"Mein Zuhause." 2012.pdf - Beamten-Wohnungs-Verein zu Berlin eG
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26 bwv einer von uns<br />
_HERR GRACHUL – EIN MANN, DER FÜR DURCHBLICK SORGTE!<br />
Herr Grachul<br />
Wer die Geschichte unserer Genossenschaft über<br />
die vergangenen Jahrzehnte verfolgt hat, wird<br />
unweigerlich auf den Namen Hans Grachul<br />
stoßen. Herr Grachul – mittlerweile 91 Jahre<br />
alt – war langjähriger technischer Mitarbeiter<br />
und später Prokurist der <strong>Beamten</strong>-<strong>Wohnungs</strong>-<br />
<strong>Verein</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong> <strong>eG</strong> und hat den Werdegang der<br />
Genossenschaft in den Aufbaujahren nach dem<br />
zweiten Weltkrieg begleitet und beeinflusst.<br />
Bereits im vergangenen Jahr – anlässlich seines<br />
90. Geburtstages – konnten wir als Gratulanten<br />
mit dem Vorstand und dem Aufsichtsratsvorsitzenden<br />
gespannt den verschiedenen Geschichten<br />
und Anekdoten von damals und heute lauschen,<br />
die durch ihre Vielschichtigkeit und<br />
Detail treue bestachen. Grund genug für uns,<br />
nochmals nach<strong>zu</strong>haken und auch Ihnen, liebe<br />
Leserin und lieber Leser, unseren ehemaligen<br />
Mitarbeiter und weiterhin in Steglitz wohnendendes<br />
Mitglied vor<strong>zu</strong>stellen.<br />
Zu unserem vereinbarten “kollegialen Plausch“<br />
zog Herr Grachul eine detaillierte Vita aus seiner<br />
Aktentasche, die sicherlich auch so manchem<br />
heutigen Bewerbungsverfahren standhalten<br />
würde. Schon die minutiöse Auflistung seiner<br />
Geburt am 05. Oktober 1921 um 4:30 Uhr verdeutlicht<br />
Herrn Grachuls Vorliebe für Zahlen und<br />
Fakten. „Man kommt eben nicht aus seiner Haut!“<br />
konstatierte er verschmitzt und erzählt sogleich<br />
eine Geschichte aus seiner beruflichen Laufbahn.<br />
Dabei rechnete er, bewaffnet mit Rechenmaschine<br />
und Millimeterpapier den erhöhten Wasserverbrauch<br />
in einer Siedlung der Genossenschaft<br />
nach und gewann den Durchblick, dass eine<br />
damalige Nutzerin den gesamten Tag ihren<br />
Garten sprengte, weil sie„ … dabei im Liege -<br />
stuhl kühle Luft genießen wollte“.<br />
Befragt danach, wie ihn sein Weg <strong>zu</strong>r Genossenschaft<br />
führte, schilderte der gelernte Bauingenieur,<br />
dass die unvorhergesehenen Begegnungen<br />
mit dem Architekten Alfred W. Rahn dafür ausschlaggebend<br />
waren. In Kriegsgefangenschaft<br />
kennengelernt, verloren sich die Wege der Beiden<br />
nach ihrer Rückkehr nach Deutschland. Ein<br />
<strong>zu</strong>fälliges Wiedersehen bei einem Spaziergang<br />
auf dem Kurfürstendamm hatte eine neue berufliche<br />
Perspektive für Herrn Grachul <strong>zu</strong>r Folge,<br />
indem er als Bauleiter bei einer Enttrümmerungsfirma<br />
begann. Kurze Zeit später wechselte<br />
er als technischer Leiter mit Prokura in eine<br />
Baugesellschaft. 1952 kündigte er nach wiederkehrenden<br />
Ärgernissen in der Firma seine Anstellung.<br />
Wiederholt war eine Begegnung mit<br />
dem Architek ten Rahn richtungsweisend, der<br />
mittlerweile ein eigenes Architekturbüro unterhielt.<br />
Trotz Einkommenseinbußen von 150 DM<br />
wurde die Anstellung mit Handschlag besiegelt.<br />
In der darauffolgenden Zeit hat Herr Grachul<br />
neben der beruflichen Tätigkeit sein Bauingenieur<br />
studium beendet.<br />
Als Büroleiter war Herr Grachul wesentlich an<br />
der Intensivierung der Kooperation zwischen<br />
dem Büro Rahn und der <strong>Beamten</strong>-<strong>Wohnungs</strong>-<br />
