Ost-West-Contact 11/2012 â Special: Serbien - Vojvodina ...
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November <strong>2012</strong> . 58. Jahrgang . H 30859F<br />
OST WEST<br />
CONTACT<br />
Das Wirtschaftsmagazin für <strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-Kooperation<br />
<strong>Serbien</strong> <strong>2012</strong><br />
Wirtschaft & Politik: Partner vor der Haustür<br />
Landwirtschaft: Grüner Impuls<br />
Stahlindustrie: Neue Hitze für kalte Ware
Die Delegation der Deutschen Wirtschaft für <strong>Serbien</strong> in Belgrad bietet eine Plattform für den<br />
Informations- und Erfahrungsaustausch. Sie ist Teil des weltweiten Netzwerks der Auslandshandelskammern<br />
(AHK) mit 120 Büros in 80 Ländern.<br />
Die Service GmbH der Delegation der Deutschen Wirtschaft für <strong>Serbien</strong> DEinternational d.o.o.<br />
unterstützt deutsche Unternehmen mit einem vielfältigen Dienstleistungsangebot als erfahrener<br />
und kompetenter Partner bei der Markterschließung, der Marktbearbeitung und der Geschäftsanbahnung<br />
in <strong>Serbien</strong>. Die Deutsch-Serbische Wirtschaftsvereinigung (DSW) ist das Sprachrohr<br />
deutscher Unternehmen vor Ort.<br />
Delegation der Deutschen Wirtschaft<br />
in <strong>Serbien</strong><br />
<strong>11</strong>000 Belgrad, Toplicin venac 19-21<br />
Tel.: +381 <strong>11</strong> 2028 010<br />
Fax: +381 <strong>11</strong> 3034 780<br />
E-Mail: info@ahk.rs<br />
Deutsch-Serbische Wirtschaftsvereinigung<br />
(DSW)<br />
<strong>11</strong>000 Belgrad, Toplicin venac 19-21<br />
Tel.: +381 <strong>11</strong> 2028 010<br />
Fax: +381 <strong>11</strong> 3034 780<br />
E-Mail: info@ahk.rs
inhalt<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Dr. Jutta Falkner, Klaus Leger<br />
Redaktion:<br />
<strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong><br />
Ritterstraße 2 B, 10969 Berlin<br />
Tel. 030/ 61 50 89-0<br />
Fax 030/ 61 50 89-29<br />
redaktion@owc.de, www.owc.de<br />
Chefredakteur: Dr. Jutta Falkner<br />
Stellv. Chefredakteur: Christian Himmighoffen<br />
Redaktion: Stephan Mittelhäuser,<br />
Anne Wäschle, Grit Horn<br />
Verlag:<br />
OWC-Verlag für Außenwirtschaft GmbH<br />
Regenskamp 18, 48157 Münster<br />
Tel. 0251/ 92 43 09-0<br />
Fax 0251/ 92 43 09-99<br />
info@owc.de<br />
Geschäftsführende Gesellschafter:<br />
Klaus Leger, Dr. Jutta Falkner<br />
Anzeigenleiter: Norbert Mayer<br />
Repräsentantin Moskau: Katrin Morosow<br />
morosow@owc.de<br />
Anzeigen-Verkauf:<br />
Jens Steinhäuser, John C. Küster,<br />
Thomas Stölzner<br />
Verlagsbüro Düsseldorf:<br />
OWC- Verlag für Außenwirtschaft GmbH<br />
Hohenzollernstraße <strong>11</strong>-13, 402<strong>11</strong> Düsseldorf<br />
Tel. 02<strong>11</strong>/ 55 04 26 – 0<br />
Fax 02<strong>11</strong>/ 55 04 26 – 55<br />
anzeigen@owc.de<br />
Erscheinungsweise/ Abonnement:<br />
Die Monatszeitschrift <strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong> ist<br />
gemeinsam mit den 10 x jährlich erscheinenden<br />
<strong>Ost</strong>-Ausschuss-Informationen im Abonnement<br />
erhältlich. Das Jahresabonnement für<br />
beide Publika tionen beträgt zusammen<br />
€ 108,– (Inland: + 7 Prozent MwSt.,<br />
+ <strong>11</strong>,– Euro Porto; Ausland: + 23,– Euro Porto).<br />
Luftpost auf Anfrage.<br />
Abonnement-Service: Astrid Leger<br />
Tel. 0251/ 92 43 09-33<br />
Fax 0251/ 92 43 09-99<br />
abo@owc.de<br />
Gestaltung: Birgit Meyer<br />
Grafiken + Fotos: Udo Zelmer<br />
Anzeigen-Verwaltung: Barbara Keizers<br />
Gerichtsstand: Münster, HRB 4574<br />
ISSN 0948 – 1680<br />
Druck: merkur Print & Service Group, Detmold<br />
Titelfoto: Rollen im Lager des Stahlwerks<br />
Sartid in Smederevo<br />
Foto: Železara Smederevo d.o.o.<br />
4 Aktuelle Wirtschaftsentwicklung<br />
Wichtige Weichenstellungen<br />
6 Wirtschaft & Politik<br />
Partner vor der Haustür.<br />
Viele Verbesserungen bei<br />
den wirtschaftlichen Rahmen -<br />
bedingungen/ Marktchancen<br />
für den deutschen Mittelstand<br />
8 Newsletter<br />
Serbia Investment and Export<br />
Promotion Agency (SIEPA)<br />
12 Branchenreport Landwirtschaft<br />
Grüner Impuls.<br />
Anbau von Bioprodukten in<br />
der <strong>Vojvodina</strong>/ Steigendes deutsches Interesse<br />
14 Wirtschaft & Politik<br />
Notwendige<br />
Umstrukturierungen.<br />
Umfassende steuerliche<br />
Änderungen in <strong>Serbien</strong>/<br />
Weitere Verordnungen<br />
zur Präzisierung stehen<br />
noch aus<br />
16 Aktuelle Rechtsenwicklung<br />
Im besten Interesse des<br />
Unternehmens.<br />
Haftungsfragen der<br />
Geschäftsführung nach dem neuen Unternehmensgesetz/<br />
Entscheidungen sollten auf fundierter Basis getroffen werden<br />
18 Branchenreport<br />
Automobilindustrie<br />
Turin will durchstarten.<br />
Fiat-Werk soll künftig<br />
wichtigen Beitrag zu den<br />
Exporten leisten/ Magnet<br />
für die Zulieferindustrie<br />
20 Branchenreport Stahlindustrie<br />
Neue Hitze für kalte Ware.<br />
Suche nach Investor für das<br />
Stahlwerk in Smederevo/ Pläne für neues Werk in Šabac<br />
22 Nachrichten<br />
Für die Übernahme von Artikeln in Ihren elektronischen<br />
Pressespiegel erhalten Sie die erforderlichen<br />
Rechte unter www.presse-monitor.de.<br />
Beiträge in <strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong> sind im Archiv der<br />
Homepage unter www.owc.de und in der Datenbank<br />
der Factiva, einem Gemeinschaftsunternehmen von<br />
Reuters und Dow Jones, unter factiva.de zu recherchieren.<br />
Alle Rechte vorbehalten. Es wird ausdrücklich darauf<br />
hingewiesen, dass hinsichtlich der Inhalte Urheberschutz<br />
besteht. Alle Informationen werden mit journalistischer<br />
Sorgfalt erarbeitet, für Verzögerungen,<br />
Irrtümer oder Unterlassungen wird jedoch keine Haftung<br />
übernommen.<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Themen im Hauptheft OWC <strong>11</strong>/12<br />
Donau: Noch viele Unwägbarkeiten<br />
Russland: Aus deutschem Hause<br />
Belarus: Virtueller Park mit realen Vorteilen<br />
Usbekistan: Viel Verkehr auf der Seidenstraße<br />
Fordern Sie ein kostenloses Probeexemplar an unter<br />
info@owc.de oder 0251/ 92 43 09-0<br />
<strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong> <strong>11</strong>/<strong>2012</strong> | <strong>Special</strong> <strong>Serbien</strong><br />
3
<strong>Serbien</strong><br />
Statistik 20<strong>11</strong><br />
Kroatien<br />
Bevölkerung:<br />
7,3 Mio<br />
Fläche: 77,5 Tsd. km 2<br />
Nominales BIP:<br />
31,1 Mrd. Euro<br />
BIP pro Kopf:<br />
4.270 Euro<br />
BIP-Wachstum, real : 1,6 Prozent<br />
Ausl. Direktinvestitionen (netto):<br />
1,8 Mrd. Euro<br />
Präsident: Tomislav Nikolić<br />
Ministerpräsident: Ivica Dačić<br />
Quelle: Nationalbank, Raiffeisen Research<br />
Wichtige Internetadressen<br />
Repräsentanz der Deutschen<br />
Wirtschaft für <strong>Serbien</strong> und<br />
Montenegro<br />
http://serbien.ahk.de<br />
Serbia Investment and Export<br />
Promotion Agency (SIEPA)<br />
www.siepa.gov.rs<br />
Wirtschaftskammer <strong>Serbien</strong><br />
www.pks.rs<br />
Erhöhung der<br />
Mehrwertsteuer<br />
Die neue serbische Regierung hat<br />
eine Reihe von Maßnahmen beschlossen,<br />
um das öffentliche Finanzsystem<br />
zu stabilisieren und das Defizit des<br />
Staatshaushalts zu begrenzen. Eine<br />
der Kernmaßnahmen ist die Anhebung<br />
der Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte<br />
von 18 auf 20 Prozent seit<br />
Oktober <strong>2012</strong>. Gleichzeitig sollen die<br />
Ausgaben reduziert und die Wirtschaft<br />
durch die Abschaffung von rund 130<br />
administrativen Gebühren und Abgaben<br />
entlastet werden. Eine weitere Verschiebung<br />
der Konsolidierung könnte<br />
in ein oder zwei Jahren zu einem ähnlichen<br />
Krisenszenario führen wie derzeit<br />
in Griechenland, warnte Wirtschaftsminister<br />
Mlađan Dinkić.<br />
Quelle: gtai<br />
Ungarn<br />
Bosnien–<br />
Herzegowina<br />
Montenegro<br />
Belgrad<br />
Albanien<br />
<strong>Serbien</strong><br />
Kosovo<br />
Mazedonien<br />
Rumänien<br />
Bulgarien<br />
Griechenland<br />
AKTUELLE WIRTSCHAFTSENTWICKLUNG<br />
Wichtige Weichenstellungen<br />
Schwierige Konjunkturentwicklung/ Zähe Verhandlungen um<br />
neuen IWF-Kredit<br />
Nach der Stabilisierung 2010 und 20<strong>11</strong> wird die serbische Wirtschaftsleistung<br />
in diesem Jahr rückläufig ausfallen. Der private Verbrauch<br />
entwickelt sich verhalten, die Investitionen bleiben hinter den Erwartungen<br />
zurück. Vor allem das steigende Haushaltsdefizit und die<br />
hohe Arbeitslosigkeit bergen trotz EU-Perspektive Risiken für die<br />
weitere wirtschaftliche Entwicklung des Landes.<br />
In diesem Jahr wird die Wirtschaftsleistung<br />
voraussichtlich ein reales Minus von rund<br />
einem Prozent ausweisen. Die Entwicklung<br />
des privaten Verbrauchs wird durch<br />
die zurückhaltende Lohnentwicklung<br />
gedämpft. Das anhaltende Problem der<br />
hohen Arbeitslosigkeit bremst den Konsum<br />
zusätzlich. Die Arbeitslosenquote wird sich<br />
<strong>2012</strong> voraussichtlich bei durchschnittlich<br />
26 Prozent einpendeln. Auf kurze Sicht sind<br />
hier keine wesentlichen Verbesserungen zu<br />
erwarten.<br />
Problematische Haushaltslage<br />
Die Regierung ist durch die problematische<br />
Haushaltslage zum Sparen gezwungen.<br />
Aktuell muss das Land an den Finanzmärkten<br />
hohe Zinsen für seine Anleihen zahlen.<br />
Die Finanzierungslücke erreichte im September<br />
7,1 Prozent des BIP. Bei unveränderter<br />
Entwicklung würde das Niveau der<br />
öffentlichen Verschuldung zum Jahresende<br />
rund 60 Prozent des BIP erreichen – deutlich<br />
mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen 45<br />
Prozent. Im September legte die Regierung<br />
einen revidierten Staatshaushalt vor, der<br />
merkliche Einsparungen vorsieht.<br />
Vor diesem Hintergrund strebt die Regierung<br />
eine schnelle Einigung mit dem Internationalen<br />
Währungsfonds (IWF) an. Dieser<br />
hatte im Februar 20<strong>11</strong> ein Kreditabkommen<br />
im Umfang von einer Milliarde Euro auf Eis<br />
gelegt, als die im Abkommen vereinbarten<br />
Staatsausgaben im Vorfeld des Wahlkampfes<br />
überschritten wurden. Die IWF-Banker<br />
stellten bereits im Vorfeld der aktuellen<br />
Gespräche klar, dass neue Gelder derzeit<br />
nicht zur Debatte stehen. Zuvor hatte das<br />
neue Zentralbankgesetz bei EU und IWF für<br />
Kritik gesorgt. Anfang August verabschiedete<br />
das Parlament ein Gesetz, welches die<br />
Makroökonomische Daten und Prognosen<br />
Unabhängigkeit der Nationalbank beschneidet.<br />
Nationalbank-Gouverneur Dejan Šoškić<br />
war daraufhin unter Protest zurückgetreten.<br />
Doch möglicherweise kommt statt vom IWF<br />
finanzielle Hilfe aus Russland. Belgrad und<br />
Moskau verhandelten zuletzt intensiv über<br />
die Auszahlung eines im Jahr 2009 vereinbarten<br />
Kredits in Höhe von rund 800 Millionen<br />
Euro.<br />
Außenhandel noch im Plus<br />
Der serbische Außenhandel hielt sich im<br />
bisherigen Jahresverlauf vergleichsweise<br />
wacker. Bis einschließlich August legte der<br />
Export um ein Prozent auf 5,6 Milliarden<br />
Euro zu. Rund 55 Prozent der serbischen<br />
Ausfuhren gehen in die EU-Länder, ein weiteres<br />
Drittel in die CEFTA-Länder. Aufgrund<br />
der Schuldenkrise in der Eurozone rechnet<br />
die Regierung für dieses Jahr mit einem<br />
gedämpften Wachstum der Ausfuhren. Vor<br />
diesem Hintergrund sollen künftig verstärkt<br />
auch andere Exportmärkte beliefert werden,<br />
etwa China, Russland und die Länder der<br />
Zollunion, Belarus und Kasachstan.<br />
Die Staats- und Regierungschefs gaben<br />
auf dem EU-Gipfel in Brüssel Anfang März<br />
grünes Licht für den Kandidatenstatus <strong>Serbien</strong>s.<br />
Hiervon erhofft man sich in Belgrad<br />
neue Impulse für Investitionen. Ein konkretes<br />
Datum für den Beginn der Beitrittsverhandlungen<br />
steht jedoch noch nicht fest. Der neu<br />
gewählte Staatschef Tomislav Nikolić hatte<br />
im Wahlkampf ein klares Bekenntnis zum<br />
Weg seines Landes in die EU abgelegt, reiste<br />
jedoch vor Amtseinführung zunächst nach<br />
Russland und nicht nach Brüssel. Dort hatte<br />
man für die EU-Beitrittsgespräche auf Amtsvorgänger<br />
Tadić gesetzt, der im Mai jedoch<br />
die Wahl gegen Nikolić verlor.<br />
Quelle: gtai, Raiffeisen Research<br />
2010 20<strong>11</strong>(S) <strong>2012</strong>(S) 2013(P)<br />
BIP-Wachstum (real, in %) 1,0 1,6 -1,0 1,0<br />
Inflationsrate (Jahresdurchschnitt, in %) 6,3 <strong>11</strong>,3 6,5 8,0<br />
Arbeitslosenquote (in %) 20,0 22,0 26,0 26,0<br />
Haushaltssaldo/BIP (in %) -4,8 -4,5 -6,6 -5,9<br />
