Besuch aus dem Mittelalter beim Kaiser-Otto-Fest - MWG
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24<br />
Humor ■<br />
In den Mund gelegt<br />
1<br />
2<br />
Glossiert<br />
Ich bin ein Daten-Pechvogel. Mich<br />
erwischt es immer wieder. Jetzt diese<br />
fürchterliche Sony-Panne. Seit man<br />
mir’s getwittert hat, wage ich nicht<br />
mehr, meine PlayStation einzuschalten.<br />
Angeblich haben die Trojaner<br />
schon meinen Router erobert. Öffne<br />
ich jetzt also meine datenlöchrige<br />
PlayStation, um mal schnell FIFA 10<br />
zu zocken, bin ich erledigt. Stand in<br />
ComputerBILD.<br />
Aber ich bin ja Kummer gewöhnt.<br />
Erinnern Sie sich noch an Oktober<br />
2008? Damals klauten Diebe 17 Millionen<br />
T-Mobile-Kundendatensätze.<br />
Drei Tage später bekam ich einen<br />
Anruf. Leichter Akzent, ich tippe auf<br />
Persisch: „Entweder Sie schicken uns<br />
Ihr i-Phone oder wir schicken Ihre gewählten<br />
Rufnummern der letzten drei<br />
Jahre an Ihre Frau.“ Seit<strong>dem</strong> habe ich<br />
kein Handy mehr. Und ich will auch<br />
keins mehr.<br />
Und trotz<strong>dem</strong> habe ich im September<br />
2009 meine Unschuld verloren. Als<br />
langjähriger Beate Uhse-Kunde (ich<br />
ordere da Strumpfhosen für die Oma),<br />
habe ich <strong>aus</strong> Versehen bei einem Gewinnspiel<br />
mitgemacht. Dann gabs die<br />
Datenpanne in Flensburg und meine<br />
E-Mail-Adresse war so öffentlich<br />
wie das Klo auf <strong>dem</strong> Hauptbahnhof.<br />
Wenn Blicke töten könnte, würde ich<br />
das hier nicht mehr schreiben können.<br />
Meine Oma hat mich enterbt und ich<br />
habe keine E-Mail-Adresse mehr.<br />
Zwei Monate später wurde ich<br />
auch meines Wissens beraubt. Da ich<br />
loggia • Das Mietermagazin<br />
3<br />
Aufsichtsratsvorsitzenden Uwe Senff, Vorstandssprecher Thomas<br />
Fischbeck, einer Teilnehmerin der <strong>MWG</strong>-Radtour und Gudrun Bertling<br />
vom Verband der Wohnungsgenossenschaften<br />
4<br />
Peinliche Löcher<br />
ungern in Bücherläden herumlaufe,<br />
ordere ich frisches Lesefutter <strong>beim</strong><br />
Online-Buchhändler libri.de. Als Leseratte<br />
sind meine Rechnungen so<br />
hoch wie ein aufgestapeltes Meyers<br />
Lexikon. Ein Leck in der libri-Datenbank<br />
machte meine Rechnungen<br />
der letzten 5 Jahre öffentlich. Ganz<br />
schön peinlich, als mein Chef von mir<br />
wissen wollte, warum ich jedes Buch<br />
von Rosamunde Pilcher im Schrank<br />
habe ... Seit<strong>dem</strong> gucke ich in kein<br />
Buch mehr.<br />
Seit Januar 2010 habe ich nicht<br />
mal mehr eine Krankenkasse: Bis dahin<br />
war ich bei der BKK Gesundheit.<br />
Bis mich eine Studentin <strong>aus</strong> deren<br />
Callcenter anrief und mir drohte, alle<br />
meine Gebrechen an die große Glocke<br />
zu hängen, wenn ich ihr nicht so<br />
eine Art monatliche Schweigemedizin<br />
überweise. Ich habe der Kasse sofort<br />
gekündigt. Seit<strong>dem</strong> bin ich so misstrauisch,<br />
dass ich keine Zeit mehr<br />
zum Kranksein habe.<br />
Doch meine Pechsträhne reißt<br />
einfach nicht ab. Zwei Monate nach<br />
einem Urlaub in Spanien zeigte mein<br />
Kreditkartenkonto plötzlich Abbuchungen<br />
so hoch wie mein Hotelklotz.<br />
Bei einem Dienstleister für Kartenabrechnungen<br />
deutscher Urlauber<br />
waren Daten abhanden gekommen.<br />
Meine natürlich mit. Die Bank bot mir<br />
zwar eine neue Kreditkarte an – doch<br />
ich lehnte dankend ab. Seit<strong>dem</strong> habe<br />
ich weder gute noch schlechte Karten.<br />
Ich habe gar keine mehr.<br />
6<br />
Bis auf die Knochen war ich erst<br />
vor wenigen Wochen blamiert. Meine<br />
Bewerbung bei der Unesco stand<br />
plötzlich für Jedermann sichtbar im<br />
Internet. Meine Frau hat noch blöder<br />
geguckt als mein Chef.<br />
Jede Nacht zittere ich, dass wenigstens<br />
bei den Städtischen Werken<br />
die Daten sicher sind. Man stelle sich<br />
doch mal vor, so ein verkommener<br />
Hacker macht öffentlich, dass ich<br />
mich so selten wasche, weil ich im<br />
Jahr nicht mal 1 Kubikmeter Wasser<br />
zahle. Oder der posaunt in die Welt<br />
hin<strong>aus</strong>, wie oft ich für kleine Jungs ...<br />
Ich hätte doch sofort alle Urologen der<br />
Stadt auf <strong>dem</strong> Hals.<br />
Ich habe mich jetzt <strong>aus</strong> diesem virtuellen<br />
Selbstbedienungsladen verabschiedet.<br />
Ein für alle mal! Ich schreibe<br />
wieder mit der Hand, zahle in bar, gebe<br />
keinem Aas mehr meine Adresse,<br />
mache mich stets drei Jahre jünger,<br />
chatte, simse und telefoniere nicht<br />
mehr. Briefmarken lasse ich mir von<br />
der Nachbarin mitbringen, Sky buche<br />
ich über meine Großmutter und <strong>beim</strong><br />
Einwohnermeldeamt habe ich mich<br />
als Vater der Tochter des Onkels meiner<br />
Schwägerin gemeldet.<br />
Nur bei meinem Chef komme ich<br />
damit nicht durch. Der besteht hartnäckig<br />
darauf, dass ich jeden Tag 7,5<br />
Stunden vor diesem Bildschirm hänge.<br />
Er meint, dass das mit <strong>dem</strong> Filzstift<br />
und <strong>dem</strong> Schmierzettel echt nicht<br />
geht – so als Administrator bei Facebook.<br />
Jens-Uwe Jahns<br />
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