Oktober 2012 - Gudjons Apotheke
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BELTENE<br />
Erkenne Mich<br />
und befreie Dich<br />
Erkenne Dich<br />
und steigere Mich,<br />
lebe Mich<br />
und beschenke viele<br />
denn Ich warte<br />
auf Dich<br />
alle Tage<br />
in Dir und allen Wesen<br />
Du warst Lachs und Ich bin das Steigen der Quelle<br />
Du warst Hirsch und Ich bin verborgene Lichtung<br />
Du warst Birke und Ich bin befruchtender Wind<br />
Du warst Eiche und Ich bin des Stammes Stärke<br />
Du warst Delphin und Ich bin die fischreiche Strömung<br />
Ich bin des Falken Scharfblick und des Widders Sprung<br />
Ich bin des Pfeils verhüllte Ruhe, Anlass, Flug und Ziel<br />
In jedem bin Ich das Sehnen und die Erfüllung<br />
Gekommen ist der Tag des Tanzes<br />
frei und voller Freude tanzen wir heute<br />
ich tanze durch die Säulen Deines Lichtes<br />
ich tanze durch die Wirbel Deiner Mächte<br />
ich tanze durch die Tore Deiner Rätsel<br />
ich tanze durch die Zahl Deiner heiligen Namen<br />
ich tanze durch alle Deine verwandelnden Feuer<br />
ja, Dein Tanz zerschlägt jede Täuschung<br />
Dein Tanz vernichtet alle Finsternis<br />
unser Tanz vereinigt und erneuert die Welten<br />
Gedicht aus „Lichtwende“<br />
ISBN 978-3-906132-30-3
Inhalt<br />
Editorial – Brita <strong>Gudjons</strong> ............................. 1<br />
Ein Fall von Valeriana officinalis<br />
Dott. Massimo Mangialavori ...................... 3<br />
Krebsbehandlung bei Tieren mit Homöopathie<br />
Dr. med. Jens Wurster ............................... 11<br />
Homöopathie in der Tiermedizin<br />
Dr. vet. Barbara Rakow ........................... 16<br />
Cairn-Terrierhündin<br />
mit fortgeschrittenem Leberkrebs<br />
Helrike Lein ........................................... 20<br />
Atrophie der Gesichts- und Schlundmuskulatur<br />
bei einer Berner Sennenhündin<br />
Dr. vet. Bernhard Hornig ........................... 28<br />
Wo steht die Tierhomöopathie?<br />
Claudia Grothus ...................................... 31<br />
Das große Polychrest Phosphorus –<br />
Das Licht in der Dunkelheit<br />
Stefanie Hofmann ................................... 35<br />
Homöopathische Dissertation in der Veterinärmedizin:<br />
eine Reise zum richtigen Arzneimittel?<br />
Mimi Hornig ......................................... 39<br />
Die Behandlung einer festliegenden Kuh<br />
mit klassischer Homöopathie<br />
nach Samuel Hahnemann<br />
Thomas Hofmann .................................... 41<br />
Das Kasperle-Pferd im Reitstall<br />
Dr. vet. Bernhard Hornig ........................... 44<br />
Homöopathische Sterbebegleitung bei Tieren<br />
Sabine Müller ......................................... 46<br />
Leserbrief zu dem Artikel über die Rohsubstanz<br />
der Arznei Natrium muriaticum aus dem vorigen<br />
<strong>Gudjons</strong> aktuell<br />
Kathrin Herrmann ..................................... 52<br />
1
2<br />
Z um<br />
EdItorIal<br />
25-jährigen Jubiläum des Labor <strong>Gudjons</strong> soll auch die Tier-Homöopathie<br />
einmal zu Wort kommen.<br />
Hahnemanns Intention war es, seine kranken Menschenbrüder zu heilen. Von<br />
Tierbrüdern hat er nicht gesprochen.<br />
Wer von Ihnen schon einmal seine Wange an das haarige Gesicht eines Pferdes,<br />
Esels oder gar Kamels gelehnt und es dabei liebevoll gestreichelt hat, der<br />
weiß aus der Reaktion des Tieres, daß die „Animales“<br />
unsere Brüder sind.<br />
Die Wesen des Tier- und Pflanzenreiches, ja vielleicht<br />
sogar die der Minerale, reagieren auf die Schwingungen<br />
potenzierter (dynamisierter) Substanzen.<br />
Die Schwierigkeit beim Heilen besteht nur in der Wahl<br />
der „rechten Arznei“, hauptsächlich, weil Tiere nicht<br />
über ihre Krankheitssymptome reden können und<br />
Interpretationen „menschlich“ sind und damit fragwürdig<br />
als Tiersymptome.<br />
Unsere Profis unter den Homöopathen, wie z.B. Dr. Massimo Mangialavori und<br />
Dr. Jens Wurster, scheinen ihre Arzneien so gut zu kennen, daß ihre Mittelkenntnis<br />
hilft, auch für Tiere die passende Arznei zu finden. Sicher haben sie<br />
auch das, was man spürig nennt, oder sie sind „alte Schamanen“.<br />
Und die Profis unter den Tierhomöopathen, wie Dr. Barbara Rakow und Helrike<br />
Lein, zeigen mit ihren Kasuistiken, wie erfolgreich man auch trotz mangelndem<br />
Zwiegespräch arbeiten kann.<br />
Stefanie Hofmann stellt in diesem Heft Phosphorus bei Tieren vor.<br />
Das Licht- und Schatten-Szenario in der Ausbildung zum Tierhomöopathen<br />
hat Claudia Grothus kritisch beleuchtet.<br />
Und am Ende: Sterbebegleitung unserer Tierbrüder mit homöopathischen<br />
Arzneien, beschrieben von Sabine Müller.
Ein großes Thema der Veterinärhomöopathie ist die Großtierhaltung. Schon<br />
im Jahr 1987 wurde von Dr. Achim Schütte ein Forschungsprojekt „Anwendbarkeit<br />
der Homöopathie bei Nutztieren“ gestartet, das internationale Aufmerksamkeit<br />
erlangte. Weitere nationale und internationale Projekte folgten,<br />
sowohl im Bereich der Homöopathie, als auch für den Tierschutz am<br />
Schlachthof.<br />
Ab 2001 war Dr. Schütte Mitarbeiter der Karl u. Veronica Carstens-Stiftung,<br />
unter deren Schirmherrschaft sein größtes Projekt „die ärztliche Betreuung<br />
und wissenschaftlich-homöopathische Begleitung“ von 50 Schweinezüchter-<br />
Betrieben im Kreis Warendorf war.<br />
Die Erfahrungen dieser Studie sind in einem vielbeachteten Leitfaden zur<br />
homöopathischen Behandlung von Schweinen zusammengefasst (ISBN 978-<br />
3-86864-016-8). Ähnliche Studien führten zu dem Praktiker-Leitfaden<br />
Mastitis bei Rindern (ISBN 978-3-00-034734-4). Der Tierhomöopath Thomas<br />
Hofmann stellt einen Fall aus diesem Bereich vor und auch Mimi Hornig<br />
arbeitet auf diesem Gebiet.<br />
Das Heilen unserer Tierbrüder wird von verschiedenen Seiten beleuchtet.<br />
Trotz der naturgemäß bestehenden Schwierigkeiten finden Sie brilliante Heilungen.<br />
Ich hoffe, Sie sind begeistert vom Potenzial der Homöopathie .... und fallen in<br />
den Applaus mit ein ...<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
EdItorIal<br />
3
4<br />
EIn Fall von valErIana oFFIcInalIs<br />
Ein Fall von Valeriana officinalis<br />
Birba ist eine junge Araber-Stute von ungefähr<br />
6 Jahren, die in einem Gestüt von ausgewählten<br />
Ausdauer-Pferden aufgewachsen ist. Der<br />
Besitzer ist ein kompetenter Reiter, der sich<br />
seit Jahren leidenschaftlich diesem Sport<br />
widmet und sie nach dem zweiten Lebensjahr<br />
gekauft hat, um sie auf die Wettkämpfe vorzubereiten.<br />
Bis zu jenem Zeitpunkt hat Birba<br />
so gut wie immer im Freien, in einer Herde<br />
mit anderen, sowohl jüngeren als auch älteren<br />
Stuten, gelebt.<br />
Der befreundete Tierarzt, der mich um Rat<br />
gefragt hat, kennt Birba seit dem Tag ihres<br />
Erwerbs; er betreut auch andere Pferde desselben<br />
Eigentümers und hat die vorgeschriebenen<br />
Kontrollen, die normalerweise vor<br />
dem Kauf eines Rennpferdes verlangt werden,<br />
durchgeführt. Gemäß der Aussagen des “Kollegen“,<br />
zeigte Birba deutlich die ersten Probleme,<br />
als sie von der Herde getrennt wurde und<br />
sich entschieden weigerte, in den Anhänger<br />
einzusteigen. Nach zahlreichen, geduldigen,<br />
unendlich langen Versuchen, die fast einen<br />
ganzen Tag dauerten, entschied der Besitzer,<br />
einen großen Transporter zu mieten, mit dem<br />
es schliesslich möglich war, Birba zu befördern,<br />
nachdem man sie zusätzlich noch mit<br />
einem starken Beruhigungsmittel behandelt<br />
hatte.<br />
Der Kollege macht mich auf eine Besonderheit<br />
dieser Stute aufmerksam:<br />
“Birba scheint genau umgekehrt auf eine normale<br />
Verabreichung von Beruhigungsmittel<br />
zu reagieren; sie wird sehr unruhig, tritt aggressiv<br />
um sich und versucht, gegen umstehende<br />
Personen auszuschlagen. Nur wenn ich<br />
dott. MassIMo MangIalavorI<br />
sehr hohe Dosen verwende, erreiche ich das<br />
gewünschte Ergebnis – eine Dosis, die normalerweise<br />
ein Tier mit mehr als dem doppeltem<br />
Gewicht zum Hinlegen bringen würde.<br />
Ich konnte das Gesagte mehrmals bestätigt<br />
finden, denn es ist buchstäblich unmöglich,<br />
sie ohne Beruhigung zu beschlagen, nicht einmal<br />
jetzt … Ich weiß nicht, was ich sagen soll<br />
… sobald sie den Hufschmied sieht, wird sie<br />
zu einer Bestie … und die Person, die in den<br />
Betrieb kommt, ist sehr professionell und verwendet<br />
NIE Beruhigungsmittel für die Pferde<br />
… doch bei ihr ist das unmöglich.<br />
Wir haben versucht, sie von einem anderen<br />
Hufschmied beschlagen zu lassen, doch die<br />
Ergebnisse waren noch schlechter.<br />
Was den Anhänger betrifft, auch das ist ein<br />
altes Problem ... der Besitzer hat resigniert<br />
und, da es ihm diese schöne Stute angetan hat,<br />
hat er entschieden, einen Transporter speziell<br />
für sie zu kaufen.<br />
Ich könnte in der Tat sagen, dass sie sehr verwöhnt<br />
ist, wenn sie ein Mensch wäre, … ich<br />
weiß nicht warum.<br />
Er ist ein guter Trainer, hat sehr viel Geduld<br />
und scheint regelrecht in Birba verliebt zu<br />
sein ... diese Haltung ist für ihn zu einem<br />
Prinzip geworden, doch jetzt ist er dabei, aufzugeben.<br />
Die anderen Pferde, die er trainiert hat, und<br />
mit denen er Wettrennen macht, haben ihm<br />
NIE ähnliche Probleme bereitet. Die Leute<br />
vom Gestüt bedauerten die Sache derart,<br />
dass sie ihm sogar angeboten haben, die Stute<br />
zurückzunehmen und durch eine andere<br />
zu ersetzen.
EIn Fall von valErIana oFFIcInalIs<br />
Doch diese Stute ist wirklich sehr, sehr schön<br />
und eben gut proportioniert ... sie könnte eine<br />
hervorragende Zuchtstute werden, doch ...<br />
wenn sie diesen Charakter den Fohlen weitergibt,<br />
... Gott bewahre! ...”<br />
Ich stelle eine Frage zu Birbas Verhalten:<br />
“Ich könnte sagen, sie ist WIDERSPENSTIG ...<br />
sie weiß genau, was sie will und vor allem,<br />
was sie NICHT WILL. Niemand denkt, dass sie<br />
dumm ist, doch sie ist wirklich ungezähmt.<br />
Ich glaube nicht, dass es eine Sache von Sturheit<br />
sei, denn sie versteht die Übungen und,<br />
wenn man sie in Längsrichtung bewegt ...,<br />
wenn sie ihren guten Tag hat, ist sie ein Engel.<br />
Doch die guten Tage kann man an einer Hand<br />
abzählen ... in den meisten Fällen macht sie,<br />
was sie will, und es scheint, dass genau das<br />
das Problem ist ... sie ordnet sich nicht unter<br />
... es scheint, als könne sie nicht die geringste<br />
Autorität anerkennen ... doch nicht einmal<br />
mit weniger autoritären und mehr spielerischen<br />
Ansätzen konnten wir etwas erreichen.<br />
Anfangs war es eine Sache von Tagen ... und<br />
man wusste nie, wann und warum man bestimmte<br />
Reaktionen erwarten konnte ... seit<br />
dem Trauma ist es unmöglich geworden, sich<br />
ihr manchmal auch nur zu nähern ...<br />
Es haben schon mehrere Personen versucht<br />
... alle mit demselben Ergebnis. Nur der Besitzer<br />
gibt nicht auf. Die anderen hätten sie<br />
bereits in das Gestüt zurückgeschickt oder<br />
geschlachtet.<br />
Ich habe bis jetzt eine leichte Besserung mit<br />
Chamomilla (10M) erzielt ... doch nachdem<br />
sie sich verletzt hat, ist sie wirklich unbeherrschbar<br />
geworden.<br />
Mittlerweile ist sie beinahe zu alt geworden,<br />
um eine Rennerfahrung zu machen, so hat<br />
der Besitzer beschlossen, sie rennen zu lassen,<br />
auch wenn sie nicht trainiert ist ...<br />
Es war eine Tragödie ... als hätte sie verstanden,<br />
was vor sich ging ...<br />
Damals haben wir den Fehler gemacht, sie<br />
mit dem Halfter eng an den Transporter zu<br />
binden … sie hat sich fast erdrosselt … doch<br />
wir konnten sie nicht zur Ruhe bringen ... sie<br />
schlug aus, als wäre sie bei einem Rodeo ...<br />
Dies ist eine andere Eigenschaft von Birba ...<br />
es gelingt uns nicht, ihr das Mundstück anzulegen,<br />
wenn das Kopfstück nicht wirklich<br />
locker ist ... doch dann besteht die Gefahr,<br />
dass sie herausschlüpft ...<br />
Es ist bereits passiert und war nicht gerade<br />
angenehm ... vor allem für den Reiter ...<br />
Doch wenn wir versuchen, das Kopfstück oder<br />
den Halfter etwas enger anzulegen, beginnt<br />
sie zu schlagen, und wir wissen dann nicht,<br />
wie wir ihn wieder abnehmen sollen ...<br />
Als sie aus dem Transporter kam, war sie<br />
erschöpft und sehr verschwitzt, so dass man<br />
sie nicht einmal starten lassen wollte ... doch<br />
dann hat sie den Test gerade noch bestanden<br />
... man hätte jedoch verhindern sollen, sie am<br />
Rennen teilnehmen zu lassen: sie war zu gestresst”<br />
Ich möchte mit dem Besitzer sprechen:<br />
“Es war offensichtlich, dass sie sich nicht bewegen<br />
wollte, sie hat alles gemacht, um mich<br />
aus dem Sattel zu werfen. Ich konnte sie nicht<br />
einmal dazu bringen, den Schritt zu halten, es<br />
sei denn, ich tat ihr weh im Maul ... und wenn<br />
ich nur einen Moment locker ließ, begann sie<br />
zu traben oder zu rennen ...<br />
5
6<br />
EIn Fall von valErIana oFFIcInalIs<br />
Ich habe versucht, sie laufen zu lassen, doch<br />
sie versuchte, mich gegen die Bäume zu werfen<br />
... am ersten Abhang konnte ich sie nicht<br />
mehr halten ... und am Ende bin ich abgesprungen<br />
… denn ich hatte wirklich Angst ...<br />
Sie ist dann aus dem Gleichgewicht gekommen,<br />
gefallen und hat sich mehrmals überschlagen<br />
...<br />
Am Ende hatte sie<br />
eine tiefe Wunde<br />
am Rist, ich<br />
kann mir nicht<br />
erklären, wie es<br />
dazu kam, denn<br />
ich verwende einen<br />
sehr leichten,<br />
weichen Sattel<br />
praktisch ohne<br />
Sattelbogen ...<br />
Ein guter Chiropraktiker<br />
hat sie<br />
untersucht und<br />
gesagt, dass sie<br />
z wei Traumen<br />
erlitten hat: eines<br />
am Mähnenansatz<br />
und ein zweites etwas<br />
oberhalb des<br />
Beckens.<br />
Seit jenem Tag ist Birba unzugänglich ... es<br />
täte mir leid, sie wirklich schlachten zu lassen,<br />
doch jedes Mal, wenn ich nur versuche, mich<br />
ihr zu nähern, ist mein erster Gedanke, sie in<br />
viele schöne Steaks zu verwandeln ...<br />
Sie lässt niemanden an sich heran, ganz zu<br />
schweigen, wenn sie bemerkt, dass es der Hufschmied<br />
ist ... das ist ein Problem, denn ihre<br />
Valeriana officinalis<br />
Hufe wachsen sehr schnell; ohne zu arbeiten,<br />
läuft sie sie nicht ab und sie müsste öfters beschlagen<br />
werden.<br />
Seit dem Zeitpunkt können wir sie nicht mehr<br />
in ihre Box bringen. Bereits zuvor wollte sie<br />
nicht dort bleiben, und ich musste bis jetzt<br />
4x die Box wechseln. Die ersten zwei hat sie<br />
mit ihren Hufen<br />
durchgetreten ...<br />
wenn sie hungrig<br />
ist, hält sie niemand,<br />
sie fordet<br />
Hafer und Heu,<br />
indem sie gegen<br />
die Tür und die<br />
Wände schlägt.<br />
Ich habe versucht,<br />
sie in eine<br />
S t u t e n b ox z u<br />
geben, doch es<br />
war nichts zu machen.<br />
Schließlich<br />
ließ ich eine Box<br />
speziell für sie<br />
anfertigen, in der<br />
sie ein- und ausgehen<br />
konnte, wann<br />
sie will, doch<br />
sie bleibt immer<br />
draußen. Sie geht nicht einmal hinein, um den<br />
Hafer zu fressen und das ist wirklich seltsam,<br />
wenn man bedenkt, wie gefräßig sie ist.<br />
Am Ende habe ich resigniert und halte sie in<br />
einem Gehege ... mit einer kleinen Ziege.<br />
Sie möchte nicht alleine sein, doch wenn ich<br />
ein anderes Pferd dazu gebe ... ich habe alles<br />
versucht, doch sie beißt alle ... mit der Ziege<br />
ist es ok.
