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Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong> Nr. November 13 Mai 2002<br />
Begegnung Zoo<br />
ISSN 0948 8362<br />
VERBAND DEUTSCHSPRACHIGER ZOOPÄDAGOGEN
Impressum<br />
Begegnung Zoo<br />
Zoopädagogik aktuell<br />
Nr. <strong>14</strong>, November 2002<br />
Herausgeber:<br />
Verband deutschsprachiger<br />
Zoopädagogen e. V.<br />
Redaktion:<br />
Katrin Matthieu, Naturschutz-Tierpark Görlitz<br />
Ruth Dieckmann, Zoologischer Garten Köln<br />
Anke Krull, Krefeld<br />
Lothar Philips, Zoologischer Garten Köln<br />
Redaktionsanschrift:<br />
Katrin Matthieu, Naturschutz-Tierpark Görlitz<br />
Zittauer Str. 43<br />
02826 Görlitz<br />
Erscheinungsweise:<br />
2 mal pro Jahr, Sonderheft<br />
Gestaltung / Satz<br />
Lothar Philips, Köln<br />
Zeichnung Deckblatt, Haselnussbohrer,<br />
Marcel Kamp, Köln<br />
© bei den Herausgebern.<br />
Die Artikel geben nicht<br />
notwendigerweise<br />
die Meinung der Herausgeber<br />
und der Redaktion wieder.<br />
ISSN 0949 8362<br />
Begegnung Zoo,<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. 15<br />
erscheint im Mai 2003<br />
Redaktionsschluss<br />
ist der 15.3.2003<br />
Artikel und Zuschriften bitte, soweit<br />
möglich unformatiert, auf Diskette<br />
mit einem Ausdruck einsenden.<br />
Wir freuen uns über Leserbriefe und Manuskripte,<br />
behalten uns allerdings Abdruck, Kürzungen und<br />
Änderungen vor.
Vorwort<br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser!<br />
Ein aufwühlender Sommer liegt hinter uns: Flutkatastrophe in Österreich, Tschechien und Deutschland,<br />
Kriegsdrohungen im Nahen Osten, interessante Konferenzen, der UN-Gipfel für nachhaltige Entwicklung<br />
in Süd-Afrika.<br />
Was hat das alles mit unserer täglichen Arbeit zu tun, mögen sich einige fragen.<br />
Ich denke eine ganze Menge; die Forderung der Welt-Zoo-Naturschutzstrategie, Zoos sollten Umweltschutzzentren<br />
werden, ist mittlerweile mehr als Wunschdenken und Lippenbekenntnis. Gedanken der<br />
Agenda 21, des Abschlußdokumentes des Erdgipfels in Rio vor 10 Jahren, finden mehr und mehr<br />
Raum in den Zoos. Glücklicherweise bleibt es nicht nur bei Gedanken, mittlerweile gibt es zahlreiche<br />
Beispiele, wie die Zoos diese Gedanken auch umsetzen. Und hier sind wir Zoopädagogen gefordert,<br />
nach dem Motto: Tue Gutes und sprich darüber.<br />
Unsere Arbeit gibt uns täglich Gelegenheit, auf das öffentliche Bewusstsein einzuwirken. Nutzen wir<br />
also diese Chance.<br />
Die vorliegende <strong>Ausgabe</strong> beschäftigt sich schwerpunksmäßig mit Themen der „Erziehung zur Nachhaltigkeit“.<br />
Autoren aus der Zoowelt, aber auch von außerhalb, konnten gewonnen werden, Zusammenarbeit<br />
ist der Schlüssel für Agenda 21 Arbeit und diese Zusammenarbeit müssen wir auf vielen<br />
Ebenen verstärken.<br />
Das Redaktionsteam wünscht Ihnen Muße, die Lektüre genießen zu können.<br />
Lothar Philips<br />
Inhalt<br />
Impressum 2<br />
Vorwort, Inhalt 3<br />
10 Jahre nach Rio, Was haben wir erreicht ? Was bleibt zu tun ? Gunther Nogge 4<br />
Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung, Neuer Schwung für die Bewahrung natürlicher Ressourcen? 8<br />
Jürgen Wolters<br />
Zoos und Naturschutz-Erziehung für Grundschulkinder, Sue Dale Tunnicliffe 10<br />
Töröö! Ich bin so FREI, Claudia Sewig 16<br />
Ganzheitliches und interaktives Lernen im Zoo Leipzig im Rahmen des Masterplanes "Zoo der Zukunft", 18<br />
Frank Oberwemmer<br />
Das Internationale Zentrum für Schildkrötenschutz (IZS) im Allwetterzoo Münster, Martina Raffel 22<br />
Glanz und Elend der Berliner Zoopädagogik – eine traurige Bilanz, Gerd Stadie 26<br />
Das Beschilderungs- und Informationssystem im Zoologicka zahrada Bratislava, Benjamin Ibler/Hans 28<br />
Lichei<br />
Neue Projektmöglichkeiten für Oberstufenschüler/innen im Ruhr Zoo Gelsenkirchen, Tamara Kalmbach 30<br />
Aus dem Vorstand 31<br />
Die Homepage des Verbands in neuem Gewand 32<br />
Neues aus den EAZA-News, Lothar Philips 34<br />
Rückblick Wien 36<br />
Internet 38<br />
Termine 40<br />
Winterschläfer in´s Haus holen? Doris Schwetz 41<br />
Anekdoten 42<br />
Buchbesprechungen 43<br />
Autoren 47
10 Jahre nach Rio<br />
Was haben wir erreicht ? Was bleibt zu tun ?<br />
Gunther Nogge<br />
Während es die Menschheit im 19. Jahrhundert<br />
nicht einmal schaffte, sich zu verdoppeln, hat sie<br />
sich im 20. Jahrhundert vervierfacht. Zwei Weltkriege<br />
und Dutzende anderer Kriege mit Millionen<br />
von Toten haben das nicht verhindern können. Der<br />
Generalsekretär der Vereinten Nationen hat jüngst<br />
freudig erregt den 6 Milliardsten Erdenbürger begrüßt.<br />
Die Verdoppelungszeit der Weltbevölkerung<br />
liegt nur noch bei 30 Jahren. Als ich Anfang der<br />
70er Jahre zum ersten Mal nach Indien kam, gab<br />
es dort 500 Millionen Inder, was mir erschreckend<br />
viel erschien. Wer heute nach Indien kommt, trifft<br />
dort auf 1 Milliarde Menschen. Der Schreck, den<br />
er bekommt, ist aber nicht größer als der, den ich<br />
vor 30 Jahren bekam. Wir haben es hier mit Dimensionen<br />
zu tun, die das menschliche Vorstellungsvermögen<br />
übersteigen. Dass es in weiteren<br />
30 Jahren 12 Milliarden Menschen auf der Erde<br />
gibt, wird Sie nicht mehr berühren, als wenn ich<br />
Ihnen erzähle, dass die Dinosaurier vor 65 Millionen<br />
Jahren ausgestorben sind.<br />
Dass die wachsende Menschheit immer mehr<br />
Raum und Ressourcen beansprucht, ist ja wohl<br />
selbstverständlich. Gemeinsam mit unseren 6 Milliarden<br />
Mitbürgern und Mitbürgerinnen verbrauchen<br />
wir jetzt schon 42 % der auf der Erde produzierten<br />
Biomasse. 8 Milliarden Menschen werden 56 %<br />
verbrauchen usw., bis es dann gar nicht mehr<br />
ausreicht. Dass dabei die Vielfalt an Tier- und<br />
Pflanzenarten auf der Strecke bleibt, ist nicht zu<br />
vermeiden. Was bleibt, ist ein Denkmal wie das<br />
der Amerikanischen<br />
Wandertaube, die einst<br />
in Millionenschwärmen<br />
den Himmel Nordamerikas<br />
verdunkelte und<br />
deren letztes Exemplar<br />
am 1. September 19<strong>14</strong><br />
für immer die Augen<br />
schloss. Einige spektakuläre<br />
Tierarten wie<br />
Moa, Dronte, Stellers-<br />
Seekuh, und Beutelwolf<br />
haben ihren letzten<br />
Platz in einem Museum<br />
gefunden, denn Museen<br />
bewahren bekanntlich<br />
menschliche Leistungen<br />
auf, damit nachfolgende<br />
Generationen<br />
sie nicht vergessen.<br />
Im vergangenen Jahr feierte Deutschland die 25.<br />
Wiederkehr seines Beitritts zum Washingtoner<br />
Artenschutzübereinkommen (WA). So wichtig und<br />
richtig eine Kontrolle des Handels mit bedrohten<br />
Tier- und Pflanzenarten ist. Im Grunde handelt es<br />
sich um einen Nebenkriegsschauplatz, der von dem<br />
eigentlichen Problem des Naturschutzes nur ablenkt.<br />
Es ist leider etwas in Vergessenheit geraten, dass<br />
das WA auch auf Betreiben der Zoos entstanden<br />
ist, und dass diese sich lange vor dem WA selbst<br />
verpflichtet hatten, auf die Einfuhr besonders bedrohter<br />
Tierarten wie z.B. Goldgelber Löwenäffchen<br />
und Orang-Utans zu verzichten. Gerade das Beispiel<br />
Orang-Utan lehrt uns aber, dass ein Handelsverbot<br />
allein gar nichts hilft. Der Bestand frei lebender<br />
Orang-Utans ist nämlich während der letzten<br />
25 Jahre kontinuierlich weiter zurückgegangen<br />
auf jetzt schätzungsweise 15.000 in Borneo<br />
und knapp 9.000 in Sumatra, und zwar weil in<br />
dieser Zeit 80 % der Lebensräume zerstört, abgeholzt<br />
oder abgebrannt wurden. Was soll das WA<br />
daran ändern ?<br />
Das WA hat dagegen dramatische Auswirkungen<br />
auf die Zoos gehabt. Es hat sie nämlich abgeschnitten<br />
von der Zufuhr von Wildimporten. Die Zoos<br />
müssen seitdem die Tiere, die sie den Menschen<br />
zeigen wollen, selber produzieren. Diesem Zweck<br />
dienen die koordinierten Zuchtprogramme, die SSPs<br />
und EEPs etc., die im Laufe der achtziger Jahre in<br />
den verschiedenen Regionen der Welt entstanden<br />
sind. Dem Erfolg dieser Programme ist es zu verdanken,<br />
dass in den Zoos heute noch Gorillas, Tiger,<br />
Nashörner und die vielen anderen Tierarten<br />
vertreten sind, die wir heute nicht mehr der Wildbahn<br />
entnehmen dürfen. Die EEPs dienen also in<br />
erster Linie der Zukunftssicherung der Zoos, so dass<br />
sie auch in Zukunft ihre Aufgaben gegenüber der<br />
Gesellschaft und der bedrohten Tierwelt erfüllen<br />
können.<br />
Im Blickpunkt der EEPs stehen einzelne Tierarten.<br />
Wenn es um die Zukunft der Zoos geht, müssen<br />
wir uns aber den ganzen Tierbeständen zuwenden,<br />
den Tierbeständen der einzelnen Zoos und<br />
denjenigen der Zoos, mit denen wir kooperieren,<br />
d.h. der Zoos in Europa. Wir müssen uns jetzt<br />
fragen, welche Arten wir auf Dauer halten wollen,<br />
wie viele und in wie großer Anzahl. Für jede einzelne<br />
Art muss die Frage gestellt werden, warum<br />
wir sie halten, aus edukativen, Forschungs-, Arterhaltungsgründen<br />
etc.<br />
Dank der Erfolge der EEPs gibt es ja mittlerweile<br />
zahlreiche Tierarten, deren Bestände in den Zoos<br />
4<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
größer sind als in der Natur, und es gibt auch schon<br />
Tierarten, die es in der Natur gar nicht mehr, sondern<br />
nur noch in Zoologischen Gärten gibt. Dadurch<br />
sind die Tierbestände der Zoos zu Reservepopulationen<br />
für die Natur geworden, so dass sie<br />
– wann immer es möglich und sinnvoll ist - Tiere<br />
aus ihren Beständen für Wiederansiedlungen in der<br />
Natur zur Verfügung stellen können. Beispiele<br />
hierfür sind der europäische Wisent, die arabische<br />
Oryxantilope oder das brasilianische Goldgelbe<br />
Löwenäffchen.<br />
Den Zoos ist also eine neue wichtige Aufgabe zugefallen,<br />
der sie sich auch nicht verschließen können.<br />
Artenschutzaspekte müssen daher in alle Tierbestandsplanungen<br />
mit einbezogen werden. Und<br />
weil das so wichtig ist, sollten die Zoos sich auch<br />
nicht allein damit auseinandersetzen, sondern<br />
Naturschützer, etwa die Conservation Breeding<br />
Specialist Group (CBSG) mit ihrem Sachverstand<br />
hinzuziehen.<br />
Gegen Ende des 20. Jahrhunderts wurde es vielen<br />
klar, dass mit dem WA allein die Welt auch nicht<br />
zu retten ist. Es geht inzwischen auch gar nicht<br />
mehr um das Übeleben von Elefanten, Nashörnern<br />
und Gorillas, sondern um das Überleben der<br />
Menschheit. Bevölkerungs- und Klimakonferenzen<br />
fanden in immer rascherer Folge statt, und 1992<br />
– genau vor 10 Jahren – trafen sich sogar die<br />
Staats- und Regierungshäupter zum ersten Umweltgipfel<br />
und zwar in Rio de Janeiro, um die Welt<br />
vor dem ökologischen Kollaps zu bewahren. Das<br />
Ergebnis ist die Agenda 21, die Tagesordnung für<br />
das 21. Jahrhundert, und eine Reihe von Resolutionen<br />
wie z.B. das „Übereinkommen zur Erhaltung<br />
der biologischen Vielfalt“. In diesem werden<br />
Zoologische Gärten übrigens ausdrücklich erwähnt,<br />
nämlich in Art. 9, wo es um ex situ-Maßnahmen<br />
geht, und in Art. 13, der die Schärfung des Umweltbewusstseins<br />
fordert.<br />
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Konferenzteilnehmer<br />
keine Ahnung davon hatten, dass sich<br />
im Staat Rio de Janeiro das letzte Vorkommen der<br />
Goldgelben Löwenäffchen befindet. Am 1. Januar<br />
1502 – also genau vor 500 Jahren – entdeckten<br />
die Portugiesen die Guanabara-Bucht und hielten<br />
sie zunächst für die Mündung eines Flusses, den<br />
sie Januarfluss, Rio de Janeiro, nannten. Damals<br />
war die Küste Brasiliens von primärem Regenwald<br />
bedeckt, und in der Bucht von Rio de Janeiro lebten<br />
ein paar Tamoio-Indianer. Heute ist allein der<br />
Großraum Rio de Janeiro von 12 – 13 Millionen<br />
Menschen bewohnt. Sao Paulo hat 20 Millionen<br />
Einwohner. Der Regenwald der Küste Brasiliens ist<br />
infolgedessen geschrumpft: auf 2 % seiner ursprünglichen<br />
Ausdehnung. Man muss sich wundern,<br />
dass es dort überhaupt noch Löwenäffchen<br />
gibt. Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre fing<br />
man an, sich zu wundern. Die Zoos verzichteten<br />
fortan auf die weitere Einfuhr dieses attraktiven<br />
Krallenäffchens, fasste alle in den Zoos noch vorhandenen<br />
Löwenäffchen in einem zooübergreifenden<br />
Zuchtprogramm zusammen, welches<br />
in der Folge so erfolgreich war, dass man ab Mitte<br />
der achtziger Jahre Tiere zur Wiederansiedlung<br />
nach Brasilien zurück bringen konnte. Das<br />
Löwenäffchenprogramm wurde so zum Vorbild für<br />
alle koordinierten Zuchtprogramme der Zoos.<br />
Übrigens wurden die Löwenäffchen 1991 formell<br />
Brasilien, dem einzigen Land, wo diese Tiere<br />
natürlicherweise vorkommen, übereignet. Damit<br />
bringen die Zoos zum Ausdruck, dass sie die ihnen<br />
anvertrauten Tiere als Leihgabe der Natur betrachten.<br />
Detail der Wattenmeerinstallation in Köln<br />
Das Löwenäffchenprojekt hat aber auch in anderer<br />
Hinsicht Modellcharakter. Bei einem Wiederansiedlungsprojekt<br />
ist es ja nicht damit getan, einoder<br />
zweimal Tiere aus dem Zoo zu entlassen. Eine<br />
Wiederansiedlung ist nur sinnvoll, wenn die Ursachen<br />
für den Rückgang der betreffenden Tierarten<br />
beseitigt sind und sie eingebettet ist in ein - und<br />
zwar langfristiges - Naturschutzprojekt. Das<br />
Löwenäffchenprojekt ist auf 50 Jahre angelegt und<br />
zwar als multinationales und multidisziplinäres<br />
Projekt zur Erhaltung des verbliebenen brasilianischen<br />
Küstenregenwaldes. Biotopschutz, Forschung<br />
und Öffentlichkeitsarbeit sind ebenso wichtig,<br />
eigentlich sogar die Voraussetzung für die<br />
Wiederansiedlung der Löwenäffchen. Zwar steht<br />
diese attraktive Primatenart als Sympathie- und<br />
Werbeträger bewusst im Vordergrund. In Wirklich-<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
5
10 Jahre nach Rio<br />
Was haben wir erreicht ? Was bleibt zu tun ?<br />
keit geht es aber nicht nur um das Löwenäffchen,<br />
sondern um den gesamten Küstenregenwald. Mit<br />
dem Löwenäffchen werden nämlich zugleich ungezählte<br />
ebenso bedrohte Tier- und Pflanzenarten<br />
vor dem endgültigen Aus gerettet, für die sich sonst<br />
niemand interessiert. Man braucht heute Flaggschiffe<br />
im Naturschutz – sonst erreicht man gar nichts.<br />
1993, ein Jahr nach dem Gipfel in Rio, haben die<br />
Zoos ihre Welt-Zoo-Naturschutzstrategie vorgelegt,<br />
die das Potenzial Zoologischer Gärten für den Natur-<br />
und Umweltschutz, die Erhaltung der biologischen<br />
Vielfalt, aufzeigt. Sie hat außerordentlich viel<br />
Beachtung gefunden und zwar sowohl innerhalb<br />
wie außerhalb der Zoowelt. Z.B. hat die Europäische<br />
Union 1999 die so genannte Zoo-Richtlinie<br />
erlassen. Deren Ziel ist es, „die Rolle der Zoos bei<br />
der Erhaltung der biologischen Vielfalt zu stärken“.<br />
Die Mitgliedsstaaten werden verpflichtet, diese<br />
Richtlinie bis zum 9. April 2002 umzusetzen und<br />
„sicherzustellen, dass alle Zoos die nachstehenden<br />
Erhaltungsmaßnahmen anwenden:<br />
· Sie beteiligen sich an Forschungsaktivitäten,<br />
die zur Erhaltung der Arten beitragen und/oder<br />
am Austausch von Informationen über die Arterhaltung<br />
und/oder gegebenenfalls an der Aufzucht<br />
in Gefangenschaft, der Bestandserneuerung<br />
oder der Wiedereinbürgerung von<br />
Arten in ihrem natürlichen Lebensraum.<br />
· Sie fördern die Aufklärung und das Bewusstsein<br />
der Öffentlichkeit in Bezug auf den Erhalt<br />
der biologischen Vielfalt, insbesondere durch<br />
Informationen über die zur Schau gestellten<br />
Arten und ihre natürlichen Lebensräume.“<br />
Die Zoo-Richtlinie ist nicht nur die politische Absegnung<br />
des Wandlungsprozesses Zoologischer<br />
Gärten von der Menagerie des 19. Jahrhunderts<br />
zum Naturschutzzentrum des 21. Jahrhunderts.<br />
Jetzt sind wir sogar gesetzlich zu dem verpflichtet,<br />
was wir tun (wollen).<br />
Die Zahl an Artenschutz- und Naturschutzprojekten,<br />
an denen sich Zoos beteiligen oder die sie selber<br />
durchführen, ist während der letzten zehn Jahre<br />
erfreulich angestiegen, und zwar so weit, dass niemand<br />
mehr einen Überblick hat. Um einen Überblick<br />
zu bekommen, hat der Europäische Zooverband<br />
(EAZA) ein Conservation Committee gegründet,<br />
dessen erste Aufgabe die Erstellung einer<br />
Datei aller von den Zoos durchgeführten Naturschutzprojekte<br />
ist.<br />
Parallel dazu hat der Weltzooverband (WAZA)<br />
während der letzten beiden Jahre in den verschiedenen<br />
Regionen der Welt so genannte „project<br />
identification workshops“ durchgeführt. All dies soll<br />
den Zoos helfen, ihre Kräfte zu bündeln, ihre<br />
Naturschutzarbeit besser zu synchronisieren, um<br />
schließlich noch effizienter in Sachen Naturschutz<br />
zu werden.<br />
Der Beitrag Zoologischer Gärten zum Naturschutz<br />
erschöpft sich nicht in der Zucht bedrohter Tierarten<br />
und der Durchführung von Naturschutzprojekten.<br />
Ebenso wichtig ist die Bewusstseinsbildung in der<br />
Öffentlichkeit. Ich denke sogar, dass hier unser<br />
größtes Potenzial liegt. Die deutschen Zoos zählen<br />
alljährlich 30 Millionen, die europäischen Zoos<br />
100 Millionen Besucher. Dies sind ausnahmslos<br />
auf Tiere und ihre Probleme positiv eingestimmte<br />
Menschen, die freiwillig zu uns kommen. Man<br />
muss sie also nur ansprechen. Wenn die Menschen<br />
den Zoo genau so dumm verlassen, wie sie<br />
hereingekommen sind, haben wir unsere Chance<br />
vertan. Zwar ist das Informationsangebot in allen<br />
Zoos groß. Nur die Informationen werden meist in<br />
einer so biederen Weise angeboten, dass die Menschen<br />
des heutigen Kommunikationszeitalters sie<br />
einfach nicht annehmen.<br />
Der Kölner Zoo hat sich vorgenommen, das zu<br />
ändern und ein neues Informationssystem eingeführt,<br />
bei dem bewusst eine Werbeagentur den Stift<br />
geführt hat. Wir haben das Produkt, der Werbefachmann<br />
muss es verkaufen. Natürlich gibt es<br />
nach wie vor Informationstafeln zu den einzelnen<br />
Tieren in den Gehegen. Daneben werden jedoch<br />
gehegeübergreifende Umwelt- und Naturschutzprobleme<br />
