GPSG: 75 Prozent auf dem Weg zum sicheren Produkt
GPSG: 75 Prozent auf dem Weg zum sicheren Produkt
GPSG: 75 Prozent auf dem Weg zum sicheren Produkt
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Modernes Risikomanagement<br />
wirkt<br />
umfassend und<br />
beleuchtet alle<br />
Schwachstellen im<br />
Unternehmen inkl.<br />
der <strong>Produkt</strong>ionsabläufe.<br />
kontakt<br />
Dr. Hermann Buitkamp<br />
Mitglied der Geschäftsleitung<br />
TÜV Product Service<br />
+49 89 5008-4262<br />
+49 89 5008-4233<br />
hermann.buitkamp@<br />
tuev-sued.de<br />
www.tuev-sued.de<br />
s hätte überall passieren können: Mitten im<br />
<strong>Produkt</strong>ionsprozess bleibt eine Maschine<br />
stehen. Der zuständige Arbeiter entdeckt ein kleines<br />
»Fremdteil«, das sich verkantet hat. Er ruckelt und<br />
zieht daran, bis es sich löst – mit fürchterlichen<br />
Folgen. Die Maschine läuft ungesichert wieder an<br />
und erfasst den Mann. Wenige Monate später stirbt<br />
er an seinen schweren Verletzungen.<br />
Den mittelständischen Hersteller der Maschine<br />
reißt dieser Vorfall aus einer trügerischen Sicherheit,<br />
die <strong>auf</strong> hervorragende <strong>Produkt</strong>e, hohe Qualitätsstandards<br />
und gute Geschäfte <strong>auf</strong>gebaut hatte.<br />
Nur an die Wiederanl<strong>auf</strong>sperre hatte bei diesem<br />
<strong>Produkt</strong> niemand gedacht. Dabei wird sie von der<br />
EU-Maschinenrichtlinie vorgeschrieben. Staatsanwaltschaft,<br />
Berufsgenossenschaft und Gewerbe<strong>auf</strong>sicht<br />
schalten sich ein, Schadensersatzansprüche<br />
werden gerichtlich geltend gemacht. In einer groß<br />
angelegten Aktion wird die <strong>Produkt</strong>serie international<br />
zurückgerufen und überholt. Eine <strong>Produkt</strong>-<br />
Haftpflichtversicherung trägt in diesem Fall die<br />
Kosten. Ansonsten droht insbesondere kleineren<br />
Unternehmen auch schnell eine finanzielle Schieflage<br />
bis hin <strong>zum</strong> Ruin. Ein drastisches Beispiel und doch<br />
kein Einzelfall, wie allein die vielen öffentlich bekannt<br />
werdenden Rückrufaktionen in Deutschland<br />
und weltweit zeigen. <strong>Produkt</strong>sicherheit ist heute ein<br />
Thema, das in einer stark arbeitsteiligen und international<br />
vernetzten Wirtschaft mehr denn je im<br />
Fokus der Öffentlichkeit stehen sollte. In Deutschland<br />
findet derzeit ein Gesetz große Beachtung, das<br />
voraussichtlich am 1. April 2004 in Kraft tritt: Das<br />
von der Bundesregierung eingebrachte Regelwerk<br />
über technische Arbeitsmittel und Verbraucherpro-<br />
Von der Idee bis <strong>zum</strong> fertigen <strong>Produkt</strong>: wer dabei die <strong>Produkt</strong>sicherheit<br />
stets im Auge behält, ist gut beraten.<br />
<strong>Produkt</strong>sicherheit hat Konjunktur. Nicht nur durch Aufsehen<br />
erregende Rückrufaktionen und Prozesse – auch das neue Geräte-<br />
und <strong>Produkt</strong>sicherheitsgesetz wird in Deutschland dazu beitragen.<br />
E<br />
dukte, kurz »Geräte- und <strong>Produkt</strong>sicherheitsgesetz<br />
(<strong>GPSG</strong>)« werde die Messlatte für sichere <strong>Produkt</strong>e<br />