EIn Fall von valErIana oFFIcInalIs<br />
Sie war auch vorher so ... sie war nie verträglich,<br />
doch nach dem Trauma ist es viel schlimmer<br />
geworden.”<br />
Ich frage, ob bei Veränderung der Beleuchtung<br />
in der Box zufällig ein anderes<br />
Verhalten festgestellt wurde:<br />
“In der Nacht war die Situation tatsächlich<br />
schlimmer, so habe ich entschieden, das Licht<br />
immer eingeschaltet zu lassen.<br />
Ich weiß nicht, ob ich Unsinn rede, doch wir<br />
haben den Eindruck, dass sie sich bedroht<br />
fühlt ... manchmal schlägt sie plötzlich nach<br />
hinten aus, als ob etwas hinter ihr wäre ...<br />
Man sieht, wie sie das Auge nach hinten dreht<br />
... und schlägt mit voller Kraft los – wenn sich<br />
jemand dahinter befände, würde sie ihn sicher<br />
totschlagen!”<br />
Ich frage etwas bezüglich der Ernährung:<br />
“Sie hat eine maßlose Leidenschaft für Obst.<br />
Es ist zur Zeit die einzige Möglichkeit, mich<br />
ihr zu nähern ... wenn ich mit ein paar Äpfeln<br />
oder Birnen zu ihr gehe – Birnen frisch<br />
aus dem Kühlschrank mag sie am liebsten …<br />
wenn ich nämlich eine Kiste im Stall lasse,<br />
schmecken sie ihr nicht so gut.<br />
Sie ist immer schon gierig gewesen, und man<br />
sagte mir, dass sie sie am Morgen sofort füttern<br />
müssen, ansonsten wird sie zum Teufel ...<br />
Doch das Merkwürdigste ist, dass es trotz ihrer<br />
Gefräßigkeit extrem schwierig ist, wenn<br />
sie etwas fressen soll, was sie nicht kennt:<br />
wenn wir versuchen, das Futter zu wechseln,<br />
kostet sie erst nach 2-3 Tagen davon und frisst<br />
nur in kleinen Happen ... man sieht, dass sie<br />
Hunger hat, doch es ist, als ob sie misstrauisch<br />
wäre. Dasselbe passiert, wenn ich Obst<br />
bringe, dass sie nicht kennt ... als ich es mit<br />
der Wassermelone oder Melone versuchte, auf<br />
die sie jetzt sehr gierig ist, hat sie zuerst einen<br />
ganzen Tag nur daran geleckt ...”<br />
“Eine weitere wichtige Eigenart ist ihr Nasenbluten.<br />
Jedes Mal, wenn sie viel arbeitete,<br />
blutete sie und das wurde manchmel sehr<br />
schlimm ... sie hörte dann auf, im Kreis herumzugehen<br />
und versuchte, den Trainer in<br />
der Mitte (des Kreises) zu treffen, um ihn zu<br />
verletzen”<br />
“Ich musste mehrmals eilends davonlaufen,<br />
während ich mit ihr mit den Zügeln arbeitete<br />
... wenn ihre Nüstern rot wurden, wusste ich,<br />
dass es Zeit war, aufzuhören ... doch in den<br />
letzten Monaten waren bereits wenige Minuten<br />
an der Leine zum Problem geworden.<br />
An jenem Tag des Rennens hatte sie in der Tat<br />
bereits im Transporter ein bisschen zu bluten<br />
begonnen, und wir haben gewartet, denn wir<br />
befürchteten, dass sie uns nicht starten lassen<br />
würden. Dann hörte es auf und begann wieder,<br />
als wir bereits im Rennen waren ... ich<br />
hatte nicht darauf geachtet.”<br />
Ich bitte, die Stute zu sehen.<br />
Birba ist ein wunderschönes Tier, das sich,<br />
trotz des offensichtlichen Hinkens des linken<br />
Hinterbeines mit Anmut bewegt. Ich versuche,<br />
mich mit etwas Obst zu nähern, doch muss ich<br />
sofort zurückweichen, denn sie scheint, mich<br />
mit gesenktem Kopf und angelegten Ohren angreifen<br />
zu wollen.<br />
Ihr Blick ändert sich schnell zwischen einem<br />
verlorenen und einem sehr wütenden Ausdruck.<br />
Es scheint, als wäre es unmöglich für sie,<br />
mehr als wenige Zehntel-Sekunden in der-<br />
7
8<br />
EIn Fall von valErIana oFFIcInalIs<br />
selben Position zu verbleiben. Ich gehe weg<br />
und bitte den Tierarzt und den Besitzer mir<br />
zu folgen. Wir bleiben in Entfernung versteckt<br />
stehen, doch Birba ändert ihr Verhalten nicht.<br />
Auch im Stehen setzt sie einen Fuß nur für<br />
wenige Sekunden auf und wechselt ständig<br />
die Stützung. Sie unterbricht diese Unruhe<br />
nur zum Dehnen ihres schmerzenden Beines,<br />
doch nur, wenn sie sich nicht beobachtet fühlt.<br />
Zusätzlich zu dieser ständigen Mobilität am<br />
Platz, hat Birba ruckartige Anfälle, bei denen<br />
sie schlagartig den Rücken krümmt, so als ob<br />
sie einen Schlag bekommen und dann – auch<br />
mit den Vorderbeinen – in die Luft ausschlagen<br />
würde.<br />
Ich befrage den Chiropraktiker, der mir eine<br />
doppelte Verletzung am Rücken und sogar<br />
den Verdacht einer möglichen Wirbel-Mikrofraktur<br />
bestätigt.<br />
Nachdem ich Birba aufmerksam beobachtet<br />
habe, bemerke ich, dass sie dazu neigt, sich zu<br />
bewegen, um im Schatten zu bleiben.<br />
Ich frage, ob sie dieses Bedürfnis bemerkt<br />
haben:<br />
“Ja, wir haben das mehrmals festgestellt und<br />
wissen nicht, wie wir das erklären sollen,<br />
doch sie bleibt NIE in der Sonne.<br />
Ich habe Ihnen schon erzählt, dass ich 4 Mal<br />
die Box gewechselt habe ... doch ich habe<br />
Ihnen noch nicht gesagt, dass ich 3 Gehege<br />
gewechselt habe ...<br />
Das dritte ließ ich eigens für sie anfertigen ...<br />
ich schäme mich beinahe, doch es ist genau<br />
so: ich musste es hier machen, auf drei Seiten<br />
von Bäumen eingesäumt und auf der vierten<br />
Seite haben wir ein Schutzdach gebaut ... ungefähr<br />
in der Mitte des Hofs ...<br />
Nicht einmal für meine Tochter hätte ich das<br />
alles gemacht ...”<br />
Ich stelle eine Frage zu ihrem Verhalten<br />
während der Rossigkeit:<br />
“Das ist ein weiterer interessanter Aspekt!<br />
In jenen Tagen ist sie ABSOLUT unnahbar –<br />
es ist ein ständiges Rufen und Antworten mit<br />
dem kleinen Hengst, den wir am Hof haben,<br />
der ziemlich weit von ihrem Gehege entfernt<br />
ist ... sie ist schlimmer als eine läufige Katze<br />
und ruft ihn ununterbrochen ... ihr Appetit<br />
und ihre Gefräßigkeit nehmen stark zu. Ich<br />
habe einen Versuch gemacht und ihr nach Belieben<br />
Heu gegeben und musste unterbrechen,<br />
denn sie hörte einfach nicht auf zu fressen ...”<br />
Desorganisierte Wut (312) ***<br />
• MIND; BESIDE ONESELF, being (SI-109)<br />
(Mania) (Rage) (63)<br />
• MIND; ANGER, irascibility; tendency (K2,<br />
SI-26, G1) (Hatred) (Indignation) (Irritability)<br />
(Quarrelsomeness) (Rage) (Violent)<br />
(Wildness) (306)<br />
• MIND; INCONSTANCY (K54, SI-608, G43)<br />
(Capriciousness) (Irresolution) (Mood;<br />
changeable) (Persists in nothing) (Undertakes;<br />
many things, perseveres in nothing)<br />
(STOMACH; Appetite; capricious) (GEN-<br />
ERALITIES; Contradictory and alternating<br />
states) (63) ***<br />
Ruhelosigkeit (563) ***<br />
• MIND; WANDER; desires to (K92, SI-1061,<br />
G74) (Travel; desire to) (Restlessness) (17)<br />
• MIND; RESTLESSNESS, nervousness; tendency<br />
(K72, SI-835, G57) (Activity; restless)<br />
(Anguish; driving from place to place) (Delirium;<br />
restless) (Excitement) (Fear; driv-
EIn Fall von valErIana oFFIcInalIs<br />
ing him from place to place - restlessness)<br />
(Impatience) (Wander; desire to) (560)<br />
• MIND; RESTLESSNESS, nervousness; tendency;<br />
anxious (K73, SI-520, SI-843, G58)<br />
(122)<br />
• MIND; TOSSING about; tendency (Restlessness)<br />
(88)<br />
Mißtrauen (138) **<br />
• MIND; DELUSIONS, imaginations; people;<br />
behind him, someone is (K30, SI-333, G24)<br />
(22)<br />
• MIND; SUSPICIOUSNESS, mistrustfulness<br />
(K85, SI-983, G68) (Cautious) (Carefulness)<br />
(Delusions; accused, she is - assaulted,<br />
is going to be - conspiracies - criticized<br />
- despised - enemies - persecuted) (Fear;<br />
misfortune - persecuted - robbers) (Jealousy)<br />
(129)<br />
Zwang (277) **<br />
• GENERALITIES; PRESSURE; agg.; hat, of<br />
(17)<br />
• HEAD; CONSTRICTION (K111, G93) (Skullcap,<br />
sensation of) (Tension) (HEAD PAIN;<br />
Drawing) (HEAD PAIN; Pressing) (276)<br />
• GENERALITIES; EXERTION, physical; agg.<br />
(K1358, SII-175, G1121) (Lifting, straining<br />
of muscles and tendons) (Motion; agg.)<br />
(MIND; Exertion; physical; amel.) (203) **<br />
Blutungen (301) **<br />
• NOSE; EPISTAXIS (K335, G282) (Discharge;<br />
bloody) (301)<br />
Freßsucht (83) *<br />
• GENERALITIES; HUNGER agg. (K1367, SII-<br />
311, SII-312, G1128) (Fasting) (Starving)<br />
(Trembling; hungry, when) (33)<br />
• GENERALITIES; FASTING, while; agg.<br />
(K1361, SII-211, G1123) (Hunger, from)<br />
(Starving) (75)<br />
• GENERALITIES; STRETCHING; must stretch,<br />
stretching in general (K1403, SII-607, SII-<br />
609, G1157) (179) *<br />
• GENERALITIES; PAIN; General; appear suddenly;<br />
disappear suddenly, and (K1377, SII-<br />
403, G1136) (51) *<br />
Folgen eines Traumas Rücken(228)<br />
• BACK; INJURIES of the spine (K892, G751)<br />
(31)<br />
• GENERALITIES; CONVULSIONS; injuries,<br />
from (K1354, SII-131, G1117) (20)<br />
• GENERALITIES; INJURIES, blows, falls<br />
and bruises (K1368, SII-323, G1129) (Indurations;<br />
glands; injuries, after) (Lifting)<br />
(Shocks from injury) (Slow repair of broken<br />
bones) (Wounds) (FEVER; Traumatic)<br />
(220)<br />
• GENERALITIES; INJURIES, blows, falls and<br />
bruises; Nerves, of, with great pain (K1369,<br />
SII-330, G1129) (15)<br />
Dunkelheit (83)<br />
• MIND; FEAR; room; entering, on (K47, SI-<br />
90, SI-521, G6, G37) (Anxiety) (6)<br />
• MIND; FEAR; alone, of being; darkness, in<br />
(10)<br />
• GENERALITIES; DARKNESS; agg. (SII-151)<br />
(Light; amel.) (MIND; Darkness; agg.) (28)<br />
• MIND; LIGHT; desire for (K62, SI-707, G49)<br />
(Anxiety; dark) (Darkness agg.) (Fear;<br />
dark) (Longing; sunshine, light and society,<br />
for) (Sadness; darkness) (Weeping; tendency;<br />
dark, in) (EYE; Photomania) (22)<br />
• MIND; FEAR; narrow place, in, claustrophobia<br />
(K46, SI-513, G37) (airplanes<br />
- crowd - elevators - room - suffocation -<br />
9
10<br />
EIn Fall von valErIana oFFIcInalIs<br />
toilet - trains - tunnels) (GENERALITIES;<br />
Faintness; closed room - crowded) (57)<br />
• GENERALITIES; SUN, from; exposure to;<br />
agg. or ailments from (K1404, SII-616,<br />
G1158) (Light; sunlight) (SKIN; Eruptions;<br />
sun, from exposure to) (103)<br />
• GENERALITIES; FOOD and drinks; refreshing<br />
things; desires (K486, SII-264, G415)<br />
(34)<br />
• GENERALITIES; FOOD and drinks; fruit; desires<br />
(K485, SII-246, G414) (58)<br />
• MIND; HOME; desires to; go (K51, SI-576,<br />
G41) (Fear; home, away from) (Homesickness)<br />
(42)<br />
• GENERALITIES; ABUSE of, poisoning with;<br />
chamomilla (8)<br />
• MIND; DELUSIONS, imaginations; identity,<br />
errors of personal (K27, K30, SI-305, SI-335,<br />
G22, G24) (outside his body) (Confusion;<br />
identity) (30)<br />
• GENERALITIES; FOOD and drinks; tobacco;<br />
aversion to (K482, G412) (Tobacco; agg.)<br />
(96)<br />
So gab ich Briba Valeriana C 200. Die Arznei<br />
wurde in einem Liter Wasser verdünnt und 3<br />
mal täglich für 4 Tage verabreicht.<br />
Dann warteten wir.<br />
Ein paar Tage später schien sich der Zustand<br />
zu verschlimmern, da sie im Rücken deutlich<br />
steifer wurde. Dann, fast schlagartig, zeigte<br />
Birba erste Veränderungen eines nachlassenden<br />
Schmerzes einhergehend mit langsamer<br />
Verbesserung ihres Verhaltens. Sie fing an,<br />
besser mit anderen Pferden und nicht nur<br />
mit der Ziege zurechtzukommen. Sie war auf<br />
einmal in der Lage, sich mit anderen Tieren<br />
regelrecht zu „sozialisieren“. Ihre Nervosität<br />
während der Hitze-Periode wurde milder und<br />
sie war nicht mehr so aufbrausend wie zuvor.<br />
Nachdem Valeriana C 1000 verabreicht wurde,<br />
veränderte sich auch die Haltung gegenüber<br />
ihrem Besitzer und, wenn auch langsam, sukzessive<br />
gegenüber anderen, die begannen, sie<br />
zu reiten. Zwar wurde sie nur für kurze Ausritte<br />
genommen, es war aber eindeutig, dass<br />
sie ihr Bestes im Ausdauerbereich gab.<br />
Nach 6 Monaten erzielte sie bei Ausritten<br />
gute Resultate. Sie ist zwar immer noch kein<br />
Rennpferd, aber extrem ausdauernd auf<br />
Langdistanzen mit nur geringen Ermüdungserscheinungen.<br />
Sie hat ihr verwöhntes Verhalten abgelegt und<br />
die Epistaxis tritt nur noch ganz ganz selten<br />
bei großer Hitze und Anstrengung auf. Nur ißt<br />
sie inzwischen weniger, mag aber immer noch<br />
Früchte für ihr Leben gerne.<br />
Dott. Massimo Mangialavori<br />
Associazione Ulmus<br />
Via Rolda 91<br />
I-41050 Solignano Nuovo (MO) - Italy<br />
Tel. : (+39) 059 748011<br />
Fax : (+39) 059 748099<br />
Cell: (+39) 338 7624777<br />
e-mail: ulmus@mangialavori.it
O b<br />
KrEbsbEhandlung bEI tIErEn MIt hoMöopathIE<br />
wir Menschen oder Tiere mit der<br />
Homöopathie behandeln, es kommt<br />
immer darauf an, dass wir eine gute Beobachtungsgabe<br />
mitbringen, um die Zeichen und<br />
Symptome, die uns zum Heilmittel führen, erkennen<br />
zu können.<br />
Es gestaltet sich mitunter schwierig, die Geistes-<br />
und Gemütssymptome bei einem Tier herauszubekommen.<br />
Deswegen ist die genaue<br />
Befragung des Tierhalters von besonderer<br />
Bedeutung. Auch bei der Tumorbehandlung<br />
bei Tieren gilt es, die sonderlichen und auffallenden<br />
Symptome herauszufiltern, das Wesen<br />
und den Charakter des Tieres zu erfassen, alle<br />
speziellen Verhaltensweisen und Vorlieben<br />
beim Essen und Trinken herauszubekommen.<br />
Aber besonders wichtig können auch die<br />
lokalen Zeichen am Tumor selbst sein, z.B.<br />
eine auffallende Härte (con.), bläuliche Verfärbung<br />
des Tumors (carb-an., lach.) oder<br />
bestimmte Absonderungen des Tumors.<br />
Natürlich muss man immer nach der Ursache<br />
und der Lokalisation des Tumors suchen, wie<br />
ein Liposarkom bei einem Schäferhund genau<br />
an der Impfstelle (geheilt mit Thuja).<br />
Auch Unterdrückungen von Hautausschlägen,<br />
Verletzungen, Sterilisationen und eben wiederholte<br />
Impfungen müssen eruiert werden.<br />
Anhand von drei Fallbeispielen möchte ich<br />
meine positiven Erfahrungen in der homöopathischen<br />
Tumorbehandlung schildern:<br />
Fall 1 – Brustkrebs bei einem<br />
Pekinesenmischlingshund.<br />
Manchmal fragt man sich ja, warum man<br />
manche Tiere sofort ins Herz schließt, auch<br />
wenn niemand dafür Verständnis aufbringt.<br />
dr. MEd. JEns WurstEr<br />
So geschah es, dass sich die Schwester meiner<br />
Frau in ein äußerst bemitleidenswertes, völlig<br />
verwahrlostes Geschöpf im Tierheim verliebte.<br />
Ausgerechnet ein Pekinesenmischlingsweibchen<br />
ließ ihr Herz höher schlagen, das schon<br />
10 Jahre alt war und zu alledem noch einen<br />
Tumor an der Brustdrüse hatte.<br />
Um diesen desolaten Hund aus dem Tierheim<br />
zu bekommen, musste sie unterschreiben,<br />
dass der Hund einer sofortigen Operation<br />
unterzogen werde, da das Tumorgeschehen<br />
kontinuierlich voranschreite.<br />
Voller Freude über den tumorösen Hund fragte<br />
sie mich nach einem Heilmittel.<br />
Ich wusste nicht recht, was zu tun ist, untersuchte<br />
aber den Hund und ertastete einen sehr<br />
harten, nicht verschieblichen, etwa pflaumengrossen<br />
Tumor in der Brustdrüse. Tumore der<br />
Brust, die eine solche Härte aufweisen, benötigen<br />
oft Conium. Also verordnete ich der alten<br />
Hundedame für ihren Tumor Conium C200<br />
in Wasser gelöst, in der Hoffnung, dass sich<br />
etwas verbessern möge.<br />
Nach einiger Zeit und einigen Gaben von Conium<br />
zog sich der Tumor etwas zusammen,<br />
löste sich von der Brustwand und war nun verschieblich.<br />
Es bildete sich so etwas wie eine<br />
Kugel und der Tumor hing der Schwerkraft<br />
folgend immer weiter herab. Wieder eine Zeit<br />
später war der Tumor immer noch hart, aber<br />
nun kugelrund und hing in einem Hautsäckchen<br />
fast bist zum Boden herab. Noch zwei<br />
Wochen später begann das Hautsäckchen mit<br />
dem Tumor beim Gehen am Boden zu schleifen,<br />
was für den Hund sicher auch kein wirk-<br />
11
12<br />
KrEbsbEhandlung bEI tIErEn MIt hoMöopathIE<br />
liches Vergnügen darstellte. Das Sonderbare<br />
war, dass der Tumor nun in sich so drehbar<br />
war, dass er keine Gefäßversorgung mehr zu<br />
haben schien. Dann wurde einfach ein kleiner<br />
Schnitt gemacht, der Tumor fiel heraus, und<br />
der Hund war geheilt. Die Hündin lebte dann<br />
noch 3 Jahre glücklich und zufrieden, bis sie<br />
an Altersschwäche verstarb.<br />
Fall 2 – Melanom bei einem Hund<br />
Hier möchte ich noch kurz einen Fall schildern,<br />
wie die Homöopathie auch in verzweifelten<br />
Fällen noch helfen kann. Verzweifelt war<br />
nämlich ich, der keine Ahnung hatte, was er<br />
dem Tier geben sollte.<br />
Eine Patientin von mir berichtete, dass sie so<br />
traurig sei, weil ihre Hündin (Spanielmischling),<br />
die bereits vor 3 Jahren ein Melanom<br />
operativ entfernt bekam, nun wohl an derselben<br />
Stelle am Hinterbein ein Rezidiv habe<br />
und im Sterben liege. Der Tierarzt meinte, es<br />
sei ein Rezidiv und habe schon Metastasen<br />
gebildet. Ich sagte der Patientin, dass ich mich<br />
nicht so wirklich in der Tierhomöopathie auskenne,<br />
aber ich wolle versuchen, ihr und dem<br />
Hund zu helfen. Nach dem Wesen des Tieres<br />
gefragt, sagte sie mir, dass sie ein äußerst<br />
fröhliches Wesen habe, sehr neugierig, immer<br />
gerne frech und spielauffordernd belle. Sie<br />
habe alles gerne gegessen, besonders gerne<br />
Fleisch und war immer lustig. Es schien mir<br />
ein ganz normaler Hund zu sein ohne spezielle<br />
Spezifika. Zu gut deutsch: ich hatte keine<br />
Ahnung, was der Hund für ein Mittel braucht.<br />
Da ich aber gute Erfahrungen mit Sulfur beim<br />
Melanom beim Menschen gemacht hatte, stellte<br />
ich noch einige Suggestivfragen (die man ja<br />
normalerweise vermeiden sollte), um das Mit-<br />
tel zu bestätigen. Nach der Sauberkeit befragt,<br />
meinte meine Patientin, dass ihr Hund sich<br />
mit besonderer Vorliebe im Dreck wälzt. Da<br />
könnte man doch an Sulfur denken, dachte<br />
ich mir. Und dann noch die rötlichen Haare,<br />
das neugierige Gemüt und das Verlangen nach<br />
Fleisch, das könnte doch tatsächlich Sulfur<br />
sein.<br />
Ich gab dem Hund Sulfur Q3.<br />
Die Patientin meldete sich nach 14 Tagen telefonisch<br />
. Weil es so eine nette Situation war,<br />
möchte ich unseren Dialog hier wiedergeben.<br />
Nachdem ich sie gefragt habe, wie es ihr geht,<br />
sagte sie: ... „es geht mir so gut wie meinem<br />
Hund“. Darauf antworte ich mit mitleidsvoller<br />
Stimme:“ oh, das tut mir leid, ist es bei Ihnen<br />
auch wieder schlimmer geworden?“. „Wieso<br />
schlimmer, ich sagte doch, es geht mir so gut<br />
wie meinem Hund“. „Eben deshalb frage ich ja<br />
nach, weil es so schlecht geht“. „Nein, es geht<br />
nicht schlecht, es geht gut“. „Wie, es geht gut?<br />
Wie meinen Sie das?“ „Ja, der Hund ist wieder<br />
fit. Sie nimmt jeden Tag das Mittel, und nach<br />
drei Tagen ist sie wieder viel wacher geworden,<br />
und sie rennt wieder im Garten herum und ist<br />
wieder ganz fröhlich. Sie bellt und hüpft herum.<br />
Sie ist ja schon 14 Jahre alt, aber so habe<br />
ich sie schon lange nicht mehr gesehen. Das<br />
ist auch unserem Nachbarn aufgefallen. Der<br />
kam rüber und fragte, was mit dem Hund los<br />
sei, das sei ja ein Wunder. Dann habe ich ihm<br />
gesagt, dass der Hund ein homöopathisches<br />
Mittel nimmt. Daraufhin wollte er auch dieses<br />
Mittel haben, da er sich auch schwach fühlt.<br />
Dann habe ich ihm erklärt, dass man das Mittel<br />
in der Homöopathie individuell auswählen<br />
muss, nach den Symptomen. Dann ist er ganz
KrEbsbEhandlung bEI tIErEn MIt hoMöopathIE<br />
sauer gegangen, weil er dachte, ich will ihm<br />
das Mittel nur nicht verraten“.<br />
Nach einem Monat mit der Sulfur-Therapie<br />
in aufsteigenden Q-Potenz-Gaben schrumpfte<br />
das Melanom von 3 auf 1 cm. Der Hund rennt<br />
die ganze Zeit fröhlich herum. Nach zwei Monaten<br />
ist das Melanom ganz verschwunden<br />
und der Hund, der sonst immer gerne täglich<br />
das homöopathische Mittel genommen hat,<br />
läuft nun weg, wenn er die Flasche mit dem<br />
Mittel sieht.<br />
Er folgt einem<br />
innewohnenden<br />
Instinkt der<br />
Tiere: Wenn<br />
es zu viel ist<br />
mit dem Mittel,<br />
nimmt er es<br />
nicht mehr. Der<br />
Hund ist gesund<br />
geblieben und<br />
zeigte keine<br />
Symptome mehr<br />
von dem Melanom.<br />
Fall 3 – Augenlidtumor<br />
bei einem Hund<br />