Leistungsbilanzsaldo/BIP (in %) -7,4 -9,3 -13,0 -10,3<br />
Quelle: Raiffeisen Research, (S)=Schätzung, (P)=Prognose<br />
4<br />
<strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong> <strong>11</strong>/<strong>2012</strong> | <strong>Special</strong> <strong>Serbien</strong>
Mittelstandsbank<br />
Grenzen trennen.<br />
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Gemeinsam mehr erreichen
<strong>Serbien</strong><br />
[ Wirtschaft & Politik ]<br />
Partner vor der Haustür<br />
Viele Verbesserungen bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen/<br />
Marktchancen für den deutschen Mittelstand<br />
Im kommenden Jahr wird <strong>Serbien</strong> mit<br />
dem EU-Beitritt Kroatiens direkt an<br />
vier EU-Länder angrenzen und hat nach<br />
Erlangen des EU-Kandidatenstatus<br />
eine gute Perspektive, selbst EU-Mitglied<br />
zu werden. Serbische Produkte<br />
haben schon jetzt freien Marktzugang<br />
zur EU, und bis 2013 wird auch der serbische<br />
Markt für Produkte aus der EU,<br />
mit Ausnahme einiger Argarprodukte,<br />
vollständig liberalisiert sein. <strong>Serbien</strong><br />
ist zudem Mitglied des Freihandelsabkommens<br />
CEFTA und hat als einziges<br />
europäisches Land ein Freihandelsabkommen<br />
mit Russland. Diese Standortvorteile<br />
führen dazu, dass insbesondere<br />
ausländische Firmen ihre Präsenz<br />
immer stärker ausbauen, wie zum Beispiel<br />
der Automobilzulieferer Bosch,<br />
die Technologiefirma Mühlbauer, aber<br />
auch der russische Energiegigant Gazprom<br />
Neft oder der italienische Automobilhersteller<br />
Fiat.<br />
Von Michael Schmidt<br />
Der Autor<br />
Michael Schmidt ist Leiter der Delegation der<br />
Deutschen Wirtschaft in <strong>Serbien</strong> in Belgrad.<br />
Ab 2013 ist <strong>Serbien</strong> direkter EU-Nachbar. Der Standort<br />
bietet auch Chancen für deutsche Mittelständler.<br />
Die Möglichkeiten, die <strong>Serbien</strong> für ausländische Investoren bietet,<br />
wurden Ende 2009 in der Neuen Züricher Zeitung in einem Satz kurz<br />
und einprägend beschrieben: „<strong>Serbien</strong> ist als Investitionsstandort<br />
besser als sein Ruf.“ Und so ist es auch heute noch, trotz der aktuellen<br />
Prognose über einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von rund<br />
einem Prozent <strong>2012</strong>. <strong>Serbien</strong> ist einer der größten Märkte in Südosteuropa<br />
mit zentraler Lage und guter Anbindung an den EU Markt.<br />
370 Unternehmen<br />
aus Deutschland<br />
Die Anzahl ausländischer Unternehmen<br />
in <strong>Serbien</strong> liegt bereits über 7.000,<br />
davon 370 aus Deutschland. Viele<br />
Investoren nennen neben der geografischen<br />
Lage – <strong>Serbien</strong> befindet sich<br />
an der Kreuzung zweier großer europäischer<br />
Korridore, des Landkorridors<br />
X und des Donau-Flusskorridors VII<br />
– als Standortfaktoren die günstigen<br />
und gut ausgebildeten Arbeitskräfte<br />
sowie die allgemein äußerst konkurrenzfähige<br />
Kostenstruktur. In <strong>Serbien</strong><br />
wurden mittlerweile acht Freihandelszonen<br />
in wichtigen Industriezentren<br />
eingerichtet, die ausländischen Investoren<br />
spezielle steuerliche Anreize<br />
und Zoll-Erleichterungen bieten.<br />
Außerdem wurden in den vergangenen<br />
Jahren bedeutende Fortschritte bei der<br />
Schnelligkeit der Firmenregistrierung<br />
sowie der Erteilung von Baugenehmigungen<br />
erzielt.<br />
Das serbische Steuersystem ist<br />
durch relativ niedrige Steuersätze<br />
gekennzeichnet. Der Körperschaftsteuersatz<br />
liegt bei zehn Prozent, der<br />
Mehrwertsteuersatz bei 20 Prozent und<br />
der Lohnsteuersatz zwischen zwölf und<br />
20 Prozent und damit wesentlich niedri-<br />
Foto: OWC<br />
6<br />
<strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong> <strong>11</strong>/<strong>2012</strong> | <strong>Special</strong> <strong>Serbien</strong>
<strong>Serbien</strong><br />
ger als in den meisten Ländern <strong>Ost</strong>- und<br />
Mitteleuropas. Staatliche Fördermittel<br />
werden für Investitionsprojekte vergeben,<br />
die bestimmte Kriterien erfüllen.<br />
Diese Mittel können sich, abhängig von<br />
Art der Investition und Region, auf bis<br />
zu 10.000 Euro pro neu geschaffenen<br />
Arbeitplatz belaufen. In den vergangenen<br />
fünf Jahren wurden 106 Millionen<br />
Euro für Investitionen im Wert von 700<br />
Millionen Euro genehmigt, wodurch<br />
23.000 neue Arbeitsplätze geschaffen<br />
wurden. Viele ausländische Unternehmen<br />
haben diese Vorteile in Anspruch<br />
genommen, darunter bekannte Namen<br />
wie Henkel, Fresenius Medical Care,<br />
Stada, Falke, Leoni, Norma, Bosch,<br />
Vossloh-Schwabe sowie Panasonic aus<br />
Deutschland.<br />
Wichtige deutsche Investitionen in <strong>Serbien</strong><br />
Name Branche Standort in Mio. Euro<br />
Stada-Hemofarm Pharma Vršac, Šabac 510<br />
Metro Cash & Carry Handel Belgrad, Subotica,<br />
Novi Sad,<br />
Niš, Kragujevac 165<br />
Messer Tehnogas AD Chemie Belgrad, Bor,<br />
Smederevo 120<br />
Henkel Chemie, Kosmetik Kruševac, Indjija 95<br />
Siemens Elektronik Subotica 35<br />
Knauf Insulation Baustoffe Surdulica 31<br />
Fresenius Med. Care Pharma Vršac 25<br />
Leoni Kfz-Zulieferer Prokuplje 15<br />
Dräxlmaier DAD Kfz-Zuliefere Zrenjanin 12<br />
Norma Group Kfz-Zulieferer Subotica <strong>11</strong><br />
Falke Textil Leskovac 10<br />
Quelle: SIEPA, Erhebungen der AHK <strong>Serbien</strong><br />
Verstärkte Wahrnehmung<br />
Trotz der Wirtschaftskrise konnten<br />
etliche Branchen ihre Wettbewerbsfähigkeit<br />
und damit ihre Attraktivität<br />
ausbauen. So eröffnen der Autobahnund<br />
Eisenbahnnetzausbau sowie das<br />
urbane Erneuerungsprogramm der<br />
Stadt Belgrad Chancen für deutsche<br />
Mittelständler. Ein rasantes Wachstum<br />
konnte in den vergangenen Jahren der<br />
serbische IT-Markt verzeichnen. Die<br />
Entstehung von drei IT-Clustern, der<br />
Bau eines IT-Parks im nordserbischen<br />
Indjija und die Präsenz von IT- Unternehmen<br />
wie Microsoft, das in <strong>Serbien</strong><br />
ein Entwicklungszentrum betreibt,<br />
sind Anzeichen für eine verstärkte<br />
Wahrnehmung <strong>Serbien</strong>s als rentable<br />
Outsourcing-Option. Auch hat die<br />
Verabschiedung eines neuen Energiegesetzes<br />
20<strong>11</strong> sowie die verstärkte<br />
Förderung der erneuerbaren Energien<br />
durch Feed-In-Tarife und steuerliche<br />
Anreize zu einem verstärkten Interesse<br />
bei deutschen Energiebetreibern, etwa<br />
der Bau von Wasserkraftwerken durch<br />
RWE, sowie kleinen und mittleren<br />
Beratungsunternehmen und Anlagenproduzenten<br />
geführt.<br />
Deutschland wichtigster<br />
Handelspartner<br />
Der Außenhandel <strong>Serbien</strong>s scheint sich<br />
allmählich zu stabilisieren und dem<br />
Umfang der Vorkrisenjahre anzunähern.<br />
Mittlerweile ist Deutschland der<br />
wichtigste Handelspartner <strong>Serbien</strong>s mit<br />
einem jährlichen Handelsumsatz von<br />
2,5 Milliarden Euro. Insbesondere die<br />
Exporte Richtung Deutschland konnten<br />
hohe Wachstumsraten von über<br />
20 Prozent in den letzten Jahren verzeichnen.<br />
Dieser Trend wird vor allem<br />
durch das Engagement deutscher und<br />
internationaler Investoren in <strong>Serbien</strong><br />
vorangetrieben, die nach Deutschland<br />
exportieren. So ist etwa Siemens mit<br />
seiner Produktion von Generatoren für<br />
Windkrafträder in <strong>Serbien</strong> der größte<br />
Exporteur nach Deutschland.<br />
Eine Umfrage, welche die Deutsch-<br />
Serbische Wirtschaftsvereinigung<br />
(DSW) jüngst unter ihren überwiegend<br />
mittelständischen 230 Mitgliedern<br />
durchgeführt hatte, belegt, dass der<br />
Großteil der ausländischen Unternehmen<br />
mit <strong>Serbien</strong> als Investitionsstandort<br />
zufrieden ist. <strong>Serbien</strong> und die Region<br />
des westlichen Balkans werden von der<br />
deutschen Wirtschaft zunehmend als<br />
interessanter Wirtschaftsraum „vor der<br />
Haustür“ wahrgenommen .<br />
KONTAKT<br />
Delegation der Deutschen Wirtschaft in<br />
<strong>Serbien</strong>, Belgrad<br />
Tel.: 00381/ <strong>11</strong>/ 202 80 10<br />
schmidt@ahk.rs<br />
serbien.ahk.de<br />
<strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong> <strong>11</strong>/<strong>2012</strong> | <strong>Special</strong> <strong>Serbien</strong><br />
7
BOSCH plant Produktion<br />
in <strong>Serbien</strong> Vorteile des Standorts <strong>Serbien</strong><br />
Was waren die ausschlaggebenden Gründe<br />
für die Investitionsentscheidung von 70<br />
Millionen Euro zugunsten <strong>Serbien</strong>s?<br />
Nach sorgfältiger Analyse zahlreicher Standorte in Zentral-<br />
und <strong>Ost</strong>europa hat sich Bosch letztendlich für <strong>Serbien</strong><br />
entschieden. Hauptgründe waren die sehr gute strategische<br />
Lage des Standorts, seine infrastrukturelle Anbindung sowie<br />
die hohe Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitnehmer. Unser<br />
Werk in unmittelbarer Nähe Belgrads und des Flughafens<br />
ist sowohl für Zulieferer als auch für Kunden aus der EU<br />
und anderen Ländern in der Region sehr gut erreichbar. Die<br />
Gemeinde Pećinci und die serbische Regierung haben sich<br />
bei der Zusammenarbeit als äußerst kooperativ erwiesen. Die<br />
Verfügbarkeit qualifizierter und kompetenter Arbeitnehmer<br />
hat sich bereits in den ersten Bewerbungsrunden gezeigt, als<br />
sich eine Vielzahl kompetenter Ingenieure unterschiedlichster<br />
Fachrichtungen bei uns vorgestellt hat. Einige von ihnen<br />
werden nun bei Bosch in Deutschland für ein bis zwei Jahre<br />
aus- und weitergebildet.<br />
Interview mit Jovanka Jovanović,<br />
Geschäftsführerin von Bosch <strong>Serbien</strong><br />
Im September <strong>2012</strong> wurde der Grundstein für das neue Bosch-<br />
Werk in <strong>Serbien</strong> gelegt. Die Fabrik für Autoscheibenwischersysteme<br />
in Pećinci, einer Gemeinde in der Nähe Belgrads, soll<br />
bis Sommer 2013 errichtet werden und Anfang 2014 mit der<br />
Serienproduktion beginnen. <strong>Serbien</strong>s hohe Wettbewerbsfähigkeit<br />
im Vergleich zu seinen Nachbarländern in der Region<br />
hat wesentlich dazu beigetragen, dass Bosch den neuen Produktionsstandort<br />
hier eröffnet.<br />
Wie laufen die Vorbereitungen und<br />
welche konkreten Pläne verfolgt<br />
Ihr Unternehmen in <strong>Serbien</strong>?<br />
Im Juli dieses Jahres haben wir mit den Bauarbeiten zu unserer<br />
ersten Produktionsstätte in <strong>Serbien</strong> begonnen. Auf insgesamt<br />
22.000 m2 Produktions- und Bürofläche wird dort ab<br />
August 2013 die Herstellung von Wischersystemen anlaufen.<br />
In einer zweiten Phase (ab 2016) wird unser Werk in Pećinci<br />
dann auf 40.000 m2 und 620 Mitarbeiter erweitert.<br />
Wie würden Sie das Investitionsklima in<br />
<strong>Serbien</strong> beschreiben? Wo liegen die Vorteile<br />
und wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?<br />
Bosch profitiert bereits seit einigen Jahren von den Vorteilen<br />
<strong>Serbien</strong>s als Investitionsland. Bisher jedoch nicht in der<br />
Produktion, sondern als Dienstleister. Beispielsweise sind<br />
unsere 40 Mitarbeiter im Belgrader Kompetenzzentrum in<br />
ihrem Produktsegment komplett für den nordamerikanischen<br />
Markt zuständig. In diesem Bereich erweitern wir seit<br />
Jahren konstant unser Engagement. <strong>Serbien</strong>s Vorteil gegenüber<br />
seinen Nachbarländern sind seine qualifizierten und<br />
motivierten Arbeitskräfte sowie seine geografische Lage. Für<br />
langfristig orientierte Investoren sind politische Stabilität<br />
und die kontinuierliche Vertiefung der europäischen Integration<br />
von großer Bedeutung. Wirtschaftliche und rechtliche<br />
Stabilität sowie die Weiterführung wirtschaftsfördernder<br />
Reformen – sowohl für KMU als auch für international tätige<br />
Konzerne – sind unabdingbar. <strong>Serbien</strong> ist diesbezüglich aber<br />
auf einem sehr guten Weg.<br />
Neben der Autoindustrie, in<br />
welchen Bereichen ist Bosch<br />
sonst noch in der Region aktiv?<br />
Bosch ist mit einem breiten Sortiment in den Ländern Südosteuropas<br />
vertreten, vor allem im Bereich Elektrogeräte. Über<br />
100 Innovationen werden jährlich auf den Markt gebracht.<br />
Geräte von Bosch sind sowohl in Privathaushalten als auch<br />
bei allen großen Infrastrukturprojekten in <strong>Serbien</strong> wie Brücken<br />
oder Autobahnen im Einsatz. Im Segment Thermotechnik<br />
sind wir mit den Marken Buderus und LOSS ebenso stark<br />
vertreten wie im Bereich Sicherheitssysteme.
