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DA Alumni and Current Affairs Der Fall Griechenland Ilias Manoussos 8 bedingungen sahen unter anderem vor, dass die griechische Administration als Sicherheiten die Grundstücke und Ländereien der Türken einbringen musste, die im Rahmen des Befreiungskrieges die befreiten Gebiete verließen. Die Bedingung als Sicherheit für die Kreditgewährung nach einem verlustreichen Befreiungskrieg, befreites „Land“ im Sinne des Geistes des 19. Jahrhunderts gegenüber ausländischen Investoren zu kollateralisieren, ist im griechischen kollektiven Bewusstsein immer noch eine schmerzhafte historische Erfahrung. Die Gewährung eines neuen Kredites von 60 Millionen Französischen Franken (1832), welcher im Jahre 1827 gewährt wurde und nunmehr der Restrukturierung der Altschuld von 1824/1825 diente, wurde zu 2/3 ausgezahlt. Dies führte dazu, dass im Jahre 1843 der griechische König Otto einen neuen offiziellen Staatbankrott erklären musste, da Griechenland erneut nicht in der Lage war, die Auslandsstaatsschulden zu bedienen. König Otto war gezwungen die Staatsausgaben signifikant zu verringern, eine Auflage der Kreditoren, die den heutigen Gegebenheiten sehr ähnlich ist. Im Jahre 1857 wurde eine internationale Kommission von Engländern, Franzosen und Russen eingesetzt, um die Rückzahlung des Kredits von 1832 samt Zinsen sicherzustellen. Sämtliche Staatseinnahmen wurden an die Kreditoren abgetreten. Die Sanierung des Staatshaushalts und die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung wurden von den Kreditoren als höchste Zielsetzungen angesehen. Auch diese Bedingung ähnelt der heutigen Berichterstattung sehr. 1893 folgt eine weitere Staatsbankrotterklärung durch den griechischen Premierminister Harilaos Trikoupis. 1932 wurde im griechischen Parlament der letzte griechische Staatsbankrott des 20. Jahrhunderts proklamiert. Die Etablierung der Europäischen Währungsunion 1999 war ein zwar ökonomisch motiviertes aber von den Gründungsvätern primär politisch gedachtes Konstrukt. Eine gemeinsame Währung würde nicht nur die Fremdwährungsrisiken innerhalb der Währungsunion eliminieren, Transparenz schaffen und somit die Wettbewerbsfähigkeit der Mitglieder erhöhen, sondern vor allem die politische Zusammenarbeit unter den Mitgliedern verstärken. Mitterrand erblickte sogar in der gemeinsamen Währung – in weiser Voraussicht – ein Instrument der Reduzierung der Verwundbarkeit der einzelnen Volkswirtschaften gegenüber spekulativen Attacken des Finanzkapitals. Dies wäre „nicht tolerierbare Immoralität“. Der politische Wille war so stark, dass man dabei übersah, was eigentlich für alle Involvierten diese Währungsunion in der Praxis bedeuten würde. Themen wie eine mögliche Uniformierung der Zinssätze und deren Resultate für die Überschuldung der Defizitländer konnte in der Entstehungsphase der Währungsunion von den Politikern gar nicht

DA Alumni and Current Affairs Der Fall Griechenland Ilias Manoussos 9 wahrgenommen werden. Die Vorstellung war, dass man zwar Fremdwährungsrisiken eliminieren konnte, Zinssätze würden sich aber gemäß den jeweiligen Volkswirtschaften der Währungsunion konstituieren. Das implizite Modell für die neue EZB war die Bundesbank mit deren antiinflationärer Kredibilität. Der politische Konsens erforderte aber, dass die Satzung der EZB eher in der Sprachregelung eines internationalen Vertrags verfasst wurde, was zu Lasten der absolut notwendigen Klarheit ging. Das politisch relevante Gleichgewicht zwischen EZB und nationalen Zentralbanken fand seine Institutionalisierung im Eurosystem. Undurchsichtige, vage Formulierungen in der Interaktion zwischen EZB, Eurosystem und nationalen Aufsichtsbehörden erhöhten die politische Komplexität und ließen latente Fehlentwicklungen nicht rechtzeitig sichtbar werden. Gleichzeitig führte der Verlust der geldpolitischen – und nationalen makroökonomischen Autonomie dazu, dass regionale Disparitäten nicht zu einer ausgeglichenen Handelsbilanz der EU insgesamt aufgehoben werden konnten, sondern dass die Schere zwischen Handelsbilanzüberschussländern und Handelsbilanzdefizitländern noch größer wurde. Historische Asymmetrien in den Produktionsstrukturen der Währungsunionsländer erwirkten gigantische Transfers seitens der Überschussländer an die Defizitländer, wobei die letzterwähnten in der Anfangsphase der Währungsunion günstige Kredite erhielten, was die Aufgabe von historischen Produktionsstrukturen und den Import, der jetzt keiner war, von allerlei Gütern zur Folge hatte. Starke exportorientierte Volkswirtschaften konnten von Skaleneffekten profitieren und den Währungsunionsraum zu ihrem Binnenmarkt umfunktionieren. Die politischen Eliten in den peripheren Volkswirtschaften der Währungsunion nutzten die Gelegenheit, den kurzfristigen Prosperitätsausgleich innerhalb der Währungsunion als deren politische Errungenschaft darzustellen um die Wahrnehmung des eigenen Elektorats zu manipulieren und für die eigenen politischen Zielsetzungen zu nutzen. Griechenland trat der Eurozone am 1.1.2001 bei. Das genaue Ausmaß der Staatsverschuldung soll mit Hilfe von ausländischen Banken im Rahmen einer „kreativen“ Buchhaltung verbucht und insofern nur teilweise sichtbar gewesen sein. Es gibt ausführliche Berichte in der internationalen Presse darüber. Fakt ist aber auch, dass es viele Gründe gibt, die dafür plädieren, dass eine Staatsanleihe aus der Währungsunion nicht lange unsichtbar bleiben kann.

