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D - Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle

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M u n d - , K i e f e r - u n d p l a s t i s c h e G e s i c h t s c h i r u r g i e<br />

| 14<br />

Die folgende Tabelle gibt darüber Auskunft:<br />

Wie<strong>der</strong>holungsrisiko für LKG-Spalten in Abhängigkeit<br />

vom Verwandtschaftsgrad und<br />

<strong>der</strong> bisherigen hereditären Belastung<br />

ein forschungsschwerpunkt unserer klinik<br />

ist seit mehreren Jahrzehnten die Prävention<br />

von lippen-kiefer-Gaumenspalten. Grundlage<br />

aller maßnahmen zur Prävention sind dabei<br />

die Überlegungen zur ätiologie <strong>der</strong> lkG.<br />

das multifaktorielle schwellenmodell zählt<br />

zu den anerkanntesten ätiologischen modellen<br />

für die entstehung <strong>der</strong> lk(G) und an<strong>der</strong>er<br />

fehlbildungen. Grundidee dieses modells ist<br />

die additive Wirkung von erbmasse und umwelt,<br />

die durch den Begriff „multifaktoriell“<br />

ausgedrückt wird. dabei kann die sich summierende<br />

Wirkung einiger mutierter Gene<br />

und vielfältig einfluss nehmen<strong>der</strong> exogener<br />

faktoren nur bis zu einer bestimmten schwelle<br />

vom wachsenden individuum toleriert werden.<br />

Beim Überschreiten <strong>der</strong> schwelle kommt<br />

es zur manifestation einer fehlbildung.<br />

da es bislang noch nicht möglich ist, endogene<br />

genetische faktoren zur senkung des<br />

Wie<strong>der</strong>holungsrisikos zu beeinflussen, kön-<br />

K O N t A K t :<br />

<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />

Mund-, Kiefer- und Plastische<br />

Gesichtschirurgie<br />

Dr. Birgit Scheffler<br />

Ernst-Grube-Str. 40<br />

06120 <strong>Halle</strong> (Saale)<br />

und Große Steinstr. 19<br />

06108 <strong>Halle</strong> (Saale)<br />

Tel.: (0345) 557-3731<br />

Fax: (0345) 557-3778<br />

mkg.sekretariat@medizin.uni-halle.de<br />

birgit.scheffler@medizin.uni-halle.de<br />

www.medizin.uni-halle.de/zzmk/mkpgch<br />

Verwandschaftsgrad LKG<br />

Ein Elternteil betroffen 3,5%<br />

Zwei Elternteile betroffen 35 %<br />

Ein Geschwisterkind betroffen 4%<br />

Zwei Geschwister betroffen 10%<br />

Ein Elternteil und ein Geschwisterkind betroffen 16%<br />

Verwandter zweiten Grades betroffen 0,6%<br />

nen sich die maßnahmen zur Prophylaxe<br />

<strong>der</strong>zeit nur auf die abschwächung exogener<br />

faktoren konzentrieren. dazu zählt beispielsweise,<br />

dass schwangeren keine medikamente<br />

mit bekanntem teratogenen Potential verordnet<br />

werden (u.a. Phenytoin, Phenobarbital,<br />

diazepam). aber auch <strong>der</strong> ausgleich von<br />

bestimmten vitaminmangelzuständen, unter<br />

denen ein Großteil <strong>der</strong> mitteleuropäischen<br />

Bevölkerung leidet und die ebenfalls gehäuft<br />

mit fehlbildungen assoziiert sind, durch vitaminsubstitution<br />

kann als präventive maßnahme<br />

angesehen werden.<br />

unsere durchgeführten experimentellen studien<br />

zeigten folgende ergebnisse:<br />

• nachweis eines teratogenen effekts von vitamin-B-mangel,<br />

• präventiver effekt von vitamin-B-komplexsubstitution<br />

auf cyclophosphamid- und<br />

cortison-induzierte spalten<br />

• Überlegenheit von vitamin-B-komplex-Gabe<br />

gegenüber einer vitamin-monotherapie<br />

• Beeinflussbarkeit <strong>der</strong> spaltfrequenz durch<br />

Gabe von vitamin-B-komplex nicht nur vor<br />

(prophylaktisch) und während, son<strong>der</strong>n sogar<br />

nach (therapeutisch) <strong>der</strong> kritischen entwicklungsphase<br />

• beste Wirksamkeit bei anwendung über die<br />

gesamt Phase <strong>der</strong> embryogenese<br />

Unser Prophylaxe-Regime ist<br />

folgen<strong>der</strong>maßen aufgebaut:<br />

vor Beginn <strong>der</strong> Prophylaxe steht ein intensives<br />

Beratungs- und aufklärungsgespräch<br />

bei<strong>der</strong> eltern. idealerweise beginnen wir die<br />

Prophylaxe bereits vor eintritt <strong>der</strong> schwangerschaft<br />

(präkonzeptionell) spätestens aber<br />

ab dem 35. embryonaltag (nicht zu verwechseln<br />

mit schwangerschaftstagen, die ab <strong>der</strong><br />

letzten regel gezählt werden, also meist 14<br />

tage unterschied).<br />

es werden hohe dosen von vitamin-B-komplex<br />

und zusätzlich zwei mal pro Woche 10 ml<br />

eines eiweißfreien hämolysats aus kälberblut<br />

i. m. über das gesamte erste trimenon appliziert.<br />

für letzteres mittel, das die sauerstoff-<br />

und substratversorgung im organismus auch<br />

unter mangelbedingungen verbessert, ist vom<br />

hersteller allerdings ab diesem Jahr nicht<br />

mehr die zulassung für die Bundesrepublik<br />

beantragt worden.<br />

in einer prospektiven studie führten wir 88<br />

mal bei frauen mit nicht-syndromalen lkG in<br />

<strong>der</strong> familien- o<strong>der</strong> eigenanamnese und kin<strong>der</strong>wunsch<br />

eine spaltprävention durch. das<br />

empirisch bestimmte durchschnittliche risiko<br />

ohne Prophylaxemaßnahmen lag für lk (G)<br />

bei 4,9 Prozent und für G bei 2,4 Prozent. das<br />

tatsächlich beobachtete risiko mit Prophylaxe<br />

betrug bei lk(G) null Prozent für die eigentliche<br />

spaltbildung bzw. 2,9 Prozent bei Berücksichtigung<br />

auch <strong>der</strong> mikrosymptome und<br />

für die isolierte Gaumenspalten null Prozent.<br />

die an unserer klinik durchgeführte spaltprävention<br />

hat sich somit als effektives Prophylaxeregime<br />

bewährt und wird fortgeführt.<br />

abschließend ist anzumerken, dass es sich<br />

bei lippen-kiefer-Gaumenspalten um eine<br />

sehr gut behandelbare fehlbildung handelt,<br />

die den Betroffenen nach Therapie in einem<br />

„spaltzentrum“ ein weitestgehend normales<br />

leben ermöglicht. im Übrigen hat sich bei<br />

uns auch die Beratung vor <strong>der</strong> Geburt eines<br />

kindes bewährt, wenn die fehlbildung im<br />

rahmen <strong>der</strong> pränatalen ultraschalldiagnostik<br />

festgestellt wurde und die zukünftigen eltern<br />

darüber beunruhigt sind o<strong>der</strong> betroffen<br />

reagieren.

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