GB 03-09-web
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4 An(ge)dacht<br />
„Unmöglich können wir schweigen über das,<br />
was wir gesehen und gehört haben“.<br />
(Apostelgeschichte 4,20)<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
während ich diese Gedanken zu Papier<br />
bringe, bereiten wir uns auf die Passionszeit<br />
vor, bedenken in den kommenden<br />
Wochen, gerade an den Sonntagen, den<br />
Weg Jesu nach Jerusalem, ins Leiden und<br />
ans Kreuz. Wir haben dabei aber auch<br />
bereits Ostern im Blick, haben das frohmachende<br />
Wort: Der Herr ist auferstanden!<br />
Halleluja! im Ohr und erkennen auch<br />
die Jünger und ihre Begleiter, wie sie nach<br />
Ostern doch ein wenig ängstlich sind und<br />
sich fragen: Wie wird es weitergehen?<br />
Im Kirchenjahr folgt das Pfingstfest, an<br />
dem wir daran denken, wie Gottes Geist<br />
verängstigte Jünger in mutige Zeugen für<br />
die frohe Botschaft des auferstandenen<br />
Christus verwandelt. Die Jünger wurden<br />
zu Boten dieser neuen, umwälzenden<br />
Botschaft. Das passte manchen Oberen<br />
nicht, so dass sie Petrus und Johannes,<br />
zwei bekannte Jünger Jesu, vorladen ließen<br />
und sie aufforderten, vor der Versammlung<br />
des „Hohen Rates“ deutlich<br />
zu machen, was sie denn den Menschen<br />
so erzählten.<br />
Als man den Aposteln verbieten wollte,<br />
noch weiter von Jesus zu sprechen, gaben<br />
sie diese Antwort: „Wir können’s<br />
ja nicht lassen, von dem zu reden, was<br />
wir gesehen und gehört haben.“ Das<br />
war damals, „in jener Zeit“, am Anfang<br />
der Kirche, nach Pfingsten. Sie ließen sich<br />
nicht hindern, und die Hindernisse, die<br />
sich ihnen entgegenstellten, wurden<br />
nochmals zu Gelegenheiten, von dem zu<br />
sprechen, was sie mit Jesus erlebt hatten.<br />
So geschah Mission. Kein gesellschaftlicher<br />
Druck drängte dazu, Christ zu werden.<br />
Das Christentum verbreitete sich<br />
durch das persönliche Zeugnis und durch<br />
das Wirken des Heiligen Geistes, der<br />
Herzen und Türen für das Evangelium<br />
öffnete.<br />
Das blieb nicht immer so. Später wurde<br />
es zum gesellschaftlichen Vorteil, Christ<br />
zu werden und zu sein. Ganze Reiche,<br />
Völker, Stämme, Länder nahmen,<br />
manchmal unfreiwillig, das Christentum<br />
an.<br />
Heute, da diese Epoche der „Christenheit“<br />
zu Ende geht, sind wir erneut in<br />
einer Phase, die den Anfängen der Kirche<br />
ähnlich ist. Damals trat das Christentum<br />
als etwas Neues in die Welt.<br />
Für viele ist es auch heute etwas Neues,<br />
auch wenn wir das Land der Reformation<br />
Martin Luthers sind und eine lange<br />
christliche Tradition haben. Sie prägt<br />
durchaus noch die Landschaft, die Kultur,<br />
das soziale Netz und manche Wertvorstellungen.<br />
Bewusst oder unbewusst ist vieles vom<br />
Evangelium beeinflusst, was die<br />
Lebensvollzüge auch derer berührt, die<br />
ausdrücklich wenig mit Kirche zu tun<br />
haben. In den langen Jahrhunderten der<br />
„Christenheit“ hat es nie am persönlichen<br />
Zeugnis derer gefehlt, die nicht nur aus<br />
Tradition Christen waren, sondern den<br />
überlieferten Glauben als Freundschaft<br />
mit Christus lebten.