thematisiert, z.B. der Küsten- und<br />
Meeresschutz bei den Robbenanlagen und<br />
Limikolenvolieren. Im Sinne der Agenda 21, die<br />
die Entwicklung nachhaltiger Nutzung natürlicher<br />
Ressourcen fordert, werden soziale und ökonomische<br />
Aspekte einbezogen, um auf diese Weise zu<br />
einer handlungsorientierten Umweltbildung beizutragen.<br />
Die Agenda 21 geht alle an. Jede Kommune ist<br />
aufgefordert, ihre lokale Agenda 21 zu entwickeln.<br />
Wer einen Zoo hat, verfügt automatisch über ein<br />
Umweltbildungszentrum wie es in Rio gefordert<br />
wurde. Manche haben es nur noch nicht gemerkt.<br />
Sicherlich sollte jeder Zoo, auch was die<br />
Informationsvermittlung betrifft, seine spezifische<br />
Handschrift behalten. Umgekehrt gibt es auf gute<br />
Ideen keinen Patentschutz. Und es muss auch nicht<br />
jeder das Rad neu erfinden. Unser Projekt wurde<br />
deshalb auch von der Deutschen Bundesstiftung<br />
Umwelt (DBU) als „Pilotprojekt zur Förderung globaler<br />
Umweltbildung und Umwelterziehung in wissenschaftlichen<br />
Zoologischen Gärten“ gefördert.<br />
Auch für die Durchführung haben wir uns übrigens<br />
6<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
mit einer Naturschutzorganisation, der Arbeitsgemeinschaft<br />
Regenwald und Artenschutz (ARA) zusammengetan.<br />
Das Konzept wurde in Heft 4<br />
(2001) der ZEITSCHRIFT DES KÖLNER ZOO vorgestellt<br />
– und darf kopiert werden.Erstmals gab es<br />
im vergangenen Jahr eine von allen europäischen<br />
Zoos gemeinsam durchgeführte Aufklärungskampagne,<br />
die so genannte Bushmeat-Kampagne,<br />
in deren Verlauf mehr als 1,8 Millionen Unterschriften<br />
gesammelt wurden. Das ist eine eindrucksvolle<br />
Zahl. Setzt man sie jedoch in Relation<br />
zu den Zoobesuchern eines Jahres (100 Millionen<br />
in Europa) waren es nur 1,8 %, die die Petition<br />
unterschrieben haben. In Deutschland waren<br />
es sogar nur 0,9 %, was schlicht daran lag, dass<br />
es in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen<br />
Ländern weniger Zoos gab, die sich –<br />
aus welchen Gründen auch immer – an der Kampagne<br />
beteiligt haben.<br />
Die diesjährige gemeinsame Kampagne der europäischen<br />
Zoos setzt sich für die Erhaltung des verbliebenen<br />
Küstenregenwaldes in Brasilien ein. Ein<br />
Zusammenhang mit den 10 Jahren nach Rio, dem<br />
Umweltgipfel, war von den Initiatoren überhaupt<br />
nicht beabsichtigt. Ich finde aber, er bietet sich förmlich<br />
an. Wenn jemand sonst keinen Aufhänger zur<br />
Beteiligung an dieser Regenwald-Kampagne findet,<br />
weil er vielleicht keine Löwenäffchen in seinem<br />
Zoo hat, dann ist dies einer: die Zoos setzen<br />
10 Jahre nach Rio ein Zeichen, um die Welt an<br />
das zu erinnern, was sie sich für das neue Jahrhundert<br />
vorgenommen hat, nämlich die Agenda<br />
21 zur Erhaltung der Biodiversität auf diesem Planeten.<br />
Ein letzter Punkt: Naturschutzengagement und wirtschaftlicher<br />
Erfolg eines Zoos sind kein Widerspruch.<br />
Als Beispiel nenne ich nur Disney’s Animal<br />
Kingdom. In einer Studie über die Akzeptanz Zoologischer<br />
Gärten fragte Björn Encke vor einiger Zeit<br />
Zoobesucher nach den Aufgaben der Zoos, die eine<br />
Unterstützung mit öffentlichen Geldern legitimieren.<br />
Als eine der wichtigsten Aufgaben wurde die Arterhaltung<br />
genannt. Wenigstens 30 % des Budgets<br />
sollte nach Meinung der Befragten allein auf diese<br />
Funktion entfallen. Davon sind die Zoos allerdings<br />
noch weit entfernt. Die Frage stellt sich aber, ob<br />
wir der Erwartung der Zoobesucher, dass Zoologische<br />
Gärten im 21. Jahrhundert Naturschutzzentren<br />
sein sollen, gerecht werden.<br />
Möglicherweise regen wir uns ja umsonst auf. „Alles<br />
Panikmache“ heißt nämlich die frohe Botschaft,<br />
die jetzt aus Dänemark kommt. Ein Statistikprofessor<br />
namens Lomberg hat alles noch einmal<br />
durchgerechnet und ist zu dem Schluss gekommen,<br />
dass es der Menschheit noch nie so gut ging<br />
wie heute. In den Entwicklungsländern ist die Kindersterblichkeit<br />
um mehr als 50 % gesunken –<br />
weswegen die Weltbevölkerung ja auch zunimmt.<br />
Die Landflucht in denselben Ländern sieht er als<br />
positives Zeichen. Die Slums der Megastädte würden<br />
ja wohl nicht anwachsen, wenn es den Menschen<br />
auf dem Lande besser ginge. Während alle<br />
Welt sich um die Regenwälder sorgt – wegen der<br />
Auswirkung auf das globale Klima, wiegelt der Prof.<br />
aus Aarhus ab: „ Apokalypse? – No!“ Und rechnet<br />
aus, wie viel Getreide man in Sibirien mehr ernten<br />
kann, je weiter die Wüste in den Subtropen fortschreitet.<br />
Dass die Zahl der Elefanten, Nashörner,<br />
Tiger und Gorillas während des 20. Jahrhunderts<br />
um mehr als 90 % abgenommen hat, ficht ihn<br />
nicht an. Wer vermisst schon Mammuts, Wollnashörner<br />
und Riesengürteltiere, die die Menschen<br />
der Steinzeit noch gekannt haben. Natürlich dreht<br />
sich die Erde weiter, wenn es keine Elefanten und<br />
Tiger mehr gibt, aber um wie viel ärmer ist die Erde<br />
und unser Leben ohne sie.<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
7
Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung<br />
Neuer Schwung für die Bewahrung natürlicher Ressourcen ?<br />
Jürgen Wolters<br />
Im Spätsommer 2002 fand in Südafrika die UN-<br />
Konferenz für nachhaltige Entwicklung statt. Zehn<br />
Jahre nach dem spektakulären Erdgipfel von Rio<br />
de Janeiro, der neben der Agenda 21 bedeutsame<br />
neue Konventionen wie die Klimarahmenkonvention<br />
und das Übereinkommen über die<br />
biologische Vielfalt auf den Weg brachte, hatten<br />
die Vereinten Nationen zu einer Zwischenbilanz auf<br />
dem Weg zur nachhaltigen Entwicklung aufgerufen.<br />
Wer erwartet hatte, von der Johannesburg-<br />
Konferenz würden auch nur annähernd vergleichbare<br />
Impulse ausgehen wie vom UN-Gipfel für<br />
Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio, der sah sich<br />
getäuscht.<br />
Für Insider kam diese Entwicklung nicht überraschend.<br />
Schon auf den zahlreichen Vorbereitungskonferenzen<br />
zum Weltgipfel wurde deutlich, dass<br />
die sattsam bekannten Blockadestaaten des Rio-<br />
Folgeprozesses, besonders die OPEC-Länder und<br />
die Vereinigten Staaten, alles daran setzen würden,<br />
verbindliche neue Verabredungen zum Umwelt-<br />
und Naturschutz, sowie für nachhaltige, gerechte<br />
Entwicklung zu verhindern. George Bush<br />
Junior, der wegen seiner konsequenten Verweigerungshaltung<br />
zur amerikanischen Mitträgerschaft<br />
des Kyoto-Klimaschutzprotokolls vorher arg<br />
gescholten worden war, blieb denn auch dem<br />
Johannesburg-Gipfel demonstrativ fern. Fachleute<br />
befürchteten, Johannesburg könne nicht nur zum<br />
Stillstand in der globalen Nachhaltig-keitsdebatte<br />
führen, sondern sogar zum Rückschritt, zur<br />
Aufweichung längst vereinbarter Ziele zum<br />
Naturresourcenschutz und zu einer gerechte-<br />
ren Weltordnung.<br />
Sorgen waren also mehr als begründet und in<br />
Johannesburg stand - wie sich in den konkreten<br />
Verhandlungen zeigen sollte - viel auf dem Spiel.<br />
Vor diesem Hintergrund haben schließlich doch<br />
noch zahlreiche Prozessteilnehmer und -beobachter<br />
zum Abschluss der Konferenz erleichtert aufgeatmet.<br />
Der in der Öffentlichkeit wenig beachtete, aber<br />
vielleicht bedeutendste Erfolg der Konferenz war,<br />
dass die Dominanz des internationalen Handelsrechts<br />
(die Rechtsprinzipien der World Trade<br />
Organization, WTO) über UN-Umweltabkommen<br />
verhindert werden konnte. Zur Stärkung der Dominanz<br />
der WTO lag in Johannesburg ein konkreter<br />
Antrag vor, der zunächst leider auch von der Europäischen<br />
Union unterstützt wurde. Wäre er angenommen<br />
worden, hätte das zum Beispiel die Handhabe<br />
zur Kontrolle und Eindämmung des Handels<br />
mit bedrohten Arten erheblich einschränken können.<br />
Dank der Initiative der Schweiz, Norwegens, Ungarns,<br />
auch Kanadas, sowie letztlich der gesamten<br />
Gruppe der Entwicklungs- und Schwellenländer<br />
(G7-Staaten) konnte in Johannesburg das<br />
Schlimmste verhindert werden.<br />
Der Schutz der natürlichen Ressourcen und der<br />
biologischen Vielfalt war übrigens eines der fünf<br />
Schwerpunkthemen des Johannesburg-Gipfels. Zu<br />
Recht, denn die in Rio angestrebte Trendwende in<br />
der weltweiten Naturzerstörung war weitgehend ergebnislos<br />
geblieben. Das Waldsterben geht ungebrochen<br />
weiter, mehr als 70 Prozent der Meeresfischbestände<br />
sind kritisch übernutzt, während die<br />
bedeutendsten Kinderstuben der biologischen Vielfalt<br />
der Meere, Korallenriffe und Mangroven, in beängstigendem<br />
Tempo verschwinden. Der Naturverlust<br />
zu Wasser wie zu Lande übersteigt die pessimistischsten<br />
Szenarien.<br />
Was Johannesburg vor diesem Hintergrund zustande<br />
brachte, war bescheiden, aber immerhin mehr,<br />
als viele Blockadestaaten zunächst anzuerkennen<br />
gewillt waren. Bis zum Jahr 2010 soll es gegenüber<br />
heute signifikant geringere Verluste an biologischer<br />
Vielfalt geben. Die ursprünglich angestrebte<br />
Konferenzvereinbarung, bis 2015 den Verlust<br />
biologischer Vielfalt zu stoppen und den Trend umzukehren,<br />
war nicht mehrheitsfähig. Ähnlich<br />
unkonkret blieb der Beschluss, bis 2015 die Übernutzung<br />
der Weltfischbestände zu stoppen. Denn<br />
so richtig der Ansatz und die Zeitvorgaben sind, so<br />
unverbindlich blieb es bei Vorgaben zur Umsetzung.<br />
Bei der Finanzierung dazu notwendiger Maßnah-<br />
8<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
men sind vor allem die Länder des Nordens gefordert,<br />
doch neue Finanzierungsmechanismen zum<br />
Naturressourcenschutz wurden nicht vereinbart;<br />
und bestehende nicht aufgestockt. Wer also soll<br />
die Maßnahmen bezahlen? Was zunächst bleibt,<br />
sind mögliche Investitionen aus bilateralen Mitteln<br />
der Industrieländer für Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Die sollten gemäß dem Versprechen von<br />
Rio längst auf 0,7 Prozent der Bruttoinlandsprodukte<br />
der Industriestaaten angewachsen sein.<br />
Schon vor Johannesburg hatte man sich darauf<br />
verständigt, bis 2010 allenfalls die Hälfte dieses<br />
Ziels zu erreichen. Länder wie Deutschland, viel<br />
schlimmer noch die USA, sind selbst davon weit<br />
entfernt.<br />
Dennoch, von Johannesburg gingen letztlich nicht<br />
nur im Bereich des Biodiversitätsschutzes nutzbare<br />
politische Impulse aus, die Verhandlungen<br />
an anderer Stelle, etwa im Rahmen des Übereinkommes<br />
über die biologische Vielfalt (Biodiversitätskonvention)<br />
befördern können. Es ist jetzt<br />
auch durchaus denkbar, dass in nächster Zeit<br />
die Armutsbekämpfung, die globale Sicherung der<br />
Trinkwasserversorgung, der Klimaschutz und andere<br />
Themen mehr, entscheidend vorangebracht<br />
werden. Schließlich sind auch die so genannten<br />
Nebenvereinbarungen der Konferenz anzuführen,<br />
wie etwa eine internationale Initiative zum Schutz<br />
und zur nachhaltigen Nutzung der Tropenwaldressourcen<br />
des Kongobeckens. Ebenso bemerkens-<br />
wie lobenswert war auch die Initiative<br />
der deutschen Verhandlungsdelegation für eine<br />
deutliche Ausweitung der Nutzung erneuerbarer<br />
Energiequellen. Nicht zuletzt hat ganz offensichtlich<br />
das weltweit große öffentliche Interesse am<br />
Thema des Weltgipfels einzelne Staaten dazu bewogen,<br />
im unmittelbaren Verantwortungsbereich<br />
mehr Flagge zu zeigen, Flagge auch für den Naturschutz.<br />
Brasilien etwa hat gewiss nicht zufällig<br />
pünktlich zu Johannesburg einen der größten<br />
Nationalparke der Erde ausgewiesen. Kanada will<br />
jetzt seinen Bestand an Schutzgebieten gar verdoppeln.<br />
Welche Botschaft geht also von Johannesburg aus,<br />
von der Rio+10 Konferenz? Die Ergebnisse sind<br />
angesichts der großen Herausforderungen enttäuschend<br />
– vor allem für jene, die sich in ihrem persönlichen<br />
Wirkungsbereich mit Nachdruck für die<br />
konsequente Umsetzung der Agenda 21, für Chancengleichheit<br />
und Zukunftssicherung, für den Schutz<br />
der Umwelt einsetzen.<br />
Aber die „Blockierer“ haben es nicht geschafft, den<br />
Geist von Rio zu vertreiben. Der Geist von Rio lebt<br />
– trotz, aber auch durch Johannesburg. Also kann<br />
doch unsere Schlussfolgerung nur lauten: Ärmel<br />
hoch krempeln und weiter kämpfen.<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
9
Zoos und Naturschutz-Erziehung für Grundschulkinder<br />
Sue Dale Tunnicliffe<br />
Naturschutz und Bildung werden von den westlichen<br />
Zoos als Hauptziel benannt (Brisbin 1993;<br />
Brambell 1993; IUDZG and IUCN/SSC 1993). Bildung<br />
ist eine wichtige Forderung in den Handlungsleitlinien<br />
für Zoos im Vereinigten Königreich (HSC<br />
2002). Eine internationale Umfrage (Tunnicliffe<br />
1994) bei Lehrern über Besuche von Zoos hat<br />
gezeigt, dass, obwohl dreiviertel aussagten, dass<br />
Naturschutz ein wichtiger Aspekt ihres Besuches<br />
war, nur 44% dies als Hauptthema bezeichneten.<br />
51% sagten aus, dies sei kein Thema, um das sie<br />
sich kümmerten. Also mögen die Besucher die<br />
Naturschutzbemühungen der modernen Zoos zwar<br />
anerkennen, wenn sie danach gefragt werden, sie<br />
sind aber nicht der Hauptanlass ihres Besuchs.<br />
Deshalb besteht die Herausforderung darin, bei den<br />
Besuchern zu beginnen und herauszufinden, über<br />
was sie sprechen, während sie die Tiere anschauen,<br />
und dieses Interesse auf dieEntwicklung eines<br />
Naturschutz-Verständnisses zu lenken.<br />
Eine der Aufgaben von Zoos ist die Entwicklung<br />
eines allgemeinen Verständnisses für den Wert der<br />
Vielfalt (Biodiversity), der Basis, auf der die Artenkenntnis<br />
und die Einschätzung von Gefahren ruht.<br />
Wir müssen das Ausmaß abschätzen, inwieweit<br />
das Betrachten von Tieren Besucher motiviert, sich<br />
um diese Fragen zu kümmern, und ob die expliziten<br />
Botschaften innerhalb der Gehege die Besucher<br />
erreichen. Den Unterhaltungen von Besuchern<br />
(ohne Befragung) zuzuhören und diese zu analysieren<br />
ist ein Weg, festzustellen ob die Botschaften<br />
ankommen oder nicht. Es ist notwendig, genau<br />
herauszufinden, was die Aufmerksamkeit der Besucher<br />
erregt, damit Zoos wirksame Möglichkeiten<br />
für realistische und wirksame Naturschutz-Bildungs-Strategien<br />
entwickeln können.<br />
Methode<br />
Wenn man den spontanen Unterhaltungen lauscht,<br />
kann man herausfinden, über was sich Besucher<br />
unterhalten, während sie vor den Tiergehegen stehen.<br />
Dieses Projekt will den „Ist-Zustand“ beschreiben<br />
und es dem Forscher ermöglichen,aufzulisten,<br />
was sich ereignet. Details der Methode dieser Untersuchung<br />
finden sich an anderer Stelle (Tunnicliffe<br />
1995). Hauptsächlich wurden Gespräche, die nicht<br />
vom Interwiever initiiert waren,mit dem Tonband<br />
aufgezeichnet und dann anhand von Kategorien<br />
eines für diese Studie entwickelten systematischen<br />
Rasters analysiert. Ein systematisches Raster ist<br />
ein Analyse-Instrument, das es erlaubt, qualitative<br />
Daten in quantifizierbare zu wandeln. Jedes Gesprächsthema<br />
wurde entsprechend dem für dieses<br />
Projekt entwickelten Raster codiert<br />
(Tunnicliffe,1995). Eine Gesprächseinheit wurde<br />
definiert als „Gruppen-Gespräch vor einem Gehege<br />
vom Gesprächsbeginn bis zu seinem Ende“.<br />
Das Raster umfasst 74 Kategorien. Eine eckige<br />
Klammer “[“ zeigt an, dass ein Attribut entweder<br />
zu der einen oder der anderen Kategorie gehört,<br />
aber nicht zu beiden, während eine geschwungene<br />
Klammer “{“ eine Anzahl von Kategorien anzeigt,<br />
die ein Tier haben kann.<br />
Die Tier bezogene Kategorie wurde in sechs Untergruppen<br />
unterteilt: erklärende Kommentare, gefühlsmäßige<br />
Kommentare - diese schließen emotionale<br />
Äußerungen wie „Ah!“ oder „Ugh!“ ein - aber<br />
genauso Kommentare über andere Eigenschaften<br />
– Mensch-Tier-Interaktionen (und umgekehrt) und<br />
Bemerkungen bzgl. des Wohlbefindens, Umwelt<br />
bezogene Kommentare über die natürlichen Habitate<br />
oder den Status der Bedrohung einer Art, Kommentare<br />
bezüglich der Gestalt eines Tieres, über<br />
das Verhalten eines Tieres, zum Namen eines Tieres.<br />
10<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
Abbildung 1 zeigt die fein abgestimmte Codierung für "Körperteile" oder anatomische Eigenschaften, die<br />
von den Gruppen kommentiert wurden und welche davon i. S. der Taxonomie besonders wichtig sind. Jede<br />
Gesprächseinheit wurde mit der entsprechenden Nummer des Rasters kategorisiert. Ein Beispiel findet sich<br />
unten. Das Gespräch wurde im Reptilienhaus des Londoner Zoos aufgezeichnet.<br />
74/ 55/ 40/ 20/ 16/ 71/ 17/<br />
Boy 2: See that buffalo skull over there? That's from America and there's a light bulb too.<br />
Abbildung 1 "Körperteile" Ausschnitt aus dem Raster (weitere Details in Tunnicliffe 1995)<br />
Vorderseite<br />
Ende<br />
Kopf<br />
Sinne<br />
genannt 43<br />
nicht genannt<br />
Mention 45<br />
No mention<br />
Tier<br />
bezogen<br />
Körper-<br />
teile<br />
Dimensionen<br />
Rumpf<br />
Größe etc.<br />
Bedeckung,<br />
Farbe etc.<br />
Alter<br />
Mention 44<br />
No mention<br />
Mention 50<br />
No mention<br />
Mention 52<br />
No mention<br />
Mention 53<br />
No mention<br />
Beobachtung<br />
Keine<br />
Körperteile<br />
Kommentare<br />
Unbekanntes<br />
Reproduktions-<br />
Organe<br />
Ausscheidungsorgane<br />
Anderes<br />
Mention 46<br />
No mention<br />
Mention 47<br />
No mention<br />
Mention 51<br />
No mention<br />
Unterbrechungen<br />
Fortbewegung<br />
Schwanz<br />
Mention 48<br />
No mention<br />
Mention 49<br />
No mention<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
11
Zoos und Naturschutz-Erziehung für Grundschulkinder<br />
Ergebnisse<br />
Insgesamt wurden 602 Gespräche gesammelt und<br />
analysiert. Davon stammen 459 von Schulklassen.<br />
64% (293) der Schüler waren sieben Jahre<br />
oder jünger, die restlichen 36% waren zwischen<br />
