Leitfaden zur Beratung bei Langzeiterkrankung durch ... - Stadt Zürich
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<strong>Leitfaden</strong> <strong>zur</strong> <strong>Beratung</strong><br />
<strong>bei</strong> <strong>Langzeiterkrankung</strong><br />
<strong>durch</strong> APNs<br />
leila<br />
Leben mit <strong>Langzeiterkrankung</strong>
Impressum<br />
Herausgeberin<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Zürich</strong><br />
Städtische Gesundheitsdienste<br />
Projekt Leila<br />
Walchestrasse 31<br />
Postfach, 8021 <strong>Zürich</strong><br />
Telefon 044 412 44 97<br />
www.stadt-zuerich.ch/leila<br />
www.gesundheitsnetz2025.ch<br />
leila@zuerich.ch<br />
Verfasserinnen<br />
Margot Klein, RN, MNSc<br />
Christine Rex, RN, BNSc<br />
Heidi Sommer, RN, MNSc<br />
Christine Reichart, RN, MAS Gerontologie<br />
Bilder<br />
Susi Lindig<br />
Layout<br />
Lumir Vaculik<br />
1. Auflage<br />
200 Exemplare<br />
FSC-zertifiziertes Papier<br />
© 2012<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Zürich</strong><br />
Städtische Gesundheitsdienste
Inhalt<br />
Editorial 2<br />
Einleitung 3<br />
Verständnis 4<br />
<strong>Beratung</strong> 7<br />
Reflexion 16<br />
Instrumente 18<br />
Fallgeschichten 22<br />
Quellen 23<br />
1
Editorial<br />
Editoral<br />
Das Projekt Leila ist der Initiative Gesundheitsnetz<br />
2025 des Gesundheits- und Umweltdepartementes<br />
der <strong>Stadt</strong> <strong>Zürich</strong> zu verdanken.<br />
Das Ziel, gemeinsam mit Partnerinnen und<br />
Partnern neue Formen der Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />
zu schaffen und die integrierte Versorgung im<br />
Raum <strong>Zürich</strong> zu fördern, wurde mit konkreten<br />
Projekten untermauert. Inzwischen konnte sich<br />
der Verein Gesundheitsnetz 2025 unter<br />
Mitwirkung der verschiedenen Akteurinnen und<br />
Akteure im Gesundheitswesen der Region <strong>Stadt</strong><br />
<strong>Zürich</strong> etablieren.<br />
Mit dem Projekt Leila – Leben mit <strong>Langzeiterkrankung</strong><br />
sollte das realisiert werden, wovon<br />
so viele Expertinnen und Experten schon lange<br />
sprechen. Mit einem neuen Versorgungsmodell<br />
den Herausforderungen der Zukunft begegnen<br />
und Antworten zu liefern zu den Themen:<br />
• Zunahme von chronisch und multimorbid<br />
Kranken<br />
• Bildung von interprofessionellen Chronic<br />
Care Teams<br />
• wirksamer Einsatz von Advanced Practice<br />
Nurses (APNs)<br />
Das Projekt ist mit viel Goodwill von allen<br />
beteiligten Partnerinnen und Partnern gestartet<br />
und hat während der dreijährigen Laufzeit viel<br />
Aufmerksamkeit seitens der Fachwelt erhalten.<br />
Die drei Jahre haben viele Erkenntnisse<br />
gebracht, es wurde viel investiert, neue Abläufe<br />
und Prozesse wurden beschrieben, es hat Erfolge<br />
und Rückschläge gegeben, es hat Spass<br />
gemacht – aber auch deutlich die Grenzen von<br />
Innovationen im Gesundheitswesen aufgezeigt.<br />
Ende 2012 werden wir das Projekt beenden;<br />
in der ursprünglichen Form kann es nicht weitergeführt<br />
werden. Die heute geltenden Regeln der<br />
Finanzierung verhindern es, Partner zu finden,<br />
die zwar an ein gutes Konzept glauben, aber es<br />
nicht dauerhaft finanzieren können.<br />
Wir glauben nach wie vor an das Versorgungsmodell<br />
in dieser oder einer ähnlichen Form und<br />
möchten deshalb das gewonnene Wissen mit<br />
anderen Interessierten teilen. Im vorliegenden<br />
<strong>Leitfaden</strong> <strong>zur</strong> <strong>Beratung</strong> <strong>bei</strong> <strong>Langzeiterkrankung</strong><br />
und in der später erscheinenden Dokumentation<br />
über das Versorgungsmodell im Projekt Leila<br />
werden diese Erfahrungen festgehalten.<br />
<strong>Zürich</strong>, Dezember 2012<br />
Renate Monego<br />
Direktorin Städtische Gesundheitsdienste<br />
2
Einleitung<br />
Um die ambulante und integrierte Versorgung<br />
von Menschen mit chronischen Erkrankungen<br />
und Behinderungen in der <strong>Stadt</strong> <strong>Zürich</strong><br />
zu verbessern, wurde 2010, im Rahmen des<br />
Gesundheitsnetzes 2025, das Projekt Leila –<br />
Leben mit <strong>Langzeiterkrankung</strong> mit einer Lauf zeit<br />
von drei Jahren lanciert. Das Angebot von Leila<br />
richtet sich an Personen mit einer oder<br />
mehreren chronischen Erkrankungen sowie<br />
an ihre Bezugspersonen und ergänzt deren Versorgung.<br />
Pflegende mit erweiterter Kompetenz,<br />
sogenannte Advanced Practice Nurses (APNs 1 ),<br />
kontaktieren Patienten 2 und deren Angehörige<br />
zu einer Standortbestimmung.<br />
Der Fokus <strong>bei</strong> dieser Standortbestimmung liegt<br />
auf der Abklärung des Gesundheitszustands<br />
und der Selbstmanagementfähigkeiten sowie<br />
dem Erfassen von Vorstellungen, Einstellungen,<br />
Hindernissen und Ressourcen von Patient und<br />
Umfeld. Die gemeinsame Beurteilung der<br />
Situation kann zu einer weiteren Begleitung und<br />
einem <strong>Beratung</strong>s- und Schulungsprozess führen.<br />
Ausserdem leisten die APNs direkte Unterstützung<br />
in der gesundheitsbezogenen Alltagsgestaltung<br />
sowie <strong>bei</strong> der Therapie optimierung.<br />
Das Ziel dieser Begleitung, <strong>Beratung</strong> und<br />
Schulung ist ein Gewinn an Gesundheitskompetenz<br />
bzw. eine Stärkung der Betroffenen<br />
im Umgang mit ihren chronischen Erkrankungen.<br />
Ein verbessertes Selbstmanagement soll helfen,<br />
die Symptome, Therapien, Krisen und Auswirkungen<br />
der Erkrankung/en im Alltag besser<br />
zu meistern.<br />
Der vorliegende <strong>Leitfaden</strong> ist das Ergebnis<br />
dieses dreijährigen Projekts. Er soll anderen<br />
Fachleuten im Gesundheitswesen als Inspiration<br />
<strong>bei</strong> der <strong>Beratung</strong>, Begleitung und Betreuung<br />
von Menschen mit <strong>Langzeiterkrankung</strong> dienen.<br />
Der <strong>Leitfaden</strong> erklärt Begriffe, Theorien und<br />
Modelle, die der Leila-Ar<strong>bei</strong>t zugrunde liegen<br />
oder sie beeinflussen. Er zeigt den Ablauf<br />
der Leila-<strong>Beratung</strong> sowie eine Auswahl von<br />
Instrumenten, die sich da<strong>bei</strong> als nützlich<br />
erweisen. Dieses Instrumentarium ist nicht als<br />
absolut und abschliessend zu betrachten,<br />
sondern kann und soll weiterentwickelt werden.<br />
Einleitung<br />
1 Eine APN ist eine Pflegefachperson, welche Expertenwissen in einem Studium<br />
auf der Ebene «Master of Science» erworben hat, komplexe pflegerische<br />
Entscheidungen treffen kann und über klinische Kompetenzen für eine erweiterte<br />
Pflegepraxis verfügt (Schober & Affara, 2008).<br />
2 In der Folge wird <strong>zur</strong> besseren Lesbarkeit nur die männliche Form verwendet.<br />
Die weibliche Form ist immer mitgemeint.<br />
3
Leila-<strong>Beratung</strong>sverständnis<br />
Verständnis<br />
Wenn im Folgenden von Leila-<strong>Beratung</strong><br />
die Rede ist, subsummiert dieser Begriff die<br />
Tätigkeiten informieren, schulen und beraten.<br />
Informieren<br />
Informieren ist eine klassische Form der<br />
Wissens vermittlung, die <strong>durch</strong> ihren unidirektionalen<br />
Weg gekennzeichnet ist. Die Information<br />
wird gezielt übertragen (Zegelin-Abt, 2003).<br />
Schulen<br />
