Unproduktive Rüstzeiten im Visier - BBG GmbH & Co. KG

BEST PRACTICE
Verfahren
Unproduktive Rüstzeiten im Visier
Sinkende Losgrößen, zunehmende Teilevielfalt und kürzer werdende Lieferzeiten prägen die
Situation für Gummi und Kunststoff verarbeitende Automobilzulieferer. Um dennoch effizient
produzieren zu können, spielen die Kosten für die Umrüstung von Maschinen eine bedeutende
Rolle. Werkzeug-Schnellwechselsysteme von BBG tragen in Produktionsbetrieben dazu bei,
diese Umrüstzeiten drastisch zu reduzieren.
1 Einleitung
Der Mindelheimer Werkzeug-, Maschinen-
und Anlagenbauer BBG GmbH & Co.
KG hat für Formenträgersysteme zum
Umschäumen von Bauteilen mit Polyurethan
(PUR) Werkzeug-Schnellwechselsysteme
entwickelt. Sie bestehen aus einer
Reihe aufeinander abgestimmter
Komponenten, mit denen der Wechsel
zeitlich und personell optimiert wird.
Angeboten werden diese Elemente sowohl
für Formenträgersysteme von BBG
als auch für Modelle anderer Hersteller.
Ältere Anlagen können nachgerüstet
werden, Bild 1.
Verringerte Rüstzeiten bedeuten höhere
Produktivität. Die Zeitersparnis im
Vergleich zum herkömmlichen Werkzeugwechsel
ist beträchtlich: Dauert im
ungünstigsten Fall der Austausch eines
Werkzeugs an einem Formenträger vom
Anhalten bis zum Wieder-Anfahren der
Anlage mehr als vier Stunden, so ist für
den gleichen Vorgang bei einem optimierten
Schnellwechselsystem lediglich
ein Maschinenstillstand von drei Minuten
zu veranschlagen.
Bei BBG sind Schnellwechselsysteme
Bestandteil eines umfangreichen Programms
rund um das Schäumen mit Polyurethan.
Das Unternehmen sieht sich
als „Spezialist für das Verarbeiten von
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PUR“ und ist als Systemanbieter und Entwicklungspartner
auf allen Stufen der
PUR-Verarbeitung tätig.
Die Leistungen reichen von der Bauteile-Konzeption
und -Konstruktion über
die Fertigung von Modellen und den dazugehörenden
Werkzeugen und Formenträgersystemen
bis zur Errichtung kompletter
Produktionslinien für die Serienfertigung,
Bild 2. Werkzeug-Schnellwechselsysteme
tragen zu einer hohen Produktivität
der von BBG entwickelten Maschinen
bei.
2 Optimale Werkzeugwechsel
Der Autor
Hans Brandner
ist geschäftsführender
Gesellschafter der
BBG GmbH & Co. KG
in Mindelheim.
Um Stillstandszeiten zu minimieren,
umfasst das von BBG angebotene Schnellwechselsystem
alle Arbeitsschritte zum
Austausch eines Werkzeugs. Bei der Planung
von Neuanlagen oder dem Nachrüsten
bestehender Maschinen überprüfen
die Techniker und Ingenieure daher
alle Arbeitsabläufe.
Die Komponenten eines optimalen
Schnellwechselsystems lassen sich in sieben
Gruppen zusammenfassen:
– Schnellkupplungen für die Zufuhr von
Energie und Medien
– Schnellmontagesystem für Mischköpfe
– Magnetische Schnellspannplatten für
Werkzeuge
– Kugel- oder Rollenleisten zum Ausund
Einfahren der Werkzeuge
– Transportsysteme für Werkzeuge
– Werkzeug-Lagerungssysteme mit Temperiereinrichtungen
– „Easy Control“: Schnellprogrammierung
von Maschinensteuerungen mit
automatischer Werkzeugerkennung.
Schnellkupplungen für die Zufuhr von
Energie und Medien dienen dem raschen
Aufstecken und Entfernen von Verbindungsleitungen.
Unterschiede gibt es
zwischen elektrisch und hydraulisch betriebenen
Schäumwerkzeugen. Während
die Erstgenannten mit Leitungen für
Elektrik und Pneumatik zur Steuerung
der Werkzeugfunktionen auskommen,
sind bei hydraulischen Modellen zusätzlich
Hydraulikleitungen zu kuppeln.
Beim Anschluss des Mischkopfes an die
Anlage wird ein Schnellmontagesystem
eingesetzt, das für Modelle aller namhaften
Hersteller kompatibel ist. Im Mischkopf
werden die Komponenten Polyol und
Isocyanat zusammengeführt und reagieren
zu Polyurethan, mit dem das Bauteil
umschäumt wird. Mit dem Schnellmontagesystem
kann der Mischkopf unkompliziert
und schnell von einem Werkzeug
demontiert und beim nächsten wieder anmontiert
werden.
