Viertelstunde Weihnachten 2014

24.11.2014 Aufrufe

viertelstunde.ch Dez. 2014 6 INTERVIEW viertelstunde.ch Dez. 2014 LEBEN 7 Das harte Ringen um ein bisschen Frieden «Warum toben die Völker?», hat schon der Schreiber des zweiten Psalms der Bibel verzweifelt gefragt. Diese Klage hat für das Jahr 2014 nichts an Aktualität verloren. Es war ein Jahr von grossen politischen Konflikten mit Folgen für die ganze Welt. Der Buchautor Tom Sommer sucht Antworten auf die Fragen, warum die Völker immer noch nicht in Frieden leben und was man bei politischen Konflikten tun kann. Der Buchautor Tom Sommer thematisiert biblische Werte für die Konfliktlösung. Syrien, Irak, Gaza, Ukraine: Der internationalen Gemeinschaft ist es in diesem Jahr nicht gelungen, Konfliktparteien miteinander zu versöhnen. So international die Konflikte in diesen Ländern auch aussehen, im Kern geht es oft um ein nationales Problem. Die ethnisch, religiös und politisch unterschiedlich geprägten Bevölkerungsgruppen innerhalb der gleichen Landesgrenzen versuchen (oft unbewusst) ihre eigenen Ideologien durchzusetzen. Es scheint das Verständnis dafür zu fehlen, dass ein Leben als Volk und Staat nur im Mitei- privat nander aller Menschen möglich ist. Warum ist Versöhnung in politischen Konflikten so schwierig? Wenn man das Wort Versöhnung hört, stellt man sich oft vor, dass nun wieder alles im Lot sei. Man vergisst fast, dass dahinter meist ein äusserst mühsamer Prozess steht, bei dem die Konfliktparteien schon nur mal dazu gebracht werden müssen, überhaupt miteinander zu sprechen. Worüber sollen sie denn sprechen? Ein erster versöhnlicher Schritt wäre etwa, eine möglichst präzise Abmachung zu formulieren – zum Beispiel mit dem Ziel, Ungerechtigkeiten bei der Nutzung von Land und Wasser endlich zu klären oder auf offene Gewalt zu verzichten. Eine Gefahr für diesen Prozess ist die Doppelbödigkeit: So lange innerhalb der eigenen Gruppe oder der eigenen Sprache anders gesprochen wird als gegenüber dem Konfliktgegner, wird immer wieder neues Misstrauen geschürt. Und der zweite Schritt? Öffentliche Zeichen sind von grosser Bedeutung. Eine internationale Studie hat ergeben, dass Länder, die nach Konflikten öffentliche Anlässe zur Versöhnung durchgeführt haben, in zwei Drittel der Fälle nicht wieder in Gewaltkonflikte zurückgefallen sind. Ohne solche Prozesse schafften es nur neun Prozent der Länder. Das ist ein eindrückliches Resultat! Kennen Sie ein Beispiel, wo politische Versöhnung gelungen ist? Die Bundesrepublik Deutschland ist weltweit anerkannt als «Vorzeigeland» für eine gelungene politische Versöhnung mit den umliegenden Ländern nach dem 2. Weltkrieg. Beispiel: das Nachbarland Polen. Zum Erfolg haben einige grundlegende Aspekte beigetragen, wie etwa das öffentliche Anerkennen des Unrechts, wiederholte Besuche auf höchster politischer Stufe mit symbolischen Gesten des Bedauerns und konstante Aufarbeitung der gemeinsamen