF. <strong>Die</strong> Paderborner Studie über die<br />

Jugendarbeit <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n hat bundesweit erhebliche<br />

Unruhe ausgelöst. „<strong>Die</strong> Leute <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d verunsichert<br />

und erschrocken“, sagte Walter Probst, der Geschäftsführer<br />

des LandesSportBundes Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, am Montag <strong>in</strong><br />

Düsseldorf bei der offiziellen Vorstellung der Untersuchung.<br />

„Ernüchternd, ja erschütternd“ nannte Probst vor allem die<br />

Erkenntnis, dass die Jugendarbeit im organisierten Sport nach<br />

den Ergebnissen der Studie ke<strong>in</strong>e messbare Auswirkung auf<br />

den Alkohol- und Drogenkonsum hat.<br />

Auch Michael Vesper (<strong>Die</strong> Grünen), der Sportm<strong>in</strong>ister von<br />

Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, zeigte sich „überrascht“ von den<br />

Ergebnissen der „<strong>in</strong> ihrer Tiefe und Breite e<strong>in</strong>zigartigen<br />

Untersuchung“. Man müsse jetzt die Ansprüche an den Sport<br />

überdenken, sagte Vesper und kündigte an, mit den Daten der<br />

Untersuchung offensiv umzugehen. „Wir müssen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>tensive Diskussion über die Fortentwicklung der Arbeit <strong>in</strong><br />

den <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n e<strong>in</strong>steigen.“ Wie vorab <strong>in</strong> dieser Zeitung<br />

(siehe F.A.Z. vom 9. Februar) berichtet, stellt die 500 Seiten<br />

starke Studie des Paderborner Sportwissenschaftlers Prof.<br />

Wolf-<strong>Die</strong>trich Brettschneider die Auswirkungen des Vere<strong>in</strong>ssports<br />

auf Jugendliche <strong>in</strong> Frage. Ihm gelang mit der drei Jahre<br />

dauernden und 300000 Mark teuren Auftragsarbeit des Landes<br />

Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen der Nachweis, dass die körperlichen<br />

und psychosozialen Effekte des organisierten Sports ger<strong>in</strong>ger<br />

s<strong>in</strong>d, als geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> angenommen wurde.<br />

„Der Sportvere<strong>in</strong> wird <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Leistungen für die Entwikklung<br />

der motorischen Leistungsfähigkeit und der psychosozialen<br />

Gesundheit überschätzt“, sagte Brettschneider am Montag<br />

<strong>in</strong> Düsseldorf und mahnte e<strong>in</strong>e neue Bescheidenheit und mehr<br />

Realitätss<strong>in</strong>n an. Dabei betonte der renommierte Sportpädagoge,<br />

dass se<strong>in</strong>e Studie nicht generell die Bedeutung des organisierten<br />

Sports <strong>in</strong> Frage stelle. Vielmehr müsse man sich von<br />

der Annahme verabschieden, der Sport sei e<strong>in</strong>e Insel der Seligen<br />

und so etwas wie e<strong>in</strong> Allheilmittel für alle gesellschaftlichen<br />

Defizite. „Er hat positive Auswirkungen auf K<strong>in</strong>der und<br />

Jugendliche, nur muss man dieses Potential auch ganz gezielt<br />

erschließen.“<br />

Sportm<strong>in</strong>ister Vesper kündigte bei der Vorstellung der Studie<br />

an, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Dialog zwischen der Sportwissenschaft, dem<br />

organisierten Sport und der Politik e<strong>in</strong>zusteigen. Man müsse<br />

den Status quo kritisch h<strong>in</strong>terfragen und vor allem „schnell<br />

handeln“. So wird sich am 4. April <strong>in</strong> Düsseldorf e<strong>in</strong> Diskussionsforum<br />

mit der Studie ause<strong>in</strong>andersetzen. E<strong>in</strong>e Neuorientierung<br />

der Jugendarbeit <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>en soll <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />

auch Gegenstand e<strong>in</strong>es „Paktes für den Sport“ se<strong>in</strong>.<br />

Vesper trat Befürchtungen entgegen, aufgrund der beunruhigenden<br />

Ergebnisse der Brettschneider-Studie erwäge die Politik<br />

e<strong>in</strong>e Kürzung der öffentlichen Fördergelder. Statt dessen<br />

sprach sich der Sportm<strong>in</strong>ister für e<strong>in</strong>e bessere pädagogische<br />

Ausbildung der Übungsleiter, e<strong>in</strong>e „stärkere Profilbildung<br />

und Qualitätssicherung“ <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>en aus.<br />

Brettschneider zufolge ist auch die Sportwissenschaft aufgrund<br />

der Studie <strong>in</strong> Bewegung geraten. Es gebe auch über die<br />

Grenzen Deutschlands h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong> großen Interesse an den<br />

Befunden. „Wir müssen noch mehr wissen über die Wirkungen<br />

des organisierten Sporttreibens“, sagte er und sprach sich<br />

für e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensivere Forschung <strong>in</strong> den sozialen Fragen des<br />

Sports aus.<br />

WAZ vom 6. März 2001<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> verh<strong>in</strong>dern nicht den<br />

Drogenkonsum<br />

WAZ DÜSSELDORF. <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> eignen sich nicht als<br />

Reparaturbetriebe für gesellschaftliche Defizite. Sie werden<br />

<strong>in</strong> ihren Leistungen für die Entwicklung junger Menschen<br />

überschätzt. Zu diesem Ergebnis kommt e<strong>in</strong>e Studie der Uni<br />

Paderborn im Auftrag der Landesregierung. Danach seien<br />

Gewaltbereitschaft und Drogenkonsum bei Jugendlichen <strong>in</strong><br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n genauso häufig zu f<strong>in</strong>den wie bei Jugendlichen<br />

außerhalb von <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n.<br />

„Ich b<strong>in</strong> selbst sehr überrascht“, kommentierte Sportm<strong>in</strong>ister<br />

Vesper (Grüne).<br />

Westfalen-Blatt (Bielefeld) vom<br />

6. März 2001<br />

Von Hans Peter Tipp<br />

E<strong>in</strong>e Studie der Universität Paderborn deckt Schwächen auf<br />

<strong>Die</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> <strong>stecken</strong> <strong>mitten</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

<strong>Formkrise</strong><br />

Das Idealbild des Sportvere<strong>in</strong>s wankt. Ihre Jugendlichen s<strong>in</strong>d<br />

ebenso anfällig für Gewalt und Drogen wie Nichtsportler. Der<br />

Volkssport Nummer E<strong>in</strong>s führt auch hier die Tabelle an. Nirgendwo<br />

wird so viel getrunken und geraucht wie <strong>in</strong> Fußballvere<strong>in</strong>en.<br />

Das belegt e<strong>in</strong>e neue Studie der Universität Paderborn.<br />

Düsseldorf (WB). Der kluge Mann baute vor. „Ich hoffe, dass<br />

ich als Übermittler schlechter Nachrichten nicht geschlachtet<br />

werde“, sagte der Paderborner Professor Wolf-<strong>Die</strong>trich Brettschneider<br />

gestern <strong>in</strong> Düsseldorf bei der Vorstellung se<strong>in</strong>er<br />

Studie „Jugendarbeit <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n“. <strong>Die</strong> Sorge war unbegründet.<br />

NRW-Sportm<strong>in</strong>ister Michael Vesper, dessen Vorgänger<strong>in</strong><br />

die 300 000 Mark teure Untersuchung <strong>in</strong> Auftrag gegeben<br />

hatte, und Walter Probst, Geschäftsführer des Landessporbundes<br />

Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen (LSB), die flanierend zur<br />

Rechten und zur L<strong>in</strong>ken des Wissenschaftlers Platz genommen<br />

hatten, zogen ihm noch nicht e<strong>in</strong>mal die Ohren lang.<br />

Der Politiker und der Funktionär versprachen, die Erkenntnisse<br />

und Anregungen, die der Wissenschaftler ihnen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er 500<br />

Seiten starken Expertise „Jugendarbeit <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n“ mitgebracht<br />

hatte, zu beherzigen. Vesper stellte e<strong>in</strong>en „Pakt für<br />

den Sport“ <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen <strong>in</strong> Aussicht und kündigte<br />

für den 4. April e<strong>in</strong> Gesprächsforum mit Sportwissenschaftlern,<br />

organisiertem Sport und der Politik an.<br />

Was der Sportwissenschaftler zu sagen hatte, war so deutlich<br />

bislang noch nicht ausgesprochen worden. <strong>Die</strong> Erkenntnis des<br />

Experten war an Deutlichkeit nicht zu überbieten: <strong>Die</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong><br />

im Lande s<strong>in</strong>d überfordert.<br />

Das hatte der 57 Jahre alte Brettschneider anhand von Fragebögen,<br />

motorischen Tests und begleitenden Interviews bei e<strong>in</strong>em<br />

Vergleich von jugendlichen Vere<strong>in</strong>ssportlern mit Vere<strong>in</strong>smuffeln<br />

herausgefiltert. Insbesondere die häufig beschworenen positiven<br />

Sozialisationseffekte des Sports konnte Brettschneider <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er dreijährigen, bislang e<strong>in</strong>zigartigen Untersuchung nicht<br />

nachweisen. Im Gegenteil: „In ihrem Alkoholkonsum s<strong>in</strong>d<br />

jugendliche Vere<strong>in</strong>ssportler ke<strong>in</strong>eswegs zurückhaltender als<br />

Nicht-Mitglieder“, stellte der Uni-Professor fest.<br />

In Fußball-Vere<strong>in</strong>en ist Tr<strong>in</strong>ken offenbar am schönsten. Brettschneider:<br />

„Sie s<strong>in</strong>d beim Konsum von Bier und Zigaretten<br />

Spitzenreiter.“ Auch das Vorurteil, das Sport gegen Gewalt<br />

und Drogen stark mache, gehört für Brettschneider auf die<br />

Auswechselbank. „Beim Konsum illegaler Drogen gibt es<br />

ke<strong>in</strong>e Unterschiede zwischen Vere<strong>in</strong>smitgliedern und Nicht-<br />

Mitgliedern.“ Und: <strong>Die</strong> vorbeugende Wirkung vor leichten<br />

Krim<strong>in</strong>aldelikten verflüchtige sich mit zunehmendem Alter.<br />

Doch selbst sportlich <strong>stecken</strong> die Vere<strong>in</strong>e <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Leistungskrise.<br />

So fand der Wissenschaftler heraus, dass „e<strong>in</strong> Schereneffekt<br />

im Verlauf der motorischen Leistungsfähigkeit zugunsten der<br />

Vere<strong>in</strong>smitglieder nicht e<strong>in</strong>tritt.“<br />

E<strong>in</strong>zige erfreuliche Erkenntnis: Nach wie vor s<strong>in</strong>d <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong><br />

unter Jugendlichen die „Nummer 1“: 60 Prozent der 12 Jährigen<br />

und 40 Prozent der 18 Jährigen machen munter mit.<br />

LSB-Geschäftsführer Walter Probst wies darauf h<strong>in</strong>, dass<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> ke<strong>in</strong> „Reparaturbetrieb zur Beseitigung gesellschaftlich<br />

bed<strong>in</strong>gter Schadensfälle“ seien. Allerd<strong>in</strong>gs könne<br />

der Sport sehr wohl se<strong>in</strong>en Beitrag dazu leisten. Er plädierte<br />

für mehr Bescheidenheit und Realismus: „Wir wollen aus der<br />

Verheißungs-Falle h<strong>in</strong>aus.“ Den Weg dazu wies der Wissenschaftler:<br />

<strong>Die</strong> Vere<strong>in</strong>e sollten Abstand nehmen von den<br />

Bemühungen, „allen, alles und das möglichst zeitgleich“ zu<br />

machen. Das Potenzial sei da. „Wirkungen sportlicher Aktivität<br />

stellen sich weder automatisch noch gezielt e<strong>in</strong>“, warnte<br />

Brettschneider und forderte zu gezieltem Handeln auf.


90<br />

91<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

Rhe<strong>in</strong>ische Post<br />

Düsseldorf vom<br />

6. März 2001<br />

NRZ vom<br />

6. März 2001<br />

Bonner Rundschau<br />

vom 6. März 2001<br />

NRZ vom 6. März 2001<br />

von Theo Schumacher<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> bieten ke<strong>in</strong>en Schutz vor Drogen<br />

Jugend-Studie – Vesper:<br />

Zu hohe Erwartungen<br />

Düsseldorf (NRZ). Jugendliche <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n s<strong>in</strong>d vor<br />

Gewaltbereitschaft und Drogen nicht mehr geschützt als<br />

andere. Auch darüber h<strong>in</strong>aus haben sie kaum Vorteile. Zu diesem<br />

Resultat kommt e<strong>in</strong>e Studie für die Landesregierung. Der Vere<strong>in</strong><br />

könne nicht die Rolle als „Reparaturbetrieb für gesellschaftliche<br />

Defizite“ übernehmen.<br />

Der Paderborner Sportwissenschaftler Prof. Brettschneider,<br />

der drei Jahre lang 1600 Jugendliche von 12 und 16 Jahren<br />

mehrfach befragte und testete, nannte das Ergebnis „deprimierend“.<br />

Auch beim Alkohol s<strong>in</strong>d Vere<strong>in</strong>ssportler nicht<br />

zurückhaltender, sie rauchen aber deutlich weniger. Unter den<br />

Sportlern s<strong>in</strong>d Jugendfußballer beim Konsum von Bier und<br />

Zigaretten Spitzenreiter.<br />

Nach der Studie s<strong>in</strong>d junge Leute im Vere<strong>in</strong> nicht „sozialer“<br />

e<strong>in</strong>gestellt als Gleichaltrige, die ke<strong>in</strong>em Club angehören. Bei<br />

der emotionalen Stabilität oder den motorischen Fähigkeiten<br />

schneiden sie ebenfalls nicht besser ab. Zwar b<strong>in</strong>den die<br />

Clubs vor allem K<strong>in</strong>der und Jugendliche mit Kraft, Ausdauer<br />

und Schnelligkeit. <strong>Die</strong>se Fähigkeiten würden aber meist nicht<br />

ausgebaut. Unter Schlafstörungen und Kopfschmerzen leiden<br />

Vere<strong>in</strong>sjugendliche seltener.<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> würden „<strong>in</strong> Leistungen und Leistungsfähigkeit<br />

für die Entwicklung der psychosozialen Gesellschaft überschätzt“,<br />

so der Autor. Allerd<strong>in</strong>gs sprechen sie junge Leute<br />

weit mehr an als andere Jugendorganisationen. Über 60 % der<br />

12 Jährigen und 40 % der 18 Jährigen treiben Sport im Vere<strong>in</strong>.<br />

Unter ihnen s<strong>in</strong>d mehr Jungen als Mädchen, mehr Gymnasiasten<br />

als Hauptschüler. <strong>Die</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> <strong>in</strong> NRW zählen fünf<br />

Millionen Mitglieder. Weder Brettschneider noch Sportm<strong>in</strong>ister<br />

Michael Vesper (Grüne) machten den Vere<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>en Vorwurf.<br />

Sie versagten nicht, würden aber mit zu hohen Erwartungen<br />

beladen. Vesper forderte mehr qualifizierte Jugendtra<strong>in</strong>er,<br />

die auch über sozialpädagogische Fähigkeiten verfügten.<br />

Um die rund 250 000 ehrenamtlichen Übungsleiter weiterzubilden,<br />

wären laut LandesSportBund Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen 30<br />

Millionen Mark nötig.


92<br />

93<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

<strong>Die</strong> Kölnische Rundschau vom<br />

7. März 2001 schreibt unter dem Titel:<br />

Von Gerl<strong>in</strong>d Schaidt<br />

„Verdienstvolles Aufräumen mit e<strong>in</strong>em Mythos“<br />

Können <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> bessere Menschen schaffen?<br />

Sportwissenschaftler verstehen die Aufregung nicht. Für sie<br />

ist die Erkenntnis nicht sonderlich spektakulär, dass <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong><br />

„prima“ s<strong>in</strong>d, aber ke<strong>in</strong>e tollen Charaktere formen und<br />

Jugendliche nicht unbed<strong>in</strong>gt „fitter fürs Leben“ machen.<br />

<strong>Die</strong> am Montag vom Paderborner Sport- und Jugendforscher<br />

Wolf-<strong>Die</strong>trich Brettschneider vorgelegte 500 Seiten starke<br />

Untersuchung über Jugendarbeit <strong>in</strong> nordrhe<strong>in</strong>-westfälischen<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n hat für sie „erwartbare Ergebnisse“ gebracht<br />

und mit falschen Wunschvorstellungen aufgeräumt.<br />

„E<strong>in</strong> paar Fragezeichen möchte ich allerd<strong>in</strong>gs doch anbr<strong>in</strong>gen,<br />

nachdem ich die Brettschneider-Studie gründlich gelesen<br />

habe“, gibt der Sportsoziologe an der Universität Bielefeld<br />

<strong>Die</strong>trich Kurz zu Protokoll. Für Kurz, der als Institution im<br />

Sport gilt, s<strong>in</strong>d die Forschungsergebnisse se<strong>in</strong>es Paderborner<br />

Kollegen über die Jugendarbeit <strong>in</strong> nordrhe<strong>in</strong>-westfälischen<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n weder enttäuschend noch deprimierend und<br />

schon gar nicht so spannend, wie <strong>in</strong> der Presse dargestellt.<br />

Methodisch bekrittelt der Sport-Guru e<strong>in</strong> bisschen die Vorgehensweise<br />

von Professor Wolf-<strong>Die</strong>trich Brettschneider, die<br />

ihm nicht repräsentativ genug ist. Auch hätte sich Kurz im<br />

Vorfeld der Veröffentlichung e<strong>in</strong>en breiteren wissenschaftlichen<br />

Austausch gewünscht. Doch <strong>in</strong>sgesamt bezeichnet der Bielefelder<br />

Professor Brettschneiders Untersuchung als „begrüßenswert.“<br />

Noch deutlicher wird der Sportsoziologe Professor Volker<br />

Rittner von der Sporthochschule Köln. „Es ist e<strong>in</strong> Verdienst<br />

von Brettschneiders Studie, mit dem Mythos aufzuräumen,<br />

dass <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> bessere Menschen schaffen können.<br />

Rittner, der im Auftrag des Sportausschusses des Deutschen<br />

Bundestages gerade e<strong>in</strong>e Expertise über „Geme<strong>in</strong>wohl, Nutzen<br />

und soziale Funktionen des Sports“ abgeschlossen hat, kommt<br />

zu ähnlichen Ergebnissen wie se<strong>in</strong> Paderborner Kollege:<br />

„Durch die Untersuchung werden <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> auf das Normalmaß<br />

zurechtgestutzt, das ihnen zukommt. In unserer künftigen<br />

Forschungsarbeit werden wir nicht mehr von Fiktionen ausgehen,<br />

die sich manche <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> gerne zurechnen, sondern<br />

davon, was Sport wirklich leisten kann.“<br />

Brettschneider hat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Längsschnittstudie über drei Jahre<br />

lang 1565 Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler von 34 Hauptschulen und<br />

Gymnasien befragt. In e<strong>in</strong>er ersten Fragebogen-Aktion wurde<br />

auf Sport- und Vere<strong>in</strong>s-Engagement e<strong>in</strong>gegangen, die körperliche<br />

und motorische Entwicklung erforscht, das jugendliche<br />

Selbstkonzept erfragt und der psycho-sozialen Gesundheit<br />

nachgegangen.<br />

In e<strong>in</strong>er zweiten Testfolge, an der 868 Jugendliche teilnahmen,<br />

wurden Fitness, Geschicklichkeit, Kraft und Ausdauer von<br />

Vere<strong>in</strong>smitgliedern und Nichtmitgliedern untersucht. In e<strong>in</strong>er<br />

dritten Interview-Reihe wurden 19 Mädchen und Jungen und<br />

ihre Eltern ausführlich befragt.<br />

<strong>Die</strong> Vere<strong>in</strong>sjugendlichen waren <strong>in</strong> unterschiedlichsten Sportarten<br />

organisiert: Vom Reit-, Tischtennis- und Fußballvere<strong>in</strong> bis<br />

Judo, Tanz, Ski- und Gymnastikgruppen.“<br />

Westfälische Nachrichten vom<br />

13. März 2001<br />

Von Dirk Rodenbusch<br />

Erst der Sport, dann das Bierchen?<br />

BZ direkt will Ihre Erfahrungen mit <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n<br />

wissen<br />

Borken. „Im Vere<strong>in</strong> ist Sport am schönsten“, dieser Spruch des<br />

LandesSportBundes (LandesSportBund Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen)<br />

prangt alle Wochen wieder so vielversprechend wie werbeträchtig<br />

großformatig an Massen von Plakatwänden. Doch<br />

seitdem NRW-Sportm<strong>in</strong>ister Vesper letzte Woche e<strong>in</strong>e Studie<br />

des Paderborner Sportwissenschaftlers Brettschneider vorgestellt<br />

hat, könnte manch e<strong>in</strong>er diesen LSB-Slogan um die Frage<br />

ergänzen: “… etwa deshalb, weil das Bier nach dem Spiel so<br />

gut schmeckt?“<br />

Denn Brettschneider hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Studie festgestellt, dass junge<br />

Vere<strong>in</strong>ssportler h<strong>in</strong>sichtlich ihres Alkoholkonsums ke<strong>in</strong>eswegs<br />

zurückhaltender seien als Nicht-Mitglieder. Auch Drogenkonsum<br />

und Gewaltbereitschaft könnten <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> nicht verh<strong>in</strong>dern,<br />

fand der Wissenschaftler heraus. <strong>Die</strong> Erwartungen, die an<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> als gesellschaftlicher Reparaturbetrieb gestellt<br />

würden, so Brettschneider, seien zu hoch.<br />

<strong>Die</strong>ser Me<strong>in</strong>ung s<strong>in</strong>d Sie auch? Oder aber haben Sie gänzlich<br />

andere Erfahrungen mit <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n gemacht? Und s<strong>in</strong>d<br />

womöglich der Ansicht, dass K<strong>in</strong>der und Jugendliche im<br />

Sportvere<strong>in</strong> nach wie vor gut aufgehoben s<strong>in</strong>d?<br />

Rufen Sie uns an, heute von 15 bis 17 Uhr bei „BZ direkt“.<br />

BZ-Redakteur Dirk Rodenbusch freut sich unter Tel. 0 28<br />

61/9 44-1 69 auf Ihren Anruf.<br />

Frankfurter Rundschau<br />

vom 17. März 2001


94<br />

95<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

Neue Westfälische<br />

(Bielefelder Tagesblatt)<br />

vom 24. März 2001<br />

Annäherung der Entwicklungsl<strong>in</strong>ien<br />

<strong>Die</strong> Evaluationsstudie: <strong>Die</strong> Kernaussagen<br />

Altkreis Halle (HK/zümü). Am 5. März wurde die Evaluationsstudie<br />

„Jugendarbeit <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n – Anspruch und Wirklichkeit“<br />

<strong>in</strong> Düsseldorf offiziell vorgestellt. Im Folgenden<br />

noch e<strong>in</strong>mal wesentliche Aussagen …<br />

„Bei den motorischen Tests verfügen Vere<strong>in</strong>sjugendliche h<strong>in</strong>sichtlich<br />

Schnelligkeit, Kraft, Ausdauer und Koord<strong>in</strong>ationsvermögen<br />

durchgängig über die besseren Ausgangswerte.<br />

Den <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n gel<strong>in</strong>gt es, die motorisch begabten und<br />

sportlich <strong>in</strong>teressierten K<strong>in</strong>der und Jugendlichen zu rekrutieren<br />

und an sich zu b<strong>in</strong>den. Im Entwicklungsverlauf kommt es<br />

allerd<strong>in</strong>gs – von Ausnahmen abgesehen, bei denen die Leistungsabstufungen<br />

gleich bleiben – zumeist zu e<strong>in</strong>er Annäherung<br />

der Entwicklungsl<strong>in</strong>ien.<br />

Bei der Entwicklung des Selbstwertgefühls profitieren Heranwachsende<br />

von ihrem Engagement im Sportvere<strong>in</strong>, allerd<strong>in</strong>gs<br />

geschlechtsspezifisch unterschiedlich. Mädchen entdecken<br />

den Sport als Quelle des Selbstgefühls im Entwicklungsverlauf<br />

eher als Jungen; Letztere profitieren länger. Wenn es um die<br />

emotionale Stabilität und ihre Entwicklung im Jugendalter<br />

geht, stellen Alter und vor allem das Geschlecht die wichtigsten<br />

E<strong>in</strong>flussvariabeln dar. E<strong>in</strong> systematischer E<strong>in</strong>fluss des Sportengagements<br />

im Vere<strong>in</strong> kann nicht nachgewiesen werden.<br />

In den sozialen Beziehungen zu Gleichaltrigen bestehen bei<br />

den Vere<strong>in</strong>sjugendlichen die Sportkontakte vornehmlich zum<br />

gleichen Geschlecht. Der Aufbau von Freundeskreisen ist teilweise<br />

vom Sportvere<strong>in</strong> positiv bee<strong>in</strong>flusst, die Qualität dieser<br />

Beziehungen ist sehr unterschiedlich. Sie reicht von kaum<br />

existierenden Kontakten im Vere<strong>in</strong> bis zu umfassender sozialer<br />

Unterstützung durch Sportfreunde.<br />

In ihrem Alkoholkonsum s<strong>in</strong>d jugendliche Vere<strong>in</strong>ssportler<br />

ke<strong>in</strong>eswegs zurückhaltender als Nicht-Mitglieder. Bei Zigaretten<br />

sieht die Entwicklung anders aus: <strong>Die</strong> Konsumrate der Vere<strong>in</strong>sjugendlichen<br />

liegen deutlich niedriger. Beim Konsum<br />

illegaler Drogen gibt es im Durchschnitt ke<strong>in</strong>e Unterschiede<br />

zwischen Vere<strong>in</strong>smitgliedern und Nicht-Mitgliedern.<br />

Insgesamt legen die Befunde der Studie nahe, allzu optimistische<br />

Annahme von positiven Wirkungen der Sportvere<strong>in</strong> auf die<br />

jugendliche Entwicklung zu relativieren. Wenn sich Vere<strong>in</strong>sjugendliche<br />

<strong>in</strong> manchen Aspekten von ihren vere<strong>in</strong>sdifferenzierten<br />

Altersgenossen unterscheiden, dann dürfte dies vor<br />

allem der Tatsache geschuldet se<strong>in</strong>, dass vor allem solche<br />

Jugendliche vermehrt <strong>in</strong> den Sportvere<strong>in</strong> gehen und sich an<br />

ihn b<strong>in</strong>den, die sich von vornhere<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er starken Physis und<br />