acht und zwölf. Diese Gruppen wurden nicht von<br />
Mitarbeitern des Zoos begleitet, sondern von Lehrern,<br />
Schulhelfern oder sie waren allein.<br />
Der Inhalt der Gespräche, die im Londoner Zoo<br />
von Grundschulgruppen oder Familiengruppen<br />
geführt wurden, ist in Tabelle 1 aufgelistet.<br />
Die einzigen signifikanten Unterschiede (p <<br />
0.005) sind die Anzahl der die Gehege betreffenden<br />
Kommentare sowie Kommentare, die eine affektive<br />
oder emotionale Befindlichkeit zum Ausdruck<br />
bringen.<br />
Tabelle 1<br />
Die großen Übereinstimmungen im Gesprächsinhalt<br />
sind erstaunlich und unerwartet. Da die Gründe<br />
für den Besuch doch sehr unterschiedlich sind<br />
- Schulklassen besuchen den Zoo aus unterrichtlichen<br />
Gründen, Familien aus sozialen oder um ihre<br />
Freizeit zu verbringen. Schulklassen äußerten signifikant<br />
mehr affektive Kommentare und Emotionen.<br />
Wie dem auch sei, Familien sind wahrscheinlich<br />
in einer anderen emotionalen Weise aneinander<br />
gebunden, da sie die Tiere in dem Gehege gemeinschaftlich<br />
suchen und ausfindig machen.<br />
Schulklassen unterhielten sich nicht so häufig wie<br />
Familien darüber, wie man die Tiere ausfindig machen<br />
kann. In allen andern Kategorien gab es kei-<br />
Inhalt der Gespräche von Grundschulgruppen verglichen mit dem von Familiengruppen im Londoner<br />
Zoo.<br />
Kategorie<br />
London<br />
Zoo<br />
(Schule)<br />
n= 459<br />
London Zoo<br />
(Familien)<br />
n=<strong>14</strong>3<br />
%<br />
Chi 2 Wahrscheinlichkeit Phi 2<br />
Menschen/Soziale<br />
s<br />
%<br />
77 85 4.42<br />
Gehege betreffend 63 86 26.82 p
ne signifikanten Unterschiede. Die Daten zeigen,<br />
dass beide Gruppen, Familien und Klassen, einen<br />
ähnlichen Gesprächsschwerpunkt teilen und verdeutlichen<br />
die Gemeinsamkeit der Gesprächsinhalte<br />
beider Gruppen. Schulklassen machen mehr emotionale<br />
Ausrufe als Familien (Tunnicliffe 1996b).<br />
Keine der Gruppen äußerte sich zu Themen des<br />
Umweltschutzes.<br />
Äußerungen dieser beiden unterschiedlichen Gruppen,<br />
die sich auf Tiere bezogen, zeigen ähnliche<br />
Muster, nur dass Familiengruppen die Tiere häufiger<br />
verglichen. Die Vergleiche wurden entweder mit<br />
anderen Tieren, mit Menschen oder Artefakten wie<br />
Spielzeugen gezogen.<br />
Zusammenfassung:<br />
Reine Jungengruppen benannten die Tiere signifikant<br />
häufiger als reine Mädchengruppen. Mädchengruppen<br />
ließen mehr emotionale Ausrufe wie: ‘Ahs’,<br />
‘Ughs’, und ‘Ohs’ hören und äußerten sich signifikant<br />
öfter über das Verhalten der Tiere. Besuchergruppen<br />
zeigen bei den Zootieren eine bemerkenswerte<br />
Fähigkeit zu richtigen Schlußfolgerungen in<br />
ihren Gesprächen über Tiere. Sie konzentrieren sich<br />
auf auffällige Merkmale wie Farbe, Größe und<br />
Körperbedeckung, Beine und Schwanz, Kopf und<br />
ungewöhnliches Zubehör wie Geweihe. Die Besucher<br />
nehmen Bewegungen wahr, den Aufenthaltsort<br />
eines Tieres im Gehege und Verhaltensweisen,<br />
die die Tiere während der Beobachtungszeit zeigen<br />
(Tunnicliffe 1995b). Es besteht eine bemerkenswerte<br />
Ähnlichkeit in dem, was die unterschiedlichen<br />
Gruppen äußern, unabhängig von Geschlecht,<br />
Alter oder sozialer Herkunft. Keine der<br />
Gruppen äußerte sich zu Fragen des Naturschutzes.<br />
Diskussion<br />
Der Gesamteindruck den die in dieser Studie vorgestellten<br />
Daten hervorrufen, ist, dass beide Gruppen,<br />
Schulklassen und Familien, Beobachtungen<br />
machen und die Tiere benennen. Sie deuten ihre<br />
Beobachtungen auf Grund ihrer eigenen Erfahrungen<br />
und Erinnerungen. Die Besucher sprechen<br />
während ihres Zoobesuchs nicht über Fragen des<br />
Umweltschutzes. Es gibt also einen Widerspruch<br />
zwischen dem Anliegen der Zoos und dem der<br />
Besucher. Auf der einen Seite sehen die Zoos ihre<br />
Aufgabe in der Arbeit für den Naturschutz, während<br />
auf der andern Seite die Besucher sich offensichtlich<br />
keine Gedanken über dieses Thema<br />
machen und den Zoo nur besuchen um „Tiere<br />
zu gucken“. Man mag dies als akzeptablen Zustand<br />
beim Besuch von Familien hinnehmen, deren<br />
pädagogische Absichten sich darin erschöpfen,<br />
Tiere herumstreifen zu sehen, jedoch nicht,<br />
wenn Schulklassen einen Besuch im Rahmen des<br />
Unterrichts machen. Ebenso wenig ist das für die<br />
Zoos befriedigend, die den Naturschutz für einen<br />
wichtigen Teil ihrer Aufgaben halten. Ein Besuch<br />
bei lebenden Tieren sollte für Schulkinder ein<br />
Schlüsselerlebnis in ihrem Biologieunterricht sein.<br />
Lebende Tiere interessieren Besucher und es besteht<br />
übereinstimmend Zufriedenheit bei Schulen<br />
und Familiengruppen, zwei Typen von Besuchergruppen,<br />
von denen in der Literatur gewöhnlich<br />
berichtet wird, sie hätten sehr unterschiedliche Interessen.<br />
Diese Gemeinschaftlichkeit überrascht<br />
und verdeutlicht, dass Schulen auch dann eine<br />
soziale Orientierung haben, wenn sie den Zoo nur<br />
des Lernens willen besuchen.<br />
Wie dem auch sei, es widerlegt die Ergebnisse einer<br />
Befragung von 1991 in der Lehrer, die den<br />
Londoner Zoo besuchten, beteuerten, sie täten das<br />
vorwiegend aus Gründen des Curriculums<br />
(Tunnicliffe 1994).<br />
Wenn die Zoobesucher von der Story, die das Gehege<br />
transportieren soll, erreicht würden, würden<br />
wir erwarten, darüber zu hören. Wir hörten nichts.<br />
Deshalb müssen die Zoos ihre Strategie, wie sie<br />
die Naturschutzbotschaft vermitteln wollen, überdenken.<br />
Besucher bemerken die Gestalt eines Tieres und<br />
einige Verhaltensweisen. Das muss als Ansatz gewählt<br />
werden, um ein Verständnis für Naturschutzkonzepte<br />
zu wecken.<br />
Wenn Zoos diesen Zugang nicht nutzen, können<br />
sie nicht als Naturschutz-Zentren wirken. Die hier<br />
präsentierten Daten zeigen deutlich, dass Zoos und<br />
ihre Besucher ihre Aufmerksamkeit nicht auf die<br />
gleichen Themen richten. Die Erwartungen mit denen<br />
die Besucher kommen, ist, dass die Tiere verschieden<br />
sind, und das sehen sie auch. Sie sprechen<br />
jedoch nicht über die Anpassung der Tiere an<br />
die Umwelt oder den Status ihrer Gefährdung.<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
13
Zoos und Naturschutz-Erziehung für Grundschulkinder<br />
Einflüsse<br />
des<br />
Menschen auf<br />
Lebewesen<br />
und Habitate<br />
Wechselwirkung zwischen Tier,<br />
Ansprüchen und Habitat<br />
Interaktionen zwischen verschiedenen<br />
Arten und Habitat.<br />
Bemühungen der Zoos und ihr Schwerpunkt<br />
Wissens- und<br />
Verständnis<br />
Defizite des Besuchers<br />
Charakteristika des Habitats etc.<br />
Bedürfnisse des Tiers<br />
Verhalten der Tiere und ihre Rolle<br />
Charakteristik des Tieres,<br />
in Bezug zur Familie<br />
Interessen und Vorwissen<br />
des Besuchers<br />
Was ist ein Tier?<br />
Abb. 2 Die Bedeutung von Naturschutzkonzepten aus Sicht von Schulklassen, Familiengruppen und der<br />
meisten Zoos.<br />
Naturschutz ist ein komplexes Konzept, das an der<br />
Spitze eines Dreiecks einer Hierarchie untergeordneter<br />
Konzepte angesiedelt werden kann. Diese<br />
Hierarchie beginnt mit der Klassifikation des Lebendigen,<br />
auf der nächsten Stufe gefolgt vom Verständnis<br />
der anatomischen Anpassung und dem<br />
charakteristischen Verhalten eines Lebewesens.<br />
Das Verständnis der Bedürfnisse eines Lebewesens<br />
und wie diese Bedürfnisse in seinem natürlichen<br />
Lebensraum befriedigt werden, sind die nächsten<br />
Stufen eines Naturschutzkonzepts.<br />
Interaktionen zwischen Lebewesen im selben<br />
Lebensraum und solche zwischen Lebewesen und<br />
anderen Faktoren des Lebensraums bilden die vorletzte<br />
Stufe des Konzepts.<br />
Die Hierarchie gipfelt in den Effekten, die die<br />
Menschheit auf die Umwelt ausübt.<br />
Das ist die Stufe, auf die viele Zoos mit ihrer Information<br />
über ihre Rolle bei der Erhaltung einiger<br />
Arten besonderen Wert legen. Die Besucher stehen<br />
am Fuß der Pyramide und arbeiten an einem<br />
Grundverständnis, dass für das Verständnis des<br />
gesamten Konzepts Voraussetzung ist und<br />
schließlich im Verständnis der Notwendigkeit<br />
menschlicher Bevölkerungskontrolle endet (Carr<br />
1998).<br />
Ich bin davon überzeugt, dass Zoos bei der Entwicklung<br />
des Verständnisses der Öffentlichkeit für<br />
Zoologie und Naturschutz effektiver arbeiten würden,<br />
wenn sie die Einstellungen und das Vorwissen<br />
ihrer Besucher, seien es Familien oder Schulklassen,<br />
stärker beachten würden.<br />
Mehr noch, gibt es eine Stufe des Verständnisses,<br />
wie es sie in anderen Bereichen der Biologie gibt<br />
(Reiss and Tunnicliffe, 2001),zu dem der Normalbürger<br />
nicht gelangen kann?<br />
Das müssen wir im Zusammenhang mit Naturschutz-Konzepten<br />
herausfinden.<br />
<strong>14</strong><br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
Literatur<br />
Brambell, M. (1993). The Evolution of the modern Zoo. International Zoo News: 40/7 (248): 27-34.<br />
Brisbin, I. L. (1993). Conserving Threatened Components of the World’s Faunal Biodiversity: The Untapped<br />
Resources of Children’s Zoo Programmes. AAZPA Regional Proceedings, Wheeling, VA, 276-282.<br />
IUDZG and IUCN/SSC (1993). The World Zoo Conservation Strategy: The Role of Zoos and Aquaria of the<br />
World in Global; Conservation. The World Zoo Organisation and the Captive Breeding Specialist Group of<br />
IUCN/SSC.<br />
Reiss M.J. and Tunnicliffe S.D. (2001d) Students’ Understandings of Human Organs and Organ Systems.<br />
Research in Science Education, 2001, 31.<br />
Tunnicliffe, S. D. (1994). Why do Teachers arrange to visit Zoos with their students? International Zoo<br />
News, 41(5) no 254 :4-13.<br />
Tunnicliffe, S.D. (1995). Talking about animals: studies of young children visiting zoos, a museum and a<br />
farm. Unpublished PhD thesis. King’s College, London.<br />
Tunnicliffe, S. D. (1996). Conversations within primary school parties visiting animal specimens in a<br />
museum and zoo. Journal of Biological Education 30 (2) 130- <strong>14</strong>1.<br />
Den vorstehenden Vortrag hielt Frau Dr.<br />
Tunnicliffe auf der IZE-Konferenz in Wien.<br />
Übersetzung Lothar Philips<br />
Wissenschaftliche Beratung,hier beim Worshop<br />
während der IZE-Konferenz in Wien<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
15
Töröö! Ich bin so FREI Der „alte“ Zoo ist tot: Die Besucher wollen mehr erleben als gefangene<br />
Claudia Sewig<br />
Tiere. Jetzt gibt es neue Konzepte für den ZOO DER ZUKUNFT.<br />
Dieser kleine Elefant im Schönbrunner Tiergarten wird es besser haben als seine Vorfahren,<br />
die früher in viel zu kleinen Gehegen und ohne Beschäftigung alt werden mussen.<br />
Die Geparden haben viel Platz. In einer weitläufigen<br />
Anlage umrunden die eleganten Großkatzen<br />
ihre Besucher, die sich auf kleinem Raum i u einem<br />
grünen, schmiedeeisernen Käfig drängeln.<br />
Seiten und Decken sind vergittert, der Boden aus<br />
Beton ist abgenutzt auf wenigen Quadratmetern<br />
waren hier früher die Geparden zur Schau gestellt.<br />
Die Perspektive hat sich verhindert: drinnen der<br />
Mensch, draußen die Tiere. Von der kaiserlichen<br />
Menagerie zum Erlebnispark - der Tiergarten Schönbrunn,<br />
mit 250 Jahren der älteste durchgehend<br />
bestehende Zoo der Welt, hat sich gewandelt.<br />
1752, als Kaiser Franz I. Stephan in Wien die barocke<br />
Anlage mit dem zentralen kaiserlichen<br />
Frühstückspavillon in unmittelbarer Nähe zum<br />
Schloss Schönbrunn gründete, war der Ausblick<br />
auf die exotischen Tiere ihm und seinem Hof vorbehalten.<br />
Menagerien (der Begriff wurde erstmals<br />
1712 verwendet) wurden in ihren Frühformen ab<br />
Beginn des 13. Jahrhunderts vor allem von Päpsten,<br />
Bischöfen und Fürsten zur Erbauung unterhalten.<br />
Parallel dazu entstanden Wandermenagerien<br />
für das gemeine Volk, häufig nur mit<br />
einem einzigen Schautier wie einem<br />
Elefanten oder Nashorn oder<br />
mit einer Kollektion verschiedener<br />
Tiere.<br />
In diesen Wandermenagerien<br />
konnten erste Erfahrungen mit<br />
wilden und exotischen Tieren gesammelt<br />
werden, und das führte<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts zur<br />
Gründung der ersten bürgerlichen<br />
Zoos (die Bezeichnung Zoo kam<br />
1847 auf, Aquari11m 1854). So<br />
wurden zum Beispiel Anlagen<br />
1828 in London, 1838 in Amsterdam<br />
und 1844 der erste deutsche<br />
Zoo in Berlin eröffnet. Überwiegend<br />
siedeln sich Zoos in Hafenstädten<br />
an, wo der Tierhandel<br />
blühte. So wie in Hamburg. Der<br />
erste Hamburger Zoo, gegründet<br />
1863, schloss bereits 1930 wieder.<br />
Hagenbecks Tierpark hat<br />
dagegen seit 1907 Bestand - eine<br />
kleine Sensation, bedenkt man<br />
die Unruhen im Zuge der Gründung.<br />
„Entrüstete<br />
Zoodirektoren haben meinem Urgroßvater<br />
anfänglich:<br />
´Die Hagenbeckereien machen<br />
wir nicht mit!` an den Kopf geschmissen“,<br />
sagt Tierpark-Chef Claus Hagenbeck.<br />
Die nachgeahmten Landschaften mit Kunstfelsen,<br />
die weiten Gehege mit verschiedenen Tierarten was<br />
heute unter Tiergärtnern und Besuchern als<br />
selbstverständlich gilt, war damals eine Revolution.<br />
Tiere wurden üblicherweise in kleinen, kargen<br />
Abteilen gehalten, streng nach Arten getrennt.Von<br />
Anfang an sollten Zoos naturwissenschaftliche Erkenntnisse<br />
fördern. Obwohl keiner auf Anregung<br />
einer Universität oder Akademie entstand, fertigten<br />
Wissenschaftler dort anatomische Zeichnungen an,<br />
studierten Verhaltensweisen. Außerdem sollten die<br />
Tiergärten der Unterhaltung und Erholung dienen.<br />
Diese Ziele gelten noch heute, aber später kamen<br />
zwei Aspekte hinzu: der Artenschutz und die Aufklärung<br />
der Bevölkerung über Tiere und ihren<br />
Lebensraum.<br />
Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts versuchten fast<br />
alle Zoos, diese Aufgaben gleichberechtigt nebeneinander<br />
zu erfüllen. Seither gibt es aber drei verschiedene<br />
Entwicklungen: Manche Zoos setzen die<br />
klassische Tradition fort, andere haben sich auf<br />
16<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
den Schutz bedrohter Tierarten spezialisiert, häufig<br />
verbunden mit Auslands-Projekten, und wiederandere<br />
rücken den Unterhaltungswert für die Besucher<br />
in den Vordergrund.Zu den klassischen Zoos<br />
zählt Hagenbecks Tierpark. „Wir werden weiter<br />
mischen“, sagt Claus Hagenbeck. „Wir waren<br />
immer besucherorientiert und haben immer bedrohte<br />
Tierarten nachgezüchtet - ich muss mich nie für<br />
das eine oder das andere entscheiden.“<br />
Ganz auf Spezialisierung setzt dagegen der Durrell<br />
Wildlife Conservation Trust auf der Kanalinsel Jersey,<br />
der fast ausschließlich bedrohte Tierarten nachzüchtet<br />
und weltweit Schutzprogramme betreibt:<br />
„Jeder Zoo sollte sich um Arten im Freiland kümmern.<br />
Wir haben die Möglichkeit, Menschen bei<br />
uns hier für weit entfernte Tierarten zu begeistern“,<br />
sagt der ehemalige Direktor Jeremy Mallinson.<br />
Nach langen Jahren der Auseinandersetzungen<br />
würden Tiergärten und Artenschutzorganisationen<br />
wie der WWF heute aufeinander zugehen und zusammenarbeiten.<br />
Die dritte Richtung haben unter anderem die Zoos<br />
in Hannover und Leipzig eingeschlagen. Hannover<br />
baute im Rahmen der EXPO 2000 große Teile<br />
der Anlage um, gestaltete „Themenfelder“ wie den<br />
Gorillaberg für die Menschenaffen, den Dschungelpalast<br />
für Elefanten und Tiger und die Sambesi-<br />
Flusslandschaft für afrikanische Tiere, die man bei<br />
einer Einbaumfahrt beobachten kann.<br />
Geschäftsführer Klaus-Michael Machens: „Viele<br />
Zoos haben ein Defizit bei ihrer Behandlung der<br />
Spezies Mensch. Mit Erlebnis-Orientierung kann<br />
ich den Besuchern am besten Bildung unterjubeln.“<br />
Heinz Rico Scherrieb ist mit seiner Beratungsgesellschaft<br />
für Freizeit- und Erlebniswelten an den<br />
Entwicklungen unter anderem in Hannover beteiligt.<br />
„Zoobesucher muss man wie bei einem spannenden<br />
Buch packen“, sagt er: „Mit einem fesselnden<br />
Einstieg, einer durchgehenden Geschichte und<br />
einem Happy End.“ Zoos und Freizeitparks glichen<br />
sich dabei immer mehr an.<br />
Auch der Zoo in Leipzig setzt auf Erlebnis, zum<br />
Beispiel mit einer simulierten Fahrt durch die afrikanische<br />
Steppe. Möglichst bald sollen interaktive<br />
Computerspiele installiert werden. Direktor Jörg<br />
Junhold: „Der moderne Zoodirektor muss bereit<br />
sein, sich zu öffnen.“ Die Wissenschaft muss dabei<br />
nicht zu kurz kommen - das zeigt die weltweit<br />
größte Menschenaffenhaltung im Leipziger Zoo: Im<br />
„Pongoland“ leben Orang-Utans, Schimpansen,<br />
Gorillas und Bonobos (Zwergschimpansen) auf<br />
30.000 Quadratmetern; Mitarbeiter des 1997<br />
gegründeten Max Planck Instituts für Evolutionäre<br />
Anthropologie untersuchen Verhalten.<br />
\\’elcher Weg ist der richtige? Darüber beriet gerade<br />
der Weltverband der Zoos und Aquarien (World<br />
Association of Zoos and Aquariums, WAZA) anlässlich<br />
des 250. Schönbrunner Jubiläums in<br />
Wien. Eine Antwort wird sich so schnell nicht finden<br />
lassen; und äußere Faktoren sorgen in Zukunft<br />
möglicherweise wieder für eine Angleichung<br />
der Zoos.<br />
Bisher nämlich waren die Begriffe „Zoo“, „Zoologischer<br />
Garten“ oder „Tierpark“ weder rechtlich geschützt<br />
noch an verbindliche Kriterien geknüpft.<br />
Eine 1999 verabschiedete und im April 2002 in<br />
Kraft getretene EU-Richtlinie setzt erstmals<br />
Rahmenbedingungen,nach denen Zoos zertifiziert<br />
werden können. Hagenbeck: „Wir erfüllen alle Kriterien<br />
und haben die Unterlagen Ende März eingereicht.<br />
Damit könnten wir der erste zertifizierte deutsche<br />
Zoo werden.“<br />
Außerdem werden die Tiergärten immer mehr über<br />
Computernetze verbunden, ob bei der Koordinierung<br />
von Nachzuchten im Europäischen<br />
Erhaltungszuchtprogramm (EEP) oder künftig bei<br />
der Transporten. Hierfür plant der Tiergarten Schönbrunn<br />
das Computerprogramm VAN, das ab 2004/<br />