Deutschland ist unser wichti<br />
und Durchsetzung der notwendigen Reformen. Dies ist auch<br />
eine zusätzliche Garantie für die langfristige Sicherheit und<br />
Berechenbarkeit des Geschäftsklimas.<br />
Interview mit Bozidar Laganin,<br />
Direktor der Serbischen Agentur für Investitionsund<br />
Exportförderung (SIEPA)<br />
<strong>Serbien</strong> wird als Produktionsstandort immer beliebter für<br />
deutsche Investoren. Mehrere Großunternehmen haben sich<br />
bereits für <strong>Serbien</strong> als Standort entschieden. Bozidar Laganin,<br />
Direktor der Serbischen Agentur für Investitions- und<br />
Exportförderung (SIEPA), wünscht sich kümftig noch weitere<br />
deutsche Firmen, vor allem aus dem Bereich kleine und<br />
mittlere Unternehmen (KMU).<br />
<strong>Serbien</strong> hat seit Kurzem eine neue Regierung.<br />
Hat dies Auswirkungen auf die politische<br />
und wirtschaftliche Stabilität des Landes?<br />
Zwei der drei aktuellen Regierungsparteien waren bereits Teil<br />
der Vorgängerregierung. Und die dritte und größte Koalitionspartei,<br />
die Serbische Fortschrittspartei (SNS), hat sich in<br />
den letzten Jahren als pro-europäische Mitte-Rechts-Partei<br />
positioniert. Dies manifestiert sich auch im Koalitionsvertrag,<br />
welcher die europäische Integration als wichtigste Priorität<br />
der Regierung festlegt. Daher bin ich mir ganz sicher, dass<br />
<strong>Serbien</strong> seinen Weg in Richtung EU fortsetzen und eine verantwortungsbewusste<br />
Wirtschaftspolitik führen wird. Des<br />
Weiteren hat das serbische Finanz- und Wirtschaftsministerium<br />
zahlreiche überflüssige administrative Regulierungen<br />
sowie etliche steuerliche Abgaben und Gebühren abgeschafft<br />
und somit die Unternehmerfreundlichkeit gestärkt und für<br />
mehr Transparenz gesorgt.<br />
Hat die Veränderung auf der politischen<br />
Bühne Einfluss auf neue Investitionen?<br />
Das Interesse ausländischer Investoren am Standort <strong>Serbien</strong><br />
ist immer noch genauso groß wie in den letzten Jahren, als<br />
das Land mit Abstand die meisten FDI in Südosteuropa für<br />
sich gewinnen konnte. SIEPA arbeitet gerade an mehr als<br />
30 neuen Projekten und hofft, dass sich die Mehrzahl dieser<br />
Firmen für einen Einstieg in <strong>Serbien</strong> entscheidet. Darüber<br />
hinaus hat <strong>Serbien</strong> im März <strong>2012</strong> den Status eines EU-Beitrittskandidaten<br />
erhalten. Dies ist eine gute Nachricht für alle<br />
potenziellen Investoren, vor allem in Bezug auf die Stabilität<br />
Die Reputation <strong>Serbien</strong>s in Deutschland<br />
ist nicht die beste. Warum?<br />
Das Bild, welches die deutsche Öffentlichkeit mit <strong>Serbien</strong><br />
verbindet, ist nicht immer schmeichelhaft für unser Land<br />
und basiert primär auf den Ereignissen der 1990er Jahre.<br />
Leider lässt sich so ein Bild nicht einfach über Nacht verändern.<br />
Allerdings wird das schlechte Image manchmal auch<br />
zu einem Vorteil. Wenn nämlich Geschäftsleute in <strong>Serbien</strong><br />
dann auf ein ganz anderes Land treffen, als sie es sich vorgestellt<br />
haben. Die Attraktivität <strong>Serbien</strong>s als Wirtschaftsstandort<br />
zeigt sich auch an der jährlichen Umfrage der AHK unter<br />
ihren Mitgliedsunternehmen: 91 Prozent der deutschen<br />
Unternehmen würden wieder in <strong>Serbien</strong> investieren. <strong>Serbien</strong><br />
beheimatet seit Jahren zahlreiche deutsche Unternehmen,<br />
die den Standort sehr schätzen. Diese zufriedenen Investoren<br />
sind für SIEPA die beste Referenz, um weitere Firmen zu<br />
animieren, hier zu investieren.<br />
Neben der politischen Zusammenarbeit<br />
ist auch die deutsch-serbische<br />
Wirtschaftskooperation stark ausgeprägt.<br />
Wie drückt sich dies in Zahlen aus?<br />
Deutschland ist unser wichtigster Wirtschaftspartner! Nicht<br />
nur in Bezug auf Investitionen, sondern auch im Bereich des<br />
Außenhandels ist Deutschland seit Jahren der größte Handelspartner.<br />
Wobei das Wachstumspotenzial sowohl beim<br />
Export als auch beim Import noch immer sehr groß ist. Nach<br />
Angaben des Serbischen Statistikamtes beliefen sich die serbischen<br />
Ausfuhren nach Deutschland 20<strong>11</strong> auf fast eine Milliarde<br />
Euro, während gleichzeitig Waren im Wert von mehr<br />
als 1,5 Milliarden Euro aus Deutschland nach <strong>Serbien</strong> eingeführt<br />
wurden. Die deutschen Investitionen in die serbische<br />
Produktion tragen ganz wesentlich dazu bei, das serbische<br />
Handelsdefizit gegenüber Deutschland zu verringern.<br />
Wie sind Ihre Erwartungen hinsichtlich<br />
der ausländischen Investitionen?<br />
Dieses Jahr wird etwas schlechter als 20<strong>11</strong> ausfallen. Trotzdem<br />
konnten wir jüngst zwei größere Investitionsprojekte<br />
vereinbaren – eines mit dem amerikanischen Autozulieferer<br />
Cooper Standard und das andere mit dem italienischen<br />
Modeartikelhersteller GEOX. Das letzte Jahr war trotz Wirtschaftskrise<br />
sehr gut für <strong>Serbien</strong>, das mehr Investitionen<br />
angezogen hat als jedes andere Land in Südosteuropa. So hat<br />
beispielsweise Siemens seine Produktionskapazitäten erweitert<br />
und zusätzlich mehr als 20 Millionen Euro in die Herstellung<br />
von Generatoren für Windkraftanlagen investiert.<br />
Dazu haben u.a. Bosch, Swarovski und Continental <strong>Serbien</strong><br />
als Investitionsstandort gewählt. Wir wünschen uns künftig<br />
vor allem mehr deutsche Firmen aus dem KMU-Bereich<br />
und werden uns in der kommenden Zeit verstärkt auf diese<br />
Unternehmen konzentrieren. Es ist sehr wichtig, dass die<br />
Entscheidungsträger in diesen Unternehmen erfahren, dass<br />
<strong>Serbien</strong> ein guter und sicherer Standort ist. Der beste Beweis<br />
dafür sind die deutschen Firmen, die bereits erfolgreich hier
gster Wirtschaftspartner<br />
wirtschaften. Das Interesse italienischer Firmen an <strong>Serbien</strong><br />
steigt in den letzten Jahren kontinuierlich. Doch obwohl die<br />
Anzahl italienischer Investitionen die Anzahl der deutschen<br />
Investitionen deutlich übersteigt, beschäftigen deutsche<br />
Unternehmen ebenso viele Arbeitnehmer, was vom größeren<br />
Umfang der deutschen Investitionen zeugt. Deutsche Unternehmen<br />
haben bislang insgesamt über 1,5 Milliarden Euro<br />
in <strong>Serbien</strong> investiert. Dieses Investitionsvolumen ist in der<br />
Realität jedoch noch höher, da viele deutsche Unternehmen<br />
ihre Investition in <strong>Serbien</strong> über österreichische Tochtergesellschaften<br />
getätigt haben.<br />
Was sind nach Ihrer Meinung die<br />
wichtigsten Standortvorteile <strong>Serbien</strong>s?<br />
<strong>Serbien</strong> steht im globalen Wettbewerb um ausländische<br />
Direktinvestitionen. SIEPA führt seit zehn Jahren erfolgreich<br />
diesen Wettkampf und versucht, <strong>Serbien</strong> als Standort gegenüber<br />
anderen Ländern zu positionieren. In dieser Zeit haben<br />
sich mehrere Faktoren herauskristallisiert, die <strong>Serbien</strong> von der<br />
Konkurrenz abheben. Dazu gehören vor allem stabile makroökonomische<br />
und politische Verhältnisse, was für die Region<br />
nicht immer selbstverständlich ist. Des Weiteren verfügt <strong>Serbien</strong><br />
über gut ausgebildete und kostengünstige Arbeitskräfte.<br />
Die Tatsache, dass während der Weltwirtschaftskrise die<br />
Arbeitslosenrate auf 25 Prozent gestiegen ist, erleichtert den<br />
Investoren den Einstieg. Jeder, der aktuell nach Beschäftigten<br />
sucht, hat die angenehme Aufgabe, den Besten aus sehr vielen<br />
Kandidaten zu wählen. Man sollte auch die gute geografische<br />
Lage des Landes nicht vergessen, die immer eine schnelle und<br />
günstige Reaktion auf die neuesten Nachfrageentwicklungen<br />
des europäischen Marktes ermöglicht. <strong>Serbien</strong> hat mehrere<br />
Freihandelsabkommen abgeschlossen. Dadurch können<br />
Deutsche Investitionen nach Industriesektor<br />
Anzahl<br />
Anteil<br />
Automobilindustrie 10 23,3%<br />
Elektroindustrie 9 20,9%<br />
Ernährungsindustrie 4 9,3%<br />
Bauwesen 3 7,0%<br />
Pharmaindustrie 3 7,0%<br />
Chemische Industrie 2 4,7%<br />
Maschinenbau 2 4,7%<br />
Textilindustrie 2 4,7%<br />
Transport und Logistik 2 4,7%<br />
Energieversorgung 1 2,3%<br />
Öl und Gas 1 2,3%<br />
Plastik 1 2,3%<br />
Real Estate 1 2,3%<br />
Einzelhandel 1 2,3%<br />
ICT 1 2,3%<br />
Insgesamt 43 100%<br />
Quelle: SIEPA<br />
Außenhandelspartner <strong>Serbien</strong>s 20<strong>11</strong><br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr<br />
Deutschland 952,4 1.557,6<br />
Russland 567,6 1.908,1<br />
Italien 936,6 1.293,7<br />
Bosnien-Herzegowina 852,6 480,5<br />
Rumänien 583,1 637,9<br />
China 10,9 1.098,4<br />
Ungarn 249,1 665,4<br />
Slowenien 377,1 427,0<br />
Österreich 265,8 509,8<br />
Kroatien 335,6 350,5<br />
Frankreich 221,8 387,4<br />
Mazedonien 376,5 229,6<br />
Angaben in Mio. Euro<br />
Quelle: Nationales Statistikamt, SIEPA<br />
Investoren ohne Zollgebühren in die EU, nach Südosteuropa<br />
sowie nach Russland, Kasachstan und Belarus exportieren.<br />
Während der ersten Phase eines Investitionsprojektes, die für<br />
Firmen immer am schwierigsten ist, bietet <strong>Serbien</strong> eine großzügige<br />
finanzielle Förderung von 4.000 bis zu 10.000 Euro<br />
pro neu geschaffenem Arbeitsplatz.<br />
Wie viele Unternehmen haben bis jetzt<br />
staatliche Subventionen erhalten?<br />
Seit dem Jahr 2006 wird dieses Förderprogramm angewendet<br />
und bis heute haben 248 Unternehmen davon profitiert.<br />
Diese Unternehmen investieren zusammen 1,4 Milliarden<br />
Euro und beschäftigen mehr als 45.000 Menschen. Die Hälfte<br />
dieser Subventionen wurde an Projekte in der Automobilund<br />
Textilindustrie vergeben, wobei ein wesentlicher Teil<br />
auch zur Förderung der Elektroindustrie diente. Ich möchte<br />
betonen, dass der Prozess der Erteilung der Fördermittel<br />
transparent und unkompliziert abläuft. Wir bemühen uns,<br />
den Firmen die Antragstellung durch Beratung zu erleichtern<br />
und unnötige Bürokratie zu vermeiden.<br />
In welchen Industriesektoren<br />
erwarten Sie die meisten Investitionen?<br />
Am dynamischsten in <strong>Serbien</strong> entwickelt sich seit einigen<br />
Jahren die Automobilindustrie, die einen enormen Aufschwung<br />
durch das neue Fiat-Werk erlebt hat. Der Bereich<br />
Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) ist<br />
ebenfalls sehr interessant für ausländische Firmen. Neulich<br />
haben sich zwei amerikanische Firmen, Citel und NCR, in<br />
<strong>Serbien</strong> angesiedelt. Neben der Automobil- und IKT-Industrie<br />
hat die serbische Regierung auch die Revitalisierung der<br />
Elektroindustrie zur Priorität erklärt. Auf der anderen Seite<br />
ist <strong>Serbien</strong> traditionell sehr stark in der Landwirtschaft und<br />
in der Nahrungsindustrie vertreten. Dieser Bereich wird<br />
nicht nur in <strong>Serbien</strong>, sondern auch in anderen Ländern künftig<br />
eine immer wichtigere Rolle spielen.