DA Alumni and Current Affairs<br />

Der Fall Griechenland Ilias Manoussos<br />

9<br />

wahrgenommen werden. Die Vorstellung war,<br />

dass man zwar Fremdwährungsrisiken eliminieren<br />

konnte, Zinssätze würden sich aber gemäß den<br />

jeweiligen Volkswirtschaften der Währungsunion<br />

konstituieren. Das implizite Modell für die<br />

neue EZB war die Bundesbank mit deren antiinflationärer<br />

Kredibilität. Der politische Konsens<br />

erforderte aber, dass die Satzung der EZB eher in<br />

der Sprachregelung eines internationalen Vertrags<br />

verfasst wurde, was zu Lasten der absolut<br />

notwendigen Klarheit ging. Das politisch relevante<br />

Gleichgewicht zwischen EZB und nationalen<br />

Zentralbanken fand seine Institutionalisierung im<br />

Eurosystem. Undurchsichtige, vage Formulierungen<br />

in der Interaktion zwischen EZB, Eurosystem<br />

und nationalen Aufsichtsbehörden erhöhten die<br />

politische Komplexität und ließen latente Fehlentwicklungen<br />

nicht rechtzeitig sichtbar werden.<br />

Gleichzeitig führte der Verlust der geldpolitischen<br />

– und nationalen makroökonomischen Autonomie<br />

dazu, dass regionale Disparitäten nicht<br />

zu einer ausgeglichenen Handelsbilanz der EU<br />

insgesamt aufgehoben werden konnten, sondern<br />

dass die Schere zwischen Handelsbilanzüberschussländern<br />

und Handelsbilanzdefizitländern<br />

noch größer wurde. Historische Asymmetrien in<br />

den Produktionsstrukturen der Währungsunionsländer<br />

erwirkten gigantische Transfers seitens der<br />

Überschussländer an die Defizitländer, wobei die<br />

letzterwähnten in der Anfangsphase der Währungsunion<br />

günstige Kredite erhielten, was die<br />

Aufgabe von historischen Produktionsstrukturen<br />

und den Import, der jetzt keiner war, von allerlei<br />

Gütern zur Folge hatte. Starke exportorientierte<br />

Volkswirtschaften konnten von Skaleneffekten<br />

profitieren und den Währungsunionsraum zu<br />

ihrem Binnenmarkt umfunktionieren. Die politischen<br />

Eliten in den peripheren Volkswirtschaften<br />

der Währungsunion nutzten die Gelegenheit, den<br />

kurzfristigen Prosperitätsausgleich innerhalb der<br />

Währungsunion als deren politische Errungenschaft<br />

darzustellen um die Wahrnehmung des<br />

eigenen Elektorats zu manipulieren und für die<br />

eigenen politischen Zielsetzungen zu nutzen.<br />

Griechenland trat der Eurozone am 1.1.2001 bei.<br />

Das genaue Ausmaß der Staatsverschuldung soll<br />

mit Hilfe von ausländischen Banken im Rahmen<br />

einer „kreativen“ Buchhaltung verbucht und<br />

insofern nur teilweise sichtbar gewesen sein. Es<br />

gibt ausführliche Berichte in der internationalen<br />

Presse darüber. Fakt ist aber auch, dass es<br />

viele Gründe gibt, die dafür plädieren, dass eine<br />

Staatsanleihe aus der Währungsunion nicht lange<br />

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