Konfliktgeschichte. Auch die gemeinsame Entwicklung von Lehrmaterialien kann hilfreich sein. Auf jeden Fall braucht ein Versöhnungsprozess Zeit. Jesus ruft seine Anhänger dazu auf, Friedensstifter zu sein. Was heisst das für die Christen heute? Friedensstifter sein klingt gut, ist aber anstrengend, herausfordernd und alles andere als selbstverständlich. Oft bemühen wir uns nett zu sein, spüren aber gleichzeitig Ungereimtheiten – bei uns selbst oder beim Gegenüber. Vielleicht sollten wir mutiger werden, eigene und fremde Konflikte anzusprechen? Das eigene Lernen innerhalb der Familie erlebe ich dabei als gutes Übungsfeld. Sie haben das «Das Buch vom Frieden» (2012) verfasst. Was ist die Botschaft, die Sie darin vermitteln? Liest und hört man heute etwas zum Thema Frieden, klingt es oft akademisch und kompliziert. Und vor allem scheint das Thema weit weg in einem anderen Land von Bedeutung. Friedliches Zusammenleben von Menschen hat aber konkret auch mit der Geschichte von jedem von uns zu tun. Es geht darum, wie die zwischenmenschlichen Beziehungen gelebt werden. Wie ein solcher Lebensstil aussehen kann, wenn der christliche Glaube ernst genommen wird, möchte ich mit diesem Buch aufzeigen. Interview: Thomas Hanimann Hilfe zur Versöhnung bringt «Das Buch vom Frieden» (2012). Herodes regiert vor der St.Ursen-Kathedrale Solothurn. Am Sonntag, 14. Dezember 2014, ist die Stadt Solothurn in den Händen von römischen Soldaten. König Herodes regiert. Er sucht nach einem Kind, das irgendwo in der Stadt in einem Stall zur Welt gekommen ist. Auf den Strassen und Plätzen wird die Weihnachtsgeschichte aufgeführt. An der Kreuzackerbrücke werden die Passanten von römischen Soldaten angehalten und aufgefordert, sich einschreiben zu lassen. «Zu welchem Stamm gehören Sie?», fragt ein grimmiger, römischer Beamter. Nach der Registrierung gelangt man in die Stadt. Bereits am Kronenstutz wartet Herodes, der seinen Thron auf der Treppe zur St. Ursen-Kathedrale aufgebaut hat und dort mit seiner Gefolgschaft residiert. Auf der Hauptgasse begegnen die Stadtbesucher den Weisen aus dem Morgenland, Die Magier aus dem Morgenland ziehen ihre Kamele durch Solothurn. Christoph Schmid die mit richtigen Kamelen unterwegs sind. Diese Gelehrten begegnen auf dem Marktplatz der Krippenszene. Denn dort lebt ein Paar mit einem neugeborenen Kind in einem Stall. Zudem ist auf dem Friedhofsplatz ein Hirtenfeld eingerichtet, mit echten Hirten und echten Schafen. Die Hirten machen sich, samt Schafen, in einem regelmässigen Turnus auf zur Krippe. Von der Stadt gekrönt Hinter der Aufführung der Weihnachtsgeschichte im Massstab 1:1 in Solothurn stehen alle Landes- und Freikirchen der Stadt. Die Idee kommt von Regula Buob, die unter anderem Stadtführungen anbietet. «Ich sah etwas Ähnliches in den USA, in San Diego. Die Darsteller trugen Kostüme wie in Hollywood», erinnert sich Buob. «Dann zogen wir nach Solothurn. Die historische Altstadt