Schulen ist zielorientiertes, strukturiertes<br />
und geplantes Vermitteln von Fähigkeiten und<br />
Fertigkeiten (Zegelin-Abt, 2003).<br />
Beraten<br />
Beraten ist das gemeinsame Erkunden von<br />
Entwicklungs- und Lösungsschritten auf der<br />
Basis der Potenziale, Wünsche, Werte,<br />
Erfahrungen und der Achtung der Selbstbestimmung<br />
und Würde des Patienten (Koch-<br />
Straube & Bachmann, 2008).<br />
Im Weiteren haben folgende Theorien und<br />
Modelle sowie <strong>Beratung</strong>skonzepte die Leila-<br />
Ar<strong>bei</strong>t massgeblich beeinflusst:<br />
Alltag und Lebenswelt<br />
Die Konzepte «Alltag» und «Lebenswelt» respektive<br />
die Alltags- und Lebenswelt orientierung in<br />
der <strong>Beratung</strong> werden als Rahmenkonzept in<br />
der Literatur beschrieben (Schaeffer & Schmidt-<br />
Kaehler, 2006).<br />
Umsetzung in der Leila-Praxis:<br />
In der Leila-Ar<strong>bei</strong>t orientieren wir uns am Alltag<br />
der Patienten und sind uns bewusst, dass<br />
jeder Mensch seine eigene Lebenswelt<br />
respektive Wirklichkeit hat. Veränderungen<br />
und Lösungen müssen in die Lebenswelt der<br />
Betroffenen passen.<br />
Illness-Trajectory-Theorie und<br />
Krankheitsverlaufskurve<br />
Die von Strauss et al. (1984) entwickelte<br />
Theorie zum Leben mit chronischer Erkrankung<br />
zeigt auf, dass nicht der Krankheitsverlauf im<br />
pathophysiologischen Sinn am wichtigsten ist,<br />
sondern der sogenannte «illness trajectory».<br />
Damit ist das Auf und Ab des Lebens mit der<br />
Krankheit gemeint als eine Summe von Krankheitsverlauf,<br />
Lebenslage und mehr oder weniger<br />
geglückter Bewältigung der Anforderungen.<br />
Umsetzung in der Leila-Praxis:<br />
Die Ar<strong>bei</strong>t mit der sogenannten Krankheitsverlaufskurve<br />
der Patienten kann als ein theoretischer<br />
Bezugsrahmen mit beschreibenden,<br />
erklärenden und vorausschauenden Elementen<br />
gesehen werden. Es ist wichtig, die Verläufe<br />
der Betroffenen zu verstehen. Es hilft zu ordnen,<br />
zu fokussieren, Strategien zu erfassen und zu<br />
antizipieren. Der Verlauf kann retrospektiv<br />
betrachtet werden – Vergleich heute zu früher –<br />
oder prospektiv helfen, gemeinsam mit den<br />
Betroffenen eine Planung zu machen.<br />
Die Bewältigung des Krankheitsverlaufs ist<br />
ver bunden mit Ar<strong>bei</strong>t und Organisation – der<br />
Patient bekommt eine aktive Rolle (Corbin &<br />
Strauss, 2004).<br />
4
Selbstwirksamkeits- und Selbstmanagementheorie<br />
Die Grundlage vieler Selbstmanagementprogramme<br />
ist die Selbstwirksamkeitstheorie<br />
nach Bandura (2000). Sie geht davon aus,<br />
dass Menschen überzeugt sein müssen, ihr<br />
Handeln sei wirksam und sinnvoll (Klug Redman,<br />
2008). Gemäss Lorig & Holman (2003)<br />
ist die Selbstwirksamkeitsüberzeugung für ein<br />
effektives Selbstmanagement relevant. Selbstmanagement<br />
ist nach Haslbeck & Schaeffer<br />
(2007) ein facettenreicher Begriff, zu dem es<br />
aber einige gemeinsame Strategien gibt: Einbezug<br />
Patientensicht, Anstreben einer aktiven<br />
Patientenrolle, Problem-, Ressourcen-,<br />
Lösungsorientierung, Entscheidungsfindung<br />
und Planung sowie Kontakt zu den Behandlern.<br />
Umsetzung in der Leila-Praxis:<br />
Symptomkreis lauf, Raster «Probleme und Herausforderungen<br />
<strong>bei</strong> chronischen Krank heiten»,<br />
Raster «Selbstmanagementfähigkeiten im<br />
Umgang mit chronischen Krankheiten», «Werkzeugkasten»<br />
<strong>bei</strong> chronischen Erkrankungen,<br />
Handlungsplan (Lorig et al., 2011).<br />
Care Management<br />
«Care Management (Versorgungsmanage ment),<br />
gehört zu einem ganzen Mix an Managementkonzepten<br />
(so z. B. case mana gement, disease<br />
management, pathway management, utilization<br />
management usw.). Gemeinsam ist all diesen<br />
Konzepten, dass sie aus unterschiedlicher<br />
Perspektive und mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen<br />
intendieren, zu einer effektiven<br />
und zugleich effizienten Steuerung von Versorgungsabläufen<br />
<strong>bei</strong>zutragen» (Ewers, Burger,<br />
Kasper, Schaeffer, zit. nach Schaeffer, 2000,<br />
S.13). Als Aufgaben komplexe der Pflege werden<br />
Herstellung einer bedarfs- und bedürfnisgerechten<br />
Pflege, Sicherung von Versorgungsintegration<br />
und -kontinuität speziell <strong>bei</strong><br />
chroni scher Krankheit, Unterstützung pflegender<br />
Angehöriger sowie Gesundheitsförderung<br />
gesehen (Schaeffer, 2000).<br />
Umsetzung in der Leila-Praxis:<br />
Im Rahmen von Leila wurden die Aufgaben der<br />
Pflege in der individuellen Begleitung und Unterstützung<br />
der Familien in ihrem Krankheits- und<br />
Gesundheitsmanagement über eine längere<br />
Zeit, auch über verschiedene Settings hinweg<br />
(zu Hause – Spital – Heim), als Care Management<br />
verstanden. Oft liegt ein Mix von Selbstmanagementförderung<br />
und Care Mana gement<br />
vor, das heisst, die APNs wägen ab, ob<br />
Selbstmanagementförderung die Patienten<br />
überfordert. Ist dies der Fall, übernehmen sie<br />
<strong>bei</strong>spielsweise Koordinationsaufgaben <strong>zur</strong><br />
besseren Unterstützung und Versorgung.<br />
Transtheoretisches Modell<br />
Das Transtheoretische Modell (TTM) von<br />
Prochaska & Di Clemente (1982) ist ein Konzept<br />
<strong>zur</strong> Beschreibung, Erklärung, Vorhersage und<br />
Beeinflussung von intentionalen Verhaltensänderungen<br />
(Prochaska & Velicer, 1997).<br />
Das Modell basiert auf der Annahme, dass<br />
Änderungsprozesse mehrere qualitativ unterschiedliche<br />
und sukzessive aufeinander aufbauende<br />
Stufen <strong>durch</strong>laufen. Deshalb wird das TTM<br />
auch als Stufenmodell der Verhaltensänderung<br />
bezeichnet.<br />
Rückfall<br />
Aufrecht -<br />
erhaltung<br />
Umsetzung<br />
Vorbereitung<br />
Absichtsbildung<br />
Absichtslosigkeit<br />
Fortschritt<br />
Im Modell TTM wird den kleinen Erfolgen oder<br />
den einzelnen Schritten auf dem Weg zu einer<br />
Verhaltensänderung viel mehr Aufmerksamkeit<br />
geschenkt. Damit erhalten die Betroffenen<br />
schon früh eine positive Verstärkung ihres<br />
Verhaltens (Keller, Velicer & Prochaska, 1999).<br />
Umsetzung in der Leila-Praxis:<br />
Algorithmus <strong>zur</strong> Erfassung der Veränderungsbereitschaft<br />
sowie stufenbezogener <strong>Beratung</strong>sansatz<br />
(Keller, Kaluza & Basler, 2001).<br />
Verständnis<br />
5
Verständnis<br />
Motivational Interviewing<br />
Motivational Interviewing (MI) ist eine patientenzentrierte,<br />
zielgerichtete <strong>Beratung</strong>smethode<br />
<strong>zur</strong> Verbesserung der intrinsischen Motivation<br />
für eine Veränderung (Miller & Rollnick, 2009).<br />
MI berücksichtigt die Ambivalenz eines<br />
Menschen zu einer Verhaltensänderung als<br />
wichtiges Merkmal. Es werden vier Grundprinzipien<br />
für das Gespräch beschrieben:<br />
Empathie ausdrücken, Diskrepanzen entwickeln,<br />
Widerstand umlenken und die Selbstwirksamkeit<br />
fördern. Mit aktivem Zuhören geht es darum,<br />
die Motivation für eine Verhaltensänderung zu<br />
erkunden und die Ambivalenz zu erforschen und<br />
aufzulösen. Widerstand kann ausgelöst werden,<br />
wenn man der Ambivalenz nicht genug Aufmerksamkeit<br />
schenkt und ihr mit Rat schlägen,<br />