Psyche erfreuen.“<br />

Versprechungen präzisieren<br />

LandesSportBund: <strong>Die</strong> Reaktion auf die Studie<br />

Altkreis Halle (HK/zümü). <strong>Die</strong> Stellungnahme des Landes-<br />

SportBundes zu der vorgestellten Studie wurde bereits vor<br />

deren Veröffentlichung erstellt. Auch hier die wichtigsten Aussagen<br />

zum Thema …<br />

„Unter den gegenwärtigen Bed<strong>in</strong>gungen der Pluralisierung<br />

und Indivialisierung ist Jugendarbeit e<strong>in</strong> komplexes und an<br />

vielfältige Voraussetzungen gebundenes Geschehen. Der Landes-<br />

SportBund Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen sieht sich durch die nunmehr<br />

vorliegenden Ergebnisse <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schätzung bestätigt,<br />

dass die <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> unseres Landes e<strong>in</strong>e hohe Attraktivität<br />

für junge Leute haben, die sich <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er großen<br />

und lang andauernden Mitgliedschaft ausdrücken.<br />

<strong>Die</strong> Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass die Betreuung<br />

junger Menschen im Sportvere<strong>in</strong> nicht zu e<strong>in</strong>er nachweisbar<br />

positiveren Entwicklung ihrer allgeme<strong>in</strong>en motorischen Leistungsfähigkeit<br />

im Vergleich zu Nichtmitgliedern führt. Abgesehen<br />

von zahlreichen methodischen Fragen, die zu diesem<br />

Befund zu stellen und zu beantworten s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d wir der Me<strong>in</strong>ung,<br />

dass <strong>in</strong> unseren <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n zunächst vor allem spezifische<br />

Fähigkeiten <strong>in</strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g und Wettkampf gelernt und<br />

geprüft werden. <strong>Die</strong> allgeme<strong>in</strong>en motorischen Fähigkeiten<br />

werden vorwiegend im Sportunterricht geschult, <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>en<br />

wird angebotsspezifisch tra<strong>in</strong>iert.<br />

Prof. Brettschneider und se<strong>in</strong>e MitarbeiterInnen raten <strong>in</strong> ihrem<br />

Untersuchungsbericht „zur Zurückhaltung, wenn es um programmatische<br />

Behauptungen zur persönlichkeitsformenden<br />

Kraft des Sportvere<strong>in</strong>s geht“. Wir me<strong>in</strong>en: Es ist angesichts<br />

der sehr schwierigen, von vielfältigen Brüchen gekennzeichneten<br />

Lebensphasen junger Leute im Alter von 12–18 Jahren e<strong>in</strong><br />

positiver Befund, wenn nachgewiesen wird, dass Selbstwertgefühl<br />

und emotionale Stabilität <strong>in</strong> dieser Zeit bei jugendlichen<br />

Vere<strong>in</strong>smitgliedern auf hohem Niveau bleiben.<br />

Wir haben zur Kenntnis zu nehmen, dass mit Ausnahme des<br />

Zigarettenkonsums der Konsum legaler und illegaler Drogen<br />

bei jugendlichen Vere<strong>in</strong>smitgliedern genauso hoch ist wie bei<br />

vere<strong>in</strong>sungebundenen jungen Menschen.<br />

Wir ziehen aus den Ergebnissen und den bereits jetzt vorliegenden<br />

öffentlichen und <strong>in</strong>ternen Bewertungen den Schluss,<br />

dass es dr<strong>in</strong>gend erforderlich ist, <strong>in</strong>nerhalb unserer eigenen<br />

Reihen – aber auch <strong>in</strong> der Öffentlichkeit – die Erwartungen,<br />

die an die <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> gerichtet werden können, auf e<strong>in</strong>e realistische<br />

Grundlage zu stellen und die Versprechungen, die<br />

unsere <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> machen, für die Zukunft zu präzisieren.“<br />

Saarbrücker Zeitung vom<br />

26.04.2001<br />

Lokalausgabe Saarbrücken<br />

Erfüllen <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> noch ihre soziale Aufgabe?<br />

Nach Ansicht des Sportwissenschaftlers Professor Dr. Wolf-<br />

<strong>Die</strong>trich Brettschneider von der Universität Paderborn klaffen<br />

Ansprüche und Wirklichkeit bei der Jugendarbeit <strong>in</strong> den etwa<br />

86 000 deutschen <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n weit ause<strong>in</strong>ander. Brettschneiders<br />

Team schaute sich zwischen 1998 und 2000 die<br />

Jugendarbeit <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>en an, <strong>in</strong>terviewte und testete Zwölfbis<br />

16 Jährige an 40 Schulen. Fazit: „Den von außen aufge-<br />

bürdeten oder selbst auferlegten Leistungsansprüchen kann<br />

der Sportvere<strong>in</strong> angesichts der sozialen und kulturellen<br />

Umbrüche <strong>in</strong> unserer Gesellschaft nicht gerecht werden.<br />

Wenn befürchtet wird, dass Schule und Elternhaus ihre Erziehungsaufgaben<br />

nicht mehr h<strong>in</strong>reichend wahrnehmen können,<br />

kann auch der Sportvere<strong>in</strong> nicht die Rolle e<strong>in</strong>es Reparaturbetriebes<br />

für gesellschaftliche Defizite übernehmen.“<br />

E<strong>in</strong>ige Ergebnisse: Den <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n gel<strong>in</strong>gt es, die motorisch<br />

Begabten und sportlich Interessierten an sich zu b<strong>in</strong>den.<br />

Deren anfangs vorhandener Leistungsvorsprung gegenüber<br />

Nicht-Mitgliedern wird gelegentlich gehalten, kann meist<br />

aber nicht ausgebaut werden. Der Vere<strong>in</strong>ssport ist also eher<br />

Bewahrer als Förderer sportlicher Potenziale. Bei „emotionaler<br />

Stabilität“ und deren Entwicklung stellen Alter und vor allem<br />

Geschlecht die wichtigsten E<strong>in</strong>flüsse dar. E<strong>in</strong> systematischer<br />

E<strong>in</strong>fluss des sportlichen Engagements im Vere<strong>in</strong> ist nicht<br />

nachzuweisen.<br />

Brettschneiders Studie besagt auch, dass Junge Vere<strong>in</strong>ssportler<br />

viel seltener als Nichtmitglieder rauchen, aber nicht weniger<br />

Alkohol tr<strong>in</strong>ken. Beim Konsum illegaler Drogen gibt's<br />

ke<strong>in</strong>e dagegen Unterschiede. Vorbeugende Wirkung hat das<br />

Vere<strong>in</strong>sleben bei der leichten Krim<strong>in</strong>alität bei jüngeren Heranwachsenden.<br />

<strong>Die</strong>se Wirkung verflüchtigt sich aber im Verlauf<br />

der Jugendphase.<br />

red<br />

Vere<strong>in</strong>e werden mit Problemen der K<strong>in</strong>der<br />

alle<strong>in</strong> gelassen<br />

von Marcus Kalmes<br />

Verantwortung nicht abwälzen<br />

Das ist zu e<strong>in</strong>fach: Eltern und Politiker beruhigen ihr Gewissen,<br />

<strong>in</strong> dem sie ihre erzieherische Verantwortung auf <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong><br />

abwälzen. Früher schafften es Vere<strong>in</strong>e zwar, K<strong>in</strong>dern Diszipl<strong>in</strong>,<br />

Toleranz, Umgang mite<strong>in</strong>ander sowie mit Erfolg und Niederlage<br />

beizubr<strong>in</strong>gen. Eltern waren wie ihre K<strong>in</strong>der gleichermaßen<br />

e<strong>in</strong>gebunden. Doch das hat sich geändert. Der Paderborner<br />

Sportwissenschaftler Wolf-<strong>Die</strong>trich Brettschneider sagt: „Wir<br />

besche<strong>in</strong>igen Vere<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e völlig überschätzte Leistungsfähigkeit<br />

auf sportlicher wie auf gesellschaftlicher Ebene.“ Er<br />

hat Recht. Vere<strong>in</strong>e verkommen zu Spaßvermittlern. <strong>Die</strong> Schuld<br />

liegt auch bei den Eltern. Oft gibt's diese Szene: K<strong>in</strong>d zum<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g fahren. Tür auf. K<strong>in</strong>d raus. Tür zu. Wieder wegfahren.<br />

Hauptsache aus dem Haus. Was das K<strong>in</strong>d tut? Egal. Eltern<br />

haben für ihre K<strong>in</strong>der immer weniger Zeit, weil beide zum<br />

Beispiel berufstätig s<strong>in</strong>d. Folge: K<strong>in</strong>der vere<strong>in</strong>samen, nehmen<br />

sich falsche <strong>Vorbild</strong>er, lassen als Konsequenz ihre Aggressionen<br />

ane<strong>in</strong>ander aus. Der Vere<strong>in</strong> alle<strong>in</strong> ist da überfordert. K<strong>in</strong>der<br />

brauchen heutzutage Anweisungen und Anleitungen, wie sie<br />

mite<strong>in</strong>ander umzugehen haben und vor allem wie Konflikte<br />

friedlich gelöst werden. Sie lernen es <strong>in</strong> der Schule oder zu<br />

Hause nicht mehr. Jugendleiter Bernd Brotschar von den Handballern<br />

des ASC Quierschied beschreibt e<strong>in</strong>e häufige Situation:<br />

„Zu Beg<strong>in</strong>n des Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs geht viel Zeit drauf, die K<strong>in</strong>der erst<br />

e<strong>in</strong>mal zu maßregeln, damit geme<strong>in</strong>same Übungen beg<strong>in</strong>nen<br />

können.“ Eltern geben die Verantwortung für ihre K<strong>in</strong>der und<br />

deren Verhalten e<strong>in</strong>fach weiter. <strong>Die</strong> Politik ruft paradoxerweise<br />

nach immer mehr ehrenamtlichen Helfern, schwächt aber<br />

gleichzeitig die Vere<strong>in</strong>e, <strong>in</strong> dem sie ihnen Zuschüsse kappt<br />

oder Ste<strong>in</strong>e <strong>in</strong> den Weg legt – etwa die Neuregelung beim<br />

630-Mark-Gesetz. Wie passt das zusammen? Vere<strong>in</strong>e werden<br />

kaum unterstützt. Helfer fehlen, das Geld wird immer knapper.<br />

Und ke<strong>in</strong>er sagt den Ehrenamtlichen, wie sie mit Problem-<br />

K<strong>in</strong>dern umgehen sollen, wie Konflikte zu bewältigen s<strong>in</strong>d.<br />

Wer unterstützt die Helfer, wenn sie Urlaubstage opfern oder<br />

Benz<strong>in</strong> für die Fahrten bezahlen müssen?<br />

Der Teufelskreis muss aufgebrochen werden. Eltern müssen<br />

umdenken. Der Gedanke, dass das K<strong>in</strong>d schon sicher gut untergebracht<br />

ist, darf sie nicht zufrieden stellen. Vere<strong>in</strong>e bemühen<br />

sich, das Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong> ist groß. Doch sie pfeifen<br />

aus dem letzten Loch. Ke<strong>in</strong> Geld heißt: Ke<strong>in</strong>e qualifizierten und<br />

damit psychologisch geschulten Tra<strong>in</strong>er. Und ke<strong>in</strong>e Unterstützung<br />

von den Eltern heißt: Immer mehr Arbeit für die wenigen<br />

freiwilligen Helfer. Wer die Vere<strong>in</strong>e im Stich lässt, verrät die<br />

K<strong>in</strong>der.<br />

„Eltern schieben Verantwortung weiter“<br />

von Marcus Kalmes<br />

Studie: Vere<strong>in</strong>e werden bei ihrer sportlichen und<br />

gesellschaftlichen Leistungsfähigkeit überschätzt?<br />

– Klubs widersprechen<br />

Saarbrücken. E<strong>in</strong>e Studie e<strong>in</strong>es Paderborner Forschers hat für<br />

Unruhe gesorgt. Der Sportwissenschaftler Wolf-<strong>Die</strong>trich<br />

Brettschneider hat die Jugendarbeit <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>en zwei Jahre<br />

lang unter die Lupe genommen. Se<strong>in</strong> Fazit: „<strong>Die</strong> Leistungsfähigkeit<br />

auf sportlicher wie auf gesellschaftlicher Ebene wird<br />

völlig überschätzt.“ Eike Emrich, Sportsoziologe beim Landesportverband<br />

für das Saarland, erklärte, dass „<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong><br />

ke<strong>in</strong>e Sozialstation der Gesellschaft“ seien. „Der Sportvere<strong>in</strong><br />

ist e<strong>in</strong> Spaßvermittler. Andere Funktionen s<strong>in</strong>d ihm angehängt<br />

worden“, sagte LSVS-Präsident Albert Wagner (wir berichteten).<br />

Was denken Vere<strong>in</strong>s-Verantwortliche? Ellen Kühn ist Leiter<strong>in</strong><br />

der Jugendfußball-Abteilung des SC Friedrichsthal. „E<strong>in</strong><br />

Tra<strong>in</strong>er reicht bei e<strong>in</strong>er Mannschaft oft nicht aus, um ordentliche<br />

Arbeit mit den K<strong>in</strong>dern zu leisten“, erklärt Ellen Kühn. „Derzeit<br />

f<strong>in</strong>det man aber immer jemanden, der mithilft. Im unteren<br />

Alters-Bereich s<strong>in</strong>d es oft Väter, die mitarbeiten.“ <strong>Die</strong> 46 Jährige<br />

teilt die Ansichten Brettschneiders nicht. „Der Herr Professor<br />

weiß nicht, was das für e<strong>in</strong>e Arbeit ist, wenn mehr als 100<br />

Kids auf dem Platz stehen“, sagt sie emotional, „die Vere<strong>in</strong>e<br />

erfüllen ihre soziale Verantwortung. <strong>Die</strong> K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d von der<br />

Straße, kommen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft und können sich sportlich<br />

entwickeln.“<br />

Ihr Mann Roman übernahm e<strong>in</strong> Team, als die K<strong>in</strong>der fünf Jahre<br />

alt waren und blieb bei den Jungs, bis sie 18 waren. Ellen<br />

Kühn sagt aus Erfahrung: „Der Tra<strong>in</strong>er hat e<strong>in</strong>e andere Beziehung<br />

zu den Spielern als viele Eltern e<strong>in</strong>e Beziehung zu ihrem K<strong>in</strong>d<br />

haben.“ Im Klartext: Tra<strong>in</strong>er s<strong>in</strong>d neben Eltern e<strong>in</strong>e weitere<br />

Bezugsperson, an die sich K<strong>in</strong>der vertrauensvoll mit Problemen<br />

wenden können – und zu denen sie mit D<strong>in</strong>gen kommen, die<br />

sie ihren Eltern nicht anvertrauen.<br />

So e<strong>in</strong> Beispiel ist der „SZ“ aus dem Sulzbachtal bekannt: E<strong>in</strong><br />

Jugendspieler hatte mit drei verschiedenen Autos nache<strong>in</strong>ander<br />

Probleme. <strong>Die</strong> Eltern dachten, dass der Zustand der Autos<br />

Schuld war. Der Tra<strong>in</strong>er des betroffenen Vere<strong>in</strong>s dagegen<br />

erfuhr, dass se<strong>in</strong> Jugendspieler wohl an Rennen teilgenommen<br />

hat beziehungsweise dessen Fahrstil die Schäden verursacht hat.<br />

Ellen Kühn teilt auch nicht die E<strong>in</strong>schätzung, dass der Vere<strong>in</strong><br />

sportliche Potenziale der K<strong>in</strong>der nicht ausreizen könne: „Es<br />

kommt auf das Talent an. Wenn e<strong>in</strong> talentierter Sportler kommt,<br />

kann er sich im Vere<strong>in</strong> natürlich weiterentwickeln.“ Und weniger<br />

talentierte K<strong>in</strong>der könnten im Klub <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft re<strong>in</strong>-


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6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

wachsen, so dass sie ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelgänger werden, dem Sport<br />

treu bleiben. „Der Vere<strong>in</strong> gibt ihnen die Chance dazu.“<br />

<strong>Die</strong> Jugend-Handballer des ASC Quierschied tra<strong>in</strong>ieren <strong>in</strong> der<br />

Taubenfeldhalle. Jugendleiter Bernd Brotschar sagt: „In der<br />

Halle tra<strong>in</strong>ieren wir mit den K<strong>in</strong>dern. Vor der Halle hocken<br />

Kids ab zwölf mit Radio, Zigarette im Mund und Mixery-<br />

Dosen <strong>in</strong> der Hand. Da s<strong>in</strong>d die gleichaltrigen K<strong>in</strong>der im Vere<strong>in</strong><br />

besser aufgehoben.“ Der 56 Jährige Göttelborner kennt e<strong>in</strong>ige<br />

der K<strong>in</strong>der, die vor der Halle „herumlungern“ und hat sie<br />

angesprochen. „Ohne Erfolg. Das ist e<strong>in</strong>e Clique. Wir im ASC<br />

s<strong>in</strong>d wie e<strong>in</strong>e große Familie. Es geht nicht nur um Sport, auch<br />

die Eltern werden e<strong>in</strong>bezogen. Alles wird zusammen unternommen.“<br />

Alkohol ist unter Jugendlichen e<strong>in</strong> Problem. In Brettschneiders<br />

Studie wird behauptet, dass „junge Vere<strong>in</strong>ssportler zwar viel<br />

seltener rauchen als Nichtmitglieder, aber nicht weniger Alkohol<br />

tr<strong>in</strong>ken als diese“. Wie sieht das Brotschar? „Wenn nach<br />

dem Spiel im Beise<strong>in</strong> der Eltern 'mal e<strong>in</strong> Gespritztes getrunken<br />

wird, kann ich nicht verbieten. <strong>Die</strong> erzieherische Maßnahmen<br />

<strong>in</strong> Sachen Alkohol müssen die Eltern regeln.“ Dass Kids im<br />

Sportvere<strong>in</strong> teilweise sehr aggressiv auftreten, kreidet der<br />

Handballer den Eltern und auch der Schule an: „Oft hört man<br />

vorm Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g Gespräche unter K<strong>in</strong>dern, wo erzählt wird, wer<br />

mit wem <strong>in</strong> der Schule ane<strong>in</strong>ander war. Streit <strong>in</strong> der Schule,<br />

schnell nach Hause, Aufgaben machen, dann <strong>in</strong>s Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. Da<br />

müssen Eltern zu Hause e<strong>in</strong>fach auch etwas mithelfen.“ Brettschneiders<br />

These, dass Vere<strong>in</strong>ssport „ke<strong>in</strong> Förderer sportlicher<br />

Potenziale ist“, entgegnet der 56 Jährige: „Wie soll man sportlich<br />

weiterkommen, wenn zu Beg<strong>in</strong>n des Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs immer wieder<br />

viel Zeit draufgeht, die K<strong>in</strong>der zu maßregeln?“<br />

Auch Fritz We<strong>in</strong>brecht von Rot-Weiß Sulzbach kritisiert die<br />

E<strong>in</strong>stellung e<strong>in</strong>iger Eltern. „Das Elternhaus darf die erzieherische<br />

Verantwortung nicht abschieben, <strong>in</strong> dem es se<strong>in</strong>e Verantwortung<br />

auf den Vere<strong>in</strong> überträgt“, erklärt der 38-jährige Leiter der<br />

Jugendfußball-Abteilung. Es fehle leider oft an Unterstützung<br />

vom Elternhaus. We<strong>in</strong>brecht fragt: „Wie oft kommt es vor, dass<br />

die Eltern mit dem Auto beim Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g oder Spiel vorfahren,<br />

die Tür aufmachen, das K<strong>in</strong>d aussteigen lassen, die Tür wieder<br />

zumachen und wieder wegfahren?“ Das sei leider immer<br />

wieder der Fall. Den Eltern sei egal, was ihr K<strong>in</strong>d treibt und<br />

wo es <strong>in</strong> welcher Obhut ist. Und viele Vere<strong>in</strong>e hätten eben ke<strong>in</strong>e<br />

ausgebildeten Tra<strong>in</strong>er und auch ke<strong>in</strong>e geschulten Psychologen<br />

zur Hand, die auch außersportliche Probleme lösen<br />

können. Der Tra<strong>in</strong>er oder Betreuer ist <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht Laie.<br />

We<strong>in</strong>brecht beschreibt die Situation heutzutage: „Wir machen<br />

Veranstaltungen, wo die Leute etwas zum Essen und zum<br />

Tr<strong>in</strong>ken umsonst bekommen. E<strong>in</strong>ige kommen trotzdem nicht.<br />

Da erkennt man, dass viele Eltern nicht h<strong>in</strong>ter der Sache ihres<br />

K<strong>in</strong>des stehen und die Kids <strong>in</strong> der Gestaltung ihrer Freizeit<br />

alle<strong>in</strong>e lassen.“ Dass spiegele sich <strong>in</strong> Auswüchsen krass wieder,<br />

die e<strong>in</strong> Vere<strong>in</strong> nicht bewältigen kann. „<strong>Die</strong>se K<strong>in</strong>der lassen<br />

ihre aufgestauten Aggressionen dann auf dem Platz raus.“ <strong>Die</strong><br />

Folge: Spieler, die neben der Spur laufen, werden von alle<strong>in</strong>e<br />

aussortiert. We<strong>in</strong>brecht: „<strong>Die</strong> K<strong>in</strong>der regeln das unter sich.“<br />

Was den Konflikt vorprogrammiert: Das K<strong>in</strong>d wird von den<br />

Mitspielern nicht mehr akzeptiert. Es droht e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>samung<br />

ohne Freunde, da die Mitspieler oft auch Mitschüler s<strong>in</strong>d.<br />

Ohne sozialen Halt droht im Extremfall das Abrutschen <strong>in</strong> untere<br />

gesellschaftliche Ebenen bis h<strong>in</strong> zu krim<strong>in</strong>ellen Machenschaften.<br />

Süddeutsche Zeitung von Freitag,<br />

den 4. Mai 2001<br />

Völlig überschätzt<br />

Studie entlarvt Vere<strong>in</strong>s-Wirkungen<br />

München – Jetzt steht es fest: Belege für die weit verbreitete<br />

These, dass der Sport bei Jugendlichen per se positive Wirkungen<br />

erzielt, gibt es nicht. Das fanden Sportwissenschaftler der<br />

Universität Paderborn heraus. Das Forschungsprojekt „Jugendarbeit<br />

<strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n: Anspruch und Wirklichkeit“ untersuchte<br />

zu drei verschiedenen Zeitpunkten Jugendliche aus der 6., 8.<br />

und 10. Klasse <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Längsschnittstudie<br />

über drei Jahre begleitet wurden. Alle Annahmen,<br />

welche Segnungen der Sportvere<strong>in</strong> für Jugendliche bereithält,<br />

wurden untersucht und lösten sich am Ende <strong>in</strong> Luft auf. <strong>Die</strong><br />

sozialen Beziehungen der Jugendlichen, die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Sportvere<strong>in</strong> engagieren, entwickelten sich nicht anders als bei<br />

den Jugendlichen, die sich Vere<strong>in</strong>en verweigern. „<strong>Die</strong> ‚richtigen‘<br />

Freunde und Freund<strong>in</strong>nen werden zumeist außerhalb des<br />

Sportvere<strong>in</strong>s gesucht und gefunden“, fand Professor Wolf-<br />

<strong>Die</strong>trich Brettschneider heraus. Auch bei den „Konsumraten<br />

legaler und illegaler Drogen“ ergab sich ke<strong>in</strong>e Abweichung,<br />

obwohl der Deutsche Sportbund (DSB) mit aufwendigen Werbekampagnen<br />

immer wieder suggerieren, dass der Sportvere<strong>in</strong> die<br />

K<strong>in</strong>der gegen Sucht und Drogen stark mache.<br />

E<strong>in</strong>e solche Wirkung hat die Untersuchung nicht ergeben. Im<br />

Gegenteil „nirgendwo wird so viel geraucht und getrunken<br />

wie beim Fußball und Handball“, rückte Brettschneider die<br />

Vere<strong>in</strong>swirklichkeit zurecht. Auch e<strong>in</strong>e „gewaltpräventive<br />

Funktion“ hat der Vere<strong>in</strong> nicht. Nichtvere<strong>in</strong>smitglieder begehen<br />

ke<strong>in</strong>eswegs häufiger Delikte oder Straftaten. „<strong>Die</strong> meisten der<br />

nicht selten reklamierten positiven Wirkungen e<strong>in</strong>es Engagements<br />

im Sportvere<strong>in</strong> können empirisch nicht bestätigt werden“,<br />

resümiert die Studie. Selbst „die Erwartung, dass sich das<br />

sportliche Engagement der Jugendlichen im Vere<strong>in</strong> im Niveau<br />

der motorischen Leistungsfähigkeit niederschlägt, bestätigt<br />

sich nicht“, widerspricht die Untersuchung der gängigen Vorstellung,<br />

dass Vere<strong>in</strong>sjugendliche sportlicher s<strong>in</strong>d als Vere<strong>in</strong>smuffel.<br />

Waren die Vere<strong>in</strong>smitglieder am Anfang noch kräftiger,<br />

schneller und ausdauernder, fanden die Wissenschaftler nach<br />

drei Jahren ke<strong>in</strong>erlei Unterschiede mehr.<br />

Supermarkt und Sozialstation<br />

„Der Sportvere<strong>in</strong> erweist sich zwar als Bewahrer der sportlichen<br />

und motorischen Begabung und psychosozialen Eigenschaften<br />

junger Menschen; die Rolle des systematischen Förderers<br />

der jungen Sportler vermag er offensichtlich nicht effektiv<br />

auszuüben“, beschreibt die Studie die Wirkungsgrenzen des<br />

Sportvere<strong>in</strong>s. <strong>Die</strong>se scheitert offenbar an se<strong>in</strong>en selbst formulierten<br />

Ansprüchen und se<strong>in</strong>er eigenen Überforderung. „<strong>Die</strong><br />

Leistungsfähigkeit e<strong>in</strong>es Sportvere<strong>in</strong>s wird überschätzt“,<br />

sagen die Wissenschaftler. <strong>Die</strong> Schuld geben die Wissenschaftler<br />

den Sportverbänden, deren Funktionäre e<strong>in</strong>en „komplexen<br />

Anspruch“ für sich reklamieren. Damit s<strong>in</strong>d die Vere<strong>in</strong>e<br />

offenbar überfordert oder er führt zu e<strong>in</strong>er „Profil- und<br />

Konturlosigkeit vieler <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> und ihrer Jugendabteilungen“.<br />

<strong>Die</strong> Paderborner Jugendforscher fordern Verbände und Vere<strong>in</strong><br />

auf, „sich von überhöhten Wirkungsvorstellungen und wohlme<strong>in</strong>enden<br />

Slogans zu verabschieden“. Mancher Sportvere<strong>in</strong><br />

wollte Supermarkt und Sozialstation zugleich se<strong>in</strong>. Doch, wer<br />

alles wolle, habe am Ende gar nichts, warnt die Studie.<br />

Den Sportverbänden hat es angesichts der Studie wochenlang<br />

die Sprache verschlagen. Jetzt misstrauen sie erst e<strong>in</strong>mal, wie<br />

der Präsident des Bayrischen Landes-Sportverbandes (BLSV)<br />

Peter Kapust<strong>in</strong>, zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>em Teil der erhobenen Untersuchungsergebnisse<br />

oder stellen entlarvend hilflose Fragen:<br />

„Aber was wäre, wenn der Sportvere<strong>in</strong> nicht mehr zur Verfügung<br />

wäre?“ So Kapust<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Verbandszeitschrift Bayernsport.<br />