noch höher legen, sind sich der Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />
Dr. Thomas Klindt (siehe S. 5) und<br />
Dr. Hermann Buitkamp von TÜV Product Service<br />
sicher. »Jetzt wird eindeutiger gesagt, wie Hersteller<br />
die Gebrauchssicherheit nicht nur bei der bestimmungsgemäßen<br />
Verwendung, sondern auch beim<br />
vorhersehbaren Fehlgebrauch gewährleisten müssen.«<br />
Die wichtigsten Punkte im Überblick<br />
Das <strong>GPSG</strong> fasst das Gerätesicherheitsgesetz (GSG) und<br />
das <strong>Produkt</strong>sicherheitsgesetz (ProdSG) zusammen,<br />
beseitigt die kritisierten Mehrfachregelungen und setzt<br />
die EU-<strong>Produkt</strong>sicherheitsrichtlinie von 2001 in nationales<br />
Recht um (siehe S. 7). Wirtschaft, Behörden<br />
und vor allem die Verbraucher – sie alle sollen von<br />
der Neuordnung profitieren. In der Begründung <strong>zum</strong><br />
Gesetzestext heißt es: »Unter <strong>dem</strong> Gesichtspunkt der<br />
Deregulierung und Entbürokratisierung soll mit <strong>dem</strong><br />
neuen <strong>GPSG</strong> ein umfassendes Gesetz zur Gewährleistung<br />
von Sicherheit und Gesundheit im Zusammenhang<br />
mit der Vermarktung technischer <strong>Produkt</strong>e<br />
geschaffen werden.« Vieles aus den alten Gesetzen<br />
wird übernommen, einige zentrale Aspekte sind neu.<br />
Anwendungsbereich des <strong>GPSG</strong><br />
Das neue <strong>GPSG</strong> gilt für<br />
überwachungsbedürftige Anlagen wie Dampfkesselanlagen<br />
oder Aufzüge (der Abschnitt wurde unverändert<br />
aus <strong>dem</strong> GSG übernommen),<br />
alle technischen <strong>Produkt</strong>e, für die es kein Spezial-
»<strong>GPSG</strong>: <strong>75</strong> <strong>Prozent</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong> <strong>zum</strong> <strong>sicheren</strong> <strong>Produkt</strong>«<br />
gesetz gibt (z.B. Möbel, Spielplatzgeräte, Kinderwagen<br />
oder Mountainbikes)<br />
und findet zu<strong>dem</strong> Anwendung, wenn ein Spezialgesetz<br />
keine gleichwertigen Regelungen enthält.<br />
Dabei regelt es das Inverkehrbringen und Ausstellen<br />
von <strong>Produkt</strong>en, wozu laut Gesetzesdefinition sowohl<br />
technische Arbeitsmittel wie Verbraucherprodukte<br />
gehören.<br />
Technische Arbeitsmittel sind alle so genannten<br />
Arbeitseinrichtungen, also Maschinen und Geräte,<br />
die ausschließlich bei der Arbeit genutzt werden,<br />
zu<strong>dem</strong> Zubehörteile und Schutzeinrichtungen.<br />
Verbraucherprodukte: Dazu gehören Gebrauchsgegenstände<br />
und sonstige <strong>Produkt</strong>e: also alle <strong>Produkt</strong>e,<br />
die für Verbraucher bestimmt sind bzw.<br />
»unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen<br />
von Verbrauchern benutzt werden könnten,<br />
selbst wenn sie nicht für diese bestimmt sind«.<br />
Auch <strong>Produkt</strong>e wie Getränkeautomaten oder Fitnessgeräte,<br />
die Verbraucher im Dienstleistungsbereich<br />
nutzen können, sind damit erfasst. Rund<br />
90 <strong>Prozent</strong> aller <strong>Produkt</strong>e für Verbraucher seien<br />
durch das <strong>GPSG</strong> abgedeckt, schätzt Dr. Hermann<br />
Buitkamp von TÜV Product Service.<br />