schien mir ideal, um so etwas hier zu organisieren. Ich ging auf die Kirchen zu und diese stellten ihre Leute zur Verfügung.» Das traf sich gut, denn die Stadtvereinigung wollte neben dem «Samichlaus» ohnehin etwas mehr Adventsstimmung in die Stadt hereinbringen. Und so wurde vor Solothurner Weihnachtsspiel zehn Jahren die «Weihnachtsreise» erstmals am zweiten Dezember-Sonntag aufgeführt. In nur wenigen Jahren ist die Darstellung zum Publikumsmagnet geworden. Das jährliche Adventsereignis wurde in diesem Jahr mit dem «Baloise-Bank-Anerkenungspreis» der Stadtvereinigung gekrönt. «Platz für alle» Organisator Richard Hürzeler erklärt, der Anlass sei Tradition geworden. «Sobald jeweils die Soldaten einmarschieren, kommen auch die Leute in die Stadt.» Und sie sind fasziniert. So schrieb kürzlich ein Opa, wie schön es gewesen sei, dass er dem Enkelkind die Weihnachtsgeschichte auf diese Weise habe zeigen können. Solothurner Weihnachtsspiel Regisseurin Buob: «Die Leute mögen es. Manche fragen zum Beispiel, wer der Herodes sei. Dann antworte ich, dass das in der Bibel steht. Vielen gefällt, dass die verschiedenen Kirchen dieses Projekt gemeinsam durchführen. Dieser Sonntag ist jeweils eine besondere Einstimmung auf Weihnachten.» Es sei ein Gedankengut, bei dem nicht einfach eine oder zwei Personen das Ganze ziehen. «Sondern es ist eine Bewegung, bei der alle mitmachen wollen, nicht nur der Pfarrer. So fragen manche, ob sie diese oder jene Rolle wieder spielen dürfen.» Etwa ein Drittel der Darsteller sei immer dabei, ein Drittel unregelmässig und ein Drittel sei jeweils neu. «Es ist keine starre Sache, sondern es hat Platz für alle.» Rund 70 Personen agieren als Darsteller und weitere 30 Leute wirken bei der Aufbauarbeit und Verpflegung mit. Kurz nach der Aufführung treffen sich alle Darsteller mit Besuchern der Stadt, um gemeinsam Weihnachtslieder zu singen. Das Zentrum In den USA würden mehr und mehr Nikoläuse und Renntiere Einzug halten, bilanziert Richard Hürzeler. «Wir wollen zeigen, worum es bei Weihnachten wirklich ging.» Die Weihnachtsgeschichte sei das Zentrum des Evangeliums, berichtet Urs Dummermuth, der bei den zehn ersten Ausgaben der Weihnachtsreise das OK führte. «Dass Jesus in die Dunkelheit kam und es Licht wurde. Das wollen wir den Menschen zugänglich machen. Er kam als Geschenk auf diese Welt und wir wollen nicht bei den materiellen Geschenken bleiben, sondern zeigen, dass Jesus auf Im Stall empfangen Maria und Joseph mit dem Jesuskind die Weisen und die Hirten. diese Welt kam, um Licht in unsere Herzen zu bringen. Er kam als Friedensstifter.» Auf dem Marktplatz steht jeweils die Krippe (mit einem Paar und einem echten Baby). Dummermuth: «Diese Szene ist das Zentrum von Weihnachten und bedeutet, dass der Erlöser auf die Welt gekommen ist, der die Menschen gern hat. Das ist die Botschaft, die nicht nur zehnmal Gültigkeit hat, sondern seit über 2000 Jahren.» Daniel Gerber