Kapust<strong>in</strong> ist übrigens leitender Sportprofessor an der Universität<br />

Würzburg.<br />

Karl-Wilhelm Götte<br />

RSB-Journal<br />

Mai 2001


98<br />

99<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

<strong>Die</strong> Woche vom 6. Juli 2001<br />

Von Alexandra Kuitkowski<br />

Wissenschaftliche Studien belegen:<br />

Organisierter Sport macht Jugendliche nicht stärker,<br />

sondern anfällig für Alkohol und andere Drogen<br />

Im Vere<strong>in</strong> ist Bier am schönsten<br />

Bier schmeckt immer. Nach Niederlagen herb wie der Frust,<br />

prickelnd frisch im Rausch des Sieges. Der deutschen Vere<strong>in</strong>sjugend<br />

schmeckt es zu oft zu gut. Und die Nachwuchssportler<br />

tr<strong>in</strong>ken nicht nur, sie rauchen und kiffen auch. Ke<strong>in</strong>e Macht<br />

den Drogen? Dass <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> der Rettungsanker für Leib<br />

und Seele junger Menschen s<strong>in</strong>d, dass dort niemand alle<strong>in</strong><br />

gelassen wird, weil: „Fair geht vor“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Welt, die „K<strong>in</strong>der<br />

stark machen“ soll – daran können nicht e<strong>in</strong>mal mehr diejenigen<br />

glauben, die solche Slogans propagieren.<br />

Denn jetzt belegt e<strong>in</strong>e wissenschaftliche Studie, dass die organisierte<br />

Sportjugend weder fitter noch netter durchs Leben geht<br />

als junge Menschen, die nicht <strong>in</strong>s deutsche Vere<strong>in</strong>swesen e<strong>in</strong>gebunden<br />

s<strong>in</strong>d. Sportpädagoge Wolf-<strong>Die</strong>trich Brettschneider<br />

von der Universität Paderborn hat im Auftrag des nordrhe<strong>in</strong>westfälischen<br />

Kultusm<strong>in</strong>isteriums herausgefunden, <strong>in</strong> welchem<br />

Ausmaß Anspruch und Wirklichkeit im Vere<strong>in</strong>ssport ause<strong>in</strong>ander<br />

driften.<br />

„Vere<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d mit der Fülle von sozialen und sportlichen<br />

Ansprüchen schlicht überfordert“, sagt Brettschneider nach zwei<br />

Jahren Forschungsarbeit. <strong>Die</strong> Wissenschaftler haben Gymnasiasten,<br />

Hauptschüler und deren Eltern <strong>in</strong> dieser Zeit mehrmals<br />

<strong>in</strong>terviewt; die Jugendlichen füllten regelmäßig Fragebögen<br />

aus und stellten sich motorischen Test. Alle Probanden stammen<br />

aus Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen; die Befunde seien aber „verallgeme<strong>in</strong>erbar“.<br />

Und sie s<strong>in</strong>d entmutigend für alle Beteiligten: So<br />

fördern Vere<strong>in</strong>e die Herausbildung e<strong>in</strong>er stabilen Persönlichkeit<br />

weit weniger als geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> angenommen. Und auch die emotionale<br />

Stabilität der Jugendlichen wird vom Vere<strong>in</strong>sengagement<br />

nicht begünstigt. Nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e nachhaltige Wirkung<br />

des Vere<strong>in</strong>slebens auf das „soziale Selbstkonzept“ der jungen<br />

Mitglieder konnte nachgewiesen werden: Auf der Suche nach<br />

dem eigenen Ich haben es pubertierende Jungen und Mädchen<br />

<strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n also genauso schwer wie alle anderen. Sie<br />

f<strong>in</strong>den sich weder attraktiver als ihre Altergenossen, noch<br />

schätzen sie die eigene sportliche Leistungsfähigkeit höher e<strong>in</strong>.<br />

<strong>Die</strong>ses Selbstbild deckt sich mit der Realität: Vere<strong>in</strong>sjugendliche<br />

s<strong>in</strong>d anfangs zwar begabter, wenn es um Kraft, Schnelligkeit<br />

und Ausdauer geht. Aber e<strong>in</strong>en Entwicklungsvorteil erhalten<br />

die sportlichen Teenies durch die Vere<strong>in</strong>smitgliedschaft nicht.<br />

Brettschneider: „Vere<strong>in</strong>e b<strong>in</strong>den begabte Jugendliche rechtzeitig<br />

an sich und s<strong>in</strong>d eher Bewahrer als Förderer des motorischen<br />

Nachwuchses.“<br />

Gefördert wird aber die Tr<strong>in</strong>kfestigkeit. Vor allem im Volkssport<br />

Fußball wird so viel Bier getrunken und geraucht wie <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er<br />

anderen Sportart. Ausgerechnet die ehrgeizigsten Spieler langen<br />

am meisten zu. So greift jeder fünfte jugendliche Leistungsfußballer,<br />

der pro Woche m<strong>in</strong>destens sechs Stunden auf dem<br />

Spielfeld verbr<strong>in</strong>gt, regelmäßig zur Zigarette und zur Bierflasche.<br />

Weniger ambitionierte Kicker konsumieren zwar weniger<br />

Bier, dafür s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dieser Gruppe neben hochprozentigen<br />

Schnäpsen Haschisch und Marihuana beliebt: Rund 12 Prozent<br />

der Befragten kiffen regelmäßig. Bei Jugendlichen, die sich<br />

nicht im Vere<strong>in</strong> engagieren, liegt der Wert mit etwas über 5<br />

Prozent deutlich niedriger.<br />

Warum ausgerechnet ehrgeizige Mannschaftssportler zu Rauschmitteln<br />

nicht Ne<strong>in</strong> sagen können, lässt sich mit banalen gesellschaftlichen<br />

Ritualen begründen: „Man konsumiert eher <strong>in</strong><br />

Gesellschaft“ vermutet die Erziehungswissenschaftler<strong>in</strong> Beate<br />

Locher. „Da geht dann der so genannte Stiefel herum. Oder<br />

der Coach spendiert e<strong>in</strong>en Kasten Bier und denkt sich nichts<br />

dabei.“ Wettkampfrituale werden dabei auf das geme<strong>in</strong>same<br />

Tr<strong>in</strong>ken nach dem Spiel übertragen: „Man möchte sich beweisen“,<br />

sagt Locher. In e<strong>in</strong>er eigenen Studie zur Suchtgefährdung<br />

Jugendlicher <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n kommt sie zu ähnlichen Ergebnissen<br />

wie die Paderborner Forscher: Vere<strong>in</strong>sgebundene<br />

Jugendliche konsumieren häufiger Alkohol als ihre Altersgenossen<br />

– und erleben öfter e<strong>in</strong>en Vollrausch. Im Vere<strong>in</strong> ist<br />

eben nicht nur Sport am schönsten.<br />

Tiefe Freundschaften stiftet das Gesellschaftserlebnis allerd<strong>in</strong>gs<br />

kaum. Auch Locher hat die soziale Kompetenz der Clubs h<strong>in</strong>terfragt<br />

und ermittelt, dass die jungen Sportler große Schwierigkeiten<br />

haben, <strong>in</strong>nerhalb ihrer Vere<strong>in</strong>e Beziehungen aufzubauen.<br />

Freunde zu f<strong>in</strong>den, ist für die Hälfte der Befragten e<strong>in</strong> ernstes<br />

Problem – obwohl sie <strong>in</strong> das Vere<strong>in</strong>sleben e<strong>in</strong>gebunden s<strong>in</strong>d.<br />

„Von engen Bezugspersonen wie Jugend- und Übungsleitern<br />

werden diese Sorgen kaum wahrgenommen“, hat die Pädagog<strong>in</strong><br />

festgestellt. Schlittert der Vere<strong>in</strong>ssport also <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Krise?<br />

„Nicht unbed<strong>in</strong>gt. Aber es muss etwas getan werden“, sagt<br />

Brettschneider. Bei der Formulierung ihres Selbstverständnisses<br />

empfiehlt der Sportwissenschaftler den Vere<strong>in</strong>en schlicht mehr<br />

Bescheidenheit. Doch gerade die überzogenen Ansprüche<br />

bescheren dem organisierten Sport e<strong>in</strong> hohes Prestige. So bekundete<br />

Bundes<strong>in</strong>nenm<strong>in</strong>ister Otto Schily bei den Haushaltsberatungen<br />

im vergangenen Jahr: „Wir sollten den hohen Stellenwert<br />

des Sports immer wieder betonen. Er hat e<strong>in</strong>e hohe Integrationskraft<br />

<strong>in</strong> der Gesellschaft.“ <strong>Die</strong> Volksvertreter <strong>in</strong> Bund,<br />

Ländern und Kommunen bedenken den Sport nicht alle<strong>in</strong> mit<br />

warmen Worten. Im neuen Etat des Bundes<strong>in</strong>nenm<strong>in</strong>isteriums<br />

steigen die Zuwendungen für die Förderung des Leistungssports<br />

um 10 Millionen Mark auf 489,5 Millionen (250,3<br />

Mio. Euro). Davon profitiert nicht nur der begabte Nachwuchs<br />

<strong>in</strong> den Kadern, auch der Breitensport wird generös<br />

bezuschusst: 29 Millionen Mark (14,8 Mio. Euro) <strong>in</strong>vestiert<br />

der Bund beispielsweise unter dem Motto „Goldener Plan<br />

Ost“ <strong>in</strong> Sportstätten <strong>in</strong> den neuen Bundesländern. Für die<br />

Jugendarbeit <strong>in</strong> den Verbänden bleiben noch m<strong>in</strong>destens 3<br />

Millionen Mark (1,53 Mio. Euro) Fördergeld übrig.<br />

Dennoch sche<strong>in</strong>t es, als würde angesichts der neuen Erkenntnisse<br />

auf Funktionärsebene künftig Demut geprobt. Manfred von<br />

Richthofen, Präsident des Deutschen Sportbundes, gibt sich<br />

resigniert: „Wir fragen uns natürlich, können wir alle Aufgaben,<br />

die an uns herangetragen werden, wirklich konsequent erfüllen.<br />

Und da müssen wir sagen: Ne<strong>in</strong>. Wir werden also <strong>in</strong><br />

Zukunft verstärkt auch Aufgaben abweisen, so wichtig sie<br />

auch se<strong>in</strong> mögen“, sagte er dem ZDF. Dabei wäre der organisierte<br />

Sport schon wegen der großen Zahl se<strong>in</strong>er jungen Anhänger<br />

prädest<strong>in</strong>iert, erzieherische Verantwortung zu übernehmen. In<br />

87 000 Vere<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d 9 Millionen Jugendliche aktiv, das s<strong>in</strong>d<br />

nach Angaben der Deutschen Sportjugend mehr als die Hälfte<br />

e<strong>in</strong>es jeden Jahrgangs. Der Sportvere<strong>in</strong> ist damit die unangefochtene<br />

Nummer e<strong>in</strong>s unter allen deutschen Jugendorganisationen,<br />

stellt die Shell-Jugendstudie aus dem Jahr 2000 fest.<br />

<strong>Die</strong>s alle<strong>in</strong> reicht jedoch nicht, um tatsächlich auch sozial e<strong>in</strong>e<br />

tragende Rolle zu spielen. Sportwissenschaftler Brettschneider<br />

fordert Konzepte: „<strong>Die</strong> Vere<strong>in</strong>e wollten alles auf e<strong>in</strong>mal se<strong>in</strong> –<br />

e<strong>in</strong> Kaufhaus, das für alle Kunden passende Produkte anbietet,<br />

e<strong>in</strong> hoch spezialisiertes Fachgeschäft und dann auch noch<br />

e<strong>in</strong>e Sozialstation.“ Er ermuntert all jene, die <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n<br />

Jugendarbeit leisten, se<strong>in</strong>e Forschungsergebnisse als Chance<br />

zu begreifen: „Es gilt, die eigene Arbeit nicht mit Erwartungen<br />

zu überfrachten und sich e<strong>in</strong> differenziertes Profil zu geben.“<br />

Dass dies möglich ist und an der Basis längst praktiziert wird,<br />

zeigt e<strong>in</strong> Beispiel aus Hamburg: Im Eimsbütteler Sternschanzenpark<br />

führt der Weg zum Sport vorbei an Fixern. Mitten im<br />

Abseits der Leistungsgesellschaft spielen Teenager Fußball.<br />

Heike Rosemann ist stolz, <strong>in</strong> nur drei Jahren e<strong>in</strong>e Fußball-<br />

Jugendabteilung mit sieben neuen Teams für den SC Sternschanze<br />

aufgebaut zu haben. 140 K<strong>in</strong>der und Jugendliche tra<strong>in</strong>ieren<br />

regelmäßig – und es kommen immer mehr.<br />

Alle paar M<strong>in</strong>uten muss die resolute Blonde potentiellen<br />

Nachwuchskickern e<strong>in</strong> Anmeldeformular <strong>in</strong> die Hand drücken.<br />

„Wir nehmen auch Jugendliche, die ke<strong>in</strong> anderer Vere<strong>in</strong> wollte“,<br />

sagt die Mutter zweier Söhne. „Rund die Hälfte der A-Jugend-<br />

Spieler kommen aus Jugendhilfe-E<strong>in</strong>richtungen.“ Sie selbst<br />

hat die Abteilung gegründet. Weil sie wollte, dass ihre „Jungs<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Team Fußball spielen, das nicht nur strikt nach Leistung<br />

geht“.<br />

Mit diesem Ans<strong>in</strong>nen war das Profil der Vere<strong>in</strong>sjugend Sternschanze<br />

vorgezeichnet, die sozialen Erfolge folgten prompt.<br />

Heike Rosemann: „Zwei Jugendliche gehen demnächst zum<br />

Schiedsrichterlehrgang, zwei werden Tra<strong>in</strong>er.“ Es s<strong>in</strong>d die<br />

verme<strong>in</strong>tlichen Problem-Jugendlichen, die sich nun für Jüngere<br />

<strong>in</strong> die Pflicht nehmen lassen.<br />

„Mir reicht das als Beweis dafür, dass der Sportvere<strong>in</strong> die<br />

soziale Kompetenz positiv bee<strong>in</strong>flussen kann“, bef<strong>in</strong>det die<br />

Jugendleiter<strong>in</strong>. Dass gerade <strong>in</strong> Sachen Suchtprävention ke<strong>in</strong>e<br />

Wunder zu erwarten s<strong>in</strong>d, ist ihr dabei bewusst. „Ob die Kids <strong>in</strong><br />

zehn Jahren trotzdem drogenabhängig s<strong>in</strong>d, kann nur die Zeit<br />

zeigen“, sagt sie und fügt achselzuckend h<strong>in</strong>zu: „Natürlich<br />

tr<strong>in</strong>ken die Großen hier ihr Bier.“ Das schmeckt eben immer.<br />

Und überall.


100<br />

101<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

Sonderveröffentlichung<br />

„Wir im Sport“ 06/2001<br />

Zusammenfassung von Prof. Dr. W.-D. Brettschneider und<br />

Torsten Kle<strong>in</strong>e<br />

„Brettschneider-Studie“<br />

Jugendarbeit im Sportvere<strong>in</strong> – Anspruch und<br />

Wirklichkeit – E<strong>in</strong>e Evaluationsstudie<br />

Zwischen 1998 und 2000 untersuchte e<strong>in</strong> Team der Universität<br />

Paderborn unter der Leitung des Sportwissenschaftlers Prof.<br />

Dr. Wolf-<strong>Die</strong>ter Brettschneider die Jugendarbeit <strong>in</strong> nordrhe<strong>in</strong>westfälischen<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n. Zentrale Befunde der Studie, die<br />

das M<strong>in</strong>isterium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport<br />

des Landes NRW <strong>in</strong> Auftrag gegeben hatte, wurden vor kurzem<br />

<strong>in</strong> Düsseldorf vorgestellt.<br />

Jugendarbeit <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n soll – im Selbstverständnis des<br />

organisierten Sports wie auch <strong>in</strong> den Vorstellungen von Staat<br />

und Politik – zum e<strong>in</strong>en das sportliche Engagement im Vere<strong>in</strong><br />

fördern und zum anderen die Persönlichkeitsentwicklung von<br />

jungen Menschen <strong>in</strong> all ihren Facetten unterstützen und folglich<br />

dem Geme<strong>in</strong>wohl dienen. Aufschluss zu gew<strong>in</strong>nen, <strong>in</strong>wieweit<br />

die <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> diesem Anspruch gerecht werden, war das<br />

Ziel der Forschungsarbeit.<br />

<strong>Die</strong> Gesamtkonzeption sah drei Teilstudien vor: e<strong>in</strong>e Fragebogenerhebung,<br />

motorische Tests und Interviews mit Vere<strong>in</strong>sjugendlichen<br />

und deren Eltern. Untersucht wurden Gymnasiasten<br />

und Hauptschüler nach spezifischen Verteilungskriterien an<br />

40 ausgewählten Schulen Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalens im Alter zwischen<br />

12 und 16 Jahren. Zugleich wurde die Vere<strong>in</strong>slandschaft <strong>in</strong><br />

ihrer Vielfalt und Buntheit abgebildet. <strong>Die</strong> Ergebnisse s<strong>in</strong>d für<br />

die genannte Population verallgeme<strong>in</strong>erbar. Alle Teilstudien<br />

waren längsschnittlich (Messung über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum<br />

– Anmerkung der Redaktion) angelegt. Das heißt, die Jugendlichen<br />

wurden im Verlauf von drei Schuljahren mehrfach<br />

untersucht. Auf diese Weise konnten Aussagen über die <strong>in</strong>dividuelle<br />

Entwicklung aller Probanden gemacht und zugleich<br />

Vergleiche zwischen aktiven Vere<strong>in</strong>smitgliedern und vere<strong>in</strong>sdistanzierten<br />

Jugendlichen angestellt werden.<br />

<strong>Die</strong> wichtigsten Befunde:<br />

Nach wie vor ist der Sportvere<strong>in</strong> die unangefochtene No. 1 unter<br />

den Jugendsportorganisationen. In Übere<strong>in</strong>stimmung mit der<br />

aktuellen Shell-Jugendstudie wird im Zehnjahresvergleich<br />

tendenziell sogar e<strong>in</strong>e Steigerung des Organisationsgrades festgestellt.<br />

Mehr als 60% der 12jährigen und ca. 40% der 18jährigen<br />

s<strong>in</strong>d aktive Mitglieder im Sportvere<strong>in</strong> (mehr Jungen als<br />

Mädchen, mehr Gymnasiasten als Hauptschüler). 18jährige<br />

aktive Vere<strong>in</strong>smitglieder s<strong>in</strong>d im Durchschnitt 9 Jahre im Vere<strong>in</strong><br />

und verbr<strong>in</strong>gen dort etwa 5 Stunden pro Woche.<br />

Fazit: Der Vere<strong>in</strong> besitzt e<strong>in</strong>e hohe Integrationskraft<br />

Bei den motorischen Tests verfügen Vere<strong>in</strong>sjugendliche h<strong>in</strong>sichtlich<br />

Schnelligkeit, Kraft, Ausdauer und Koord<strong>in</strong>ationsfähigkeit<br />

durchgängig über die besseren Ausgangswerte. Im Entwicklungsverlauf<br />

kommt es – von Ausnahmen abgesehen, wo<br />

die Leistungsabstufungen gleich bleiben – zumeist zu e<strong>in</strong>er Annäherung<br />

der Entwicklungsl<strong>in</strong>ien. <strong>Die</strong> Verlaufsl<strong>in</strong>ien zur motorischen<br />

Leistungsfähigkeit lassen Entwicklungsvorteile auf Seiten<br />

der Vere<strong>in</strong>sjugendlichen kaum erkennen.<br />

Fazit: Den <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n gel<strong>in</strong>gt es offensichtlich, die motorisch<br />

begabten und sportlich <strong>in</strong>teressierten K<strong>in</strong>der und Jugend-<br />

lichen zu rekrutieren und an sich zu b<strong>in</strong>den. Der anfangs vorhandene<br />

Leistungsvorsprung wird gehalten, kann aber zumeist<br />

nicht ausgebaut werden. Der Vere<strong>in</strong>ssport ist <strong>in</strong>sofern eher als<br />

„Bewahrer“ denn als Förderer der motorischen und sportlichen<br />

Potenziale se<strong>in</strong>es Nachwuchses e<strong>in</strong>zustufen.<br />

Kann der Jugendsport im Vere<strong>in</strong> dazu beitragen, Ressourcen<br />

zu erschließen, den Heranwachsenden bei der Bewältigung<br />

ihrer Entwicklungsaufgaben zu helfen? Aufschluss kann das<br />

Bild geben, das Jugendliche von sich selbst haben.<br />

Bei der Entwicklung des Selbstwertgefühls profitieren Heranwachsende<br />

von ihrem Engagement im Sportvere<strong>in</strong>, allerd<strong>in</strong>gs<br />

geschlechtsspezifisch unterschiedlich. Mädchen entdecken<br />

den Sport als Quelle des Selbstwertgefühls im Entwicklungsverlauf<br />

eher als Jungen; letztere profitierten länger. Bei der<br />

E<strong>in</strong>schätzung ihrer sozialen Beziehungen zu Gleichaltrigen des<br />

gleichen und des anderen Geschlechts wie auch des <strong>in</strong>tergenerationellen<br />

Verhältnisses unterscheiden sich Vere<strong>in</strong>sjugendliche<br />

nicht signifikant von ihren vere<strong>in</strong>sdistanzierten Altersgenossen.<br />

Der Aufbau von Freundeskreisen mag zeitweise vom Sportvere<strong>in</strong><br />

positiv bee<strong>in</strong>flusst werden. E<strong>in</strong>e nachhaltige Wirkung<br />

auf das soziale Selbstkonzept kann nicht nachgewiesen werden.<br />

Bei der E<strong>in</strong>schätzung der eigenen sportlichen Leistungsfähigkeit<br />

wie auch der Zufriedenheit mit der eigenen körperlichen<br />

Attraktivität gibt es geschlechtsunabhängig mehr Geme<strong>in</strong>samkeiten<br />

als Differenzen zwischen jugendlichen Vere<strong>in</strong>smitgliedern<br />

und Nicht-Mitgliedern.<br />

Wenn es um die emotionale Stabilität und ihre Entwicklung<br />

im Jugendalter geht, stellen Alter und vor allem das Geschlecht<br />

die wichtigsten E<strong>in</strong>flussvariablen dar. E<strong>in</strong> systematischer E<strong>in</strong>fluss<br />

des Sportengagements im Vere<strong>in</strong> kann nicht nachgewiesen<br />

werden.<br />

Wenn Belastungen im Jugendalter nicht bewältigt werden,<br />

spiegelt sich das häufig <strong>in</strong> psychosomatischen Beschwerden und<br />

im Problemverhalten der betroffenen Heranwachsenden wider.<br />

Vor Schlafstörungen und Kopfschmerzen s<strong>in</strong>d Vere<strong>in</strong>sjugendliche<br />

im Entwicklungsverlauf weniger betroffen als ihre vere<strong>in</strong>sdistanzierten<br />

Altersgenossen. <strong>Die</strong> Prävalenzrate weiterer Sieben<br />

erfasster psychosomatischer Beschwerdebilder lassen ke<strong>in</strong>e<br />

Unterschiede zwischen der Untersuchungs- und der Kontrollgruppe<br />

erkennen.<br />

<strong>Die</strong> Befunde zum jugendlichen Problemverhalten:<br />

In ihrem Alkoholkonsum s<strong>in</strong>d jugendliche Vere<strong>in</strong>ssportler<br />

ke<strong>in</strong>eswegs zurückhaltender als Nicht-Mitglieder. Bei Zigaretten<br />

sieht die Entwicklung anders aus: <strong>Die</strong> Konsumraten der Vere<strong>in</strong>sjugendlichen<br />

liegen deutlich niedriger. Offensichtlich befürchten<br />

die Vere<strong>in</strong>smitglieder E<strong>in</strong>bußen ihrer sportlichen Leistungen<br />

durch Nikot<strong>in</strong>. In beiden Punkten gibt es große sportartspezifische<br />

Unterschiede. Beim Konsum von Bier und Zigaretten<br />

s<strong>in</strong>d Vere<strong>in</strong>sfußballspieler Spitzenreiter.<br />

Beim Konsum illegaler Drogen gibt es im Durchschnitt ke<strong>in</strong>e<br />

Unterschiede zwischen Vere<strong>in</strong>smitgliedern und Nicht-Mitgliedern.<br />

Bei der Entwicklung der leichten Del<strong>in</strong>quenz ist für jüngere<br />

Heranwachsende von e<strong>in</strong>er protektiven Wirkung des Vere<strong>in</strong>s auszugehen,<br />

die sich im Verlauf der Jugendphase verflüchtigt.<br />

<strong>Die</strong> Prävalenzraten bei schwerer Del<strong>in</strong>quenz s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sgesamt<br />

niedrig und schließen <strong>in</strong>sofern überzeugende Interpretationen aus.<br />

Fazit: Der Sportvere<strong>in</strong> wird <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Leistungen und se<strong>in</strong>er<br />

Leistungsfähigkeit für die Entwicklung der psychosozialen<br />

Gesundheit überschätzt.<br />

Insgesamt legen unsere Befunde nahe, allzu optimistische Annahmen<br />

von positiven Wirkungen der <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> auf die<br />

jugendliche Entwicklung zu relativieren. Wenn sich Vere<strong>in</strong>sjugendliche<br />

<strong>in</strong> manchen Aspekten von ihren vere<strong>in</strong>sdifferenzierten<br />

Altersgenossen unterscheiden, dann dürfte dies vor<br />

allem der Tatsache geschuldet zu se<strong>in</strong>, dass vor allem solche<br />

Jugendliche vermehrt <strong>in</strong> den Sportvere<strong>in</strong> gehen und sich an<br />

ihn b<strong>in</strong>den, die sich von vornehere<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er starken Physis und<br />

Psyche erfreuen.<br />

Der Sportvere<strong>in</strong> stellt e<strong>in</strong> Feld dar, <strong>in</strong> dem Jugendliche vielfältige<br />

Erfahrungen machen können, die für ihre Entwicklung<br />

bedeutsam s<strong>in</strong>d. Deshalb sollte die Jugendarbeit des Sportvere<strong>in</strong>s<br />

weiterh<strong>in</strong> auf die beiden Säulen setzen: die Förderung des<br />

Sportengagements und die Unterstützung jugendlicher Entwicklung.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs stellen sich Wirkungen sportlicher Aktivität<br />

nicht automatisch e<strong>in</strong>. Weder die Förderung psychosozialer<br />

Gesundheit noch die Entwicklung motorischer Leistungsfähigkeit<br />

geschieht so nebenbei. Dazu bedarf es e<strong>in</strong>er spezifischen<br />

Inszenierung des Sports sowie entsprechender Kompetenzen<br />

und Ressourcen auf Seiten derer, die ihn anbieten und<br />

vermitteln.<br />

Den von außen aufgebürdeten oder selbst auferlegten Leistungsansprüchen<br />

kann der Sportvere<strong>in</strong> angesichts der sozialen<br />

und kulturellen Umbrüche <strong>in</strong> unserer Gesellschaft nicht<br />

gerecht werden. Wenn befürchtet wird, dass Sozialisations<strong>in</strong>stanzen<br />

wie Schule und Elternhaus ihre Erziehungsaufgaben<br />

nicht mehr h<strong>in</strong>reichend wahrnehmen (können), kann auch der<br />

Sportvere<strong>in</strong> nicht die Rolle e<strong>in</strong>es Reparaturbetriebes für gesellschaftliche<br />