Eine Frau rief mich ganz verzweifelt an, dass<br />
ihr Hund Leo, ein 6 Jahre alter Neufundländer,<br />
einen Tumor am Augenlid entwickelt hätte,<br />
und er unbedingt sofort Hilfe brauche.<br />
Einen Tag darauf untersuchte ich den Hund<br />
in unserem Klinikpark, da in unserer Klinik<br />
Hunde leider verboten sind.<br />
Mir kam ein riesiger, schwarzer Neufundländer<br />
wedelnd entgegen, an dessen Leine eine<br />
kleine, liebenswürdige Frau hinterhergezogen<br />
wurde.<br />
Die Untersuchung ergab einen derben ca. 1cm<br />
großen Tumor am unteren Augenlid, der vor<br />
sechs Monaten entstanden war. Durch die<br />
zunehmende Größe war auch der Lidschluß<br />
behindert, und es bestand jetzt seit drei Monaten<br />
eine chronische Augenentzündung, die<br />
trotz Antibiotikagaben und Augensalben nicht<br />
wegzubekommen war. Wenn die Ursache der<br />
mechanische Reiz ist, dann sollte man eher<br />
die Ursache behandeln.<br />
So befrage ich<br />
die Ha lterin<br />
und er fa hre<br />
Folgendes: Der<br />
Hund sei außerordentlich<br />
friedfertig, sehr<br />
gemütlich und<br />
sehr anhänglich.<br />
Der Neufundländer Leo<br />
Er kann es<br />
nicht ertragen,<br />
allein zu sein und sucht ständig ihre Nähe.<br />
Er ist eher träge und schnellere Bewegungen<br />
tätigt er nur manchmal beim Gang zur Futterschüssel,<br />
da er außerordentlich gefräßig ist.<br />
Er ißt alles außer Südfrüchte.<br />
Was mir auffiel, war sein extrem großer Kopf,<br />
was für Neufundländer nicht ungewöhnlich<br />
sein soll, aber dieser Schädel war fast museumsreif.<br />
Auch von seinem Gemüt sei er ein<br />
richtiger Dickschädel und Sturkopf, berichtete<br />
das „Frauchen“. Aber ansonsten sei er der<br />
liebste Hund der Welt, der noch nie aggressiv<br />
gegenüber anderen Hunden oder Kindern<br />
geworden ist.<br />
13
14<br />
KrEbsbEhandlung bEI tIErEn MIt hoMöopathIE<br />
Der Fall war sonnenklar: Ein Hund mit riesigem<br />
Schädel, dickköpfig im wahrsten Sinne<br />
des Wortes obendrein, der sich langsam wie<br />
ein Elefant bewegt und nur am Fressen interessiert<br />
ist, ein friedlicher „Gemütsmensch“<br />
sozusagen – dass alles konnte nur Calcium<br />
carbonicum sein.<br />
Aber kann Calcium auch bei dem Augenlidtumor<br />
helfen und kann man die Symptome auch<br />
mit dem Repertorium verifizieren?<br />
Verordnung Calcium carbonicum C200 am<br />
19.6.2009<br />
Nach 10 Tagen berichtet die liebe Tierhalterin<br />
verzweifelt:<br />
Das alte Sommerekzem, was er fast jeden<br />
Sommer hatte, welches aber vor 2 Jahren<br />
„erfolgreich“ mit Cortisonsalben und Antibiotika<br />
wegbehandelt wurde, ist nun wieder<br />
erschienen.<br />
Wenn ein alter Hautausschlag wieder erscheint,<br />
ist das ein gutes Zeichen, und man<br />
Repertorisation Augenlidtumor Hund Leo<br />
darf diese Reaktionen dann nicht stören. So<br />
bitte ich die Besitzerin, Fassung zu bewahren<br />
und es auszuhalten, zuzusehen, wie ihr Leo<br />
sich den ganzen Tag kratzt. Er hat zudem auch<br />
einen Pilz in den Ohren, der auch zu jucken<br />
scheint. Da zeigt sich nun manchmal eine<br />
bräunliche Absonderung.<br />
Nach weiteren 2 Wochen wird der Hund immer<br />
nervöser und unruhiger, aber der Tumor<br />
am Auge bildet sich langsam zurück, und die<br />
Augenentzündung wird besser. Die Augen tränen<br />
auch nicht mehr so.<br />
Nach einer weiteren Woche will der gewöhnlich<br />
lethargisch in der Ecke liegende Hund<br />
von sich aus spazieren gehen, und er läuft<br />
auch freiwillig neugierig im Haus umher. Ich<br />
versichere der Patientin, dass Sie sich keine<br />
Sorgen zu machen brauche, da es sich um ein<br />
durchaus normales Verhalten handele….<br />
Am 7.8.2009 erhält er wieder Calcium carbonicum<br />
C200
KrEbsbEhandlung bEI tIErEn MIt hoMöopathIE<br />
Am 27.9.2009 bekomme ich folgenden Bericht:<br />
1. “Der Pilz in den Ohren ist quasi verschwunden.<br />
Leo juckt sich noch am<br />
Ohr, aber die bräunliche Absonderung<br />
ist fast nicht mehr zu sehen.<br />
2. Die Augen sind noch gerötet, tränen<br />
und sondern täglich eine schleimigbräunliche<br />
Flüssigkeit ab. Der Zustand<br />
ist aber nicht dramatisch und<br />
vermutlich ohne größere Beschwerden<br />
zu ertragen. Der Tumor am Auge<br />
ist völlig verschwunden.<br />
3. Ich mache mir Sorgen, dass Leo aggressiver<br />
wird. Er zeigte mehrfach<br />
dominantes Verhalten gegenüber<br />
Kleinkindern mit Zuschnappen. Auch<br />
gegenüber dem ihm bekannten Postboten,<br />
Handwerkern usw. verhält er<br />
sich verstärkt aggressiv. Das gleiche<br />
gilt für einige Hunde, selbst wenn er<br />
sie seit längerem kennt. So ein Verhalten<br />
kenne ich gar nicht von ihm.“<br />
Jetzt wird die Sache spannend, denn es vollzieht<br />
sich eine dramatische Veränderung auf<br />
der Gemütsebene des Hundes. Der Tumor ver-<br />
schwindet und der einst so brave Hund wird<br />
plötzlich aggressiv.<br />
Verordnung am 27.9.2009: Belladonna C200,<br />
das Akutmittel von Calcium carbonicum.<br />
Am 14.12.2009 erreicht mich dieser Brief<br />
„Sehr geehrter Herr Dr. Wurster,<br />
ich wollte Ihnen die erfreuliche Mitteilung<br />
machen, dass Belladonna bei<br />
Leo ausgezeichnet gewirkt hat. Es<br />
gab keinen aggressiven Vorfall mehr,<br />
sieht man einmal vom üblichen<br />
Hundeverhalten ab. Er ist insgesamt<br />
viel aktiver geworden. Er hat keine<br />
Probleme mehr mit den Augen, und<br />
der Augentumor ist zum Glück ganz<br />
verschwunden.<br />
Ich bedanke mich also für Ihre<br />
freundliche und gute Betreuung und<br />
melde mich wieder, sobald Hilfe benötigt<br />
wird.“<br />
Es ist dann doch immer wieder eine große<br />
Freude, wenn man sieht, wie sehr man mit<br />
der Homöopathie auch Tieren helfen kann.<br />
In diesen hier geschilderten Fällen konnte es<br />
sicher keine Placebowirkung gewesen sein.<br />
Dr. med. Jens Wurster<br />
Clinica St. Croce<br />
Via al Parco 27<br />
CH- 6644 Orselina<br />
jens.wurster@bluewin.ch<br />
www.clinicasantacroce.ch<br />
15
16<br />
H omöopathische<br />
hoMöopathIE In dEr tIErMEdIzIn<br />
Therapie bei Tieren<br />
hat etwas Faszinierendes: Da die Tiere<br />
ja nicht wissen, ob sie eine homöopathische<br />
Arznei bekommen oder ein Placebo oder<br />
ein konventionelles Arzneimittel, ist hier der<br />
Vorwurf der sogenannten Placebowirkung homöopathischer<br />
Arzneien widerlegt.<br />
Tiere können ihre Beschwerden nicht selbst<br />
mit Worten äußern.<br />
Der/die<br />
Therapeut/in<br />
ist daher auf die<br />
eigene Untersuchung<br />
und Beobachtung<br />
und<br />
die Aussagen<br />
der Tierbesitzer<br />
angewiesen.<br />
Über Fragen<br />
zur Futteraufnahme,<br />
z.B.<br />
hastig-gierig<br />
oder langsam,<br />
Vorlieben oder<br />
Abneigung für<br />
bestimmte Nahrungsmittel<br />
wie<br />
Fleisch, Nudeln,<br />
Kartoffeln, Obst,<br />
Gemüse, Käse,<br />
Milchprodukte,<br />
Knochen, Kauartikel usw. lassen sich differenziertere<br />
Angaben erfragen.<br />
Die für die homöopathische Arzneiwahl und<br />
-differenzierung oft wichtigen Angaben wie z.B.<br />
die Art des Schmerzes: stechend, drückend,<br />
ziehend -> von wo nach wo, können wir beim<br />
Tier vielleicht erahnen, aber nicht objektiv<br />
erfassen.<br />
dr. vEt. barbara raKoW<br />
Schnauzermix Paul<br />
Manchmal kann es sogar schwer sein,<br />
Schmerzen überhaupt zu erkennen:<br />
Tiere mit Schmerzen verhalten sich meist ruhig.<br />
Sie legen sich in ihren Korb oder auf ihre<br />
Decke und schlafen. Gerade ältere Tiere tun<br />
dies aber in der Regel sowieso sehr häufig,<br />
so daß objektiv zunächst kein Unterschied zu<br />
sehen ist, vor allem, wenn es sich um innere<br />
Schmerzen<br />
z.B. im Magen-<br />
Darm handelt.<br />
Erst wenn für<br />
die Tierbesitzer<br />
gewohnte Reaktionen<br />
des Tieres<br />
ausbleiben,<br />
z.B. daß ein<br />
Hund nicht aufsteht,<br />
wenn der<br />
Besitzer nach<br />
Hause kommt<br />
oder nicht mitgehen<br />
will zum<br />
Spaziergang,<br />
kein Bedürfnis<br />
hat zu spielen,<br />
dann sind das<br />
Anzeichen, daß<br />
ein Tier krank<br />
ist und vielleichtSchmerzen<br />
hat.<br />
Objektiv kann man einen aufgekrümmten Rücken<br />
nach dem Aufstehen oder bei den ersten<br />
Schritten sehen. Er kann durch Bauchschmerzen,<br />
aber auch Wirbelsäulenschmerzen hervorgerufen<br />
werden.<br />
Der/die Therapeut/in kann bei der Untersuchung<br />
feststellen, ob die Bauchdecken bei Be-
hoMöopathIE In dEr tIErMEdIzIn<br />
rührung empfindlich und gespannt sind oder<br />
ob die Muskulatur der Wirbelsäule besonders<br />
empfindlich reagiert.<br />
Auch auslösende Ursachen einer Erkrankung<br />
können wir oft nicht erfahren oder nachweisen:<br />
Hat der freilaufende Hund unterwegs etwas<br />
aufgenommen?<br />
War es etwas Verdorbenes? Dünger oder<br />
Spritzmittel? Kot von anderen Tieren (oder<br />
sogar Menschen!)? War er am Kompost?<br />
Hat er Knochen, weggeworfene Brötchen,<br />
Süßigkeiten gefunden oder evtl. Gift aufgenommen?<br />
Der Hund kann es uns nicht sagen, manchmal<br />
können wir es durch Zufall sehen oder die<br />
Tierbesitzer wissen schon, auf was ihr Hund<br />
„spezialisiert“ ist.<br />
Eine besondere Herausforderung ist die Bewertung<br />
des Verhaltens.<br />
Geistes- und Gemütssymptome sind beim<br />
Menschen sehr oft ausschlaggebend für die<br />
Arzneiwahl. Bei den Tieren müssen wir sehr<br />
vorsichtig sein in der Bewertung der Verhaltenssymptome,<br />
sonst kommt es leicht zur<br />
(Fehl- ) Interpretation, die dann die falsche<br />
Arzneiwahl – und Mißerfolg – zur Folge hat.<br />
Selbst bei dem so sehr mit dem Menschen verbundenen<br />
Hund können wir nicht oder nur in<br />
Ausnahmefällen sagen, ob er sich gedemütigt<br />
oder gekränkt fühlt, welches Ereignis bestimmte<br />
Ängste z.B. vor dem Autofahren, vor<br />
rauschendem Wind, bestimmten Menschen<br />
oder bestimmten Artgenossen ausgelöst hat.<br />
Bei Tieren aus dem Tierheim oder aus südlichen<br />
Ländern, deren Vorleben nicht bekannt<br />
ist, bleibt ganz viel im Dunkeln.<br />
Dennoch hat die Homöopathie in der Tiermedizin<br />
in den letzten 20 Jahren enorme Fort-<br />
schritte gemacht und die Erkenntnisse über<br />
die Symptome der Arzneimittelbilder sind<br />
sehr viel umfangreicher und differenzierter<br />
geworden.<br />
Man weiß heute sehr viel über die Symptome<br />
z.B. von Nux vomica bei verschiedenen Tierarten,<br />
aber auch innerhalb z.B. der Tierart Hund<br />
differenziert man zwischen den Rassen: temperamentvolle<br />
Rassen wie Boxer reagieren<br />
sowieso viel ausgeprägter auf Umweltreize als<br />
z.B. eher ruhigere Rassen wie Neufundländer<br />
oder Bernhardiner.<br />
Hier ist es die Kunst des/der Therapeuten/in<br />
zu erkennen, wie ausgeprägt und damit für<br />
die Arzneiwahl verwertbar ein Verhalten ist.<br />
Auch das Umfeld und die Individualität des<br />
Menschen als Tierbesitzer nehmen Einfluß<br />
auf das Verhalten eines Hundes:<br />
Wird der Hund allein gehalten oder mit einem<br />
oder mehreren Artgenossen oder anderen<br />
Tierarten zusammen?<br />
Hat er viel oder wenig Auslauf, Beschäftigung?<br />
Lebt er auf dem Land, in der Stadt, in einer<br />
Wohnung oder im Haus mit Garten?<br />
Sind die Tierbesitzer erfahren/ unerfahren im<br />
Umgang mit dem Hund?<br />
Wieviel Zeit haben sie für ihr Tier?<br />
Sind sie selbst eher sportlich und bewegungsfreudig<br />
oder können sie ihren Hund gar nicht<br />
entsprechend auslasten?<br />
Wieviel Beobachtungsgabe und Konsequenz<br />
zeigen sie im Umgang mit dem Hund?<br />
Dies sind nur einige wenige Aspekte für die<br />
Erfassung von Symptomen für eine homöopathische<br />
Arzneiwahl beim Hund.<br />
Das nachfolgende Beispiel gibt einen kleinen<br />
Einblick in die Möglichkeiten homöopathischer<br />
Therapie beim Tier:<br />
17
18<br />
hoMöopathIE In dEr tIErMEdIzIn<br />
Schnauzer-Mix Paul, geb. Mai 2003,<br />
Problem: Durchfall und Verhalten<br />
Ende Juni 2005:<br />
Paul ist 2 Jahre alt und hatte schon seit dem<br />
Winter immer wieder Probleme mit Durchfall<br />
und Giardienbefall. In der Folge hatte<br />
sich eine Bauchspeicheldrüsenschwäche<br />
entwickelt.<br />
Er hatte immer wieder Bauchgurgeln, Schleim<br />
im Kot.<br />
Bei akutem Durchfall hat er Anzeichen von<br />
Bauchschmerzen mit aufgekrümmtem Rücken<br />
und Berührungsempfindlichkeit am<br />
Bauch.<br />
Die Besitzer hatten den Eindruck, daß er<br />
sehr empfindlich auf bestimmte Nahrungsmittel<br />
reagierte oder, wenn er draußen etwas<br />
aufgenommen hatte, gleich Durchfall bekam.<br />
Auch im Verhalten und Umgang war er schon<br />
im Alter von 1 ½ Jahren schwierig:<br />
• Er bellt und springt fremde Menschen an.<br />
• Er kann nicht ertragen, wenn jemand<br />
von vorn auf ihn zukommt.<br />
• Er hat keinen Respekt vor älteren Rüden.<br />
Die Bauchspeicheldrüsenschwäche wurde mit<br />
Chelidonium D4 und Haronga D3 je 2x tägl.<br />
schnell besser.<br />
Der Hund erhielt zusätzlich Diät und Probiotika,<br />
der Darm stabilisierte sich.<br />
Der Giardientest war negativ.<br />
Paul hatte nicht mehr so oft starken Durchfall,<br />
aber der Kot war immer mal breiig, die letzte<br />
Zeit wieder öfter sehr weich.<br />
Im Vordergrund stehen für die Besitzer jetzt<br />
die Probleme mit dem Verhalten:<br />
Paul ist bei jedem Geräusch, bei allem, was<br />
sich bewegt, gleich sehr angespannt.<br />
Im Biergarten kann es sein, daß er Menschen<br />
ankläfft oder anspringen will.<br />
Man muß sich bei ihm ganz ruhig bewegen,<br />
sonst springt er gleich hoch mit lautem Gebell.<br />
Er hat weiterhin große Probleme mit der Enge:<br />
Wenn man ihn festhalten will, wenn jemand<br />
ihm zu nahe kommt, sich vornüber beugt, ihn<br />
anfassen will.<br />
Die Besitzer müssen ständig aufpassen, daß<br />
Paul nicht ausrastet.<br />
Die ständige Anspannung des Hundes ist eine<br />
Belastung für Besitzer und Hund.<br />
Man merkt Paul an, daß er sich selbst nicht<br />
wohlfühlt, wenn er ständig nur in Anspannung<br />
ist und auf alles reagiert.<br />
Es zeigte sich auch, daß für den Hund die<br />
Rangordnung zu den Besitzern nicht klar genug<br />
war. Sie bemühten sich aber schon mit<br />
einer Hundetrainerin um einen ruhigeren<br />
und konsequenten Umgang mit Paul.<br />
Die Nahrungsmittelempfindlichkeiten, die<br />
Anfälligkeit für Durchfall und das Verhalten<br />
paßten aus homöopathischer Sicht sehr gut<br />
zusammen.<br />
Ein Konstitiutionsmittel war hier gefragt.<br />
Zusammenfassung der wichtigsten<br />
Symptome:<br />
Anspannung durch kleinste Reize, Sinneseindrücke<br />
• Problem mit Enge<br />
• Futtermittelempfindlichkeiten,<br />
• rezidiv. Verdauungsstörungen mit<br />
Spasmen, Blähungen, Bauchschmerzen<br />
Für die Repertorisation kommen<br />
folgende Rubriken in Frage (Auswahl):<br />
• Gemüt, empfindlich gegen Sinneseindrücke<br />
• Gemüt, Beschwerden durch Erregung<br />
des Gemütes<br />
• Gemüt, Sinne scharf<br />
• Gemüt, herausfordernd<br />
• Rectum, Diarrhoe-Unregelmäßigkei-
hoMöopathIE In dEr tIErMEdIzIn<br />
ten beim Essen, nach den geringsten<br />
Diätfehlern<br />
• Rectum, Schmerz, Diarrhoe bei<br />
• Gemüt, Kämpfen möchte -> Interpretation<br />
?<br />
• Gemüt, argwöhnisch, mißtrauisch -><br />
Interpretation ?<br />
Paul erhielt Nux vomica D30 Globuli, zunächst<br />
2-3x /Woche 5 Globuli, später nur 1x /Woche.<br />
Reaktion auf die Arzneigabe:<br />
Schon nach 4 Wochen war Paul viel ausgeglichener,<br />
konnte viel besser mit fremden Menschen<br />
umgehen. Die ständige Anspannung<br />
hatte ganz deutlich nachgelassen. Er ließ<br />
sich viel leichter auch einmal anfassen, die<br />
Besitzer können ihn überall mit hin nehmen,<br />
ohne daß er ständig knurrt oder kläfft.<br />
Er hatte nur noch selten Verdauungsprobleme,<br />
wenn er draußen etwas aufgenommen hatte<br />
oder jemand ihm etwas zugesteckt hatte.<br />
Mehrere Tests auf Giardien waren negativ.<br />
Die Wirkung der Gaben hielt mehrere Monate<br />
an.<br />
Von Zeit zu Zeit hatte Paul in den nachfolgenden<br />
Jahren Phasen, in denen er wieder<br />
deutlich mehr Anspannung zeigte, auf andere<br />
Rüden und auf Umweltreize wieder mehr<br />
reagierte.<br />
Die Besitzer melden sich dann, daß Paul wieder<br />
seine „Wohlfühlglobuli“ braucht.<br />
Einige Gaben genügen, dann geht es Paul<br />
wieder gut.<br />
Paul ist inzwischen 9 Jahre alt, sieht noch sehr<br />
jugendlich aus und ist körperlich für sein Alter<br />
sehr fit.<br />
Seine Verdauung ist schon seit Jahren stabil,<br />
auch dank konsequenter Fütterung.<br />
Wenn er etwas anderes aufnimmt, dann ist<br />
der Kot zwar 1-2 Tage weicher, dann ist es<br />
wieder vorbei.<br />
Er ist weiterhin sehr aufmerksam, nimmt alles<br />
in der Umgebung wahr und testet immer<br />
mal die Konsequenz seiner Besitzer. Das „Ausrasten“<br />
passiert nur noch ganz selten.<br />
Bei Paul war es so, daß Nux vomica sowohl zu<br />
den Verdauungsbeschwerden als auch zu den<br />
Verhaltensproblemen paßt.<br />
Dies ist beim Tier nicht immer so eindeutig.<br />
Bei akuten Erkrankungen ist der Ansatz oft<br />
mehr organotrop. Allgemeinsymptome und<br />
das Verhalten, die Reaktionsweise in der akuten<br />
Krankheit gehören jedoch ebenfalls zur<br />
Arzneiwahl.<br />
Die genaue Beobachtung und Untersuchung<br />
des Tieres, die Bewertung des Verhaltens als<br />
individuelle Reaktion unter Berücksichtigung<br />
von Umfeld und Umgang mit dem Hund und<br />
die Beobachtung und Beschreibung durch die<br />
Tierbesitzer sind immer wieder eine interessante<br />
Herausforderung für die homöopathische<br />
Therapie bei Tieren.<br />
Dr. vet. Barbara Rakow<br />
Mühlleite 1<br />
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Tel.: 09524 5490<br />
Fax: 09524 6888<br />
19
20<br />
Paula, eine Cairn-Terrierhündin mit<br />
fortgeschrittenem Leberkrebs<br />
Erstanamnese am 20.12.02<br />
Kurz vor Weihnachten 2002 wurde ich zu<br />
einer Hündin gerufen, der es sehr schlecht<br />
ging. Sie hatte wenig Energie und fraß kaum.<br />
Der Tierarzt hatte den Bauchraum geschallt<br />
und eine starke Vergrößerung der Leber festgestellt.<br />
Dazu<br />
h a t t e Pau l a<br />
dramatisch<br />
hohe Leberwerte,<br />
besonders<br />
die alkalische<br />
Phosphatase<br />
war um ein<br />
Vielfaches erhöht.<br />
So lautete<br />
die Diagnose<br />
des Tierarztes:<br />
fortgeschrittener<br />
Leberkrebs! Er gab ihr noch mögliche 6<br />
Wochen!<br />
Völlig verzweifelt wandten sich die Besitzer<br />
an mich, ob ich denn noch etwas tun könne?<br />
Was ist Paula für ein Hund?<br />
Paula ist zum Zeitpunkt der Anamnese 11 Jahre<br />
alt, hat schwarzes Fell mit kleinen weißen<br />
Abzeichen an der Brust.<br />
Sie ist sterilisiert und von etwas vollschlanker<br />
Statur, aber kernig.<br />
Zur Begrüßung bellte sie erstmal frech, war<br />
aber zunächst zurückhaltend.<br />
Ihre dunklen Knopfaugen strahlten mich aus<br />
sicherer Entfernung an.<br />
Bei der Untersuchung war sie sehr lieb, aber<br />
etwas ängstlich.<br />
caIrn-tErrIErhündIn<br />
MIt FortgEschrIttEnEM lEbErKrEbs<br />
hElrIKE lEIn<br />
Cairn-Terrierhündin Paula<br />
Ich konnte deutlich fühlen, dass die Leber<br />
vergrößert war.<br />
Paula war sonst immer ein fröhlicher Hund<br />
gewesen, etwas schreckhaft und ängstlich.<br />
Jetzt war sie schwach und nicht mehr lebenslustig.<br />
Anderen Hunden gegenüber ist sie freundlich,<br />
aber manchmal<br />
auch etwas kiebig.<br />
S i e b e s i t z t<br />
Durchsetzungsvermögen<br />
und<br />
unterwirft sich<br />
nicht zwingend.<br />
Sie hat Angst<br />
bei Gewitter<br />
und vor der Silvesterknallerei,<br />
verkriecht sich<br />
dann und zittert.<br />
Manchmal ist sie eigensinnig und will einen<br />
Weg nicht entlang gehen. Sie kann dann auch<br />
stur sein.<br />
Sie tobt gern im Schnee und liegt gern in der<br />
Sonne.<br />
Starke Hitze mag sie nicht, dann liegt sie lieber<br />
auf kalten Fliesen.<br />
Paula ist sehr verschmust und fordert das<br />
Streicheln auch ein.<br />
Sie ist sehr artig, weiß aber auch, wie sie sich<br />
durchsetzen kann.<br />
Wenn man mit ihr schimpft, kann sie sehr<br />
nachtragend und beleidigt sein.<br />
Bei einer Routineuntersuchung waren im<br />
April 02 Herzrhythmusstörungen entdeckt<br />
worden.