Belehrungen und Überredungsversuchen<br />
begegnet. Change-talk (Veränderungssprache)<br />
sind «Äusserungen, mit denen Patienten ihre<br />
Fähigkeiten, ihre Bereitschaft, ihre Gründe, ihre<br />
Wünsche und ihre Selbstverpflichtung für eine<br />
Veränderung zum Ausdruck bringen» (Miller &<br />
Rollnick, 2009, p. 25).<br />
Umsetzung in der Leila-Praxis:<br />
Methoden <strong>zur</strong> Förderung des Change-talks und<br />
der Änderungszuversicht sowie zum Umgang<br />
mit Widerstand (Körkel & Veltrup, 2003).<br />
Lösungsorientierte <strong>Beratung</strong><br />
Der lösungsorientierte <strong>Beratung</strong>sansatz wurde<br />
von Steve de Shazer und Insoo Kim Berg<br />
entwickelt (Bamberger, 2005; De Jong & Berg,<br />
2008; Spiess, 2000). Lösungsfokussierung<br />
bedeutet, die «positiven Unterschiede» zu<br />
erkennen und zu verstärken. Die lösungsorientierte<br />
<strong>Beratung</strong> geht vom Standpunkt aus,<br />
dass es hilfreicher ist, sich auf Wünsche, Ziele,<br />
Ressourcen, Ausnahmen vom Problem zu<br />
konzentrieren anstatt auf Probleme und deren<br />
Entstehung. Ziel ist nicht die Lösung als solche,<br />
sondern Lösungsorientierung.<br />
Die <strong>Beratung</strong> läuft in fünf Phasen ab: Synchronisation,<br />
Lösungsvision, Lösungsverschreibung,<br />
Lösungsevaluation, Lösungssicherung.<br />
Umsetzung in der Leila-Praxis:<br />
Fragen für das <strong>Beratung</strong>sgespräch <strong>zur</strong> Problemanalyse,<br />
<strong>zur</strong> Auftragsklärung, <strong>zur</strong> Lösungsvision,<br />
z. B. Wunderfrage, Skalafragen, zirkuläre Fragen<br />
etc. (Bamberger, 2005).<br />
Familienzentrierte <strong>Beratung</strong><br />
Die familienzentrierte Pflege basiert auf dem<br />
systemischen Ansatz. Pflege richtet sich an den<br />
Patienten / Betroffenen und seine Familie.<br />
Es ist das Ziel, die Familie als Ganzes in ihrem<br />
Umgang mit dem «Kranksein» zu befähigen und<br />
zu stärken. Zugrunde liegt das Calgary Familien-<br />
Assessment- und -Interventions-Modell<br />
(Preusse-Bleuler, 2012; Wright & Leahey, 2009).<br />
Das Modell basiert auf verschiedenen Phasen:<br />
Beziehungsaufbau, Kennenlernen und Beginn<br />
des Assessments. Die Folgegespräche dienen<br />
der Fortsetzung des Assessments und pflegerischer<br />
Interventionen, ein Abschluss gespräch<br />
rundet die <strong>Beratung</strong> ab. Die Haupt bestandteile<br />
des Familienkontakts bestehen aus: Umgangsformen,<br />
familienzentriertem Gespräch, An -<br />
er kennung und Wertschätzung sowie Schlüsselfragen.<br />
Umsetzung in der Leila-Praxis:<br />
Geno-, Ökogramm und Beziehungsdiagramm,<br />
Schlüsselfragen aus der Literatur, Wertschätzung,<br />
Informationsabgabe, Abschlussbrief.<br />
6
Leila-<strong>Beratung</strong>sprozess<br />
Ablauf<br />
Fachperson,<br />
Selbstzuweisung<br />
Zuweisung<br />
Weiterleiten?<br />
Überprüfung<br />
Annehmen?<br />
<strong>Beratung</strong><br />
Erstgespräch<br />
• Basisassessment<br />
• Geriatrisches<br />
Screening (ab 70 Jahre)<br />
• Geno-/Ökogramm<br />
Nein<br />
Fokus?<br />
Ja<br />
Nein<br />
Fokus?<br />
Ja<br />
• Fokusassessment<br />
• Symptomfokussierte<br />
Anamnese<br />
• Körperuntersuchung<br />
Hypothesen<br />
Abschluss<br />
Nein<br />
Motiviert und bereit<br />
für die Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />
(Motivational<br />
Inter viewing)<br />
Ja<br />
Ziele, Massnahmen<br />
formulieren,<br />
Absprachen treffen<br />
(Handlungsplan)<br />
Evaluation<br />
der Ziele<br />
und<br />
Massnahmen<br />
Selbstmanagementförderung<br />
Care Management<br />
Weitere<br />
<strong>Beratung</strong><br />
und<br />
Begleitung<br />
7
Einstieg<br />
<strong>Beratung</strong><br />
Zuweisung<br />
Die Leila-<strong>Beratung</strong> beginnt mit der Zuweisung<br />
des Patienten, in der Regel <strong>durch</strong> den Hausarzt,<br />
aber auch von anderen Stellen wie Spitälern,<br />
Sozialdiensten, anderen Projekten im Gesundheitsnetz<br />
2025, Krankenkassen usw. Zudem<br />
melden sich Patienten manchmal selber <strong>zur</strong><br />
<strong>Beratung</strong> an. Die Zuweisenden füllen das Zuweisungsformular<br />
3 aus.<br />
Überprüfung:<br />
weiterleiten oder annehmen?<br />
Die APNs machen sich folgende<br />
Überlegungen zum Auftrag<br />
• Was will die zuweisende Person von Leila?<br />
• Kann, soll Leila den Auftrag respektive<br />
das Anliegen annehmen? Oder eignet sich<br />
eine andere Stelle besser dafür?<br />
Wenn Leila das Anliegen weiterleitet, wird<br />
die zuweisende Person umgehend darüber<br />
informiert. Ansonsten meldet sich Leila <strong>bei</strong>m<br />
Zuweisenden nach erfolgtem Erstgespräch mit<br />
dem Patienten und informiert über das weitere<br />
Vorgehen. Oft genügt für die Informationsvermittlung<br />
eine kurze E-Mail. In komplexen<br />
Situationen oder wenn für das weitere Vorgehen<br />
ärztliche Entscheidungen nötig sind, wird eine<br />
gemeinsame Besprechung eingeplant.<br />
Erstgespräch<br />
Nimmt Leila das Anliegen entgegen, wird der<br />
Patient für ein Erstgespräch kontaktiert. Die<br />
Kontaktaufnahme erfolgt meistens telefonisch.<br />
Es werden Absprachen über Gesprächsort<br />
(häusliches Umfeld oder Leila-Büro), Gesprächsdauer<br />
(rund eine Stunde) und die Teilnahme von<br />
weiteren Personen wie Angehörigen getroffen.<br />
Es empfiehlt sich bereits vor dem Erstgespräch,<br />
das Einverständnis <strong>zur</strong> Einsicht in die Krankengeschichte<br />
einzuholen.<br />
Nach der Terminvereinbarung erhält der Patient<br />
einen Brief <strong>zur</strong> Terminbestätigung. Diesem<br />
Brief werden die Informationsbroschüre Leila<br />
und eine Visitenkarte der zuständigen APN<br />
<strong>bei</strong>gelegt. Nach der Terminvereinbarung bereitet<br />
die zuständige APN das Erstgespräch vor.<br />
Hier<strong>bei</strong> macht sie folgende Vorüberlegungen<br />
• Was weiss ich vom Patienten?<br />
• Welche Wissenslücken habe ich?<br />
Wie kann ich diese füllen?<br />
• Was will ich mit dem Gespräch erreichen?<br />
• Welches Material könnte ich brauchen?<br />
Das Erstgespräch dient dem Beziehungs -<br />
aufbau und dem gegenseitigen Kennenlernen.<br />
Die APN verschafft sich einen Überblick über<br />
die Situation des Patienten und erfasst seine<br />
Ressourcen, Probleme sowie Anliegen und<br />
drückt Wertschätzung für die Krankheitsar<strong>bei</strong>t<br />
aus, welche Patient und Angehörige leisten.<br />
Beim Erstgespräch ist es auch wichtig, die<br />
Weichen für die Zukunft bzw. die weitere<br />
Zusammenar<strong>bei</strong>t zu stellen.<br />
Der Patient soll ver stehen, dass es primär um<br />
seinen Umgang mit der / den Erkrankung / en<br />
oder Be hinderungen geht, <strong>bei</strong> der er eine aktive<br />
Rolle einnimmt. Ausserdem erhält der Patient<br />
eine Vorstellung davon, was Leila ihm im<br />
Rahmen des <strong>Beratung</strong>sprozesses bieten kann<br />
und was nicht. Leila erbringt keine Dienstleis<br />
tungen anderer Anbieter wie Besuchsdienste,<br />
Spitex usw. Sie ergänzt hingegen<br />
die haus ärztliche Tätigkeit, z. B. <strong>bei</strong> Therapieoptimierungen.<br />
8<br />
3 Von Leila entworfene Formulare können <strong>bei</strong> den Städtischen Gesundheitsdiensten<br />
der <strong>Stadt</strong> <strong>Zürich</strong> angefordert werden.