Defizite übernehmen. <strong>Die</strong> Empfehlungen an den<br />

organisierten Sport lauten: Er kann sich se<strong>in</strong>es pädagogischen<br />

und sozialen Potenzials durchaus sicher se<strong>in</strong>. Bei der Erschließung<br />

dieses Potenzials ist mehr Realitätss<strong>in</strong>n und mehr<br />

Bescheidenheit an den Tag zu legen. Anzuraten ist e<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>wendung<br />

zur Qualitätssicherung und damit verbunden zu verstärkter<br />

Evaluation. Wenn es gelänge, e<strong>in</strong>e neue Debatte um<br />

Profilbildung und Neuorientierung der <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> zu eröffnen,<br />

hätte die Studie mit ihren Befunden e<strong>in</strong>e wichtige Aufgabe<br />

erfüllt.<br />

<strong>Die</strong> Studie „Jugendarbeit <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n“ ist als Broschüre<br />

kostenfrei erhältlich beim:<br />

M<strong>in</strong>isterium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport,<br />

Breite Str. 27, 40190 Düsseldorf, Fax: 0211/3843603, E-mail:<br />

presse@mswks.nrw.de<br />

Stellungnahme des LandesSportBundes Nordrhe<strong>in</strong>-<br />

Westfalen zu den Ergebnissen des Forschungsprojektes<br />

„Jugendarbeit im Sportvere<strong>in</strong>“ durch<br />

den Vizepräsidenten Dr. Johannes Euler<strong>in</strong>g<br />

Der LandesSportBund Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen bedauert, dass es<br />

zu e<strong>in</strong>er voreiligen Veröffentlichung von Teilen der Ergebnisse<br />

des Forschungsprojektes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Tageszeitungen gekommen<br />

ist. <strong>Die</strong> Darstellungen legen höchst e<strong>in</strong>seitige Maßstäbe<br />

an und verkürzen die generellen Möglichkeiten e<strong>in</strong>er zeitgemäßen<br />

Jugendarbeit im Sport auf wenige Aussagen. <strong>Die</strong>se<br />

Darstellungen der Ergebnisse und möglicher Konsequenzen<br />

für die Sportorganisationen s<strong>in</strong>d tendenziös und <strong>in</strong> dieser<br />

Form durch die Untersuchung nicht gedeckt.<br />

Unabhängig von dieser „unglücklichen“ Form der Erstveröffentlichung<br />

sieht sich der LandesSportBund Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />

durch die nunmehr vorliegenden Ergebnisse <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

E<strong>in</strong>schätzung bestätigt, dass die <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> unseres Landes<br />

e<strong>in</strong>e hohe Attraktivität für junge Leute haben, die sich <strong>in</strong>sbesondere<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er großen und lang andauernden Mitgliedschaft<br />

ausdrücken. <strong>Die</strong>se „B<strong>in</strong>dungskraft“ unserer Vere<strong>in</strong>e, die auf<br />

fast die Hälfte aller jungen Menschen im Alter von 12–18 Jahren<br />

wirkt, kann ke<strong>in</strong>e andere Freiwilligenorganisation auch nur<br />

annähernd nachweisen. Wir freuen uns ausdrücklich über die<br />

Feststellung im Untersuchungsbericht, dass „der Sportvere<strong>in</strong><br />

unter quantitativen Gesichtspunkten die mit Abstand bedeutendste<br />

Jugendorganisation ist; ke<strong>in</strong>e andere erreicht e<strong>in</strong>en<br />

Organisationsgrad von mehr als 5 %.“ (S. 490)<br />

Wir s<strong>in</strong>d selbstverständlich weiterh<strong>in</strong> der Me<strong>in</strong>ung, dass <strong>in</strong><br />

unseren <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n zunächst und vor allem spezifische<br />

Fähigkeiten im Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g gelernt und geübt und im Wettkampf<br />

überprüft werden. In den Vere<strong>in</strong>en wird angebotsspezifisch,<br />

bei jungen Menschen vielfach <strong>in</strong> den sogenannten klassischen<br />

Sportarten mit sehr unterschiedlichen motorischen Anforderungen,<br />

tra<strong>in</strong>iert. Wir halten (sozusagen bis zum Beweis des<br />

Gegenteils) an der vielfach gemachten Erfahrung fest, dass<br />

z.B. e<strong>in</strong>e junge Tischtennis- oder Badm<strong>in</strong>tonspieler<strong>in</strong> mit regelmäßigem<br />

Vere<strong>in</strong>stra<strong>in</strong><strong>in</strong>g im Durchschnitt und unter sonst<br />

gleichen Bed<strong>in</strong>gungen besser spielt als e<strong>in</strong>e Spieler<strong>in</strong> ohne<br />

Vere<strong>in</strong>smitgliedschaft.<br />

Zudem ist es angesichts der sehr schwierigen, von vielfältigen<br />

Brüchen gekennzeichneten Lebensphase junger Leute im Alter<br />

von 12–18 Jahren e<strong>in</strong> positiver Befund, wenn nachgewiesen<br />

wird, dass Selbstwertgefühl und emotionale Stabilität <strong>in</strong> dieser<br />

Zeit bei jugendlichen Vere<strong>in</strong>smitgliedern auf hohem Niveau<br />

bleiben.<br />

Wir haben zur Kenntnis zu nehmen, dass – mit Ausnahme des<br />

Zigarettenkonsums – der Konsum legaler und illegaler Drogen<br />

bei jugendlichen Vere<strong>in</strong>smitgliedern genauso hoch ist wie bei<br />

vere<strong>in</strong>sungebundenen jungen Menschen.<br />

Neben vielen <strong>in</strong>teressanten Ergebnissen, die <strong>in</strong> weiteren Auswertungen<br />

noch detaillierter zu erschließen s<strong>in</strong>d, macht die<br />

Untersuchung aber e<strong>in</strong>es ganz deutlich:<br />

<strong>Die</strong> Sportorganisationen, und besonders unsere <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong><br />

werden immer wieder mit sehr hohen, teilweise unrealistischen<br />

Erwartungen h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Leistungen und Wirkungen<br />

auch und gerade für die Persönlichkeitsentwicklung junger<br />

Menschen konfrontiert. Auch Vertreter<strong>in</strong>nen und Vertreter des<br />

Sports haben entsprechende Vorstellungen aufgegriffen, um<br />

öffentliche Förderung und politische Akzeptanz zu sichern.<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse der Untersuchung ermutigen uns, unsere bereits<br />

vor e<strong>in</strong>iger Zeit begonnene Reflexion und Diskussion über<br />

unser Selbstverständnis, über Potentiale, Ziele und Aufgaben<br />

der Sportorganisationen fortzusetzen.<br />

Bereits seit vielen Jahren bef<strong>in</strong>det sich der LandesSportBund<br />

Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tensiven Me<strong>in</strong>ungsaustausch<br />

mit Vertreter<strong>in</strong>nen und Vertretern der <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> über die Frage<br />

der künftigen Vere<strong>in</strong>sentwicklung.<br />

In diesem Diskurs mit der Basis, der auch während des Kongresses<br />

„Hauptsache: Sport“ im Mai 1997 <strong>in</strong> Duisburg stattfand,<br />

ist deutlich geworden, dass viele <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> erkannt haben,<br />

dass sie für ihre künftige Entwicklung e<strong>in</strong> deutliches Profil<br />

für ihre Angebote und Leistungen benötigen. Sie wollen die<br />

Qualität ihrer Organisations- und Betreuungsleistungen erhöhen.<br />

Sie setzen dabei auch auf die Unterstützung durch die Sportverbände<br />

und Bünde und erwarten staatliche Förderung.<br />

Wir ziehen aus den Ergebnissen und den bereits jetzt vorliegenden<br />

öffentlichen und <strong>in</strong>ternen Bewertungen den Schluss,


102<br />

103<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

dass es dr<strong>in</strong>gend erforderlich ist, <strong>in</strong>nerhalb unserer eigenen<br />

Reihen – aber auch <strong>in</strong> der Öffentlichkeit – die Erwartungen,<br />

die an die <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> gerichtet werden können, auf e<strong>in</strong>e realistische<br />

Grundlage zu stellen und zu präzisieren.<br />

In diesem Zusammenhang und zur richtigen E<strong>in</strong>schätzung der<br />

jetzt vorgelegten Untersuchung gehört auch die Klarstellung,<br />

dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er pluralisierten, hochkomplex organisierten Gesellschaft<br />

mit vielen Brüchen und Widersprüchen ke<strong>in</strong>e Sozialisations<strong>in</strong>stanz<br />

– auch nicht die „klassischen“ Instanzen Familie<br />

und Schule – die <strong>in</strong> sie gesetzten hohen Erwartungen erfüllt.<br />

In diesem Institutionenvergleich wird dann auch zu klären<br />

se<strong>in</strong>, dass von e<strong>in</strong>er Freiwilligenorganisation mit ungleich<br />

bescheideneren Ressourcen nicht von vornhere<strong>in</strong> und ohne<br />

präzise Absprachen die gleichen oder gar bessere Leistungen<br />

und Ergebnisse erwartet werden können. <strong>Die</strong> derzeitigen Beiträge<br />

des Sports s<strong>in</strong>d beträchtlich, die Sportorganisationen s<strong>in</strong>d<br />

bereit, über weitere Verbesserungen zu diskutieren und diese<br />

umzusetzen. Wir setzen dabei darauf, dass gezielte Aktivitäten<br />

zur Verbesserung der Vere<strong>in</strong>sangebote, zur Verbesserung der<br />

organisatorischen und personellen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen unserer<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> durch die Sportwissenschaft unterstützt und durch<br />

das Land gefördert werden.<br />

Zur Zeit werden die Ergebnisse des Projektes mit bereits vorliegenden<br />

Befunden <strong>in</strong> früheren Untersuchungen abgeglichen.<br />

Wir werden daraus <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem <strong>in</strong> unserem Hause<br />

erarbeiteten Strategiekonzept „Hauptsache: Sport“ die Felder<br />

ermitteln, <strong>in</strong> denen wir unseren Vere<strong>in</strong>en gezielte Maßnahmen<br />

zur Weiterentwicklung ihrer geme<strong>in</strong>nützigen Arbeit vorschlagen.<br />

Wir werden sie auch ermutigen, sich an e<strong>in</strong>em im Aufbau<br />

bef<strong>in</strong>dlichen Qualitätsmanagementsystem des Sports <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />

zu beteiligen, um qualitativ hochwertige Leistungen<br />

zu erbr<strong>in</strong>gen und diese durch entsprechende Auswertungen<br />

und Ergebnispräsentationen belegen zu können.<br />

<strong>Die</strong> Impulse, Anregungen und Vorschläge, die <strong>in</strong> der Diskussion<br />

über die Untersuchungsergebnisse gegeben bzw. entwickelt<br />

werden, werden <strong>in</strong> den <strong>in</strong> diesen Tagen anlaufenden Gesprächen<br />

über e<strong>in</strong>en „Pakt für den Sport <strong>in</strong> NRW“ Berücksichtigung<br />

f<strong>in</strong>den. In diesem Dialog – zunächst zwischen Landesregierung<br />

und LandesSportBund – werden sich die Gesprächspartner<br />

über Ziele und Aufgaben <strong>in</strong> den wichtigsten Feldern der<br />

Sportentwicklung unseres Landes verständigen und entsprechende<br />

Prioritäten <strong>in</strong> der Sportförderung für die nächsten Jahre<br />

setzen. Art, Umgang und Qualität der Angebote unserer <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong><br />

für junge Menschen werden e<strong>in</strong>en wichtigen Platz auf<br />

der Agenda erhalten.<br />

Der LandesSportBund Nordrhe<strong>in</strong>- Westfalen wird Untersuchungen<br />

und Analysen von ausgewählten <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n, ihrer<br />

Angebote, der Qualität der genutzten Sportanlagen sowie der<br />

Leistungen der tätigen Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeiter und<br />

der Zufriedenheit der Vere<strong>in</strong>smitglieder durchführen und der<br />

Öffentlichkeit präsentieren. E<strong>in</strong> besonderer Akzent wird dabei<br />

auf die Betreuungsleistungen für junge Menschen <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Typen von <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n und mit unterschiedlichen<br />

Sportangeboten (u. a. Sportarten) gelegt werden.<br />

Wir im Sport im Gespräch mit Dr. Klaus Balster<br />

Vorstandsmitglied der Sportjugend NRW und<br />

u.a. Vorsitzender des Ressorts „Bewegung,<br />

Spiel und Sport für K<strong>in</strong>der und Jugendliche“<br />

WIS: Wie e<strong>in</strong>e Bombe schlugen die ersten Vorveröffentlichungen<br />

der Ergebnisse der sogenannten „Brettschneider-Studie“<br />

e<strong>in</strong>. Frei nach dem Motto „Schlechte Nachrichten s<strong>in</strong>d<br />

gute Nachrichten“ berichteten Zeitungen mit Überschriften<br />

wie: „<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> im Zwielicht“, „Beim Konsum von Alkohol<br />

und Zigaretten s<strong>in</strong>d Vere<strong>in</strong>sfußballer Spitze“, „Erschütternde<br />

Ergebnisse beunruhigen“ oder „Vere<strong>in</strong>e machen Jugendliche<br />

nicht fitter fürs Leben“. Mit Häme und Spott reagierten manche<br />

Zeitgenossen auf diese Schlagzeilen.<br />

Womit erklären Sie sich die Form der Berichterstattung,<br />

durch die sich viele tausend ehrenamtliche Sportvere<strong>in</strong>smitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

und –mitarbeiter vor den Kopf gestoßen fühlen?<br />

Balster: <strong>Die</strong> bisherigen plakativ aufbereiteten Aussagen verschiedener<br />

Medien resultieren alle<strong>in</strong>e aus e<strong>in</strong>er ersten für die<br />

Presse aufbereiteten Kurzfassung der Sportjugendstudie (meist<br />

4 Seiten!), die ke<strong>in</strong>e objektiven, zuverlässigen Interpretationen<br />

und ke<strong>in</strong>e konstruktiven Schlüsse erlauben. <strong>Die</strong> Form, die die<br />

meisten der schreibenden Zunft wählten, gründet sich nicht<br />

auf e<strong>in</strong>en verantwortlichen Umgang mit Ergebnisdaten, sondern<br />

redet e<strong>in</strong>em re<strong>in</strong> populistischen Weg das Wort. Darum ist diese<br />

Form überhaupt nicht zu billigen!<br />

Kaum e<strong>in</strong>e Zeitung war um e<strong>in</strong>e objektive Berichterstattung<br />

bemüht, denn dazu hätten die Redakteure und Redakteur<strong>in</strong>nen<br />

zunächst die Gesamtstudie von knapp 500 Seiten lesen müssen.<br />

Denn dann ersche<strong>in</strong>en Aussagen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen Zusammenhang.<br />

<strong>Die</strong>sen „analytischen Kenntnisstand“ hätte ich sowohl e<strong>in</strong>igen<br />

Verantwortungsträgern <strong>in</strong> den Sportverbänden gewünscht, die<br />

durch ihre „zu schnellen“ Funktionärs-Reaktionen bei vielen<br />

Vere<strong>in</strong>smitstreitern unnötige Verunsicherungen auslösten, als<br />

auch Vertretern aus Organisationen außerhalb des Sports bzw.<br />

politisch Verantwortlichen <strong>in</strong> Jugendhilfeausschüssen, die<br />

schon die qualitativen Leistungen der größten Jugendorganisation<br />

und damit f<strong>in</strong>anzielle Jugendförderungen durch das<br />

Land <strong>in</strong> Frage stellen. Darum wird e<strong>in</strong>e umfängliche konstruktive<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der Studie nötig!<br />

WIS: Wir haben <strong>in</strong> der Vergangenheit auch <strong>in</strong> unserem Magaz<strong>in</strong><br />

immer wieder die positiven Aspekte unserer Jugendarbeit herausgestellt.<br />

Wir haben uns auf den Weg gemacht, ebenso die<br />

Anerkennung der sportlichen Jugendarbeit als förderungswürdige<br />

Jugendarbeit im Rahmen des K<strong>in</strong>der und Jugendhilfegesetzes<br />

zu erreichen. Ist das alles falsch, müssen wir unsere<br />

Auffassung korrigieren oder nur präzisieren?<br />

Balster: Ne<strong>in</strong> – die größte Jugendorganisation erhält zu recht<br />

staatliche Förderungen, wie dies e<strong>in</strong>drucksvoll e<strong>in</strong>ige Detaildaten<br />

der Studie zeigen. Beurteilen Sie e<strong>in</strong>mal, was Brettschneider<br />

selbst formuliert:<br />

Zusammenstellung von Dr. Klaus Balster<br />

(In Klammern jeweils die Seitenzahlen der Studie,<br />

SV=Sportvere<strong>in</strong>, SM=Sportvere<strong>in</strong>smitglied):<br />

Wie Jugendliche den Sportvere<strong>in</strong> sehen!<br />

• nicht verstaubt (S.85), sondern aufgeschlossen und vielfältig<br />

(S.95)<br />

• Jugendliche <strong>in</strong>ternationaler Herkunft sehen SV als offenherzig<br />

an (S.86)<br />

• Tendenz: Populär, leicht zugänglich und gut ausgestattet (S.86)<br />

• SV ist e<strong>in</strong> Ort der Geselligkeit (S.90); soziales Klima positiv<br />

(S.95)<br />

• Notwendigkeit für die Existenz von SV (S.91)<br />

• SV ist nicht e<strong>in</strong>seitig und e<strong>in</strong>fallslos (S.92)<br />

• Image des SV ist positiv (S.95)<br />

Sett<strong>in</strong>g für Sporttreiben<br />

Für die meisten Jugendlichen ist privat organisierter Sport e<strong>in</strong>e<br />

attraktive Ergänzung zum Vere<strong>in</strong>ssport, ke<strong>in</strong>e Alternative (S. 124)<br />

Bestätigt wird der für SV positive Befund, dass SM andere<br />

Sportgelegenheiten eher kompensatorisch, denn als Alternative<br />

zum Sportvere<strong>in</strong> aufsuchen<br />

Motorische Leistungsfähigkeit<br />

Bei der motorischen Leistungsfähigkeit weisen SM <strong>in</strong> fast<br />

allen Übungen die besseren Leistungen auf, was sich auf die<br />

bessere Konstitution der SM zurückführen lässt (S.212)<br />

SM <strong>in</strong> allen Tests bessere Werte (S.175), hoher Leistungsvorsprung<br />

Selbstkonzept<br />

• Bezüglich aller untersuchten Dimensionen des Selbstkonzeptes<br />

zeigen SM positivere Werte (S.219)<br />

• SM wird e<strong>in</strong>e stabilere emotionale Bef<strong>in</strong>dlichkeit zugeschrieben<br />

(S.246)<br />

• Losgelöst vom Entwicklungsverlauf ist der E<strong>in</strong>fluss der SM<br />

festzustellen (S.249)<br />

• SM zeigen höheres E<strong>in</strong>gangs- bzw. Endniveau <strong>in</strong> Bezug auf<br />

die E<strong>in</strong>schätzung ihres Selbstwertgefühls (S.254)<br />

• SM schätzen sich realistischer e<strong>in</strong> (S.276)<br />

Psychosomatische Beschwerden<br />

• SM berichten seltener von psychosomatischen Beschwerden<br />

(S.288)<br />

• SM haben weniger Kopfschmerzen (S.293)<br />

• SM leiden weniger an Nervosität (S.296)<br />

• SM haben weniger Magenbeschwerden (S.299)<br />

• SM leiden weniger unter Schlaflosigkeit (S.301)<br />

Jugendliches Problemverhalten<br />

• SM rauchen weniger (S.320)<br />

• SM tr<strong>in</strong>ken weniger Bier (S.320)<br />

• SM tr<strong>in</strong>ken weniger Alkoholika (S.320)<br />

• SM rauchen weniger Haschisch bzw. Marihuana (S.320)<br />

• SM zeigen ger<strong>in</strong>ge Gewaltbereitschaft (S.345/346)<br />

• SM begehen weniger schwerwiegende Eigentums- und Gewaltdelikte<br />

(S.347)<br />

• SM zeigen niedrigere und weniger steil ansteigende Quoten<br />

normverletzender Verhaltensweisen (S.348)<br />

• SM s<strong>in</strong>d seltener an Formen abweichenden Verhaltens beteiligt<br />

(S.348)<br />

Soziale Beziehungen<br />

• Mit zunehmendem Alter werden die Sportvere<strong>in</strong>snetzwerke<br />

größer, stabiler und leisten umfassende soziale Unterstützung<br />

(S.456)<br />

• Altershomogene Sportgruppen s<strong>in</strong>d vorteilhaft für die Entwicklung<br />

und den Erhalt sozialer Beziehungen (S.457)<br />

• Vere<strong>in</strong> genießt bei den Eltern e<strong>in</strong> hohes Ansehen (S.480)<br />

• E<strong>in</strong>e über Jahre gewachsene Vere<strong>in</strong>sgruppe kann tatsächlich<br />

zu e<strong>in</strong>em sozialen Netz werden, <strong>in</strong> dem die SM füre<strong>in</strong>ander<br />

e<strong>in</strong>stehen (S.485)<br />

• SV bietet Gelegenheiten, soziale Beziehungen zu knüpfen<br />

(S.485)<br />

Leistungen des Sportvere<strong>in</strong>s für se<strong>in</strong>e Jugendlichen<br />

• SV erreicht mit Abstand höchsten Organisationsgrad<br />

(S.490)<br />

• SV trägt zur Dichte des sozialen Netzwerkes von Jugendlichen<br />

bei (S.493)<br />

• Verdienst der SV, dass heute so viele Jugendliche <strong>in</strong>formellen<br />

und privat organisierten Sportaktivitäten nachgehen (S.496)<br />

Also – die Förderung ist gerechtfertigt. Nur – wir sollten diese<br />

Studie, wie wir dies auch bei anderen tun, zum Anlass nehmen<br />

und uns aktiv mit verschiedenen sportimmanenten und gesellschaftlichen<br />

Prozessen ause<strong>in</strong>andersetzen. Dazu gehört für<br />

mich auch, dass sich Funktionsträger häufiger an Entwicklungen<br />

aktiv beteiligen bzw. sich nicht notwendigen qualitativen Veränderungen<br />

verschließen.<br />

WIS: Was ist unseren Vere<strong>in</strong>smitarbeitern zusammenfassend<br />

zu den Ergebnissen der Studie zu sagen?<br />

Balster: Sportvere<strong>in</strong>smitglieder haben zu Beg<strong>in</strong>n und am<br />

Ende der Untersuchung meist bessere Werte<br />

Der Erhalt e<strong>in</strong>es höheren Niveaus ist bei SM dauerhafter; was<br />

als positiver Aspekt e<strong>in</strong>er Sportvere<strong>in</strong>ssozialisation zu werten ist<br />

• Ke<strong>in</strong>e Nivellierungseffekte (Nivellierung = Gleichmachung,<br />

A.d. Redaktion) zugunsten der SM<br />

• SM s<strong>in</strong>d nicht schlechter entwickelt<br />

• Integrationskraft der <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> als Freiwilligenvere<strong>in</strong>igung<br />

ist e<strong>in</strong> besonders wichtiger Part im gesellschaftlichen<br />

Zusammenhalt; ke<strong>in</strong>e andere Organisation erreicht vergleichbare<br />

B<strong>in</strong>dungswirkungen<br />

• Trotz der Jugendphase mit sehr vielen Brüchen bietet der<br />

Sportvere<strong>in</strong> im Gegensatz zu anderen Institutionen e<strong>in</strong>en<br />

stabilen Entwicklungsort (das Gros bleibt im Sport)<br />

• Der SV ist der grundlegende Ort, um junge Menschen für<br />

bürgerschaftliches Engagement zu gew<strong>in</strong>nen<br />

• SM weisen <strong>in</strong> ihrer motorischen Entwicklung, im Selbstkonzept<br />

und <strong>in</strong> den psychosomatischen Beschwerden günstigere<br />

Werte <strong>in</strong> be<strong>in</strong>ahe allen Fällen auf<br />

• <strong>Die</strong> Ambivalenz (Widersprüchlichkeit, A.d. Redaktion) gesellschaftlicher<br />

Zusammenhänge zeigt sich am Beispiel des<br />

Alkoholkonsums. Geselligkeit steht häufig im Zusammenhang<br />

mit Alkoholkonsum und der SV kann dadurch nicht zur<br />

alkoholfreien Zone mutieren<br />

• Primäre Aufgabe der <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> ist die geme<strong>in</strong>schaftliche<br />

Ausübung sportlicher Aktivität<br />

• SV bietet Forum für die Selbstentfaltung und persönliche<br />

Darstellung; er bietet e<strong>in</strong>e zusätzliche Option für e<strong>in</strong>en gel<strong>in</strong>genden<br />

Sozialisationsprozess


104<br />

105<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

WIS: Welche Argumentationshilfen können wir unseren Jugendleitern,<br />

Übungsleitern, Tra<strong>in</strong>ern und Vere<strong>in</strong>s- und Jugendvorstandsmitgliedern<br />

geben, um sie fit für Diskussionen mit zum<br />

Beispiel Eltern, Politikern und Jugendfunktionären anderer<br />

Jugendverbände zu machen?<br />

Balster: Ich empfehle ihnen, sich mit den Detaildaten zu<br />

befassen, sie <strong>in</strong>tensiv und sorgfältig <strong>in</strong> den eigenen Reihen zu<br />

diskutieren und sie mit eigenen, gültigen und zuverlässigen<br />

bisherigen Programmen, Leitl<strong>in</strong>ien und Handlungsschritten zu<br />

vergleichen. Erst dann macht der Schritt S<strong>in</strong>n, auf andere Personen<br />

oder Organisationen außerhalb des Sport zuzugehen.<br />

<strong>Die</strong>ser Prozess sollte sachbezogen gestaltet werden. Sportjugend<br />

und LandesSportBund bieten hier Gesprächshilfen an.<br />

WIS: Welche Konsequenzen sollten Ihrer Me<strong>in</strong>ung nach die<br />

Sportjugend NRW und der LandesSportBund aus der Studie<br />

ziehen?<br />

Balster: <strong>Die</strong>se Daten, wie auch die anderer Studien, sollten<br />

immer wieder Anlass se<strong>in</strong>, uns selbst e<strong>in</strong>en Spiegel vorzuhalten<br />