caIrn-tErrIErhündIn<br />
MIt FortgEschrIttEnEM lEbErKrEbs<br />
Als junger Hund hatte sie eine Herzmuskelentzündung<br />
nach einer Otitis gehabt.<br />
Ab April 02 bekam Paula deshalb Fortekor 5,<br />
ein Herzmedikament. Danach wurden die<br />
EKGs immer schlechter.<br />
Seit Mai 02 hatte sie erhöhte Blutfette und<br />
erhöhte Werte der alkalischen Phosphatase.<br />
Ab November 02 bekam sie dann zusätzlich<br />
Cortison.<br />
Paula ging es immer schlechter und die Werte<br />
der alkalischen Phosphatase stiegen stark an.<br />
Die letzte Blutuntersuchung ergab einen Wert<br />
der alkalischen Phosphatase von 3520 U/l, der<br />
Normalwert liegt bei 0-98 U/l.<br />
Repertorisation: Paula<br />
Paula (Name geändert) 20.12.02<br />
Summe der Symptome (sort.nach Graden)<br />
– Intensität wurde berücksichtigt<br />
1 1234 1 Abdomen - Krebs - Leber 35<br />
2 1234 1 Gemüt - Furcht - Gewitter; vor 54<br />
3 1234 1 Gemüt - Verweilt - vergangenen unangenehmen Ereignissen;<br />
bei<br />
4 1234 1 Allgemeines - Reiben - sanftes Reiben - amel. 29<br />
5 1234 1 Gemüt - Erschreckt leicht 195<br />
6 1234 1 Gemüt - Eigensinnig, starrköpfig, dickköpfig 155<br />
7 1234 1 Allgemeines - Wärme - agg. 219<br />
8 1234 1 Brust - Herzens; Beschwerden des 218<br />
phos. lyc. calc. sulph. <br />
nitac. <br />
natm.<br />
ign. natc.<br />
81<br />
sep. lach.<br />
8/15 7/16 7/14 7/12 7/11 6/14 6/11 6/11 6/11 6/10<br />
1 1 2 - - 1 - - - - 1<br />
2 4 2 1 1 2 2 - 2 2 1<br />
3 1 3 1 2 2 4 3 - 2 -<br />
4 2 - 3 1 - - 1 3 - -<br />
5 2 3 2 2 2 2 2 3 3 2<br />
6 1 2 3 2 2 1 2 1 1 1<br />
7 2 2 2 3 1 3 1 1 1 2<br />
8 2 2 2 1 1 2 2 1 2 3<br />
21
22<br />
Mittelwahl:<br />
caIrn-tErrIErhündIn<br />
MIt FortgEschrIttEnEM lEbErKrEbs<br />
Da das Krebsgeschehen selbst nicht sehr viele<br />
charakteristische Symptome lieferte, die ich<br />
als §153- Symptome wahlanzeigend benutzen<br />
konnte, nahm ich außerdem allgemeine Symptome<br />
mit in die Repertorisation.<br />
Phosphorus ist das einzige Mittel, das in allen<br />
Rubriken enthalten war. Da es zu den tiefgreifenden<br />
Krebsmitteln gehört und zudem auch<br />
zum Gesamtbild des Hundes passte, entschied<br />
ich mich dafür.<br />
Damals wählte ich die LM/Q12 als Anfangspotenz,<br />
weil ich meinte, mit einer kräftigen<br />
Potenz einsteigen zu müssen. Heute würde ich<br />
mit einer LM/Q1 beginnen.<br />
Ab 21.12.02 erhielt Paula alle 2 Tage 1ml<br />
Phos. LM/Q12 aus dem 1. Glas.<br />
Die Herztablette bekam sie nur noch jeden<br />
2. Tag und das Cortison wurde auf die Hälfte<br />
reduziert. Ich wollte diese Mittel möglichst<br />
schnell ausschleichen.<br />
Am 27.12.02 war Paula schon wesentlich<br />
munterer.<br />
Die Herztablette wurde nun ganz abgesetzt,<br />
Phos. LM/Q12 weiter alle 2 Tage<br />
Cortison nochmals halbiert.<br />
09.01.03 Ergebnisse der neuen Blutuntersuchung:<br />
alk. Phosphatase auf 1600 zurückgegangen!<br />
Paula ist munter und spielt im Schnee.<br />
Allopathische Medikamente sind jetzt ganz<br />
abgesetzt.<br />
16.01.03 EKG war sehr gut, Paula geht es weiterhin<br />
prima, gestern leicht Durchfall.<br />
Ich war beeindruckt von dem schnellen positiven<br />
Verlauf und habe das Mittel erstmal abgesetzt,<br />
um eine Überdosierung zu vermeiden.<br />
Abwarten.<br />
15.02.03 Blutuntersuchung: alkalische Phosphatase<br />
auf 919 gesunken!<br />
Weiter abwarten.<br />
19.03.03 Blutuntersuchung: alkalische Phosphatase<br />
wieder auf 1300 angestiegen!!<br />
Sonst ist Paula gut drauf, aber Cairn-Terrier<br />
zeigen erst sehr spät, dass es ihnen schlecht<br />
geht. So waren die Blutwerte ein wichtiger<br />
Parameter für die Beurteilung des Heilungsverlaufs.<br />
Ich lasse Phosphorus LM/Q12 alle 2 Tage erneut<br />
geben.<br />
16.04.03 Blutuntersuchung: alk. Phosphatase<br />
wieder auf 960 gesunken.<br />
GPT- Wert aber leicht gestiegen, auf 260 (
caIrn-tErrIErhündIn<br />
MIt FortgEschrIttEnEM lEbErKrEbs<br />
18.06.03 Blutuntersuchung: alk. Phosphatase<br />
wieder auf 941 gestiegen.<br />
GPT auch gestiegen auf 495.<br />
GOT-Wert auf 125 (< 45 normal).<br />
Sonst geht es Paula gut.<br />
Es wird deutlich, wie empfindlich sie auf das<br />
ganze Geschehen reagiert. Aber statt das Mittel<br />
wieder öfter zu geben, wurde ich durch die<br />
Schwankungen verunsichert und machte jetzt<br />
einen entscheidenden Fehler: ich wechselte<br />
das Mittel.<br />
19.06.03 Paula lahmt vorne rechts immer<br />
noch, Besitzerin erwähnt, dass die Hündin<br />
manchmal „größenwahnsinnig“ ist und andere<br />
große Hunde anbellt.<br />
Dies und der starke Bezug zur Leber ließen<br />
mich an Lycopodium denken. Es war bei der<br />
Repertorisation an 2. Stelle gewesen.<br />
Sie bekam Lycopodium LM/Q6 alle 2 Tage 1ml<br />
aus dem 1. Glas.<br />
16.07.03 Blutuntersuchung: Blutwerte sind<br />
stark verschlechtert!!<br />
Alk. Phosphatase auf 2248 angestiegen.<br />
GPT auf 987 angestiegen.<br />
GOT auf 185 angestiegen.<br />
Paula hat wenig Appetit, ist insgesamt schlapper.<br />
Sofortiger Wechsel auf Phosphorus LM/Q18,<br />
jetzt täglich 1ml aus dem 1. Glas!<br />
Paula springt wieder munter herum, fängt Kröten,<br />
frißt seit Mitteländerung wieder besser.<br />
30.07.03 Blutergebnisse: alles wieder besser!<br />
Alk. Phosphatase auf 1513 gesunken.<br />
GPT auf 816 gesunken.<br />
GOT auf 171 gesunken.<br />
Paula humpelt nicht mehr und ist gut drauf.<br />
Mittel weiter täglich geben.<br />
03.08.03 Fläschchen LM/Q18 ist aufgebraucht.<br />
Ab jetzt Phosphorus LM/Q24 täglich aus dem<br />
1. Glas.<br />
12.08.03 Blutergebnisse: alk. Phosphatase<br />
auf 984 weiter gefallen.<br />
GPT auf 651 gesunken.<br />
GOT auf 121 gesunken.<br />
Paula geht es prima!<br />
Im weiteren Verlauf blieb ich bei der täglichen<br />
Gabe von Phosphor. Jedes Mal, wenn<br />
ein Fläschchen aufgebraucht war, ging ich in<br />
6er Schritten zu einer höheren LM/Q Potenz<br />
über. Es hatte sich in diesem Fall nicht als<br />
negativ herausgestellt, eine Potenz so lange<br />
auszureizen.<br />
Die Blutwerte wurden stetig besser. Und es<br />
ging Paula sehr gut.<br />
In den meisten anderen Fällen haben mir die<br />
Patienten viel eher gezeigt, wann die Potenz<br />
nicht mehr ausreicht und dies entsprach dann<br />
meistens den von Hahnemann beschriebenen<br />
Intervallen.<br />
Am 13.11.03 wurde gemessen: alk. Phosphatase<br />
auf 491 gesunken.<br />
GPT auf 349 gesunken.<br />
GOT auf 70 gesunken.<br />
Paula geht es unverändert prima!<br />
Seit 11.11.03 bekommt sie Phosphorus LM/<br />
Q36 täglich 1 Tropfen.<br />
30.12.03 Zwischenbilanz zum<br />
bisherigen Verlauf der Behandlung<br />
Es stellte sich heraus, dass eine tägliche Gabe<br />
des Mittels über einen sehr langen Zeitraum<br />
23
24<br />
caIrn-tErrIErhündIn<br />
MIt FortgEschrIttEnEM lEbErKrEbs<br />
notwendig war, um eine stetige Besserung zu<br />
bewirken.<br />
Verschlechterungen kamen durch zu große<br />
Abstände in der Mittelgabe und nach Absetzen<br />
des Mittels zustande.<br />
Symptome, wie einmaliger Durchfall oder<br />
kurzzeitiges Lahmen hatten mich zu einem<br />
Mittelwechsel veranlasst, welches sofort mit<br />
einer starken Verschlechterung beantwortet<br />
wurde. Genaues<br />
Beobachten der<br />
Symptome und<br />
des Befindens<br />
ist sehr wichtig,<br />
aber man sollte<br />
nicht zu schnell<br />
das Mittel wechseln,<br />
wenn kein<br />
neues klares<br />
Bild erschienen<br />
ist.<br />
„Es ist wichtig,<br />
Ruhe zu bewahren, abzuwarten,<br />
den Fall genauestens zu studieren<br />
und zu beobachten, und keine Angst<br />
machen lassen! Nicht so schnell von<br />
einem Mittel weggehen, wenn es gut<br />
getan hat.“<br />
(Dario Spinedi, 1997)<br />
Wie ist der weitere Verlauf?<br />
Stand März 2007<br />
Inzwischen waren mehr als 4 Jahre vergangen,<br />
und Paula erfreute sich, nun bereits fast 16-<br />
jährig, großer Vitalität. Sie war munterer als<br />
ihre, um ein paar Jahre jüngere Cairnterrier-<br />
Kollegin, mit der sie zusammen lebte.<br />
Paula mit Kollegin<br />
Paula hatte in den letzten Jahren fast durchgehend<br />
weiter tägl. Phosphorus in LM/Q-Potenzen<br />
bekommen.<br />
Zuletzt bekam sie LM/Q114. tägl. aus dem 7.<br />
Glas.<br />
Es hatte zwischendurch ein paar Situationen<br />
gegeben, die mich zunächst das Mittel wechseln<br />
ließen.<br />
Im Juli 04 entwickelte sie plötzlich einen<br />
heftigen Analdrüsenabszeß,<br />
rechtsseitig,<br />
während die<br />
Leberwerte<br />
gleichzeitig anstiegen.<br />
Mit Silicea in<br />
LM/Q6 heilte<br />
der Abszeß<br />
gut ab und die<br />
Werte gingen<br />
wieder leicht<br />
zurück, hielten sich dann immer in einem<br />
konstanten Bereich.<br />
Sie bekam Silicea täglich bis zur LM/Q18 für<br />
einige Monate, bis die Leberwerte unter der<br />
Mittelgabe deutlich anstiegen und sie deutliche<br />
Symptome für Arsenicum album entwickelte.<br />
Sie wurde sehr unruhig, hatte sehr viel Durst<br />
und zitterte viel. Sie hatte auch wenig Appetit<br />
und lag am Liebsten bei den „Großeltern“ im<br />
warmen Bett.<br />
Arsenicum LM/Q6 half ihr schnell und brachte<br />
noch mal eine Mandelentzündung hervor,<br />
unter der sie als jüngerer Hund öfter gelitten<br />
hatte.
caIrn-tErrIErhündIn<br />
MIt FortgEschrIttEnEM lEbErKrEbs<br />
Die Leberwerte wurden deutlich besser und<br />
sie war wieder munter und vergnügt.<br />
Im Februar 05 ging es ihr dann wieder<br />
schlechter, sie hatte starken Husten und wenig<br />
Appetit.<br />
Phosphorus LM/Q48 brachte schnelle Besserung<br />
ihres Befindens und auch die Leberwerte<br />
wurden stetig besser.<br />
Bis im April 06 die Leberwerte wieder dramatisch<br />
stiegen, Paula aber keinerlei veränderte<br />
oder neue Symptome zeigte, die mich an<br />
ein neues Mittel hätten denken lassen.<br />
Ich entschied mich für eine Kombinationstherapie,<br />
wie sie Burnett erfolgreich anwendete.<br />
Das heißt, sie bekam seit 24.4.06 ein organotropes<br />
Lebermittel, Carduus marianus in<br />
D3 täglich morgens dazu, abends weiterhin<br />
Phosphorus LM/Q84 aus dem 5. Glas.<br />
Die Blut-Werte verbesserten sich daraufhin<br />
schnell und es ging Paula prima.<br />
Aus dem 5. Glas bekam sie das Mittel jetzt,<br />
weil sie auf die zunehmend höheren Potenzen<br />
empfindlicher reagiert hat. Sie war dann<br />
z.B. unruhig oder sehr durstig direkt nach der<br />
Mittelgabe, oder sie hatte auch kurz Husten.<br />
Die Gabe aus dem 5. Glas vertrug sie dann<br />
sehr gut.<br />
Nach der LM/Q36 hatte ich versucht, wieder<br />
mit der LM/Q6 zu beginnen, so wie es Spine-<br />
di in einigen Fällen erfolgreich beschrieben<br />
hatte, aber bei Paula hatte dies keine positive<br />
Reaktion. Die LM/Q42 brachte wieder deutliche<br />
Besserung.<br />
Im Mai 08<br />
war sie immer noch fröhlich. Inzwischen<br />
hatte sie teilweise erhöhte Nierenwerte, was<br />
auch durch die Abfallprodukte des Krebses<br />
ausgelöst sein kann.<br />
Sie bekam als organbezogenes Mittel Berberis<br />
in D4 aufsteigend bis D10 – statt Carduus marianus<br />
täglich morgens – zu der abendlichen<br />
Phosphorgabe. Die Werte normalisierten sich<br />
wieder, auch die Leberwerte besserten sich<br />
nochmal.<br />
Sie sah inzwischen etwas dünner und auch<br />
älter aus, aber dachte noch nicht daran, ihren<br />
Platz zu räumen. Schließlich starb sie im Alter<br />
von 17 Jahren und war bis zuletzt fröhlich und<br />
lebenslustig.<br />
Dieser Fall zeigt, wie viel Geduld es erfordern<br />
kann, Krebs zu behandeln und wie wenig<br />
Parameter wir manchmal für die Mittelwahl<br />
haben.<br />
Es ist wichtig, einen Krebspatienten kontinuierlich<br />
weiter zu behandeln, um eine lange<br />
Besserung oder sogar Heilung zu erzielen.<br />
Aber dieser Fall macht viel Mut, weiter zu machen,<br />
besonders, wenn man Paula, die damals kaum<br />
Lebenserwartung hatte, in den ganzen Jahren so<br />
ausgelassen im Garten rumtollen sah!<br />
Helrike Lein<br />
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28<br />
L uzie,<br />
atrophIE dEr gEsIchts- und schlundMusKulatur<br />
bEI EInEr bErnEr sEnnEnhündIn<br />
eine 11-jährige Berner Sennenhündin<br />
hatte in ihrem Leben schon viele<br />
Krankheiten und Operationen gehabt. Der<br />
erste Eingriff geschah wegen eines rassetypischen<br />
und stark ausgeprägten Ektropiums.<br />
Die unregelmäßigen Brunstzyklen der nächsten<br />
Jahre endeten meist zweimal im Jahr mit<br />
einer Gebärmutterentzündung. Mit vier Jahren<br />
wurde sie von einer Zecke mit Borreliose<br />
infiziert. Es<br />
folgten wechselndeLahmheiten,<br />
zum Teil<br />
blutige, wiederkehrendeHarnblasenentzündungen,<br />
Magen-Darm-<br />
I n f e k t i o n e n ,<br />
Zwingerhusten,<br />
eine Ileus-<br />
dr. vEt. bErnhard hornIg<br />
Notoperation,<br />
weil sie einen<br />
Luzie – die Berner Sennenhündin<br />
M a i s k o l b e n<br />
verschluckt hatte, eine ausgedehnte pyotraumatische<br />
Dermatitis („Hotspot“) und viele<br />
kleine und größere Erkrankungen mehr. Da<br />
die Besitzerin, eine liebe Hundenärrin, durch<br />
die Vielzahl der Krankheiten häufig in Sorge<br />
versetzt worden war, wurden über die ganze<br />
Zeit hinweg mindestens zweimal pro Jahr weiterführende<br />
Untersuchungen in einem Labor<br />
ausgeführt (Serologie, klinische Chemie, PCR,<br />
Histologie). So erhielt ich einen lückenlosen<br />
und gut dokumentierten Krankheitsverlauf.<br />
Nach der Borrelioseinfektion stiegen Nierenund<br />
Leberwerte bedenklich an. In einer Universitätsklinik<br />
wurde die Nierenerkrankung<br />
als sogenannte „Berner Niere“ per Ultraschall<br />
bestätigt und vor allzu viel Hoffnung in Bezug<br />
auf eine Genesung gewarnt. Trotzdem wurden<br />
die Nieren- und Leberwerte im Laufe der<br />
Jahre nach der Gabe verschiedener Homöopathika<br />
immer besser.<br />
Bis auf die gelegentlichen, jetzt milderen<br />
Gebärmutterentzündungen während der<br />
Scheinträchtigkeiten, war Luzie stabil, und<br />
es ging ihr so<br />
gut, so dass<br />
sich die Besitzerin<br />
im Herbst<br />
2011 zu einer<br />
Totaloperation<br />
entschloss.<br />
Damit aber<br />
begann das<br />
Drama.<br />
Die Operation<br />
an einer<br />
Klinik verlief<br />
problemlos.<br />
14 Tage danach begannen die Kau-,<br />
Schlund- und Stirnmuskulatur zu atrophieren.<br />
Die Hündin wurde daraufhin an einer Universitätsklinik<br />
untersucht. Die Diagnose lautete<br />
Fibrotisierung der Kopfmuskulatur im Rahmen<br />
einer Autoimmunerkrankung. Als Therapie<br />
erhielt die Hündin Prednisolon 2 mg/kg<br />
Körpergewicht. Aber anstatt den Zustand zu<br />
verbessern, schwanden innerhalb von einer<br />
Woche Appetit und Durst und das Maul konnte<br />
nur noch ca. 2-3 cm geöffnet werden. Die<br />
Kortison-Therapie wurde komplett abgesetzt.<br />
Wegen der hochgradigen Schwäche musste<br />
nun die Hündin zum Urinieren und Lösen in<br />
den Garten getragen werden.