Mögliche Einstiege ins Erstgespräch<br />
• Mein Name ist XY. Ich bin Pflegefachfrau<br />
mit Spezialausbildung. Ihr Hausarzt schickt<br />
mich, weil Sie Erkrankungen haben, die<br />
dauerhaft sind. Ich möchte mir mit Ihnen<br />
ansehen, wie Sie mit diesen Erkrankungen<br />
zu Hause umgehen. Was läuft gut, was<br />
weniger gut. Gemeinsam können wir<br />
schauen, ob Veränderungen nötig sind und<br />
welche Veränderungsmöglichkeiten es gibt.<br />
Für das heutige Gespräch habe ich mir eine<br />
Stunde Zeit eingeräumt …<br />
• Haben Sie eine Idee, warum Ihr Hausarzt<br />
möchte, dass wir miteinander ins Gespräch<br />
kommen?<br />
• Was müsste in dem Gespräch geschehen,<br />
dass Sie am Ende sagen können, es hat sich<br />
gelohnt?<br />
Fokus?<br />
Wenn sich herausstellt, dass der Patient von<br />
Anfang an einen klaren Fokus oder ein<br />
bestimmtes Anliegen (z. B. ein Symptom) hat,<br />
sollte dies exploriert und später mit Fragen<br />
aus dem Basisassessment 4 ergänzt werden.<br />
Bei fragilen älteren Patienten eignet sich auch<br />
ein geriatrisches Screening nach Lachs (1990).<br />
Ein klarer Fokus oder ein bestimmtes Anliegen<br />
kann meist mithilfe der Symptomfokussierten<br />
Anamnese nach Füessl & Middeke (2010) oder<br />
mit einem Fokusassessmentinstrument abgeklärt<br />
werden. Je nach Symptom / en kann auch<br />
eine Körperuntersuchung (Clinical Assessment)<br />
nötig sein (Bickley & Bates, 2000; Dains,<br />
Baumann & Scheibel, 2012; Füessl & Middeke,<br />
2010).<br />
Manche Patienten können ihre Probleme<br />
nicht sofort benennen oder frei erzählen.<br />
Das Geno-Ökogramm (Wright & Leahey, 2009)<br />
oder die Krankheitsverlaufskurve (Corbin &<br />
Strauss, 2004) sind hilfreiche Instrumente, um<br />
die Situation <strong>durch</strong> aktives Zuhören zu erfassen.<br />
Manchmal muss der Informationsfluss jedoch<br />
stärker eingedämmt und gebündelt werden,<br />
z. B. mit Fragen aus dem Basisassessment.<br />
4 Tabelle mit den von Leila benutzten Instrumenten siehe Seite 18.<br />
Weitere Möglichkeiten für ein Erstgespräch<br />
sind das Zeigen des Symptomkreislaufs (häufige<br />
Symptome <strong>bei</strong> chronischen Erkrankungen) und<br />
eventuell des dazugehörigen Werkzeugkoffers<br />
(Instrumentensammlung, mit deren Hilfe<br />
Patienten ihre Symptome beschreiben können;<br />
Lorig et al., 2011). Wenn der Patient den<br />
Symptomkreislauf angesehen und die APN ihn<br />
erläutert hat, wird der Patient gefragt: Kommt<br />
Ihnen das bekannt vor? Finden Sie sich hier<br />
wieder? Gibt es Themen, die Sie ansprechen?<br />
Ein anderes Instrument, um mit Patienten<br />
ins Gespräch zu kommen, sind der erweiterte<br />
Raster Selbstmanagementfähigkeiten zum<br />
Umgang mit chronischen Krankheiten und<br />
Symptomen / Phänomenen (in Anlehnung an<br />
Lorig et al., 2011). Auch hier wird wieder<br />
die Frage gestellt: Gibt es Themen, die Sie<br />
ansprechen?<br />
Ebenso können bildliche Darstellungen von<br />
Lebensgewohnheiten und Risikofaktoren dazu<br />
dienen, über gesundheitsschädigendes und<br />
gesundheitsförderndes Verhalten zu sprechen<br />
(in Anlehnung an Demmel & Peltenburg, 2006).<br />
Beim Betrachten von solchen Bildern wird der<br />
Patient gefragt: Wo finden Sie sich wieder?<br />
Was könnten Sie sich vorstellen, am ehesten in<br />
Angriff zu nehmen?<br />
<strong>Beratung</strong><br />
9
<strong>Beratung</strong><br />
Hypothesen<br />
Nach etwa 45 Minuten fasst die APN die<br />
vorläufigen Ergebnisse zusammen. Gemeinsam<br />
mit dem Patienten wird das weitere Vorgehen<br />
besprochen. Beim Erstgespräch sind wenige<br />
Patienten in der Lage, die nächsten Schritte<br />
selbst festzulegen. Die Mehrheit ist auf<br />
Vorschläge angewiesen. Hier empfiehlt es sich,<br />
dem Patienten eine Einschätzung der Situation<br />
aus pflegerischer Sicht bzw. eine Hypothese<br />
oder mehrere Hypothesen vorzulegen (Wright<br />
& Leahey, 2009). Stimmen die Hypothesen mit<br />
der Einschätzung des Patienten überein, können<br />
Ziele und erste Massnahmen <strong>zur</strong> Erreichung der<br />
Ziele besprochen werden. Hat der Patient eine<br />
andere Sichtweise, dient diese grundsätzlich als<br />
weitere Ar<strong>bei</strong>tsgrundlage.<br />
Motivational Interviewing<br />
Ziel des Erstgesprächs ist es auch, die<br />
Motivation und die mögliche Ambivalenz des<br />
Patienten in Erfahrung zu bringen und ihn zu<br />
unterstützen, weiter in Richtung Veränderung<br />
und Handlung zu gelangen. Hierzu eignen sich<br />
Fragen aus dem Motivational Interviewing<br />
(Körkel & Veltrup, 2003; Miller & Rollnick, 2009):<br />
Motivational Interviewing<br />
• In welcher Weise machen Sie sich<br />
Gedanken wegen …?<br />
• Wann haben Sie in Ihrem Leben schon<br />
einmal grössere Veränderungen vor -<br />
genommen? Wie haben Sie das gemacht?<br />
• Wichtigkeitsrating/Bereitschaftsrating<br />
(1–10): Was müsste passieren, damit Sie sich<br />
für einen höheren Wert entscheiden?<br />
• Pro und Kontra von Veränderung / keine<br />
Veränderung explorieren und im Anschluss<br />
persönliche Ziele und Wertvorstellungen<br />
vertiefen: Was ist Ihnen in Ihrem Leben am<br />
wichtigsten? – mit Blick auf Pro und Kontra:<br />
Was heisst das jetzt für Sie?<br />
• Was könnte schlimmstenfalls passieren,<br />
wenn Sie nichts unternehmen? Was idealerweise,<br />
wenn Sie etwas tun?<br />
Lässt sich <strong>bei</strong>m Erstgespräch gar kein Thema<br />
finden, wird die <strong>Beratung</strong> beendet. In manchen<br />
Fällen brauchen der Patient wie auch die APN<br />
Bedenkzeit, dann ist es sinnvoll, ein zweites<br />
Gespräch zu vereinbaren.<br />
Handlungsplan<br />
Kommt es zu einer Zusammenar<strong>bei</strong>t, befähigt<br />
die APN den Patienten, einen Handlungsplan<br />
(nach Lorig et al., 2011) zu erstellen, mit dem er<br />
seine Ziele / Anliegen verfolgen kann:<br />
Handlungsplan<br />
• Was will er tun?<br />
• Wie viel davon wird er tun?<br />
• Wann wird er es tun?<br />
• Wie oft bis zum nächsten Wiedersehen<br />
wird er es tun?<br />
10
Hier<strong>bei</strong> ist es wichtig, dass der Patient einen<br />
Handlungsplan erstellt, hinter dem er wirklich<br />
stehen kann. Erstellt der Patient den Handlungsplan<br />
nicht wirklich für sich, sondern z. B.<br />
der APN oder dem Arzt zuliebe, wird der<br />
Handlungs plan wahrscheinlich nicht umgesetzt.<br />
Es ist bedeutsam, dass der Patient keinen zu<br />
anspruchsvollen Plan aufstellt. Frust und<br />
Ärger sind vorprogrammiert, wenn er sich<br />
überfordert oder den Plan nicht einhalten kann.<br />
Besser ist, wenn der Patient sich kleine, gut<br />
erreichbare Ziele setzt, damit er sich als selbstwirksam<br />
erlebt und der Ansporn für weitere Zielvereinbarungen<br />
und Handlungspläne steigt.<br />
Das Erstgespräch wird dokumentiert. Die APN<br />
bereitet Informations-, Schulungsmaterial und<br />
andere relevante Unterlagen für das nächste<br />
Treffen vor. Im Rahmen der kollegialen <strong>Beratung</strong><br />
kann die Patientensituation für ein besseres<br />
Verständnis und für weitere <strong>Beratung</strong>sideen im<br />
Team besprochen werden.<br />
<strong>Beratung</strong><br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Bei der Erstellung des Handlungsplans<br />
wird der Patient auch<br />
gebeten, auf einer Skala von 0 bis<br />