(z.B. Stichwort Erfüllung der Leitbildvorgaben) und uns <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en permanenten gesellschaftlichen Dialog e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen.<br />

Aber auch hier bitte sachlich.<br />

Künftig sehe ich vermehrten Handlungsbedarf<br />

auf dem H<strong>in</strong>tergrund der Sportjugendstudie für<br />

folgende aktuelle Aufgaben:<br />

Studie im Blitzlicht der Wissenschaft<br />

Der LandesSportBund hat zur eigenen Me<strong>in</strong>ungsbildung drei<br />

bekannte Wissenschaftler beauftragt, e<strong>in</strong>e Stellungnahme zur<br />

Untersuchung von Professor Brettschneider abzugeben. Aus den<br />

vorliegenden Stellungnahmen s<strong>in</strong>d folgende Zitate entnommen:<br />

Univ.-Prof. Dr. Volker Rittner/Dr. Christoph Breuer<br />

(Deutsche Sporthochschule Köln, Institut für Sportsoziologie)<br />

„Von größter Bedeutung ist die Feststellung, dass die Sportorganisationen<br />

außerordentlich erfolgreich h<strong>in</strong>sichtlich der E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung<br />

von K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen s<strong>in</strong>d. Hier s<strong>in</strong>d ausnahmsweise<br />

auch Superlativen angemessen. In e<strong>in</strong>er Zeit der<br />

Individualisierung und Differenzierung schafft es e<strong>in</strong>e Organisation<br />

bzw. e<strong>in</strong> Verbund von Organisationen – auf der Basis<br />

der Freiwilligkeit – K<strong>in</strong>der und Jugendliche zu b<strong>in</strong>den und –<br />

auf Zeit – zu <strong>in</strong>tegrieren. (…) Ke<strong>in</strong>e andere Jugendorganisation<br />

erreicht auch nur annähernd gleiche B<strong>in</strong>dungswirkungen.“<br />

E<strong>in</strong> (…) Aspekt ist, dass K<strong>in</strong>der und Jugendliche die Organisation<br />

sehr positiv beurteilen. Auch dies ist e<strong>in</strong> Ergebnis der Studie<br />

von Brettschneider/Kle<strong>in</strong>e. Damit s<strong>in</strong>d im übrigen schon erste<br />

Voraussetzungen e<strong>in</strong>es Qualitätsmerkmales erfolgt, wenn<br />

man so will, Kategorien von ‘Kundenzufriedenheit’.“ (Seite 22)<br />

Prof. Dr. <strong>Die</strong>trich Kurz/Andre Gogoll<br />

(Universität Bielefeld – Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaften)<br />

„In querschnittlicher Perspektive (Messung zu e<strong>in</strong>em<br />

bestimmten Zeitpunkt – Anmerkung der Redaktion) ergibt sich,<br />

dass jugendliche Sportvere<strong>in</strong>smitglieder gegenüber Nichtmitgliedern<br />

<strong>in</strong> be<strong>in</strong>ahe allen Fällen die günstigeren Werte <strong>in</strong> der<br />

motorischen Entwicklung, im Selbstkonzept und <strong>in</strong> den<br />

psychosomatischen Beschwerden aufweisen. H<strong>in</strong> sichtlich<br />

des Substanzkonsums weisen beide Vergleichsgruppen ähnlich<br />

hohe Werte auf. In längsschnittlicher Perspektive (Messung<br />

über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum – Anmerkung der Redaktion)<br />

bestätigen sich die erwarteten positiven Entwicklungen der<br />

Vere<strong>in</strong>smitglieder nicht. Sie verbessern sich im Verlauf der<br />

Jugendphase nicht stärker <strong>in</strong> den erfragten motorischen Testwerten,<br />

im Selbstkonzept, bei den psychosomatischen<br />

Beschwerden und im Problemverhalten als die Nichtmitglieder.“<br />

(Seite 17/18)<br />

„Hier liegt e<strong>in</strong>e große Herausforderung für Sportangebote, die<br />

so gestaltet werden müssen, dass sie den Jugendlichen Freiräume<br />

ermöglichen, um selbständig Regeln auszuhandeln,<br />

Rollen zu verteilen und zu übernehmen, Grenzen zu setzen<br />

und offen für neue Impulse und Veränderungen zu se<strong>in</strong>.“ (Seite 26)<br />

Impressum:<br />

Herausgeber: LandesSportBund Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />

Friedrich-Alfred-Str.25,47055 Duisburg<br />

Redaktion: Michael Heise (verantwortlich)<br />

Jürgen Driever, Torsten Haselbauer,<br />

Ra<strong>in</strong>er Kusch<br />

Fotos: M<strong>in</strong>kus, Bayer, Stephan<br />

Layout: KÖLNSPORT, 2001<br />

• Ke<strong>in</strong>e anmaßenden Funktionszuschreibungen Qualitätsdiskussion/-beschreibung/-angebote;<br />

genaue Profile<br />

• Diskussion von Schlüsselqualifikationen als unterstützende<br />

Entwicklungshilfe<br />

• Spezifische und spezielle Programme für Jugendliche mit<br />

Entwicklungsstörungen<br />

• Eigene Untersuchungen bzw. punktuelle Untersuchungsergänzungen<br />

<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit anderen E<strong>in</strong>richtungen<br />

für e<strong>in</strong>e Ganztagsbetreuung; Kooperations- und Vernetzungsmodelle;<br />

besondere Abstimmung u.a. mit Eltern und Schule.<br />

Sportjugend und LandesSportBund haben vorausschauend<br />

schon längst verabredet, sich demnächst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Arbeitsgruppe<br />

mit den Daten und deren Konsequenzen zu beschäftigen.<br />

WIS: Welche Erfordernisse s<strong>in</strong>d im geplanten „Pakt für den<br />

Sport“ zwischen Landesregierung und LandesSportBund <strong>in</strong><br />

Bezug auf Ergebnisse der Studie festzuschreiben?<br />

Balster: Wir sollten das Angebot von M<strong>in</strong>ister Vesper, das er<br />

uns <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Statement am 5. März 2001 anlässlich der Pressekonferenz<br />

zur Präsentation der Studie <strong>in</strong> Düsseldorf unterbreitet<br />

hat, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Diskussionsprozess e<strong>in</strong>zusteigen, umgehend<br />

annehmen. In diesem offenen Me<strong>in</strong>ungsdialog können<br />

wir dann unsere umfänglichen aktuellen Anstrengungen und<br />

Programme vorstellen, die die besonderen unverwechselbaren,<br />

qualitativen Möglichkeiten des Vere<strong>in</strong>ssports, vor allem im Vergleich<br />

zu anderen Organisationen bzw. Institutionen, verdeutlichen.<br />

WIS: Vielen Dank für das Gespräch.<br />

Prof. Dr. Klaus Hurrelmann<br />

(Universität Bielefeld – Fakultät für Gesundheitswissenschaften)<br />

„Aus den Ergebnissen der sozialisationstheoretischen Jugendforschung<br />

kann der Schluss gezogen werden, dass <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong><br />

wie andere Organisationen, <strong>in</strong> denen Jugendliche ihre Freizeit<br />

verbr<strong>in</strong>gen, heute strukturell nur e<strong>in</strong>en begrenzten E<strong>in</strong>fluss<br />

auf die Persönlichkeitsentwicklung und auf die Steuerung von<br />

Entwicklungs- und Gesundheitsproblemen bei Jugendlichen<br />

haben können. <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> sollten das <strong>in</strong> ihrer <strong>in</strong>ternen Arbeit<br />

ebenso berücksichtigen wie <strong>in</strong> ihrer Außendarstellung. Sie<br />

können nur als e<strong>in</strong>e Sozialisations<strong>in</strong>stanz unter vielen auftreten<br />

und nur bei e<strong>in</strong>igen wenigen Jugendlichen davon ausgehen,<br />

dass sie e<strong>in</strong>e wirklich vorherrschende Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung<br />

e<strong>in</strong>nehmen können. Nur <strong>in</strong> seltenen Fällen<br />

haben sie prägende Bedeutung und können E<strong>in</strong>flüsse von<br />

Familie, Schule und Gleichaltrigengruppe überbieten.“ (Seite 24)<br />

„<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> stehen vor großen Herausforderungen. Sie<br />

müssen ihr Programm weiter diversifizieren und auf die vielfältigen<br />

Bedürfnisse unterschiedlicher Jugendlichengruppen<br />

abstellen.“ (Seite 26)


106<br />

107<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

Südwestfunk, FS-Inland,<br />

Reportma<strong>in</strong>z Sendung: 28.05.2001<br />

http://www.swr.de/report<br />

„Vollrausch e.V.“ – der Jugendsport <strong>in</strong> der Kritik<br />

Bericht:<br />

Kamera:<br />

Schnitt:<br />

Sebastian Bösel<br />

Heiko Picon<br />

Ulrich Vollert<br />

Jörg Becker<br />

Moderation Bernhard Nellessen:<br />

In deutschen <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n wird zu viel getrunken. Vor allem<br />

von Jugendlichen, und die fangen immer früher damit an. Das<br />

steht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Studie, die das Land Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen <strong>in</strong> Auftrag<br />

gegeben hat. Ist die Vorstellung, dass unsere K<strong>in</strong>der <strong>in</strong><br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n gut aufgehoben s<strong>in</strong>d, falsch? S<strong>in</strong>d Kampagnen<br />

wie „Ke<strong>in</strong>e Macht den Drogen“ pure Augenwischerei? Sebastian<br />

Bösel hat das untersucht.<br />

Bericht:<br />

Dr. Harald Schmid – e<strong>in</strong>er der populärsten Sportler Deutschlands.<br />

Mehrfacher Europameister im Hürdenlauf. Längst ist<br />

er nicht mehr aktiv, e<strong>in</strong>e große Hürde steht aber noch vor ihm:<br />

Er möchte, dass der Vere<strong>in</strong>ssport <strong>in</strong> Deutschland sauberer<br />

wird. Se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach haben viele <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> e<strong>in</strong> Alkoholproblem.<br />

O-Ton, Harald Schmid, Ex-Europameister:<br />

„Es gibt durchaus e<strong>in</strong>e gewisse Vere<strong>in</strong>skultur, wo auch das<br />

Tr<strong>in</strong>ken zum Beispiel dazugehört. Und wenn K<strong>in</strong>der immer nur<br />

sehen, dass Erwachsene saufen, dann machen sie es e<strong>in</strong>fach<br />

nach.“<br />

Das Ende e<strong>in</strong>es Kreispokalturniers irgendwo <strong>in</strong> der nordrhe<strong>in</strong>westfälischen<br />

Prov<strong>in</strong>z. Jubel bei der Jugend. Der Tra<strong>in</strong>er sorgt<br />

sich um die dritte Halbzeit.<br />

O-Ton, Tra<strong>in</strong>er:<br />

„So Jungs, tr<strong>in</strong>kt ihr was?“<br />

„Ja! Ja! Bier! Bier! Bier!“<br />

<strong>Die</strong> Stimmung ist gut, die Truppe tr<strong>in</strong>kfest. Auf der letzten Vere<strong>in</strong>sfahrt<br />

nach Spanien haben die Jungs tra<strong>in</strong>iert.<br />

O-Ton, Spieler:<br />

„Wir waren <strong>in</strong> Loret del Mar auf Mannschaftsfahrt, da s<strong>in</strong>d<br />

wir es gewohnt.“<br />

Frage: Wieso, was war da?<br />

O-Ton, Spieler:<br />

„Party ohne Ende! Zehn Tage fast durchgemacht, kann man<br />

so sagen. Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>fach glücklich jetzt, stimmt's Freunde?“<br />

O-Ton, Tra<strong>in</strong>er:<br />

„Und noch mal? Noch e<strong>in</strong>e Runde? War mir klar! Noch e<strong>in</strong>mal<br />

bitte füllen!“<br />

<strong>Die</strong> Organisatoren des Turniers geben sich Mühe. Der Jugendleiter<br />

kümmert sich um die Kondition – der Zapfanlage. Während<br />

die Kids auf dem Rasen kicken. Hier fließt nicht nur<br />

Kölsch, sondern auch nötiges Geld <strong>in</strong> die Vere<strong>in</strong>skasse, aber<br />

nur wenn die Stimmung stimmt.<br />

O-Ton, Jugendleiter:<br />

„Dann wird hier richtig gefeiert. Dann geht richtig die Post ab.“<br />

Frage: Jung und Alt zusammen?<br />

O-Ton, Jugendleiter:<br />

„Jung und Alt zusammen. Dann wird gefeiert bis zum Abw<strong>in</strong>ken.“<br />

Vere<strong>in</strong>ssport ist gesund für unsere K<strong>in</strong>der – dachten wir bislang.<br />

Millionenschwere Kampagnen von Politik und Sportverbänden<br />

gaukelten jahrelang e<strong>in</strong>e heile Welt vor. Doch <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n<br />

gibt es viel zu oft e<strong>in</strong> Milieu, das für die K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />

fatale Folgen haben kann.<br />

Das steht <strong>in</strong> dieser Studie, die <strong>in</strong> den nächsten Tagen veröffentlicht<br />

werden soll. Der Sportwissenschaftler Wolf-<strong>Die</strong>trich<br />

Brettschneider von der Universität Paderborn hat Ergebnisse<br />

vorgelegt, die erschrecken.<br />

O-Ton, Prof. Wolf-<strong>Die</strong>trich Brettschneider, Sportwissenschaft,<br />

Universität Paderborn:<br />

„Wir haben e<strong>in</strong>deutige Befunde, dass vor allem <strong>in</strong> Mannschaftssportarten,<br />

hier vor allem im Fußball, dicht gefolgt vom Handball,<br />

e<strong>in</strong>deutig Wirkungen erzielt werden, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e unerwünschte<br />

Richtung gehen. Das heißt, es wird <strong>in</strong> den Fußballmannschaften<br />

so viel geraucht, vor allem so viel getrunken wie ansonsten <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er<br />

anderen Sportart, aber auch wie ansonsten nicht bei Jugendlichen,<br />

die nicht <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n engagiert s<strong>in</strong>d.“<br />

<strong>Die</strong> Studie belegt zwar, dass die Vere<strong>in</strong>e das Selbstwertgefühl<br />

der K<strong>in</strong>der und Jugendlichen unterstützen, das führt allerd<strong>in</strong>gs<br />

nicht dazu, dass sie Probleme besser bewältigen und zu Drogen<br />

Ne<strong>in</strong> sagen. <strong>Die</strong> ernüchternde Erkenntnis:<br />

Zitat:<br />

„Jugendliche Vere<strong>in</strong>ssportler s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> ihrem Alkoholkonsum<br />

ke<strong>in</strong>eswegs zurückhaltender als ihre vere<strong>in</strong>sungebundenen<br />

Altersgenossen. In manchen Sportarten wird die Integration<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e „Alkoholkultur“ geradezu gefördert.“<br />

O-Ton, Prof. Wolf-<strong>Die</strong>trich Brettschneider, Sportwissenschaft,<br />

Universität Paderborn:<br />

„Aus der Suchtforschung ist ja bekannt, dass es Zusammenhänge<br />

gibt zwischen e<strong>in</strong>em frühen E<strong>in</strong>stiegsalter und der Gefahr,<br />

<strong>in</strong> diesem Suchtbereich hängen zu bleiben. Und das veranlasst<br />

uns natürlich, die Befunde h<strong>in</strong>sichtlich Alkoholkonsum sehr<br />

ernst zu nehmen.“<br />

Zurück zum Kreispokal <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z. Der Jugendbetreuer<br />

und se<strong>in</strong>e Schützl<strong>in</strong>ge. Er macht es vor, wie es geht – ohne darüber<br />

nachzudenken.<br />

Frage: <strong>Vorbild</strong> für die Jungs?<br />

O-Ton, Jugendbetreuer:<br />

„Ich denke schon. Man muss immer e<strong>in</strong> <strong>Vorbild</strong> se<strong>in</strong> für die<br />

Jungs, man muss sich immer so geben, wie man es von se<strong>in</strong>em<br />

Gegenüber auch verlangen würde, so sollte man sich geben.<br />

Und gerade bei den K<strong>in</strong>dern sollte man, da sie eben e<strong>in</strong>em<br />

viel abgucken, eben sich auch entsprechend verhalten.“<br />

Vor e<strong>in</strong> paar Tagen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Schon wieder e<strong>in</strong> Plakat des Deutschen<br />

Sportbundes. Schon wieder die Botschaft: Vere<strong>in</strong>e machen<br />

unsere K<strong>in</strong>der stark gegen Drogen. Angesichts der neuen<br />

Erkenntnisse der Sportwissenschaft kl<strong>in</strong>gt dies fast wie Hohn.<br />

Der Deutsche Sportbund kennt das Problem schon lange. Es<br />

gab bereits mehrfach ähnliche Ergebnisse, sie wurden nahezu<br />

ignoriert. Jetzt braucht man e<strong>in</strong> Alibi, und wie immer <strong>in</strong> solchen<br />

Fällen müssen Vorzeigesportler ran.<br />

Bilanz der Aktion „K<strong>in</strong>der stark machen“, e<strong>in</strong>er Kampagne der<br />

Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung, des Deutschen<br />

Sportbundes und von Harald Schmid, dem Vorzeigesportler.<br />

Seit fünf Jahren versucht Harald Schmid, Betreuer und Tra<strong>in</strong>er<br />

für das Thema Drogen <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n, zu sensibilisieren.<br />

E<strong>in</strong>e zweifellos vorbildliche Arbeit, leider auf Sparflamme.<br />

Erst 6.000 Tra<strong>in</strong>er konnte Schmid und se<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Team bislang<br />

ausbilden. In Deutschland gibt es rund e<strong>in</strong>e Million Betreuer<br />

und Tra<strong>in</strong>er. <strong>Die</strong> Funktionäre wachen erst langsam auf. Verantwortung<br />

wird abgewiesen.<br />

Frage: Müssen Sie sich da nicht fragen, ob Sie was falsch<br />

gemacht haben?<br />

O-Ton, Manfred von Richthofen, Präsident Deutscher<br />

Sportbund:<br />

„Ja, wir fragen uns natürlich, können wir alle Aufgaben, die an<br />

uns herangetragen werden, wirklich konsequent erfüllen. Und da<br />

müssen wir sagen: Ne<strong>in</strong>! Wir werden also <strong>in</strong> Zukunft verstärkt<br />

auch Aufgaben abweisen, so wichtig sie auch se<strong>in</strong> mögen.“<br />

Wohlgemerkt: Aufgaben, die die Funktionäre der Sportverbände<br />

sich selbst mit vordergründigen Kampagnen und Lobby-Arbeit<br />

gestellt haben.<br />

Auch beim Deutschen Fußballbund wird das Drogenproblem<br />

der Basis erst mal kle<strong>in</strong> geredet.<br />

O-Ton, Theo Zwanziger, Schatzmeister Deutscher<br />

Fußballbund:<br />

„Nach me<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schätzung, und ich habe selbst mal Fußball<br />

gespielt, und wenn ich da nicht völlig schief liege, ist das <strong>in</strong><br />

me<strong>in</strong>er Jugendzeit, also so vor 30 – 35 Jahren wesentlich<br />

<strong>in</strong>tensiver gewesen, als das heute der Fall ist.“<br />

<strong>Die</strong>s ist offenbar nicht der Fall. Das zeigt e<strong>in</strong>e weitere Studie,<br />

die REPORT Ma<strong>in</strong>z vorliegt. In ihrer Doktorarbeit an der<br />

Universität Heidelberg hat die Erziehungswissenschaftler<strong>in</strong><br />

Beate Locher e<strong>in</strong>e Umfrage unter 13- bis 16 Jährigen <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>en<br />

gemacht – mit noch erschreckenderen Zahlen.<br />

O-Ton, Beate Locher, Erziehungswissenschaftler<strong>in</strong>:<br />

„Ich war doch sehr verblüfft, als ich mir die Zahlen angeschaut<br />

habe und gesehen habe, dass Jugendliche im sehr jungen<br />

Alter, zum Teil vor ihrem zehnten Lebensjahr mit dem Konsum<br />

beg<strong>in</strong>nen – Alkohol konsumieren oder Zigaretten rauchen –<br />

und sich das E<strong>in</strong>stiegsalter gegenüber bisherigen Studien<br />

doch weiter nach vorne verlagert.“<br />

<strong>Die</strong> Studie stellt fest:<br />

Zitat:<br />

„Jugendliche <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n konsumieren nicht nur potentiell<br />

häufiger Alkohol als nicht-vere<strong>in</strong>sgebundene Jugendliche,<br />

sie zeigen auch öfter e<strong>in</strong>en Alkoholrausch.“<br />

Und weiter:<br />

Zitat:<br />

„<strong>Die</strong> Bestimmungen des Jugendschutzes werden so gut wie<br />

kaum wahrgenommen.“<br />

E<strong>in</strong>e D-Jugend nach dem Kreispokalsieg. <strong>Die</strong> Jungs s<strong>in</strong>d zwischen<br />

zehn und zwölf.<br />

Frage: Was macht ihr jetzt?<br />

O-Ton, Spieler:<br />

„Saufen! Feiern! Saufen gehen! Alles mögliche, was geht!“<br />

Frage: Was saufen?<br />

O-Ton, Spieler:<br />

„Biiiieer!“<br />

Es s<strong>in</strong>d die Rituale, die <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>en früh gelernt werden: K<strong>in</strong>dersekt<br />

für die Zehnjährigen, der Kasten Bier für die B-Jugend.<br />

O-Ton, Spieler:<br />

„<strong>Die</strong> Stimmung, die ist klasse, e<strong>in</strong>fach klasse die Stimmung,<br />

wirklich!“<br />

Frage: Der Kasten ist schon leer, oder?<br />

O-Ton, Spieler:<br />

„Der Kasten ist schon leer, wir brauchen noch e<strong>in</strong>en, der hat ja<br />

gar nicht gereicht.“<br />

Frage: Woher habt ihr den Kasten?<br />

O-Ton, Spieler:<br />

„Den Kasten haben wir gespendet bekommen für unsere tolle<br />

Leistung.“<br />

Dem Spender und Tra<strong>in</strong>er ist's pe<strong>in</strong>lich, doch um Ausreden ist<br />

er nicht verlegen:<br />

O-Ton, Tra<strong>in</strong>er:<br />

„Wir haben hier nur noch mal uns e<strong>in</strong> bisschen zusammengesetzt,<br />

um den Zusammenhalt der Mannschaft so e<strong>in</strong> bisschen<br />

zu festigen.“<br />

<strong>Die</strong> Sportfunktionäre s<strong>in</strong>d nervös. Es geht um den Ruf der<br />

87.000 <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> <strong>in</strong> Deutschland. <strong>Die</strong> meisten Vere<strong>in</strong>e leisten<br />

wertvolle Arbeit, bieten K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle<br />

Beschäftigung. Doch beim Umgang mit Drogen müssen<br />

viele Betreuer und Tra<strong>in</strong>er noch lernen. Ehrenamtliches Engagement<br />

darf ke<strong>in</strong>e Entschuldigung se<strong>in</strong>.<br />

Für Harald Schmid und se<strong>in</strong> Projekt „K<strong>in</strong>der stark machen“<br />

ist e<strong>in</strong>e Hürde zum<strong>in</strong>dest genommen. Der Deutsche Sportbund<br />

und der DFB wollen Suchtprävention zum Bestandteil<br />

der Tra<strong>in</strong>erausbildung machen. Vorerst e<strong>in</strong>e Absichtserklärung,<br />

nicht mehr.<br />

O-Ton, Harald Schmid, Projektleiter „K<strong>in</strong>der stark<br />

machen“.<br />

„Bis da mal e<strong>in</strong> festes Haus drübersteht, das wird e<strong>in</strong>e Baustelle<br />

se<strong>in</strong>, die noch sehr lange <strong>in</strong> Bewegung ist, und Übungsleiter<br />

und Tra<strong>in</strong>er s<strong>in</strong>d eben <strong>Vorbild</strong>er. Da muss man sagen: Hier,<br />

Leute, ihr habt doch Verantwortung, ja? Werdet euch endlich<br />

eurer Rolle bewusst! Das müssen wir schaffen!“<br />

Adressen/L<strong>in</strong>ks:<br />

LaOla, Projekt Suchtprävention <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n Baden-<br />

Württemberg, c/o Badischer Landesverband gegen die Suchtgefahren<br />

e.V., Oskar-Muser-Str. 4, 77871 Renchen<br />

„K<strong>in</strong>der stark machen“, Projekt Suchtprävention <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n,<br />

Dr. Harald Schmid, Agentur für Sport und Kommunikation,<br />

Schulstr. 11, 63594 Hasselroth


108<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

6.2 Stellungnahmen aus den Fachverbänden, KSB/SSB,<br />

Vere<strong>in</strong>en und der Sportwissenschaft<br />

Westfalen Sport vom 10. August 2001 Zeitschrift des<br />

Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen<br />

Brettschneider bedauert negative Presseveröffentlichung<br />

über Studie<br />

Entgegen der Ankündigung <strong>in</strong> der letzten Ausgabe des<br />

WESTFALENSPORT, das Thema Brettschneider-Studie<br />

abzuschließen, ist nach Me<strong>in</strong>ung der Redaktion aus aktuellem<br />

Anlass den Lesern e<strong>in</strong>e klärende Stellungnahme aus berufener<br />

Feder nicht vorzuenthalten. DFB-Schatzmeister Dr. Theo<br />

Zwanziger hat sich nicht nur mit dem vollständigen Bericht<br />

befasst, er hat auch an e<strong>in</strong>em Gespräch mit dem Autor der<br />

Studie sowie dem Präsidenten des DSB teilgenommen und<br />

daraufh<strong>in</strong> das DFB-Präsidium mit nachfolgenden Zeilen<br />

<strong>in</strong>formiert.<br />

1. Vorbemerkung<br />

Ich habe am 25. April <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> an e<strong>in</strong>em Gespräch mit dem<br />

Präsidenten des Deutschen Sportbundes und Herrn Prof.<br />

Brettschneider teilgenommen. Weitere Teilnehmer waren u. a.<br />

der Präsident des Deutschen Turner-Bundes und der Präsident<br />

des LandesSportBundes Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen.<br />

Herr Brettschneider erläuterte se<strong>in</strong>e Studie und erklärte e<strong>in</strong>gangs,<br />

dass die Ergebnisse für den organisierten Sport im Grunde<br />

positiv seien. Er bedaure die negativen Presseveröffentlichungen<br />

und habe dies <strong>in</strong> Gesprächen mit den Journalisten auch<br />

klargestellt. In der anschließenden Diskussion wurde Herrn<br />

Prof. Brettschneider zunächst sehr deutlich vorgehalten, dass<br />

er selbst aufgrund se<strong>in</strong>er verkürzten Zusammenfassungen für<br />

die teilweise negative Berichterstattung verantwortlich sei.<br />

Ich habe ihm dies nach Studium des vollständigen Berichtes<br />

an e<strong>in</strong>igen Beispielen belegt. Prof. Brettschneider räumte e<strong>in</strong>,<br />

dass ihm <strong>in</strong>sbesondere bei den Zusammenfassungen Nachlässigkeiten<br />

unterlaufen seien, die er bedaure.<br />

2. Zum Inhalt<br />

2.1 <strong>Die</strong> meisten Erhebungen s<strong>in</strong>d durchaus positiv. <strong>Die</strong>s gilt<br />

für den Organisationsgrad der Bevölkerung <strong>in</strong> den <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n<br />