atrophIE dEr gEsIchts- und schlundMusKulatur<br />
bEI EInEr bErnEr sEnnEnhündIn<br />
Freiwillig nahm Luzie nichts mehr zu sich,<br />
und so flößte die Besitzerin der Hündin suppige<br />
Nahrung mittels Spritze ein, welche diese<br />
sehr, sehr widerwillig aufnahm. Lediglich<br />
trockenen Zwieback nahm sie bereitwillig auf.<br />
Zwischenzeitlich erhielt die Hündin eine Infusion<br />
zur Flüssigkeits- und Glukoseversorgung.<br />
Dieser Zustand währte 7 Tage lang. Luzie war<br />
nicht in der Lage, mehr als 3 m zu laufen. Die<br />
Gesichtsmuskulatur war mittlerweile so stark<br />
geschw unden,<br />
dass die Berner<br />
Sennenhündin<br />
ein schmales<br />
Gesicht wie<br />
ein Fuchs bekommen<br />
hatte.<br />
Bedingt durch<br />
die Atrophie<br />
der Schläfenm<br />
u s k u l a t u r<br />
und der spezifischen<br />
Anatomie<br />
der Orbita bei<br />
Raubtieren (keine geschlossene Augenhöhle)<br />
lagen beide Augäpfel so tief in der Höhle, dass<br />
beim Maulöffnen nur noch ein kleiner Schlitz<br />
vom Auge sichtbar war. Schweren Herzens erwogen<br />
wir die Euthanasie.<br />
Irgendwie ließ mich aber das höchst eigenartige<br />
Symptom „trinkt nichts, und mag<br />
dennoch nur trockenen Zwieback“ nicht los.<br />
Im Repertorium fand ich:<br />
Allgemeines - Speisen und Getränke<br />
- Brot - Verlangen - trockenes<br />
aur. Bar-m. kali-s. lyc. ruta<br />
Luzie – Schwund der Gesichtsmuskulatur<br />
Allgemeines - Speisen und Getränke<br />
- Brötchen, Semmeln - Verlangen - altbackenen<br />
Brötchen, nach<br />
Aur.<br />
Letztere Rubrik war von größtem Wert:<br />
nur ein Mittel und das dazu noch zweiwertig!<br />
Zudem war Aurum eine syphilitische Arznei<br />
von größter Destruktion. Überzeugt durch<br />
frühere homöopathische Erfolge bei ihrer<br />
Hündin willigte<br />
die Besitzerin<br />
zu einem letzten<br />
Versuch ein.<br />
Aurum LM 6, 3<br />
mal im Abstand<br />
von 2 Stunden,<br />
vor jeder Gabe<br />
nochmals verschüttelt.<br />
Das<br />
war Sonntag<br />
nachmittags.<br />
Am Montag<br />
machte ich<br />
abends meinen Hausbesuch und war mehr als<br />
erstaunt, als mich Luzie an der Tür empfing<br />
- schwach und schwankend, aber ohne Hilfe aufgestanden<br />
und stehend. Das gab mir den Mut,<br />
die Arznei etwas zu modifizieren. Luzie hatte<br />
die Borreliose fünf Jahre zuvor dank einer anderen<br />
Goldverbindung bestens überstanden:<br />
Aurum arsenicosum! Auch diesmal erhielt sie<br />
die Arznei in der LM 6, 2 x täglich.<br />
Nach einer Woche konnte Luzie bereits<br />
wieder über 300 m laufen, der Appetit kehrte<br />
zurück und das Maul ließ sich wieder ca. 8 cm<br />
weit öffnen. Die Besserung schritt weiter fort<br />
29
30<br />
atrophIE dEr gEsIchts- und schlundMusKulatur<br />
bEI EInEr bErnEr sEnnEnhündIn<br />
und Spaziergänge bis zu 2 km waren wieder<br />
möglich. Verständlicherweise wurde aus dem<br />
„Fuchsgesicht“<br />
kein rundes<br />
Bernergesicht<br />
mehr und die<br />
Schlundmuskulatur<br />
war soweit<br />
geschädigt,<br />
dass sich Luzie<br />
öf ters bei m<br />
Trinken verschluckte<br />
und<br />
dann husten<br />
musste.<br />
Luzie 2011 nach der Totaloperation<br />
Im Mai <strong>2012</strong> kam der große Rückschlag.<br />
Alle therapeutischen Bemühungen schlugen<br />
fehl. Die Muskulaturatrophierte<br />
so stark,<br />
dass Fressen,<br />
Saufen und<br />
Laufen unmöglich<br />
wurden.<br />
T r a u r i g<br />
über das jähe,<br />
doch irgendwie<br />
erwartete<br />
Ende und froh<br />
über die Kraft<br />
der Globuli, die<br />
Luzie ein trotz<br />
allem schönes Leben gaben, schläferte ich<br />
sie im Kreis ihrer Familie ein.<br />
Dr. vet. Bernhard Hornig<br />
Robert-Koch-Str. 1<br />
95032 Hof
D ie<br />
Wo stEht dIE tIErhoMöopathIE?<br />
Fähigkeiten eines guten Homöopathen<br />
beruhen auf einer anspruchsvollen<br />
Ausbildung, einiger Berufserfahrung und<br />
gutem Handwerkszeug im Sinne von Repertorien<br />
und Materia medicae. Wie sieht es hier<br />
hinsichtlich dieser Fähigkeiten und Möglichkeiten<br />
in der Tierhomöopathie aus?<br />
Meist wird in der gesamten ‘homöopathischen<br />
Szene’ die Behandlung von Tieren als ‘kleine<br />
Homöopathie’<br />
betrachtet und<br />
auch ein wenig<br />
belächelt, denn<br />
Tiere gelten allgemein<br />
weniger<br />
als Menschen.<br />
Wer genau hinschaut,<br />
sieht<br />
aber, dass die<br />
Tierhomöopathie<br />
gleichsam<br />
die noch höhere<br />
Kunst sein<br />
muss, weil wir in der Behandlung von Tieren<br />
eine ganze Reihe von Symptomen erst gar<br />
nicht sammeln, geschweige denn verwerten<br />
können. Aus diesem Grund wird oft angenommen,<br />
dass Tierhomöopathen sowieso nur mit<br />
Komplexmitteln oder bewährten Indikationen<br />
arbeiten. Tatsächlich wird dies auch in einer<br />
ganzen Reihe von Ausbildungen zum Tierheilpraktiker<br />
suggeriert.<br />
Inzwischen haben sich in unserem offenen<br />
und kostenlosen Holon-Netzwerk für Tierhomöopathie<br />
mehrere hundert Tierheilpraktiker<br />
zusammengefunden, die Tiere nach den<br />
Grundsätzen der klassischen Homöopathie<br />
behandeln oder diese Behandlungsart erler-<br />
claudIa grothus<br />
nen möchten. Nach inzwischen vier Jahren<br />
Arbeit für dieses Netzwerk ist es möglich, ein<br />
Resümee zu ziehen und die Frage zu beantworten:<br />
Wo steht die Tierhomöopathie?<br />
Ausbildung<br />
Claudia Grothus mit ihren „Tierbrüdern”<br />
Schon die Human-Heilpraktiker-Ausbildungen<br />
lassen ja oft zu wünschen übrig, was den<br />
Fachbereich Homöopathie betrifft. Bei den<br />
Tierheilpraktikern<br />
ist die Situation<br />
ähnlich.<br />
Denn was immer<br />
noch viele<br />
nicht wissen:<br />
Der Tierheilpraktiker<br />
ist ein<br />
vollkommen<br />
ungeschützter<br />
Beruf. Es gibt<br />
keinerlei Ausbildungsrichtlinien<br />
oder<br />
irgendwelche anderen Vorschriften zur Erlangung<br />
der Fähigkeiten eines Tierheilpraktikers.<br />
Jeder Mensch kann sich in Deutschland<br />
Tierheilpraktiker nennen, ein entsprechendes<br />
Schild an seine Tür schrauben und eine Internetseite<br />
erstellen, auf der er seine Dienste anbietet.<br />
Dazu braucht es keinerlei Qualifikation<br />
oder offizieller Erlaubnis.<br />
Entsprechend leicht ist es auch, eine Ausbildung<br />
zum Tierheilpraktiker anzubieten.<br />
Auch das darf jeder, vollkommen unabhängig<br />
von seiner Qualifikation. Der Markt der<br />
Tierheilpraktiker-Studiengänge ist fast unüberschaubar.<br />
Die Ausbildungen variieren<br />
extrem hinsichtlich Dauer, Lerninhalt, Kos-<br />
31
32<br />
ten und natürlich der Qualität. Was fast alle<br />
gemeinsam haben: Die Homöopathie kommt<br />
dabei viel zu kurz. Wer ernsthaft daran interessiert<br />
ist, echte homöopathische Fähigkeiten<br />
zur Behandlung von Tieren zu erlangen, muß<br />
sich selbst auf den Weg machen und sich eine<br />
„Patchwork-Ausbildung“ aus den Angeboten<br />
verschiedener Institute zusammenstricken.<br />
Bis man hier die Spreu vom Weizen getrennt<br />
hat, ist oft schon viel Geld und Zeit vergeudet<br />
worden.<br />
Erfahrung<br />
Wo stEht dIE tIErhoMöopathIE?<br />
Wo es an guten Ausbildungen fehlt, wird es<br />
auch schwierig, Berufserfahrung zu sammeln.<br />
Es fällt dann sehr schwer, eigene Fälle hinsichtlich<br />
Erfolg oder Misserfolg einzuschätzen,<br />
herauszufinden, was hier wirklich geholfen<br />
hat, bzw. zu erkennen, warum eine Therapie<br />
nicht geholfen hat. Wir stellen in unserem<br />
Forum immer wieder fest, dass die Behandlungsentscheidungen<br />
vieler neuer Mitglieder<br />
stärker von Glaubenssätzen als von fundierten<br />
Kenntnissen gesteuert sind. Und das liegt nicht<br />
etwa an mangelndem Interesse oder fehlender<br />
Ernsthaftigkeit dieser Tierhomöopathen. Es<br />
liegt daran, dass es sehr schwer ist, in der<br />
Fülle der Aus- und Weiterbildungsangebote<br />
und der Literatur die eigentliche, sich selbst<br />
überprüfende homöopathische Lehre zu finden<br />
und nachzuvollziehen. Und so kommt es<br />
dazu, dass ‘Erfahrung’ eher das ist, was man<br />
schon die ganze Zeit falsch macht. Aber wir<br />
glauben, dass wir es richtig machen. Und<br />
Glauben ist naturgemäß beim Menschen wesentlich<br />
stärker als Wissen.<br />
Materia medica<br />
Was tut also der ambitionierte Tierheilpraktiker,<br />
der sich wirklich und ernsthaft mit<br />
Homöopathie befassen will? Lesen natürlich.<br />
Und da er Tiere behandelt, schaut er sich natürlich<br />
in der homöopathischen Veterinärliteratur<br />
um. Das Angebot auf diesem Markt<br />
könnte noch viel größer sein, so hoch ist das<br />
Interesse an den Tier-Arzneimittelbildern. Die<br />
Verlage nehmen dankbar neue Werke an, und<br />
so haben wir jetzt schon eine große Palette an<br />
Materiae medicae für Tiere.<br />
Schaut man diese Bücher durch, zeigt sich<br />
sehr bald, dass sie einerseits extrem gemüts-<br />
und ‘konstitutions’-lastig sind und andererseits<br />
eigentlich nichts anderes drin steht, als<br />
die Gemüts- und Konstitutionseigenschaften<br />
der Humanliteratur. Nur eben auf den Hund,<br />
die Katze oder das Pferd ‘übersetzt’. Was kaum<br />
zu finden ist, sind die tierspezifischen Besonderheiten,<br />
die es bei Menschen gar nicht gibt:<br />
Erkrankungen von Rute und Schweif, Analdrüsenentzündungen,<br />
Rückwärtsniesen, Hufprobleme<br />
etc.. Es wird häufig suggeriert, das<br />
sei auch gar nicht so wichtig, weil ja eh am<br />
besten nach ‘Typ’ behandelt wird und nicht<br />
nach den Krankheitssymptomen.<br />
Eine wichtige Frage bei der Beurteilung dieser<br />
Veröffentlichungen wird nicht beantwortet:<br />
Woher hat so ein Autor oder eine Autorin die<br />
Qualifikation, eine Materia medica für Tiere<br />
zu schreiben? Und wo ist die Primärliteratur<br />
dazu? Wenn wir uns bewusst machen, wie die<br />
Human-Materia medica entstanden ist, dann<br />
sehen wir mehr als zwei Jahrhunderte akribischer,<br />
aufeinander aufbauender Arbeit von<br />
großen Meistern der Homöopathie, die sich<br />
jahrzehntelang, ja lebenslang mit Homöopathie<br />
befasst und ihre Fälle dokumentiert haben.<br />
Wie kann dann jemand nach vielleicht<br />
zehn Berufsjahren eine eigene Materia medica<br />
schreiben? Woher stammen all die Fälle,
Wo stEht dIE tIErhoMöopathIE?<br />
bei denen mit diesem Mittel mehrfach bestimmte<br />
Symptome geheilt wurden? Wo sind<br />
die Dokumentationen zu diesen Fällen?<br />
Wir müssen uns bewusst machen, dass sehr<br />
viele Veterinär-Materia medicae nicht auf<br />
überprüfbaren Fallauswertungen basieren.<br />
Sie stammen viel eher aus Uminterpretationen<br />
von Human-Arzneimittelbildern, aus ganz wenigen<br />
geheilten Fällen, aus denen Rückschlüsse<br />
für Allgemeinaussagen gezogen werden<br />
und natürlich<br />
aus den Glaubenssätzen<br />
der<br />
Autoren. Das ist<br />
zulässig. Es ist<br />
vollkommen in<br />
Ordnung, wenn<br />
jemand seine<br />
Überlegungen,<br />
Interpretationen<br />
und Annahmenveröffentlichen<br />
möchte.<br />
Nur sollte das<br />
dem Leser auch deutlich gemacht werden.<br />
Die Veterinärhomöopathie ist noch so jung<br />
und so unerforscht, dass spezifische Literatur<br />
dazu allenfalls als Ansatz, als Beginn, als<br />
Grundlage zur Forschung angeboten werden<br />
kann. Bei einem Beruf, der 1. kaum wirklich<br />
professionelle Ausbildungen anbietet, 2. zu<br />
mindestens 80% nebenberuflich ausgeübt<br />
wird und 3. keinerlei gemeinsame Sammlung,<br />
Überprüfung und Auswertung von Heilerfahrungen<br />
aufweist, können wir nicht davon<br />
ausgehen, dass die Breite der Literatur auf<br />
einem wissenschaftlichen und verlässlichen<br />
Fundament steht. Sie darf nur als Anregung<br />
und Angebot der Autoren verstanden werden.<br />
Aconitum napellus<br />
Repertorien<br />
Genauso ist es natürlich mit den Repertorien.<br />
Der Markt schreit geradezu nach Veterinärrepertorien,<br />
in denen die tierspezifischen<br />
Symptome verzeichnet sind. Wo es Rubriken<br />
zur Fellbeschaffenheit, zum Blutohr, zur<br />
Wasserrute und zur Pferdekolik gibt. Aber<br />
es ist noch viel zu früh, eine Mittelwahl auf<br />
solche Repertorien aufzubauen. Die Autoren<br />
der bisher erschienenen Vet-Module der Repertorisationsprogrammehaben<br />
sicherlich<br />
gewissenhaft<br />
ihre Erfahrungen<br />
zusammen<br />
getragen. Und<br />
ihnen ist auch<br />
gewiss vollkommen<br />
bewusst,<br />
dass ihre Arbeit<br />
nur ein Anfang<br />
ist. Das Problem<br />
ist nur, dass<br />
die Breite der Anwender sich dessen nicht bewusst<br />
ist. Sie arbeiten mit einem Handwerkszeug,<br />
das noch ganz unausgereift ist. Eigentlich<br />
sollten die bisherigen Tier-Rubriken eher<br />
dazu dienen, sie zu überprüfen und ggf. zu<br />
bestätigen und zu erweitern, als sie zur Heilung<br />
von kranken Tieren zu verwenden. Aber<br />
weiß das jemand? Und da wären wir wieder<br />
bei dem Punkt der Ausbildung.<br />
Und nun?<br />
Es besteht für uns durchaus Grund, hoffnungsvoll<br />
zu sein. Allein, dass sich dieses<br />
Jubiläumsheft von Brita <strong>Gudjons</strong> mit der Tierhomöopathie<br />
befasst, ist ein Zeichen dafür,<br />
33
34<br />
Wo stEht dIE tIErhoMöopathIE?<br />
dass uns immer mehr Türen geöffnet werden,<br />
dass auch immer mehr Interesse daran besteht,<br />
wie wir das eigentlich machen mit der<br />
Homöopathie ohne Empfindungssymptome<br />
und ohne Familienanamnese.<br />
Das Internet hat uns die Möglichkeit geschenkt,<br />
uns überregional zu finden und<br />
auszutauschen. Unser Holon-Netzwerk hat innerhalb<br />
kürzester Zeit Zulauf von Hunderten<br />
Tierhomöopathinnen und Tierhomöopathen<br />
bekommen. Und das sind alles ernsthafte<br />
Therapeuten, die es richtig lernen und die<br />
Homöopathie professionell anwenden wollen.<br />
Riesige Wissbegier, kritische Haltung und viel<br />
Bereitschaft zur Erkenntnis sind auf jeden Fall<br />
da.<br />
Wir müssen jetzt nur wenige Dinge tun, diese<br />
aber umso ernsthafter: Wirklich gute<br />
tierhomöopathische Ausbildungen anbieten,<br />
gemeinsam immer weiter lernen und uns<br />
austauschen und vor allem unsere Erfahrun-<br />
gen zentral sammeln. Es ist von immenser<br />
Wichtigkeit, dass wir alle unsere Fälle so gut<br />
dokumentieren, dass wir im Fall des Erfolgs<br />
genau nachvollziehen können, welches Mittel<br />
hier welches Symptom geheilt hat. Und diese<br />
Fälle müssen wir sammeln und auswerten.<br />
So und nur so können wir unsere Materia<br />
medicae und unsere Repertorien auf ernstzunehmende<br />
Weise für die Behandlung von<br />
Tieren erweitern.<br />
Es gibt Tierhomöopathinnen, die bereit sind,<br />
sich der Aufgabe des Sammelns und Auswertens<br />
zu widmen. Holon ist ein kostenloses<br />
Forum für alle, die ihre Erfahrungen mit<br />
klassisch homöopathischen Behandlungen<br />
an Tieren teilen und von den Erfahrungen<br />
anderer profitieren können. Neue Mitglieder<br />
sind jederzeit willkommen.<br />
Ich danke Brita <strong>Gudjons</strong>, dass ich zu dieser<br />
Ausgabe von <strong>Gudjons</strong> aktuell beitragen darf<br />
und gratuliere herzlichst zum Jubiläum!<br />
Claudia Grothus<br />
Osnabrücker Str. 24<br />
49545 Tecklenburg<br />
Telefon: (05482) 974259<br />
email: info@claudia-grothus.de<br />
www.claudia-grothus.de<br />
www.holon-tierhomoeopathie.de
D er<br />
das grossE polychrEst phosphorus<br />
Name Phosphor stammt aus dem<br />
Griechischen und bedeutet so viel wie<br />
Lichtbringer. So wie das Licht alles erleuchtet<br />
und durchdringt, so ist auch das Phosphor-<br />