Ein wichtiger Bestandteil des schnellen
Werkzeugwechsels, der einen besonders
großen Einfluss auf den Zeit- und Personalaufwand
hat, sind außerdem Schnellspannplatten,
die die zweiteiligen Schäumwerkzeuge
im Formenträger fixieren. BBG
verwendet magnetische Schnellwechselsysteme,
die besonders zuverlässig und
dabei fast wartungsfrei sind. Mit der Elektro-Permanent-Magnettechnik
werden die
Spannplatten, die die Werkzeuge halten,
am Formenträger durch eine zwei bis drei
Sekunden dauernde elektrische Energiezufuhr
magnetisiert.
Während der Produktion sorgen stromunabhängige
Permanentmagneten mit einer
effektiven vollflächigen Magnetkraft
von bis zu 5 kg/cm 2 und Spannkräften von
bis zu 750 kN für die nötige Kraft, auch
mehrere Tonnen schwere Werkzeughälften
während des Produktionsprozesses
deformationsfrei, positionsgenau, parallel
und zuverlässig zu halten. Da das Magnetfeld
lediglich 15 bis 20 mm in die Form
eindringt, bleibt es ohne Einfluss auf die
Fertigung. Eine Steuerungseinheit überwacht
laufend alle Parameter und gewährleistet
die Sicherheit von Mensch und Maschine.
Da erst zum Lösen des Werkzeugs
wieder ein Stromimpuls benötigt wird,
sind die Magnetspannsysteme auch im
Fall eines Stromausfalls sicher. Ein zusätzlicher
zeitlicher Gewinn wird durch Kugelund
Rollenleisten zum schnellen Aus- und
Einfahren des Werkzeugs erzielt. Darüber
hinaus ergänzen Transport- und Lagerungssysteme,
die auf die jeweiligen örtlichen
Gegebenheiten angepasst sind, das
Schnellwechselsystem und ermöglichen
den raschen An- und Abtransport der
Werkzeuge, Bild 3. Je nach Bedarf sind außerdem
bereits im Lager Temperiereinrichtungen
für die Werkzeuge vorgesehen,
so dass sich die Inbetriebnahme des Werkzeugs
nicht durch ein langes Vorheizen im
Formenträger verzögert.
Bild 1: Der Mindelheimer Werkzeug-, Maschinen- und Anlagenbauer BBG bietet für
Formenträgersysteme zum Umschäumen von Bauteilen mit Polyurethan (PUR) Werkzeug-
Schnellwechselsysteme, die dazu beitragen, Umrüstzeiten drastisch zu reduzieren
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BEST PRACTICE
Verfahren
Bild 2: Das Anlagenkonzept „11+3+X“ ermöglicht durch schnelle
Werkzeugwechsel die effektive Auslastung der drei Formenträgersysteme
mit elf Schäumwerkzeugen
Bild 3: BBG-Konzeptstudie zu Formenträger
mit Shuttle für Werkzeugzufuhr
3 Modellrechnung
Anhand eines konkreten Beispiels lässt
sich der Zeitgewinn bei der Verwendung
magnetischer Schnellspannplatten verdeutlichen.
Der elektrisch betriebene
Formenträger BFT-O von BBG ist mit Magnet-Aufspannplatten
von 1500 x 1100 mm
bestückt und damit besonders zum Schäumen
großer Interieurteile sowie für das
Umschäumen von Front- und Heckscheiben
und Panorama-Dachsystemen geeignet,
Bild 4. Beim Schäumen dieser großen
Bauteile sind mitunter Werkzeuge mit
bis zu 5500 kg Masse und Schließkräfte
von bis zu 100 t erforderlich. Bei diesen
Dimensionen kann ein herkömmlicher
Werkzeugwechsel zwei Mitarbeiter neunzig
Minuten in Anspruch nehmen. Währenddessen
steht die Maschine still. Mit
einem Schnellwechselsystem ist der Austausch
vom Anhalten bis zum Wieder-
Anfahren der Anlage in weniger als fünf
Minuten zu bewerkstelligen, Bild 5.
4 Steuerungstechnik
Ein besonders zeitraubender Arbeitsabschnitt
ist das Umprogrammieren der Maschinensteuerung.
Diese Arbeit kann
durchaus 30 Stunden in Anspruch nehmen.