(nach wie vor steigend) und die Attraktivität der Vere<strong>in</strong>e<br />

selbst (vergl. Schaubild Seite 84 des Berichtes). Auch die<br />

Fluktuationsraten s<strong>in</strong>d nicht ungünstig.<br />

2.2 Bei der Förderung der motorischen Leistungsfähigkeit<br />

s<strong>in</strong>d die Mitglieder <strong>in</strong> den <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n besser. Entgegen der<br />

Darstellung <strong>in</strong> der Öffentlichkeit bleibt dieser Vorsprung auch<br />

mit steigendem Lebensalter bestehen. <strong>Die</strong> von Brettschneider<br />

<strong>in</strong> die Öffentlichkeit getragene skeptische Beurteilung basiert<br />

lediglich darauf, dass die gesteigerte Motorik bei den Vere<strong>in</strong>smitgliedern<br />

nicht scherenartig immer weiter zu den Nicht-<br />

Vere<strong>in</strong>smitgliedern ause<strong>in</strong>ander geht (vergl. Seiten 75, 176<br />

des Berichtes).<br />

2.3 Nach den Erhebungen trägt der Sport auch e<strong>in</strong>deutig zur<br />

Entwicklung e<strong>in</strong>es positiven Selbstbildes der Jugendlichen<br />

bei, d. h., Vere<strong>in</strong>sjugendliche wissen besser, was man ist und zu<br />

leisten vermag und <strong>in</strong>tegrieren sich erfolgreicher <strong>in</strong> die gesellschaftlichen<br />

Zusammenhänge. Ich verweise <strong>in</strong>soweit <strong>in</strong>sbesondere<br />

auf die Seiten 219, 222, 253, 254, 272 und 273 des<br />

Berichtes.<br />

Leider bef<strong>in</strong>den sich auch hier im Bericht zu diesen an sich<br />

positiven Befunden immer wieder negative Ausführungen des<br />

Berichtsverfassers.<br />

2.4 Vere<strong>in</strong>sjugendliche leidenden deutlich weniger an psychosomatischen<br />

Beschwerden, wie Stress, Atemnot, Magenschmerzen,<br />

E<strong>in</strong>schlafschwierigkeiten etc. Ich verweise auf<br />

die Seiten 286, 287, 301 bis 303 des Berichtes.<br />

Es ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang schon sehr problematisch und<br />

kaum noch wissenschaftlich zu nennen, wenn der Verfasser die<br />

häufig positiven Befunde für die Vere<strong>in</strong>sjugendlichen so kommentiert,<br />

dass dies nicht am Sportvere<strong>in</strong>, sondern nur daran liege,<br />

dass nur die „starken Jugendlichen“ Vere<strong>in</strong>smitglieder werden.<br />

2.5 Was die sozialen B<strong>in</strong>dungen und sozialen Netzwerke<br />

betrifft (Seiten 374 ff des Berichtes) so wird deutlich, dass<br />

diese sehr stark von den Bezugspersonen abhängen. <strong>Die</strong>s s<strong>in</strong>d<br />

bei den <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n nun e<strong>in</strong>mal, wie wir sehr genau wissen,<br />

die Tra<strong>in</strong>er. Leider weist die Studie, was die Leistungsfähigkeit<br />

der Tra<strong>in</strong>er betrifft, große Lücken auf. Auf me<strong>in</strong>e Frage hat<br />

Prof. Brettschneider dies so beantwortet, dass diese Aufgabenstellung<br />

nicht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Auftrag enthalten gewesen wäre.<br />

Leistungen der Klubs umbewertet<br />

Er hat geprüft, wie die verschiedenen Netzwerke zue<strong>in</strong>ander<br />

stehen, so z. B. Schule, Elternhaus, Vere<strong>in</strong> und andere. Dabei<br />

ist er zu dem aus me<strong>in</strong>er Sicht sicher richtigen Ergebnis<br />

gekommen, das engere Beziehungen zwischen diesen Netzwerken<br />

notwendig wären. <strong>Die</strong>s wissen wir für unseren Bereich<br />

auch, was die Verb<strong>in</strong>dung zur Schule betrifft. Leider hat die<br />

Studie <strong>in</strong> diesem Zusammenhang auch nicht die Leistungen<br />

der Vere<strong>in</strong>e <strong>in</strong> der Ausländer<strong>in</strong>tegration überprüft. Auch hier<br />

erklärte Prof. Brettschneider, dies sei nicht Gegenstand se<strong>in</strong>es<br />

Auftrages gewesen.<br />

3. Neben den vorstehend genannten positiven Befunden<br />

s<strong>in</strong>d drei D<strong>in</strong>ge aus me<strong>in</strong>er Sicht kritisch für den Fußballsport<br />

zu h<strong>in</strong>terfragen.<br />

3.1 Prof. Brettschneider hat sich auf den Seiten 176–181 mit<br />

der Frage Motorik und Fußball ause<strong>in</strong>ander gesetzt. Offenbar<br />

g<strong>in</strong>g es ihm <strong>in</strong> dieser kurzen Passage darum, etwas Aufmerksamkeit<br />

zu f<strong>in</strong>den, zumal er auch sehr schlagwortartige und wenig<br />

wissenschaftliche Ausführungen gewählt hat. Im Ergebnis<br />

mahnt er Forschungsbedarf zu der Frage an, wie e<strong>in</strong>e effektive<br />

Talentförderung aussehen müsste.<br />

3.2 Wichtiger schien es mir, der Frage nachzugehen, wie werbemäßig<br />

ausgelegte Kampagnen (Ke<strong>in</strong>e Macht den Drogen,<br />

K<strong>in</strong>der stark machen) sich auf das Problemverhalten der<br />

Jugendlichen im Suchtbereich auswirken. Prof. Brettschneider<br />

kommt hier zu kritischen Ergebnissen (Seite 315 ff), die ich<br />

ansatzweise auch teile.<br />

Wir sollten e<strong>in</strong>mal mit unserem Partner, der Bundeszentrale<br />

für Gesundheitliche Aufklärung, diesem Punkt genauer nachgehen.<br />

Es macht ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, mit hohem publizistischen Aufwand<br />

Botschaften zu überbr<strong>in</strong>gen, die beim Empfänger dann letztlich<br />

doch nicht ankommen.<br />

3.3 Äußerst negativ und für uns alle sehr erstaunlich, s<strong>in</strong>d die<br />

von Brettschneider erhobenen Befunde über die Konsumraten<br />

bei Bier, Zigaretten und Drogen soweit es Vere<strong>in</strong>sjugendliche<br />

und besonders Fußballleistungssportler betrifft.<br />

Wegen der Bedeutung dieses Untersuchungsteils verweise ich<br />

auf die bei Prof. Brettschneider abgedruckte Tabelle (S. 325).<br />

Ich denke, diese Tabelle muss für uns Anlass zu e<strong>in</strong>er Nachuntersuchung<br />

geben. In diesem Zusammenhang darf ich allerd<strong>in</strong>gs<br />

auch darauf h<strong>in</strong>weisen, dass e<strong>in</strong>e vom Sportfördervere<strong>in</strong> e<strong>in</strong>geholte<br />

Studie von Prof. Halfar über den Jugendfußball <strong>in</strong> den<br />

Vere<strong>in</strong>en des DFB – Soziale Funktionen und Kompetenzen –<br />

nicht zu e<strong>in</strong>em so auffälligen negativen Ergebnis kommt.<br />

4. Handlungsempfehlungen<br />

4.1 Auch wenn die Befunde und Datenerhebungen größtenteils<br />

positiv s<strong>in</strong>d, müssen wir uns mit der Gesamtproblematik ause<strong>in</strong>andersetzen.<br />

Das Präsidium sollte klare Zuständigkeiten für<br />

das Hauptamt und das<br />

Ehrenamt beim DFB<br />

begründen.<br />

4.2 Nach me<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schätzung<br />

braucht der<br />

Fußball vertiefende Untersuchungen<br />

zu folgenden<br />

Fragen: – Gel<strong>in</strong>gt die<br />

Ausländer<strong>in</strong>tegration? –<br />

Wie sieht es mit der Qualifikation<br />

der Vere<strong>in</strong>stra<strong>in</strong>er<br />

aus? – Wie steht es<br />

mit dem Suchtverhalten<br />

bei Fußballern und zwar<br />

getrennt nach Leistungssportlern<br />

(klare Def<strong>in</strong>ition!)<br />

und Vere<strong>in</strong>ssportlern? –<br />

Werden die großen Kampagnen<br />

„Ke<strong>in</strong>e Macht den<br />

Drogen“ den <strong>in</strong> sie gesetzten<br />

Erwartungen gerecht?<br />

Entsteht möglicherweise<br />

e<strong>in</strong>e große Glaubwürdigkeitslücke?<br />

– Wie sähe unsere Gesellschaft<br />

aus, wenn es die Vere<strong>in</strong>e<br />

nicht gäbe?<br />

4.3 Wir s<strong>in</strong>d, so me<strong>in</strong>e ich,<br />

aufgerufen, e<strong>in</strong> klareres Profil<br />

zu bilden im S<strong>in</strong>ne des Machbaren<br />

und Leistbaren für unsere<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> und dürfen die<br />

Erwartungen auch nicht zu hoch<br />

hängen. Das Machbare müssen<br />

wir allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> der Qualität<br />

sichern.<br />

„Westfalen Turner“<br />

Nr. 8/August 2001<br />

4.4 <strong>Die</strong> Kooperation der sozialen<br />

Netzwerke sollte mit all uns<br />

zur Verfügung stehenden Mitteln<br />

verbessert werden. Das Verhältnis<br />

zwischen Schule und Vere<strong>in</strong><br />

ist hier e<strong>in</strong> ganz besonderes<br />

Thema.<br />

4.5 Der Erfolg der Vere<strong>in</strong>sarbeit<br />

hängt mit der Förderung des<br />

Ehrenamts zusammen. Vor diesem<br />

H<strong>in</strong>tergrund s<strong>in</strong>d klare Erwartungen<br />

an die Politik zu def<strong>in</strong>ieren und öffentlich zu vertreten.<br />

<strong>Die</strong>s schließt e<strong>in</strong>e verbesserte Öffentlichkeitsarbeit zu all diesen<br />

Fragen e<strong>in</strong>. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass die<br />

E<strong>in</strong>ladung von Herrn Prof. Brettschneider zur Beiratssitzung<br />

des DFB Ende August <strong>in</strong> München e<strong>in</strong> Schritt <strong>in</strong> die richtige<br />

Richtung wäre.“<br />

Dr. Theo Zwanziger<br />

109


110<br />

111<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

swimpool Nr. 4/01 5. April 2001<br />

Schwimmverband Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen e.V. (Hrsg.)<br />

Sport ist ke<strong>in</strong> Allheilmittel<br />

Auf diesen Tenor könnte man zusammenfassen, was Professor<br />

Wolf-<strong>Die</strong>trich Brettschneider von der Universität-Gesamthochschule<br />

Paderborn <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er dreijährigen Studie an 1.600<br />

Schülern im Alter von 12 bis 18 Jahren durch Befragung und<br />

Tests im Auftrag des NRW-Sportm<strong>in</strong>isteriums herausgefunden<br />

hat. Se<strong>in</strong>e Feststellungen, dass Vere<strong>in</strong>sjugendliche genau<br />

so anfällig für Drogen und Gewaltbereitschaft s<strong>in</strong>d wie andere,<br />

ist für den E<strong>in</strong>en erschütternd, für den Anderen ernüchternd<br />

für die Meisten aber ist „die heile Welt der <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong><br />

e<strong>in</strong>gestürzt“. Und jetzt kommt der Trugschluss, der sich leider<br />

allzu schnell <strong>in</strong> vielen Berichten und Kommentaren <strong>in</strong> den<br />

Medien wiederf<strong>in</strong>det: <strong>Die</strong>s f<strong>in</strong>det nicht im Sportvere<strong>in</strong> statt<br />

sondern Vere<strong>in</strong>sjugendliche s<strong>in</strong>d augensche<strong>in</strong>lich genauso<br />

auffällig wie andere Jugendliche. Das war explizit das Ergebnis<br />

der Studie. Wobei es schon erstaunlich ist, dass noch nicht<br />

e<strong>in</strong>mal die körperliche Leistungsfähigkeit wesentlich besser<br />

se<strong>in</strong> soll als bei Untra<strong>in</strong>ierten.<br />

Der Sport hat me<strong>in</strong>es Wissens nie behauptet, dass er „Allheilmittel“<br />

gegen Krankheit, Krim<strong>in</strong>alität, Gewalt, asoziales Verhalten<br />

usw. ist. Richtig ist aber, dass <strong>in</strong> den <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n körperliche<br />

Ertüchtigung, soziales Verhalten und faires Mite<strong>in</strong>ander<br />

gelehrt wird. Damit können dort aber nicht die<br />

Versäumnisse von Familie, Gesellschaft und Politik „repariert“<br />

werden. Damit ist der Sport überfordert.<br />

Statistiken beweisen alles und nichts. Auch wenn das Ergebnis<br />

der Studie negativ für die <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> kl<strong>in</strong>gt, die ger<strong>in</strong>gste<br />

Schuld ist wohl bei den Vere<strong>in</strong>en selbst zu suchen. Wohlme<strong>in</strong>ende<br />

Worte gerade <strong>in</strong> diesem „Internationalen Jahr der<br />

Freiwilligen“ hört man oft genug. Aber diesen Worten müssen<br />

auch Taten folgen. Im Gegenteil, die f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung<br />

des Sports wird immer ger<strong>in</strong>ger. Zusätzlich werden die<br />

Vere<strong>in</strong>e mit Gebühren für die Nutzung der Sportanlagen belastet.<br />

Wo soll da noch das Geld se<strong>in</strong>, um noch qualifiziertere<br />

Übungsleiter zu bezahlen. Viele Sportanlagen s<strong>in</strong>d dr<strong>in</strong>gend<br />

renovierungsbedürftig, aber die Kommunen s<strong>in</strong>d bis zur Halskrause<br />

verschuldet und verkaufen zunehmend ihr Tafelsilber.<br />

Wer hat unter diesen Bed<strong>in</strong>gungen noch große Lust, sich<br />

ehrenamtlich zu engagieren. Und trotzdem lassen wir uns<br />

nicht entmutigen. Wir werden weiter nach besten Kräften für<br />

die Ideale des Sports tätig. Wir s<strong>in</strong>d der Auffassung, dass der<br />

Sportvere<strong>in</strong> e<strong>in</strong> unverzichtbares Element der Jugendarbeit ist<br />

und es hierzu ke<strong>in</strong>e Alternative gibt.<br />

Manfred Peppekus<br />

Brief Stadtsportbund Bielefeld<br />

20. Februar 2001<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> im Zwielicht<br />

(NW vom 16.02.2001)<br />

Sehr geehrter Herr Heise,<br />

die Medienresonanz auf e<strong>in</strong>e noch unveröffentlichte Studie<br />

des Paderborner Sportwissenschaftlers, Prof. Dr. Wolf-<strong>Die</strong>trich<br />

Brettschneider, hat unter den Bielefelder <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n<br />

Empörung ausgelöst. „<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> im Zwielicht“ heißt es da<br />

z.B. <strong>in</strong> der neuen Westfälischen vom 16.02.2001. Und was<br />

erfahren wir dort? Foto: da sitzt e<strong>in</strong> netter und freundlich<br />

lächelnder Junge auf e<strong>in</strong>em Fußball. Betitelung: „Kicken tun<br />

alle K<strong>in</strong>der gern – auch im Sportvere<strong>in</strong>. Hier machen sie häufig<br />

erste Erfahrungen mit Drogen“ Ferner im Text: „Jugendliche<br />

<strong>in</strong> Klubs gegen Drogenkonsum und Gewaltbereitschaft<br />

nicht gefeit“ … „Nirgendwo wird soviel geraucht und getrunken<br />

wie <strong>in</strong> den Breitensportarten Fußball und Handball“ …<br />

„Im Entwicklungsverlauf kann e<strong>in</strong> positiver E<strong>in</strong>fluss des<br />

Sportvere<strong>in</strong>s nicht identifiziert werden. Vere<strong>in</strong>en gel<strong>in</strong>gt es<br />

offenbar nicht, ihre jungen Mitglieder <strong>in</strong> ihrer körperlichen<br />

Entwicklung zu fördern“ … „Auch die positiven Sozialisierungseffekte,<br />

die Vere<strong>in</strong>ssport geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> zugesprochen werden,<br />

stellt Brettschneider <strong>in</strong> Frage“ ….<br />

<strong>Die</strong> zitierten Passagen führten deswegen zur Verärgerung,<br />

weil sie plakativ das ehrenamtliche Engagement von Menschen,<br />

die z.T. über Jahrzehnte h<strong>in</strong>weg dem Vere<strong>in</strong>ssport<br />

gedient und dabei <strong>in</strong>sbesondere K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />

betreut haben, <strong>in</strong> Frage stellt. Unausgesprochen wird durch<br />

diese Art der Berichterstattung unterstellt, dass es den vielen<br />

im Sport tätigen Menschen – <strong>in</strong> Bielefeld s<strong>in</strong>d es etwa 2500 <strong>in</strong><br />

233 Vere<strong>in</strong>en – mit ihrem vorbildlichen bürgerschaftlichen<br />

Engagements nicht gelungen ist, junge Menschen <strong>in</strong> ihrer körperlichen<br />

und sozialen Entwicklung zu fördern. Im Gegenteil,<br />

es wird der E<strong>in</strong>druck erweckt, sie hätten dazu beigetragen,<br />

dass junge Menschen eher zur Flasche und Zigarette greifen.<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> s<strong>in</strong>d nun e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Teil der Gesellschaft. <strong>Die</strong><br />

Menschen, die wir im Vere<strong>in</strong> antreffen s<strong>in</strong>d jene, die auch zu<br />

dieser Gesellschaft gehören. Man darf doch nicht allen Ernstes<br />

vom Sportvere<strong>in</strong> erwarten, dass er alle gesellschaftlichen<br />

Defizite automatisch und auch noch sozusagen kostenfrei<br />

behebt. Nicht der Sportvere<strong>in</strong> hat sich, wie behauptet wird,<br />

hochgesteckte und unrealistische Ziele <strong>in</strong> der Jugendarbeit<br />

gesteckt, sondern diese Ziele werden von außen an die Sportorganisation<br />

herangetragen.<br />

Was ist denn eigentlich mit anderen Sozialisations<strong>in</strong>stanzen?<br />

Man denke vor allem an das Elternhaus, aber auch an die<br />

Schule, die Medien, die neuen Kommunikationstechnologien<br />

und die Jugendkulturszene. Über deren Bedeutung wird<br />

natürlich ke<strong>in</strong> Wort verloren.<br />

Oder wagen wir doch e<strong>in</strong>mal den Umkehrschluss: Wenn<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> so gar nichts bewirken, dann können wir sie uns<br />

doch e<strong>in</strong>fach mal wegdenken. Was wäre denn dann? K<strong>in</strong>der<br />

und Jugendliche, die nicht wissen, was sie mit ihrer Freizeit<br />

anfangen sollen; es gäbe ke<strong>in</strong>e liebevollen Laternenumzüge,<br />

Weihnachts- und Karnevalsfeiern; es gäbe ke<strong>in</strong>e sportlichen<br />

Ferienfreizeiten, es gäbe viele K<strong>in</strong>der und Jugendliche, die<br />

nicht von ihren Eltern <strong>in</strong> die Schwimmbäder gelassen würden,<br />

weil sie nicht schwimmen können; es könnte ke<strong>in</strong> Gefühl der<br />

grenzenlosen Freude und Begeisterung vermittelt werden und<br />

es gäbe auch ke<strong>in</strong> Lernfeld, <strong>in</strong> dem man mit Enttäuschung<br />

und Niederlage fertig werden muss; es gäbe ke<strong>in</strong>e flächendeckende<br />

Organisation, <strong>in</strong> der man demokratische Verhaltensweisen<br />

erlernen kann, die Lebensqualität von Menschen mit<br />

Beh<strong>in</strong>derungen wäre stark e<strong>in</strong>geschränkt, ebenso die Lebensqualität<br />

älterer Menschen und das, was unser Leben so<br />

lebenswert macht, nämlich Wärme und Geborgenheit, würde<br />

<strong>in</strong> großen Teilen fehlen.<br />

All das also, was der Vere<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>bar so gar nicht leisten<br />

kann, würde dann den Sozial-, Gesundheits- und Jugendpolitikern<br />

über den Kopf wachsen. Der Sportvere<strong>in</strong> ist nur deswegen<br />

nicht e<strong>in</strong>e Insel der Glückseligen, weil die gesellschaftlichen<br />

Problemlagen wie Bewegungsarmut, Drogenkonsum,<br />

Orientierungslosigkeit und Gewaltbereitschaft eben<br />

da s<strong>in</strong>d und er mit ihnen konfrontiert wird.<br />

Der Sport <strong>in</strong> den selbstorganisierten Vere<strong>in</strong>en und Verbänden<br />

bietet ungeahnte Chancen, er macht – übrigens als e<strong>in</strong>zige<br />

Personenvere<strong>in</strong>igung <strong>in</strong> unserem Lande – flächendeckende<br />

Angebote für alle unter sozialverträglichen Bed<strong>in</strong>gungen. Er<br />

kann e<strong>in</strong> sozialer Ort se<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Welt, wo B<strong>in</strong>dungs- und<br />

Orientierungslosigkeit zunehmen, er kann <strong>in</strong> der Prävention<br />

und Rehabilitation unschätzbare <strong>Die</strong>nste leisten und zu mehr<br />

Lebensqualität beitragen, er kann Menschen begeistern und<br />

sie motivieren, hart zu tra<strong>in</strong>ieren, um Höchstleistungen zu<br />

erbr<strong>in</strong>gen, er kann aber auch e<strong>in</strong>fach nur Freude bereiten.<br />

Sport soziologisch zu analysieren ist immer schwierig. Man<br />

kann ihn nicht beschreiben, um se<strong>in</strong> Wesen zu erfassen, man<br />

muss ihn betreiben.<br />

Abschließend möchte der StadtSportBund feststellen, dass er<br />

sehr wohl <strong>in</strong> der Lage ist, mit Kritik umzugehen, wenn sie<br />

konstruktiv und sachlich ist. Es wäre von daher besser gewesen,<br />

die Veröffentlichung erst e<strong>in</strong>mal abzuwarten und die<br />

Ergebnisse kritisch zu analysieren, bevor man sich zu voreiligen<br />

Kommentierungen und unreflektierten Rückschlüssen<br />

h<strong>in</strong>reißen lässt. Auf dem H<strong>in</strong>tergrund des Jahrs der Freiwilligen<br />

2001, für das der Bundespräsident die Schirmherrschaft<br />

übernommen hat, ist es ausgesprochen kontraproduktiv, e<strong>in</strong><br />

großes Reservoir an ehrenamtlicher Mitarbeit und Engagement<br />

<strong>in</strong> Misskredit zu br<strong>in</strong>gen.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Ulrich Zimmer<br />

Präsident<br />

Westfalen-Blatt (Bielefeld) 21. März 2001<br />

Paderborner Studie über die Vere<strong>in</strong>e<br />

Sport wehrt sich:<br />

„Wir s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Verwahranstalt“<br />

Paderborn/Düsseldorf (WB). <strong>Die</strong> ersten Reaktionen nach der<br />

offiziellen Vorstellung der Paderborner Studie über „Jugendarbeit<br />

<strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n“ <strong>in</strong> Düsseldorf – diese Zeitung berichtete<br />

ausführlich – reichte von „ernüchternd“ bis „erschrocken“.<br />

<strong>Die</strong>se Vokabeln benutzte jedenfalls Walter Probst, Geschäftsführer<br />

des LandesSportBundes (LSB) Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen,<br />

bei der Erkenntnis, dass die Jugendarbeit im organisierten<br />

Sport ke<strong>in</strong>e messbaren Auswirkungen auf den Alkohol- und<br />

Drogenkonsum hat. „Zu pauschal“ ist für e<strong>in</strong>ige Paderborner<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> das bislang bekannt gewordene Ergebnis der<br />

Arbeit des Sportwissenschaftlers Wolf-<strong>Die</strong>trich Brettschneider.<br />

Der hatte seit 1997 etwa 1.600 Jugendliche (12 bis 16 Jahre)<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitraum von drei Jahren getestet und befragt.<br />

Andreas Preis<strong>in</strong>g, Präsident des Paderborner Squash Club,<br />

kennt die 500 Seiten starke Studie nicht im Detail, räumt aber<br />

mit dem falschen Bild vieler Eltern auf: „Der Sport wird nie<br />

Verwahranstalt für K<strong>in</strong>der se<strong>in</strong>. Wir bieten aber bessere Chancen,<br />

dass die Heranwachsenden nicht auf die schiefe Bahn geraten.“<br />

Deshalb sieht Preis<strong>in</strong>g die Vere<strong>in</strong>e auch nicht überfordert:<br />

„Wir s<strong>in</strong>d nicht die Reparaturwerkstatt für gesellschaftliche<br />

Schadensfälle. Was den K<strong>in</strong>dern im Elternhaus oder <strong>in</strong> der<br />

Schule nicht vermittelt wird, kann ke<strong>in</strong> Klub <strong>in</strong> wenigen Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsstunden<br />

nachholen.“<br />

Dennoch rumort es an der Basis nach Veröffentlichung der<br />

Studie des Paderborner Jugendforschers. Viele Ehrenamtliche<br />

sehen sich <strong>in</strong> ihrer Arbeit nicht mehr gewürdigt. Dabei sieht<br />

Michael Born, Geschäftsführer des Fußball-Oberligisten SC<br />

Paderborn 07, gerade <strong>in</strong> der unbezahlten Vere<strong>in</strong>sarbeit e<strong>in</strong>en<br />

Knackpunkt: „wie soll man denn kompetente Leute f<strong>in</strong>den,<br />

wenn die als Übungsleiter maximal 300 Mark steuerfrei dazuverdienen<br />

dürfen?“<br />

<strong>Die</strong> Frage bleibt unbeantwortet. Erst Recht, wenn Born folgende<br />

Rechnung aufmacht: E<strong>in</strong> Jugendcoach arbeitet bei SCP<br />

vier Mal <strong>in</strong> der Woche 90 M<strong>in</strong>uten mit den Spielern und<br />

betreut sie auch <strong>in</strong> den Meisterschaftsspielen. „Würden wir<br />

jede Stunde nur mit 30 Mark honorieren, wären mehr als<br />

1.000 Mark pro Monat fällig.“ Ähnlich sieht auch Bernd Zengerl<strong>in</strong>g,<br />

Vize-Präsident der Paderborn Baskets, die Problematik.<br />

Auch der Zweitligist würde gerne mehr Geld ausgeben,<br />

wenn es denn da wäre. „Viele Eltern s<strong>in</strong>d gerne bereit, 120<br />