10 einzuschätzen, wie zuversichtlich<br />
er ist, diesen umzusetzen,<br />
wo<strong>bei</strong> 0 keine Zuversicht und<br />
10 grösste Zuversicht bedeutet.<br />
Die Erfahrung zeigt, dass<br />
Zuversicht-Einschätzungen unter<br />
7 meist nicht <strong>zur</strong> Zielerreichung<br />
führen. Hier lohnt es sich, Ziel<br />
und Handlungsplan anzupassen.<br />
Handlungspläne werden auch in<br />
kommenden Gesprächen, <strong>bei</strong> den<br />
kommenden Treffen wenn möglich<br />
immer wieder formuliert.<br />
Das Erstgespräch endet mit weiteren Terminabsprachen.<br />
Ausserdem sollte der Patient eine<br />
Einverständniserklärung unterzeichnen, damit<br />
sich die APN mit der zuweisenden Fachperson<br />
und weiteren involvierten Stellen austauschen<br />
kann.<br />
Manchmal ist es nicht möglich, <strong>bei</strong>m Erstgespräch<br />
ein vollständiges Assessment zu erstellen<br />
und das genaue Vorgehen festzu legen.<br />
Dann wird das Assessment <strong>bei</strong>m zweiten<br />
Treffen fortgesetzt oder mögliche Themen sowie<br />
das Vorgehen werden <strong>bei</strong>m zweiten Treffen<br />
besprochen.<br />
11
Weitere <strong>Beratung</strong><br />
und Begleitung<br />
<strong>Beratung</strong><br />
Selbstmanagementförderung<br />
Weitere Gespräche und Besuche orientieren<br />
sich an Anliegen und Vereinbarungen aus dem<br />
Erstgespräch. Bei Patienten, die einen Handlungsplan<br />
erstellt haben, beginnt jedes weitere<br />
Gespräch, jeder weitere Besuch mit «Abfragen»<br />
des Handlungsplans: Was hatte sich der Patient<br />
vorgenommen? Wie hat er das Ganze umgesetzt?<br />
Ist die Umsetzung des Handlungsplans gelungen,<br />
bestärkt die APN den Patienten positiv.<br />
Hat er Ziele und Massnahmen angepasst und<br />
ist er zufrieden mit seiner Umsetzung, verdient<br />
das Wertschätzung. Denn hier zeigen sich Anpassungs-<br />
und Problemlösefähigkeiten, die<br />
im Umgang mit chronischer Erkrankung wichtig<br />
sind. Konnte der Patient den Handlungsplan<br />
nicht umsetzen oder ist er mit der Umsetzung<br />
nicht zufrieden, werden die Hinderungsgründe<br />
bzw. die Gründe für die Unzufriedenheit<br />
er kundet und im weiteren Gespräch Lösungsmöglichkeiten<br />
gesucht. Diese Lösungsmöglichkeiten<br />
können als Basis für weitere Handlungspläne<br />
dienen.<br />
Je nach Bedarf werden in folgenden Besuchen<br />
zusätzlich Informationen gegeben, Schulungen/<br />
Instruktionen <strong>durch</strong>geführt und Fertigkeiten vermittelt.<br />
In Problemlöserunden können Prozesse<br />
verdeutlicht werden. Durch Wertschätzung des<br />
bisher Erreichten und Bestärkung fühlt sich der<br />
Patient unterstützt (siehe folgende Tabelle).<br />
Was?<br />
Informationsvermittlung<br />
Schulung / Instruktion /<br />
Vermittlung von Fertigkeiten<br />
Problemlöserunde<br />
Motivation, Stärkung<br />
Selbstwirksamkeit<br />
Wann?<br />
Wenn kurzer Sachverhalt<br />
geklärt, erläutert werden soll<br />
Wenn umfangreicheres Wissen<br />
vermittelt und / oder Fertigkeiten<br />
trainiert werden sollen<br />
Wenn Patient Probleme<br />
artikuliert. Achtung:<br />
Nicht zu viele Probleme aufs<br />
Mal in Angriff nehmen lassen<br />
Immer wieder thematisieren<br />
Beispiel<br />
Wie ist der Blutdruckwert zu<br />
interpretieren?<br />
Was ist Angina pectoris?<br />
Welche Übungen eignen sich<br />
<strong>zur</strong> Sturzprophylaxe?<br />
Patient bekommt Atemnot<br />
<strong>bei</strong> Gartenar<strong>bei</strong>t<br />
Wertschätzung<br />
Immer wieder aussprechen<br />
12
Probleme zu lösen gehört, ähnlich wie Zielsetzungen<br />
und Handlungspläne, mit zu den<br />
wichtigsten Fähigkeiten von Patienten mit<br />
chronischen Erkrankungen und kann daher gar<br />
nicht oft genug geübt werden. Die APN kann<br />
dem Patienten folgendes gutes und einfaches<br />
Schema zum Lösen von Problemen vermitteln:<br />
Schema<br />
• Problem identifizieren bzw. genau benennen<br />
• Ideen, Lösungsvorschläge entwickeln ➝<br />
hierfür auch Angehörige, Freunde, Fach -<br />
personen fragen<br />
• Idee aussuchen, Handlungsplan dazu<br />
erstellen<br />
• Plan umsetzen (mit Geduld)<br />
• Umsetzung auswerten<br />
• Sich freuen, wenn Idee funktioniert hat<br />
• Andere Idee ausprobieren, wenn es nicht<br />
funktioniert hat<br />
Eine weitere wichtige Fähigkeit von Patienten<br />
mit chronischen Erkrankungen ist die Symptombeobachtung<br />
und Symptombeschreibung.<br />
Die Betroffenen können ihre Symptome besser<br />
einschätzen und gezielter darauf reagieren.<br />
Das hilft nicht zuletzt Ärzten und Therapeuten<br />
<strong>bei</strong> der Situationseinschätzung und der<br />
Therapieempfehlung. Unterstützen kann die<br />
APN den Patienten, indem sie ihn im Gebrauch<br />
der Fragen der Symptomfokussierten<br />
Anamnese instruiert. Hilfreich für die Symptombeobachtung<br />
ist auch das Führen eines<br />
Tagebuchs. Die APN kann den Patienten mit<br />
folgender Anleitung schulen:<br />
Anleitung <strong>zur</strong> Tagebuchführung<br />
• Halten Sie das Tagebuch griffbereit, damit<br />
Sie regelmässig Eintragungen vornehmen<br />
können.<br />
• Beurteilen Sie das Symptom auf einer Skala<br />
von eins (kaum) bis zehn (unerträglich).<br />
• Tragen Sie den entsprechenden Wert in das<br />
Tagebuch ein.<br />
• Schreiben Sie genau auf, wo das Symptom<br />
auftaucht und wie lange es jeweils andauert.<br />
• Notieren Sie, welche Massnahmen Sie<br />
getroffen haben.<br />
• Schreiben Sie auf, was Sie jeweils vor dem<br />
Auftreten des Symptoms getan haben.<br />
(Vielleicht haben Sie sich über etwas<br />
geärgert oder etwas Unverträgliches ge -<br />
gessen?)<br />
• Halten Sie weitere Kriterien fest wie Schlafqualität,<br />
Wetterlage, Genussmittelkonsum<br />
(Alkohol, Zigaretten), Bewegung sowie das<br />
allgemeine Wohlbefinden.<br />
• Nehmen Sie das Tagebuch <strong>bei</strong> jedem<br />
Besuch von Arzt oder Pflegefachperson mit.<br />
Die APN ihrerseits dokumentiert sämtliche<br />
Gespräche, Besuche sowie alle ausgeführten<br />
Tätigkeiten für den Patienten.<br />
<strong>Beratung</strong><br />
13
<strong>Beratung</strong><br />
Care Management<br />
Ist ein Patient aufgrund von kognitiven oder<br />
anderen Einschränkungen nicht in der Lage,<br />
selbständig zu handeln, erhält die APN<br />
eine weitaus aktivere Rolle in Form von Care<br />
Management. Es kann nötig sein, <strong>bei</strong> der<br />
Koordination das Familiensystem zu unterstützen<br />
oder den Grossteil aller Massnahmen<br />
selber <strong>durch</strong>zuführen oder in die Wege zu<br />
leiten. Dieses Vorgehen wird mit dem Patienten<br />
abgesprochen. Hier kann es von Vorteil sein,<br />
dem Patienten eine Liste mit den Abmachungen<br />
zu übergeben. Die APN informiert den Patienten<br />
sowie alle Beteiligten fortlaufend, was sie in der<br />
Zwischenzeit unternommen und erreicht hat.<br />
Evaluation der Ziele und Massnahmen:<br />
abschliessen oder fortsetzen?<br />
Es kann vorkommen, dass Patienten Handlungspläne<br />
nicht umsetzen und sämtliche Lösungsmöglichkeiten,<br />
<strong>bei</strong> denen sie aktiv werden<br />
sollen, in Frage stellen. Bei diesen Patienten ist<br />
die Motivationsfrage erneut zu stellen.<br />
Motivational Interviewing kann hier helfen, sie<br />
in Richtung Handlung zu führen. Es kann aber<br />
auch sein, dass Patienten (noch) nicht in der<br />
Lage sind, an einer Lösung ihrer Probleme zu<br />