Umfangreicher Pflichtenkatalog<br />
Mit <strong>dem</strong> <strong>GPSG</strong> hat der Gesetzgeber die Vorschriften<br />
für das Inverkehrbringen von <strong>Produkt</strong>en verschärft.<br />
Die wichtigsten Aspekte:<br />
Ein <strong>Produkt</strong> darf nur in den Verkehr gebracht<br />
werden, wenn die Sicherheit und Gesundheit von<br />
Anwendern nicht gefährdet sind. Das gilt sowohl für<br />
die bestimmungsmäßige Verwendung wie vorhersehbare<br />
Fehlanwendung. »Das ist auch richtig so«,<br />
sagt Rechtsanwalt Dr. Thomas Klindt, »da das<br />
Ausmaß von Fehlverhalten bei Konsumprodukten<br />
stets Quelle von Gefahren und Unfällen ist.« Zu<br />
Details des Gesetzes in diesem Kontext siehe S. 8.<br />
Das <strong>GPSG</strong> gilt im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen<br />
(nicht bei Privatverk<strong>auf</strong> <strong>auf</strong> Flohmärkten)<br />
und unabhängig davon, ob die <strong>Produkt</strong>e neu,<br />
gebraucht, wieder<strong>auf</strong>gearbeitet oder wesentlich verändert<br />
in den Verkehr gebracht werden. Das alte<br />
GSG erfasste nur das erstmalige Inverkehrbringen.<br />
»Die Bedeutung der Normen wird im Rahmen des<br />
Inverkehrbringens von <strong>Produkt</strong>en wesentlich gestärkt«,<br />
so Joachim Geiß und Wolfgang Doll vom Bundeswirtschaftsministerium.<br />
Vereinfacht gesagt: Wird<br />
ein <strong>Produkt</strong> entsprechend einer anerkannten Norm<br />
oder technischen Spezifikation produziert, kommt<br />
es in den Genuss der Konformitätsvermutung und gilt<br />
als sicher.<br />
»Hersteller, Bevollmächtigte und Importeure« müssen<br />
die Verwender so informieren, dass sie die vom<br />
<strong>Produkt</strong> ausgehenden Gefahren erkennen und sich<br />
vor ihnen schützen können.<br />
Auf je<strong>dem</strong> <strong>Produkt</strong> muss der Name des Herstellers<br />
stehen; kommt dieser nicht aus <strong>dem</strong> Europäischen<br />
Wirtschaftsraum, der Name des Bevollmächtigten<br />
oder Importeurs. Hersteller, Bevollmächtigter oder<br />
Importeur müssen zu<strong>dem</strong> Vorkehrungen treffen, um<br />
angemessen <strong>auf</strong> Gefahren reagieren zu können. Das<br />
reicht von Verbraucherinformationen bis <strong>zum</strong> Rückruf.<br />
Geht von ihrem <strong>Produkt</strong> Gefahr für Sicherheit und<br />
Gesundheit aus, müssen »Hersteller, Bevollmächtigte<br />
und Importeure« unverzüglich die Behörden<br />
unterrichten und mit ihnen zusammenarbeiten.<br />
Diese Informationspflicht gilt auch für den Händler,<br />
der damit stärker ins Blickfeld rückt: Er darf kein<br />
<strong>Produkt</strong> in den Verkehr bringen, von <strong>dem</strong> er weiß<br />
oder »anhand der ihm vorliegenden Informationen<br />
oder seiner Erfahrung wissen muss« (§ 5 Absatz 3),<br />
dass es nicht den gesetzlichen Anforderungen an ein<br />
sicheres <strong>Produkt</strong> entspricht.<br />
Die zuständigen Behörden sollen eine »systematische<br />
Vorgehensweise« entwickeln, um den Markt<br />
noch effizienter zu überwachen. Dazu gehören<br />
sicherheitstechnische <strong>Produkt</strong>untersuchungen ebenso<br />
wie das erweiterte Recht, <strong>Produkt</strong>e zu verbieten,<br />