2005 komplette Tiertransport über den Computer<br />
planen und ausführen lässt.<br />
Mehr als 600 Millionen Menschen besuchen jährlich<br />
Zoos und Aquarien in aller Welt.<br />
„Zoos wird es immer geben, Menschen brauchen<br />
sie“, meint Prof. Gunther Nogge, Direktor des Kölner<br />
Zoos. „Ob in Köln nach dem Ersten Weltkrieg oder<br />
jetzt in Kabul - der Zoo wurde als Erstes in der<br />
Stadt wieder aufgebaut.“ Er stehe als Symbol für<br />
das Leben, nur hat er in den vergangenen 20 Jahren<br />
starke Konkurrenz von anderen Freizeitangeboten<br />
bekommen. Nogge: „Deshalb müssen<br />
wir uns um neue Werbestrategien kümmern -<br />
besonders für Menschen ohne Kinder.“<br />
Zum Weiterlesen:<br />
V. N. Kisling, Jr. (Editor): Zoo and Aquarium History.<br />
CRC press, 440 S.; 79,50 €.<br />
L. Dittrich, D. v. Engelhardt & A. Rieke-Müller (Hg.): Die<br />
Kulturgeschichte des Zoos. Verlag für Wissenschaft und<br />
Bildung, 216 S.; 24 €.<br />
M. G. Ash, L. Dittrich (Hg.): Menagerie des Kaisers. Zoo<br />
der Wiener<br />
Pichler Verlag, 480S.; 34,90 €<br />
Dieser Artikel erschien im Hamburger Abendblatt<br />
vom 7/8 September 2002.<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
17
Ganzheitliches und interaktives Lernen im Zoo Leipzig<br />
im Rahmen des Masterplanes "Zoo der Zukunft"<br />
Frank Oberwemmer<br />
Der 1878 von dem Gastwirt Ernst Pinkert gegründete<br />
Leipziger Zoo kann auf eine lange Tradition<br />
und zahlreiche Meilensteine in der Tierhaltung zurückblicken<br />
(z.B. wurden hier 1929 zum ersten<br />
Mal Bären in einer gitterlosen Anlage auf Augenhöhe<br />
der Besucher gezeigt).<br />
Aus den 40 Jahren DDR-Regime resultiert<br />
allerdings ein erheblicher Renovierungs- und Erneuerungsbedarf<br />
an Anlagen, die teilweise noch<br />
aus der Anfangszeit stammen. Erhebliche<br />
Besucherrückgänge durch verändertes Freizeitverhalten<br />
und Konkurrenzdruck anderer Freizeitanbieter<br />
führten nach der Wende zu der Einsicht, dass<br />
ein neues Gesamtkonzept notwendig ist, um die<br />
Zukunftsfähigkeit des Zoos zu sichern.<br />
Konzept "Zoo der Zukunft"<br />
Ab 1997 begann die Arbeit an einem Masterplan,<br />
der die komplette Neuordnung- und -gestaltung des<br />
Zoos bis zum Jahr 2015, gegliedert in 3 Abschnitte,<br />
vorsieht.<br />
Nach diesem Masterplan soll der Zoo Leipzig zu<br />
einem "Naturerlebnispark der besonderen Art" -<br />
gegliedert in die 6 folgenden Themenbereiche -<br />
umgewandelt werden:<br />
Pongoland<br />
weltweit einzigartige Menschenaffenanlage<br />
in Kooperation mit der Max-Planck-<br />
Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften<br />
Afrika hauptsächlich der Lebensraum Savanne<br />
Asien Elefanten, Inselwelt, Hochgebirge, Waldgebiete<br />
Südamerika Patagonien, Pampas, Waldgebiete<br />
Gondwanaland Riesentropenhalle im Scheitelpunkt<br />
der Kontinente<br />
Gründergarten historischer Zooteil mit Aquarium,<br />
Insektarium, Bildungszentrum "Entdeckerhaus<br />
Arche" und Zooschule<br />
Nach unserer Philosophie sollen die Aufgaben der<br />
Welt-Zoo-Naturschutzstrategie in einem zeitgemäßen,<br />
den neuen Erkenntnissen der Freizeitforschung<br />
und der Tiergärtnerei gerecht werdenden Zukunftskonzept<br />
umgesetzt werden. Nachgestaltete Lebensund<br />
Kulturräume ermöglichen dabei eine anspruchsvolle,<br />
artgemäße Tierhaltung und schaffen<br />
authentische Erlebnisorte für den Besucher<br />
("Thematisierung"). Strategisches Marketing, ausgerichtet<br />
an Besucherbedürfnissen, und perfekter<br />
Service sichern hohe Besucherzahlen und damit<br />
die wirtschaftliche Basis.<br />
Die von der Welt-Zoo-Naturschutzstrategie geforderte<br />
Aufgabe der Bildung bzw. Information über<br />
den Natur- und Artenschutz ist integraler Bestandteil<br />
des neuen Zookonzeptes. Über emotionale Tierbegegnungen<br />
und "interaktive Experimentierbereiche"<br />
wollen wir Begeisterung für die Tiere und<br />
den Artenschutz wecken (als übergeordnetes Lernziel).<br />
Pro Themenbereich des Zoos (siehe oben)<br />
wird schrittweise ein zum Zookonzept passendes<br />
Leitprojekt des in-situ-Artenschutzes unterstützt<br />
(z.B. für das Pongoland die "Wild Chimpanzee<br />
Foundation"), über welches die Besucher natürlich<br />
ebenfalls informiert und wenn möglich eingebunden<br />
werden.<br />
Umsetzungsstand 2002<br />
In der ersten Umgestaltungsphase wurden bislang<br />
die Bereiche Pongoland, Löwensavanne und<br />
Erdmännchenanlage (Bereich "Afrika"), 1. Abschnitt<br />
der neuen Elefantenanlage und Lippenbärenschlucht<br />
(Bereich Asien) sowie Entdeckerhaus<br />
Arche (Bereich "Gründergarten") in Betrieb<br />
18<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
genommen, im Bau sind derzeit die "Tiger-Taiga"<br />
(Fertigstellung April 2003), die "Afrika-Savanne"<br />
(Fertigstellung Frühjahr 2004) und der<br />
Neubau des Wirtschaftshofes inklusive Verwaltung<br />
und Werkstätten (Fertigstellung Mitte<br />
2003).<br />
Interaktive Lernstationen<br />
Entsprechend den modernen pädagogischen Erkenntnissen<br />
soll im Zoo die Möglichkeit genutzt<br />
werden, die durch den Tierkontakt entstandene<br />
emotionale Aufgeschlossenheit der Besucher für<br />
die Informationsvermittlung zu nutzen. Aus der<br />
Lernpsychologie ist bekannt, dass Menschen Informationen<br />
gut aufnehmen, wenn man ihnen<br />
Unterstützung durch vielfältige Aufbereitung des<br />
Inhaltes bietet, das eigenständige Denken anregt,<br />
alle Sinne anspricht und die Menschen<br />
selber aktiv werden lässt.<br />
Diese Vorgaben sollen (abgesehen natürlich von<br />
personeller Betreuung in der Zooschule oder durch<br />
sog. Zoolotsen) mit Hilfe "interaktiver Lernstationen"<br />
(oder "Lernspiele") umgesetzt werden, die vor allem<br />
an den neuen Anlagen eingeplant werden. An<br />
diesen Stellen kann der Besucher Informationen<br />
erhalten, indem er aktiv wird und das Spiel benutzt<br />
- eine Möglichkeit der unbetreuten und trotzdem<br />
aktivitätsbetonten Art der Infovermittlung.<br />
Nachfolgend werden die bereits fertiggestellten Lernbereiche<br />
vorgestellt.<br />
Infovermittlung im Pongoland<br />
Die Menschenaffenanlage Pongoland wurde als<br />
Gemeinschaftsprojekt des Zoos mit dem Max-<br />
Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (MPI-<br />
EVA) erbaut und im April 2001 eingeweiht. Die<br />
Wissenschaftler des MPI-EVA beobachten und erforschen<br />
hier das Verhalten und die Fähigkeiten<br />
aller vier Menschenaffenarten und führen dazu auch<br />
Verhaltenstests durch. Die Besucher können sie<br />
dabei durch Glasscheiben hindurch in den Testräumen<br />
oder in den Anlagen beobachten. Entsprechend<br />
dieser besonderen Doppelnutzung als Zooanlage<br />
und Forschungsstätte wurde auch das<br />
Edutainment-Konzept unter dem Motto "der Besucher<br />
als Forscher" entwickelt. Nach einem vorher<br />
erarbeiteten "Drehbuch" wurde der Rundgang des<br />
Besuchers wie eine Safari gestaltet: Durch ein Eingangstor<br />
hindurch kommt er in ein nachgestaltetes<br />
Forschercamp, kann in einem Simulator-LKW eine<br />
virtuelle Fahrt durch die Savanne in den Regenwald<br />
machen, gelangt auf verschlungenen Wegen<br />
in Beobachtungshöhlen- und hütten mit Blick auf<br />
die Freianlagen und erreicht schließlich die Tropenhalle.<br />
Dort erwarten ihn mehrere Lernstationen:<br />
Die Rufe wildlebender Schimpansen samt<br />
Situationsbeschreibung können angehört werden,<br />
Tastgegenstände aus dem Regenwald und<br />
Regenwalddüfte sind zu erleben und Bedrohung<br />
und Schutz der Schimpansen sind an einer Bildtafel<br />
mit Schiebeklappen dargestellt. Auf vier Monitoren<br />
werden zwei verschiedene "Zoo-Magazine"<br />
gezeigt, die speziell aus Bildmaterial des MPI-<br />
EVA hergestellt wurden. Im ersten sind die Lebensweise<br />
und das Verhalten wildlebender Schimpansen<br />
aus dem Tai-Nationalpark dokumentiert und<br />
werden durch einen Moderator erläutert, im zweiten<br />
werden Bedrohungen und mögliche Schutzmaßnahmen<br />
für die Tiere dargestellt.<br />
Weitere Lernstationen sind zur späteren Nachrüstung<br />
vorgesehen.<br />
Lernstationen an anderen Anlagen<br />
An der Löwensavanne wurde zusätzlich zur Beschilderung<br />
noch ein Lernspiel zum Thema "Wer<br />
profitiert von der Löwenmahlzeit" aufgestellt. Auf<br />
einer mit einem Hebel vorzuziehenden Plexiglasscheibe<br />
sind die Tierarten zu sehen (in diesem Fall<br />
Geier, Schakale und Hyänen), die die Beutereste<br />
des Löwenrudels fressen. Die Plexiglasscheibe<br />
schiebt sich dabei über das Hintergrundbild mit<br />
dem Löwenrudel und seiner Beute. Die erklärenden<br />
Texte sind so knapp wie möglich gehalten.<br />
An der Lippenbärenschlucht wurde (ebenfalls zusätzlich<br />
zur Beschilderung) ein künstlicher Termitenhügel<br />
gebaut, in den man durch Gucklöcher<br />
hineinsehen kann. Dort sind die unterschiedlichen<br />
Termitenformen (Soldat, Arbeiter, Larve etc.) als<br />
hinterleuchtete Fotos zu sehen. An einem erklärenden<br />
Schild ("Wie kommt der Lippenbär an die Ter-<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
19
Ganzheitliches und interaktives Lernen im Zoo Leipzig<br />
im Rahmen des Masterplanes "Zoo der Zukunft"<br />
miten heran?") ist ein Knopf installiert, mit dem<br />
das Geräusch eines termitensaugenden Bären abgerufen<br />
werden kann (der in Form eines lebensgroßen<br />
konturgeschnittenen Tierschildes an dem<br />
Termitenhügel steht).<br />
Bildungszentrum "Entdeckerhaus Arche"<br />
Das im Jahr 1902 eingeweihte "Neue Raubtierhaus"<br />
ist ein prägendes Gebäude für den Zoo und<br />
unter dem Titel "Leipziger Löwenfabrik" bekannt.<br />
Es war für die Tierhaltung nach modernen Maßstäben<br />
nicht länger geeignet und wurde im Masterplan<br />
als "Bildungszentrum" vorgesehen. Dort sollten<br />
Themen aufgegriffen werden, die im Freigelände<br />
nicht ausreichend behandelt werden können (aus<br />
Witterungs- und aus Platzgründen).<br />
Zusammen mit den drei Firmen Graphikdesign<br />
Annegret Hänsel aus Leipzig, Künstlerische Holzgestaltung<br />
Bergmann von der Kulturinsel Einsiedel<br />
sowie Kessler & Co. GmbH aus Mülheim an der<br />
Ruhr entwickelte der Zoo ein Ausstellungskonzept,<br />
das alle Themen aufgreift, die dem Zoo wichtig<br />
sind.<br />
Unter Nutzung des gesamten Innenraums inkl. der<br />
ehemaligen Käfige entstanden 550 qm Ausstellungsfläche.<br />
Die Ausstellung ist komplett interaktiv<br />
aufbereitet, die einzelnen Bereiche sind thematisch<br />
dekoriert und durch Wandbemalung gestaltet.<br />
Eröffnung war Ende August 2002.<br />
Auf seinem Gang durch das Haus wird den Betrachter<br />
zuerst die große Arche beeindrucken, ein<br />
Schiffsdeck mitten im Haus, das über eine flache<br />
Rampe betreten werden kann. Vorher sind noch in<br />
zwei historischen Käfigen Vergangenheit und Zukunft<br />
des Zoos zu sehen: Im "Zoodirektorenbüro"<br />
alten Stils wird die Geschichte des Leipziger Zoos<br />
erzählt, historische Aufnahmen und Gegenstände<br />
lassen die Gründerzeit lebendig werden. Die sog.<br />
"Leipziger Löwenjagd" kann über einen Kopfhörer<br />
und mittels einer Bildergeschichte nacherlebt werden.<br />
Im zweiten historischen Käfig hinter geöffneten<br />
Gitterstäben ist der moderne Zoo zu sehen. Am<br />
Modell kann der "Zoo der Zukunft" jetzt schon überblickt<br />
werden, der Alltag der Tierpfleger wird durch<br />
ein Lernspiel lebendig, ebenso wie die artgerechte<br />
Tierhaltung mit einer solchen Station erläutert wird.<br />
Die begehbare Arche bildet den Ausgang der Entdeckungsreise,<br />
zuerst in den übergeordneten Bereich<br />
Artenschutz auf dem Schiff selber, wo z.B.<br />
die Auswilderung von Zootieren und die Bedeutung<br />
von Nationalparken erläutert wird, und dann<br />
in die drei Kontinente Asien, Afrika und Südamerika.<br />
In jedem Kontinent kann die Lebensweise eines<br />
indigenen Volkes erkundet werden sowie ihre naturschonende<br />
Nutzung von Pflanzen und Tieren.<br />
Im Südamerika-Raum sind dies die Zoé, deren Volk<br />
nur noch 164 Personen umfasst. Eine nachgebaute<br />
Hütte mitsamt Inventar zeigt ihren Alltag, der in<br />
einer Diashow beschrieben wird. Eindrücke aus<br />
dem Regenwald wie Tastgegenstände und eine<br />
Riechstation sowie ein Terrarium mit Pfeilgiftfröschen<br />
sind ein weiterer Bestandteil. Aber auch<br />
die Bedrohung des Regenwaldes sowie laufende<br />
Schutzprojekte werden beschrieben.<br />
In Afrika leben die mit den Massai verwandten<br />
20<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
Surma hauptsächlich von der Viehhaltung. Die<br />
Sprachenvielfalt Afrikas ist an einer Hörstation<br />
zu erleben, während die Lebensweise der Surma<br />
anhand einer Foto-Klappeninstallation zu sehen<br />
ist. Ein Wasserloch leitet über zur Anpassung<br />
der Tiere an ihre Umwelt und zum Phänomen<br />
der Herdenwanderungen. Die Gefährdungen der<br />
Natur und Tierwelt werden an einer weiteren Station<br />
erläutert, ebenso wie mögliche Schutzmaßnahmen.<br />
Im Asienbereich ist sowohl eine Pfahl-Hütte am<br />
Fluss wie auch eine mongolische Jurte zu sehen.<br />
Die Vielfalt des Kontinents wird u.a. an einer<br />
nachgebauten Gebetsmühle vorgestellt, während<br />
die Felle von Nutztieren der Mongolen an<br />
einer weiteren Station ertastet werden können.<br />
Auch hier gibt es wieder ein Lernspiel zum Thema<br />
`Bedrohung der Natur und Tierwelt´ und zu<br />
laufenden Schutzprojekten.<br />
Auf der anderen Seite der Arche liegt der<br />
Artenschutzkai, eine nachgestaltete Hafenfront,<br />
an der die Artenschutzprojekte des Zoos lebendig<br />
präsentiert werden. Eine Zuchtbuch-"Bibliothek",<br />
ein Artenschutz-"Lagerhaus" und eine "Telefonzelle"<br />
mit Verbindung zum Endangered Primate<br />
Rescue Center in Vietnam gehören ebenso<br />
dazu wie eine Notrufsäule zur Stiftung Artenschutz,<br />
ein Geschicklichkeitsspiel zum Menschenaffenschutz<br />
samt "Gegensprechanlage"<br />
zur Wild Chimpanzee Foundation und eine<br />
Hafenmission mit Tipps, wie jeder persönlich<br />
beim Artenschutz helfen kann.<br />
Das "Arche-Entdeckerhaus" ist eine Ergänzung<br />
zu den übrigen Angeboten im Zoo und soll die Besucher<br />
aller Altersstufen auf spannende Weise näher<br />
an die vielfältigen Themen heranführen, mit<br />
denen sich der Zoo Leipzig beschäftigt.<br />
Fazit<br />
Die neuen Anlagen im Landschaftsstil, besonders<br />
die Menschenaffenanlage "Pongoland" mit ihrer<br />
Vernetzung von Erlebniswelt, Wissenschaft,<br />
Edutainment und Artenschutz laufen sehr erfolgreich.<br />
Auch für das erst kürzlich in Betreib gegangene<br />
Entdeckerhaus Arche gibt es erste positive<br />
Resonanz der Besucher.<br />
Das große Interesse in Fachkreisen und in den<br />
Medien am neuen Zookonzept hält nach wie vor<br />
an und verschafft dem Zoo vielfältige Werbung.<br />
Die Besucherzahlen konnten bei um 30 % angehobenen<br />
Eintrittspreisen im Jahr 2001 im Vergleich<br />
zum Vorjahr um ca. 420.000 (+ 56 %) gesteigert<br />
werden - damit steigt auch die Chance, mehr<br />
Menschen für den Artenschutz anzusprechen. In<br />
einer Marktforschungsstudie bewerten 87 % der<br />
befragten Besucher den Zoo mit Schulnote 1 - 2.<br />
Sogar 89% der Besucher bejahen die Aussage:<br />
"Der Zoo tut viel für den Artenschutz".<br />
Diese Ergebnisse zeigen, dass mit dem eingeschlagenen<br />
Weg einer Kombination von Erlebniswelt,<br />
Wissenschaft/Artenschutz und Edutainment-/<br />
Education-Konzept auch im Zoo definierte Lerninhalte<br />
auf breiter Basis vermittelt werden können.<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
21
Martina Raffel<br />
Das Internationale Zentrum für Schildkrötenschutz (IZS)<br />
im Allwetterzoo Münster<br />
In vielen asiatischen Ländern gelten Schildkröten<br />
als Symbol für Klugheit, Ausdauer, Langlebigkeit,<br />
Stärke, Fruchtbarkeit und Potenz. In dem Glauben,<br />
dass die den Tieren zugeschriebenen Eigenschaften<br />
durch Verzehr auf den Menschen übertragen<br />
werden können, werden Millionen von Tieren und<br />
Tierprodukten auf den asiatischen Märkten für die<br />
Küche oder die traditionelle chinesische Medizin<br />
angeboten. Allein in China wird der "Verbrauch"<br />
auf jährlich 12-20 Millionen Tiere geschätzt. Um<br />
diesen enormen Bedarf zu decken, werden<br />
Schildkröten aus ganz Südostasien unter Umgehung<br />
aller Schutzgesetze nach China importiert.<br />
Nicht nur die täglich auf den Märkten umgesetzten<br />
Mengen sind unvorstellbar, auch die Art und Weise,<br />
wie mit den Tieren umgegangen wird, erscheint<br />
unglaublich: Die Tiere werden bei den Händlern<br />
mehr oder weniger lebendig gelagert und wie leblose<br />
Ware behandelt. Ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse<br />
und das Leiden der Tiere werden sie in<br />
allen erdenklichen Kisten und Körben aufbewahrt<br />
- häufig in der prallen Sonne, so dass die Schildkröten<br />
völlig dehydrieren. Wasserschildkröten werden<br />
ohne Wasser gehalten. Aus den Kisten herauskrabbelnde<br />
Tiere werden durch Schläge mit einem<br />
Bambusstock wieder zurückgedrängt. Weichschildkröten<br />
werden lebendig aufgeschnitten und<br />
geteilt; hartschalige Arten werden zuvor in kochendes<br />
Wasser getaucht, damit sich der Panzer ablösen<br />
lässt.<br />
Das zukünftige Internationale Zentrum für Schildkrötenschutz im September 2002<br />
Neben der Bedrohung durch unkontrolliertes Sammeln<br />
und massenhaften Verzehr stehen die asiatischen<br />
Schildkröten aber auch durch Lebensraumzerstörung<br />
kurz vor der Ausrottung. Holzeinschlag<br />
und Zersiedelung der Landschaft zerstören in zunehmendem<br />
Maße die letzten verbliebenen Biotope.<br />
Für zahlreiche Arten scheint die Ausrottung<br />
unvermeidbar, sofern nicht umgehend koordinierte<br />
Zuchtprogramme gestartet werden. Sechs der<br />
31 chinesischen Schildkrötenarten gelten bereits<br />
als in der freien Wildbahn ausgerottet. Die Chinesische<br />
Rothals-Schildkröte (Chinemys nigricans),<br />
die Goldkopf-Schildkröte (Cuora aurocapitata),<br />
McCords Schildkröte (Cuora mccordi), Pans<br />
Scharnierschildkröte (Cuora pani) und Zhous<br />
Scharnierschildkröte (Cuora zhoui) existieren<br />