Mark und mehr pro Monat für Ballettstunden auszugeben.<br />

Würden wir <strong>in</strong> ähnliche Dimensionen vorstoßen, bräche e<strong>in</strong><br />

Sturm der Entrüstung los.“<br />

LSB-Geschäftsführer Probst betont, die Übungsleiter im 4,9<br />

Millionen Mitglieder starken Landessportbund (1,8 Millionen<br />

davon s<strong>in</strong>d K<strong>in</strong>der- und Jugendliche) besser schulen zu wollen.<br />

Das würde nach se<strong>in</strong>er Schätzung 25 Millionen Mark kosten.<br />

Deshalb fordert Ra<strong>in</strong>er Tohermes, Vorsitzender des Paderborner<br />

Schwimmvere<strong>in</strong>s (2. Bundesliga), von se<strong>in</strong>en Vere<strong>in</strong>skollegen<br />

auch mehr Selbstbewusstse<strong>in</strong>: „Unsere Übungsleiter und Tra<strong>in</strong>er<br />

arbeiten mit den K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen. Wenn also die<br />

Brettschneider-Studie Schwachstellen aufgedeckt hat, muss<br />

mehr <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e fundierte Basisarbeit <strong>in</strong>vestiert werden.“ Statt<br />

Geldhähne zuzudrehen, fordert Tohermes deshalb das Land<br />

auf, tiefer <strong>in</strong> die Schatulle zu greifen. „Denn die Jugend ist e<strong>in</strong><br />

ganz wichtiger Bauste<strong>in</strong> unserer Gesellschaft.“<br />

Matthias Reichste<strong>in</strong>


112<br />

113<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

„Sportvere<strong>in</strong> ist ke<strong>in</strong>e Firma für Defizite<br />

im Elternhaus“<br />

Der Präsident des Sportsportbundes Klaus Henter<br />

über das Ergebnis der sogenannten Brettschneider-Studie<br />

<strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> eignen sich nicht als Reparaturbetriebe für<br />

gesellschaftliche Defizite. Sie werden <strong>in</strong> ihren Leistungen<br />

für die Entwicklung junger Menschen überschätzt.<br />

<strong>Die</strong>sem Ergebnis e<strong>in</strong>er von der Landesregierung <strong>in</strong> Auftrag<br />

gegebenen (Brettschneider)-Studie der Uni Paderborn widersprach<br />

Stadtsportbund-Präsident Klaus Henter entschieden.<br />

Es könne ke<strong>in</strong>e Rede davon se<strong>in</strong>, dass Gewaltbereitschaft und<br />

Drogenkonsum bei Jugendlichen <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n genauso<br />

häufig zu f<strong>in</strong>den seien wie bei Altersgleichen außerhalb von<br />

Sportklubs.<br />

„Richtig ist vielmehr, dass Jugendliche <strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n das<br />

Leben anders betrachten und erfahrungsgemäß anders meistern<br />

als Jugendliche außerhalb des Sports. Der Sportvere<strong>in</strong><br />

war nie als Firma für Defizite <strong>in</strong> Elternhaus oder Schule<br />

gedacht. Im Gegenteil, der Vere<strong>in</strong> hat sich immer als Ergänzungsmittel<br />

gesehen“, erklärte Henter. Deshalb begrüßte er<br />

die Richtigstellung des LSB. Der weist nämlich auf die hohe<br />

Integrationskraft im Sport h<strong>in</strong> und stellt die Frage: „Wo f<strong>in</strong>den<br />

sich mehr Jugendliche zusammen als im Sportvere<strong>in</strong>? Wo<br />

lernt man schneller solidarisches Handeln? Wo kann e<strong>in</strong> Fairplay<br />

besser erkannt werden?“ Zu Thema Nikot<strong>in</strong>- und Alkoholverbrauch<br />

sagt Henter „<strong>Die</strong> Behauptung, dass bei Vere<strong>in</strong>smitgliedern<br />

der Zigaretten- und Alkoholkonsum genauso<br />

hoch sei wie bei anderen Jugendlichen, muss man unter anderen<br />

Gesichtspunkten sehen. Es ist richtig, dass zur Geselligkeit<br />

im Sportvere<strong>in</strong> auch der Alkohol gehört. Aber die Voraussetzungen,<br />

ihn zu tr<strong>in</strong>ken, s<strong>in</strong>d andere.“<br />

Vom Stadtsportbund wird deshalb behauptet, dass Sport die<br />

Hauptsache im Leben junger Menschen darstellt und deren<br />

Selbstwertgefühl steigert. Allerd<strong>in</strong>gs wolle man sich, so Henter,<br />

mit der relativierten Brettschneider-Studie befassen und<br />

die Ergebnisse <strong>in</strong> die Ausbildungsprogramme der Sportjugend<br />

übernehmen. RD<br />

SPORT IN FORM 21. Mai 2001<br />

Wer alles will, hat am Ende gar nichts!<br />

Kaum e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>suntersuchung hat <strong>in</strong> den vergangenen Jahren<br />

bei Sportbünden, Fachverbänden und an der Basis bei den<br />

Vere<strong>in</strong>en für soviel Aufsehen gesorgt wie die mittlerweile zur<br />

„Brettschneider-Studie“ apostrophierten Forschungsarbeit<br />

des gleichnamigen Paderborner Sportwissenschaftlers.<br />

Warum das? <strong>Die</strong> Untersuchung fördert nämlich e<strong>in</strong>es nicht<br />

zutage: <strong>Die</strong> segensreichen Effekte des Vere<strong>in</strong>ssports auf die<br />

Entwicklung junger Menschen. Das landläufige Ansehen des<br />

Sports als Allheilmittel wird empf<strong>in</strong>dlich gestört und so<br />

kommt der Ausspruch, „der Sport ist populär, die Sportwissenschaft<br />

dagegen nicht“, hier mal wieder voll zum Tragen.<br />

Aber genauso wie <strong>in</strong> jedem sportlichen Spiel Regeln gelten,<br />

so s<strong>in</strong>d auch Forschungsleistungen an wissenschaftlichen<br />

Standards zu messen.<br />

Genehm s<strong>in</strong>d uns die Ergebnisse wohl nicht, aber mal ehrlich,<br />

waren wir wirklich so naiv zu glauben, e<strong>in</strong> Mitgliedsausweis<br />

reicht aus, um unsere K<strong>in</strong>der vor der Ausübung von Straftaten<br />

zu schützen, e<strong>in</strong> Spielerpass genügt, um clean zu bleiben oder<br />

immun zu se<strong>in</strong> gegen Zeitgeistdrogen jeglicher Art? Wie wird<br />

denn <strong>in</strong> aller Regel der entscheidende Sieg gegen den Abstieg<br />

der Fußball B-Jugend noch <strong>in</strong> der Kab<strong>in</strong>e begossen? Also,<br />

was soll die überzogene Kritik an e<strong>in</strong>er seriös durchgeführten<br />

Studie?<br />

Trotz alledem: Das heile Sportvere<strong>in</strong>sbild ist nicht vollends<br />

<strong>in</strong>s Wanken geraten. Wenn auch nicht als Reparaturwerkstatt<br />

für alle gesellschaftlichen Probleme, so haben unsere <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong><br />

auch nach der Studie ihre herausragende gesellschaftliche<br />

Bedeutung nicht verloren. Nach Überw<strong>in</strong>dung der ersten<br />

Schockwirkung des 500 Seiten starken Forschungsberichtes<br />

sollte uns dieser vielmehr wachrütteln, zumal er Handlungsansätze<br />

für e<strong>in</strong>e erfolgreiche Vere<strong>in</strong>sarbeit bietet. Viele<br />

Jugendliche s<strong>in</strong>d auf der Suche nach e<strong>in</strong>er neuen Wertewelt,<br />

die die Orientierung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sich immer schneller ändernden<br />

Realität ermöglicht. Hier liegen sowohl Chance als auch Aufgabe<br />

für den Vere<strong>in</strong>ssport – Halt gebende Instanz für die Identität<br />

junger Menschen zu werden.<br />

Wir sollten nicht länger Fachgeschäft, Supermarkt, Gesundheitszentrum<br />

und Sozialstation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em se<strong>in</strong> wollen. Wer<br />

alles will, hat am Ende gar nichts! „Qualitätssicherung“ und<br />

„Profilbildungs lauten die Schlüsselbegriffe der Zukunft.<br />

Wenn es gel<strong>in</strong>gt, e<strong>in</strong>e wegweisende Debatte um diese Schlüsselbegriffe<br />

und damit um e<strong>in</strong>e Neuorientierung der <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong><br />

zu eröffnen, dann hat die Studie mit ihren Befunden e<strong>in</strong>e<br />

wichtige Aufgabe erfüllt.<br />

Von Christof Palm<br />

Referent für Öffentlichkeitsarbeit bei der Sportjugend Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz<br />

SPORT IN FORM 21. Mai 2001<br />

Werner Hölzer zur Jugendarbeit im Sportvere<strong>in</strong>:<br />

Wirkungsvoll, aber mit Ansprüchen<br />

überfrachtet<br />

Vorsitzender der Sportjugend Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz zur Brettschneider-Studie<br />

Welchen E<strong>in</strong>druck haben Sie von der Brettschneider-Studie?<br />

Als ich vor e<strong>in</strong>iger Zeit die ersten Informationen zu dieser<br />

Untersuchung <strong>in</strong> der Presse las, fiel mir spontan die japanische<br />

Weisheit e<strong>in</strong>: „Wenn du etwas wissen willst, dann frage<br />

ke<strong>in</strong>en Gelehrten, sondern e<strong>in</strong>en Erfahrenen“. Auch nach wie<br />

vor s<strong>in</strong>d mir e<strong>in</strong>ige Ergebnisse der Studie unerklärlich, so z.B.<br />

dass es im Entwicklungsverlauf der Jugendlichen (Vere<strong>in</strong>smitglied<br />

vs. Nichtsporttreibender) zu e<strong>in</strong>er Angleichung der<br />

motorischen Fähigkeiten kommen soll. Jetzt nach <strong>in</strong>tensiverer<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der Studie sehe ich aber auch e<strong>in</strong>e<br />

mögliche positive Wirkung auf den Sport, da sie den Anstoß<br />

für e<strong>in</strong> systematischeres Qualitätsmanagement geben kann.<br />

Wie könnte das aussehen?<br />

Brettschneider warnt vor der Fasz<strong>in</strong>ation der großen Mitgliederzahlen<br />

und stellt vielmehr die Qualität der Arbeit mit jungen<br />

Menschen <strong>in</strong> den Vordergrund. Als Schlüsselbegriffe<br />

nennt er die Qualifizierung der Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeiter<br />

und die Profilbildung der Vere<strong>in</strong>e. Der Sportvere<strong>in</strong> von<br />

heute saugt alles auf, will allen alles bieten und alles se<strong>in</strong>:<br />

Freizeitanbieter und Institution der Sozialarbeit, Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs-<br />

zentrum und K<strong>in</strong>derbewahranstalt, Volkshochschule und<br />

Ferienbörse. Und am Ende steht er vielleicht mit leeren Händen<br />

da. Um diesem Dilemma beizukommen, plädiere ich<br />

dafür, dass sich Vere<strong>in</strong>e wieder e<strong>in</strong> differenzierteres Bild<br />

geben sollten. In der Wirtschaft spricht man <strong>in</strong> diesem<br />

Zusammenhang von der Konzentration auf Kernkompetenzen.<br />

Das heißt: Will man wieder mehr als Förderer denn als<br />

Bewahrer sportlicher Potenziale auftreten, müssen diese auch<br />

gezielt unterstützt werden.<br />

Gerade die <strong>in</strong> dem 500 Seiten starken Forschungsbericht<br />

niedergelegten Befunde zu den sozialen Leistungen des Sportvere<strong>in</strong>s<br />

im Jugendalter s<strong>in</strong>d zum Teil ernüchternd.<br />

Ja, <strong>in</strong> der Tat. Aber den von außen aufgebürdeten oder selbst<br />

auferlegten Leistungsansprüchen kann der Sportvere<strong>in</strong> angesichts<br />

der sozialen und kulturellen Umbrüche <strong>in</strong> unserer<br />

Gesellschaft nicht immer gerecht werden. Wenn Sozialisations<strong>in</strong>stanzen<br />

wie Schule und Elternhaus ihre Erziehungsaufgaben<br />

nicht mehr h<strong>in</strong>reichend wahrnehmen, kann auch der<br />

Sportvere<strong>in</strong> nicht die Rolle e<strong>in</strong>es Reparaturbetriebes für<br />

gesellschaftliche Probleme übernehmen. Der Sportvere<strong>in</strong><br />

kann nur unterstützend tätig werden. Und das macht er nach<br />

wie vor hervorragend.<br />

Wie ist die Arbeit der <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> <strong>in</strong> Sachen Suchtprävention<br />

tatsächlich zu beurteilen.<br />

Insgesamt legen die Befunde nahe, allzu optimistische<br />

Annahmen über die sucht- und gewaltpräventive Wirkung des<br />

Sports zu relativieren. Das mag im E<strong>in</strong>zelfall stimmen. In der<br />

Mehrheit möchte ich Profi Brettschneider <strong>in</strong> diesem Punkt<br />

jedoch widersprechen und halte mich da an die oben zitierte<br />

japanische Weisheit und me<strong>in</strong>e Erfahrung, die mir sagt, dass<br />

die Vielzahl der Vere<strong>in</strong>sjugendlichen stark genug ist, um<br />

„Ne<strong>in</strong>“ sagen zu können zu Alkohol und Nikot<strong>in</strong>. Gerade <strong>in</strong><br />

jüngster Zeit schulen wir die Betreuer<strong>in</strong>nen und Betreuer im<br />

H<strong>in</strong>blick auf diese Thematik und verdeutlichen ihnen, welch<br />

wichtige Rolle sie als <strong>Vorbild</strong>er für die Jugendlichen gerade<br />

im Umgang mit Drogen haben.<br />

TURNERjugend Nr. 7/01 S. 18–19<br />

„Jugendarbeit im Sportvere<strong>in</strong> – Anspruch<br />

und Wirklichkeit“<br />

Wohl kaum e<strong>in</strong>e Untersuchung wirbelte <strong>in</strong> der letzten Zeit<br />

mehr Staub auf als die kürzlich vorgestellte Untersuchung<br />

„Jugendarbeit im Sportvere<strong>in</strong> – Anspruch und Wirklichkeit“<br />

des Paderborner Sportwissenschaftlers Prof. Dr. Brettschneider.<br />

Schlagzeilen zu dieser Studie schmückten den Sportteil vieler<br />

Zeitungen. Oft genug waren es aber reißerische Zitate, die aus<br />

dem Zusammenhang gerissen wurden. Womit befasste sich<br />

die Studie und welches waren ihre Ergebnisse und Empfehlungen?<br />

<strong>Die</strong>se Frage ist um so schwieriger zu beantworten, da<br />

die Untersuchung noch nicht veröffentlicht ist. <strong>Die</strong> folgende<br />

Zusammenfassung gibt e<strong>in</strong>en Überblick über die Untersuchung:<br />

Worum geht es <strong>in</strong> der Studie?<br />

Allgeme<strong>in</strong> wurde seit Jahrzehnten die Auffassung vertreten,<br />

dass sich die Arbeit mit K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen <strong>in</strong> den<br />

Turn- und <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n positiv auf diese Zielgruppe auswirkt.<br />

Es wurde angenommen, dass K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />

<strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n sowohl <strong>in</strong> ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit<br />

als auch <strong>in</strong> den sogenannten psychosozialen Faktoren wie<br />

z.B. Selbstwertgefühl, Zuverlässigkeit und Durchhaltevermögen<br />

gefördert würden. Damit trügen die Vere<strong>in</strong>e zur Persönlichkeitsbildung<br />

und Erziehung <strong>in</strong> der Gesellschaft bei. <strong>Die</strong>s zu<br />

h<strong>in</strong>terfragen war das Anliegen der Brettschneider-Untersuchung.<br />

Wer wurde untersucht?<br />

<strong>Die</strong> Studie wurde als Längsschnittstudie mit 3.045<br />

Schüler/<strong>in</strong>nen nordrhe<strong>in</strong>-westfälischer Gymnasien und<br />

Hauptschulen <strong>in</strong> drei Altersgruppen und <strong>in</strong> jeweils drei aufe<strong>in</strong>ander<br />

folgenden Schuljahren durchgeführt. <strong>Die</strong> Teilnehmer/<strong>in</strong>nen<br />

der ersten Gruppe waren zu Beg<strong>in</strong>n zwölf Jahre alt<br />

(am Ende der Studie 14 Jahre), die zweite Gruppe 14 Jahre<br />

(am Ende 16) und die dritte Gruppe 16 Jahre (am Ende 18).<br />

Setzt man die Ergebnisse aller drei Gruppen zusammen, so<br />

erhält man e<strong>in</strong> Bild über das (Sport-)Verhalten der 12- bis 18-<br />

Jährigen. Verglichen wurden zwei Probantengruppen: E<strong>in</strong>erseits<br />

Jugendliche, die sich im Vere<strong>in</strong> sportlich betätigen und<br />

andererseits Jugendliche, die vere<strong>in</strong>sungebundenen Sport<br />

treiben.<br />

Was wurde untersucht?<br />

Mittels Fragebögen wurden Selbstauskünfte über E<strong>in</strong>stellung<br />

und Verhalten der Jugendlichen zum Sport- und Vere<strong>in</strong>sengagement<br />

(Vere<strong>in</strong>s- und/oder Freizeitsport), zum Selbstwertgefühl,<br />

über (psychosomatische) Beschwerden sowie über „Problemverhalten“<br />

(Alkohol, Nikot<strong>in</strong>- und Drogenkonsum und<br />

Gewaltanwendung) abgefragt. Im ersten und dritten Untersuchungsjahr<br />

wurde die körperliche Leistungsfähigkeit von<br />

1.228 Schüler/<strong>in</strong>nen anhand von fünf Übungen untersucht.<br />

Dafür wurden Übungen, wie z.B. Standweitsprung oder Ausdauerlauf<br />

ausgewählt, zu denen Vergleichsdaten aus anderen<br />

Untersuchungen vorlagen. Zusätzlich wurden im ersten und<br />

dritten Schuljahr E<strong>in</strong>zel<strong>in</strong>terviews mit 35 Probant/<strong>in</strong>nen und<br />

Eltern über ihr Selbstkonzept bzw. Selbstwertgefühl geführt,<br />

um H<strong>in</strong>tergründe zu den Antworten im Fragebogen zu erhalten.<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse<br />

Mehr als die Hälfte der Jugendlichen s<strong>in</strong>d oder waren Mitglied<br />

e<strong>in</strong>es Sportvere<strong>in</strong>s. Damit ist der Sportvere<strong>in</strong> nach wie<br />

vor der größte Jugendverband und e<strong>in</strong> wichtiger Faktor für die<br />

Entwicklung von K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen <strong>in</strong> ihrer ganzen<br />

Breite. <strong>Die</strong> Vere<strong>in</strong>smitglieder besaßen zu Beg<strong>in</strong>n der Untersuchung<br />

mit zwölf Jahren e<strong>in</strong>e höhere körperliche Leistungsfähigkeit<br />

als Nichtvere<strong>in</strong>smitglieder. Allerd<strong>in</strong>gs nähern sich die<br />

Ergebnisse zum Ende (18 Jahre) e<strong>in</strong>ander an. Prof. Dr. Brettschneider<br />

formuliert diesen Sachverhalt als „die Talente werden<br />

bewahrt“, aber nicht gefördert. Beim Selbstwertgefühl fielen<br />

Vere<strong>in</strong>sjugendliche positiv auf, allerd<strong>in</strong>gs konnte e<strong>in</strong>e systematische<br />

positive E<strong>in</strong>flussnahme des Vere<strong>in</strong>ssports statistisch<br />

nicht nachgewiesen werden. Das gleiche Ergebnis stellte sich<br />

bei (psychosomatischen) Beschwerden wie Schlafstörungen<br />

und Kopfschmerzen dar, von denen Vere<strong>in</strong>sjugendliche weniger<br />

betroffen s<strong>in</strong>d. Bei anderen Beschwerden gibt es kaum Unterschiede,<br />

so dass auch hier ke<strong>in</strong>e signifikanten Aussagen<br />

gemacht werden konnten. Vere<strong>in</strong>sjugendliche tr<strong>in</strong>ken im<br />

Durchschnitt ebenso viel Alkohol wie Nichtvere<strong>in</strong>smitglieder<br />

und nehmen auch genau so viel oder wenig illegale Drogen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs rauchen Vere<strong>in</strong>smitglieder deutlich weniger, und<br />

s<strong>in</strong>d bei Gewaltdelikten seltener vertreten. <strong>Die</strong> sportartspezifische<br />

Auswertung ergab hierbei, dass die Fußballjugendlichen<br />

im Bereich Bier und Zigaretten deutliche Spitzenreiter<br />

s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong> bisher zugeschriebene positive Wirkung des Vere<strong>in</strong>ssports<br />

auf Jugendliche ist daher nach Brettschneider zwar


114<br />

115<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

ke<strong>in</strong>e automatische Folge der Vere<strong>in</strong>szugehörigkeit, trotzdem<br />

wirkt der Sportvere<strong>in</strong> positiv auf das Selbstwertgefühl von<br />

Jugendlichen e<strong>in</strong> und ist Bestandteil e<strong>in</strong>es sozialen Netzes für<br />

mehr als die Hälfte der untersuchten Jugendlichen<br />

Schlussfolgerungen und Empfehlungen der Studie<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse legen nahe, dass der Sportvere<strong>in</strong> nicht „die<br />

Rolle e<strong>in</strong>es Reparaturbetriebes für gesellschaftliche Defizite“<br />

se<strong>in</strong> kann. Prof. Dr. Brettschneider empfiehlt deshalb den Vere<strong>in</strong>en:<br />

• e<strong>in</strong>e deutliche Profilbildung <strong>in</strong> deren Angebotsstruktur (z.B.<br />

Leistungssport- oder Breitensportgruppe),<br />

• Qualitätssicherung bei der Betreuung der Vere<strong>in</strong>sjugendlichen<br />

sowie<br />

• e<strong>in</strong>e Netzwerkbildung auf lokaler Ebene, um bei der stetigen<br />

Ausdifferenzierung der Gesellschaft den Jugendlichen<br />

Orientierung anzubieten.<br />

Abschließende Bemerkung<br />

Auch wenn die Studie noch e<strong>in</strong>ige Fragen offen lässt, so ergeben<br />

sich doch vielfältige Ansatzpunkte für Verbesserungen<br />

und Innovationen <strong>in</strong> der Vere<strong>in</strong>slandschaft. So kann resümiert<br />

werden, dass sich die Deutsche Turnerjugend mit ihren Angeboten<br />

bereits auf dem richtigen Weg bef<strong>in</strong>det. Denn der Deutsche<br />

Turner-Bund ist zum Beispiel der derzeit e<strong>in</strong>zige Sportfachverband,<br />

der e<strong>in</strong>e gesonderte Ausbildung für Übungsleiter/<strong>in</strong>nen<br />

im K<strong>in</strong>der- und Jugendbereich anbietet.<br />

Ingrid Kolupa<br />

Amtliche Mitteilungen Westdeutscher Fußballverband<br />

e.V. Nr. 4/2001 S. 17–18<br />

Der organisierte Sport macht se<strong>in</strong>e Sache<br />

gut! Mehr Selbstbewusstse<strong>in</strong> bitte!<br />

E<strong>in</strong> Kommentar zur Diskussion um die Studie „Jugendarbeit<br />

<strong>in</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n“ der Uni Paderborn<br />

Auch <strong>in</strong> Fußballkreisen hat die Studie der Universität Paderborn<br />

für Aufregung gesorgt. <strong>Die</strong>s vor allem deshalb, weil <strong>in</strong><br />

vielen Tageszeitungen der Aspekt, dass Jugendliche <strong>in</strong> Fußballvere<strong>in</strong>en<br />

laut Studie übermäßig viel Alkohol tr<strong>in</strong>ken,<br />

besonders herausgehoben wurde. So konnten die Leser sogar<br />

den E<strong>in</strong>druck bekommen, dass es <strong>in</strong> der Studie hauptsächlich<br />

um den Alkoholkonsum von Fußballern g<strong>in</strong>ge. E<strong>in</strong>ige Mitarbeiter<br />

des Westdeutschen Fußballverbandes, unter anderem<br />

der Jugendausschussvorsitzende Peter Frymuth, waren deshalb<br />

sehr gespannt der E<strong>in</strong>ladung der Landesregierung zu<br />

e<strong>in</strong>em „Sportforum“ unter dem Titel „Trendy se<strong>in</strong> im Sportvere<strong>in</strong>“<br />

gefolgt, bei dem die Studie diskutiert werden sollte.<br />

Hier e<strong>in</strong> Kommentar von WFV-Präsidiumsmitglied und Leiter<br />

des WFV-Bildungswerkes Willi Scheuerl zur Veranstaltung<br />

und zur Studie.“<br />

Es hätte e<strong>in</strong> spannender Abend werden können, wenn die<br />

zahlreichen, <strong>in</strong>teressierten und vielfach hochverdienten Vertreter<br />

des organisierten Sports im Plenum e<strong>in</strong> wenig präziser<br />

hätten wissen dürfen, welche konkreten Inhalte die „Paderborner<br />

Studie“ von Prof. Brettschneider enthält und auf welcher<br />

Grundlage die Podiumsteilnehmer diskutieren. Aber: <strong>Die</strong><br />

Studie war auch nach konkreten Anfragen des Westdeutschen<br />

Fußballverbandes und des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes<br />

Westfalen weder durch die Landesregierung noch<br />

durch die Universität Paderborn zu erhalten. So blieben dem<br />

seriösen Besucher nur die im Internet veröffentlichte Kurzfassung<br />

und die Presse<strong>in</strong>formation des M<strong>in</strong>isteriums für Stadtentwicklung<br />

und Wohnen, Kultur und Sport zur <strong>in</strong>haltlichen Vorbereitung.<br />

<strong>Die</strong> Vielzahl der reißerisch-populistischen Artikel der Tagespresse,<br />

deren Verfasser die Orig<strong>in</strong>alstudie wohl auch nicht<br />

kannten, waren für Tausende ehrenamtlicher Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen<br />

<strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>en und Sportverbänden e<strong>in</strong> unberechtigter, öffentlicher<br />

„Schlag <strong>in</strong>s Gesicht“, der sich auch durch das Streben<br />

nach hohen Auflagen und die Devise „only bad news are good<br />

news“ nicht rechtfertigen lässt. <strong>Die</strong> Anwesenden haben dies<br />

schnell erkannt, die Podiumsdiskutanten <strong>in</strong> ihren mehr als 70<br />

M<strong>in</strong>uten beanspruchenden E<strong>in</strong>gangsstatements entsprechend<br />

zurückweisend gewürdigt – dennoch wurde der organisierte<br />

Sport <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er unfairen Weise öffentlich an den Pranger<br />

gestellt für Untersuchungsergebnisse e<strong>in</strong>er unveröffentlichten<br />