viertelstunde.ch Dez. <strong>2014</strong><br />

6 INTERVIEW<br />

viertelstunde.ch Dez. <strong>2014</strong><br />

LEBEN<br />

7<br />

Das harte Ringen<br />

um ein bisschen Frieden<br />

«Warum toben die Völker?», hat schon der Schreiber<br />

des zweiten Psalms der Bibel verzweifelt gefragt. Diese<br />

Klage hat für das Jahr <strong>2014</strong> nichts an Aktualität verloren.<br />

Es war ein Jahr von grossen politischen Konflikten mit<br />

Folgen für die ganze Welt. Der Buchautor Tom Sommer<br />

sucht Antworten auf die Fragen, warum die Völker immer<br />

noch nicht in Frieden leben und was man bei politischen<br />

Konflikten tun kann.<br />

Der Buchautor<br />

Tom Sommer thematisiert<br />

biblische Werte<br />

für die Konfliktlösung.<br />

Syrien, Irak, Gaza, Ukraine:<br />

Der internationalen Gemeinschaft<br />

ist es in diesem Jahr<br />

nicht gelungen, Konfliktparteien<br />

miteinander zu<br />

versöhnen.<br />

So international die Konflikte<br />

in diesen Ländern auch<br />

aussehen, im Kern geht es oft<br />

um ein nationales Problem.<br />

Die ethnisch, religiös und politisch<br />

unterschiedlich geprägten<br />

Bevölkerungsgruppen<br />

innerhalb der gleichen<br />

Landesgrenzen versuchen (oft<br />

unbewusst) ihre eigenen Ideologien<br />

durchzusetzen. Es<br />

scheint das Verständnis dafür<br />

zu fehlen, dass ein Leben als<br />

Volk und Staat nur im Mitei-<br />

privat<br />

nander aller Menschen möglich<br />

ist.<br />

Warum ist Versöhnung<br />

in politischen Konflikten<br />

so schwierig?<br />

Wenn man das Wort Versöhnung<br />

hört, stellt man sich<br />

oft vor, dass nun wieder alles<br />

im Lot sei. Man vergisst fast,<br />

dass dahinter meist ein äusserst<br />

mühsamer Prozess steht,<br />

bei dem die Konfliktparteien<br />

schon nur mal dazu gebracht<br />

werden müssen, überhaupt<br />

miteinander zu sprechen.<br />

Worüber sollen sie denn<br />

sprechen?<br />

Ein erster versöhnlicher<br />

Schritt wäre etwa, eine möglichst<br />

präzise Abmachung zu<br />

formulieren – zum Beispiel<br />

mit dem Ziel, Ungerechtigkeiten<br />

bei der Nutzung von<br />

Land und Wasser endlich zu<br />

klären oder auf offene Gewalt<br />

zu verzichten. Eine Gefahr<br />

für diesen Prozess ist die<br />

Doppelbödigkeit: So lange<br />

innerhalb der eigenen Gruppe<br />

oder der eigenen Sprache<br />

anders gesprochen wird als<br />

gegenüber dem Konfliktgegner,<br />

wird immer wieder neues<br />

Misstrauen geschürt.<br />

Und der zweite Schritt?<br />

Öffentliche Zeichen sind<br />

von grosser Bedeutung. Eine<br />

internationale Studie hat ergeben,<br />

dass Länder, die nach<br />

Konflikten öffentliche Anlässe<br />

zur Versöhnung durchgeführt<br />

haben, in zwei Drittel<br />

der Fälle nicht wieder in Gewaltkonflikte<br />

zurückgefallen<br />

sind. Ohne solche Prozesse<br />

schafften es nur neun Prozent<br />

der Länder. Das ist ein eindrückliches<br />

Resultat!<br />

Kennen Sie ein Beispiel,<br />

wo politische Versöhnung<br />

gelungen ist?<br />

Die Bundesrepublik<br />

Deutschland ist weltweit anerkannt<br />

als «Vorzeigeland»<br />

für eine gelungene politische<br />

Versöhnung mit den umliegenden<br />

Ländern nach dem<br />

2. Weltkrieg. Beispiel: das<br />

Nachbarland Polen. Zum Erfolg<br />

haben einige grundlegende<br />

Aspekte beigetragen,<br />

wie etwa das öffentliche Anerkennen<br />

des Unrechts, wiederholte<br />

Besuche auf höchster<br />

politischer Stufe mit symbolischen<br />

Gesten des Bedauerns<br />

und konstante Aufarbeitung<br />

der gemeinsamen<br />

Konfliktgeschichte. Auch die<br />