immerhin noch in Menschenobhut. Die Yunnan-<br />
Scharnierschildkröte (Cuora yunnanensis) wurde<br />
dagegen zuletzt 1906 nachgewiesen; da es keine<br />
Bestände in Menschenobhut gibt, gilt die Art als<br />
ausgerottet.<br />
Schon vor Jahren wurde von Elmar Meier, einem<br />
international bekannten und erfolgreichen Züchter<br />
seltener asiatischer Schildkröten aus der Nähe von<br />
Münster, und dem münsterschen Zootierarzt Karl<br />
Schaller die Idee geboren, im Allwetterzoo ein Zuchtzentrum<br />
für einige der bedrohtesten asiatischen<br />
Schildkrötenarten zu gründen. Elmar Meier machte<br />
den Vorschlag, in diesem Falle seinen wertvollen<br />
Tierbestand dem Projekt zur Verfügung zu stellen.<br />
Parallel zu der Planungsarbeit des Architekturbüros<br />
Thiel in Münster wurden daraufhin verschiedene<br />
Verträge zwischen Elmar Meier<br />
und der Zoologischen Gesellschaft für<br />
Arten- und Populationsschutz e. V.<br />
(ZGAP), dem unverzichtbaren Träger<br />
des Projektes, sowie zwischen der<br />
ZGAP und dem Allwetterzoo als Bauherrn<br />
abgeschlossen. Eine in der Zoowelt<br />
vermutlich neuartige "Dreiecksbeziehung"<br />
musste für alle Partner<br />
(nicht nur für die Schildkröten) wasserdicht<br />
geregelt sein. Für die Baukosten<br />
zeichnete die ZGAP verantwortlich;<br />
gleichzeitig erklärte der Zoo sich<br />
bereit, die Finanzierung der laufenden<br />
Kosten wie Futter, Energie und tierärztliche<br />
Betreuung für die nächsten<br />
20 Jahre zu übernehmen. Elmar Meier<br />
gab sein Einverständnis, dass alle<br />
in der neuen Station geschlüpften Tiere<br />
in den Besitz des Projektes überge-<br />
22<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
hen. Das Kooperationsprojekt von Allwetterzoo, der<br />
Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz<br />
e. V. und der Deutschen Gesellschaft<br />
für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) erhielt<br />
neben der Westfälischen Gesellschaft für Artenschutz<br />
e. V. (WGA) und dem Deutschen Tierhilfswerk<br />
(DTHW) unter anderem Unterstützung<br />
durch die Zeitschrift Reptilia aus dem NTV-Verlag,<br />
die Freunde und Förderer der Ruhrgebietszoos, die<br />
Andreas-Stihl-Stiftung, Conservation International<br />
(über das Center for Applied Biodiversity Science)<br />
sowie zahlreiche europäische Reptilienfreunde und<br />
-verbände.<br />
Nach ursprünglichen Überlegungen, im Bereich des<br />
Wirtschaftshofes ein rein funktionales Gewächshaus<br />
als Schildkrötenzuchtstation zu errichten,<br />
wurde rasch klar, dass damit die Chance vergeben<br />
wäre, die zahlreichen Zoobesucher über die<br />
Bedrohung der Schildkröten in Asien zu unterrichten<br />
und die Station darüber hinaus auch als ein<br />
Edukationszentrum zum Thema Biodiversität zu<br />
nutzen. So entstand die Idee der BIOdiverCITY -<br />
der Stadt der Artenvielfalt im Allwetterzoo - im unmittelbaren<br />
Zoo-Eingangsbereich. Wichtigster<br />
"Stadtteil" dieses gläsernen Gebäudes ist das Internationale<br />
Zentrum für Schildkrötenschutz (IZS),<br />
das mit verschiedenen Maßnahmen die Ausrottung<br />
der asiatischen Schildkröten aufhalten will:<br />
-Erhaltung höchstbedrohter asiatischer Schildkröten<br />
durch Vermehrung und Aufbau stabiler<br />
Populationen in Menschenobhut<br />
-Sammeln biologischer Erkenntnisse über die<br />
gehaltenen Arten, Feldforschung in den natürlichen<br />
Lebensräumen<br />
-Öffentlichkeitsarbeit zur Bedrohungssituation<br />
asiatischer Schildkröten und Aufklärungsarbeit<br />
in den Ursprungsländern<br />
-Vorbereitung und - soweit möglich und sinnvoll<br />
-<br />
-als Fernziel Durchführung von Wiederauswilderungen.<br />
Im IZS sollen auf einer Fläche von rund 210 m 2<br />
etwa 160 Schildkröten aus 15 Arten bzw. Unterarten<br />
gehalten und gezüchtet werden, darunter die<br />
kritisch bedrohten und bereits als "commercially<br />
extinct" klassifizierten Arten Cuora aurocapitata, C.<br />
mccordi, C. pani und C. zhoui sowie u. a. die von<br />
der Turtle Survival Alliance ebenfalls als "priority<br />
species" eingestuften Vietnamesischen Scharnierschildkröten<br />
(Cuora galbinifrons, mit allen drei<br />
Unterarten), Dreistreifen-Scharnierschildkröte (C.<br />
trifasciata), Großkopfschildkröte (Platysternon<br />
megacephalum) und Annam-Schildkröte (Mauremys<br />
annamensis). Wegen der Störanfälligkeit der<br />
Tiere wird den Zoo-Besuchern kein Zugang in das<br />
Schildkrötenzentrum gestattet. Es wird aber Einblickmöglichkeiten<br />
in Teile der Zuchtstation geben<br />
und in Schauterrarien werden einzelne Tiere vorgestellt.<br />
Die Gestaltung der Haltungs- und Zuchtanlagen<br />
liegt in den Händen von Elmar Meier, der<br />
dank seiner Erfahrungen regelmäßige Zuchterfolge<br />
aufweisen kann. Das von ihm mittlerweile für eine<br />
Reihe von verschiedenen Arten und Gattungen erprobte<br />
Verfahren der kontrollierten Verpaarung mit<br />
konsequenter Geschlechtertrennung wird als stressreduzierende<br />
Haltung auch im IZS fortgesetzt werden.<br />
Angrenzend an das IZS entsteht ein Informationsund<br />
Edukationszentrum. Mit Hilfe einer interaktiven,<br />
multimedialen Ausstellung zum Thema<br />
Biodiversität und Artenschutz wird es zur öffentlichen<br />
Umwelterziehung beitragen. Wegen des attraktiven<br />
Standorts im Eingangsbereich des Allwetterzoos<br />
werden jährlich mehr als 800.000<br />
Menschen über das Schicksal asiatischer<br />
Schildkrötenarten informiert werden können. Zudem<br />
wird die Ausstellung den Zusammenhang zwischen<br />
menschlichen Einflüssen und dem Rückgang vieler<br />
Arten erklären und dem Einzelnen Wege für einen<br />
respektvolleren Umgang mit der Natur aufzeigen.<br />
In der integrierten Forscherwerkstatt sollen<br />
Kinder und Jugendliche mit didaktischer Fachkompetenz<br />
an das Thema Artenschutz herangeführt<br />
werden. In unmittelbarer Nähe zum Schildkrötenzentrum<br />
wird Kindern mit diesem außerschulischen<br />
Lernort die Möglichkeit gegeben, Artenschutz hautnah<br />
mitzuerleben.<br />
Im Januar 2002 konnte nach langer Planung und<br />
Einwerbung der benötigten Gelder mit dem Bau<br />
begonnen werden. Leider musste nach Fertigstellung<br />
des Rohbaus und der Trockenbauarbeiten der<br />
weitere Innenausbau zunächst einmal ausgesetzt<br />
werden: Durch den Einbau einbruchssicherer Verglasung<br />
und weiterer Sicherheitsvorkehrungen, die<br />
aufgrund des wertvollen Tierbestandes in der Zuchtstation<br />
nach jüngsten Schildkrötendiebstählen in<br />
Deutschland und Polen dringend erforderlich schienen,<br />
erhöhten sich die Baukosten beträchtlich. Um<br />
die weitere Finanzierung zu gewährleisten, fand<br />
neben mehreren Veröffentlichungen und öffentlichen<br />
Vorträgen mit Spendenaufrufen sowie Anträgen an<br />
mehrere Stiftungen und potentielle Sponsoren Anfang<br />
September 2002 eine große Benefizgala im<br />
Allwetterzoo statt. Höhepunkt des Abends war der<br />
Auftritt des Vorstandsvorsitzenden des Deutschen<br />
Tierhilfswerkes (DTHW), Holger Knieling, der dem<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
23
Das Internationale Zentrum für Schildkrötenschutz (IZS)<br />
im Allwetterzoo Münster<br />
überraschten Publikum eine Spende des DTHW für<br />
das IZS in Höhe von 50.000,- EUR zusicherte.<br />
Zusammen mit dieser und den weiteren Einnahmen<br />
des Abends, den zahlreichen neuen Informationen<br />
zur akuten Bedrohung der Schildkröten und<br />
der riesigen Begeisterung der Gäste war die Benefizgala<br />
ein schöner und wichtiger Erfolg.<br />
Das IZS erregt inzwischen jedoch nicht nur regional,<br />
sondern auch weltweit großes Interesse. Als<br />
anerkanntes Mitglied der Turtle Survival Alliance<br />
wurde es im "Global Action Plan for Conservation<br />
of Tortoises and Freshwater Turtles" des Turtle<br />
Conservation Fund als "Modell für eine Partnerschaftsinitiative<br />
zwischen Privatzüchtern und Institutionen"<br />
hervorgehoben und finanzielle Unterstützung<br />
zugesagt. Auch vom Zuchtprojekt selbst<br />
gibt es positive Nachrichten zu verkünden: Die<br />
Zucht bei Elmar Meier verläuft weiterhin sehr erfolgreich.<br />
Seine Zuchtgruppe von Zhous-Scharnierschildkröten<br />
(Cuora zhoui), der größten bekannten<br />
Gruppe in Menschenobhut, umfasst inzwischen<br />
27 Individuen. Seit 1995 kann er Zuchterfolge bei<br />
dieser Art aufweisen; bereits 21 Tiere sind Nachwuchs<br />
seiner drei Zuchtpaare.<br />
In 2001 gab es sechs Schlüpflinge, in diesem Jahr<br />
waren es fünf. So konnten kürzlich die ersten Individuen<br />
an den Zoo Rotterdam übergeben werden.<br />
Vier Zhous-Scharnierschildkröten aus vier verschiedenen<br />
Gelegen der drei Zuchtpaare bilden nun in<br />
Rotterdam eine weitere Zuchtgruppe. Im nächsten<br />
Jahr soll ein weiterer europäischer Zoo Schlüpflinge<br />
dieser Art und evtl. auch von der Goldkopfschildkröte<br />
(Cuora aurocapitata) erhalten. Das bisherige<br />
öffentliche Interesse an dem Schutz der asiatischen<br />
Wasserschildkröten, insbesondere auch<br />
die Medienberichterstattung und das Engagement<br />
der Schildkrötenfreunde, lassen hoffen, dass schon<br />
bald die noch fehlenden Finanzmittel bereitgestellt<br />
werden können, damit die ersten Zuchtpaare in das<br />
IZS in Münster einziehen können.<br />
Schlüpfende Goldkopfschildkröte (Cuora aurocapitata). Foto: M.Schmidt<br />
24<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
Einige der hochbedrohten Arten, die in unser Schutzprojekt aufgenommen wurden, möchten wir Ihnen<br />
hier kurz vorstellen.<br />
Dreistreifenschildkröte<br />
In der traditionellen chinesischen Medizin soll die Dreistreifenschildkröte<br />
Krebsleiden verhindern und die Potenz fördern. Dieser zweifelhafte<br />
Ruhm führt auf den Märkten von Hong-Kong zu Preisen von bis zu 4000<br />
DM pro Tier.<br />
Goldkopfschildkröte<br />
Diese Schildkrötenart lebt wahrscheinlich<br />
nur noch in menschlicher Obhut. Sie kam<br />
früher in der Provinz Anhoui, China vor.<br />
Zhou-Scharnier - Schildkröte<br />
Diese Art bewohnt ein kleines Gebiet in Yunnan. Jedes<br />
Exemplar, das auf den Märkten auftaucht, verringert die<br />
Überlebenschancen.<br />
Indische Dreikiel - Schildkröte<br />
Die Flusssysteme von Indus und Ganges sind die Heimat<br />
dieser Schildkrötenart. Gut organisierte Schlepperbanden<br />
sorgen dafür, dass diese streng geschützte Art<br />
regelmäßig auf chinesischen Märkten auftaucht.<br />
Mitmachen:<br />
Unterstützen Sie die Arbeit der WGA und ihre Artenschutzprojekte<br />
Weitere Informationen über die Rettung der Schildkröten erhalten sie in unserer<br />
Projektinformationsbroschüre (pdf-Datei ca. 540 KB):<br />
Pdf - Download<br />
Im Archiv stehen weitere Publikationen zum download bereit<br />
Diese weiterführenden Informationen findet man unter:<br />
http://www.wgfa.de/projekte/kroeten.html<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
25
Glanz und Elend der Berliner Zoopädagogik – eine traurige Bilanz<br />
Gerd Stadie<br />
Wenn eine neue <strong>Ausgabe</strong> unserer Verbandszeitung<br />
ins Haus flattert, studiere ich sie sehr aufmerksam,<br />
enthält sie doch viele informative Neuigkeiten über<br />
die Entwicklung und Weiterentwicklung sowie Erfolge<br />
in der zoopädagogischen Arbeit. Das liest<br />
man gerne!<br />
Doch der Schatten, den die Ergebnisse der PISA<br />
Studie auf die Gesamtdeutsche Pädagogik geworfen<br />
hat, liegt auch auf der Zoopädagogik. Um aus<br />
dieser Misere herauszukommen, müssen Veränderungen<br />
im gesamten Schulsystem erfolgen, so<br />
haben es die Politiker nunmehr erkannt.<br />
Gerade in dem Bereich der Natur- und Umweltbildung<br />
leistet die Zoopädagogik einen erheblichen<br />
Teil. Wie es derzeit damit in der Praxis aussieht,<br />
soll einmal am Beispiel der beiden Hauptstadtzoos<br />
beleuchtet werden.<br />
Zum besseren Verständnis ist ein Blick 37 Jahre<br />
zurück erforderlich.<br />
Am 1. Oktober 1965 wurde im Tierpark Berlin -<br />
Friedrichsfelde die erste zoopädagogische Abteilung<br />
im Osten Deutschlands eingerichtet . Besetzt<br />
war sie zu dieser Zeit mit einer Biologiefachlehrerin<br />
mit voller Stundenzahl. Anfang 1966 folgte ein<br />
weiterer Biologielehrer, ebenfalls mit voller Stundenzahl.<br />
Im selben Jahr wurde die Ausbildung der<br />
Zootierpflegerlehrlinge von Leipzig nach Berlin verlegt.<br />
Der für der Ausbildung verantwortliche Assistent<br />
übernahm nunmehr auch die Leitung der „Pädagogischen<br />
Abteilung“ im Tierpark, die nunmehr<br />
aus 3 Mitarbeitern bestand. 1967 nahm ein weiterer<br />
Biologielehrer mit voller Stundenzahl seine<br />
Tätigkeit in der Pädagogischen Abteilung auf. Für<br />
die nunmehr sehr umfangreiche Büroarbeit wurde<br />
eine Sekretärin eingestellt. Bald darauf folgten 2<br />
weitere Biologielehrer, ebenfalls mit voller Stundenzahl,<br />
sodass die Päd. Abteilung im Tierpark Berlin-<br />
Friedrichsfelde bis 1989 aus 6 Pädagogen mit<br />
voller Stundenzahl und 1 Sekretärin bestand. Ein<br />
Idealzustand, von dem man heute nur träumen<br />
kann und der in Zukunft wohl kaum jemals an einer<br />
deutschen Zooschule eintreten wird.<br />
Obwohl die Tierparkpädagogen, mit Ausnahme des<br />
Leiters der Abteilung, personell einer außerunterrichtlichen<br />
Einrichtung unterstanden, war die<br />
gesamte Abteilung als eine Abteilung des Tierparks<br />
in diesen integriert. Die Hauptaufgaben umfassten<br />
zwei große Bereiche zuzüglich des Jugendklubs,<br />
als eine spezielle außererunterrichtliche Einrichtung.<br />
1. Unterrichtsbereich<br />
- Unterrichtsveranstaltungen für Schüler aller<br />
Klassenstufen in Anlehnung an die Lehrpläne<br />
- Unterrichtsveranstaltungen für Schüler von<br />
Sonderschulen (Blinde, Gehörlose, Körper –<br />
und Geistigbehinderte)<br />
- Vorbereitender Unterricht (Vorschule) für<br />
Kindergartenkinder<br />
- Wissenschaftlich-produktive Arbeit (wpa) für<br />
Schüler Erweiterter Oberschulen (Gymnasien)<br />
zur Studienvorbereitung<br />
- Berufstheoretischer Unterricht für Zootierpfleger-<br />
Lehrlinge<br />
- Innerbetriebliche Qualifizierung von Mitarbeitern<br />
anderer Berufe zu Tierpflegern<br />
- Betreuung von Diplomarbeiten von Lehrer-,<br />
Biologie- und Landwirtschaftsstudenten<br />
- Lehrerfort- und Weiterbildung für Biologielehrer,<br />
Unterstufenlehrer und Horterzieher<br />
- Erarbeitung von unterrichtsbegleitenden<br />
Informationsmaterialien sowie Beiträge für<br />
pädagogische Fachzeitschriften.<br />
2. Freizeitbereich<br />
- Betreuung von Freizeitgruppen (Hortnachmittage,<br />
Wandertage, Ferien)<br />
- Tierparaden in Ferienlagern und auf der Freilichtbühne<br />
im Tierpark, in Krankenhäusern,<br />
Alten- und Pflegeheimen<br />
- Tierparkbegleiter für Erwachsenengruppen<br />
- sonntägliche Spezialführungen<br />
- Öffentlichkeitsarbeit für den Tierpark durch Anlegen<br />
von Lehrpfaden, Gestaltung von Bildtafeln<br />
und Pilzausstellungen<br />
Ein Zahlenvergleich mag die zoopädagogische<br />
Arbeit im Tierpark dokumentieren.<br />
Von 1965 bis 1989 wurden 16 597 Gesamtveranstaltungen<br />
mit 850 680 Teilnehmern durchgeführt.<br />
Von 1990 bis 2001 waren es 3 613 Gesamtveranstaltungen<br />
mit 56 065 Teilnehmern.<br />
Der personelle Bestand blieb bis 1989 relativ konstant.<br />
1981 verstarb ein Kollege und seine Planstelle<br />
wurde nicht wieder besetzt. Bis 1989 waren<br />
wir also noch 5 vollbeschäftigte Pädagogen und<br />
eine Sekretärin. 1989 schied der Leiter der Abteilung<br />
aus Altersgründen aus. Auch diese Stelle<br />
wurde nicht wieder besetzt. Bis zur Wende verblieben<br />
also noch 4 vollbeschäftigte Pädagogen und<br />
die Sekretärin.<br />
26<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
Mit der Wende erfolgte dann der personelle Einschnitt<br />
und die organisatorische Umgestaltung der<br />
Päd. Abteilung. Unsere vorgesetzte Dienststelle<br />
wurde aufgelöst und somit waren alle Tierparkpädagogen<br />
arbeitslos und kamen auf die sog.<br />
Warteschleife. Eine Kollegin wurde auf Grund ihrer<br />
politischen Haltung sofort entlassen. Ein weiterer<br />
Kollege wurde aufgrund seiner recht mangelhaften<br />
pädagogischen Leistungen nicht in die Warteschleife<br />
genommen.<br />
Bis zur endgültigen Entscheidung der Weiterbeschäftigung<br />
wurden die beiden Pädagogen für<br />
ein halbes Jahr lang durch einen befristeten Arbeitsvertrag<br />
vom Tierpark übernommen, bis dann<br />
1990 ihre Übernahme durch eine Senatsdienststelle,<br />
dem Pädagogischen Zentrum (später<br />
BIL= Berliner Institut für Lehrerfort- und –<br />
weiterbildung und Schulentwicklung; heute LISUM<br />
= Landesinstitut für Schule und Medien) erfolgte<br />
und die Stellen weiterhin als Vollstellen dem Tierpark<br />
(jetzt Tierparkschule) zugeordnet wurden.<br />
So arbeiteten von vormals 6 Pädagogen mit voller<br />
Stundenzahl nunmehr noch 2 Pädagogen an der<br />
Tierparkschule ohne Sekretärin, die einen anderen<br />
Aufgabenbereich im Tierpark übernehmen<br />
mußte.1997 schied ein Kollege aus Altersgründen<br />
aus. Die Stelle wurde nicht wieder besetzt. Als<br />
dann 2000 auch die letzte Tierparkpädagogin in<br />
den Ruhestand ging, war die zoopädagogische<br />
Arbeit im Tierpark Berlin-Friedrichsfelde erloschen.<br />
Eine „Notlösung“ erfolgte ab September 2000. Von<br />
den 1,5 Lehrerstellen der Zooschule des Zoologischen<br />
Gartens Berlin, wurde die Vollstelle halbiert,<br />
so dass unser Kollege Pies-Schulz-Hofen auch die<br />
zoopädagogische Arbeit der Tierparkschule mit<br />
übernehmen musste. Prekär wird die Situation mit<br />
Beginn des Schuljahres 2002, denn dann existiert<br />
für Zooschule und Tierparkschule zusammen nur<br />
noch eine Vollstelle. Die abgeordnete Lehrerin an<br />
der Zooschule geht wieder an ihre Schule zurück.<br />
Die so ausführlichen Darstellungen des systematischen<br />
Untergangs der Tierparkschule im Tierpark<br />
Berlin- Friedrichsfelde waren notwendig um aufzuzeigen,<br />
welche Wertschätzung die Zoopädagogik<br />
in der deutschen Hauptstadt erfährt.<br />
Man muss sich einmal vor Augen führen, welch<br />
ein Bildungspotential die beiden tiergärntnerischen<br />
Einrichtungen der Hauptstadt besitzen: Sie verfügen<br />