Tier in seinem Handeln und Denken. Grenzen<br />
sind ihm sichtlich<br />
unbekannt,<br />
und man findet<br />
überschießende<br />
Reaktionen<br />
auf allen Ebenen,<br />
die früher<br />
oder später zu<br />
vollkommener<br />
Erschöpf ung<br />
führen.<br />
In unserem alltäglichenLeben<br />
finden wir<br />
Phosphor in<br />
Streichhölzern.<br />
Dies wegen<br />
seiner Eigenschaft,<br />
leicht<br />
entzündlich zu<br />
sein.<br />
Genauso wie<br />
d a s L i c h t<br />
strahlt das<br />
Phosphor-Tier, wenn man ihm begegnet. Nicht<br />
nur, dass es mit seiner Schönheit imponiert,<br />
es ist auch lebhaft, aufgeweckt und möchte<br />
gerne im Mittelpunkt des Geschehens stehen,<br />
und dies versucht es mit allen Tricks. In einer<br />
Herde ist er oft ein kleiner Kasper, der alle<br />
zum Lachen bringt. Phosphortypen wirken<br />
das lIcht In dEr dunKElhEIt<br />
stEFanIE hoFMann<br />
Stefanies Lieblingspferd<br />
meist viel jünger, als sie eigentlich sind. Viele<br />
Ängste begleiten das Phosphor-Tier, bei denen<br />
es Halt und Sicherheit bei seinen Liebsten<br />
sucht. Eine der wohl bekanntesten Phosphor-<br />
Ängste ist die vor Gewitter. Die Tiere sind sehr<br />
empfänglich<br />
für allerlei Sinneseindrücke<br />
und Reize aus<br />
der Außenwelt.<br />
Sie lieben die<br />
Gesellschaft<br />
und schließen<br />
leicht Freundschaften.<br />
Das<br />
Alleinsein<br />
jedoch verabscheuen<br />
sie.<br />
Sofort spürt<br />
der treue Vierbeiner,<br />
wenn<br />
es jemandem<br />
aus der Herde<br />
oder aus<br />
der Familie<br />
schlecht geht,<br />
und er versucht,<br />
ihn zu<br />
trösten und<br />
ihm zu helfen.<br />
Kurz gesagt ist das Phosphorus-Tier ein sehr<br />
liebenswürdiges und kontaktfreudiges Tier,<br />
welches gerne im Mittelpunkt des Geschehens<br />
steht. Dennoch finden wir im Arzneimittelbild<br />
auch tiefe Melancholie und große Schwäche<br />
als Zeichen der Ausgebranntheit.<br />
35
36<br />
das grossE polychrEst phosphorus<br />
Auf der körperlichen Ebene finden wir Erkrankungen<br />
im Bereich von Knochen, Leber,<br />
Atemwegen, Augen, Schleimhäuten, Blut und<br />
Nerven.<br />
Phosphor – ein großes Mittel in der<br />
Krebstherapie:<br />
Gerade in Zusammenhang mit Chemotherapie,<br />
welche auch bei den Tieren immer mehr Anwendung<br />
findet, ist es oft das Mittel der Wahl.<br />
Hierbei finden wir Symptome wie Durchfall<br />
und Erbrechen, ebenso wie übermäßiges<br />
Verlangen nach großen Mengen von kaltem<br />
Wasser.<br />
Aber auch bei Krebsgeschehen ohne vorangegangener<br />
Chemotherapie ist es ein großes<br />
Polychrest. Ein Beispiel hierfür sind das<br />
Mammakarzinom des Hundes und das Sarkoid<br />
beim Pferd.<br />
Der junge Phosphorus:<br />
Man findet das Mittel Phosphorus bei Jungtieren,<br />
die schnell in die Höhe geschossen sind<br />
und allen Problemen, die damit in Verbindung<br />
stehen.<br />
Störungen im Bereich der Knochen, die durch<br />
das zu schnelle „in die Höhe schießen“ in Mitleidenschaft<br />
gezogen werden, stehen hierbei<br />
im Mittelpunkt des Geschehens. Dies äußert<br />
sich durch Probleme im Bereich der Wirbelsäule,<br />
aber auch Exostosen, Verkrümmungen<br />
von Extremitäten, sowie Osteitis, Osteomyelitis<br />
und Knochennekrosen.<br />
Der Atmungsapparat:<br />
Im Arzneimittelbild von Phosphorus findet<br />
man allerlei Erkrankungen im Bereich der<br />
Atemwege.<br />
das lIcht In dEr dunKElhEIt<br />
Hier sei vor allem die chronisch obstruktive<br />
Bronchitis des Pferdes erwähnt.<br />
Kennzeichnend ist ein das Tier quälender trockener<br />
Husten mit geringfügigem Auswurf, oft<br />
auch asthmatische Atmung.<br />
Infektionen der oberen Atemwege, welche<br />
häufig eine Tendenz zum Wandern in tiefere<br />
Schichten zeigen, werden meist hervorgerufen<br />
durch Impfungen oder starke Kälte. Meist hat<br />
das betroffene Tier Fieber, frisst aber dennoch<br />
und sieht auch gesund aus. Bei der Auskultation<br />
findet man Rasselgeräusche der Lunge.<br />
Ebenfalls auffällig ist eine starke Nasenflügel-<br />
und Abdominal-Atmung.<br />
Der Verdauungsapparat:<br />
Phosphorus ist ein wunderbares Durchfallmittel.<br />
Der Durchfall ist meist stinkend und von gelblich-gräulicher<br />
Farbe. Er kommt meist sehr<br />
wässrig und spritzend heraus. Es können auch<br />
blutige Bestandteile vorhanden sein.<br />
Insgesamt haben die Tiere ein starkes Verlangen<br />
nach großen Mengen von kaltem Wasser,<br />
welches sie aber, wenn es im Magen warm<br />
geworden ist, wieder erbrechen.<br />
Der Stoffwechsel:<br />
Erkrankungen der Leber äußern sich in Ikterus,<br />
Hepatitis und Lebervergrößerung. Phosphorus<br />
ist ein großartiges Mittel bei Vergiftungen,<br />
wenn die Leber akut geschädigt ist. Auch<br />
bei der Leberlipidose, welche zu den Hepatosen<br />
gezählt wird und besonders bei übergewichtigen<br />
Katzen, Hunden und Ponies auftritt,<br />
ist Phosphorus ein oft indiziertes Mittel. Eine<br />
Sonderform hierbei ist die Azetonämie beim
das grossE polychrEst phosphorus<br />
Rind, welche sehr häufig auf Grund erhöhten<br />
Energiebedarfs während der Trächtigkeit und<br />
Laktation auftritt.<br />
Ein weiteres Einsatzgebiet von Phosphorus ist<br />
Diabetes und die Hyperthyreose.<br />
Das Auge:<br />
Phosphor ist<br />
ein nützliches<br />
Mittel beim<br />
Katarakt, vor<br />
allem, wenn<br />
d i e L i n s e<br />
gleichmäßig<br />
getrübt ist.<br />
Aber auch bei<br />
L ä h m u n g e n<br />
des Sehnervs<br />
ist es angezeigt.<br />
Wunden:<br />
Ein weiteres großes Thema sind Blutungsneigungen.<br />
Kleinste Wunden bluten lange nach. Hierbei<br />
ist das Blut meist von hellroter Farbe und gerinnt<br />
erst sehr spät.<br />
Das Nervensystem:<br />
Hier sei vor allem Cauda equina im Frühstadium<br />
erwähnt. Ansonsten findet man Symptome<br />
wie Lähmungen, Epilepsien, Konvulsionen,<br />
Kopfwackeln und Kehlkopfpfeifen.<br />
Oft begegnen uns Tiere, die trotz Ihrer Krankheit<br />
sehr lebensfroh und munter sind, was in<br />
keinem Zusammenhang zu Ihrer eigentlichen<br />
Krankheit steht. Aber auch dramatische Symptome<br />
mit schnellem Kräfteverfall bis hin zu<br />
Ohmacht sind zu finden.<br />
das lIcht In dEr dunKElhEIt<br />
Modalitäten:<br />
Besserung erfahren die Tiere durch Wärme,<br />
Futter, Ruhe und Schlaf, aber auch durch den<br />
Körper anregende Dinge wie Reiben, Massagen<br />
und frische Luft.<br />
Das Krankheitsgeschehen verschlechternd<br />
wirken jegliche psychisch-emotionale Belastungen,<br />
Kälte,<br />
Gewitter, Wetterwechsel,<br />
Dä m mer ung,<br />
Trinken und<br />
jede Art von<br />
geistiger Anstrengung.<br />
Nun möchte<br />
ich Ihnen noch<br />
... unserem kleinen Racker geht’s wieder gut<br />
einen kleinen<br />
Phosphorus–<br />
Fall aus meiner Praxis vorstellen.<br />
Die Geschichte eines kleinen Hundes:<br />
Schon als die Türe auf geht, werde ich stürmisch<br />
und schwanzwedelnd von einem jungen<br />
Hund begrüßt. Er freut sich richtig und lässt<br />
mich erst gar nicht eintreten. Im Wohnzimmer<br />
angekommen, schleppt er freudestrahlend<br />
sein Lieblingsspielzeug an und will mit<br />
mir spielen.<br />
Viel Zeit bleibt für eine Anamnese nicht, denn<br />
der Kleine hält einen ganz schön auf Trab<br />
und möchte immer im Mittelpunkt des Geschehens<br />
stehen.<br />
Vom äußeren Erscheinungsbild her ist er ein<br />
zarter, hübscher Hund und wirkt noch richtig<br />
welpenhaft, obwohl er schon 5 Monate alt ist.<br />
Im Wurf war er der Kleinste.<br />
37
38<br />
das grossE polychrEst phosphorus<br />
Zudem ist er ein kleiner Angsthase, entwickelt<br />
seit einiger Zeit immer mehr Ängste und versteckt<br />
sich dann bei seinen Besitzern. Doch<br />
oft gewinnt auch seine Neugier.<br />
Sein Problem entpuppt sich als weniger<br />
dramatisch. Er leidet seit einigen Tagen an<br />
Durchfall, aber sonst geht es ihm gut. Der Kot<br />
ist sehr weich und manchmal sogar richtig<br />
dünnflüssig. Der Durchfall stinkt sehr stark.<br />
Symptome (siehe Grafik):<br />
Ich entschied mich für eine Gabe Phosphor.<br />
Rückmeldung der Besitzer:<br />
„Unserem kleinen Racker geht es wieder richtig<br />
gut!“<br />
das lIcht In dEr dunKElhEIt<br />
Der Durchfall ist komplett weg, und er entwickelt<br />
sich gut. Auch seine Ängstlichkeit ist<br />
besser geworden.<br />
Quellen:<br />
Homöopathische Arzneimittellehre (Phatak)<br />
Konkordanz der Materia Medica (Frans Vermeulen)<br />
Praxisleitfaden Tierhomöopathie (Christiane<br />
P. Krüger)<br />
Die homöopathische Behandlung und Heilung<br />
von Krebs und metastasierter Tumore (Dr.<br />
med. Jens Wurster)<br />
Kindertypen (Frans Kusse)<br />
Stefanie Hofmann<br />
Tierheilpraktikerin<br />
Klassische Tierhomöopathin<br />
www.tiere-homoeopathie.de<br />
info@tiere-homoeopathie.de
I n<br />
hoMöopathIschE dIssErtatIon In dEr vEtErInärMEdIzIn:<br />
EInE rEIsE zuM rIchtIgEn arznEIMIttEl?<br />
der Klinik für Rinder in Hannover läuft<br />
seit gut einem Jahr eine Dissertation über<br />
den Einsatz homöopathischer Arzneien bei<br />
Durchfall neugeborener Kälber. Obwohl die<br />
Rinderklinik dem Einsatz homöopathischer<br />
Arzneimittel sehr skeptisch gegenüberstand,<br />
war es dennoch möglich, diese Studie durchzuführen.<br />
Für die Studie wurde ein großer Milchviehbetrieb<br />
ausgesucht, der seit einiger Zeit mit dem<br />
Krankheitsbild des Durchfalls bei neugeborenen<br />
Kälbern kämpfte. Der Betrieb umfasst<br />
ungefähr 2600 Milchkühe und 600 Kälber.<br />
Jeden Tag werden ca. 5 – 10 Kälber geboren.<br />
Am Ende der ersten Lebenswoche tritt bei fast<br />
jedem Kalb Durchfall auf.<br />
Die Ursache für die Erkrankung ist schnell<br />
gefunden: Cryptosporidium parvum, ein<br />
einzelliger Parasit, der schulmedizinisch<br />
aufwendig zu behandeln und auch durch Hygienemanagement<br />
nicht leicht in den Griff zu<br />
bekommen ist.<br />
Die homöopathische Studie umfasst ca. 120<br />
Kälber dieses Betriebs. Dazu wurden die Kälber<br />
die ersten zwei Wochen ihres Lebens tierärztlich<br />
begleitet. Bei den ersten Anzeichen<br />
eines Durchfallgeschehens wurde im Doppelblindverfahren<br />
– d.h. dass niemand weiß,<br />
ob ein Verum gegeben wurde – nach dem Zufallsprinzip<br />
ein homöopathisches Arzneimittel<br />
oder ein Placebo („placebo-kontrollierte<br />
Studie“) verabreicht und der Durchfall und<br />
seine Heilung weiterhin beobachtet.<br />
Mit diesem Studienaufbau sind alle wichtigen<br />
Standards für eine wissenschaftliche Studie<br />
erfüllt.<br />
Nur: entspricht dieses Studiendesign homöopathischen<br />
Behandlungsstandards? Zeichnet<br />
sich die Homöopathie nicht durch ihre indivi-<br />
MIMI hornIg<br />
duelle Arzneimittelfindung für jedes einzelne<br />
Tier oder jeden einzelnen Mensch aus? Orientiert<br />
man sich in der Homöopathie doch an<br />
den Symptomen und nicht an der Diagnose?<br />
Es musste also eine Kompromiss<br />
gefunden werden.<br />
In Vorversuchen wurden einige Kompromisse<br />
ausprobiert. Es gab zum Beispiel die Überlegung,<br />
ob nicht doch alle Kälber dieselben<br />
Symptome zeigen und somit alle nur ein<br />
Arzneimittel benötigen. Es ist unter Tierärzten,<br />
die Rinder- oder Schafherden betreuen,<br />
ein offenes Geheimnis, dass innerhalb einer<br />
Herde ein homöopathisches Arzneimittel proportional<br />
häufiger vorkommt als andere. Das<br />
kann man ungefähr mit Berufsgruppen bei<br />
Menschen vergleichen. Im Managerbereich<br />
wird es proportional mehr Lycopodium-Patienten<br />
geben als unter Krankenschwestern,<br />
und Beamte benötigen vielleicht eher mal<br />
Arsenicum album als Künstler.<br />
Mit dieser Prämisse wurden also die Symptome<br />
des Durchfalls der einzelnen Kälber<br />
untersucht.<br />
Was rauskam: der Durchfall ähnelte sich und<br />
ähnelte sich doch wieder nicht. Er war gelb,<br />
flüssig wie Wasser, und er trat bei „Kleinkindern“<br />
auf.<br />
Aber weiterhin unterschieden sich die Symptome<br />
doch sehr: die einen Kälber hatten Flatus,<br />
die anderen nicht, bei den einen Kälbern<br />
spritzte der Durchfall nur so hinaus (Hydrantenstuhl),<br />
bei anderen lief der Kot einfach die<br />
Beine hinunter. Einige Kälber hatten gerötete<br />
Ani, bei anderen war der Anus erschlafft, andere<br />
hatten Bauchweh, und wiederum einige<br />
waren vom Flüssigkeits- und Elektrolytverlust<br />
39
40<br />
hoMöopathIschE dIssErtatIon In dEr vEtErInärMEdIzIn:<br />
EInE rEIsE zuM rIchtIgEn arznEIMIttEl?<br />
so geschwächt, dass man Infusionen geben<br />
musste. So kam man also nicht weiter.<br />
Ein anderer Ansatz war, das Genius epidemicus<br />
in der Herde zu finden.<br />
Hahnemann hat diesen Begriff geprägt, er beschreibt<br />
ihn und die Anwendung im § 102 des<br />
Organons. Er behandelte bei Ausbrüchen von<br />
Epidemien das Charakteristische der Seuche.<br />
So nutzte Hahnemann zur Fleckfieberbehandlung<br />
hauptsächlich drei Arzneimittel: Bryonia,<br />
Rhus-tox und Hyoscyamus abhängig vom Stadium<br />
des Krankheitsgeschehens.<br />
Im Stall kann nun anhand der ähnlichen Umweltbedingungen<br />
(Haltung, Fütterung, Klima,<br />
Pflege, Genetik) bei gleichartiger Erkrankung<br />
mit mehr oder weniger gleichen Symptomen<br />
ein einheitliches Mittel gefunden werden –<br />
theoretisch. Es konnte kein Genius epidemicus<br />
gefunden werden.<br />
Im Vorversuch wurden einige Arzneimittel<br />
ausprobiert. Ein geeignetes zu finden, war<br />
schwierig. Unter anderem wurden die Bowel-<br />
Nosoden angewendet, eine BVD Impf-Nosode<br />
(Bovine Virus Diarrhoe – vielen Dank an Dr.<br />
Christiane Krüger für die Herstellung).<br />
Schließlich drängte die Zeit, und für den eigentlichen<br />
Versuch mussten nun Arzneimittel<br />
ausgewählt werden. Man einigte sich auf<br />
die wahrscheinlichsten drei Arzneimittel in<br />
der Hoffnung, dass – wenn schon nicht ein<br />
100%iger Heilerfolg eintritt – es zumindest zu<br />
einer Linderung der Symptome kommt.<br />
So wurden schließlich ausgewählt:<br />
1. Acidum-phosphoricum C 30<br />
Begründung: In den Vorversuchen half<br />
das Arzneimittel in 40% der Fälle, einer<br />
der höchsten Prozentsätze der getesteten<br />
Arzneien.<br />
2. Arsenicum album C 30<br />
Begründung: Arsenicum album gilt<br />
als eines DER Arzneimittel bezüglich<br />
Durchfall bei Kleinkindern. Arsenicum<br />
wurde schon in anderen, ähnlichen<br />
Studien angewendet. Zudem war<br />
es bei der Repertorisierung immer an<br />
einer der vordersten Stellen.<br />
3. Pulsatilla C 30<br />
Begründung: nach der Kollitsch-Methode<br />
(Danke an Dr. Peter Andresen<br />
für die miasmatische Auswertung) lag<br />
Pulsatilla bzgl. der gesammelten Symptome<br />
an Platz 1.<br />
Die Arzneimittel wurden vom Labor <strong>Gudjons</strong><br />
hergestellt. Jedes Kalb bekam drei Globuli einer<br />
der oben genannten 3 Arzneien (oder Placebo)<br />
in Wasser aufgelöst einmalig ins Maul.<br />
Eine Auswertung der gesammelten Daten steht<br />
noch aus.<br />
Aber egal, wie die Ergebnisse aussehen werden,<br />
es ist schon als Erfolg zu werten, dass<br />
homöopathische Dissertationen mittlerweile<br />
an rein schulmedizinisch wirkenden Universitäten<br />
in die Forschung mit einbezogen werden.<br />
Mimi Hornig<br />
Tierärztin<br />
Robert-Koch-Str.1<br />
95032 Hof
I n<br />
dIE bEhandlung EInEr FEstlIEgEndEn Kuh<br />
MIt KlassIschEr hoMöopathIE nach saMuEl hahnEMann<br />
meiner Praxis für klassische Tierhomöopathie<br />
habe ich mich im Lauf der Zeit auf<br />