<strong>Serbien</strong><br />
Die serbischen Landwirte nutzen<br />
zunehmend die Chancen, die sich im<br />
Bioanbau bieten.<br />
Im Bild: Ein Feld in der <strong>Vojvodina</strong><br />
[ Branchenreport ]<br />
Grüner Impuls<br />
Landwirtschaft: Anbau von Bioprodukten in<br />
der <strong>Vojvodina</strong>/ Steigendes deutsches Interesse<br />
Telečka ist der Name einer kleinen<br />
Ortschaft im Norden der<br />
<strong>Vojvodina</strong>, einer Provinz der<br />
Republik <strong>Serbien</strong>, die sehr häufig<br />
von Journalisten, Regierungsvertretern<br />
sowie unterschiedlichen<br />
Gästen aus <strong>Serbien</strong> und Deutschland<br />
besucht wird. Die Einwohner<br />
von Telečka sind zufrieden.<br />
Der Grund für die Anwesenheit<br />
von Kameras und Delegationen<br />
ist der biologische Anbau,<br />
der ihnen heute eine durchaus<br />
akzeptable Existenz ermöglicht.<br />
In das Dorf, dessen Einwohner sich<br />
vorwiegend mit Ackerbau befassen,<br />
kam vor sieben Jahren Rudolf Bühler<br />
aus dem deutschen Schwäbisch Hall.<br />
Bühler, Vorsitzender von „Ecoland.de”,<br />
startete eine erfolgreiche Zusammenarbeit<br />
mit den Landwirten.<br />
Die Umstellung vom konventionellen<br />
auf biologischen Anbau war<br />
zunächst mit viel Überzeugungsarbeit<br />
verbunden, aber die Zusammenarbeit<br />
machte sich bezahlt. Heute sind alle<br />
Landwirte in der Firma „Ecoland <strong>Serbien</strong>”<br />
zusammengeschlossen und genießen<br />
die Garantie, dass alle Produkte zu<br />
vereinbarten Preisen abgenommen<br />
werden. Bühler kauft alles, was auf den<br />
Äckern angebaut wird: Gewürzpaprika,<br />
Soja, Mohn, Senf, Hartweizen, Mais.<br />
Telečka dient heute als Vorbild für<br />
diejenigen, die sich mit biologischem<br />
Anbau in <strong>Serbien</strong> befassen.<br />
Dieses Beispiel zeigt, wie kontinuierlich<br />
sich der Markt für Bioprodukte<br />
in <strong>Serbien</strong> entwickelt. Die Nachfrage<br />
in Europa steigt stetig, insbesondere<br />
in Deutschland, Österreich, Belgien,<br />
Frankreich und Italien. Momentan<br />
wird biologischer Anbau in rund 160<br />
Ländern weltweit betrieben – eines<br />
davon ist <strong>Serbien</strong>. Mit rund 700.000<br />
Landwirten, die durchschnittlich 3,4<br />
Hektar und zwei Kühe besitzen, verfügt<br />
das Land, insbesondere die <strong>Vojvodina</strong>,<br />
über großes Potenzial für den biologischen<br />
Anbau.<br />
Zahlreiche Vorteile<br />
Die Provinz verfügt über zahlreiche<br />
Vorteile: Eine gute geografische und<br />
strategische Lage zwischen Ungarn,<br />
Kroatien und Rumänien an der Grenze<br />
zur EU, eine lange landwirtschaftliche<br />
Tradition, günstige klimatische Bedingungen<br />
sowie eine gute Bodenqualität.<br />
Vom Gebiet der <strong>Vojvodina</strong> sind mehr<br />
als 84 Prozent landwirtschaftlich produktive<br />
Flächen. Hier wird der größte<br />
Teil der Ackerbauproduktion <strong>Serbien</strong>s<br />
erzielt.<br />
Rund 52 Prozent der mit Getreide<br />
bebauten Flächen <strong>Serbien</strong>s und über<br />
92 Prozent der mit Industriepflanzen<br />
bebauten Flächen befinden sich in der<br />
<strong>Vojvodina</strong>. Mais, Weizen, Sonnenblumen,<br />
Soja und Zuckerrüben haben eine<br />
große wirtschaftliche Bedeutung und<br />
nehmen über 80 Prozent der Anbauflächen<br />
ein. Die Provinz ist reich an<br />
Gewässern. Das Hydrosystem Donau-<br />
Theiß-Donau stellt den Abfluss des<br />
Wasserüberschusses sicher und schafft<br />
zugleich Bedingungen für die Bewässerung<br />
der Aussaaten auf über einer<br />
halben Million Hektar.<br />
Biologisches Viehfutter<br />
als Chance<br />
Der biologische Anbau bietet für die<br />
Landwirte eine aussichtsreiche Perspektive,<br />
konkret der Anbau biologischen<br />
Proteinviehfutters. Viehzüchter,<br />
die nach den Grundsätzen der biologischen<br />
Landwirtschaft wirtschaften,<br />
müssen zu 100 Prozent biologisches<br />
Futter für ihr Vieh sicherstellen. Hinsichtlich<br />
Soja ist <strong>Serbien</strong> nach Russland<br />
und der Ukraine der drittgrößte Hersteller<br />
in Europa. Die Industriepflanze<br />
wird landesweit auf insgesamt 165.253<br />
Hektar Fläche angebaut, davon 151.712<br />
Hektar in der <strong>Vojvodina</strong>. Die Deutsche<br />
Gesellschaft für internationale<br />
Zusammenarbeit (GIZ) hat in Zusammenarbeit<br />
mit <strong>Vojvodina</strong> Investment<br />
Promotion (VIP) damit begonnen, den<br />
Sektor zu fördern.<br />
Eine gemeinsame Aktivität war die<br />
Konferenz „Möglichkeit des Exports<br />
biologischer Kulturen nach Deutschland“<br />
im Rahmen der Internationalen<br />
Landwirtschaftsmesse in Novi Sad. An<br />
der Konferenz, an der auch die Nationale<br />
Vereinigung zur Entwicklung der<br />
biologischen Landwirtschaft „Serbia<br />
Organica“ beteiligt war, nahmen auch<br />
Vertreter deutscher Unternehmen aus<br />
dem Biosektor teil, so etwa Holger Reising,<br />
Geschäftsführer des Unternehmens<br />
„Ecoco BioHandel & Marketing“,<br />
der Bioprodukte aus der Region nach<br />
Deutschland importiert, oder auch<br />
Rudolf Bühler.<br />
Bühler wiederholte bei der Konferenz,<br />
was er zuvor bereits bei der „Internationalen<br />
Grünen Woche“ in Berlin<br />
betont hatte: Die Zusammenarbeit<br />
mit den Paprikabauern in der Region<br />
verlaufe ausgesprochen zufriedenstellend.<br />
Zudem verfüge die Region über<br />
außerordentliche Bodeneigenschaften,<br />
die die <strong>Vojvodina</strong> zum „Paradiesgarten<br />
Europas“ machen.<br />
KONTAKT<br />
<strong>Vojvodina</strong> Investment Promotion - VIP,<br />
Novi Sad<br />
Tel.: 00381/ 21/ 47 23 24 0<br />
Fax: 00381/ 21/ 47 21 92 1<br />
www.vip.org.rs<br />
office@vip.org.rs<br />
Foto: VIP<br />
12<br />
<strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong> <strong>11</strong>/<strong>2012</strong> | <strong>Special</strong> <strong>Serbien</strong>
<strong>Serbien</strong><br />
RWE AG, Essen<br />
Zusammenarbeit mit Elektroprivreda Srbije<br />
RWE und der staatliche Energieversorger<br />
Elektroprivreda Srbije (EPS) haben Mitte<br />
September eine Absichtserklärung für<br />
eine weitreichende Zusammenarbeit im<br />
Energiesektor in <strong>Serbien</strong> unterzeichnet.<br />
Im Beisein von Bundeswirtschaftsminister<br />
Philipp Rösler unterschrieben Peter<br />
Terium, Vorstandsvorsitzender der RWE<br />
AG, und der serbische Vize-Premierminister<br />
Aleksandar Vučić eine entsprechende<br />
Absichtserklärung. Diese umfasst die Weiterentwicklung<br />
und Optimierung bestehender<br />
Energieerzeugungsanlagen in<br />
<strong>Serbien</strong> sowie die Planung, den Bau und<br />
Betrieb neuer Kraftwerke.<br />
Foto: BMWi<br />
RWE und der staatliche Energieversorger Elektroprivreda Srbije unterzeichneten<br />
in Berlin ein „Memorandum of Understanding“.<br />
Mehrere Kooperationsprojekte<br />
Als erste gemeinsame Kooperationsprojekte<br />
wurden die Modernisierung und<br />
der Betrieb von Laufwasserkraftwerken<br />
sowie die Erweiterung eines bestehenden<br />
Braunkohlenkraftwerks sowie eines<br />
benachbarten Tagebaus identifiziert.<br />
Die Wasserkraftprojekte mit einer installierten<br />
Leistung von rund 920 Megawatt<br />
liegen an den Flüssen Drina und Donau.<br />
Bei dem Braunkohlenkraftwerk 40 Kilometer<br />
westlich von Belgrad handelt es sich<br />
um das größte konventionelle Kraftwerk<br />
des Landes mit einer installierten Leistung<br />
von derzeit 1.240 Megawatt. „<strong>Serbien</strong><br />
hat einen hohen Bedarf an moderner<br />
Kraftwerkstechnologie. Gleichzeitig gibt<br />
es hier im erneuerbaren wie im konventionellen<br />
Bereich noch viele Ressourcen<br />
zu heben. Diese strategisch gute Ausgangsposition<br />
wollen wir gemeinsam mit<br />
unserem Kooperationspartner EPS nutzen“,<br />
erklärte Peter Terium.<br />
Die Absichtserklärung sieht eine neunmonatige<br />
Prüfungsphase vor, in der eine technische<br />
und wirtschaftliche Bewertung der<br />
betreffenden Kraftwerke vorgenommen<br />
wird. Nach Ablauf dieser neun Monate soll<br />
dann ein Kooperationsvertrag folgen, der<br />
die genauen Projekte benennt und Aufgaben<br />
und Zuständigkeiten der Partner regelt.<br />
Bereits im Mai 20<strong>11</strong> hatte RWE Innogy mit EPS<br />
ein Joint Venture zur Entwicklung von fünf<br />
Wasserkraftwerken am Fluss Morava mit<br />
einer Leistung von insgesamt 150 Megawatt<br />
gegründet. Derzeit laufen Machbarkeitsstudien<br />
für diese Anlagen. Ab 2014<br />
könnte mit dem Bau der Kraftwerkskette<br />
begonnen werden. EPS ist ein staatliches<br />
Energieversorgungsunternehmen mit<br />
rund 34.000 Mitarbeitern und einer der<br />
größten Arbeitgeber des Landes. In <strong>Serbien</strong><br />
verfügt EPS über Kraftwerkskapazitäten<br />
im Umfang von 8.359 Megawatt.<br />
<strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong> <strong>11</strong>/<strong>2012</strong> | <strong>Special</strong> <strong>Serbien</strong><br />
13
<strong>Serbien</strong><br />
[ Wirtschaft & Politik ]<br />
Notwendige Umstrukturie<br />
Umfassende steuerliche Änderungen in <strong>Serbien</strong>/ Weitere Verordnungen<br />
zur Präzisierung stehen noch aus<br />
Von Radivoje Petrikić<br />
<strong>Serbien</strong>s Steuersystem hat<br />
unlängst grundlegende Veränderungen<br />
erfahren. Viele Neuerungen<br />
wurden eingeführt:<br />
Einige leiten sich aus der Praxis<br />
ab, andere ergeben sich aus der<br />
Harmonisierung des Besteuerungssystems<br />
mit den Bestimmungen<br />
der EU und wieder<br />
andere aus der Dringlichkeit, das<br />
Budgetdefizit zu reduzieren.<br />
Ein Großteil der wesentlichen Änderungen<br />
betrifft das Mehrwertsteuersystem<br />
(PDV) sowie die Umgestaltung der<br />
Steuerverfahren und der steuerlichen<br />
Verwaltung. Hinsichtlich des Mehrwertsteuersystems<br />
ist insbesondere die<br />
Erhöhung des allgemeinen Steuersatzes<br />
von 18 auf 20 Prozent von großer<br />
Bedeutung. Eine weitere Änderung<br />
umfasst die begriffliche Präzisierung<br />
des Güterverkehrs. Darunter zu verstehen<br />
sind Güterlieferungen, denen<br />
ein Leasingvertrag zugrunde liegt<br />
bzw. die Vermietung von beweglichen<br />
und unbeweglichen Sachen für einen<br />
begrenzten Zeitraum, wobei keine der<br />
Parteien vom Vertrag zurücktreten<br />
kann, solange beide ihren vertraglichen<br />
Verpflichtungen nachkommen.<br />
Ebenso ist künftig jede Übertragung<br />
des Verfügungsrechts an Immobilien<br />
und wirtschaftlich teilbaren Gegenständen<br />
in den Gebäuden als Umsatz<br />
von Gütern anzusehen und nicht nur<br />
die bloße Erstübertragung an Neubauten.<br />
Wenn folglich Käufer und<br />
Verkäufer vertraglich die Anwendung<br />
des Mehrwertsteuersystems auf den<br />
zu versteuernden Umsatz vereinbaren,<br />
wird dieser Umsatz mit dem Steuersatz<br />
von 20 Prozent besteuert. Davon<br />
ausgenommen ist der erste zu versteuernde<br />
Umsatz aus neu erbauten Objek-<br />
Der Autor<br />
Radivoje Petrikić ist Partner von CMS Reich-<br />
Rohrwig Hainz und Leiter des serbischen<br />
Büros der Sozietät.<br />
Der Konsum in <strong>Serbien</strong> wird teurer – die Mehrwertsteuer wurde um zwei<br />
Prozentpunkte angehoben. Im Bild: Straßencafé in Belgrad<br />
ten, der generell der Besteuerung nach<br />
dem zugrunde liegenden Umsatzsteuersatz<br />
unterliegt. Für den Fall, dass es<br />
sich beim betreffenden Objekt um ein<br />
Wohngebäude handelt, wird eine Übertragung<br />
mit acht Prozent besteuert. Bis<br />
dato fehlen zwar Verordnungen, die den<br />
Güterverkehr mit vertraglich geregeltem<br />
Leasing und Vermietung genauer<br />
regeln. Trotzdem kann man jetzt schon<br />
sagen, dass mit diesen Änderungen die<br />
wesentlichen Probleme im Zusammenhang<br />
mit der Anwendung des Mehrwertsteuersystems<br />
auf das Leasing<br />
unbeweglicher Vertragsgegenstände<br />
abgeschafft wurden.<br />
Eine weitere Neuerung betrifft den<br />
Fall, in welchem die Gebühren für den<br />
Güter- oder Dienstleistungshandel in<br />
einer Fremdwährung angeführt sind.<br />
Hierbei wäre die Anwendung eines<br />
vereinbarten Kurses möglich und nicht<br />
der durchschnittliche Wechselkurs der<br />
Nationalbank. Eingeführt wurde auch<br />
die Steuerbefreiung ohne Vorsteuermöglichkeit<br />
für den Güterverkehr, bei<br />
dem der Mehrwertsteuerzahler vor der<br />
Beschaffung nicht das Recht auf Vorsteuerabzug<br />
hatte, ebenso wie für den<br />
Teil des Güterverkehrs, in dem der Vorsteuer<br />
eine Grundsteuer vorausging.<br />
Erweiterte Steuerbefreiungen<br />
Erweitert wurden Steuerbefreiungen<br />
mit dem Recht auf Vorsteuerabzug<br />
für den Handel mit Gütern, die sich<br />
im Prozess des Zolllagerverfahrens<br />
befinden und in weiterer Folge in die<br />
Freihandelszone eingeführt werden<br />
sollen. Ebenso fallen Transport- und<br />
andere Dienstleistungen für Nutzer,<br />