zu ihrer Rücknahme oder ihrem Rückruf <strong>auf</strong>zufordern<br />
oder öffentlich vor ihnen zu warnen. Aus Sicht<br />
von Fachanwalt Dr. Thomas Klindt »ein Katalog mit<br />
einer Schärfe, die größer ist als fast alles, was die<br />
Konkurrenz auszurichten vermag«.<br />
Zu CE-Kennzeichnung und GS-Zeichen siehe S. 6.<br />
<strong>Produkt</strong>haftung nicht ausgeschlossen<br />
Das neue <strong>GPSG</strong> bietet also Ansätze für mehr <strong>Produkt</strong>sicherheit,<br />
sorgt aber aus Verbrauchersicht nicht<br />
für den ganz großen Schritt nach vorn: »Unsichere ➔<br />
Sicher arbeiten mit <strong>dem</strong><br />
GS-Zertifikat. Die Durst<br />
Phototechnik AG (siehe<br />
Foto Flachbettdrucker RHO<br />
160 o.r.) aus Italien setzt<br />
<strong>auf</strong> Sicherheit und lässt<br />
alle ihre <strong>Produkt</strong>e nach<br />
<strong>dem</strong> deutschen Standard<br />
zertifizieren.<br />
infokasten<br />
Forum <strong>Produkt</strong>sicherheit<br />
Aufgrund der großen Nachfrage<br />
<strong>zum</strong> Auftaktforum veranstalten<br />
TÜV Aka<strong>dem</strong>ie und TÜV Product<br />
Service am 6. und 7. Mai 2004 das<br />
2. Münchner Forum <strong>Produkt</strong>sicherheit.<br />
Geplante Themen:<br />
- Neues Geräte- und <strong>Produkt</strong>sicherheitsgesetz<br />
- Änderungen zur EU-Niederspannungsrichtlinie<br />
- Mindestanforderungen an<br />
Bedienungsanleitungen<br />
- Neues Akkreditierungsgesetz,<br />
CB-Verfahren und neue Trends<br />
- Diebstahlverhindernde<br />
Verpackungen<br />
- Marktüberwachung<br />
- Gebrauchstauglichkeit und<br />
Warentests<br />
- Mehrwert durch Zertifizierungen<br />
Kontakt:<br />
renate.von.schnurbein@<br />
tuev-sued.de
<strong>Produkt</strong>sicherheit: Neues Gesetz bringt neue Anforderungen<br />
Ob Möbel, Zubehörteile<br />
oder Kinderspielzeug, das<br />
neue Geräte- und <strong>Produkt</strong>sicherheitsgesetz<br />
findet<br />
umfassend Anwendung.<br />
impressum<br />
HERAUSGEBER:<br />
TÜV Süddeutschland Holding AG<br />
Westendstraße 199<br />
80686 München<br />
VERANTWORTLICH:<br />
Franz Billinger<br />
Tel. +49 89 57 91 - 26 48<br />
Tel. +49 89 57 91 - 22 69<br />
<strong>Produkt</strong>e können nach wie vor <strong>auf</strong> den Markt gelangen«,<br />
sagt Siegfried Mösch, Leiter der Zertifizierstelle<br />
von TÜV Product Service. Allein schon deshalb, weil<br />
eine generelle Prüfung und Zertifizierung von unabhängiger<br />
Seite nicht vorgesehen sei. Obwohl bei Prüfungen<br />
über 80 <strong>Prozent</strong> der <strong>Produkt</strong>e in der Erstprüfung<br />
durchfallen.<br />
Wenig Hilfe bietet da die CE-Kennzeichnung<br />
(vgl. S. 6), die zwar in der EU für sehr viele <strong>Produkt</strong>e<br />
verbindlich ist, aber eben nicht für eine Zertifizierung<br />
steht. Besonderen Wert <strong>auf</strong> sichere <strong>Produkt</strong>e zu legen,<br />
wird also aus Sicht von Herstellern, Importeuren und<br />
Händlern noch wichtiger als bisher (siehe auch Tipps<br />
für Unternehmen <strong>auf</strong> S. 8).<br />
Ganz wichtig: Auch wer sich in jeder Hinsicht an<br />
das <strong>GPSG</strong> hält, ist nicht frei von Haftungsansprüchen.<br />