ar<strong>bei</strong>ten, sondern sich primär über ihre Situation<br />
«beklagen». Wenn sich diese Perspektive nicht<br />
verändert, kann das die Beendigung der<br />
<strong>Beratung</strong> bedeuten.<br />
Im Rahmen vom Care Management sind regelmässige<br />
Standortbestimmungen mit allen<br />
Beteiligten sinnvoll, um zu entscheiden, wie es<br />
weitergehen soll.<br />
14
Abschluss<br />
Abschluss<br />
Die APN kündigt spätestens <strong>bei</strong>m vorletzten<br />
Treffen das Abschlussgespräch an. Es ist eine<br />
gemeinsame offene Reflexion des gesamten<br />
<strong>Beratung</strong>szyklus. Da<strong>bei</strong> wird einerseits festgehalten,<br />
was der Patient Neues erfahren und<br />
gelernt hat, was er getan, allenfalls verändert<br />
und was er erreicht hat. Zudem wird thematisiert,<br />
wie nachhaltig der Patient das Gelernte<br />
in seinem Alltag umgesetzt hat.<br />
Zur Vorbereitung händigt die APN dem<br />
Patienten einen Fragebogen aus, der ihm helfen<br />
soll, seinen Lernprozess zu reflektieren (siehe<br />
dazu die ersten drei Fragen unter «Inhalte des<br />
Abschlussgesprächs»). Die APN bereitet sich auf<br />
das Abschlussgespräch anhand von folgenden<br />
Überlegungen schriftlich vor: Was waren<br />
Themen / Anliegen des Patienten? Was ist von<br />
wem getan worden? Was haben wir erreicht?<br />
Wie ist das weitere Vorgehen?<br />
Inhalte des Abschlussgeprächs<br />
• Was hat der Patient <strong>durch</strong> die Leila-<br />
<strong>Beratung</strong> gelernt, erreicht?<br />
• Was nimmt sich der Patient für die<br />
nächste Zeit vor?<br />
• Wie schafft der Patient das? Was braucht<br />
er noch, damit er das Gelernte nachhaltig<br />
im Alltag umsetzen kann?<br />
• Wie ist die Nachbetreuung <strong>durch</strong> Leila<br />
geregelt: Erreichbarkeit APN, Kriterien<br />
Kontaktaufnahme?<br />
• Was wird dem Zuweisenden <strong>zur</strong>ück -<br />
gemeldet?<br />
Je nach Situation gibt die APN dem Patienten<br />
einen Abschlussbrief auf den Weg (entweder<br />
für das Abschlussgespräch vorbereitet oder<br />
nachträglich geschickt). Dieser orientiert sich<br />
an den abschliessenden Briefen der Familienberatung<br />
(Wright & Leahey, 2009). Da<strong>bei</strong> werden<br />
die <strong>Beratung</strong>en zusammengefasst,<br />
die Stärken des Patienten hervorgehoben und<br />
die bereits vorgenommenen oder geplanten<br />
Veränderungen bestärkt. Eine Auflistung von<br />
Vorschlägen und Hinweisen der APN <strong>zur</strong><br />
weiteren Unterstützung gibt dem Patienten<br />
Sicherheit und die Gelegenheit, auf die Angebote<br />
<strong>zur</strong>ückzukommen.<br />
Der Zuweisende erhält einen Abschluss -<br />
bericht, der die Ausgangslage kurz skizziert<br />
und dokumentiert, wie viele <strong>Beratung</strong>en in<br />
welchem Zeitraum stattgefunden haben, welche<br />
Themen bear<strong>bei</strong>tet wurden und welche<br />
Resultate erzielt werden konnten. Eine abschliessende<br />
Zusammenfassung <strong>bei</strong>nhaltet<br />
eine Einschätzung der aktuellen Situation und<br />
Empfehlungen für den weiteren Verlauf.<br />
Auch das Leila-Team erörtert in einer Besprechung<br />
Fragen wie: Was hat sich <strong>bei</strong>m<br />
Patienten verändert? Was hat die zuständige<br />
APN aus diesem Patientenkontakt gelernt?<br />
Fakultativ kann der Patientenkontakt in einer<br />
Pflegegeschichte beschrieben werden, um den<br />
Lern- und Erkenntnisgewinn festzuhalten.<br />
<strong>Beratung</strong><br />
15
Leila-Team<br />
Reflexion<br />
Reflexion, Erkenntnisse aus dem<br />
Leila-Team<br />
Leila – Leben mit <strong>Langzeiterkrankung</strong> war<br />
ein dreijähriges Projekt der <strong>Stadt</strong> <strong>Zürich</strong> <strong>zur</strong><br />
Verbesserung der integrierten Versorgung.<br />
Ziel war, dass Pflegefachleute mit vertiefter<br />
Fachausbildung (APNs) in Zusammenar<strong>bei</strong>t mit<br />
Hausärzten die Versorgung von Menschen<br />
mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen<br />
verbessern, indem sie diese Menschen<br />
begleiten, schulen und beraten. So können sie<br />
gemeinsam die positiven Anteile der Krankheitsbewältigung<br />
herausfinden und verstärken,<br />
um dem Patienten einen besseren Umgang<br />
mit Symptomen, Therapien, Krisen und Auswirkungen<br />
der Erkrankungen auf den Alltag zu<br />
ermöglichen – im Sinn von Hilfe <strong>zur</strong> Selbsthilfe.<br />
Die Aufträge kamen meistens von den Hausärzten,<br />
waren zeitlich begrenzt und fanden<br />
mehrheitlich <strong>bei</strong> den Patienten daheim statt.<br />
Die Rolle und der Inhalt der Leila-<strong>Beratung</strong><br />
musste von den APNs zuerst konzeptionalisiert<br />
und aufgebaut werden, da es bis anhin in der<br />
Schweiz kein vergleichbares Projekt gab. Hier<br />
zeigten sich erhebliche Herausforderungen.<br />
Als erster Schritt im <strong>Beratung</strong>sprozess wurde<br />
ein Assessment mit den Patienten <strong>durch</strong>geführt.<br />
Dort wurde der <strong>Beratung</strong>sschwerpunkt ersichtlich.<br />
Je klarer der Fokus, je höher die Motivation<br />
oder die Veränderungsbereitschaft, desto eher<br />
konnten Ziele erreicht werden. Schulungen und<br />
Instruktionen wurden <strong>durch</strong>geführt oder Care-<br />
Management-Aufgaben übernommen, um die<br />
Gesundheitskompetenz zu stärken. Allerdings<br />
reichten die im Projekt festgelegten sechs<br />
<strong>Beratung</strong>en, in Anbetracht der oft langjährigen<br />
Erkrankungen, nicht immer aus, um Veränderungen<br />
zu erzielen bzw. sie nachhaltig im Alltag<br />
zu implementieren.<br />
Stimmen der APNs<br />
«Wichtig erscheint mir in der Ar<strong>bei</strong>t als APN,<br />
dass man sich am Anfang der <strong>Beratung</strong> ein<br />
Bild davon macht, wer da kommt: Ist es ein(e)<br />
Patient(in), der / die mitar<strong>bei</strong>ten will? Ist es<br />
jemand auf Erkundung? Will jemand einfach<br />
Luft ablassen? Droht ihm / ihr die nächste Enttäuschung?<br />
Denn nicht alle Patient(inn)en sind<br />
willens mitzumachen. Und einige setzen unendlich<br />
grosse Hoffnungen in Dienstleistungen<br />
wie Leila, so dass Enttäuschungen vorprogrammiert<br />
sind. Daher ist es entscheidend,<br />
von Anfang an klar und ehrlich zu sagen, was<br />
man zu bieten hat und was nicht. Denn allen<br />
können wir nicht helfen – auch nicht als APN.<br />
Aber es gibt Patient(inn)en, die man unterstützen<br />
kann. Und so gesehen lohnt es sich.»<br />
16
«Ich habe in den drei Jahren ein vertiefteres<br />
Verständnis gewonnen von menschlichem<br />
Verhalten und professioneller <strong>Beratung</strong> und<br />
das Gefühl, immer noch eine Anfängerin im<br />
Bereich <strong>Beratung</strong> zu sein. Es ist jedes Mal eine<br />
grosse Herausforderung für mich als APN,<br />
den Patienten mit seinen Bedürfnissen, Vorstellungen<br />
und Ressourcen zu erfassen und<br />
seinem Tempo entsprechend einen <strong>Beratung</strong>sprozess<br />
zu gestalten. Ich habe gelernt, Widerstände<br />
von Seiten des Patienten als eine Art<br />
<strong>Beratung</strong>sfehler meinerseits wahrzunehmen:<br />
will heissen, dass ich die Lebenswelt des<br />
Patienten und seine Motivation zu wenig<br />
erkundet habe und ihm mit unangemessener<br />
Kommunikation oder <strong>Beratung</strong> begegnet bin.<br />