die im unmittelbaren Zusammenhang<br />
mit der Einführung der Güter und<br />
Dienstleistungen in die genannte Zone<br />
stehen, in diese steuerbefreite Gruppe.<br />
Der Zeitraum für die Geltendmachung<br />
des Vorsteuerabzugs beträgt fünf Jahre.<br />
Erhöht wurde die Grenze, nach der<br />
sich eine Person zur Gruppe der kleinen<br />
Steuerzahler zählt. Hierzu zählen<br />
Personen, deren Umsatz innerhalb der<br />
letzten zwölf Monate unter 8.000.000<br />
Serbische Dinar (rund 78.000 Euro)<br />
lag. Auch wenn diese Steuerpflichtigen<br />
nicht dem PDV-System unterliegen, ist<br />
es jederzeit möglich, sich hierfür umzumelden,<br />
solange sich die Person in weiterer<br />
Folge für mindestens zwei Jahre<br />
Foto: OWC<br />
14<br />
<strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong> <strong>11</strong>/<strong>2012</strong> | <strong>Special</strong> <strong>Serbien</strong>
<strong>Serbien</strong><br />
rungen<br />
in diesem System befindet. Eingeführt<br />
wurde ein neues „Zahlungssystem“ für<br />
Steuerzahler, deren Umsatz innerhalb<br />
der letzten zwölf Monate nicht über<br />
50.000.000 Serbische Dinar lag. Dieses<br />
sieht einen Zahlungsaufschub für die<br />
Mehrwertsteuer bis zum Zeitpunkt des<br />
tatsächlichen Eingangs vor, aber nicht<br />
länger als sechs Monate. Wenn der<br />
Steuerzahler im Vorjahr einen Umsatz<br />
von über 50.000.000 Serbische Dinar<br />
erwirtschaftet hat, muss die Steueranmeldung<br />
und Abgabe der Mehrwertsteuer<br />
für jeden Kalendermonat<br />
innerhalb von 15 Tagen nach Verstreichen<br />
der Steuerperiode getilgt werden.<br />
Abgeschafft wurde das „tax refund“<br />
für ausländische Kostenträger, die<br />
ihren Umsatz im Rahmen von Messen<br />
erwirtschaften. Eingeführt wurde<br />
unter bestimmten Voraussetzungen das<br />
Recht auf „tax refund“ für den Transport<br />
von Personen und Gütern sowohl<br />
bei der Ein- als auch Ausfuhr.<br />
Neue Struktur in der Verwaltung<br />
Die Umstrukturierungen der Steuerverwaltung<br />
haben zur Folge, dass den<br />
Gerichten die Tätigkeit der Staatsverwaltung<br />
im Bereich des Glücksspiels<br />
sowie teilweise die Zuständigkeiten<br />
der Aufsichtsbehörde für den Devisenhandel<br />
übertragen wurden. Außerdem<br />
ist die Steuerverwaltung nun zuständige<br />
Behörde für Steuervergehen erster<br />
und zweiter Stufe. Auch der bloße Akt<br />
der Einreichung wurde vereinfacht,<br />
wodurch die Vermeidung der Zulassung<br />
von Steuergesetzen verhindert<br />
werden soll, ebenso wie Verweise auf<br />
nicht gehörig durchgeführte Einreichungen<br />
im Bereich der Steuerverwaltung.<br />
Aufgrund von Unstimmigkeiten<br />
in der Praxis kann sowohl eine private<br />
als auch juristische Person als steuerlicher<br />
Vertreter agieren. In Bezug<br />
auf die Einkommensteuer betrifft die<br />
wichtigste Änderung die Erhöhung<br />
des Besteuerungssatzes für Einnahmen<br />
aus Kapitalvermögen, für den<br />
Kapitalertrag und für Einnahmen aus<br />
Lebensversicherungen auf 15 Prozent.<br />
Außerdem wurde präzisiert, dass für<br />
den Ausgleich von Kapitalverlusten mit<br />
Gewinnen der Antragsteller zunächst<br />
einen Kapitalverlust realisieren und<br />
erst später die Gewinne geltend machen<br />
kann. Schließlich gilt der allgemeine<br />
Steuersatz von 20 Prozent für sonstige<br />
Erträge auch für Gewinne, die Angestellte<br />
innerhalb eines Geschäftsjahres<br />
erwirtschaften, sowie für die Bezüge der<br />
Verwaltungsorgane einer Gesellschaft.<br />
Einige der Änderungen gelten erst ab<br />
dem 1. Januar 2013. Begründet wird<br />
dies damit, dass man den Steuerzahlern<br />
Zeit bieten will, sich an die Änderungen<br />
anzupassen. Zudem werden bis dahin<br />
Verordnungen und Instruktionen<br />
erwartet, mit denen bestimmte Vorschriften<br />
zusätzlich präzisiert werden<br />
sollen. Auch die Umgestaltung des Körperschaftsteuergesetzes<br />
mit wesentlichen<br />
Besteuerungsänderungen im<br />
Bereich der Gewinne, Dividenden und<br />
des Urheberrechtes steht noch an.<br />
KONTAKT:<br />
CMS Reich-Rohrwig Hainz, Belgrad<br />
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15
<strong>Serbien</strong><br />
AKTUELLE RECHTSENTWICKLUNG<br />
Im besten Interesse des Unternehmens<br />
Haftungsfragen der Geschäftsführung nach dem neuen Unternehmensgesetz/ Entscheidungen<br />
sollten auf fundierter Basis getroffen werden<br />
Von Ljubica Tomić<br />
Seit dem 1. Februar <strong>2012</strong> ist ein neues Unternehmensgesetz in <strong>Serbien</strong> in Kraft, wonach die Geschäftsführung in<br />
allen Unternehmen in Einklang mit der neuen Gesetzeslage zu bringen ist. Ein entscheidender Punkt ist die Frage<br />
der Innen- und Außenhaftung der Geschäftsführung.<br />
Die Geschäftsführung kann nach dem neuen<br />
Unternehmensgesetz nach wie vor von ausländischen<br />
oder serbischen natürlichen Personen<br />
ausgeübt werden. Neu ist, dass diese<br />
Funktion nun auch von Rechtspersonen, die<br />
dafür in <strong>Serbien</strong> registriert sind, ausgeübt<br />
werden kann.<br />
Eine Rechtspraxis der Geschäftsführung<br />
durch Rechtspersonen besteht in <strong>Serbien</strong><br />
zwar noch nicht, doch die gesetzliche Möglichkeit<br />
hierfür ist damit gegeben. An dieser<br />
Stelle möchten wir zwei interessante Aspekte<br />
der neuen Gesetzgebung vorstellen: Einen<br />
im Bereich der Innenhaftung („Business Judgement<br />
Rule“) und den anderen im Bereich<br />
der Außenhaftung („Insolvenzantragspflicht“)<br />
durch die Geschäftsführung.<br />
Innenhaftung („Business<br />
Judgement Rule“)<br />
Im neuen Gesetz wurde eine detaillierte<br />
Regelung für unternehmerische Entscheidungen<br />
der Geschäftsführung ausgearbeitet,<br />
welche sich auf die Innenhaftung<br />
der Geschäftsführung, also die Haftung<br />
gegenüber der Gesellschaft selbst bezieht.<br />
Diese Regel verpflichtet die Geschäftsführung,<br />
alle Tätigkeiten mit der Sorgfalt eines<br />
ordentlichen Kaufmannes gutgläubig vorzunehmen<br />
und in der Auffassung, dass sie<br />
im besten Interesse (also zum Wohle) des<br />
Unternehmens handelt („Business Judgement<br />
Rule“).<br />
„Sorgfalt eines ordentlichen<br />
Kaufmanns“ definiert<br />
Der oben genannte Rechtsstandard „Sorgfalt<br />
eines ordentlichen Kaufmanns“ wurde<br />
nun im neuen Gesetz definiert. Dies ist die<br />
Sorgfalt, welche bei einer vernünftigen Aufmerksamkeit<br />
der Personen mit Kenntnissen,<br />
Fähigkeiten und Erfahrungen, die zu einer<br />
Geschäftsführung berechtigt sind, zu erwarten<br />
ist. Sollte der Geschäftsführer besondere<br />
Kenntnisse, Fähigkeiten oder Erfahrun-<br />
Die Autorin<br />
Ljubica Tomić ist Corporate Governance<br />
Rechtsspezialistin und Managing Partner bei<br />
Tomić Stević Dulić Rechtsanwälte in Belgrad.<br />
gen haben, dann werden diese zusätzlich<br />
bei Bewertung von unternehmerischen<br />
Entscheidungen der Geschäftsführung in<br />
Betracht gezogen (Art.63.2 des Unternehmensgesetzes).<br />
Schadensersatz bei<br />
Nichtbeachtung<br />
We n n d i e Ge s c h ä f t s f ü h r u n g Ent s c h e i d u n g e n<br />
trifft, die nicht dem „Business Judgement<br />
Rule“ entsprechen, haftet die Geschäftsführung<br />
dem Unternehmen für den Schadensersatz.<br />
Das Vorliegen einer Fahrlässigkeit ist<br />
für die Schadensersatzpflicht der Geschäftsführung<br />
bereits ausreichend. Um so stärker<br />
fällt natürlich die Schadensersatzpflicht bei<br />
grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz aus (Art.<br />
64 des Unternehmensgesetzes).<br />
Dem Geschäftsführer wird empfohlen, seine<br />
gesamten Handlungen auf Informationen<br />
und Gutachten von Fachleuten zu gründen.<br />
Denn sollte es zu einem Schadensvorfall<br />
kommen, besteht keine Haftung des<br />
Geschäftsführers, wenn seine Handlungen<br />
auf genannten eingeholten Informationen<br />
und Gutachten beruhen, wenn er diese in<br />
Vernunft für gutgläubig hielt. Die Beweislast<br />
liegt im Streitfall allerdings beim Geschäftsführer<br />
selbst (Art. 63.4.5 des Unternehmensgesetzes).<br />
Klage wegen<br />
Zuwiderhandlungen<br />
Die Klage gegen die Geschäftsführung<br />
kann vom Unternehmen selbst, aber auch<br />
von einem oder mehreren Gesellschaftern<br />
(die über ein Minimum von fünf Prozent der<br />
Unternehmensanteile verfügen, oder auch<br />
ohne diese Anteilsquote, dann jedoch nach<br />
Durchführung eines gesonderten Mahnverfahrens)<br />
im eigenen Namen und auf die<br />
Rechnung des Unternehmens („Derivatklage“)<br />
eingereicht werden.<br />
Es ist zu berücksichtigen, dass sich die „Business<br />
Judgement Rule“-Regelung auch auf<br />
alle Mitglieder des Aufsichtsrates erstreckt,<br />
selbst wenn die Aufsichtsratsmitglieder ausländische<br />
Staatsbürger sind, sowie ebenfalls<br />
auf die Liquidationsverwalter des Unternehmens<br />
bezieht (Art. 61.1.4 und 63.1 des Unternehmensgesetzes).<br />
Außenhaftung des<br />
Geschäftsführers<br />
Im Rahmen der Außenhaftung des<br />
Geschäftsführers wird von den deutschen<br />
Rechtsanwälten immer wieder die Frage der<br />
Regelung der Insolvenzantragspflicht nach<br />
serbischem Recht gestellt. Die Insolvenzantragspflicht<br />
ist im serbischen Recht nicht<br />
geregelt, selbst im neuen Unternehmensgesetz<br />
findet sich keine Norm und keine Sanktion<br />
diesbezüglich.<br />
Bei einer GmbH ist jedoch im Rahmen der<br />
Außenhaftung der Geschäftsführung eine<br />
neue Spezialnorm zu berücksichtigen.<br />
Wenn der Geschäftsführer wusste, dass<br />
sich zwischen dem Ende des vorherigen<br />
Geschäftsjahres und dem Tag des Gesellschafterbeschlusses<br />
über die Verabschiedung<br />
der Jahresberichte der Zustand des<br />
Unternehmensvermögens verschlechtert<br />
hat – etwa wegen Verlusten oder Wertminderung<br />
des Vermögens –, so ist er verpflichtet,<br />
die Gesellschafterversammlung darüber<br />
in Kenntnis zu setzen.<br />
Haftung wegen vorgenommener<br />
Gewinnausschüttung<br />
Sollte der Geschäftsführer dies unterlassen,<br />
so haftet er den Gesellschaftern und<br />
den Gläubigern des Unternehmens für den<br />
Schaden, der wegen der vorgenommenen<br />
Gewinnausschüttung entstanden ist<br />
(Art.184.3 des Unternehmensgesetzes). Die<br />
gleiche Regelung ist auf die Mitglieder des<br />
Aufsichtsrates einer GmbH anwendbar.<br />
Eine Rechtspraxis in Bezug auf die beschriebene<br />
Außenhaftung und Innenhaftung der<br />
Geschäftsführung ist noch nicht in <strong>Serbien</strong><br />
entwickelt worden. Die Berücksichtigung<br />
der genannten Normen ist jedoch für alle<br />
aktuellen Geschäftsführer sowie Aufsichtsratsmitglieder<br />
in serbischen Unternehmen<br />
ohne Rücksicht auf ihre Nationalität für alle<br />
zukünftigen Handlungen wesentlich.<br />
KONTAKT<br />
Tomić Stević Dulić Rechtsanwälte, Belgrad<br />
Tel.: 00381/ <strong>11</strong>/ 32 85 153<br />
ljubica.tomic@tomic-stevic.co.rs<br />
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16<br />
<strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong> <strong>11</strong>/<strong>2012</strong> | <strong>Special</strong> <strong>Serbien</strong>
<strong>Serbien</strong><br />
[ Branchenreport ]<br />
Turin will durchstarten<br />
Automobilindustrie: Fiat-Werk soll künftig wichtigen Beitrag zu den<br />
Exporten leisten/ Magnet für die Zulieferindustrie<br />
Der italienische Autobauer Fiat<br />
hat in den letzten zwei Jahren<br />
massiv in das ehemalige Zastava-<br />
Werk in Kragujevac investiert.<br />
Seit Juli werden hier wieder<br />
serienmäßig Autos produziert.<br />
Von dem Standort erhofft man<br />
sich einen Investitionsschub<br />
und neue Arbeitsplätze für die<br />
Automobilindustrie. Allerdings<br />
ist das Umfeld für den europäischen<br />
Pkw-Markt derzeit nicht<br />
das beste.<br />
Im neuen Fiat-Wek in Kragujevac<br />
ist vor einigen Monaten die<br />
Serienfertigung angelaufen.<br />
Die Kooperation zwischen Fiat und<br />
Zastava in Kragujevac begann bereits<br />
in den fünfziger Jahren mit der Produktion<br />
des Fiat 500. Ende der achtziger<br />
Jahre wurden hier bis zu 250.000 Autos<br />
pro Jahr produziert. 2008 schloss der<br />
Autobauer aus Turin mit der serbischen<br />
Regierung ein Investitionsabkommen<br />
für das mittlerweile in die Jahre gekommene<br />
Werk. Im Frühjahr 2009 wurde<br />
zunächst die Montage des Fiat Punto<br />
gestartet. Nach der erfolgten Modernisierung<br />
des Werks startete Fiat dann<br />
im Sommer mit der Produktion des<br />
neuen Modells 500L. Mit knapp einer<br />
Milliarde Euro Investitionsvolumen<br />
zählt der Autobauer zu den wichtigsten<br />
Investoren in <strong>Serbien</strong>. Die Italiener und<br />
die serbische Regierung haben eigens<br />
das Unternehmen „Fiat Automobili<br />
Srbija (FAS)“ gegründet, an dem Fiat<br />
67 und <strong>Serbien</strong> 33 Prozent hält.<br />
Dynamisches Umfeld<br />
<strong>Serbien</strong>s Ministerpräsident Mirko<br />