Denn das deutsche <strong>Produkt</strong>haftungsrecht reicht darüber<br />
hinaus und berücksichtigt weitere Gesetzesgrundlagen<br />
wie das <strong>Produkt</strong>haftungsgesetz und vor allem<br />
das BGB. Denn <strong>auf</strong> deren Basis erfolgen in der Regel<br />
zivilrechtliche <strong>Produkt</strong>haftungsklagen <strong>auf</strong> Schadensersatz<br />
oder Schmerzensgeld. Zu<strong>dem</strong> müssen »verantwortliche<br />
Personen wie Geschäftsführer oder QM-Leiter<br />
bei Körperverletzungs- oder Tötungsdelikten auch persönlich<br />
mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen«, sagt<br />
Rechtsanwalt Dr. Thomas Klindt. Mehr als nur ein<br />
Trost des Rechtsexperten: »Wer das <strong>GPSG</strong> berücksichtigt,<br />
hat wohl mindestens <strong>75</strong> <strong>Prozent</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong><br />
<strong>zum</strong> <strong>sicheren</strong> <strong>Produkt</strong> zurückgelegt.« Auch international<br />
ist Vorsicht geboten. Die landesspezifischen Regelungen<br />
zu <strong>Produkt</strong>sicherheit und -haftung und die<br />
damit verbundenen Anforderungen an Zulassungen,<br />
Zertifikate und Kennzeichen sind sehr vielfältig und<br />
erfordern eine intensive Beschäftigung mit der<br />
Materie (siehe auch S. 7).<br />
Und wie reagieren Unternehmen <strong>auf</strong> die gesetzlichen<br />
Herausforderungen durch EU-Sicherheitsrichtlinien<br />
bzw. <strong>GPSG</strong>? »Unsere <strong>Produkt</strong>e unterliegen<br />
bereits einer spezifischen Verordnung und werden so<br />
sicherheitsgeprüft und dokumentiert, die Ergebnisse<br />
regelmäßig analysiert und bewertet«, erklärt Dipl.-<br />
Getestet und zertifiziert: Avery Dennison, u.a.<br />
Hersteller von Etikettiermaschinen, geht bei seinen<br />
<strong>Produkt</strong>en <strong>auf</strong> Nummer sicher.<br />
Ing. Harald Krieg von Arnold & Richter Cine Technik,<br />
Bereich Lichttechnik. Man habe durch ein modernes<br />
Prüfequipment und eine Zertifizierung nach ISO<br />
9001:2000 zu<strong>dem</strong> einen sehr hohen Qualitätsstandard<br />
erreicht, so der Leiter des Prüflabors im bayrischen<br />
Stephanskirchen. Zusätzlich werde der Bereich Lichttechnik<br />
alle derzeit gefertigten <strong>Produkt</strong>e international<br />
zertifizieren lassen.<br />
Dass sich Prävention auszahlt, glauben auch die<br />
Verantwortlichen der Durst Phototechnik AG aus<br />
Brixen, Südtirol – Italien. Sie lassen alle ihre Geräte<br />
nach <strong>dem</strong> Gerätesicherheitsgesetz zertifizieren und<br />
waren noch nie mit Haftungsklagen wegen fehlender<br />
<strong>Produkt</strong>sicherheit konfrontiert. Von der Idee bis <strong>zum</strong><br />
fertigen <strong>Produkt</strong> wird <strong>Produkt</strong>sicherheit über verschiedene<br />
interne Maßnahmen und externe Beratung eingebracht,<br />
zu<strong>dem</strong> gibt es einen stets involvierten zentralen<br />
Ansprechpartner. Und so »begrüßt« man bei Durst<br />
auch die »verschärfte Gesetzeslage, weil sich so die<br />
Spreu vom Weizen trennt«, erklärt Albert Prosch,<br />
verantwortlich fürs <strong>Produkt</strong>engineering.<br />
Auch die Avery Dennison Deutschland GmbH aus<br />