Studie, die er nicht orig<strong>in</strong>är zu vertreten hat! Und die Vertreter/<strong>in</strong>nen<br />

der Sportorganisationen haben sich überwiegend <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e Verteidigungsrolle drängen lassen – warum eigentlich?<br />

In der Studie wird der Sport nur <strong>in</strong>strumentalisiert dargestellt.<br />

Es werden ihm – wie sicher gerne <strong>in</strong> der öffentlichen Diskussion<br />

– Aufgaben zugewiesen, die er bei der Entwicklung von K<strong>in</strong>dern<br />

und Jugendlichen zu erfüllen hat. Aber: Der Sport hat auch<br />

e<strong>in</strong>en Selbstzweck, so wie es z.B. <strong>in</strong> allen Satzungen der Fußballvere<strong>in</strong>e<br />

zu lesen ist, die Förderung des Fußballspiels, des<br />

Jugendfußballs und die Durchführung des Spielbetriebes!<br />

<strong>Die</strong>se ursprünglichen Kernaufgaben erfüllt der Fußball zu<br />

100% mit den vorhandenen Strukturen. Und zwar mit mehr<br />

als 30% der im Sport organisierten Jugendlichen, durch mehr<br />

als e<strong>in</strong> Jahrhundert h<strong>in</strong>durch, weltweit, mit e<strong>in</strong>em, dem stetigen<br />

Wandel der Zeit standhaltenden, attraktiven Sportspiel, das<br />

alle kennen und so viele begeistert. <strong>Die</strong>se Fakten besitzen normative<br />

Kraft und s<strong>in</strong>d auch wissenschaftlich valide; sie sollten<br />

Grundlage e<strong>in</strong>es ausgeprägten Selbstbewusstse<strong>in</strong>s der zigtausend<br />

Ehrenamtlichem im organisierten Fußballsport der Vere<strong>in</strong>e se<strong>in</strong>.<br />

So war die kritische, aber gleichzeitig kooperative Stellungnahme<br />

von Seiten der Teilnehmer aus dem Fußball zu verstehen:<br />

Bedauerlich sei die negative Interpretation der Studie,<br />

die von den Journalisten verbrochen worden sei und zukunftsweisende<br />

Erkenntnisse überdeckt. Der Fußball habe im Breiten-<br />

wie im Spitzensport immer soziales Engagement bewiesen<br />

und auch gesellschaftlichen Zielsetzungen gedient. Wenn<br />

die Politik die Absicht trägt, pädagogisch besser ausgebildete<br />

Übungsleiter/<strong>in</strong>nen und Tra<strong>in</strong>er/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Fußballvere<strong>in</strong>en für<br />

kompensatorische Erziehungsaufgaben zu fördern, so seien<br />

die Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen und Organisationsstrukturen (Sportschulen,<br />

Weiterbildungse<strong>in</strong>richtungen etc.) vielfach vorhanden,<br />

aber das Geld fehle und müsse bereitgestellt werden, z.B.<br />

aus Mitteln der neuen Sportstiftung bzw. der durch den Fußball<br />

wesentlich gespeisten Oddset-Wette.<br />

<strong>Die</strong> durch die Studie bestätigten Befunde, dass der Sportvere<strong>in</strong><br />

die unangefochtene Nr. 1 unter den Jugendorganisationen<br />

ist (60% der 12jährigen und ca. 40% der 18jährigen), mit tendenziell<br />

steigendem Organisationsgrad im Zehnjahresvergleich<br />

(lt. Shell-Jugendstudie), spiegelt die gesellschaftliche<br />

Bedeutung des Vere<strong>in</strong>ssports wider. Sie rechtfertigt die politische<br />

Entscheidung zur f<strong>in</strong>anziellen Strukturförderung e<strong>in</strong>er<br />

ehrenamtlich getragenen Institution, die hauptberuflich nicht<br />

annähernd f<strong>in</strong>anzierbar wäre. <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> besitzen e<strong>in</strong>e hohe<br />

Integrationskraft, demokratische Grundstrukturen, verkörpern<br />

e<strong>in</strong>en „Quasi-Ernstbereich des Lebens“ mit festen<br />

(Spiel-)Regeln (gerade <strong>in</strong> den großen Sportspielen und Mannschaftssportarten)<br />

und führen unvermeidlich zu sozialer Interaktion<br />

im Spannungsfeld zwischen Leistung und Fairness.<br />

<strong>Die</strong> e<strong>in</strong>st „guten Tugenden“, wie Pünktlichkeit, Hilfsbereitschaft,<br />

Selbstdiszipl<strong>in</strong> (im Mannschaftssportgefüge) und die<br />

Entwicklung des Selbstwertgefühls s<strong>in</strong>d lange nicht alle, die<br />

der Vere<strong>in</strong>ssport unabd<strong>in</strong>gbar braucht. Wer weitere pädagogische<br />

und kompensatorische Erziehungsaufgaben <strong>in</strong> die <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong><br />

verlagern will, benötigt e<strong>in</strong>e realistische Konzeption<br />

und die f<strong>in</strong>anziellen Mittel, um die Ausbildung der ehrenamtlichen<br />

Vere<strong>in</strong>smitarbeiter/<strong>in</strong>nen zu erweitern und zu verbessern.<br />

Dann kann der organisierte Sport neben se<strong>in</strong>en orig<strong>in</strong>ären<br />

Kernbereichen an diesen zusätzlichen Aufgaben gemessen,<br />

werden!<br />

<strong>Die</strong>s wäre e<strong>in</strong> fairer Pakt mit dem Sport, den Sportm<strong>in</strong>ister Dr.<br />

Vesper me<strong>in</strong>te, <strong>in</strong> der Konsequenz der F<strong>in</strong>anzierung, jedoch<br />

letztlich nicht zusicherte. Denjenigen Menschen, die sich <strong>in</strong><br />

unserer Gesellschaft noch unentgeltlich für andere engagieren,<br />

mangelnde Qualität an Ausbildung vorzuwerfen, kann nicht<br />

beabsichtigt se<strong>in</strong>!<br />

Dort, wo Alkoholkonsum und Rauchen ke<strong>in</strong>e leistungslimitierenden<br />

Faktoren darstellen, im breitensportlichen Mannschaftsspiel,<br />

kann man Jugendlichen gesundheitsbewusstes<br />

Verhalten nur überzeugend „vorleben“. <strong>Die</strong> vielen Betreuer<br />

und Tra<strong>in</strong>er der Volkssportart Fußball und auch die heranwachsenden<br />

Jugendlichen und ihre Eltern s<strong>in</strong>d dabei repräsentativ<br />

für die Verhältnisse <strong>in</strong> unserer Gesellschaft – diese<br />

Verhältnisse wird der Sportvere<strong>in</strong> nicht im Alle<strong>in</strong>gang und<br />

nicht durch Bevormundung se<strong>in</strong>er Mitglieder verändern können.<br />

Kurzfristig messbare Erfolge s<strong>in</strong>d hier wahrsche<strong>in</strong>lich nur mit<br />

gesellschaftspolitischen Entscheidungen <strong>in</strong> der Gesetzgebung<br />

zu Werbung und öffentlichem Gesundheitsschutz zu erzielen.<br />

<strong>Die</strong>se kann der Sportvere<strong>in</strong> durch Aufklärung und die Schaffung<br />

von erzieherischen Anreizen für mehr Gesundheitsbewusstse<strong>in</strong><br />

unterstützen – trifft das den politischen Willen unserer Landesregierung<br />

im Pakt mit dem Sport?<br />

Auffällig war, dass fast alle hochgestellten Persönlichkeiten<br />

<strong>in</strong> der Zuhörerschaft und auf dem Podium von eigenen positiven<br />

Lebenserfahrungen mit Sport zu berichten wussten, die <strong>in</strong> der<br />

Studie nicht unbed<strong>in</strong>gt al≠s signifikant zu f<strong>in</strong>den waren.<br />

Gerade aus der Sicht des Fußballs sche<strong>in</strong>t es auf Grund der<br />

weltweiten Beliebtheit und des ungebrochenen Interesses<br />

bedeutsam, e<strong>in</strong>e konstante, überdauernde Größe mit hoher<br />

Verb<strong>in</strong>dlichkeit zu se<strong>in</strong>. Seit se<strong>in</strong>er „Erf<strong>in</strong>dung“ hat der Fußball<br />

se<strong>in</strong>e Regeln stets relativ e<strong>in</strong>fach und verständlich gestaltet,<br />

se<strong>in</strong>e Spielidee „Tore erzielen und Tore vermeiden“ nicht verändert<br />

und die Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters<br />

trotz technischer Möglichkeiten nicht preisgegeben. Dennoch<br />

haben Flexibilität und Variantenreichtum <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Ausprägungsformen (Fußballtennis, Hallenfußball) und Anpassungen<br />

für bestimmte Alters- oder Zielgruppen (z.B. Bamb<strong>in</strong>i)<br />

moderne Erfordernisse schadlos <strong>in</strong>tegriert. Das große Sportspiel<br />

Fußball konnte sich bislang als e<strong>in</strong>e „feste überdauernde<br />

Größe“ behaupten, ohne Spielunterbrechungen durch Werbeblocks<br />

der Medien, trotz aller vergänglichen Fun- und Trendsportarten<br />

(zumeist durch die Sportartikel<strong>in</strong>dustrie umsatzsteigernd<br />

<strong>in</strong>itiiert) und sah bereits e<strong>in</strong>ige Sportarten-Booms<br />

kommen und gehen. Vielleicht ist es gerade das, was <strong>in</strong> Zeiten<br />

des viel diskutierten „Werteverfalls“ und des schnellen Wandels<br />

den Fußball so wertvoll macht – als B<strong>in</strong>deglied zwischen<br />

den Generationen und den Nationen, als Orientierungspunkt<br />

und „ruhenden Pol“ nach dem Menschen sich sehnen.<br />

So gesehen ist „trendy se<strong>in</strong>“ an sich ke<strong>in</strong>e „neue, anstrebenswerte<br />

Qualität“ und die „ständige Anpassung an den Wandel“<br />

erzeugt ke<strong>in</strong>e überdauernden Werte und Ziele und ke<strong>in</strong>e<br />

Grundlage zur Orientierung. Aber nicht nur <strong>in</strong> diesen Punkten<br />

unterscheiden sich moderne, Gew<strong>in</strong>n maximierende <strong>Die</strong>nstleistungsorganisationen<br />

(auch des kommerziellen Sports) von<br />

der „Non-Profit-Organisation“ Sportvere<strong>in</strong>.<br />

W. Scheuerl


116<br />

117<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

DSB-Presse<br />

vom 10. April 2001<br />

Quelle: www.dsj.de


118<br />

6.3 Ergebnisse des „Trendmonitors“ zur Brettschneider-Studie<br />

119<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

Der „Trendmonitor“ – wie wir ihn benennen – ist e<strong>in</strong><br />

Instrument zur Feststellung aktueller Trends und Tendenzen<br />

im Sport. <strong>Die</strong>ser „Trendmonitor“ wurde im Jahr<br />

2000 durch den LandesSportBund Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />

e<strong>in</strong>gerichtet und auch erstmals e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Mittels Zufallsgenerator wurden aus der aktuellen<br />

ÜL/JL/OL – Adressendatei 500 Adressen herausgezogen<br />

und mit der Bitte angeschrieben, beim „Trendmonitor“<br />

mitzuwirken.<br />

Mit Stand 15. April 2001 haben sich ca. 150 Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

und Mitarbeiter zur Mitwirkung bereit erklärt. <strong>Die</strong><br />

150 Adressen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>zwischen auf ca. die doppelte Anzahl<br />

angewachsen, so dass bei späteren Umfragen die Verlässlichkeit<br />

der Untersuchung entsprechend größer wird.<br />

<strong>Die</strong>se Mitarbeiter und Mitarbeiter<strong>in</strong>en werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Telefonbefragung (<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit dem Soziologischen<br />

Institut der Universität Duisburg) zu vorher<br />

festgelegten Fragen um Stellungnahme gebeten.<br />

Mit diesem Instrument Trendmonitor können wir gewährleisten,<br />

dass der LandesSportBund NRW zeitnäher auf<br />

aktuelle Problemstellungen, die vor allem an der Vere<strong>in</strong>sbasis<br />

auftreten, reagieren kann.<br />

In der folgenden Trendmonitor – Umfrage s<strong>in</strong>d die Befragungsergebnisse<br />

zur vieldiskutierten Brettschneider-<br />

Studie: „Jugendarbeit im Sportvere<strong>in</strong> – Anspruch und<br />

Wirklichkeit“ dokumentiert. Das Ergebnis ist nicht als repräsentative<br />

Stellungnahme der im Sport tätigen Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

und Mitarbeiter zu sehen, sondern es kann aufzeigen,<br />

wie zum Zeitpunkt der Telefonbefragung der Informationsstand<br />

an der Basis zur Brettschneider-Studie ist.<br />

Ergebnisse der Blitzumfrage an Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

und Mitarbeiter aus <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n zum<br />

Thema:<br />

„Jugendarbeit im Sportvere<strong>in</strong> – Anspruch und<br />

Wirklichkeit“<br />

Für die Telefonumfrage, die vom Rhe<strong>in</strong>-Ruhr-Institut<br />

für Sozialforschung und Politikberatung am Freitag, den<br />

30. April und Samstag, den 31. April durchgeführt wurde,<br />

konnten erstmals die Daten des erstellten „Trendmonitors“<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden.<br />

Hierbei handelte es sich um 146 Personen aus dem<br />

Bereich der <strong>in</strong> den <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n tätigen Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

und Mitarbeiter, die sich für derartige Umfragen<br />

als Partner zur Verfügung gestellt haben.<br />

Von den 146 möglichen Kontaktpersonen konnten 94<br />

Personen erreicht werden und haben geantwortet.<br />

Frage 1<br />

Haben Sie e<strong>in</strong>en oder mehrere dieser Artikel gelesen<br />

oder von den Ergebnissen der Untersuchung gehört?<br />

• Artikel gelesen Ja/ne<strong>in</strong><br />

• Von den Ergebnissen gehört Ja/ne<strong>in</strong><br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Ja<br />

Ne<strong>in</strong><br />

Von den Ergebnissen der Untersuchung haben zusätzlich<br />

zu denen, die angeführt haben, e<strong>in</strong>en oder mehrere<br />

Artikel gelesen zu haben, noch e<strong>in</strong>mal 19,1% oder<br />

18 Personen gehört (zweiter Teil der Frage).<br />

<strong>Die</strong> detaillierte Auswertung ergibt:<br />

• 15 Personen haben e<strong>in</strong>en Artikel gelesen und zusätzlich<br />

von den Ergebnissen der Untersuchung gehört,<br />

• 14 Personen haben e<strong>in</strong>en Artikel gelesen, aber noch<br />

nichts weiteres gehört,<br />

• 3 Personen haben noch nichts über die Studie gelesen,<br />

aber schon davon gehört,<br />

• 4 Personen wußten nicht, ob sie etwas dazu gelesen<br />

haben,<br />

• 58 Personen haben beide Fragen mit ne<strong>in</strong> beantwortet.<br />

In der weiteren Befragung wurden nur noch diejenigen<br />

erfasst, die auf die obigen Fragestellungen zum<strong>in</strong>dest<br />

e<strong>in</strong>mal mit „Ja“ geantwortet haben.<br />

<strong>Die</strong>s waren 32 Personen – 34% der Befragten.<br />

weiß nicht<br />

Frage 2<br />

Woran er<strong>in</strong>nern sie sich, wenn sie sich die Ihnen<br />

bekannten Informationen über die Studie vor Augen<br />

führen?<br />

<strong>Die</strong> Frage wurde offen gestellt, es wurden ke<strong>in</strong>e Antwortmöglichkeiten<br />

vorgegeben. <strong>Die</strong> Antworten wurden<br />

<strong>in</strong> zuvor festgelegte Kategorien zugeordnet. Es waren<br />

Mehrfachnennungen möglich.<br />

Insgesamt lagen 42 Nennungen vor.<br />

• <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> haben wenig E<strong>in</strong>fluss<br />

auf die Jugend<br />

• Fussball/Handball<br />

• Alkohol/Nikot<strong>in</strong><br />

• Drogen<br />

• Tra<strong>in</strong>er<br />

• Ausbildung<br />

• Sport ist nicht gut für junge Leute<br />

• Pakt für den Sport<br />

• Sonstiges<br />

9 Nennungen<br />

2 Nennungen<br />

10 Nennungen<br />

7 Nennungen<br />

ke<strong>in</strong>e Nennung<br />

ke<strong>in</strong>e Nennung<br />

1 Nennung<br />

ke<strong>in</strong>e Nennung<br />

13 Nennungen<br />

Unter der Rubrik „Sonstiges“ wurden jeweils als<br />

e<strong>in</strong>e Nennung (wörtlich übernommen) aufgeführt:<br />

• Ab 13 Jahren haben <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluß mehr<br />

auf die Jugendlichen<br />

• Breitensport<br />

• Dass die soziale Arbeit, die den <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>n zugesprochen<br />

wird, so nicht <strong>in</strong> Ordnung ist<br />

• Ehrenamt und se<strong>in</strong>e Schwierigkeiten<br />

• Ke<strong>in</strong> Unterschied zwischen tra<strong>in</strong>ierten und untra<strong>in</strong>ierten<br />

Jugendlichen im konditionellen Bereich<br />

• Krim<strong>in</strong>alität<br />

• Krim<strong>in</strong>alität bei Jugendlichen<br />

• Leute werden alle unter e<strong>in</strong>en Kamm geschert<br />

• Schule und Vere<strong>in</strong> Sport gegen rechts<br />

• Schulsport unterliegt <strong>in</strong> der Wertigkeit dem Vere<strong>in</strong>ssport<br />

• Trendsportarten<br />

• Verstärkt Jugendarbeit <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>en betreiben<br />

• Zu wenig Schulen kooperieren mit Vere<strong>in</strong>en, um<br />

Jugendlichen auch neben dem Schulsport Vere<strong>in</strong>ssport<br />

zu bieten<br />

Frage 3<br />

Ist <strong>in</strong> Ihrem Sportvere<strong>in</strong>/<strong>in</strong> Ihrer Sportgruppe über<br />

die Ergebnisse der Studie gesprochen worden?<br />

Antwortmöglichkeit: Ja/ne<strong>in</strong><br />

Über Ergebnisse der Studie gesprochen worden?<br />

30%<br />

25%<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

0%<br />

Ja<br />

Ne<strong>in</strong><br />

weiß nicht<br />

E<strong>in</strong>gangssatz zur Telefonbefragung:<br />

In den letzten zwei Wochen konnte man <strong>in</strong> der Presse<br />

Artikel über e<strong>in</strong>e Untersuchung zum Thema „Jugendarbeit<br />

und <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong>“ lesen.


120<br />

121<br />

6.0 Öffentliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

Frage 4<br />

Und wie s<strong>in</strong>d die Ergebnisse <strong>in</strong> ihrem Sportvere<strong>in</strong><br />

bewertet worden?<br />

<strong>Die</strong> Frage wurde offen gestellt, es wurden ke<strong>in</strong>e Antwortmöglichkeiten<br />

vorgegeben. <strong>Die</strong> Antworten wurden<br />

<strong>in</strong> zuvor festgelegte Kategorien zugeordnet. Es liegen<br />

Mehrfachnennungen vor.<br />

<strong>Die</strong> Basiszahl der vorliegenden Antworten beruht auf<br />

dem Ergebnis der Frage Nummer 3 mit <strong>in</strong>sgesamt 5<br />

Antworten (5,3%)<br />

• Ergebnisse der Studie<br />

s<strong>in</strong>d nichts Neues<br />

ke<strong>in</strong>e Nennung<br />

• Ergebnisse der Studie veranlassen uns,<br />

über die Jugendarbeit <strong>in</strong> unserem Vere<strong>in</strong><br />

nachzudenken<br />

2 Nennungen<br />

• Ergebnisse s<strong>in</strong>d für die Arbeit im<br />

Sportvere<strong>in</strong> nicht von Bedeutung<br />

• Unser Informationsstand ist zur Zeit<br />

noch zu ungenau, wir warten auf<br />

entsprechende Veröffentlichungen<br />

• Das ist Sache der Wissenschaft, die<br />

haben ke<strong>in</strong>e Ahnung von der Praxis<br />

• Sonstiges<br />

ke<strong>in</strong>e Nennung<br />

ke<strong>in</strong>e Nennung<br />

1 Nennung<br />

3 Nennungen<br />

Unter der Rubrik „Sonstiges“ wurde jeweils als E<strong>in</strong>zelnennung<br />

(wörtlich übernommen) aufgeführt:<br />

• Der Anspruch ist zu hoch (des Sportvere<strong>in</strong>s),<br />

die Vere<strong>in</strong>e müßten mehr leisten<br />

• <strong>Die</strong> Ergebnisse haben uns erstaunt, wir halten uns für<br />

e<strong>in</strong>e positive Ausnahme<br />

• <strong>Die</strong> Studie ist <strong>in</strong>sgesamt positiv bewertet worden<br />

Frage 5<br />

Welche Konsequenzen sollten Ihrer Me<strong>in</strong>ung der<br />

LandesSportBund NRW die Sportjugend/aus den<br />

vorliegenden Ergebnissen der Untersuchung ziehen?<br />

<strong>Die</strong> Frage wurde offen gestellt, es wurden ke<strong>in</strong>e Antwortmöglichkeiten<br />

vorgegeben. <strong>Die</strong> Antworten wurden<br />

<strong>in</strong> zuvor festgelegte Kategorien zugeordnet. Es lagen<br />

Mehrfachantworten vor.<br />

Insgesamt gibt es 29 Nennungen.<br />

• Ausbildung weiter verbessern<br />

• Ausbildung mehr auf pädagogische<br />

Arbeit ausrichten<br />

• Ansprüche abbauen – <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong><br />

s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Sozialstationen<br />

• So weiter arbeiten wie bisher<br />

• Möglichst schnell gegen<br />

die Ergebnisse angehen –<br />

das kann nicht so stehen bleiben<br />

• Mehr staatliche Unterstützung für<br />

e<strong>in</strong>e bessere Jugendarbeit e<strong>in</strong>fordern<br />

• <strong>Die</strong> <strong>Sportvere<strong>in</strong>e</strong> <strong>in</strong> NRW erst e<strong>in</strong>mal<br />

gründlich <strong>in</strong>formieren und dann<br />

geme<strong>in</strong>sam nach Wegen suchen<br />

• Sonstiges<br />

6 Nennungen<br />

1 Nennung<br />

1 Nennung<br />

3 Nennungen<br />

ke<strong>in</strong>e Nennung<br />

2 Nennungen<br />

6 Nennungen<br />

10 Nennung<br />

Unter „Sonstiges“ wurde jeweils als E<strong>in</strong>zelnennung<br />

(wörtlich übernommen) aufgeführt:<br />

• Auf die Übungsleiter zugehen<br />

• Den Sport nicht <strong>in</strong> Verruf br<strong>in</strong>gen, der LSB sollte sich<br />

h<strong>in</strong>ter die Ehrenämtler stellen<br />

• <strong>Die</strong> Ergebnisse durch e<strong>in</strong>e neue Studie überprüfen,<br />

dabei sollte noch genauer nach Sportarten differenziert<br />

werden<br />

• <strong>Die</strong> Öffentlichkeitsarbeit sollte stärker die positiven<br />

Leistungen der Vere<strong>in</strong>e darstellen<br />

Bewertung der vorliegenden Ergebnisse der<br />

Blitzumfrage:<br />

• <strong>Die</strong>se Blitzumfrage mit Hilfe des Trendmonitor kann<br />

nur e<strong>in</strong> Me<strong>in</strong>ungsbild se<strong>in</strong><br />

• Ca. 1/3 der im Sport tätigen Mitarbeiter und Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

haben die verschiedenen Ausführungen <strong>in</strong> der<br />

Presse gelesen. <strong>Die</strong>ser Wert ist erstaunlich ger<strong>in</strong>g, da<br />

auch die großen regionalen Zeitungen wie Rhe<strong>in</strong>ische<br />

Post, Westdeutsche Allgeme<strong>in</strong>e und Neue Ruhr Zeitung<br />

<strong>in</strong> großer Aufmachung über die Studie berichtet<br />

haben.<br />

• <strong>Die</strong> von den Zeitungen gewählten Überschriften, die<br />

hauptsächlich auf e<strong>in</strong>en Alkohol und Nikot<strong>in</strong>konsum<br />

Jugendlicher abhoben, haben sich offenbar im Gedächtnis<br />

festgesetzt – dies ist an den Nennungen zur<br />

Frage 2 (Alkohol/Nikot<strong>in</strong> mit 10 Nennungen, Drogen<br />

mit 7 Nennungen) deutlich zu sehen.<br />

• Der Begriff „Pakt für den Sport“ ist von den Befragten<br />

nicht <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung geblieben.<br />

• In der Bewertung der Ergebnisse kommt es bei denen,<br />

die sich damit ause<strong>in</strong>andergesetzt haben zum Nachdenken,<br />

auch über die Ansprüche, die an den Sportvere<strong>in</strong><br />

von außen herangetragen werden.<br />

• Als erste Konsequenz auf die Ergebnisse der Studie ist<br />

der ruf nach e<strong>in</strong>er verbesserten Ausbildung der übliche<br />

Weg – dies bestätigt sich auch <strong>in</strong> der Blitzumfrage. Ob<br />

man allerd<strong>in</strong>gs mit Hilfe dieser verbesserten Ausbildung<br />

das ursprüngliche Problem erreichen kann, ist zu<br />

klären.<br />

• Es besteht der den Wunsch nach gründlicher Information<br />

und nach der geme<strong>in</strong>samen Suche nach Lösungswegen.<br />

Hier ist vor allem die Landesorganisation – der<br />

LandesSportBund Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – gefragt.<br />

• Insgesamt kann bei der Antwort auf mögliche Konsequenzen<br />

für die Arbeit des LandesSportBundes/<br />

die Sportjugend NRW auf drei Bereiche h<strong>in</strong>gewiesen<br />

werden:<br />

1. Mitarbeiteraus- und fortbildung<br />

• <strong>Die</strong> Tra<strong>in</strong>er stärker auf das Problem h<strong>in</strong>weisen<br />

• Ist sich mit den Ergebnissen nicht sicher<br />

• Möglichkeiten <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong> zu kommen für die<br />

Jugendlichen verbessern, auf die E<strong>in</strong>kommensverhältnisse<br />

e<strong>in</strong>gehen<br />

• Sportbund sollte se<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss geltend machen<br />

• Sport<strong>in</strong>stitutionen sollten mehr <strong>in</strong> die Öffentlichkeit<br />

gehen<br />

2. Interessenvertretung des LandesSportBundes für die<br />

Arbeit der ehrenamtlichen Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeiter<br />

3. Information über die Ergebnisse und Diskussion der<br />

Ergebnisse mit dem Ziel der Optimierung der Jugendarbeit.<br />

Norbert Käfer

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