gemeinsame Entwicklung von<br />

Lehrmaterialien kann hilfreich<br />

sein. Auf jeden Fall<br />

braucht ein Versöhnungsprozess<br />

Zeit.<br />

Jesus ruft seine Anhänger<br />

dazu auf, Friedensstifter zu<br />

sein. Was heisst das für die<br />

Christen heute?<br />

Friedensstifter sein klingt<br />

gut, ist aber anstrengend, herausfordernd<br />

und alles andere<br />

als selbstverständlich. Oft bemühen<br />

wir uns nett zu sein,<br />

spüren aber gleichzeitig Ungereimtheiten<br />

– bei uns selbst<br />

oder beim Gegenüber. Vielleicht<br />

sollten wir mutiger<br />

werden, eigene und fremde<br />

Konflikte anzusprechen? Das<br />

eigene Lernen innerhalb der<br />

Familie erlebe ich dabei als<br />

gutes Übungsfeld.<br />

Sie haben das «Das Buch<br />

vom Frieden» (2012) verfasst.<br />

Was ist die Botschaft, die Sie<br />

darin vermitteln?<br />

Liest und hört man heute<br />

etwas zum Thema Frieden,<br />

klingt es oft akademisch<br />

und kompliziert. Und vor allem<br />

scheint das Thema weit<br />

weg in einem anderen Land<br />

von Bedeutung. Friedliches<br />

Zusammenleben von Menschen<br />

hat aber konkret auch<br />

mit der Geschichte von jedem<br />

von uns zu tun. Es geht<br />

darum, wie die zwischenmenschlichen<br />

Beziehungen<br />

gelebt werden. Wie ein solcher<br />

Lebensstil aussehen<br />

kann, wenn der christliche<br />

Glaube ernst genommen<br />

wird, möchte ich mit diesem<br />

Buch aufzeigen.<br />

Interview: Thomas Hanimann<br />

Hilfe zur Versöhnung<br />

bringt «Das Buch vom<br />

Frieden» (2012).<br />

Herodes regiert vor der<br />

St.Ursen-Kathedrale<br />

Solothurn. Am Sonntag, 14. Dezember<br />

<strong>2014</strong>, ist die Stadt Solothurn in<br />

den Händen von römischen Soldaten.<br />

König Herodes regiert. Er sucht nach<br />

einem Kind, das irgendwo in der<br />

Stadt in einem Stall zur Welt gekommen<br />

ist. Auf den Strassen und Plätzen<br />

wird die Weihnachtsgeschichte aufgeführt.<br />

An der Kreuzackerbrücke<br />

werden die Passanten von römischen<br />

Soldaten angehalten<br />

und aufgefordert, sich einschreiben<br />

zu lassen. «Zu welchem<br />

Stamm gehören Sie?»,<br />

fragt ein grimmiger, römischer<br />

Beamter. Nach der Registrierung<br />

gelangt man in<br />

die Stadt. Bereits am Kronenstutz<br />

wartet Herodes, der seinen<br />

Thron auf der Treppe zur<br />

St. Ursen-Kathedrale aufgebaut<br />

hat und dort mit seiner<br />

Gefolgschaft residiert.<br />

Auf der Hauptgasse begegnen<br />

die Stadtbesucher den<br />

Weisen aus dem Morgenland,<br />

Die Magier aus dem Morgenland ziehen ihre<br />

Kamele durch Solothurn.<br />

Christoph Schmid<br />

die mit richtigen Kamelen unterwegs<br />

sind. Diese Gelehrten<br />

begegnen auf dem Marktplatz<br />

der Krippenszene. Denn dort<br />

lebt ein Paar mit einem neugeborenen<br />

Kind in einem Stall.<br />

Zudem ist auf dem Friedhofsplatz<br />

ein Hirtenfeld eingerichtet,<br />

mit echten Hirten und<br />

echten Schafen. Die Hirten<br />

machen sich, samt Schafen, in<br />

einem regelmässigen Turnus<br />

auf zur Krippe.<br />

Von der Stadt gekrönt<br />

Hinter der Aufführung<br />

der Weihnachtsgeschichte im<br />

Massstab 1:1 in Solothurn<br />

stehen alle Landes- und Freikirchen<br />

der Stadt. Die Idee<br />

kommt von Regula Buob, die<br />

unter anderem Stadtführungen<br />

anbietet. «Ich sah etwas<br />

Ähnliches in den USA, in San<br />

Diego. Die Darsteller trugen<br />

Kostüme wie in Hollywood»,<br />

erinnert sich Buob. «Dann<br />

zogen wir nach Solothurn.<br />

Die historische Altstadt schien<br />

mir ideal, um so etwas hier zu<br />