die Behandlung von Nutztieren spezialisiert.<br />
Gerade in der Landwirtschaft hält die klassische<br />
Homöopathie immer mehr Einzug, da<br />
der konventionelle Weg zur Heilung oftmals<br />
langsamer und<br />
mit vielen Auflagenverbunden<br />
ist. Tiere<br />
in Biobetrieben<br />
dür fen auch<br />
auf Grund der<br />
gesetzlichen<br />
Grundlage nicht<br />
unbedingt mit<br />
Antibiotika<br />
oder anderen<br />
konventionellen<br />
Arzneimitteln<br />
behandelt werden<br />
und wenn,<br />
müssen drastische<br />
Auflagen<br />
erfüllt sein.<br />
Der sanfte Weg<br />
der Heilung mit<br />
dem Einsatz homöopathischer<br />
A r z n e i m i t t e l<br />
unter Einbezug von Körper, Geist und Seele<br />
bringt sehr oft eine schnelle Heilung, welche<br />
mit der richtigen Anwendung und dem richtigen<br />
Arzneimittel erzielt wird.<br />
Ein Fallbeispiel:<br />
Eine Kuh wurde gedeckt im Natursprung auf<br />
einem Biobetrieb. Sie wurde trächtig und hat<br />
thoMas hoFMann<br />
die gesamte Tragezeit ihre gute Milchleistung<br />
beibehalten. Nach 6 Monaten Tragezeit wurde<br />
die Kuh trocken gestellt, d.h., sie wurde<br />
nicht mehr gemolken, damit sie sich erholen<br />
konnte von der erschöpfenden Milchleistung,<br />
und ihr Körper so die notwendigen Mineralien<br />
nun ganz der<br />
Entwicklung<br />
des Kalbes zur<br />
Verfügung stellen<br />
konnte. Gerade<br />
diese Zeit<br />
ist sehr wichtig,<br />
da sich die Sinne<br />
des Kalbes<br />
auf die Mutter<br />
einstellen und<br />
die letzte Entwicklung<br />
der<br />
Organe, der<br />
Knochen und<br />
des Felles vollendet<br />
wird.<br />
Nach genau 9<br />
Monaten kam<br />
das Tier in eine<br />
sogenannte Separationsbox<br />
zur Kalbung,<br />
damit diese in<br />
ungestörter natürlicher Atmosphäre stattfinden<br />
konnte. Hier zeigte die Kuh die ersten<br />
Auffälligkeiten. Bei der Umstallung war sie<br />
skeptisch, fand zunächst keine Ruhe und wollte<br />
ihr Futter nicht aufnehmen. Sie begann zunehmend<br />
an einem Natursalzstein zu lecken,<br />
versuchte auch, stückweise Salz abzubeißen.<br />
Der Appetit wurde deutlich weniger, was der<br />
41
42<br />
dIE bEhandlung EInEr FEstlIEgEndEn Kuh<br />
MIt KlassIschEr hoMöopathIE nach saMuEl hahnEMann<br />
Landwirt zunächst der herannahenden Geburt<br />
zuschrieb. Die Kuh brüllte 2 Tage nach<br />
der Herde, die zwar in Sichtweite war, aber<br />
sie konnte den Kontakt zu ihren Artgenossen<br />
nicht halten. Das Euter begann zu wachsen,<br />
der Geburtsweg bereitete sich vor mit einer<br />
großen, ausgeprägten Schwellung. Das Euter<br />
schwoll so stark an, dass die Schwellung bis<br />
zum Hals reichte. Die Kuh stand unter strenger<br />
Beobachtung, da sich der Geburtstermin<br />
näherte.<br />
Am Tag des Geburtstermines wurde die Kuh<br />
unruhig, fühlte sich beobachtet und gestört,<br />
sobald jemand den Stall betrat und wechselte<br />
oft den Platz. Als sie unbeobachtet war, kalbte<br />
die Kuh, nahm ihr Kalb an, indem sie es<br />
trocken leckte und versorgte es mit Kolostralmilch.<br />
Das Kalb hat an der Mutter gesaugt.<br />
Als der Landwirt den Stall betrat und das Kalb<br />
in Obhut nahm, setzte er es von der Mutter ab<br />
und brachte es in den Kälberaufzuchtstall. Die<br />
junge Mutter wollte sich nicht trennen, verteidigte<br />
zunächst das Kalb und brüllte dem Kalb<br />
hinterher. Sie verblieb noch in der Separationsbox,<br />
wurde ab diesem Moment gemolken<br />
und war getrennt von ihrem Kalb.<br />
Sie stellte das Fressen ein. Am Folgetag lag sie<br />
wie versteinert in der Box und konnte nicht<br />
mehr aufstehen. Eigentümlich hierbei war<br />
eine besondere Schwäche der Hinterhand,<br />
indem sie mit beiden Hinterbeinen rückwärts<br />
gerichtet wegrutschte und nicht mehr<br />
zum Stehen kam.<br />
Sie lag also fest! Festliegen ist die Krankheitsbezeichnung<br />
für Kühe, die nach der Geburt<br />
nicht mehr aufstehen können. Hierfür gibt es<br />
natürlich unzählige Ursachen, in den meis-<br />
ten Fällen wird von einer Gebärparese oder<br />
dem sogenannten Milchfieber ausgegangen,<br />
das auf einem akuten Calciummangel basiert.<br />
Nicht aber in diesem Fall! Der Landwirt holte<br />
den Tierarzt, dieser gab klassisch Calcium,<br />
Phosphor und Glucose als Infusion, die Kuh<br />
konnte dennoch nicht aufstehen und hatte<br />
das Interesse an Ihrer Umwelt verloren. Die<br />
Schwellung des Euters nahm weiter zu, sodass<br />
sich das Gewebswasser bis zum Hals staute.<br />
Nachdem der Landwirt zusammen mit dem<br />
Haus- und Hoftierarzt keinen Rat mehr wusste,<br />
konsultierte er mich telefonisch und schilderte<br />
mir den oben genannten Fall.<br />
Die Symptome zur Arzneimittelfindung waren:<br />
– Schwellung des Brustgewebes (Euterschwellung)<br />
– Trennung vom Kalb mit darauffolgender<br />
Verschlechterung des psychischen<br />
und körperlichen Zustandes<br />
– Erstarrung des Körpers durch Trennungsschmerz<br />
– Verlust des Kindes<br />
– stiller Kummer<br />
– Appetitverlust<br />
– Heißhunger auf Salz<br />
– Durst- und Appetitlosigkeit<br />
– Schwäche der Hinterbeine<br />
– instinktive gute Muttergefühle<br />
Im Repertorium konnte ich nach Übersetzung<br />
der tierischen Symptome in „Repertoriumsprache“<br />
genau 2 Arzneimittel finden, welche<br />
genau diesen Zustand beschrieben.<br />
Das erste Mittel, das in Frage kam, war Apis<br />
mellifica, welches in der Potenz C 30 2 mal<br />
3 Globuli im Abstand von 30 Minuten ver-
dIE bEhandlung EInEr FEstlIEgEndEn Kuh<br />
MIt KlassIschEr hoMöopathIE nach saMuEl hahnEMann<br />
abreicht wurde. Daraufhin wurde die Kuh<br />
wacher, sie wurde äußerlich warm, bekam<br />
Durst und begann mit dem Fressen von Heu.<br />
Auch die Wiederkautätigkeit kam zurück, so<br />
daß der Verdauungsstillstand aufgehoben war.<br />
Die Kuh unternahm Aufstehversuche, kam<br />
aber nach wie vor nicht zum Stehen. Auffällig<br />
war die Schwäche der Hinterbeine und<br />
ihr Misstrauen. Also wurde der Fall erneut<br />
telefonisch besprochen und das Augenmerk<br />
auf die Besserung durch Apis gerichtet, welches<br />
noch einmal wiederholt gegeben wurde.<br />
Aber der Zustand veränderte sich nicht. In der<br />
Arzneimittellehre findet man unter Apis den<br />
Querverweis auf Natrium muriaticum, welches<br />
auch alle o.g. Symptome enthält, insbesondere<br />
den stillen Kummer, den Trennungsschmerz<br />
und die Schwäche der Hinterbeine,<br />
die Schwellungen.<br />
Die Kuh erhielt noch am gleichen Tag Natrium<br />
muriaticum C 200 zwei mal drei Globuli im<br />
Abstand von 30 Minuten einmalig mit dem Ergebnis,<br />
dass sie genau 20 Minuten nach der<br />
zweiten Gabe aufstehen konnte. Ihr Kreislauf<br />
stabilisierte sich rasch, so daß die Kuh bereits<br />
wenige Stunden danach in Ihre Herde zurück<br />
integriert werden konnte.<br />
Thomas Hofmann<br />
Praxis für klassische Tierhomöopathie<br />
Leuzendorf 16<br />
97496 Burgpreppach<br />
43
44<br />
E ine<br />
das KaspErlE-pFErd IM rEItstall<br />
11-jährige Holsteiner Stute war Schulpferd<br />
in einem Reitstall. Leider war sie<br />
wegen ihrer Schusseligkeit und Nervosität<br />
nicht für jeden Reitschüler einsetzbar.<br />
Da die homöopathische Therapie bei Tieren<br />
vor circa 30 Jahren noch etwas ganz Eexotisches<br />
darstellte, wollte mich die Reitlehrerin<br />
einmal so richtig austesten und bat mich, die<br />
Stute für den Reitunterricht wieder tauglich<br />
zu machen.<br />
Bei der Erstuntersuchung fand ich eine grobknochige,<br />
große Stute vor. Die Unterkieferäste<br />
waren auffallend groß und die Hinterhand<br />
überhöht. Außer gelegentlichen Rückenbeschwerden,<br />
bei denen sie dem Satteldruck<br />
auszuweichen versuchte, fand ich keine weiteren<br />
klinisch-pathologischen Befunde.<br />
Eine der Reiterinnen beurteilte die Stute als<br />
freundlich und lieb auch Fremden gegenüber.<br />
Der Gesichtsausdruck sei milde und sie wäre<br />
sehr verschmust. Im Allgemeinen sei sie arbeitswillig,<br />
wäre aber, wenn der Reitunterricht<br />
wieder einmal zu monoton wäre, sehr<br />
unkonzentriert. Dann mache sie Fehler, die<br />
sie aber nicht zu korrigieren versuche, sondern<br />
von da ab spiele sie den Kasper und<br />
mache alles „bewusst“ falsch. Mochte der<br />
Reiter einmal etwas anderes machen, worauf<br />
sie aber keine Lust hatte, dann sei sie richtig<br />
zickig und eigensinnig.<br />
In der Halle war sie ruhig und gelassen, in<br />
Prüfungssituationen aber etwas zappelig und<br />
unsicher und steigerte sich immer mehr in<br />
die Situation hinein. Auch im Gelände war sie<br />
sehr nervös und selbst von der Reitlehrerin<br />
wegen ihrer Schreckhaftigkeit kaum zu beherrschen.<br />
Es musste kein großer, entgegenkommender<br />
Traktor sein, vor dem sie Angst hatte, nein,<br />
dr. vEt. bErnd hornIg<br />
selbst ein kleiner, flatternder Plastikstreifen<br />
auf dem gewohnten Ausritt konnten bei ihr<br />
eine Panik auslösen.<br />
In der Herde selbst gehörte sie nicht zu den<br />
alpha-Tieren, sondern eher ins Mittelfeld. Obwohl<br />
sie sich eher mit rangniedrigeren Tieren<br />
abgab, wurde sie wegen ihrer Körpermasse<br />
und ihrer Dickköpfigkeit respektiert.<br />
Das war meine Anamnese und die gab einiges<br />
für eine Repertorisierung her:<br />
• Angst vor Prüfungsaufgaben und dem<br />
Versuch, bei Versagen den Kasper zu<br />
spielen und das Missgeschick ins Witzige<br />
zu ziehen, um sich so die Sympathie<br />
des Reiters zu versichern<br />
• lieb, verschmust<br />
• sicher und ausgeglichen in bekannter<br />
Umgebung, aber ängstlich vor Unbekanntem<br />
• große, grobknochige Stute<br />
• B-Stute mit der Neigung, sich mit rangniedrigeren<br />
Tieren zu befreunden und<br />
gut zu stellen<br />
Im Repertorium RADAR fand ich folgende<br />
Rubriken:<br />
Gemüt – Furcht – ausgelacht und verspottet<br />
zu werden:<br />
calc.<br />
Gemüt – Liebkost zu werden; Liebkosungen<br />
– Verlangen, liebkost, gestreichelt<br />
zu werden:<br />
ara-maca. calc. cann-i. carc. cypra-eg. heroin.<br />
lac-mat. marb-w. ol-eur. olib-sac. phos.<br />
Podo. puls. sacch. Tritic-vg.<br />
Gemüt – Furcht – Unbekanntem; vor:<br />
ars. aur. brom. calc. carc. lach. lyc. med.<br />
morg. oxyg. sacch. stram. tarent. tub. vanil.
das KaspErlE-pFErd IM rEItstall<br />
Gemüt – Erschreckt leicht – Kleinigkeiten,<br />
über:<br />
am-c. am-m. ang. ant-t. arn. bar-c. borx.<br />
bufo calc. calen. caust. hyper. kali-ar. KALI-<br />
C. kali-i. kali-s. kiss. Lach. Lyc. merc. mez.<br />
Nit-ac. nux-v. Phos. psor. rhus-t. sacch-a.<br />
sep. sumb.<br />
Gemüt – Tiere – liebt Tiere, Tierliebe –<br />
schwächere Tiere:<br />
calc.<br />
(im KENT heißt die Rubrik sinngemäß: spricht<br />
mit Dienern)<br />
Die Stute erhielt nun Calc. carb. D 200<br />
Nach wenigen Tagen berichteten die Reitlehrerin<br />
und deren Schülerinnen, dass die Stute<br />
nun konzentrierter bei der Arbeit wäre. Außerdem<br />
wäre sie ausgeglichener und würde<br />
weniger beim Ausreiten erschrecken.<br />
Nach einigen Monaten wurde der Reitstall von<br />
einem Hustenvirus heimgesucht.<br />
Während die Pferde, die von einem schulmedizinisch<br />
Kollegen behandelt wurden, nur<br />
sehr langsam Genesungsfortschritte machten,<br />
erholte sich die homöopathische Fraktion<br />
vergleichsweise schnell und gut. Unsere<br />
Stute hatte eine akute Tracheobronchitis mit<br />
kostoabdominaler Atmung, beidseits wässrigserösem,<br />
nicht reizendem Nasenausfluss und<br />
einem Husten in Bewegung und in nasser Luft.<br />
Unterschiedliche Homöopathika bewirkten<br />
über sechs Wochen wohl eine Linderung, aber<br />
keine Heilung. Diese trat erst ein, als die Stute<br />
eine Dosis ihres Konstitutionsmittels Calc.<br />
carb. in der D 200 erhielt.<br />
Kehlkopf und Trachea – Entzündung – Trachea<br />
Nase – Absonderung – schleimig<br />
Nase – Absonderung – wäßrig<br />
Husten – Bewegung – agg.<br />
Husten – Wetter – nassem Wetter, bei – agg.<br />
Sechs Monate später begannen die Angstsymptome<br />
wieder aufzutreten. Zusätzlich hatte<br />
sich eine intrakutane Hautverhärtung in der<br />
Sattellage entwickelt. Diesmal erhielt die Stute<br />
eine Gabe Calc. carb. LM 30. Zwei Wochen<br />
später waren die Verhärtungen deutlich zurückgegangen.<br />
Wegen der wiederkehrenden Erkrankungen<br />
hatte nun aber die Reitlehrerin „die Nase voll“<br />
und wollte ein gesünderes und vor allem intelligenteres<br />
Pferd kaufen. Durch einen Kollegen<br />
wurde deshalb 14 Tage später eine Ankaufsuntersuchung<br />
durchgeführt. Dabei konnten<br />
weder Atemwegs- noch Hautveränderungen<br />
festgestellt werden; lediglich eine geringgradige<br />
verkürzte Stützbeinphase während der<br />
ersten fünf Schritte nach einer Beugeprobe<br />
wurde diagnostiziert.<br />
Leider war durch diese Besitzerentscheidung<br />
keine Chance mehr für die Gabe einer M- oder<br />
XM-Potenz gegeben.<br />
Dr. vet. Bernhard Hornig<br />
Robert-Koch-Str. 1<br />
95032 Hof<br />
45
46<br />
D ie<br />
hoMöopathIschE stErbEbEglEItung bEI tIErEn<br />
Lebensspanne der Haus- und Nutztiere<br />
ist um ein Vielfaches kürzer als<br />
die des Menschen. Als Homöopathen für Tiere<br />
begegnen wir in unserer Praxis dem Thema<br />
Sterben und Tod also zwangsläufig häufiger<br />
als es bei Human-Homöopathen der Fall ist.<br />
Es sei denn, sie haben sich auf die homöopathische<br />
Sterbebegleitung spezialisiert.<br />
Wir begegnen dem Tod bei Nutztieren als<br />
Patienten, die<br />
wir behandeln,<br />
wohl wissend,<br />
dass sie in<br />
wenigen Wochen,<br />
Monaten<br />
oder Jahren<br />
geschlachtet<br />
werden. Wir<br />
begegnen ihm<br />
bei Kleintieren<br />
mit Lebenserwartungen<br />
von wenigen<br />
Jahren und wir<br />
begegnen ihm<br />
bei alten Hunden,<br />
Katzen und<br />
Pferden, die am<br />
Lebensende<br />
vom Tierarzt<br />
eingeschläfert<br />
werden.<br />
Wenn ein Haustier eingeschläfert wird,<br />
hört man häufig den Satz „Gott sei Dank! Ein<br />
Tier kann man erlösen. Bei Menschen geht<br />
das ja leider nicht.“ Selten allerdings sagt<br />
dies der Tierhalter selbst. Die meisten Tierhalter<br />
empfinden es als belastend, über den<br />
sabInE MüllEr<br />
Tod ihres geliebten Haustieres entscheiden<br />
zu müssen. Ja, das Tier ist alt, es ist krank,<br />
es kann nicht mehr all das machen, was es<br />
noch vor ein oder zwei Jahren machen konnte.<br />
Doch es ist auch noch Lebensqualität da: Die<br />
Freude an einem warmen Sonnenplätzchen,<br />
an der Kuschelstunde mit dem Besitzer, am<br />
Lieblingsfutter. Ab wann ist das Leben nicht<br />
mehr lebenswert?<br />
In einer solchen<br />
Situation<br />
suchen manche<br />
Tierbesitzer<br />
die Begleitung<br />
durch einen<br />
Tierhomöopathen.<br />
Zum<br />
einen hilft die<br />
homöopathische<br />
Therapie,<br />
die Lebensqualität<br />
auch sehr<br />
alter und sehr<br />
kranker Tiere<br />
noch deutlich<br />
zu verbessern,<br />
zum anderen<br />
ist jemand da,<br />
mit dem man<br />
über die Ängste<br />
und Fragen zum<br />
Sterben und<br />
Tod sprechen<br />
kann. Denn aus unserem öffentlichen Leben<br />
ist das Sterben weitgehend verschwunden.<br />
Der natürliche Vorgang, den jedes Tier und<br />
jeder Mensch am Ende des Lebens durchläuft,<br />
ist den meisten von uns nicht mehr vertraut.<br />
Stattdessen haben wir Bilder davon im Kopf.<br />
In zwei Monaten feiert der Doggenmischling seinen<br />
zwölften Geburtstag. Für einen so großen Hund hat<br />
er ein sehr hohes Alter erreicht.