Gleichzeitig habe ich auch gelernt, Veränderungsprozesse<br />
mit anderen Augen zu<br />
betrachten. Denn meine Ar<strong>bei</strong>t als Beraterin ist<br />
oft gar nicht so sichtbar, z. B. dann, wenn ein<br />
Patient sich aus der Phase der Absichtslosigkeit<br />
in die Absichtsbildung bewegt hat und von<br />
einer Handlung trotzdem noch weit entfernt ist –<br />
dennoch hatte die <strong>Beratung</strong> Erfolg und der<br />
Patient hat sich in Richtung Veränderung bewegt.»<br />
«Wir waren ein kleines Team und haben<br />
unser unterschiedliches Fachwissen in der<br />
kollegialen <strong>Beratung</strong> genutzt. Dazu haben wir<br />
Fallbesprechungen nach allgemein bekannten<br />
Methoden <strong>durch</strong>geführt. Interdisziplinäre Fallbesprechungen<br />
fanden leider weniger statt.<br />
Aus unterschiedlichen Gründen war es<br />
schwierig, alle Beteiligten an den runden Tisch<br />
zu bekommen. Dennoch haben wir für den<br />
Patienten die Vernetzung angeregt, Informationen<br />
weitergeleitet, vermittelt und koordiniert.»<br />
«Wir stellen fest: Leila war nicht nur ein Fachentwicklungsprojekt,<br />
sondern auch ein Kulturentwicklungsprojekt!<br />
Es ist aber noch ein weiter<br />
Weg, um den Bedürfnissen chronisch Kranker<br />
und ihrer Angehörigen mit einer integrierten<br />
Versorgung gerecht zu werden!»<br />
Reflexion<br />
17
Übersicht Screeningund<br />
Assessmentinstrumente<br />
Thema<br />
Instrumente<br />
Referenzen<br />
Instrumente<br />
Patient kennenlernen, Anliegen<br />
und Probleme erfassen<br />
• Basisassessment mit Fragen<br />
nach Diagnosen<br />
(aus Patientensicht), Hauptbeschwerden,<br />
Medikamenten,<br />
Schmerzen, Stimmung,<br />
Coping, Adhärenz<br />
• Aktivitäten des täglichen<br />
Lebens (ATL) oder Barthel-<br />
Index<br />
• Instrumentale Aktivitäten<br />
des täglichen Lebens (IATLS)<br />
• Geno-Ökogramm<br />
(Sozialanamnese)<br />
Unterlagen Clinical Assessment,<br />
Studium Pflegewissenschaft,<br />
Universität Basel, Schweiz.<br />
Mahoney, F. I., & Barthel, D. W.<br />
(1965). Functional Evaluation:<br />
The Barthel Index. Maryland<br />
State Medical Journal, 14,<br />
61– 65.<br />
Lawton, M. P., & Brody, E. M.<br />
(1969). Assessment of older<br />
people: self-maintaining and<br />
instrumental activities of daily<br />
living. Gerontologist, 9(3),<br />
179 – 86.<br />
Wright, L. M., & Leahey, M.<br />
(2011). Familienzentrierte Pflege.<br />
Assessment und familienbezogene<br />
Interventionen. Huber:<br />
Bern.<br />
Basisassessment ergänzen<br />
Basisassessment ergänzen<br />
Symptome / Phänomene weiter<br />
abklären<br />
• Krankheitsverlaufskurve<br />
• Symptomkreislauf<br />
<strong>bei</strong> chronischer Krankheit<br />
• Symptomfokussierte<br />
Anamnese<br />
• Körperuntersuchung<br />
Corbin, J. M., & Strauss, A. L.<br />
(2004). Weiterleben lernen.<br />
Verlauf und Bewältigung chronischer<br />
Krankheit. Huber: Bern.<br />
Lorig, K., et al. (2011). Gesund<br />
und aktiv mit chronischer Krankheit<br />
leben. (Hrsg. Haslbeck, J., &<br />
Kickbusch, I.). Careum: <strong>Zürich</strong>.<br />
Bickley, L. S. (2000). Bates<br />
grosses Untersuchungsbuch.<br />
Thieme: Stuttgart.<br />
Dains, J. E., Baumann, L. C.,<br />
Scheibel, P. (2012). Advanced<br />
Health Assessment and Clinical<br />
Diagnosis in Primary Care.<br />
Elsevier: St. Louis.<br />
Füssl, H. S., Middeke, M. (2010).<br />
Anamnese und klinische Untersuchung.<br />
Thieme: Stuttgart.<br />
18
Thema<br />
Instrumente<br />
Referenzen<br />
Chronische Schmerzen<br />
abklären<br />
• Brief Pain Inventory<br />
Cleeland, C. S., & Ryan K. M.<br />
(1994). Pain assessment: global<br />
use of the Brief Pain Inventory.<br />
Annals of the Academy of<br />
Medicine, Singapore, 23, 2,<br />
129 –138.<br />
Cleeland, C. S. (1989).<br />
Measurement of pain by subjective<br />
report. In C. R. Chapman.,<br />
J. D. Loeser (Eds.) Advances in<br />
Pain Research and Therapy,<br />
Volume 12: Issues in Pain<br />
Measurement. New York: Raven<br />
Press, 391– 403.<br />
Instrumente<br />
Geriatrischen, fragilen Patient,<br />
der mit dem Basisassessment<br />
überfordert ist, schnellstmöglich<br />
erfassen<br />
• Geriatrisches Screening<br />
nach Lachs<br />
Lachs, M. S., et al. (1990).<br />
A simple procedure for general<br />
screening for functional disability<br />
in elderly patients. Annals of<br />
internal medicine, 112(9),<br />
699 –706.<br />
Kognition abklären<br />
• MMS<br />
• Uhrentest<br />
Folstein, M. F., Folstein, S. E.,<br />
& McHugh, P. R. (1975).<br />
«Mini-mental state». A practical<br />
method for grading the cognitive<br />
state of patients for the clinician.<br />
Journal of Psychiatric Research,<br />
12, 189 –198.<br />
Watson, I. J., Arfken, C. L., &<br />
Birge, S. J. (1993). Clock completion:<br />
an objective Screening<br />
test for dementia. Journal of the<br />
American Geriatrics Society, 41,<br />
1235 –1240.<br />
Stimmungslage des<br />
geriatrischen Patienten abklären<br />
• Geriatric Depression Scale<br />
(GDS)<br />
Yesavage, J. A., et al. (1983).<br />
Development and validation of<br />
a geriatric depression screening<br />
scale: a preliminary report.<br />
Journal of Psychiatric Research,<br />
17, 37– 49.<br />
19
Thema<br />
Instrumente<br />
Referenzen<br />
Ernährungszustand des<br />
geriatrischen Patienten abklären<br />
• Mini Nutritional Assessment<br />
(MNA)<br />
Guigoz, Y., Vellas, B., Garry, P. J.<br />
(1996). Assessing the nutritional<br />
status of the elderly: The Mini<br />
Nutritional Assessment as part<br />
of the geriatric evaluation.<br />
Nutrition reviews, 54 (1 Pt 2),<br />
59 – 65.<br />
Instrumente<br />
Kraft, Mobilität, Sturzgefahr,<br />
Schwindel abklären<br />
• Körperuntersuchung<br />
• Timed Up and Go (TUG)<br />
• Tinetti (Balance und<br />
Gehprobe)<br />
• Timed 5-Chair-Rise<br />
(Muskelkraft)<br />
• Schellongtest<br />
(Orthostasetest)<br />
Siehe Seite 19<br />
Podsiadlo, D., Richardson, S.<br />
(1991). The timed «Up & Go»:<br />
a test of basic functional<br />
mobility for frail elderly persons.<br />
Journal of the American Geriatrics<br />
Society, 39, 142 –148.<br />
Tinetti, M. E. (1986).<br />
Performance-oriented assessment<br />
of mobility problems in<br />
elderly patients. Journal of the<br />
American Geriatrics Society, 34,<br />
119 –126.<br />
Taaffe, D. R., Duret C., Wheeler<br />
S., & Marcus R. (1999). Onceweekly<br />
resistance exercise<br />
improves muscle strength and<br />
neuromuscular performance<br />
in older adults. Journal of the<br />
American Geriatrics Society, 47,<br />
1208 –14.<br />
Schellong, F. (Quelle Testanleitung:<br />
www.paediatrieinfo.<br />
ch / Ärzteinformation)<br />
Sturzangst abklären<br />
• Falls efficacy scale (FES)<br />
Dias, N., et al. (2006). The<br />
German version of the Falls<br />
Efficacy Scale-International<br />
Version (FES-I). Zentrum für<br />
Gerontologische Geriatrie, 39,<br />
297– 300.<br />
20<br />
Selbstmanagementerfordernisse<br />
<strong>bei</strong> diversen<br />
Erkrankungen abklären<br />
• Erweiterter Raster Selbstmanagementfähigkeiten<br />
zum<br />
Umgang mit chronischen<br />
Krankheiten und Phänomenen<br />
In Anlehnung an Lorig, K., et<br />
al. (2011). Gesund und aktiv mit<br />
chronischer Krankheit leben.<br />
(Eds. Haslbeck, J., Kickbusch, I.).<br />
Careum: <strong>Zürich</strong>.