über eine Gesamtfläche von über 200ha (welche<br />
andere Stadt hat das aufzuweisen?) der Tierbestand<br />
umfasst 23 179 Individuen in 2546 Formen<br />
und die jährliche Besucherzahl beträgt 3 608<br />
616 Mio. (Nach Jahresberichten 2001). In beiden<br />
Bilder aus glücklicheren<br />
Tagen, 1994<br />
Einrichtungen sind feste Schulgebäude mit einem<br />
Fundus von Anschauungsmaterialien und einer<br />
relativ guten technischen Ausstattung vorhanden.<br />
Und hierfür ein Zoopädagoge mit einer halben Planstelle<br />
für jede Einrichtung!!<br />
Es ist nur zu hoffen, dass die verantwortlichen<br />
Schulpolitiker recht bald zur Besinnung kommen<br />
und eine positive Veränderung herbeigeführt wird.<br />
Wenn die deutschen Zooschulen auch nur einen<br />
geringen Teil der Gesamtpädagogik ausmachen,<br />
so sollte ihre Bedeutung in Bezug auf Vermittlung<br />
von naturkundlichem Wissen nicht unterschätzt<br />
werden.<br />
...und west 1994<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
27
Benjamin Ibler/Hans Lichei<br />
Das Beschilderungs- und Informationssystem im<br />
Zoologicka zahrada Bratislava<br />
Wenn auch der Zoo aufgrund beschränkter finanzieller<br />
Möglichkeiten noch Anlagen aufweist, die<br />
verbesserungswürdig sind, so existieren durchaus<br />
schöne, landschaftlich einzigartige und zweckmäßige<br />
Gehege. Der Zoo beherbergt etwa 900 Tiere<br />
in etwa 170 Arten und verfügt über ein Gelände<br />
von 96 Hektar, wovon aber erst 46 Hektar erschlossen<br />
sind. Schwerpunkte im Tierbestand sind Huftiere,<br />
insbesondere Einhufer mit Chapman-Zebra,<br />
Kulan, Przewalski-Urwildpferd, Hauspferde und –<br />
esel und Breitmaulnashörnern, Großraubtiere mit<br />
Sumatratiger, Persischem Leopard, Braunbär,<br />
Jaguar sowie Hyänen, ferner Primaten mit<br />
Brazzameerkatze, Magot, Mandrill, Mantelpavian,<br />
Katta, Krallenaffen sowie Schimpansen. Schwerpunktmäßig<br />
werden ferner die Sittichhaltung und<br />
die Reptilienhaltung (in zwei begehbaren Terrarienhäusern)<br />
betrieben [KIRCHSHOFER 1967 / HANULAY<br />
1990].<br />
Für jede öffentliche Tierhaltung gilt, ihren Tierbestand<br />
durch gezielte Information zu nutzen.<br />
Durchweg bemerkenswert ist die Umsetzung der<br />
Informationsvermittlung im Zoologischen Garten<br />
Pressburg. Im Folgenden ein paar kurze Bemerkungen<br />
über die Besucherinformation, danach einige<br />
Bildbeispiele.<br />
Übergeordnete Schautafeln<br />
Bekanntlich existieren in den meisten Zoologischen<br />
Gärten zwei Arten von Schautafeln, zum einen größere<br />
Schau- oder Lehrtafeln, die übergeordnete<br />
Zusammenhänge veranschaulichen, zum zweiten<br />
Tierschilder, die Grundinformationen über die Biologie<br />
einer Tierart im Gehege liefern.<br />
Solche mit guten Ideen, einfachen Mitteln sowie<br />
sehenswerter Gestaltung geschaffene Schautafeln<br />
findet man fast überall im gesamten Zoogelände.<br />
Die Tafeln sind meist handgemalt und beschreiben<br />
graphisch wie mit Text biologische Zusammenhänge,<br />
vornehmlich Morphologie, Ethologie,<br />
Verbreitung, Systematik, Ökologie und Anatomie.<br />
Ihre besondere Wirkung entfalten die Schautafeln<br />
durch ihren Minimalismus, durch ihre Beschränkung<br />
auf das Wesentliche. Es gibt kein aufdringliches<br />
Layout oder Design, das von der eigentlichen<br />
Aussage ablenkt, wie man es anderswo oft findet.<br />
Aufgrund der logischen graphischen Konzeption<br />
sind die Lehrtafeln auch Informationsquellen für<br />
einen, der des Slowakischen nicht mächtig ist.<br />
Wie auf den nachfolgenden Bildern zu erkennen<br />
ist, sind die Tafeln nicht einheitlich und besitzen<br />
unterschiedliche Aufmachung.<br />
Tierschilder<br />
Die einzelnen individuellen Tierschilder besitzen<br />
eine einheitliche Gestaltung, allerdings hinsichtlich<br />
der Textlänge und des Informationsgehaltes unterschiedliche<br />
Qualität. Im Gegensatz zu den meisten<br />
Zoos bei uns ist der Text nicht unterteilt in verschiedene<br />
Abschnitte, sondern fortlaufend. Bedingt<br />
durch die Herstellungsart –die Schrift ist noch eingefräst-<br />
sind die Schilder besonders haltbar.<br />
Eine gezeichnete Abbildung unterstützt den Text,<br />
ebenso wie eine Verbreitungskarte.<br />
Neben der obligatorischen lateinischen Bezeichnung<br />
ist die Angabe der deutschen Bezeichnung<br />
hervorzuheben.<br />
Leider ist der Standort am Gehege nicht immer<br />
optimal gewählt. Mitunter ist nicht sofort erkenntlich,<br />
an welcher Ecke das Schild steht. Zum anderen<br />
gibt es meist pro Gehege nur ein Schild, selbst<br />
wenn es sich um ein besonders weitläufiges Huftiergehege<br />
handelt, so dass der interessierte Besucher<br />
lange danach suchen muss.<br />
Auffälligerweise fehlen –und zwar im gesamten<br />
Zoo- individuelle Daten über die gehaltenen Tiere.<br />
Eine Individualisierung, also eine Präsentation eines<br />
Tieres mit Namen, Geburtsdatum, Herkunft,<br />
Nachzucht, findet nirgends statt, auch nicht bei<br />
Tierarten, die in anderen Gärten den Status einer<br />
Tierpersönlichkeit errungen haben, wie z.B. Giraffen,<br />
Nashörner oder große Raubkatzen.<br />
Exkurs: Zooführer<br />
Leider stammt der letzte Zooführer aus dem Jahr<br />
1990 und wurde noch von Altdirektor Dr. med.<br />
vet. JURAJ HANULAY [HANULAY 1990]verfasst. Er weist<br />
eine systematische Beschreibung des Tierbestandes<br />
zu diesem Zeitpunkt auf, d.h. zunächst werden die<br />
Säugtiere abgehandelt, danach die Vögel, zuletzt<br />
die Reptilien. Soweit von den Autoren dieses Berichts<br />
nachvollziehbar, ist der Führer informativ,<br />
logisch aufgebaut und auf hochwertigem Papier<br />
gedruckt, durchaus mit unseren Standards vergleichbar.<br />
Offensichtlich scheinen die dortigen Zoobesucher<br />
davon jedoch keinen regen Gebrauch zu<br />
machen.<br />
Aus dem alten Fundus werden sowohl an der Kasse<br />
wie auch an verschiedenen Zookiosken weitere<br />
verschiedene Schriften verkauft, zu Beträgen unter<br />
0,50 € ! Die Autoren erwarben insgesamt drei thematische<br />
Zooführer, zu den Themata Huftiere, Vögel<br />
(I) und bedrohte Tierarten (mit Bildern aus verschiedenen<br />
Gärten). Diese Führer weisen eine reiche<br />
Bebilderung auf, verbunden mit kurzen, aber<br />
fundierten Texten.<br />
28<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
Bildbeispiele zur Beschilderung im Zoo Bratislava<br />
I. Übergeordnete Schautafeln<br />
(1) Afrikaweide: Nahrungskreislauf (links) und<br />
Lebensgemeinschaft und Formenvielfalt<br />
der großen Pflanzenfresser (rechts).<br />
(2) Die im Zoo Bratislava gehaltenen Primatenformen<br />
mit Hirngrößenvergleich.<br />
Graphisch einwandfreie und realistische<br />
Darstellung.<br />
(3) Schautafel zur Ethologie der Antilopen,<br />
vornehmlich der Säbelantilope.<br />
(4) Mimik des Schimpansen, nach Meinung<br />
der Autoren zu textlastig gestaltet.<br />
(5) Unterschiede der verschiedenen Zebraformen,<br />
Steppen-, Grevy- und Bergzebra.<br />
(6) Die Tiergeschwindigkeiten im Vergleich<br />
II.Tierschilder<br />
(7) Allgemeines Gehegeschild am Beispiel der<br />
Elenantilope und des Ellipsenwasserbockes.<br />
Nach diesem Grundtyp sind im<br />
Garten alle größeren Tierarten beschildert.<br />
Schrifttum<br />
HANULAY, JURAJ (1990) Zoo Bratislava.<br />
[Wegweiser durch den Zoo Bratislava].<br />
Bratislava 1990<br />
IBLER, B. (eingereicht) Tiergärtnerische und<br />
geschichtliche Notizen aus dem Zoologicka<br />
zahrada Bratislava. manati (2), 17.Jahrgang.<br />
2002<br />
KIRCHSHOFER, ROSL (1966) Die Zoologischen<br />
Gärten der Welt – die Welt des Zoo.<br />
Frankfurt. Zürich<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
29
Neue Projektmöglichkeiten für Oberstufenschüler/innenim Ruhr<br />
Zoo Gelsenkirchen<br />
Tamara Kalmbach<br />
Entstanden im Rahmen der Doktorarbeit:<br />
„Entwicklung einer Projektwoche für Oberstufenschüler<br />
zum Thema: Moderne Verhaltensbiologie<br />
am Beispiel der Tüpfelhyänen (Crocuta crocuta)<br />
und der Steppenzebras (Equus quagga )“<br />
Betreuer: PD. Dr. Udo Gansloßer<br />
Die Zoopädagogik spielt in der modernen<br />
Tiergartenbiologie eine zentrale Rolle. Ist doch die<br />
Vermittlung von Wissen und das Wecken von Begeisterung<br />
gerade bei jungen Menschen eine grundlegende<br />
Voraussetzung für zukünftige Arten-, Tierund<br />
Naturschutzbemühungen.<br />
Ein von vielen Zooschulen vernachlässigtes Klientel<br />
sind die Oberstufenschüler/innen der Jahrgänge<br />
11 und 12. Darum wird im Rahmen meiner<br />
Doktorarbeit diese Altersgruppe besonders berücksichtigt.<br />
Durch die Möglichkeit, Zootiere eigenständig<br />
zu beobachten, bekommen die Jugendlichen<br />
Einblicke in tiergärtnerische Arbeit und naturwissenschaftliche<br />
Forschungsvorgänge.<br />
Im Sommer 2002 ergriffen 15 Schüler/innen der<br />
11ten Klasse eines Gelsenkirchener Gymnasiums<br />
die Gelegenheit, an einer Projektwoche zum Thema<br />
„Moderne Verhaltensbiologie am Beispiel von<br />
Tüpfelhyänen (Crocuta crocuta) und Steppenzebras<br />
(Equus quagga)“ teilzunehmen.<br />
Die Tüpfelhyänen (Crocuta crocuta) sind Bewohner<br />
der ersten neuen Anlage der ZOOM-Erlebniswelt,<br />
die im Zuge der Neugestaltung des Ruhr-Zoos<br />
Gelsenkirchen entstand.<br />
Diese moderne, naturnahe Afrikaanlage lässt einweitgehend<br />
natürliches Verhalten der Tiere erwarten.<br />
Sie bietet durch ihren Strukturreichtum, der unter<br />
anderem einen breiten Wassergraben, Sandflächen<br />
und Totholz umfasst, weitgefächerte Möglichkeiten<br />
für Verhaltensbeobachtungen und unzählige<br />
Ansätze für verschiedenste Hypothesen.<br />
Die benachbarten Steppenzebras (Equus quagga)<br />
leben auf einer in ihrer Artzusammensetzung und<br />
Größe in Deutschland einmaligen Afrikasavannen-<br />
Anlage. Als potenzielle Beutetiere der Hyänen bieten<br />
diese Pflanzenfresser ebenfalls vielfältige Möglichkeiten<br />
für Schülerbeobachtungen.<br />
Die Projektwoche beinhaltet eine Kurzeinführung<br />
in die von den Schulen meist vernachlässigte moderne<br />
Verhaltensbiologie. Dadurch erhalten die Teilnehmer/innen<br />
die notwendigen Grundlagen zum<br />
anschließenden selbstständigen verhaltensbiologischen<br />
Arbeiten.<br />
Die Schüler/innen waren neben der Erarbeitung und<br />
Präsentation der Ergebnisse aufgefordert, zwei<br />
Evaluationsbögen zu bearbeiten. Mit Hilfe dieser<br />
Fragebögen wurde der Wissenszuwachs durch die<br />
Langzeit-Beschäftigung mit diesem Thema überprüft.<br />
Nach Ablauf und Auswertung der ersten Projektwoche<br />
scheinen die zuvor definierten Grundziele<br />
erreicht worden zu sein. Den Jugendlichen wurde<br />
das Prinzip der naturwissenschaftlichen Arbeit klar.<br />
Das Wissen über die moderne Verhaltensbiologie<br />
wurde vergrößert, und ein Anreiz für weitere Beobachtungen<br />
und selbstständige Zoobesuche wurde<br />
gesetzt. Vor allem dient die Projektwoche als Anregung<br />
und Grundlage für später durchzuführende<br />
Facharbeiten.<br />
Diplom-Biologin Tamara Kalmbach<br />
Ruhr Zoo Gelsenkirchen, Bleckstr.47, 45889<br />
Gelsenkirchen, Tel.: 0209/98087-31<br />
Email: tamara.kalmbach@zoom-erlebniswelt.de<br />
30<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
Aus dem Vorstand<br />
Lothar Philips<br />
Die Zeit zwischen den Oster- und Herbstferien wird<br />
angenehmer Weise durch die Sommerferien unterbrochenen.<br />
Gleichzeitig ist dieser Zeitraum die Saison<br />
für zoopädagogische Aktivitäten, die unser aller<br />
Zeit in Anspruch nehmen.<br />
Das einzige Sichere in dieser Zeit ist, dass man<br />
niemanden mit Sicherheit erreicht. Eine für<br />
Verbandstätigkeiten sehr ungünstige Zeit.<br />
Doch auch wenn es so scheinen mag, eine<br />
Sommerruhe hat es nicht gegeben:<br />
Da wir keine Großkunden der Bank sind, müssen<br />
wir die Umstellung auf Euro per Hand erledigen.<br />
Das Computerprogramm, das wir bisher verwendet<br />
haben, ist nicht kompatibel, das bedeutet für<br />
Jan Osterloh, dass er alle Daten neu eingeben<br />
muss. Er ist fieberhaft bei der Arbeit und hofft, diesen<br />
Monat fertig zu werden.<br />
Martina Schürer sammelt unermüdlich die Beiträge<br />
für die geplante Broschüre, in der sich die Zooschulen<br />
vorstellen. An dieser Stelle noch einmal<br />
die Bitte, sofern nicht geschehen, die Artikel umgehend<br />
an Martina Schürer zu senden. Wir haben<br />
uns entschlossen, die Beschreibungen der Zooschulen,<br />
beziehungsweise der Zoopädagogischen<br />
Abteilungen, einmal in gedruckter Form, als Sonderausgabe<br />
von "Begegnung Zoo" zu veröffentlichen<br />
und zum anderen ins Internet zu stellen.<br />
Sommerzeit ist Tagungszeit: als Vertreter der Zoopädagogen<br />
habe ich, Lothar Philips, an der Zoodirektorentagung<br />
in Zürich teilgenommen. Wie<br />
immer bot sich die Gelegenheit zu zahlreichen informativen<br />
Gesprächen.<br />
Das EAZA-Committee für Education and Exhibit<br />
Design tagte mehrmals, zuletzt während der IZE-<br />
Konferenz in Wien.<br />
Mit der EAZA wurde ein interessanter Versuch vereinbart:<br />
die nächste EZE-Konferenz (europäische<br />
Zoopädagogen) findet in Verbindung mit der<br />
Jahreshauptversammlung der EAZA in Leipzig statt.<br />
Wir erhoffen uns von dieser Konstruktion eine Verbesserung<br />
und Verstärkung der Zusammenarbeit.<br />
Der gewählte Ort sollte auch die Teilnahme von<br />
mehr deutschen Zoopädagogen ermöglichen.<br />
Die Homepage des Verbandes (http://www.vzp.de)<br />
ist grafisch und inhaltlich überarbeitet. Der neue<br />
Webmaster, Markus Birkhofer, hat seinen Sitz in<br />
Köln, ich hoffe, dass wir es so leichter schaffen,<br />
die Homepage aktuell zu halten. Näheres über die<br />
Homepage findet sich in dieser <strong>Ausgabe</strong>.<br />
Auf Grund verschiedener Umstände, Personalwechsel,<br />
Bauarbeiten, etc. sind in diesem Jahr einige<br />
Regionaltagungen nicht zustande gekommen,<br />
so hoffe ich auf 2003.<br />
Zu einer wesentlichen Aufgabe des Verbandes gehört<br />
die Sicherung von Institutionen, leider musste<br />
ich auch in dieser Hinsicht wieder tätig werden.<br />
Unser Tagungsthema im Frühjahr "gratis Bildung -<br />
oder darfst was kosten" passt in die Zeit. Die Kommunen<br />
sind pleite und müssen sparen. Trotz Pisa,<br />
am liebsten an der Bildung.<br />
U. a. war diesmal auch Köln betroffen, wurde bisher<br />
der Eintritt für Kölner Schüler von der Stadt bezahlt,<br />
sollte er nun von den Schülern selbst bezahlt werden.<br />
In Zusammenarbeit von Zoo, Schulamt und<br />
Stadt wurde eine Lösung gefunden. Kölner Schüler,<br />
die die Zooschule besuchen, bekommen den<br />
Eintritt weiterhin bezahlt. Der Streit ging durch die<br />
Medien und wurde auch karikiert.<br />
Bleibt zu hoffen, dass den Lippenbekenntnissen -<br />
niemand bezweifelt öffentlich den Wert der Zoopädagogik<br />
- auch Taten folgen und die "Wackelstellen"<br />
bald der Vergangenheit angehören.<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
31
Die Homepage des Verbands in neuem Gewand<br />
Diese Seite erscheint, wenn man die Internet-Adresse<br />
des Verbandes (http://www.vzp.de) aufruft. Allen,<br />
die mit ihren Vorschlägen und Anregungen zur<br />
Gestaltung dieser Seite beigetragen haben, sei an<br />
dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt. Ohne<br />
Ihre Hilfe, hätten wir noch mehr Zeit gebraucht.<br />
Das Design der Seite ist vereinheitlicht und farblich<br />
ist es den Farben des Verbandslogos angepasst.<br />
Zur leichteren Orientierung bleibt die Navigationsleiste<br />
bei allen Seiten auf der linken Seite stehen.<br />
Am Ende jeder Seite findet sich ein Schaltknopf<br />
"zurück", mit dem man auf die vorherige Seite gelangt.<br />
Inhaltlich sind in die Seiten klarer strukturiert, sodass<br />
das Suchen leichter wird. Auf .pdf-Downloads<br />
wurde weitgehend verzichtet, die Dokumente liegen<br />
als ausdruckbare .html-Seiten vor.<br />
Unter "Verband" findet man Informationen über<br />
den Verband sowie Ziele, Satzung oder Berufsbild<br />
und selbstverständlich auch ein<br />
Beitrittsformular zum Ausdrucken.<br />
Hinter dem Schaltknopf "Zooschulen" verbirgt<br />
sich eine Liste mit den Adressen aller zoopädagogischen<br />
Einrichtungen, in denen Mitglieder<br />
des <strong>VZP</strong> arbeiten. Neu ist, dass diese<br />
Liste mit den Informationen über die jeweilige<br />
Einrichtung (Texte für die Broschüre über<br />
ZSU-Zooschule im Tierpark Hagenbeck<br />
______________________________________________________________________<br />
Im Mai 1907 wurde Carl Hagenbecks Tierpark als erster Zoo der<br />
Welt mit gitterlosen Freisichtanlagen außerhalb Hamburgs in<br />
Stellingen eröffnet. Die Zeit der Menagerien war vorbei und<br />
überall entstanden neue zoologische Gärten nach<br />
Hagenbeck`schem Vorbild. Bis heute wirkt das berühmte Afrika-<br />
Parorama wie ein einziges Gehege. Auch der alte Baumbestand ist<br />
noch teilweise erhalten. Gärtner gestalten unter Wahrung der<br />
Tradition den Park zu einer grünen Oase in der Großstadt. Einige<br />
der historischen Gehege sind<br />
denkmalgeschützt; auch sie werden liebevoll gepflegt. Neue<br />
Gehege werden in vorhandene Strukturen eingepasst, um<br />
einerseitsdie Tradition zu bewahren, sich andererseits den<br />
Anforderungen der modernen Zootierhaltung zu stellen.<br />
Der Tierbestand umfasst 2500 Tiere in 360 Arten auf einem<br />
Gelände von 27 ha. Hervor zu heben ist die Haltung und die<br />
erfolgreiche Zucht der Asiatischen Elefanten, Chinesische<br />
Leoparden und Sibirische Tiger. Sehenswert sind weiterhin die<br />
Aquarien mit lebenden Riffkorallen. Berühmteste Tierpark-<br />
Bewohnerin ist das Walross Antje, lange das Maskottchen des<br />
NDR-Fernsehens.<br />
1985 wurde die Zoopädagogik im Tierpark etabliert. Inzwischen<br />
arbeiten drei Zoopädagoginnen auf zwei Planstellen der<br />
Schulbehörde, unterstützt durch ein Team von <strong>14</strong> studentischen<br />
Honorarkräften. Die Zooschule bietet Erkundungsgänge für<br />
Klassen aller Altersstufen und Schulformen an. Die Themen<br />
werden vorher mit den Lehrkräften abgestimmt. Schriftliche<br />
Unterrichtshilfen, Beobachtungsbögen, Rallyes und andere<br />