<strong>Verein</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong> <strong>eG</strong> in den 50er Jahren be teiligt.<br />
Anfänglich mit der Feststellung der Kriegsschäden<br />
an unseren Liegenschaften beauftragt, erweiterte<br />
sich die Zusammenarbeit später auf die<br />
Unterbreitung von Vorschlägen für Grundstückskäufe,<br />
die Erstellung von Wirtschaftlichkeitsberechnungen,<br />
Ausschreibungen und Rechnungskontrollen<br />
bis hin <strong>zu</strong>r Oberbauleitung. Herr<br />
Grachul war ab 1954 erster Ansprechpartner des<br />
Architekturbüros für unsere Genossenschaft. In<br />
dieser Zeit errichteten wir unsere Wohnanlagen<br />
Tempelhof II (1954), Tempelhof III (1958), Mariendorf<br />
I bis III sowie Lichterfelde IV (1963). Über<br />
seine Zeit im Architekturbüro und später bei der<br />
Genossenschaft sagt er aus heutiger Sicht: „Wir<br />
haben keinen Flughafen gebaut! Eben mit einfachen<br />
althergebrachten Mitteln – der Mathematik<br />
ohne PC – wurden die Baukosten für die im<br />
Bauzeitplan vorgesehenen Arbeiten kalkuliert.<br />
Kein Bau ist kostenmäßig überzogen worden. Sie<br />
wurden alle termingemäß fertiggestellt und<br />
bezogen.“<br />
1964 vollzog er den „Seitenwechsel“ <strong>zu</strong>m Bauherrn<br />
und war fortan technischer Sachbearbeiter,<br />
ab 1968 Handlungsbevollmächtigter und von<br />
1977 bis <strong>zu</strong>r Berentung Prokurist der Genossenschaft.<br />
In seiner Tätigkeit zeichnete Herr Grachul<br />
mitverantwortlich beim Neubau unserer Wohnanlagen<br />
Rudow I und II in Gropiusstadt, die in<br />
diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feierte.<br />
Als einen besonderen Wert in seiner Tätigkeit in<br />
der Genossenschaft empfand Herr Grachul das<br />
selbständige und eigenverantwortliche Arbeiten.<br />
Den unterschiedlichen beruflichen Herausforderungen<br />
widmete er sich stets unter dem Motto<br />
„die Sachlage <strong>zu</strong> verstehen, <strong>zu</strong> durchdringen und<br />
genossenschaftliche Entscheidungen voran<strong>zu</strong>bringen“.<br />
Für sein langjähriges Wirken in der<br />
<strong>Wohnungs</strong>wirtschaft wurde er 1996 vom Gesamtverband<br />
der <strong>Wohnungs</strong>wirtschaft mit der<br />
Ehrenmedaille in Silber ausgezeichnet.<br />
Auch nach seiner aktiven beruflichen Laufbahn,<br />
im April 1987, blieb Herr Grachul der Genossenschaft<br />
treu und zeigte sich stets den ihm entgegengebrachten<br />
Anliegen aufgeschlossen. So war<br />
er mehrere Jahre aktives Mitglied der Vertreterversammlung<br />
und des Aufsichtsrats und übernahm<br />
2002 für eine kurze Zeit die Vorstandstätigkeit<br />
in unserer Genossenschaft. Nebenbei<br />
jonglierte er weiterhin mit Zahlen und Fakten,<br />
organisierte und moderierte die interessanten<br />
Hausgruppenfahrten und zeichnete mitverantwortlich<br />
für das Jubiläumsfest <strong>zu</strong>m 100. unserer<br />
Genossenschaft. Wie er selber feststellte: „Neue<br />
Aufgaben werden mir immer wieder gestellt, weil<br />
ich meinen Mund nicht halten kann, wenn ich<br />
glaube, dass nach meiner Ansicht bessere Ergebnisse<br />
<strong>zu</strong> erzielen sind.“ Heute lebt er gern und<br />
<strong>zu</strong>frieden in der Genossenschaft und beobachtet<br />
mit etwas Distanz aber interessiert ihre Belange<br />
und Entwicklung. „Vieles hat sich ge ändert, die<br />
Genossenschaft tut eine Menge, um auch in<br />
heutigen Zeiten die Identifikation mit ihr <strong>zu</strong><br />
stärken.“<br />
Wir danken Herrn Grachul für ein interessantes<br />
Gespräch und für ein bisschen mehr Durchblick<br />
durch ein paar Jahrzehnte Genossenschaftsgeschichte.