<strong>dem</strong> süddeutschen Eching setzt <strong>auf</strong> <strong>Produkt</strong>sicherheit.<br />
Interne und externe Experten werden schon in der<br />
Entwicklungsphase hinzugezogen. Die Einhaltung der<br />
relevanten Richtlinien, Fertigungsaudits nach ISO<br />
9001:2000, spezielle Design-Reviews sowie Risikound<br />
Gefährdungsanalysen und spezielle Lieferantenkontrollen<br />
sind weitere Schwerpunkte in Sachen<br />
<strong>Produkt</strong>sicherheit bei <strong>dem</strong> Hersteller von industriellen<br />
Etikettendruckern und Druckspendesystemen. »Die<br />
Hersteller«, glaubt der für <strong>Produkt</strong>sicherheit mitverantwortliche<br />
Entwicklungsingenieur Holger Pleier,<br />
würden künftig »verstärkt in die Verantwortung<br />
genommen«. Und so hofft man sicher nicht nur bei<br />
Avery Dennison, dass »weltweit gleich hohe<br />
Maßstäbe angesetzt und auch in den jeweiligen<br />
Ländern von den Gesetzgebern l<strong>auf</strong>end<br />
überprüft werden«. ■
�<br />
5 <strong>Produkt</strong>sicherheit und -haftung<br />
Interview mit Rechtsanwalt Dr. Thomas Klindt<br />
Im April 2004 wird das neue Geräte- und<br />
<strong>Produkt</strong>sicherheitsgesetz voraussichtlich in Kraft<br />
treten. Liegt die Messlatte für sichere <strong>Produkt</strong>e<br />
dann viel höher?<br />
Es existierten bereits hohe Sicherheitsanforderungen<br />
an <strong>Produkt</strong>e, die aber vielfach in der Industrie<br />
nicht wahrgenommen werden, festgeschrieben im<br />
Gerätesicherheitsgesetz (GSG) und <strong>Produkt</strong>sicherheitsgesetz<br />
(ProdSG), die im <strong>GPSG</strong> quasi zusammengeführt<br />
wurden. Zu<strong>dem</strong> sind Sicherheitsfragen<br />
erheblich über das europäische Recht geprägt<br />
(Maschinen-Richtlinie, Spielzeug-Richtlinie, PSA-<br />
Richtlinie etc.). Trotz<strong>dem</strong>, jetzt wird die Messlatte<br />
höher gelegt, allein schon durch die öffentliche<br />
Aufmerksamkeit zur Einführung des <strong>GPSG</strong>. Das neue<br />
Gesetz sagt zu<strong>dem</strong> eindeutiger, wie Hersteller die<br />
Gebrauchssicherheit gewährleisten müssen, und das<br />
nicht nur bei der bestimmungsgemäßen Verwendung,<br />
sondern auch beim vorhersehbaren Fehlgebrauch.<br />
Heißt das, Hersteller und Händler müssen ab<br />
sofort noch stärker <strong>auf</strong> sichere <strong>Produkt</strong>e achten?<br />
Richtig! Und zwar schon deshalb, weil die Marktüberwachungsbehörden<br />
jetzt verbesserte Kontrollmöglichkeiten<br />
haben. Die Industrie wird mit mehr<br />
<strong>Produkt</strong>kontrollen rechnen müssen, die Händlerschaft<br />
als Teil der Vertriebskette rückt sehr viel deutlicher in<br />
das Blickfeld der Behörden.<br />
Verbraucher können sich also über das neue<br />
Gesetz freuen. Gilt das auch für Unternehmen?<br />
Letztlich ja. Denn wird zu wenig kontrolliert,<br />
rentiert es sich leider, die Sicherheit als Einsparpotenzial<br />
zu entdecken und damit den Preis gegenüber seriösen<br />
Herstellern zu senken; es droht eine Abwärtsspirale<br />
mangelnder Sicherheit. Ein auch staatlich gefordertes<br />
Mehr an <strong>Produkt</strong>sicherheit kommt damit auch den<br />
Herstellern entgegen, die sich um sichere <strong>Produkt</strong>e<br />