Materialien stehen zur Verfügung, Kurse zur Lehrerfortbildung<br />
werden regelmäßig angeboten. Auf Grund starker Nachfrage bietet<br />
die Zooschule inzwischen auch Veranstaltungen am Nachmittag<br />
und Wochenende (Kindergeburtstagsfeiern) an.<br />
Adresse : Zooschule im Tierpark<br />
Hagenbeck, Gazellenkamp 155<br />
22527 Hamburg<br />
Tel.: 040 - 540 53 23<br />
Fax: 040 – 54 27 88<br />
Email:<br />
johannsen@ifl-hamburg.de<br />
Internet::<br />
www.ifl-hamburg.de<br />
www.hagenbeck.de<br />
Träger der Einrichtung<br />
Behörde für Bildung und Sport:<br />
Institut für Lehrerfortbildung /<br />
Zentrum für Schulbiologie und<br />
Umwelterziehung<br />
Anmeldung, Beratung,<br />
Information<br />
Tel. Sprechzeiten Mo-Fr 13-15<br />
Uhr, in den übrigen Zeiten AB.<br />
Termin nach Vereinbarung mit<br />
den Zoopädagoginnen Keike<br />
Johannsen, Rieke Edelmann,<br />
Rebekka Harning<br />
Öffnungszeiten der Zooschule<br />
Mo-Fr. 9-16.30 Uhr,<br />
Wochenende n.V.<br />
Öffnungszeiten des Tierparks<br />
täglich ab 9 Uhr, Schlusszeit<br />
saisonbedingt, frühestens 16.30<br />
Uhr<br />
Eintritt<br />
Einzelkarten: Erwachsene 11,50<br />
€, ,Jugendl.(7-16 Jahre) 8,50 € ,<br />
Kinder (ab 4 Jahre) 3 €.<br />
Gruppenkarten (ab 15 Personen):<br />
Erwachsene 10 €, Jugendl. 7 €,<br />
Kinder1,50 €.<br />
Honorar für zoopädagogische<br />
Begleitung: 35 € pro Klasse<br />
Anfahrt<br />
U-Bahn: Linie 2 direkt bis<br />
Haltestelle „Hagenbecks<br />
Tierpark“.<br />
Bus-Linien 39, 181, 281, 22.<br />
Mit dem PKW : A 7 , Abfahrt<br />
Hamburg-Stellingen und dann<br />
der Ausschilderung folgen (ca.1<br />
km).<br />
32<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
zoopädagogische Einrichtungen)<br />
verlinkt ist. Hier sind noch nicht alle<br />
zoopädagogischen Einrichtungen<br />
erfasst, sei es, dass die Informationen<br />
noch nicht vorliegen oder noch<br />
nicht in Internet-geeigneter Form<br />
vorliegen. Ich arbeite daran und<br />
hoffe, bis Ende des Jahres alle Dokumente<br />
gesetzt zu haben.<br />
Neu ist auch der Schaltknopf "Links", hier findet<br />
man Links zu interessanten und informativen<br />
Seiten für Leute, die an Zoopädagogik<br />
interessiert sind. Dankenswerterweise hat Jochen<br />
Haßfurther, Zoologischen Garten Hannover,<br />
seine Link-Sammlung zur Verfügung<br />
gestellt. Sie bietet eine unendliche Fülle weiterführender<br />
Internetadressen.<br />
"Termine" bietet nun die Möglichkeit, selbst Termine<br />
im Internet bekannt zu geben. Selbstverständlich<br />
ist es auch weiter möglich, mir die<br />
Termine mitzuteilen, ich werde sie dann unverzüglich<br />
ins Internet stellen.<br />
Neu ist die "Galerie". Hier soll eine Sammlung<br />
aussagekräftiger Bilder entstehen, zu der jeder<br />
Pädagoge (beiderlei Geschlechts) beitragen<br />
kann. Zur Zeit sind dort nur Bilder zusehen,<br />
die ich während des Sommers aufgenommen<br />
habe. Die Auswahl ist also völlig willkürlich<br />
und ich hoffe, dass bald Bilder aus vielen<br />
Einrichtungen zu sehen sein werden.<br />
Ich wünsche mir, dass die Seite den Anklang findet,<br />
den sie meiner Meinung nach verdient. Bitte<br />
schicken Sie mir Ihre Materialien, die Sie im Internet<br />
sehen möchten. Last not least: wir freuen uns über<br />
jede Rückmeldung; Anregungen und Kritik bitte an<br />
mich, Lob an Markus Birkhofer.<br />
Lothar Philips<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
33
Neues aus den EAZA-News 38, 39 und 40<br />
Neues aus den EAZA News Nr. 38<br />
In seiner Kolumne „From the Chairman´s Desk“<br />
beschäftigt sich Miklos Persanyi mit dem „2. Entwurf<br />
der EAZA Strategie für den Beginn des 21.<br />
Jahrhunderts“. Dieser Entwurf ist allen EAZA Mitgliedern<br />
zugegangen und soll im September 2002<br />
in Barcelona auf der Jahresversammlung diskutiert<br />
werden. Die EAZA, die nun 280 Mitglieder<br />
umfasst, hat in den letzten zehn Jahren eine bedeutende<br />
Rolle in der Zoo-Welt gespielt. Jetzt kommen<br />
neue Herausforderungen auf sie zu, und es<br />
ist an der Zeit, Wege und Ziele für die Zukunft festzusetzen.<br />
Analysen haben ergeben, dass die EAZA nicht so<br />
effektiv arbeitet, wie sie es könnte. Der 2. Entwurf<br />
beschreibt die EAZA als eine dynamische und große<br />
Organisation von Zoos und Aquarien. Er macht<br />
Vorschläge, wie die Effektivität der Organisation und<br />
die Bemühungen um Naturschutz, Bildung und<br />
Forschung gesteigert werden können. Die vorgeschlagenen<br />
Maßnahmen sollen das Image der<br />
EAZA als Naturschutz-Organisation in Europa und<br />
international stärken. Ebenso werden Vorschläge<br />
gemacht, wie die finanziellen und personellen Ressourcen<br />
besser eingesetzt werden können. Die Rolle<br />
des EAZA Executive Office wird genauer definiert.<br />
Die EAZA ist von ihren Mitgliedern gegründet worden,<br />
und ist auch in Zukunft auf die aktive Mitarbeit<br />
und Mitwirkung aller Mitglieder angewiesen.<br />
Wenn diese Pläne umgesetzt werden, hat die EAZA<br />
eine Leitlinie für die gemeinsame Zukunft der Europäischen<br />
Zoo- und Aquariengemeinschaft für die<br />
erste Dekade dieses neuen Jahrhunderts.<br />
Aus dem Inhalt:<br />
EU Petitions Committee, EAZA website and resource<br />
centre, Hong Kong turtles, EAZA e-mail groups<br />
WAZA meeting, EAZA/WAZA workshop an transport,<br />
Coloured legband service<br />
Actions speak louder than words!<br />
‘Golden lion tamarins - a golden future?’<br />
Viva BraZOOlia<br />
Save the ‘lions’ of the rainforest!<br />
CMS/ARKS4: Animal records keeping software with<br />
a Windows interface<br />
Report on the 8th International Conference on Environmental<br />
Enrichment<br />
European Zoo Information Technology Training<br />
Project<br />
How collaboration can aid in situ conservation<br />
Forbidden gifts; some responses<br />
EAZA in action for Asian turtles<br />
Sloth bears need space!<br />
Joint meeting of Terrestrial Invertebrate, Amphibian<br />
and Reptile TAGS<br />
Indian rhinoceroses in Amersfoort Zoo<br />
The journey through South America in Odense Zoo<br />
An exhibit for red pandas at Naturschutz-Tierpark<br />
Görlitz<br />
New chimpanzee exhibit at Bioparco<br />
Personalia - Addresses and Telephone/Fax numbers<br />
Neues aus den EAZA News Nr. 39<br />
In seiner Kolumne „From the Chairman´s Desk“ geht<br />
Miklos Persanyi auf den Weltgipfel in Johannesburg<br />
ein (Rio + 10). Dieses Treffen wird große Auswirkung<br />
für die weitere Zukunft der Zoos haben. Zwei<br />
Dokumente spielen eine besondere Rolle: die<br />
Klimakonvention und die Konvention über die biologische<br />
Vielfalt.<br />
Die meisten Experten meinen, dass die letzten zehn<br />
Jahre verschenkt worden sind. Umweltzerstörung<br />
und Verlust biologischer Vielfalt haben sich verstärkt.<br />
Der Anstieg der Weltbevölkerung scheint<br />
ungebremst und hier liegt das größte Problem,<br />
Fortschritte, die wir erreichen, machen wir allein<br />
durch unsere Anzahl kaputt. Biologen streiten<br />
immer noch darüber, wie viele Arten unserer Welt<br />
beherbergt. 1,6 Millionen Arten sind beschrieben,<br />
einige schätzen, dass das erst ein bis drei Prozent<br />
aller Arten sind.<br />
Die Fläche aller Zoos auf der Welt ist ungefähr so<br />
groß, wie die Fläche Regenwald, die täglich zerstört<br />
wird. Infolgedessen gehen vielleicht pro Tag<br />
mehr Arten verloren, als in allen Zoos der Welt<br />
gehalten werden.<br />
Es ist klar, dass die Zoos alleine die Welt nicht<br />
retten können. Sie können noch nicht einmal alle<br />
34<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
gefährdeten Arten retten. Sie können aber einige<br />
retten und die Zusammenarbeit mit Naturschutzorganisationen<br />
verstärken. Und sie können bei der<br />
Aufklärung der Bevölkerung helfen. Deshalb sollten<br />
wir genau Acht geben, was in Johannesburg<br />
geschieht.<br />
Aus dem Inhalt:<br />
An update on various campaign efforts<br />
What have invertebrates got to do with it? Fluminese<br />
swallowtail<br />
CMS/ARKS4: interaction with the web-based global<br />
Moth husbandry in Moscow Zoo<br />
Experience with Tornkin bug-eyed frog Prikkebeen,<br />
a unique insect exhibition in the Artis Zoo Insectarium<br />
Integrating Swedish zoo herpetology with academic<br />
research and conservation biology<br />
Unique breeding success of Galapagos giant tortoises<br />
at Zoo Zürich<br />
The Asian turtle crisis, building the ark<br />
Bug world<br />
A new enclosure for Komodo dragons<br />
Using a macro-video camera to show the smallest<br />
creatures<br />
The spirit of monsoon forests and twilight zone<br />
Conservation efforts for gizani<br />
How to save the Hungarian meadow viper<br />
Addresses and Telephone/Fax numbers<br />
Successful Rainforest Campaign closed<br />
EAZA Tiger Campaign<br />
CMS/ARKS4: interaction with the Specimen Reference<br />
global database<br />
Australian exhibit at ZooParc de Beauval<br />
Humboldt penguin exhibit in Emmen<br />
Released golden eagle breeds in the wild<br />
A pilot project on the smooth snake in central Poland<br />
European hamsters from Rotterdam Zoo reintroduced<br />
into the wild<br />
Funds available for conservation projects<br />
Black-footed penguin EEP<br />
EEP Committee<br />
Neues aus den EAZA News Nr. 40<br />
In seiner Kolumne „From the Chairman´s Desk“<br />
erinnert Miklos Persanyi an die verheerenden Fluten,<br />
die im Sommer Teile Tschechiens und<br />
Ostdeutschlands heimsuchten. Er würdigt die großartigen<br />
Leistungen, die die Mitarbeiter der betroffenen<br />
Zoos bei der Rettung ihrer Tiere erbracht haben.<br />
Er schlägt vor, einen Fond einzurichten, um in Zukunft<br />
bei ähnlichen Katastrophen sofort helfen zu<br />
können.<br />
Aus dem Inhalt:<br />
EAZA Annual Conference in Barcelona<br />
EAZA strategy • Closure EAZA Rainforest Campaign<br />
2001/2<br />
EAZA Tiger Campaign launched • Membership<br />
news • Elections<br />
Solidarity with Prague Zoo • EADISC<br />
EEP and ESB Database<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
35
Rückblick IZE-Konferenz in Wien<br />
Lothar Philips<br />
„Nach Wien - das Feiern lernen“, hätte das Motto<br />
dieses Sommers sein können. Die allgemein gute<br />
Stimmung wurde nur durch die Hochwasserkatastrophe,<br />
die Teile Tschechiens und Ostdeutschlands<br />
verwüstete, gedämpft.<br />
Und zu feiern gab's was: der Tiergarten Schönbrunn<br />
wurde 250 Jahre alt, die zoopädagogische<br />
Abteilung besteht seit 25 Jahren.<br />
Die IZE ist der weltweite Verband der Zoopädagogen,<br />
er unterstützt die Zoos, ihre Aufgaben<br />
und Bemühungen in der Öffentlichkeit darzustellen.<br />
Der IZE wurde 1972 in Frankfurt gegründet<br />
und war schon einmal, 1980, in Wien zu Gast.<br />
Damals war er ein eher kleiner Verband mit nur<br />
wenigen Mitgliedern.<br />
An der diesjährigen IZE Konferenz unter dem Thema<br />
„Von der Menagerie zum Naturschutzzentrum“<br />
nahmen über 200 Kollegen und Kolleginnen aus<br />
51 Ländern aus allen Teilen der Welt teil. Neben<br />
vielen neuen Gesichtern, sah man auch einige<br />
Zoopädagogen der ersten Stunde.<br />
Die Teilnehmer der IZE-Konferenz von 1980<br />
Aus diesen Anlässen hatten die Wiener gleich zu<br />
drei großen Konferenzen geladen: der CBSG<br />
(Conservation Breeding Specalist Group), der WAZA<br />
(World Association of Zoo and Aquaria) und der<br />
IZE (Internatinal Association of Zoo Educators).<br />
3 Generationen von Zoopädagogen<br />
Die Teilnehmer der IZE-Konferenz von 2002<br />
36<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
Und Petrus hatte ein Einsehen, ein strahlender Himmel<br />
über einem strahlenden Wien und einem strahlenden<br />
Tiergarten. Schönbrunn gibt Hoffnung: Alt<br />
sein, heißt nicht, auch alt aussehen zu müssen.<br />
44 Vorträge und zwei Poster-Ausstellungen informierten<br />
über aktuelle Probleme und Trends in der<br />
Zoopädagogik.<br />
Zwei Workshops gaben Gelegenheit, die Theorie<br />
der Praxis anzunähern.<br />
Mittlerweile ist die Zoopädagogik eine eigenständige<br />
Disziplin geworden, mit eigenen Methoden,<br />
Verfahrensweisen und Strategien. Es macht Spaß,<br />
mitzuerleben, wie sich diese Disziplin weiterentwickelt,<br />
der Austausch mit Kollegen und Kolleginnen<br />
aus aller Herren Länder gibt neue Motivation und<br />
viele Anregungen für die Arbeit im eigenen Zoo.<br />
Planungsphase<br />
Internationale Zusammenarbeit<br />
Und das Rahmenprogramm war fürstlich: Exkursionen<br />
zu einem Hochhaus, von dem man einen<br />
Überblick über Wien hatte, ins Naturhistorische<br />
Museum - mit dem Höhepunkt, vom Dach aus auf<br />
das nächtliche Wien zu blicken - und zum Neusiedlersee.<br />
Von den kulinarischen Erlebnissen mag<br />
ich gar nicht berichten, da sonst dem geneigten<br />
Leser das Wasser im Mund zusammenlaufen würde.<br />
An dieser Stelle noch einmal allen Wienern einen<br />
herzlichen Dank, sie reden nicht nur über Erlebnispädagogik,<br />
sie schaffen Erlebnisse, die man so<br />
schnell nicht vergisst.<br />
Präsentation der Ergebnisse<br />
Das EAZA-Office leistet Support<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
37
Internet TIPPS<br />
http://www.book-byte-vision.de/psf/index.html<br />
PSF - Pädagogischer Schnäppchenführer<br />
Der PSF ist der bundesweite Wegweiser zu über 800 kostenlosen oder gegen Schutzgebühr erhältlichen<br />
Dia-Serien, Bastel-Vorschlägen, Foliensätzen und zahlreichen fantastischen Lehr- und Lernmitteln.<br />
Den PSF gibt's als Buch in unserem Verlag für <strong>14</strong>,90 Euro bzw. 9,90 Euro im Abo (jederzeit kündbar).<br />
http://www.nua.nrw.de<br />
who is who<br />
Herausgeber: Natur- und Umweltschutz-Akademie des Landes NRW<br />
Postfach 101051, 45610 Recklinghausen<br />
Tel. 02361/305-0, Fax 02361/305-340<br />
E-Mail: poststelle@nua.nrw.de, Internet:<br />
Das vorliegende Handbuch soll helfen, Fachleute zusammenzuführen, Informationen<br />
zu erschließen und Unterstützungsmöglichkeiten zu entdecken. Es bietet allen,<br />
die sich für eine „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ einsetzen, kommentierte<br />
Informationen über mögliche Partner und Förderungen in Nordrhein-Westfalen.<br />
http://www.Zooschule-halle.de<br />
Die Zooschule Halle hat eine eigene Homepage.<br />
http://www.zusatzstoffe-online.de<br />
Alle Zusatzstoffe, alles Wissenswerte, Vorsicht Farbstoffe? Alle Lebensmittelfarbstoffe auf einen Blick<br />
Neu: Ratgeber Recht, Kennzeichnung und Zutatenliste - kein Buch mit sieben Siegeln<br />
Dem Geschmack unter die Arme greifen, Die Geschmacksverstärker - nicht nur Glutamat<br />
Zuckersüß und kalorienarm, Genuss - tatsächlich ohne Reue? Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe<br />
Das Zusatzstoffe-online Lexikon, Zusatzstoff-Listen per Fax-Abruf: Alle Zusatzstoffe im Überblick,<br />
0190/150 270-006<br />
(5 Seiten, DM 1,21 pro Minute) Bedenkliche Zusatzstoffe mit Hinweisen für Allergiker<br />
http://www.insektenbox.de<br />
Insekten - Box<br />
Fotos und Angaben zur Lebensweise heimischer Insekten<br />
Schmetterlinge, Käfer, Wanzen, Libellen, Zweiflügler (Schnaken, Mücken, Fliegen), Hautflügler(Wespen,<br />
Bienen, Ameisen)<br />
http://www.ForschungsPortal.net<br />
Groß- und Kleinschreibung beachten!<br />
Das Informationsangebot von Research-in-Germany bietet einen allgemeinen Überblick über die<br />
vielfältige Forschungslandschaft in Deutschland mit nützlichen Hinweisen für einen<br />
Forschungsaufenthalt.<br />
Über die Suchmaschine ForschungsPortal.net können Sie erfahren, in welcher staatlich geförderten<br />
Forschungseinrichtung in Deutschland welche Themen bearbeitet werden und welche Informationen dort<br />
zum Thema im Internet bereitgestellt sind.<br />
Zusammengestellt von Barbara + Lothar Philips<br />
38<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
Internet TIPPS für Kids<br />
Der Menschliche Körper<br />
www.t-online.de<br />
dort: Kids anklicken, Wissen und Lernen<br />
Unser Körper mit den Themengebieten:<br />
a) Haut b) Skelett c) Muskeln d) Atmung e) Nerven und Sinne f) Blutkreislauf g) Verdauung<br />
h) Hilfe und Puzzle (Lernspiele und „Merktexte")<br />
Tiere<br />
• www.tiere-online.de<br />
• www.zoo-koeln.de<br />
• www.zoo-koeln.de/tiere/lexaz.htm<br />
• www.trenini.ch/tierlexikon<br />
• www.kinder-tierlexikon.de<br />
• www.tierlexikon.de<br />
• www.das-tierlexikon.de<br />
• www.netzoos.de<br />
Biologie, diverse<br />
• www.aidshilfe.de<br />
(Seiten der dt. Aidshilfe)<br />
• bioinfo.kordic.re.kr/animal oder<br />
• animalpicturesarchive.com/animal<br />
Bilder, Videos, Sounds, ClipArts NUR englisch!<br />
• www.Tierrechte.de/aetit<br />
Ärzte gegen Tierversuche<br />
• www.egbeck.de<br />
OBERSTUFE - Biologie<br />
• www.biologie-lk.de<br />
Leistungskurs Biologie<br />
• www.biolinks.ginkgo-web.de<br />
Biolinks<br />
• nibis.ni.schule.de/-gidw/Bodenweeb/lebewesn/lebe05.htm<br />
Lebewesen des Bodens, Vorgänge im Boden<br />
• www.botanikus.de<br />
Botanikseite, Datenbank 7.000 Arten<br />
• www.cellsalive.com<br />
• www.fmi.uni-passau.de/schule/unterricht/links/biologie.html<br />
• www.pflanzenbuch.de<br />
Lexikon „Botanik"<br />
Kopiervorlagen für den Lehrer<br />
Biologie<br />
www.zum.de/Faecher/Bio/BW/default.htm<br />
www.zum.de/Faecher/Bio/BW/bio/7insekt/bienKgM1.htm3.<br />
www.schulweb.de<br />
www.die-virtuelle-schule.de<br />
www.learn-line.de<br />
Zusammengestellt von Barbara Philips<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
39
Termine<br />
28.2. – 1.3.2003<br />
Regionaltagung Ost, Zoologischer Garten Leipzig<br />
5.4. 2003<br />
Regionaltagung West, NaturZoo-Rheine<br />
29.3. – 30.3.2003<br />
Tierpfleger/Zoopädagogen in Nürnberg<br />
EZE 13.-16.9.2003<br />
EAZA 16.-20.9.2003<br />
EZE Konferenz in Verbindung mit der Jahreshauptversammlung der EAZA<br />
Leipzig<br />
17.-21.3. 2004 <strong>VZP</strong>-Tagung in Köln<br />
40 Jahre Zooschule Köln<br />
6th International<br />
Symposium<br />
an Zoo Design<br />
Paignton Zoo Environmental Park, Devon UK<br />
The conference will take place from<br />
Sunday 9th to Thursday 13th May 2004<br />
40<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
Winterschläfer in´s Haus holen?<br />
Doris Schwetz<br />
Winterschläfer in´s Haus holen?<br />