Da dies nur von Mitarbeitern mit
SPS-Kenntnissen übernommen werden
kann, müssen Kunden, deren Beschäftigte
nicht über solche Kenntnisse verfügen,
Bild 4: Das elektrisch
betriebene Formenträgersystem
„BFT-O“
von BBG ist besonders
zum Schäumen
großer Automobil-
Interieurteile sowie
für das Umschäumen
von Front- und Heckscheiben
und Panorama-Dachsysteme
geeignet
neue Steuerungsprogramme oft extern in
Auftrag geben. BBG hat mit „Easy Control“,
Bild 6, eine Bedienoberfläche geschaffen,
mit der der Kunde die gleiche Arbeit
unternehmensintern mühelos in drei
Stunden schaffen kann. Zu einem Großteil
resultiert die Zeitersparnis aus der einfachen
Bedienbarkeit der Software. Diese
ist so angelegt, dass sie von jedem Techniker
nach einer wenige Stunden dauernden
Einführung und ohne Programmierkenntnisse
bedienbar ist. Entwickelt hat BBG die
Bedienoberfläche in engem, praxisorientierten
Austausch mit einem großen,
weltweit tätigen Automobilzulieferer.
Alle Bedienschritte sind am Operator
Panel des Formenträgers durch einfach
verständliche Schaltflächen und Texte
visualisiert. Für den Einbau eines neuen
Werkzeugs oder wenn der Fertigungsablauf
optimiert werden soll lassen sich alle
Steuerungsabläufe über die Folientastatur
ändern. Wiederholen sich ähnliche
Abfolgen bei unterschiedlichen Werkzeugen,
so können die Arbeitsschritte problemlos
von einem ins nächste Programm
kopiert und editiert werden.
Mit einer Speicherkapazität von mehr
als dreißig verschiedenen Abläufen lassen
sich zahlreiche unterschiedliche Abfolgen
vorhalten und auf Tastendruck
aufrufen. Bei einem Wechsel erkennt die
Steuerung anhand der Codierung sofort,
welches Werkzeug sich im Formenträger
befindet und wählt automatisch den entsprechenden
Fertigungsablauf aus.
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Bild 5: Magnet-Spannplatten mit
integrierten Rollenleisten in einem
BBG-Formträger sind ein wichtiger
Bestandteil von Werkzeug-Schnellwechselsystemen
5 Flexible Programmierung
Neben der einfachen Bedienbarkeit ist
die große Anwendungsbreite von „Easy
Control“ ein weiterer Vorteil. Diese
wird durch eine hohe Flexibilität des
Programms erreicht. So sind alle Abfragen
am Werkzeug über die Software
anwählbar. Das bei anderen Produkten
mitunter notwendige Umverdrahten
von Schnittstellen entfällt, alle erforderlichen
Änderungen können ohne
Modifikationen der Hardware über die
Eingabe am Operator Panel vorgenommen
werden. „Easy Control“ kann außerdem
auch für Werkzeuge, die über
keine Abfrage der Endlagen verfügen,
verwendet werden.
Einsetzbar ist „Easy Control“ sowohl
bei elektrisch, als auch bei hydraulisch
betriebenen Formenträgersystemen. Bei
den letztgenannten steuert das Programm
zusätzlich die Hydraulik-Funktionen
„Fluss“ und „Druck“. Da beispielsweise
beim Umschäumen von Heckscheiben
oftmals Teile für Heizungen und
Scheibenwischer mitsamt den dazugehörenden
Stromleitungen eingelegt werden
müssen, macht „Easy Control“ am
Bildschirm auf die hierfür notwendigen
Unterbrechungen von Arbeitsschritten
während der Produktion aufmerksam.
Besondere Beachtung legten die Programm-Entwickler
außerdem auf die Arbeitssicherheit:
Alle Gefahr bergenden
Formenträgerfunktionen sind bereits
von BBG gegeneinander abgeriegelt. Weitere
werkzeugspezifische Absicherungen
können vom Kunden individuell und unproblematisch
ergänzt werden.
6 Ausblick
Bild 6: Die Bedienoberfläche „Easy
Control“ zur Änderung von Maschinensteuerungen
ist so angelegt, dass sie
von jedem Techniker nach einer Einführung
und ohne Programmierkenntnisse
bedienbar ist
Als Fazit kann festgehalten werden: Dank
seiner großen Flexibilität und seiner
breiten Anwendbarkeit ist „Easy Control“
geeignet, die Einsatzmöglichkeiten von
Formenträgersystemen zu vergrößern,
ihre Bedienung zu vereinfachen und zu
beschleunigen. Im Zusammenwirken der
Komponenten des Schnell-Werkzeugwechselsystems
trägt es dazu bei, den
Anlagennutzen gerade bei häufig wechselnden
Aufträgen und Kleinserien zu
erhöhen. Der Gewinn an Zeit und Produktivität
übertrifft die Kosten für das
Werkzeug-Schnellwechselsystem in der
Regel um ein Mehrfaches.
■
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www.ATZonline.de
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