Cvetković und Fiat-Chef Sergio Marchionne<br />
eröffneten Mitte April das<br />
neue Werk. Marchionne würdigte das<br />
Engagement der Regierung: „Hier<br />
wurde ein dynamisches Umfeld für ausländische<br />
Investoren geschaffen.“ Die<br />
Pläne für die Zukunft sind ehrgeizig.<br />
Ab dem kommenden Jahr sollen hier<br />
200.000 Fahrzeuge vom Band laufen,<br />
später vielleicht sogar bis zu 300.000.<br />
95 Prozent der Fertigung sind für die<br />
internationalen Märkte gedacht. In der<br />
Fabrik werden rund 2.500 Menschen<br />
beschäftigt sein, in der Zulieferindust-<br />
rie für das Werk noch einmal 7.500. Bis<br />
Jahresende sollen in Kragujevac noch<br />
30.000 Fahrzeuge vom Band laufen,<br />
so die Ankündigung von Nunzio di<br />
Bartolo, FAS-Produktionschef. Künftig<br />
werden drei Varianten des Modells<br />
produziert – zwei Benziner und eine<br />
Diesel-Variante. Rund 80 Prozent der<br />
Komponenten sollen in <strong>Serbien</strong> gefertigt<br />
werden. Das neue Fiat-Werk könnte<br />
sich in den nächsten Jahren zum größten<br />
Exporteur des Landes entwickeln.<br />
Der Ausfuhrwert der jährlichen Produktion<br />
wird sich nach Regierungsangaben<br />
auf 1,3 Milliarden Euro belaufen.<br />
Auch das benachbarte Montenegro<br />
wird profitieren. Die Stadt Kragujevac<br />
hat mit dem montenegrinischen Hafen<br />
Bar an der Adria ein Kooperationsabkommen<br />
zur Verschiffung der für den<br />
Export vorgesehenen Fiat-Modelle<br />
geschlossen. Mitte August wurden die<br />
ersten Fiat 500L von Kragujevac per<br />
Bahn zum Hafen Bar in Montenegro<br />
transportiert, wo die Fahrzeuge nach<br />
Italien eingeschifft wurden.<br />
Große Zulieferbasis<br />
Zusammen mit den Turinern sind auch<br />
neue Zulieferer nach <strong>Serbien</strong> gekommen.<br />
Die geringen Arbeitskosten, vor<br />
allem im Vergleich zu den benachbarten<br />
Produktionsstandorten Slowenien, Slowakei<br />
oder Ungarn sowie eine günstige<br />
geografische Lage sind für <strong>Serbien</strong> gute<br />
Voraussetzungen, um sich als attraktiver<br />
Standort der europäischen Autozulieferindustrie<br />
zu etablieren. Nicht<br />
Foto: Fiat<br />
18<br />
<strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong> <strong>11</strong>/<strong>2012</strong> | <strong>Special</strong> <strong>Serbien</strong>
<strong>Serbien</strong><br />
zu den Schwesterwerken im ungarischen<br />
Szeged sowie im rumänischen<br />
Timişoara weitere Vorteile. Neben<br />
deutschen, französischen oder asiatischen<br />
Zulieferern werden klassische<br />
Fiat-Zulieferer wie Magneti Marelli<br />
künftig eine wichtige Rolle in <strong>Serbien</strong><br />
spielen.<br />
Aktuelle Probleme<br />
Doch wenige Monate nach Produktionsstart<br />
sind Probleme aufgetaucht. So<br />
wird die Regierung wegen der schwierigen<br />
Haushaltslage die finanziellen Verpflichtungen<br />
gegenüber dem Partner<br />
Fiat in diesem Jahr nur teilweise erfüllen<br />
können. So werde man lediglich 50<br />
der insgesamt zugesagten 90 Millionen<br />
Euro an die Italiener überweisen,<br />
so Präsident Tomislav Nikolić. Als<br />
Grund werden die Sonderhilfen für die<br />
Landwirtschaft genannt, die wegen der<br />
schweren Dürre staatliche Unterstützung<br />
erhält.<br />
Doch nicht nur die serbische Regierung,<br />
auch der italienische Autobauer<br />
hat derzeit mit Problemen zu kämpfen.<br />
Vor dem Hintergrund der Schuldenkrise<br />
befindet sich der europäische<br />
Automarkt seit einigen Monaten im<br />
Rückwärtsgang. Der Fiat-Absatz war in<br />
den ersten neun Monaten dieses Jahres<br />
um 17 Prozent rückläufig. Der Export<br />
von den künftig in <strong>Serbien</strong> gefertigten<br />
Fahrzeugen in wachstumsstärkere<br />
Absatzmärkte außerhalb Europas wäre<br />
eine Alternative.<br />
Stephan Mittelhäuser<br />
Serbische Zulieferindustrie für Fiat<br />
Qualitätsmanagement als Chance<br />
zuletzt im Zuge der deutlich gestiegenen<br />
Löhne und einer Verknappung der<br />
Arbeitskräfte vor allem in Ländern wie<br />
Tschechien oder Polen haben sich viele<br />
Zulieferer bereits in den letzten Jahren<br />
entschieden, in Südosteuropa, speziell<br />
in <strong>Serbien</strong>, zu investieren.<br />
Deutsche Unternehmen wie Leoni,<br />
Grammer oder Dräxlmaier haben<br />
das Land längst für sich entdeckt. Die<br />
ContiTech AG hat unlängst über zehn<br />
Millionen Euro in ein neues Werk in<br />
Subotica im Norden des Landes investiert.<br />
Seit Jahresmitte werden hier<br />
Schlauchleitungen für die Automobilindustrie<br />
gefertigt. Neben dem Standort<br />
in Veliki Crljeni ist es der zweite<br />
ContiTech-Standort in <strong>Serbien</strong>. Nach<br />
Unternehmensangaben bietet die Nähe<br />
Innerhalb von nur drei Jahren wurde<br />
aus alt neu. Im April dieses Jahres rollte<br />
der erste Fiat 500L in Kragujevac vom<br />
Band. Jahrzehntelang wurden im Süden<br />
der zentralserbischen Stadt Autos der<br />
Marke „Zastava“ produziert. Bis die<br />
unter dem Namen „Yugo“ verkaufte<br />
Technik nach der Wende kaum mehr<br />
Abnehmer fand. Die Folge: Stillstehende<br />
Fließbänder und Entlassungen.<br />
Die Ansiedlung von Fiat ist eine neue<br />
Chance. Allein 2.500 Arbeitsplätze sind<br />
im neuen Autowerk der Italiener entstanden.<br />
In der Zulieferindustrie entstehen<br />
weitere 7.500 Jobs. Bislang finden<br />
sich unter den Teile-Produzenten fast<br />
nur internationale Größen. Mittelfristig<br />
sollen sich jedoch auch serbische Kleinbetriebe<br />
und Mittelständler (KMU) in<br />
die Lieferkette eingliedern. Bis dahin,<br />
ist jedoch noch einiges zu tun. Eine der<br />
ersten Hürden ist die ISO-Zertifizierung.<br />
Ohne nachweisbares Qualitätsmanagement<br />
keine Aufträge. Hier ist Pionierarbeit<br />
notwendig, da das Wissen um Sinn<br />
und Zweck internationaler Normen bei<br />
serbischen KMU nur rudimentär vorhanden<br />
ist. Genau hier setzt eine Entwicklungspartnerschaft<br />
zwischen der DEKRA<br />
Akademie und der Deutschen Gesellschaft<br />
für Internationale Zusammenarbeit<br />
(GIZ) GmbH an. Das Projekt wird im<br />
Rahmen des Programms develoPPP.de<br />
im Auftrag des Bundesministeriums für<br />
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und<br />
Entwicklung (BMZ) durchgeführt. Lokal<br />
wird es vom GIZ-Programm für Privatsektorentwicklung<br />
in <strong>Serbien</strong> (ACCESS)<br />
sowie von der Industrie- und Handelskammer<br />
Kragujevac begleitet. Ziel ist<br />
es, in möglichst vielen Betrieben der<br />
Region ein Bewusstsein für Qualitätsmanagement<br />
zu schaffen und Interesse<br />
für eine Zertifizierung zu wecken. Dafür<br />
bilden die Partner derzeit 30 serbische<br />
Experten zu Trainern aus. Die DEKRA<br />
entwickelt interaktive und praxisorientierte<br />
Trainingsmaterialien und stimmt<br />
sie gemeinsam mit serbischen Fachleuten<br />
auf den lokalen Bedarf ab. Präsentationen<br />
und Bücher sollen bis zum Ende<br />
des Projektes im November 2013 in insgesamt<br />
acht Pilotkursen erstmalig zum<br />
Einsatz kommen. Das damit qualifizierte<br />
Personal verfügt dann über ausreichend<br />
Grundwissen, um in den Betrieben eine<br />
Zertifizierung einzuleiten und zu begleiten.<br />
„Der Bedarf an grundlegender Aufklärungsarbeit<br />
ist groß. Das hat auch eine<br />
Umfrage zu Beginn des Projektes gezeigt.<br />
Daher sind die Aktivitäten, die GIZ und<br />
DEKRA mit uns als lokalem Partner durchführen,<br />
ein erster, jedoch wichtiger Anstoß<br />
für die Region“, meint Dušan Puača, Präsident<br />
der Industrie- und Handelskammer<br />
Kragujevac. Auch für die Nachhaltigkeit<br />
ist gesorgt. Das Lehrmaterial wird<br />
über das Projekt hinaus nutzbar sein und<br />
soll auch in anderen Regionen <strong>Serbien</strong>s<br />
zum Einsatz kommen. Weitere Informationen<br />
über das Projekt finden sich auf<br />
www.dekra-academy-serbia.com.<br />
KONTAKT<br />
DEKRA Akademie<br />
Projektleiter Dietmar Metzger<br />
dietmar.metzger@dekra-akademie.hu<br />
GIZ ACCESS <strong>Serbien</strong><br />
Programmleiter Tobias Stolz<br />
tobias.stolz@giz.de<br />
<strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong> <strong>11</strong>/<strong>2012</strong> | <strong>Special</strong> <strong>Serbien</strong><br />
19
<strong>Serbien</strong><br />
[ Branchenreport ]<br />
Neue Hitze für<br />
kalte Ware<br />
Stahlindustrie: Suche nach Investor für das Stahlwerk in Smederevo/<br />
Pläne für neues Werk in Šabac<br />
Zu Jahresbeginn hatte die serbische Regierung das Stahlwerk Sartid in Smederevo, eines der wichtigsten<br />
Exportunternehmen des Landes, vom Konzern US Steel zurückgekauft. Beide Seiten vereinbarten die<br />
Übernahme des angeschlagenen Stahlproduzenten für einen symbolischen Preis von einem US-Dollar.<br />
Nun sucht die Regierung in Belgrad nach einem strategischen Partner für das Unternehmen.<br />
Das serbische Stahlwerk Sartid in Smederevo<br />
ist ein Schwergewicht in der serbischen<br />
Industrie. Das Unternehmen<br />
hat einen Anteil an der gewerblichen<br />
Produktion des Landes von rund fünf<br />
Prozent, 5.500 Menschen arbeiten in<br />
dem Werk. Seit Monaten lief die Produktion<br />
jedoch lediglich in einem der<br />
zwei Hochöfen.<br />
Nach Angaben der Worlsteel Association<br />
bewegte sich die monatliche<br />
Produktionsmenge zuletzt zwischen<br />
20.000 und 60.000 Tonnen. Nach<br />
Expertenschätzung kann die Fabrik ab<br />
einer Fertigung von 100.000 Tonnen<br />
Stahl kostendeckend betrieben werden.<br />
Im August stellte das Stahlwerk die Produktion<br />
dann sogar ganz ein.<br />
Rückzug nach Übernahme<br />
Das Stahlwerk war erst im Jahr 2003<br />
an den Stahlkonzern US Steel verkauft<br />
worden. Zu Jahresbeginn zog<br />
sich das Unternehmen jedoch aus <strong>Serbien</strong><br />
zurück und gab das verschuldete<br />
Unternehmen zum symbolischen Preis<br />
von einem US-Dollar an die Regierung<br />
in Belgrad zurück. Zuvor hatte sich der<br />
US-Konzern mit Sitz in New York entschieden,<br />
in <strong>Ost</strong>europa nur noch den<br />
Standort Košice in der Slowakei weiter<br />
zu betreiben. Allein im vergangenen<br />
Jahr soll der Betriebsverlust in Smederevo<br />
rund 160 Millionen Euro betragen<br />
haben.<br />
Die serbische Regierung hat jedoch<br />
nicht die Absicht, das Stahlwerk länger<br />
als nötig zu behalten. Vielmehr soll<br />
nun ein strategischer Partner für die<br />
Anlage gefunden werden. Doch die<br />
Bemühungen der Regierung verliefen<br />
bislang erfolglos. Die Angebotsfrist für<br />
das Werk wurde bis Mitte September<br />
bereits zweimal verlängert. Laut serbischen<br />
Medienberichten hatten drei<br />
Unternehmen, u.a. die ukrainische<br />
Donetsksteel-Gruppe sowie die russische<br />
Ural Mining and Metallurgical<br />
Company (UMMC), Interesse bekundet.<br />
UMMC bestritt daraufhin jedoch<br />
jegliches Kaufinteresse.<br />
Die Regierung war offenbar von der<br />
Tragfähigkeit der eingegangenen Angebote<br />
nicht überzeugt. Anfang Oktober<br />
sprach die Regierung schließlich die<br />
dritte Einladung für potenzielle Bewerber<br />
aus. Laut Ausschreibungsunterlagen<br />
kommen als Partner Unternehmen<br />
infrage, die im Erzbergbau oder anderen<br />
Bergbaubereichen tätig sind, Roheisen,<br />
Koks, Stahl oder Ferrolegierungen herstellen<br />
oder in den Bereichen Maschinenbau<br />
oder Metallverarbeitung tätig<br />
sind. Der Jahresumsatz sollte bei mindestens<br />
zwei Milliarden US-Dollar<br />
liegen. Die Bewerber müssen einen<br />
vierjährigen Businessplan vorlegen, der<br />
mindestens 50 Millionen US-Dollar an<br />
Investitionen für die Revitalisierung<br />
des Werkes vorsieht.<br />
Die Suche geht weiter<br />
Neben den strukturellen Problemen<br />
des investitionsbedürftigen Werks in<br />
Smederevo bereitet den serbischen<br />
Stahlkochern vor allem das schwache<br />
konjunkturelle Umfeld in Europa, das<br />
zuletzt immer stärker von der Schuldenkrise<br />
im Euro-Raum in Mitleidenschaft<br />
gezogen wurde, große Probleme.<br />
Darüber hinaus hat sich auch die weltweite<br />
Stahlkonjunktur eingetrübt.<br />
Nach Angaben der Worldsteel Association<br />
wurden in den ersten acht Monaten<br />
dieses Jahres mit etwas über einer Milliarde<br />
Tonnen Rohstahl im Vergleich<br />
zum Vorjahreszeitraum lediglich 0,9<br />
Prozent mehr hergestellt. Ein Grund<br />
Stahlproduktion im Vergleich<br />
Jan. bis Sept. <strong>2012</strong><br />
in<br />
1.000 Tonnen<br />
Polen 6.693<br />
Tschechien 3.966<br />
Slowakei 3.441<br />
Rumänien 2.935<br />
Ungarn 1.216<br />
Bosnien-Herzegowina 527<br />
Bulgarien 509<br />
Slowenien 507<br />
<strong>Serbien</strong> 346<br />
Republik Moldau 248<br />
Mazedonien 189<br />
Quelle: World Steel Association<br />
Foto: Železara Smederevo d.o.o.<br />
20<br />
<strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong> <strong>11</strong>/<strong>2012</strong> | <strong>Special</strong> <strong>Serbien</strong>
<strong>Serbien</strong><br />
Das Stahlwerk in Smederevo, als<br />
die Produktion noch heiß lief .<br />
ist u.a. die schwächere Nachfrage aus<br />
China. Globale Überkapazitäten bei<br />
den Stahlkonzernen drücken zusätzlich<br />
auf die Preise.<br />
Wirtschafts- und Finanzminister<br />
Mlađan Dinkić erwartet bis Jahresende<br />
eine Lösung für das Werk. Nach seinen<br />
Angaben gibt es bereits neue Interessenten.<br />
UralVagonZavod, eine russische<br />
Industriegruppe aus Nishnij Tagil<br />
in der Region Swerdlowsk, soll großes<br />
Interesse an der Übernahme eines 75-<br />
Prozent-Anteils haben. Oleg Sienko,<br />
CEO of UralVagonZavod, bestätigte<br />
Gespräche mit der serbischen Regierung.<br />
Der Kauf der montenegrinischen<br />
Eisenhütte Nikšic durch die türkische<br />
Toscelik Anfang Mai dieses Jahres<br />
sorgt bei den Verkaufsgesprächen für<br />
Zuversicht in Belgrad.<br />
Das zur Tosyali-Gruppe gehörende<br />
Unternehmen hatte die Eisenhütte<br />
zum Preis von 15,1 Millionen Euro<br />
erworben. Zuvor waren zwei Anläufe<br />
gescheitert. Die Lesart für die serbische<br />
Regierung: Es ist möglich, Käufer für<br />
Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie<br />
in Südosteuropa zu finden<br />
– man muss nur den richtigen Partner<br />
finden. Der Minister für natürliche<br />
Ressourcen, Bergbau und Raumplanung,<br />
Milan Bačević, erwartet als Interessenten<br />
vornehmlich russische oder<br />
ukrainische Unternehmen, da diese<br />
nicht zuletzt die gleiche Technologie<br />
IHK Stuttgart<br />
Wirtschaftstag <strong>Serbien</strong><br />
Beim Wirtschaftstag <strong>Serbien</strong> am 21. September<br />
in der IHK Region Stuttgart wurde<br />
der Frage nachgegangen, welche Möglichkeiten<br />
in wirtschaftlicher Hinsicht<br />
sich für deutsche Unternehmen in <strong>Serbien</strong>,<br />
speziell vor dem Hintergrund des im<br />
März verliehenen EU-Kandidatenstatus<br />
ergeben. Wie stellt sich die aktuelle Wirtschaftslage<br />
dar, welche Branchen bergen<br />
besonders viel Potenzial und was ist bei<br />
den rechtlichen Rahmenbedingungen zu<br />
beachten? Zudem berichteten Unternehmen<br />
wie die Robert Bosch GmbH oder die<br />
Firma Dunkermotoren aus Bonndorf im<br />
Schwarzwald über ihre Erfahrungen in<br />
<strong>Serbien</strong>.<br />
Vielfältige Investitionsanreize<br />
Nach der Begrüßung durch Júlio Neto,<br />
stellvertretender Geschäftsführer der IHK<br />
Region Stuttgart, sowie der Eröffnungsrede<br />
von Anja Quiring, Regionaldirektorin<br />
Südosteuropa beim <strong>Ost</strong>-Ausschuss der<br />
Deutschen Wirtschaft, referierte unter<br />
anderem Ognjen Obrenović von der<br />
Delegation der Deutschen Wirtschaft in<br />
<strong>Serbien</strong> zum Thema „ <strong>Serbien</strong> als Absatzmarkt“.<br />
Dabei verwies er auf die Freihandelsabkommen<br />
mit der EU, Russland,<br />
Kasachstan, Belarus, der Türkei sowie<br />
diversen Nachbarländern auf dem Balkan.<br />
Zu den Hauptimportgütern gehören<br />
Maschinen und Geräte, Transportmittel<br />
sowie Treibstoffe und Schmiermittel. Des<br />
Weiteren machte er auf die vielfältigen<br />
Investitionsanreize aufmerksam, etwa die<br />
wie in Smederevo verwenden. Das<br />
Stahlwerk stelle für <strong>Serbien</strong> derzeit eine<br />
große finanzielle Last dar, so Bačević.<br />
Es sei deshalb nötig, schnellstmöglich<br />
einen Partner zu finden, der an der<br />
langfristigen Fortführung der Produktion<br />
interessiert sei. Bačević ermunterte<br />
potenzielle Interessenten, indem<br />
er darauf verwies, dass US Steel bis vor<br />
einigen Jahren noch hohe Gewinne mit<br />
der Stahlproduktion in <strong>Serbien</strong> erzielen<br />
konnte.<br />
zehnjährige Steuerfreiheit auf Gewinne<br />
bei Investitionen von über sieben Millionen<br />
Euro oder die staatlichen Zuschüsse<br />
von 2.000 bis 10.000 Euro pro neu geschaffenem<br />
Arbeitsplatz.<br />
Igor Samardzić, Partner bei LSH Rechtsund<br />
Fachanwälte, erörterte die Grundzüge<br />
des serbischen Arbeitsrechts. Dabei<br />
verwies er u. a. auf die Bedingungen, die<br />
für die Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter<br />
notwendig sind. Hierzu gehören<br />
eine befristete oder unbefristete Aufenthaltsgenehmigung,<br />
ausgestellt vom<br />
Innenministerium, sowie eine Arbeitserlaubnis,<br />
ausgestellt vom Arbeitsamt, die<br />
der Arbeitgeber schriftlich unter Bekanntgabe<br />
der Gründe für die Beschäftigung<br />
einer ausländischen Person beantragen<br />
muss. Des Weiteren wies er darauf hin,<br />
dass ein befristetes automatisch in ein<br />
unbefristetes Arbeitsverhältnis übergeht,<br />
sobald der Arbeitnehmer mindestens<br />
fünf Arbeitstage nach Zeitablauf weiterbeschäftigt<br />
wird. Jürgen Kappenmann,<br />
Consultant bei der Deutschen Gesellschaft<br />
für Internationale Zusammenarbeit<br />
(GIZ), berichtete über die Arbeit des GIZ/<br />
ACCESS- Programms in <strong>Serbien</strong>, speziell in<br />
den Sektoren Organische Landwirtschaft<br />
und IT.<br />
KONTAKT<br />
IHK Region Stuttgart<br />
Tel.: 07<strong>11</strong>/ 20 05 14 07<br />
barbara.effenberger@stuttgart.ihk.de<br />
www.stuttgart.ihk.de<br />
Unsicherheit über<br />
Investitionspläne aus Italien<br />
Das italienische Unternehmen Danieli<br />
& C. Officine Meccaniche SpA.<br />
und die serbische Regierung unterzeichneten<br />
Ende März in Belgrad eine<br />
Absichtserklärung über den Bau eines<br />
neuen Werks für Spezialstahlsorten.<br />
Die Investitionskosten für das Projekt<br />
wurden mit 500 Millionen Euro angegeben.<br />
Standort für das neue Stahlwerk<br />
sollte die nordwestliche Stadt Šabac<br />
sein. Die Zahl der erwarteten Arbeitsplätze<br />
wurde mit 1.000 angegeben, die<br />
Produktionskapazitäten sollten sich auf<br />
750.000 Tonnen Stahl pro Jahr belaufen.<br />
Ein Teil der Produktion war für<br />
die Automobilindustrie bestimmt – in<br />
erster Linie für das neue Fiat-Werk in<br />
Kragujevac.<br />
Doch bislang haben die Italiener<br />
ihrer Absicht, in <strong>Serbien</strong> zu investieren,<br />
keine Taten folgen lassen – im Gegenteil:<br />
Im Sommer wurde bekannt, dass<br />
Danieli nach dem Kauf der Stahlhütte<br />
CMC Sisak d.o.o. im kroatischen Sisak<br />
seine <strong>Serbien</strong>-Pläne bis auf Weiteres<br />
verschoben hat. Die Hoffnungen der<br />
Regierung in Belgrad auf einen weiteren<br />
Standort für die serbische Stahlindustrie<br />
haben sich offenbar bis auf Weiteres<br />
erst einmal erledigt.<br />
Stephan Mittelhäuser<br />
<strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong> <strong>11</strong>/<strong>2012</strong> | <strong>Special</strong> <strong>Serbien</strong><br />
21
<strong>Serbien</strong><br />
... nachrichten<br />
Darwin Airline SA, Bioggio<br />
Destination Niš<br />
Die schweizerische Darwin Airline hat eine<br />
neue <strong>Ost</strong>europa-Verbindung angekündigt:<br />
Im Auftrag der Feral Travel Holding AG verbindet<br />
sie für einige Wochen Zürich und Genf<br />
mit der serbischen Stadt Niš. Beide Strecken<br />
werden zwischen dem 8. Dezember und 20.<br />
Januar bedient. Reisende ab Genf können im<br />
angegebenen Zeitraum samstags nonstop<br />
und sonntags wieder zurückfliegen. Die<br />
Flugzeit beträgt etwas über zwei Stunden.<br />
Ab Zürich bedient Darwin die Strecke viermal<br />
wöchentlich. Das Flugzeug startet mittwochs,<br />
samstags und zweimal am Sonntag<br />
nach Niš.<br />
Darwin Airline fliegt von Genf<br />
und Zürich nach Niš.<br />
WTE Wassertechnik GmbH, Essen<br />
Auftrag in <strong>Serbien</strong><br />
Die EVN-Tochter WTE Wassertechnik GmbH<br />
erhielt den Zuschlag für die Planung, Errichtung,<br />
Finanzierung und den Betrieb einer<br />
Trinkwasseraufbereitungsanlage für die<br />
Stadtgemeinde Zrenjanin. Das Projekt mit<br />
einer Investitionssumme von 25,6 Millionen<br />
Euro soll Trinkwasser für die rund 86.000<br />
Einwohner bereitstellen. An die dreijährige<br />
Bauzeit wird sich ein 15-jähriger Betrieb<br />
anschließen. Seit Jahrzehnten bemüht sich<br />
die Stadt um eine Lösung der Trinkwasserproblematik.<br />
Das Trinkwasser enthält<br />
unter anderem stark erhöhte Arsen- und<br />
Borwerte. 2004 wurde der Genuss des Trinkwassers<br />
offiziell verboten. WTE baut eine<br />
Umkehrosmose-Anlage mit zweistufiger<br />
Arsenentfernung und nachgeschalteter<br />
Membrantechnik. Das Unternehmen besitzt<br />
durch den Bau und Betrieb ähnlicher Anlagen<br />
u. a. in Zagreb oder Wien Erfahrung in<br />
der Umsetzung wassertechnischer Großprojekte.<br />
Zurzeit baut WTE Anlagen in Moskau,<br />
Vilnius und Warschau.<br />
Entrade Energiesysteme AG, Dahlem-Schmidtheim<br />
Biogasanlage in Kraljevo<br />
Die Entrade Energiesysteme AG wird in<br />
<strong>Serbien</strong> eine Biogasanlage errichten. Das<br />
Unternehmen hat vom Ministerium für<br />
Umwelt, Bergbau und Raumplanung eine<br />
entsprechende Baugenehmigung erhalten.<br />
Das Projekt soll in Kraljevo im Südwesten<br />
<strong>Serbien</strong>s umgesetzt werden. Entrade plant<br />
den Baubeginn der ersten 800-KW-Einheit<br />
noch in diesem Jahr. Die insgesamt 3,4 MW<br />
umfassende Anlage soll nach Fertigstellung<br />
die größte ihrer Art auf dem Balkan sein.<br />
<strong>Vojvodina</strong> IT Cluster<br />
IT-Sektor wird vernetzt<br />
Die Prognosen für den Bereich Informations-<br />
und Kommunikationstechnologie<br />
(IKT/IT) in <strong>Serbien</strong> sind positiv: Neben privaten<br />
Haushalten haben vor allem kleine<br />
und mittelständische Unternehmen einen<br />
steigenden Bedarf an modernen IT-Lösungen.<br />
Netzwerke sind eine Möglichkeit, um<br />
einen Einstieg in den serbischen IT-Markt<br />
zu schaffen oder bestehende Geschäfte zu<br />
intensivieren. Die GIZ/ACCESS in <strong>Serbien</strong> hat<br />
in Zusammenarbeit mit dem <strong>Vojvodina</strong> ICT-<br />
Cluster ein Rahmenkonzept zur Förderung<br />
serbisch-deutscher Geschäftsbeziehungen<br />
im IT-Bereich entwickelt – den „IT Business<br />
Dialogue“. Dieser bietet:<br />
- Kontakte zu IT-Experten und Unternehmen<br />
- Netzwerktreffen<br />
- Kooperationsbörsen für Unternehmen<br />
- Teilnahme an Messen und Veranstaltungen<br />
in Südosteuropa.<br />
Die Studie „ICT in Serbia at a glance“ sowie<br />
weitere Informationen finden sich unter<br />
www.vojvodinaictcluster.org .<br />
PORR AG, Wien<br />
Schwellenwerk in Svilajnac<br />
Der österreichische Baukonzern PORR AG<br />
eröffnete Ende Oktober in Kooperation mit<br />
der Europäischen Bank für Wiederaufbau<br />
und Entwicklung (EBRD) ein Schwellenwerk<br />
in der Stadt Svilajnac, rund 100 Kilometer<br />
südlich von Belgrad. In der ersten Phase<br />
werden 30 Mitarbeiter zwischen 100.000<br />
und 200.000 Schwellen pro Jahr herstellen.<br />
Die Vollauslastung der Fabrik wird für<br />
Anfang 2013 angepeilt. Das Schwellenwerk<br />
wurde auf dem Grundstück einer ehemaligen<br />
Schraubenfabrik errichtet und verfügt<br />
über einen direkten Eisenbahnzugang. Die<br />
Investition beträgt 5,6 Millionen Euro, von<br />
der die EBRD die Hälfte in Form eines Kredits<br />
finanziert. Mit dem neuen Werk will die PORR<br />
AG ihr Engagement im südosteuropäischen<br />
Eisenbahnmarkt weiter ausbauen.<br />
Landwirtschaft<br />
Exportstopp bei Ölsaaten und Zucker<br />
Die serbische Regierung hat Anfang September<br />
einen Exportstopp für Soja, Sonnenblumen<br />
und Zuckerrüben verhängt. Dabei<br />
wurden die Exportquoten für die Zeit vom<br />
6. September bis zum 31. Dezember auf Null<br />
gesetzt und damit eine Ausfuhr bei diesen<br />
Produkten praktisch unmöglich gemacht.<br />
Grund für die Maßnahmen sind die extreme<br />
Dürre des letzten Sommers und die negativen<br />
Auswirkungen auf die Erträge bei den<br />
wichtigsten landwirtschaftlichen Kulturen.<br />
Besonders betroffen ist neben den oben<br />
bereits genannten Ölsaaten vor allem auch<br />
der Mais. Durch die extreme Angebotsverknappung<br />
sind die Verbraucherpreise in<br />
<strong>Serbien</strong> bei den meisten Produkten rapide<br />
angestiegen. Normalerweise ist <strong>Serbien</strong> ein<br />
wichtiger Exporteur von Ölsaaten, Getreide<br />
und Zucker in der Region, auch in die EU.<br />
IAMO, Halle (Saale)<br />
Kooperationsprojekt im<br />
Landwirtschaftsbereich<br />
Seit Juni <strong>2012</strong> arbeitet das IAMO im Rahmen<br />
eines Projektes im Auftrag des Deutschen<br />
Akademischen Austauschdienstes (DAAD)<br />
mit der Faculty of Agriculture in Belgrad<br />
zusammen. Der zentrale Forschungsschwerpunkt<br />
liegt darin, durch frühzeitige<br />
Analysen die Wirksamkeit staatlicher Maßnahmen<br />
in der Landwirtschaft auf die Preise<br />
für landwirtschaftliche Erzeugnisse und<br />
Nahrungsmittel in <strong>Serbien</strong> zu verbessern.<br />