bemühen! Außer<strong>dem</strong> ist es doch im Interesse der<br />
Hersteller, <strong>Produkt</strong>haftungsrisiken zu vermeiden.<br />
Wer das neue <strong>GPSG</strong> befolgt, hat einen großen Teil<br />
des <strong>Weg</strong>es zur produkthaftungsrechtlichen Rechtssicherheit<br />
zurückgelegt. Das Ende markiert hier<br />
übrigens das noch strengere <strong>Produkt</strong>haftungsrecht.<br />
Das <strong>GPSG</strong> ist also ein großer Schritt <strong>auf</strong><br />
<strong>dem</strong> <strong>Weg</strong> <strong>zum</strong> <strong>sicheren</strong> <strong>Produkt</strong>?<br />
Es ist ein modernes Verbraucherschutzgesetz<br />
mit vielen Schnittstellen zu einer behördlichen Wirtschaftssteuerung<br />
– wie positiv das sein wird, muss<br />
die Zukunft erweisen. Was ich in Bezug <strong>auf</strong> Verbraucherprodukte<br />
äußerst erwähnenswert finde,<br />
ist die unternehmerische Pflicht zur Marktbeobachtung,<br />
um herauszufinden, welche Gefährdungen sich<br />
hier ergeben. Zu<strong>dem</strong> verlangt das Gesetz im Krisenfalle<br />
vernünftige Schutzmaßnahmen wie Verbraucherwarnungen<br />
und <strong>Produkt</strong>rückrufe. Das ist nicht<br />
weniger als die gesetzliche Aufforderung, endlich<br />
ein firmeninternes »risk management« <strong>auf</strong>zubauen.<br />
Das kann man auch als freiwillige Maßnahme nur<br />
empfehlen, denn nichts ist verheerender als unvorbereitete,<br />
improvisierte Rückrufe unsicherer <strong>Produkt</strong>e!<br />
Gibt es aus Ihrer Sicht auch Kritikpunkte?<br />
Ja! Ich kritisiere, dass die Hersteller von Verbraucherprodukten<br />
bei erkannten <strong>Produkt</strong>gefahren<br />
unverzüglich und von sich aus die Behörden informieren<br />
müssen. Diese »Selbstanschwärzungspflicht«<br />
ist wenig hilfreich, <strong>zum</strong>al doch das gleiche Gesetz<br />
Rückrufvorkehrungen vorschreibt. Dadurch wird es<br />
schwieriger, <strong>Produkt</strong>rückrufe und Verk<strong>auf</strong>sunterbrechungen<br />
mit der nötigen Ruhe abzuwickeln.<br />
Zu<strong>dem</strong> reichen die Koordinationspflichten zwischen<br />
den Bundesländern nicht aus. So ist noch immer<br />
nicht sichergestellt, dass baugleiche <strong>Produkt</strong>e<br />
diverser Wettbewerber von den örtlich zuständigen<br />
Marktüberwachungsbehörden sicherheitstechnisch<br />
identisch bewertet werden. Dann erlebt der eine<br />
Inverkehrbringer massive Interventionen des Staates,<br />
während sein (baugleicher) Konkurrent völlig<br />
unberührt weiter verk<strong>auf</strong>en darf. Das hat mit intelligentem<br />
Verbraucherschutz nichts mehr zu tun,<br />
sondern ist nackte Wettbewerbsverzerrung. Solange<br />
hier kein Staatsvertrag verbindliche Entscheidungszuständigkeiten<br />
klärt, ist und bleibt der Zustand<br />
unbefriedigend. Man wundert sich zuweilen, wie der<br />
Industriestandort Deutschland vom Gesetzgeber<br />
behandelt wird.<br />
info<br />
DR. THOMAS KLINDT<br />
Fachanwalt für Verwaltungsrecht,<br />
Lehrbe<strong>auf</strong>tragter für <strong>Produkt</strong>- und<br />
Technikrecht sowie Partner der<br />
Kanzlei Brandi, Dröge, Piltz,<br />
Heuer & Gronemeyer (Paderborn)<br />
Klindt@BDPHG.de