hoMöopathIschE stErbEbEglEItung bEI tIErEn<br />
Je nach Naturell eher idealisierende oder eher<br />
furchterregende Bilder.<br />
Das Sterben<br />
Hunde und Katzen sterben ähnlich wie wir<br />
Menschen. Im fortgeschrittenen Alter wird<br />
der Körper nach und nach schwächer. Die<br />
Tiere ruhen viel, können aufgenommene<br />
Nahrung nicht mehr gut verwerten, magern<br />
ab und werden steif und unbeweglich.<br />
In den Tagen und Wochen vor dem Tod<br />
wird die Nahrungsaufnahme häufig verweigert,<br />
allerdings gibt es auch Tiere, zum Beispiel<br />
Labradore, die bis zum Schluss fressen,<br />
die Nahrung aber schließlich nicht mehr bei<br />
sich behalten können. Wasser wird oft noch<br />
angenommen, gelegentlich auch abgelehnt.<br />
Der Wasserhaushalt gerät aus dem Gleichgewicht,<br />
der Körper trocknet aus oder es kommt<br />
zu Wassereinlagerungen, zum Beispiel im<br />
Bauch oder in der Lunge. Manche Tiere verlieren<br />
die Ruhe und die Orientierung. Einige<br />
haben den Drang, stundenlang umherzulaufen.<br />
Diese Ruhelosigkeit kann motorisch oder<br />
auch psychisch bedingt sein.<br />
In den letzten Tagen und Stunden treten<br />
Phasen auf, in denen die Tiere vorübergehend<br />
nicht mehr bei Bewusstsein zu sein scheinen,<br />
manche jammern und winseln. Auch<br />
Zuckungen und Fieberschübe kommen vor.<br />
Kurz vor dem Übergang verändert sich die<br />
Atmung, wird flacher und ungleichmäßiger.<br />
Die Atmung setzt zeitweise aus, dann wieder<br />
schnappen die Tiere nach Luft. Nach dem letzten<br />
Ausatmen erlöschen nach und nach alle<br />
Körperfunktionen. Etwa 20-30 Minuten nach<br />
dem letzten Atemzug wird das Tier von den<br />
meisten Menschen als tot, als „leere Körperhülle“<br />
empfunden.<br />
Der Sterbevorgang bei Tieren, die als reine<br />
Pflanzenfresser und als Flucht- und Beutetiere<br />
angelegt sind, wie Pferde oder Kaninchen, unterscheidet<br />
sich etwas davon. Sowohl Pferde<br />
als auch Kaninchen haben einen stark spezialisierten<br />
Verdauungstrakt, der auf das Vergären<br />
von Pflanzenteilen ausgelegt ist. Damit die<br />
Verdauung funktioniert, sind sie auf regelmäßige<br />
Nahrungsaufnahme angewiesen. Wenn<br />
im Sterbeprozess keine Nahrung mehr aufgenommen<br />
und vom Körper verarbeitet werden<br />
kann, führt das bei manchen Tieren zu ausgesprochen<br />
schmerzhaften Koliken. Auch scheinen<br />
Flucht- und Beutetiere das Sterben und<br />
den Tod als „Beutegreifer“ zu empfinden. Die<br />
Furcht- und Abwehrreaktionen können eindrucksvoll<br />
sein: Manche Kaninchen schreien<br />
und versuchen, zu fliehen. Auch entsteht der<br />
Eindruck der leeren Körperhülle gelegentlich<br />
schon kurz nach dem letzten Ausatmen.<br />
Die oben beschriebenen Stadien des Sterbeprozesses<br />
werden im Prinzip ebenso bei<br />
einem plötzlichen Tod als Beute, durch einen<br />
Unfall oder durch Einschläfern durchlaufen,<br />
nur eben sehr viel schneller. Oft hört und sieht<br />
man auch bei einem plötzlichen Tod Stöhnen,<br />
Zuckungen der Gliedmaßen, Hautmuskelzucken<br />
und Luftschnappen.<br />
Beispiele aus der Sterbebegleitung<br />
Im ersten Jahr meiner Praxis rief mich eine<br />
Bekannte an. Ihr elfjähriger Sohn hatte eine<br />
weibliche Ratte namens Winky, um die er sich<br />
voller Hingabe kümmerte. Winky war 2 ¾ Jahre<br />
alt, die Tierärztin hatte Nierenversagen diagnostiziert<br />
und Winky lag im Sterben. Meine<br />
Bekannte und ihr Sohn wollten die Ratte nicht<br />
einschläfern lassen und hatten sie mit in den<br />
Urlaub genommen. Und nun lag sie da, am<br />
47
48<br />
hoMöopathIschE stErbEbEglEItung bEI tIErEn<br />
Kopfende des Bettes, in dem der Sohn schlief,<br />
und konnte nicht leben und nicht sterben. Ob<br />
ich ein Mittel wüsste?<br />
Ich machte eine telefonische Anamnese<br />
und sie berichteten viele Symptome. Unter<br />
anderem war Winky inkontinent, ihr fielen<br />
die Krallen aus und sie wollte es gerne warm<br />
haben. Sie war ruhig und schlief oder döste<br />
die meiste Zeit. Ich verschrieb Arsen C30 eine<br />
einmalige Gabe.<br />
Am nächsten<br />
Tag rief<br />
m ich mei ne<br />
Bekannte an:<br />
„Gestern früh<br />
hat sie Arsen<br />
bekommen. Es<br />
geht ihr jetzt<br />
sehr schlecht.<br />
Sie hat zuletzt<br />
gestern ein bisschen<br />
Apfelbrei<br />
gefressen. Sie<br />
hat angefangen<br />
zu zittern, besonders die Hinterläufe und die<br />
Pfötchen. Heute früh zwischen 5 und 6 Uhr<br />
war sie ganz unruhig. Das dauerte etwa eine<br />
Stunde. Sie hat mit dem Kopf gewühlt und ihn<br />
hin- und her geworfen.“<br />
Arsenicum angezeigt scheint, aber nicht hilft,<br />
kann Tarentula das Mittel der Wahl sein.“ So<br />
verschrieb ich Tarentula C30.<br />
Am nächsten Tag ruft meine Bekannte an:<br />
„Es geht wieder aufwärts mit ihr. Das Fell sieht<br />
viel schöner aus und sie sieht aus, als hätte<br />
sie sich die ganze Nacht geputzt. Sie pinkelt<br />
wieder normal und hat auch so etwas Ähnliches<br />
wie Ködel abgesetzt. Sie trinkt und hat<br />
sogar ein bisschen gefressen. Ab und zu geht<br />
sie umher, und<br />
sie putzt sich.<br />
Es sieht aus, als<br />
hätte sie sich<br />
entschieden,<br />
weiterzuleben.“<br />
Ähnlich überraschendeWendungen<br />
habe<br />
ich in der Sterbebegleitunginzwischen<br />
schon<br />
häufig erlebt.<br />
Selbst in einem<br />
fortgeschrittenen Stadium des Sterbeprozesses<br />
ist eine Rückkehr möglich, wenn noch<br />
ausreichend Lebenskraft vorhanden ist.<br />
Nach Tarentula C30 erholt sich die kleine Farbratte.<br />
Unter Arsen schreitet der Sterbeprozess<br />
offenbar voran. Winky verweigert die<br />
Nahrung, zittert und ist ruhelos. Allerdings<br />
gefällt mir nicht, dass sie die Ruhelosigkeit<br />
unter Arsen entwickelt und ich überlege, wie<br />
ich weiter vorgehe. Das Wühlen und Hin- und<br />
Herwerfen des Kopfes bringt mich auf Tarentula<br />
hispanica. Außerdem finde ich in der Materia<br />
Medica von Phatak den Hinweis „wenn<br />
Tatsächlich erholt sich Winky. Naturgemäß<br />
wird dies nur ein vorübergehender Zustand<br />
sein, denn Ratten haben eine Lebenserwartung<br />
von 2,5 – 3,5 Jahren. Zwei Monate<br />
später verschlechtert sich ihr Zustand und<br />
sie bekommt erneut eine Gabe Tarentula. Am<br />
Tag nach der Gabe berichtet meine Bekannte:<br />
„Heute morgen war sie ruhig. Sie hat heute<br />
nichts gefressen, wollte auch nicht trinken.<br />
Wir haben ihr nur das Maul befeuchtet. Sie<br />
liegt einfach da und atmet jetzt sehr ruhig und
hoMöopathIschE stErbEbEglEItung bEI tIErEn<br />
regelmäßig. Ihre Pfoten sind kalt.“ Noch am<br />
selben Abend stirbt sie in ruhiger Verfassung.<br />
Die homöopathische Begleitung im Alterungs-<br />
und Sterbeprozess bringt immer wieder<br />
Erleichterung bei belastenden Symptomen.<br />
Der alte Kater Max beispielsweise leidet unter<br />
einer Bauchwassersucht. Der pralle Bauch<br />
drückt auf das Zwerchfell und behindert die<br />
Atmung. Etwa anderthalb Jahre hilft ihm immer<br />
wieder Phosphor. Es stärkt nicht nur seine<br />
Verfassung,<br />
auch der Bauch<br />
wird dünner<br />
und die Atmung<br />
leichter. Erst<br />
drei Wochen<br />
vor seinem Tod<br />
verliert Phosphor<br />
seine positive<br />
Wirkung.<br />
Der Wechsel<br />
z u N a t r iu m<br />
Phosphoricum<br />
bringt wieder<br />
Erleichterung.<br />
Am Abend vor seinem Tod wird er sehr ruhelos.<br />
Eine Riechgabe Arsen C30 beruhigt ihn.<br />
Am Mittag des nächsten Tages stirbt er auf<br />
seinem Liegestuhl in der Sonne.<br />
Homöopathische Therapie<br />
Die homöopathische Verfahrensweise in der<br />
Sterbebegleitung unterscheidet sich nicht von<br />
der üblichen Therapie. Weil der Zustand des<br />
Patienten jedoch recht labil ist, kann sich das<br />
Bild des Krankheitszustands schnell ändern<br />
und damit auch häufigere Arzneimittelwechsel<br />
nötig machen. Dass der Patient über viele<br />
Monate mit nur einer Arznei begleitet wird,<br />
wie in den obigen Beispielen, ist eher selten.<br />
Im Fall einer 17 Jahre alten Hündin war<br />
in den letzten Wochen ein häufiger Wechsel<br />
zwischen Sulfur und Aconitum notwendig.<br />
Sulfur war das Mittel, das ihr in den Jahren<br />
zuvor gute Dienste geleistet hatte. Sie litt unter<br />
einer Hüftgelenksdysplasie und einer Schwäche<br />
der Hinterbeine, später kamen Lähmungen<br />
und ein Tumor im Bauch hinzu. Kurz vor<br />
ihrem Tod gab<br />
es immer wieder<br />
Phasen der<br />
Harnverhaltung,<br />
die durch<br />
Aconitum gelöst<br />
werden konnten.<br />
Daneben<br />
gab es Phasen<br />
der Kotverhaltung,<br />
die auf<br />
Die Bauchwassersucht von Max wird durch Phosphor<br />
deutlich gebessert.<br />
Nux vomica<br />
und Plumbum<br />
reagierten.<br />
Weil die Lebenskraft bei sehr alten Tieren<br />
schwach ist, verwende ich in der Sterbebegleitung<br />
eher niedrige Dosierungen. Selten höher<br />
als eine C30, oft auch Potenzen darunter, die<br />
ich stark verdünne. Nach meiner Erfahrung<br />
können diese „kleinen“ Impulse von der<br />
schwachen Lebenskraft besser heilend umgesetzt<br />
werden.<br />
In der homöopathischen Sterbebegleitung<br />
beim Menschen ist Arsen ein häufig verwendetes<br />
Arzneimittel. Natürlich ist es auch beim<br />
Tier von Nutzen, scheint aber hier nicht ganz<br />
so oft angezeigt zu sein. Tiere quälen sich im<br />
Gegensatz zum Menschen nicht noch zusätz-<br />
49
50<br />
hoMöopathIschE stErbEbEglEItung bEI tIErEn<br />
lich mit ihren Gedanken über das Sterben und<br />
den Tod und sind seltener ängstlich.<br />
Zwar kommt auch bei Tieren Angst und<br />
Unruhe vor, öfter aber sind sie körperlich unruhig<br />
und laufen fast zwanghaft umher. Neben<br />
Arsen sind deshalb auch Rhus toxicodendron<br />
und Tarentula wichtige Arzneien bei Ruhelosigkeit.<br />
Wassersüchtige Zustände, die durch<br />
Herzschwäche verursacht sind, sprechen – je<br />
nach Symptombild – auf Arsen, Kalium carbonicum<br />
oder Apocynum cannabinum an. Bei<br />
Verschleimung der Luftwege mit rasselnder<br />
Atmung hilft unter anderem Antimonium tartaricum.<br />
Prinzipiell kommt nach dem Ähnlichkeitsprinzip<br />
natürlich jedes homöopathische<br />
Arzneimittel in Frage. Einen genaueren Blick<br />
verdienen die Arzneimittel aus der Synthesis-<br />
Rubrik „Allgemeines, Euthanasie“. Hier stehen<br />
unter anderem für mich anfangs unerwartete<br />
Mittel wie Pulsatilla, das mir auch schon<br />
einmal bei einem Hundepatienten mit einer<br />
Verschleimung der Luftwege zum Ende des<br />
Sterbeprozesses nützlich war.<br />
Umgang mit sterbenden Tieren<br />
Tiere lieben Routine. Ein altes, ein sterbendes<br />
Tier fühlt sich geborgen, wenn der Alltag,<br />
soweit möglich, seinen gewohnten Gang geht.<br />
„Sterbezeremonien“, von der Farbdecke über<br />
die Duftkerze bis zur Musikberieselung, werden<br />
das alte Tier eher irritieren, als dass sie<br />
ihm dienlich sind. Es ist schön, wenn alle da<br />
sind, wie immer, wenn alle ihren Tätigkeiten<br />
nachgehen, wie immer, wenn es keine Aufruhr<br />
und keine Tränen gibt. Alles wie immer<br />
– so wünschen es sich die Tiere.<br />
Bei manchen Tieren ändert sich das Bedürfnis<br />
nach Nähe zum Tierhalter. Es gibt<br />
Tiere, die im Alter noch schlechter alleine<br />
bleiben können und es gibt Tiere, die sich<br />
jetzt lieber zurückziehen.<br />
In vielen Fällen wird eine Sterbebegleitung<br />
bei einem Haustier nicht bis zum Tod möglich<br />
sein. Auch bei Tieren können irgendwann Zustände<br />
eintreten, die sie für eine Weile pflegebedürftig<br />
machen. Nur wenige Tierhalter sind<br />
in der Lage, diese Pflege zu organisieren. Für<br />
viele ist das nicht möglich, zum Beispiel, weil<br />
sie berufstätig sind.<br />
Eine gute Lösung ist es, mit dem Tierarzt<br />
zu verabreden, dass dieser im Notfall erreichbar<br />
ist und nach Hause kommt, um das Tier<br />
einzuschläfern. So kann der Tierbesitzer sich<br />
auf den Sterbeprozess einlassen und sehen,<br />
wie weit er mit seinem Tier zusammen gehen<br />
kann und mag. Die Anstrengungen des Sterbens<br />
sind für uns, die wir damit gesellschaftlich<br />
nicht mehr vertraut sind, doch schwer mit<br />
anzusehen.<br />
Natürliches Sterben oder Einschläfern?<br />
Die aktive Sterbebegleitung, also das Einschläfern<br />
des Tieres, kann im Einzelfall eine<br />
sinnvolle Lösung sein. Das ist der Fall, wenn<br />
es für den Besitzer zu belastend ist, den Sterbeprozess<br />
seines Tieres mitzuerleben oder<br />
auch, wenn das Tier nicht ausreichend betreut<br />
werden kann.<br />
Es sind ein paar Dinge zu bedenken: „Einschläfern“<br />
ist ein gern verwendeter Euphemismus<br />
für das Töten des Tieres. Oft geht damit<br />
die Vorstellung einher, die Tötung gleiche einem<br />
„sanften Hinübergleiten“, ähnlich dem<br />
Einschlafen. Die chemischen Verfahren zur
hoMöopathIschE stErbEbEglEItung bEI tIErEn<br />
Tötung führen zu einem Bewusstseinsverlust<br />
mit anschließender Atemlähmung. Das Tier<br />
erstickt und durchläuft dabei in kurzer Zeit<br />
den Sterbeprozess wie ein natürlich sterbendes<br />
Tier. Auch beim Einschläfern können<br />
Abwehrbewegungen, Unruhe, Aufbäumen,<br />
Zucken der Muskulatur und nach Luft schnappen<br />
auftreten.<br />
Tierbesitzer sollten vorab mit dem Tierarzt<br />
über das Tötungsverfahren sprechen. Es muss<br />
absolut sicher sein, dass das Tier vollständig<br />
ohne Körperbewusstsein ist, wenn die Atemlähmung<br />
eintritt. Das Mittel der Wahl ist derzeit<br />
Pentobarbital, das früher beim Menschen<br />
als Schlafmittel verwendet wurde.<br />
Sehr wichtig ist es außerdem, dass der<br />
Tierhalter mit seiner Entscheidung im Reinen<br />
IMprEssuM<br />
ist. Wohlmeinende Dritte drängen nicht selten<br />
zur Eile: „Der quält sich doch nur noch…“.<br />
Der Tierhalter muss jedoch die Gelegenheit<br />
haben, über seine Zweifel zu sprechen und<br />
sich über seine eigenen Gründe zu diesem<br />
Schritt klar zu werden. Sein Tier einzuschläfern,<br />
ohne wirklich überzeugt davon zu sein,<br />
dass dies der beste Weg ist, ist eine erhebliche<br />
seelische Belastung und erschwert den<br />
Trauerprozess.<br />
Einschläfern ist in Ordnung, wenn der<br />
Tierbesitzer es wirklich will und wenn ein<br />
Verfahren gewählt wird, bei dem das Körperbewusstsein<br />
des Tieres ausgeschaltet ist. Bis<br />
es zu dieser Entscheidung gekommen ist, hilft<br />
die homöopathische Begleitung und vielleicht<br />
ist sie ja dann auch gar nicht mehr nötig.<br />
Sabine Müller<br />
Kabenstäh 6<br />
21266 Jesteburg<br />
www.gesundetiere.de<br />
Herausgeber: <strong>Gudjons</strong>-<strong>Apotheke</strong>, Wankelstrasse 1, 86391 Stadtbergen<br />
Tel.: +49 821 4441000 • Fax: +49 821 4441001<br />
e-mail: apotheke@gudjons.com • Internet: www.gudjons-apotheke.de<br />
© Gestaltung: Christian Korn, Walther-Heim-Str. 9a, 86161 Augsburg • www.apanoua.de<br />
Abbildungen: Titelseite, Rücktitel, Seitenstreifen, S. 37, S. 41: MEV,<br />
weitere Abbildungen von den Autoren.<br />
Vol.16 / Nr. 2 – 9/<strong>2012</strong><br />
51
52<br />
lEsErbrIEF<br />
zu dEM artIKEl übEr dIE rohsubstanz dEr arznEI natrIuM MurIatIcuM aus dEM<br />
Sehr geehrte Frau <strong>Gudjons</strong>,<br />
vorIgEn gudJons aKtuEll – KathrIn hErrMann<br />
Ich habe nun von Ihnen im Frühjahr wieder die<br />
kleine Broschüre „<strong>Gudjons</strong> aktuell“ erhalten und<br />
dabei fiel mir der Artikel über das „Natrium muriaticum<br />
hahnemannii“ auf. Vielleicht erinnern<br />
Sie sich, wir sind die Zahnärzte und Heilpraktiker<br />
aus der Stadt mit dem Salz in der Luft: Bad<br />
Dürrenberg. Wir stellen in unserem Verein seit ca.<br />
20 Jahren Haushaltssalz aus der ortseigenen Sole<br />
her. Und deshalb schreibe ich Ihnen.<br />
Herr Wichmann schrieb über das „Natrium<br />
muriaticum und andere Mittel mit unklarer Ausgangssubstanz“.<br />
Ein überaus wichtiges Thema<br />
für mein Empfinden,<br />
zumal der<br />
Vater dieser Prozesse<br />
forderte:“...<br />
machts nach,<br />
aber machts genau<br />
nach!“ Um<br />
nun auf den<br />
Punkt zu kommen,<br />
mir fiel<br />
in Wichmanns<br />
Artikel sofort auf,<br />
daß das mit dem<br />
Steinsalz nicht<br />
stimmen kann.<br />
Z u r Z e i t<br />
Hahnemanns wurde noch kein Steinsalz abgebaut.<br />
Die Steinsalzgewinnung in Staßfurth begann<br />
frühestens 1852. Hier wurde der erste Kalischacht<br />
der Welt 1852 eröffnet (siehe Geschichte<br />
Kali& Salz AG, bzw. Geschichte Staßfurth). Die<br />
Region ist schon in der Nähe von Köthen, aber<br />
auch Köthen wurde zu dieser Zeit noch mit Solesalz<br />
versorgt. Das auf dem Foto abgebildete<br />
Salz aus Bad Salzelmen wurde damals aus der<br />
Solequelle gewonnen. d. h. hier handelt es sich<br />
nicht um Steinsalz.<br />
Es gibt ein unterirdisches Meer, das durch<br />
Quellbohrungen angestochen wird, und wo<br />
durch arthesische Brunnen die Sole in unseren<br />
Städten zu Tage gefördert wird. Diese Sole wird<br />
durch verschiedene Prozesse, wie gradieren und<br />
verkochen und vorsichtiges verdampfen so lange<br />
eingedickt und veredelt, bis das frühere „Haushaltssalz“<br />
daraus kristallisiert. Es entsteht kein<br />
reines Natriumchlorid, aber die Pyramidenstruktur<br />
der Kristalle ist deutlich zu erkennen.<br />
Der Abbau von Steinsalz geschieht zwar auch<br />
in den Schichten dieses unterirdischen Meeres,<br />
jedoch haben wir es hier mit einem umgekehrten<br />
Prozeß zu tun. Das Salz wird nicht mehr<br />
wie früher, gebrochen, sondern ausgewaschen.<br />
Dazu wird Oberflächen-Wasser<br />
des Ortes in die<br />
Tiefe befördert<br />
und das Salz in<br />
Lösung gebracht.<br />
Anschließend<br />
wird auch diese<br />
Sole veredelt<br />
und gesiedet. In<br />
der Regel wird<br />
über Vakuumtrocknung<br />
das<br />
Salz hergestellt.<br />
Heutzutage wird<br />
häufig aufgesoltes<br />
Steinsalz zu Schausiedeprozessen genutzt<br />
um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen.<br />
Kristallisiertes Solesalz nach dem historischen Sieden<br />
Warum nun meine Pingeligkeit? Wenn wir<br />
uns vorstellen, daß die mineralische Basis für<br />
beide Ursubstanzen Steinsalz und Solesalz zwar<br />
die gleiche ist und damit die Endprodukte keine<br />
großen Unterschiede aufweisen dürften, so dürfen<br />
wir die Veränderungen auf dem Weg der Gewinnung<br />
nicht vernachlässigen.Für mich stellte<br />
sich nun die Frage, welche mineralische Zusammensetzung<br />
hat jede Sole für sich (die technische<br />
und die natürliche) und welchen physikalischen<br />
Charakter haben beide Salze in ihrem Ergebnis.
Wir haben hier in unserem Verein Speise-Salze<br />
aus der ganzen Welt gesammelt und können<br />
jederzeit eine Salzverkostung machen. Selbst von<br />
Laien-Feinschmeckern wird uns immer wieder<br />
bestätigt, daß man hier deutliche Unterschiede<br />
schmeckt. Es würde mich nicht wundern, wenn<br />
man bei einer Verreibung auch die Unterschiede<br />
zwischen Steinsalz und Solesalz spürt, denn sie<br />
lassen sich schon im Geschmack finden.<br />
Wenn wir davon ausgehen, daß Hahnemann<br />
Salz aus einer natürlichen Solequelle gewonnen<br />
verwendet hat, so sind die liefernden Städte zu<br />
seiner Zeit begrenzt. Im Norden war Schönebeck<br />
(Salzelmen) im Süden Halle (Hal in Sachsen,<br />
später Preußen) und Dürrenberg. Der Salzgehalt<br />
der verschiedenen Quellen ist verschieden, obgleich<br />
alle auf das selbe Meer zugreifen.<br />
Es ist sogar möglich, daß auch Köthen zur Zeit<br />
Hahnemanns mit Salz aus Halle oder Dürrenberg<br />
versorgt wurde, das läßt sich noch herausbekommen,<br />
wenn Sie Interesse daran haben, denn das<br />
Salz aus unserer Region war sehr gefragt und<br />
wurde nicht nur im Umland, wie dem Wittenberger<br />
Raum (Höhe Köthen) vertrieben, sondern<br />
ging weit über die Landesgrenzen hinaus.<br />
Liebe Brita <strong>Gudjons</strong>,<br />
danke für die Übersendung dieses interessanten<br />
Briefes. Ich finde es sehr sinnvoll, diesen Brief<br />
als Ergänzung zu meinem Artikel anzuhängen.<br />
Denn ich habe mit „Steinsalz“ nur allgemein ein<br />
Salz aus unterirdischer Lagerung gemeint und<br />
damit die gebrochenen und als Sole gewonnenen<br />
Salze, die aus der gleichen Quelle unterirdischer<br />
Salzmeere stammen, in einen Topf geworfen, obwohl<br />
- da hat Frau Herrmann Recht - die Art der<br />
Salzgewinnung ein wichtiger Aspekt ist, den ich<br />
nicht beachtet habe. Da sie darin offenbar eine<br />
echte Expertin ist, wäre es wichtig diese Kenntnisse<br />
auch zu publizieren.<br />
lEsErbrIEF<br />
Interessant stelle ich mir in diesem Fall eine<br />
Verreibung des technischen neben dem natürlichen<br />
Salz vor. Eventuell lassen sich schon hier<br />
Unterschiede spüren. Denn der Geist des Mittels<br />
hat doch hier zwei ganz verschiedene Geschichten<br />
zu erzählen.<br />
Vielleicht ist das alles aber auch nur überschwängliche<br />
Phantasie von mir, auf jeden Fall<br />
aber mal wieder einen Verreibekurs mit Ihnen<br />
wert.<br />
Ich hoffe, daß wir uns doch bald wieder sehen<br />
und verbleibe mit lieben Grüßen aus der Stadt<br />
mit dem Salz in der Luft<br />
Kathrin Herrmann<br />
Dr. Kathrin Herrmann<br />
<strong>Apotheke</strong>rberg 12<br />
06231 Bad Dürrenberg<br />
Tel: +49(0)3462-82178<br />
imobilemich@me.com<br />
praxis@dres-herrmann.de<br />
In meinem Artikel geht es ja nur um Feinheiten.<br />
Und wenn man diese betrachtet, sollte man es so<br />
gründlich wie eben möglich machen.<br />
herzlichen Gruß – Jörg Wichmann<br />
Jörg Wichmann,<br />
Eigen 81<br />
51503 Rösrath<br />
www.provings.info<br />
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