Igel gehören zu den Winterschläfern und bereiten sich, je nach<br />
Witterungslage schon bald auf ihren Winterschlaf vor.<br />
Winterschlafzeit für Igel ist in der Regel von November bis April,<br />
vorausgesetzt, die Aussentemperaturen stimmen. Erst wenn diese<br />
konstant unter 5°C absinken, fallen Igel in ihren natürlichen Winterschlaf.<br />
Dann sinkt die Körpertemperatur des Igels von 35°C auf ca. 5°C ab. Ihre Herzschläge<br />
reduzieren sich von ca. 180/min auf ca. 9/min und die Atemfrequenz von ca. 40 - 50/min auf ca. 4/min.<br />
Stimmen Temperatur und Gewicht, entleert sich der Igel und rollt sich<br />
dann in seinem Schlafnest zu einer geschlossenen Kugel zusammen.<br />
Die Schlafnester sind große, mit Laub, Moos, Gras und Ästchen<br />
ausgepolsterte Nester in geschützten Kompost-, Laub- und<br />
Reisighaufen. Wo ein trockenes Plätzchen in Hecken, Höhlungen<br />
oder Schuppen für ihn zu erreichen ist, nimmt er auch dieses<br />
gern als Winterquartier an.<br />
Die landläufige Meinung, Jungigel, die ein bestimmtes Mindestgewicht im Herbst noch nicht erreicht<br />
haben, müßten aufgenommen und<br />
aufgepäppelt werden, um den<br />
Winter überleben zu können, ist<br />
schlichtweg falsch! Der Erfolg<br />
einer “künstlichen” Überwinterung<br />
in menschlicher Obhut ist zweifelhaft<br />
und abzulehnen. Die hohe Sterberate<br />
der jungen, schwachen Igel ist naturgemäß<br />
und muß nicht von wohlmeinenden Mitbürgern angezweifelt werden.<br />
Das Beste, was man für unsere schneckenvertilgenden Gartenbewohner tun kann, ist, ihnen einen<br />
geeigneten Überwinterunsplatz im Garten zu schaffen und ruhig mal eine Laubecke oder einen<br />
Reisighaufen an einem geschützten Plätzchen in unseren Gärten zu belassen! Durchaus ist auch gegen<br />
ein Schälchen mit Katzenfutter nichts einzuwenden und man kann so, zumindest in der aktiveren<br />
Sommerzeit, abends leicht Beobachter der schönsten Naturschauspiele werden.<br />
Allen autofahrenden Igelliebhabern sei mit auf den Weg gegeben: Fuß vom Gaspedal in Ortslagen<br />
oder auch mal für einen Igel anhalten!<br />
Herzliche Einladung zur<br />
IGELAUSSTELLUNG<br />
im Tierpark Zittau<br />
Übrigens: der Tierpark nimmt zwar<br />
verletzte Wildtiere in Pflege,<br />
aber er betreibt keine Aufzuchtstation für Igel!<br />
vom 12.10. - 27.10.2002 tgl. von 9 - 17 Uhr<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
41
Anekdoten und Dönekes<br />
Nachhilfe in Biologie<br />
Dem zoologischen Laien bereitet es, wie wir fast täglich erleben, immer wieder Probleme, die einhöckrigen und<br />
zweihöckrigen Kameliden richtig zu benennen.<br />
Ein Vater, der mit seinem Sprössling an den weitläufigen Freianlagen für die Altweltkamele im Tierpark Berlin-<br />
Friedrichsfelde stand, versuchte auf seine Art dem Sohn den Unterschied zwischen dem einhöckrigen Dromedar<br />
und dem zweihöckrigen Trampeltier zu erklären. Nach seiner "Theorie" sind die Kamele mit einem Höcker<br />
die Männchen und die mit zwei Höckern die Weibchen. Nur ein kurzer Blick auf die Tierschilder hätte genügt,<br />
um einem kleinen, interessiertem Menschenkind es richtig zu erklären.. So haben die, die von Berufs wegen<br />
damit zu tun haben, Mühe diese aufgenommene "Dummheit" wieder auszubügeln.<br />
Gerd Stadie<br />
Viagra hilft auch manchem<br />
Tier<br />
Viagra rettet nicht nur die männliche Potenz, sondern<br />
auch das Leben mancher Tiere. Schon im ersten<br />
Jahr nach der Markteinführung 1998 sei der<br />
Umsatz mit einigen tierischen Potenzmitteln um<br />
mehr als die Hälfte gesunken, stellten Forscher aus<br />
Kanada und Australien fest. Viagra sei wesentlich<br />
günstiger und wirke zuverlässiger, erklärten sie<br />
nach einer Analyse des Umsatzes dreier legal verkaufter<br />
tierischer Potenzmittel.<br />
Der Jahresabsatz von Rentiergeweih aus Alaska<br />
sank 1998 gegenüber 1997 um über 70 Prozent.<br />
1998 wurden außerdem nur noch halb so viele<br />
Seehundpenisse verkauft wie 1996. Der Wert von<br />
Penissen der Sattelrobbe sank drastisch: von 100<br />
auf 15 Dollar pro Stück.<br />
Eine Vampirfledermaus flattert blutbesudelt am<br />
Ende der Nacht zurück in die Höhle und hängt sich<br />
an die Decke, um ein bisschen zu schlafen. Die<br />
anderen Fledermäuse riechen das Blut und belagern<br />
sie, um zu erfahren, wo sie es her hat. Die<br />
Fledermaus bittet sie, Ruhe zu geben und sie schlafen<br />
zu lassen, aber die anderen hören nicht auf,<br />
bis sie genervt nachgibt.<br />
"Na gut, folgt mir", sagt sie und fliegt aus der Höhle,<br />
gefolgt von hunderten von Fledermäusen.<br />
Sie fliegen in ein Tal hinab, über einen Fluss und<br />
in einen dichten Wald hinein.<br />
Schließlich verlangsamt die Fledermaus ihren Flug,<br />
und die anderen schwirren aufgeregt um sie herum.<br />
"Seht ihr den Baum da drüben?", fragt sie.<br />
"Ja, ja, ja!", schreien die Fledermäuse in wilder<br />
Aufregung.<br />
"Gut", sagt die erste Fledermaus, "ich habe ihn<br />
nicht gesehen."<br />
Detlef Fricke<br />
(Wir bitten von Leserbriefen bezüglich Echoortung<br />
abzusehen, der Sätzer)<br />
(ddp) KStA, 4.11.02<br />
42<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
Zauberpflanzen - Hexenkräuter"<br />
Zaubern steht seit Harry Potter hoch im Kurs.<br />
Glaube an Magie und Zauberei gibt es seit<br />
Jahrtausenden und er ist im Grunde bis heute<br />
nicht verschwunden. Wirksame Hilfsmittel sahen<br />
die Menschen weltweit in einer Fülle von<br />
Mineralien, Tier- und Pflanzenteilen. Die hinter<br />
diesen Hilfsmitteln stehenden Vorstellungen<br />
sind für uns heute manchmal nur noch schwer<br />
nachzuvollziehen, da uns die genaue Naturbeobachtung<br />
fehlt. Viele sind jedoch in Pflanzen-<br />
und Tiernamen enthalten. Der lateinische<br />
Name des Schöllkrauts beginnt mit Chelidonium,<br />
der griechischen Bezeichnung für die<br />
Schwalbe, denn es fängt bei der Ankuft der<br />
Schwalben an zu blühen und verwelkt, wenn<br />
sie wegziehen. Entsprechendes gilt für den<br />
Natternwurz. Er kommt im Frühjahr mit den<br />
Schlangen und verschwindet mit ihnen im<br />
Herbst.<br />
Eine Einführung in dieses "zauberhafte" Thema<br />
gibt das Buch "Zauberpflanzen - Hexenkräuter<br />
- Mythos und Magie heimischer Wildund<br />
Kulturpflanzen" von Gertrud Scherf. Das<br />
Buch bietet zunächst eine Einführung in das<br />
vorwissenschaftliche magische Denken, indem<br />
es Zauber und Zauberrituale beschreibt und geht<br />
anschließend auf die Funktion verschiedener Pflanzen<br />
als Glücksbringer, Liebeszauber, Schutz- und<br />
Orakelpflanze ein. Anschließend werden über 60<br />
verschiedene Pflanzenarten in Porträts dargestellt.<br />
Wer danach sucht, findet aber auch viele Querverbindungen<br />
zu Tiernamen und Bedeutungen. Das<br />
Buch ist eine Fundgrube für sonst nur schwer zu<br />
findende kulturgeschichtliche Zusammenhänge<br />
und erklärt z.B. auch, warum auf Silvesterkarten<br />
Fliegenpilze, vierblättriger Klee und Schweinchen<br />
abgebildet sind. Ein entsprechendes Buch über tierische<br />
Zaubermittel und Amulette wäre eine tolle<br />
Ergänzung.<br />
Gertrud Scherf<br />
Zauberpflanzen - Hexenkräuter<br />
Mythos und Magie heimischer Wild- und Kulturpflanzen<br />
223 Seiten, ca. 120 Farbfotos, ca. 90 alte Stiche<br />
BLV-Verlag München, März 2002<br />
ISBN 3-405-16219-X<br />
€ 19,95 (D), € 20,60 (A), sFr 29,--<br />
Hans-Peter Krull<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
43
Die andere Bildung<br />
Seit man bei Günther Jauch Millionen gewinnen<br />
kann, wenn man nur genug weiß, ist Bildung (oder<br />
besser Wissen) gefragt. Kein Wunder also, dass<br />
das Buch „Bildung“ von Dietrich Schwanitz ein<br />
Bestseller wurde. Schwanitz ist ein ehemaliger Literatur-Professor.<br />
Sein Interesse gilt daher vermutlich<br />
eher den Geisteswissenschaften. Bei der Lektüre<br />
seines Buches mit dem Untertitel „Was man<br />
wissen sollte“ stellen wir als eher naturwissenschaftlich<br />
ausgerichtete Menschen mit Bedauern<br />
fest, dass wir bei dem Millionenquiz wohl keine<br />
Chance hätten, da wir offensichtlich das Falsche<br />
wissen. Den Naturwissenschaften werden in diesem<br />
Werk nämlich nur wenige Seiten gewidmet.<br />
Es ist also schon mehr als erfreulich, dass es nun<br />
ein Buch gibt, in dem wir uns viel besser zurechtfinden<br />
und auskennen. Der Autor Ernst Peter Fischer<br />
hat Mathematik, Physik und Biologie studiert<br />
und ist Professor für Wissenschafts-Geschichte<br />
an der Universität Koblenz. Sein Buch, „Die andere<br />
Bildung - Was man von den Naturwissenschaften<br />
wissen sollte“, gibt einen kurzweiligen und lesenswerten<br />
Überblick über die naturwissenschaftlichen<br />
Veränderungen und Entwicklungen der<br />
vergangenen gut 400 Jahre. Nach einem einleitenden<br />
Kapitel zu grundlegenden Fragestellungen<br />
bezüglich einer naturwissenschaftlichen Denkweise<br />
beginnt sein Streifzug durch die verschiedenen<br />
Fachrichtungen (wer sollte es ihm bei seinen<br />
Studienschwerpunkten verdenken), wobei er eine<br />
physikalische und mathematische Sicht der Welt<br />
bevorzugt. Im Anschluss daran werden die verschiedensten<br />
naturwissenschaftlichen Teildisziplinen<br />
näher betrachtet. Der Weg beginnt dabei<br />
mit der Alchemie und der Astrologie und führt zu<br />
astronomischen Erklärungsansätzen hinsichtlich<br />
der Entstehung und Entwicklung des Weltalls,<br />
wobei dann wieder (wie sollte es auch anders sein)<br />
die Physik im Vordergrund steht. Im zweiten Teil<br />
des Buches nimmt dann die Biologie, und hier<br />
insbesondere die Molekularbiologie und die Evolution,<br />
einen besonders großen Raum ein.<br />
Erfrischend an Fischers Buch ist, dass er einerseits<br />
eine gute Zusammenfassung des gegenwärtigen<br />
Forschungsstandes in den Naturwissenschaften<br />
liefert, es dabei aber andererseits auch versteht,<br />
die Leser bei der Stange zu halten. Ein weiterer<br />
erfreulicher Aspekt ist der Blick über den Tellerrand,<br />
der uns Naturwissenschaftlern angeblich häufig<br />
verwehrt ist. So finden sich in vielen Kapiteln Hinweise<br />
zu philosophischen Gedanken und Fragestellungen,<br />
die häufig Ausgangspunkt der Beschäftigung<br />
mit der uns umgebenden Umwelt waren und<br />
sind. Es wird immer wieder ein Blick auf gesellschaftliche<br />
Hintergründe und Hemmnisse geworfen,<br />
um zu verdeutlichen, dass Naturwissenschaften<br />
als Teil der Gesellschaft verstanden werden<br />
müssen. Am Ende steht sogar ein Kapitel, das uns<br />
auffordert, Wissenschaft als Kunst zu denken. Der<br />
legendäre Elfenbeinturm wird dabei konsequent eingerissen.<br />
Detlev Fricke<br />
Ernst Peter Fischer<br />
„Die andere Bildung - Was man von den Naturwissenschaften<br />
wissen sollte“<br />
Ullstein Buchverlage 2001, 464 Seiten, 24,- €<br />
44<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
Lernort Erlebniswelt<br />
Wolfgang Nahrstedt, Dieter Brinkmann<br />
Heike Theile, Guido Röcken<br />
Lernort Erlebniswelt<br />
Neue Formen informeller Bildung in der Wissensgesellschaft<br />
Endbericht des Forschungsprojektes:<br />
Erlebnisorientierte Lernorte der Wissensgesellschaft<br />
Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und<br />
Forschung (bmb+f)<br />
„Unter Lernort ist eine im Rahmen des öffentlichen<br />
Bildungswesens anerkannte Einrichtung zu verstehen,<br />
die Lernangebote organisiert“ (Bil-dungssrat<br />
1974:69). So hat die Bildungskom-mission des<br />
Deutschen Bildungsrates 1974 den Begriff „Lernort“<br />
definiert. Der Bericht gibt einen kurzen Überblick<br />
über das Projekt „Erlebnis-orientierte Lernorte<br />
der Wissensgesellschaft“ und stellt die wichtigsten<br />
Ergebnisse vor. Gegenstand des Projektes waren<br />
Bildungskonzepte von Sci-ence Centern, Zoos,<br />
Filmparks, Erlebnis- und Freizeitparks etc.. Ziel des<br />
Projekts war eine Bewertung dieser neuen „erlebnisorientierten<br />
Lernorte“. Vorrang hatten naturwissenschaftlich<br />
orien-tierte Einrichtungen. Sie legen ihren<br />
Schwerpunkt auf emotional-kreative Lernprozesse<br />
im freizeitkulturellen Bereich. Der vorliegende<br />
Bericht gibt einen umfassenden Überblick und<br />
beleuchtet interessante Fragestellungen aus den unterschied-lichsten<br />
Blickwinkeln.Leider macht der<br />
von den Autoren gewählte Sprachduktus das lesenswerte<br />
Werk nicht zu einem Lesevergnügen.<br />
Unter der Überschrift:<br />
„Ebenen erlebnisorientierten Lernens und<br />
Lehrens“ heißt es:<br />
„Die für Erlebniswelten erkennbaren Ebenen<br />
erlebnisorientierten Lernens geben<br />
dabei Hinweise auf Anforderungen an<br />
pädagogische Konzepte für Erlebniswelten...“<br />
S.194<br />
Der Band "Lernen in<br />
Erlebniswelten. Perspektiven<br />
für Politik, Management<br />
und Wissenschaft"<br />
fasst die Ergebnisse<br />
einer Fachtagung<br />
zum selbigen Thema,<br />
die am 4./5. Dezember<br />
2001 in Hannover stattfand,<br />
zusammen. Die<br />
durchweg interessanten<br />
Vorträge geben einen<br />
guten Überblick, wo und<br />
wie in den verschiedenen<br />
gesellschaftlichen<br />
Bereichen von der Verkaufsindustrie<br />
über Museen<br />
bis zu Zoologischen<br />
Gärten versucht wird, Erlebniswelten zu inszenieren.<br />
Da wird neben der Autostadt Wolfsburg<br />
das Universum in Bremen, aber auch das Haus<br />
der Geschichte in Bonn oder der Zoo Hannover<br />
vorgestellt. Abwechslungsreich wird der Band durch<br />
die verschiedenen Perspektiven von Pädagogen<br />
und Wissenschaftlern einerseits und Marketingleuten<br />
andererseits. Die kurzweilige Lektüre lässt<br />
darauf schließen, dass auch der Austausch und<br />
die Diskussionen auf der Fachtagung selbst ein<br />
Gewinn für alle Beteiligten war.<br />
Ruth Dieckmann<br />
Wolfgang Nahrstedt u.a. (Hrsg.: Lernen in Erlebniswelten.<br />
Perspektiven für Politik, Management und<br />
Wissenschaft. Proceedings einer Fachtagung. IFKA-<br />
Dokumentation, Band 22, Bielefeld 2002<br />
Lothar Philips<br />
Hrsg.: Institut für Freizeitwissenschaft und Kulturarbeit<br />
(IFKA)e.V. Im Auftr. von: Bundesministerium für<br />
Bildung und Forschung<br />
(bmb+f). Wolfgang Nahrstedt,Bielefeld : IFKA,<br />
2002 (IFKA Schriftenreihe ; Bd. 20)<br />
ISBN 3-926499-52-4<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
45
Das Zoobuch<br />
Sie unterrichten und möchten mit Ihren Schülern<br />
gerne ein Projekt im Zoo durchführen? Sie sind<br />
Zoopädagoge und suchen Ideen für die Arbeit mit<br />
Schülern? Du gehst noch in die Schule und möchtest<br />
dich ein bisschen intensiver mit Tieren im Zoo<br />
beschäftigen? Dann kann ich das Zoobuch empfehlen.<br />
Die reich bebilderte Broschüre ist sehr ansprechend<br />
gestaltet. Sie gibt knappe Hintergrundinformation<br />
über die Erde, ihre Großlebensräume und deren<br />
Gefährdung. Anhand ausgewählter Tierarten werden<br />
deren Anpassungen an die verschiedenen<br />
Lebensräume beschrieben. Für das Kapitel Land<br />
wurden dazu Löwe und Tiger als Vertreter typischer<br />
Großkatzen, der Elefant und die Menschenaffen<br />
(Schimpanse, Gorilla, Orang-Utan) ausgewählt. Im<br />
Kapitel Wasser werden Robben, Flusspferd und<br />
Pinguine vorgestellt, während im Kapitel Luft auf<br />
Greifvögel und Fledermäuse eingegangen wird. Bei<br />
der Auswahl wurden vor allem Arten berücksichtigt,<br />
die in vielen Zoos zu finden sind, die leicht<br />
beobachtet werden können und die durch ihre Anpassungen<br />
die Kinder begeistern - was uns fasziniert<br />
und was wir bewundern, sind wir eher<br />
bereit zu schützen, als das Unbekannte.<br />
Für jede Tiergruppe gibt es eine knappe Einführung,<br />
die Lust auf eine nähere Beschäftigung<br />
machen soll. Dann folgt ein zum Teil sehr anspruchsvolles<br />
Arbeitblatt. Das Kernstück bildet<br />
die eigene Beobachtung der Tiere, es bietet aber<br />
auch die Gelegenheit zum Zeichnen oder Basteln.<br />
Beschreibungen der besonderen Anpassungen,<br />
Gefährdungen, biologischen Basisinformationen<br />
und interessante Daten, die nicht<br />
jeder kennt, ergänzen die einzelnen Artkapitel.<br />
Die Forderungen und Lösungsansätze der Agenda<br />
21 - das Schlussdokument des Erdgipfels<br />
von Rio - ziehen sich wie ein roter Faden durch<br />
das Zoobuch.<br />
Ein Zusatzheftchen für LehrerInnen beschreibt die<br />
Idee und das Konzept des Zoobuchs, gibt Anleitungen<br />
für Vor- und Nachbereitung eines Zoobesuchs.<br />
Ein Praxisbeispiel und ergänzende Literatur<br />
runden diese kurze Broschüre ab.<br />
Das Zoobuch ist sicherlich nicht in jedem Zoo<br />
zu 100% umsetzbar Es findet sich aber<br />
sicherlich für jeden etwas und mit kleinen Modifikationen<br />
ist es für jeden Zoo eine wertvolle<br />
Ergänzung der alltäglichen Arbeit.<br />
Leopold Slotta-Bachmayr<br />
Das Zoobuch, Hg.Lothar Philips,<br />
Fax Bestellung: 0221/925950-50,<br />
Internetbestellung:www.hotpiranja.de<br />
Einzelexemplar 2,50 € , ab 10 Exemplaren 2,- €<br />
46<br />
Begegnung Zoo Nr. <strong>14</strong>
Autoren<br />
Ruth Dieckmann, Zoopädagogin, Zoologischer Garten Köln<br />
Detlef Fricke,Zoopädagoge, Zoologischer Garten Köln<br />
Benjamin Ibler/Hans Lichei, Tiergarten der Stadt Nürnberg<br />
Tamara Kalmbach, Diplom Biologin, Ruhr Zoo Gelsenkirchen<br />
Hans-Peter Krull, Zoopädagoge, Zoologischer Garten Krefeld<br />
Katrin Matthieu, Zoopädagogin, Naturschutz-Tierpark Görlitz<br />
Prof. Dr. Gunther Nogge, Direktor, Zoologischer Garten Köln<br />
Frank Oberwemmer, Zoopägagoge, Zoologischer Garten Leipzig<br />
Lothar Philips, Zoopädagoge, Zoologischer Garten Köln<br />
Dr. Martina Raffel, Zoologische Assistentin für in situ-Artenschutz, Allwetterzoo Münster<br />
Doris Schwetz, Zoopädagogin, Tierpark Zittau<br />
Claudia Sewig, ehemalige Zoopädagogin,Hamburg, jetzt Redakteurin beim Hamburger Abendblatt<br />
Dr. Leopold Slotta-Bachmayr, Zoopädagoge, Zoo Salzburg<br />
Gerd Stadie, ehem. Zoopädagoge, Tierpark Berlin Friedrichsfelde<br />
Dr Sue Dale Tunnicliffe, Institute of Education University of London and Homerton College, Cambridge<br />
Jürgen Wolters, ARA e.V., Forum Umwelt und Entwicklung deutscher Nichtregierungsorganisationen<br />
Zoopädagogik aktuell Nr. <strong>14</strong><br />
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