Des Weiteren sollen durch die Kooperation<br />
zwischen den Wissenschaftlern aus <strong>Serbien</strong><br />
und Deutschland der intensive Austausch<br />
gefördert sowie gemeinsame Zukunftsprojekte<br />
vorbereitet werden. Die Ergebnisse der<br />
auf zwei Jahre angelegten Forschungsarbeit<br />
werden Studierenden der Universitätsfakultäten<br />
sowie interessierten Verbänden und<br />
Organisationen der Agrarwissenschaft zur<br />
Verfügung gestellt.<br />
KONTAKT<br />
Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in<br />
Mittel- und <strong>Ost</strong>europa (IAMO), Halle(Saale)<br />
Tel.: 0345/ 29 28 200<br />
glauben@iamo.de<br />
Elf Unternehmen<br />
aus <strong>Serbien</strong> dabei<br />
Im aktuellen<br />
Deloitte-Ranking<br />
der 500<br />
größten Unternehmen<br />
in der<br />
Region Mittelund<br />
<strong>Ost</strong>europa<br />
sind elf Unternehmen<br />
aus <strong>Serbien</strong><br />
zu finden.<br />
Auf Platz 67 rangiert<br />
die EFT-Gruppe mit Sitz in Belgrad,<br />
die Energie handelt, mit einem Umsatz<br />
20<strong>11</strong> von 2,2 Milliarden Euro. Ebenfalls u.a.<br />
mit dabei: Telekom Srbija auf Platz 175,<br />
Delta auf 188, Deleze Srbija auf 201 und<br />
Srbijagas auf Platz 283.<br />
Foto: Darwin Airline<br />
22<br />
<strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-<strong>Contact</strong> <strong>11</strong>/<strong>2012</strong> | <strong>Special</strong> <strong>Serbien</strong>
Wirtschaftsrecht. Traditionelle Umfrage zur Rechtsentwicklung<br />
Personal & Management. Interim-Manager bauen Brücken<br />
Manager im Gespräch. »Von Chinas Dynamik noch stärker profitieren«<br />
SPeCIAL Baden-Württemberg & China. Mittelstand zusammenbringen<br />
20<strong>11</strong><br />
Kooperationen. Im Joint Venture den Solarmarkt erobern<br />
Unternehmensporträt. Der »grüne Elefant« – Biogas als Alternative<br />
Wirtschaftsrecht. Spagat zwischen Transfer- und Importpreis<br />
20<strong>11</strong><br />
Ausgabe 38-20<strong>11</strong> . 20. September . www.owc.de<br />
Wirtschaftsinformationsdienst der Zeitschrift OST-WEST-CONTACT zur Russischen Föderation<br />
Großbritannien als Partner<br />
bei der Modernisierung<br />
MOSKAU, 14. September. Russland und Die britische Hotelgruppe InterContinental<br />
Hotels Group (IHG) gab an, bis<br />
Großbritannien kommen sich näher. Bei<br />
Mit freundlicher Unterstützung<br />
dem Besuch des britischen Premierministers<br />
David Cameron in Moskau ver-<br />
und der GUS auf 100 erhöhen zu wollen.<br />
2020 die Zahl ihrer Hotels in Russland<br />
gangene Woche vereinbarten beide Seiten,<br />
dass auch das Vereinigte Königreich land und fünf Hotels in den ehemaligen<br />
Derzeit betreibt IHG elf Hotels in Russ-<br />
trotz der zuletzt eingetrübten politischen Sowjetrepubliken. Im November wird das<br />
Beziehungen beim russischen Modernisierungsprozess<br />
als Partner teilhaben wird. 203 Zimmern an der Moskauer Haupt-<br />
neue Fünf-Sterne-Hotel der Gruppe mit<br />
Ein Kooperationsabkommen, das Cameron<br />
und der russische Präsident Dmitrij größte Hotel der Holiday-Inn-Kette in<br />
straße Twerskaja eröffnet. 2014 soll das<br />
Medwedjew unterzeichneten, hält fest, Europa in Moskau seine Pforten öffnen.<br />
dass Handelsbarrieren beseitigt, Innovationen<br />
gefördert, kommerzielle Unterdung<br />
eines neuen Pharmazieunterneh-<br />
Celtic Pharma verkündete die Grün-<br />
Inhalt<br />
nehmungen stimuliert und Rechtsstaatlichkeit<br />
unterstützt werden sollen. Eine das auch internationales Kapital unter<br />
mens mit dem Namen Pro Bono Bio, in<br />
Wirtschaft 1 Wirtschaftsdelegation mit Vertretern anderem vom russischen Technologieförderfonds<br />
Rusnano fließt. Pro Bono Bio<br />
Firmen und Kooperationen 4 von 24 großen britischen Unternehmen,<br />
Branchennachrichten 6 angeführt vom britischen Handelsminister<br />
Stephen Green, begleitete Cameron. der Nähe von Moskau.<br />
plant den Bau einer Produktionsstätte in<br />
Die Deutsch-Russische AHK<br />
informiert 8<br />
Es wurden Geschäfte im Gesamtwert von Umwelttechnikhersteller GT Group<br />
215 Millionen Britischen Pfund (rund 246 hat sich spezialisiert auf die Fertigung<br />
Personal 9<br />
Millionen Euro) angekündigt.<br />
von Anlagen zur Abgasemission schwerer<br />
Lkw-Dieselmotoren. Er konnte von<br />
Müllverwertung wird zum großen<br />
So will die Einzelhandelskette Kingfisher<br />
Group in den nächsten zwei bis drei einem neuen Vertrag mit dem russischen<br />
Geschäft 10<br />
Mehr als Petrochemie 12 Jahren <strong>11</strong>5 Millionen Pfund in den Aufbau<br />
von neun Castorama-Baumärkten Millionen Pfund berichten.<br />
Automobilhersteller GAZ im Wert von 50<br />
Regionennachrichten 13<br />
Veranstaltungskalender, Kultur,<br />
in Russland investieren und damit das Der Chef der Russischen Eisenbahn<br />
bestehende Netz von 17 Märkten erweitern.<br />
(Lesen Sie weiter auf Seite 3)<br />
(RZD), Wladimir Jakunin, und Handels-<br />
Wissenswertes 14<br />
+++ kurz notiert +++ kurz notiert +++ kurz notiert +++ kurz notiert +++<br />
Börse<br />
Reserven leicht rückläufig Kleineres Defizit<br />
MOSKAU, 15. September. Russlands Gold- MOSKAU, 12. September. Eine aktuelle Prognose<br />
sieht die russischen Haushaltseinnah-<br />
und Devisenreserven sind in der Woche<br />
vom 2. bis 9. September um 0,8 Prozentpunkte<br />
beziehungsweise um 4,6 Milliarden die Ausgaben bei 298 Milliarden Euro. Das<br />
men <strong>2012</strong> bei rund 287,1 Milliarden Euro und<br />
US-Dollar auf 538,8 Milliarden zurückgegangen,<br />
erklärte die russische Zentralbank Prozent des BIP. Das Etatdefizit 20<strong>11</strong> wird<br />
entspricht einem Haushaltsdefizit von 1,5<br />
Mitte September in Moskau.<br />
etwa bei 3,6 Prozent des BIP liegen.<br />
Merkel und Sarkozy<br />
beflügeln Kurse<br />
MOSKAU, 15. September. Der russische<br />
Aktienmarkt hat am 15. September mit<br />
spürbaren Gewinnen geschlossen. Nach<br />
einem munteren Geschäft endete der RTS-<br />
Index des Computerhandels in Moskau<br />
2,10 Prozent im Plus bei 1603,39 Punkten.<br />
Die Erklärung von Bundeskanzlerin Angela<br />
Merkel und dem französischen Präsidenten<br />
Nicolas Sarkozy, wonach Griechenland<br />
in der Euro-Zone bleiben soll, hätten die<br />
Kurse beflügelt.<br />
dpa-AFX<br />
1 US-Dollar 30,5328 Rubel<br />
1 Euro 42,2482 Rubel<br />
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OST- UND<br />
MITTELEUROPA<br />
VEREIN E.V.<br />
Партнеры:<br />
RUSSIA<br />
R U S S I A<br />
Выпуск 3 20<strong>11</strong><br />
Экономика и политика:<br />
Северный Рейн-Вестфалия:<br />
П Р Е З Е Н Т А Ц И Я<br />
Нижней Саксонии как<br />
экономической площадки<br />
Энергетика:<br />
OST WEST<br />
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October 20<strong>11</strong><br />
Die russische Wirtschaft wächst in diesem Jahr voraussichtlich<br />
um etwa 4 Prozent. Nicht zuletzt dank stark<br />
gestiegener Energieexporterlöse kann Russland seine<br />
Importe derzeit besonders rasch ausweiten. Nachdem<br />
die Lieferungen aus Deutschland nach Russland 2010<br />
bereits um rund 28 Prozent gewachsen sind, hat sich ihr<br />
Anstieg 20<strong>11</strong> weiter beschleunigt. Zwei Jahre nach dem<br />
tiefen Einbruch im Krisenjahr 2009 rückt der Exportrekord<br />
aus dem Jahr 2008 bereits wieder in greifbare Nähe.<br />
Ein Vergleich mit der Tschechischen Republik zeigt, dass<br />
darüber hinaus noch ein hohes Wachstumspotenzial<br />
Dr. Bernhard Reutersberg<br />
besteht: Obwohl Russland rund 14 Mal mehr Einwohner<br />
Foto: E.ON AG<br />
hat, war unsere Warenausfuhr nach Russland im Jahr 2010<br />
mit 26,4 Milliarden Euro etwas niedriger als die Lieferungen in die Tschechische Republik.<br />
Langfristig hervorragende Geschäftsmöglichkeiten versprechen die ehrgeizigen Modernisierungspläne<br />
der russischen Regierung. Sie will die Rohstofflastigkeit ihrer Wirtschaft verringern<br />
und die Exporte diversifizieren. Das besonders leistungsfähige Angebot unserer Unternehmen<br />
im Investitionsgüterbereich prädestiniert Deutschland für eine „Modernisierungspartnerschaft“<br />
mit Russland.<br />
Schwerpunkte der russischen Modernisierungsinitiative sind die Bereiche Energie, Telekommunikation,<br />
Infrastruktur, Medizintechnik und Pharmaindustrie. Erste Schritte sind getan. Mit<br />
Beteiligung der deutschen und russischen Regierung wurde 2009 die Russisch-Deutsche<br />
Energie-Agentur (rudea) zur Verbesserung der Energieeffizienz gegründet. Jüngstes Ergebnis:<br />
Bei den Regierungsgesprächen Mitte Juli in Hannover vereinbarten deutsche und russische<br />
Unternehmen Pilotprojekte zur Netzmodernisierung und zur verstärkten Nutzung der<br />
Kraft-Wärme-Kopplung. Beim Innovationszentrum in Skolkowo, dem „Leuchtturmprojekt“ für<br />
Hochtechnologie in der Nähe von Moskau, engagieren sich auch deutsche Unternehmen. Der<br />
dringend notwendige Ausbau der Infrastruktur erhält mit den Olympischen Winterspielen in<br />
Sotschi 2014 und der Fußballweltmeisterschaft 2018 wichtige Impulse.<br />
Große Chancen bietet Russland auch für deutsche Investoren. Das Privatisierungsprogramm<br />
der russischen Regierung, das auf Initiative von Präsident Dmitri Medwedew ausgeweitet wird,<br />
eröffnet ihnen neue Möglichkeiten für Direktinvestitionen. Die Maßnahmen der Regierung<br />
zu einer stärkeren Trennung von Staat und Wirtschaft, zur Korruptionsbekämpfung und zur<br />
Beschleunigung der Genehmigung von Investitionen verbessern ihre Rahmenbedingungen.<br />
Es gibt aber auch neue Herausforderungen. So müssen Investoren in Russland vielfach den<br />
„local content“ ihrer Produkte erhöhen, wollen aber natürlich nicht auf deutsche Qualitätsstandards<br />
verzichten. Auf dem russischen Markt wird zudem die Konkurrenz aus China immer<br />
stärker, das Deutschland als größten Handelspartner Russlands abgelöst hat.<br />
Das Handelsblatt kommentierte kürzlich, in Deutschland fehle eine nachhaltige und aktive<br />
Politik zum Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen mit Russland. Es forderte regelmäßige Expertengremien<br />
zu allen Themen, bei denen es „klemme“. Man mag diese Kritik für überzogen<br />
halten. Der <strong>Ost</strong>-Ausschuss wird sich den Aufgaben und Chancen im Russlandgeschäft künftig<br />
aber noch intensiver widmen.<br />
Dr. Bernhard Reutersberg<br />
Mitglied des Vorstandes der E.ON AG<br />
Sprecher des Arbeitskreises Russland im Präsidium<br />
des <strong>Ost</strong>-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft<br />
Inhalt<br />
Der <strong>Ost</strong>-Ausschuss im September 3<br />
Länder-News/ Finanzierung 4<br />
Zertifizierung und Recht 5<br />
ost-ausschuss intern<br />
Jahresempfang des <strong>Ost</strong>-Ausschusses 6<br />
Ukrainischer Vize-Premier zu Gast<br />
beim <strong>Ost</strong>-Ausschuss 8<br />
<strong>Ost</strong>-Ausschuss-Gespräch mit der<br />
Bundeskanzlerin und Präsident<br />
Dmitri Medwedew in Hannover 9<br />
special russland<br />
Russlands Botschafter Wladimir Grinin im<br />
<strong>Ost</strong>-Ausschuss-Interview 10<br />
Russland vor den Wahlen 12<br />
Das Engagement der Volkswagen AG in der<br />
Russischen Föderation 14<br />
SCHOTT AG in Nischnij Nowgorod 16<br />
berichte<br />
IRZ Stiftung hilft beim Aufbau<br />
unabhängiger Justizsysteme 17<br />
Termine 19<br />
Kooperationen 20<br />
Publikationen 22<br />
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MOE . 03 . <strong>2012</strong>
Legen Sie im <strong>Ost</strong>en an.<br />
Mit uns an Ihrer Seite.<br />
Wer neue Ziele erreichen möchte, muss zuweilen unbekannte Gewässer befahren. Und wer dabei nicht an verborgenen<br />
Klippen scheitern will, braucht einen guten Lotsen. Das gilt für Seefahrer ebenso wie für Investoren.<br />
CMS ist ein solcher Lotse. Wir bringen Ihr Unternehmen sicher in die neuen, dynamisch wachsenden Märkte <strong>Ost</strong>- und<br />
Mitteleuropas. Mit mehr als 600 erfahrenen Rechtsexperten vor Ort und einer Expertise, die alle Bereiche des nationalen<br />
und internationalen Wirtschaftsrechts abdeckt, ist CMS die Nummer eins in der Region. Die Verbindung aus regionaler<br />
Verwurzelung und einem länderübergreifenden Netzwerk ermöglicht eine optimale Begleitung Ihrer geplanten oder<br />
laufenden Investitionen, Projekte und Aktivitäten. Wir kennen die regionalen Besonderheiten und umfahren für Sie<br />
alle Klippen, die Ihrem Engagement im Weg stehen könnten.<br />
Holen Sie sich die Besten an Bord. Und legen Sie sicher im <strong>Ost</strong>en an.<br />
Ihre CEE German Desk<br />
Ansprechpartner:<br />
Dr. Gregor Famira<br />
T +385 1 4825 600<br />
E gregor.famira@cms-rrh.com<br />
Dr. Thomas Heidemann<br />
T +49 2<strong>11</strong> 4934 430<br />
E thomas.heidemann@cms-hs.com<br />
Martin Wodraschke, LL. M.<br />
T +36 1 483 4828<br />
E martin.wodraschke@cms-cmck.com<br />
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