organisieren. Ich ging auf die<br />

Kirchen zu und diese stellten<br />

ihre Leute zur Verfügung.»<br />

Das traf sich gut, denn die<br />

Stadtvereinigung wollte neben<br />

dem «Samichlaus» ohnehin<br />

etwas mehr Adventsstimmung<br />

in die Stadt hereinbringen.<br />

Und so wurde vor<br />

Solothurner Weihnachtsspiel<br />

zehn Jahren die «Weihnachtsreise»<br />

erstmals am zweiten<br />

Dezember-Sonntag aufgeführt.<br />

In nur wenigen Jahren<br />

ist die Darstellung zum Publikumsmagnet<br />

geworden. Das<br />

jährliche Adventsereignis wurde<br />

in diesem Jahr mit dem<br />

«Baloise-Bank-Anerkenungspreis»<br />

der Stadtvereinigung gekrönt.<br />

«Platz für alle»<br />

Organisator Richard<br />

Hürzeler erklärt, der Anlass<br />

sei Tradition geworden. «Sobald<br />

jeweils die Soldaten einmarschieren,<br />

kommen auch<br />

die Leute in die Stadt.» Und<br />

sie sind fasziniert. So schrieb<br />

kürzlich ein Opa, wie schön es<br />

gewesen sei, dass er dem Enkelkind<br />

die Weihnachtsgeschichte<br />

auf diese Weise habe<br />

zeigen können.<br />

Solothurner Weihnachtsspiel<br />

Regisseurin Buob: «Die<br />

Leute mögen es. Manche fragen<br />

zum Beispiel, wer der<br />

Herodes sei. Dann antworte<br />

ich, dass das in der Bibel steht.<br />

Vielen gefällt, dass die verschiedenen<br />

Kirchen dieses<br />

Projekt gemeinsam durchführen.<br />

Dieser Sonntag ist jeweils<br />

eine besondere Einstimmung<br />

auf <strong>Weihnachten</strong>.» Es<br />

sei ein Gedankengut, bei dem<br />

nicht einfach eine oder zwei<br />

Personen das Ganze ziehen.<br />

«Sondern es ist eine Bewegung,<br />

bei der alle mitmachen<br />

wollen, nicht nur der Pfarrer.<br />

So fragen manche, ob sie diese<br />

oder jene Rolle wieder<br />

spielen dürfen.» Etwa ein<br />

Drittel der Darsteller sei immer<br />

dabei, ein Drittel unregelmässig<br />

und ein Drittel sei<br />

jeweils neu. «Es ist keine starre<br />

Sache, sondern es hat Platz<br />

für alle.» Rund 70 Personen<br />

agieren als Darsteller und<br />

weitere 30 Leute wirken bei<br />

der Aufbauarbeit und Verpflegung<br />

mit. Kurz nach der<br />

Aufführung treffen sich alle<br />

Darsteller mit Besuchern der<br />

Stadt, um gemeinsam Weihnachtslieder<br />

zu singen.<br />

Das Zentrum<br />

In den USA würden<br />

mehr und mehr Nikoläuse<br />

und Renntiere Einzug halten,<br />

bilanziert Richard Hürzeler.<br />

«Wir wollen zeigen, worum<br />

es bei <strong>Weihnachten</strong> wirklich<br />

ging.»<br />

Die Weihnachtsgeschichte<br />

sei das Zentrum des Evangeliums,<br />

berichtet Urs Dummermuth,<br />

der bei den zehn<br />

ersten Ausgaben der Weihnachtsreise<br />

das OK führte.<br />

«Dass Jesus in die Dunkelheit<br />

kam und es Licht wurde. Das<br />

wollen wir den Menschen zugänglich<br />

machen. Er kam als<br />

Geschenk auf diese Welt und<br />

wir wollen nicht bei den materiellen<br />

Geschenken bleiben,<br />

sondern zeigen, dass Jesus auf<br />

Im Stall empfangen Maria und Joseph mit dem<br />

Jesuskind die Weisen und die Hirten.<br />

diese Welt kam, um Licht in<br />

unsere Herzen zu bringen. Er<br />

kam als Friedensstifter.»<br />

Auf dem Marktplatz steht<br />

jeweils die Krippe (mit einem<br />

Paar und einem echten<br />

Baby). Dummermuth: «Diese<br />

Szene ist das Zentrum von<br />

<strong>Weihnachten</strong> und bedeutet,<br />

dass der Erlöser auf die Welt<br />

gekommen ist, der die Menschen<br />

gern hat. Das ist die<br />

Botschaft, die nicht nur zehnmal<br />

Gültigkeit hat, sondern<br />

seit über 2000 Jahren.»<br />

Daniel Gerber

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