Thema<br />
Instrumente<br />
Referenzen<br />
Selbstmanagementerfordernisse<br />
<strong>bei</strong> Diabeteserkrankungen<br />
abklären<br />
• Diabetes Selbst -<br />
einschätzungsfragebogen<br />
In Anlehnung an Fragebogen<br />
des Diabetes Self-Management<br />
Program Scottsdale Healthcare<br />
Diabetes Center.<br />
Selbstmanagementerfordernisse<br />
<strong>bei</strong> Herzinsuffizienz<br />
abklären<br />
• Kansas City Cardiomyopathie<br />
Questionnaire<br />
Faller, H., et al. (2004). Der<br />
Kansas City Cardiomyopathie<br />
Questionnaire (KCCQ) – ein<br />
neues krankheitsspezifisches<br />
Messinstrument <strong>zur</strong> Erfassung<br />
der Lebensqualität <strong>bei</strong><br />
chronischer Herzinsuffizienz.<br />
Psychometrische Prüfung der<br />
deutschen Version. Psychotherapie<br />
Psychosomatik<br />
Medizinische Psychologie, 55,<br />
200 – 208.<br />
Instrumente<br />
Weitere Instrumente<br />
Thema<br />
Instrumente<br />
Referenzen<br />
Schulen<br />
Schulungsformular (mit Anleitung,<br />
um Lerntyp in Erfahrung<br />
zu bringen, Vorwissen zu<br />
ermitteln, Wissen zu er gänzen,<br />
Fähigkeiten einzuüben, Fragen<br />
zu beantworten, Wissen zu<br />
überprüfen)<br />
Unterlagen Ausbildung <strong>zur</strong><br />
Berufsschullehrerin im Gesundheitswesen,<br />
WE’G, Aarau.<br />
http://patientenedukation.de/<br />
21
Fallgeschichten<br />
Fallgeschichten<br />
22<br />
Angepasste, regelmässige Bewegung<br />
Ein 57-jähriger Fremdar<strong>bei</strong>ter und IV-Bezüger,<br />
der zu Beginn der <strong>Beratung</strong> sicher war, dass er<br />
sich nichts dergleichen leisten kann und dann<br />
stolz war, sich (mit der APN im Hintergrund) ein<br />
vom Sozialamt subventioniertes Abonnement<br />
erkämpft zu haben, geht nach einem Jahr noch<br />
immer regelmässig in die Turngruppe.<br />
Ein 67-jähriger Mann mit COPD, der in seinem<br />
Leben nie viel Wert auf Bewegung gelegt hat,<br />
kommt im Rahmen der <strong>Beratung</strong> <strong>zur</strong> Erkenntnis,<br />
dass seine fortschreitende Atemwegserkrankung<br />
<strong>durch</strong> seine Dekonditionierung noch<br />
verstärkt wird. Er schafft sich ein Laufband an<br />
und entwickelt richtig Freude, täglich eine halbe<br />
Stunde auf dem Laufband zu verbringen.<br />
Gesunde regelmässige Bewegung bremst<br />
die Entstehung von funktionellen Einbussen<br />
und damit von Pflegeabhängigkeit.<br />
Verschiedene Patienten konnten ermutigt<br />
werden, ein Bewegungsangebot zu nutzen<br />
oder auf andere Weise mehr Bewegung in<br />
ihren Alltag zu integrieren.<br />
Bessere Medikamententreue<br />
Frau C. leidet unter Hypertonie, Herz insuffizienz,<br />
peripheren arteriellen Verschlüssen, Arthrose<br />
und ist seit zehn Jahren Diabetikerin. Der Hausarzt<br />
war über den schlecht einstellbaren<br />
Blutdruck besorgt. Frau C. schimpfte in der<br />
Konsultation über die neuen Tabletten, die<br />
sowieso nicht nützen würden, und die Tochter<br />
drängte auf eine Spitaleinweisung. Der Hausarzt<br />
überwies Frau C. an Leila.<br />
Die APN traf <strong>bei</strong> ihrem Hausbesuch auf eine<br />
wütende und verunsicherte Frau C. Sie<br />
schilderte ihre Anliegen abschweifend, vollgepackt<br />
mit Geschichten über «Hinz und Kunz».<br />
Eine klare Planung von Handlungsschritten<br />
war nicht möglich, aber die Gespräche wurden<br />
gezielt immer wieder auf die «Versöhnung» mit<br />
ihrer Mehrfacherkrankung, mit den Medikamenten<br />
und vor allem mit dem Generikum des<br />
Antihypertensivums gelenkt.<br />
Mit sechs Gesprächen wurde Folgendes<br />
möglich: Frau C. liess sich einen Medikamentendispenser<br />
geben, füllt ihn selber, lässt ihn aber<br />
von ihrer Enkelin kontrollieren. Sie lässt sich auf<br />
den «Versuch» ein, die Wirkung des Generikums<br />
mit Blutdruckmessungen selber zu beobachten<br />
und glaubt danach daran. Nach starkem Widerstand<br />
erlaubt sie das Wegwerfen der alten<br />
Medikamentenverordnungslisten und hält sich<br />
an die neuste, vom Arzt erhaltene Version.<br />
Der Arzt kann nun auf eine sichere Medikamenten<br />
einnahme zählen, die Blutdruck- und<br />
Diuretika medikation anpassen und sogar eine<br />
Dekompensationskrise ohne Spitaleinweisung<br />
bewältigen.<br />
Das <strong>durch</strong> Leila geleitete Gespräch über die<br />
Bedeutung von Medikamenten, die gezielte<br />
Repetition von Kenntnissen und die Unterstützung<br />
<strong>bei</strong> der Handhabung der Medikamente<br />
im Alltag führte zu besserer Adhärenz.<br />
Gezieltes Symptommanagement<br />
Ein vielreisender 52-jähriger Mann schafft es<br />
nicht, auf sein Asthma achtzugeben.<br />
Seit er ar<strong>bei</strong>tslos wurde, ist er generell mutlos.<br />
Es kommt zu mehreren Notfallselbsteinweisungen<br />
wegen Asthmaanfällen. Die APN<br />
widmet sich zuerst der grundsätzlichen Frage,<br />
warum es sich lohnt, selber Verantwortung zu<br />
übernehmen, gibt ihm dann den Auftrag,<br />
ein Tagebuch über seine Symptome zu führen,<br />
und bespricht mit ihm, wie er sich organisieren<br />
kann, um trotz seiner vielen Reisen die Medikamente<br />
immer <strong>zur</strong> Hand zu haben. Er erzählt<br />
nach einem Jahr, dass er seither nur noch einmal<br />
auf eine Notfallstation gehen musste.<br />
Leila unterstützte den Patienten <strong>durch</strong> Information<br />
und Anleitung, einen Bezug zu seinen<br />
Beschwerden zu bekommen, sie selbst<br />
einzuschätzen sowie Lösungsmöglichkeiten<br />
zu erar<strong>bei</strong>ten.
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Städtische Gesundheitsdienste<br />
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