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Das Buch der Ursprünge - Das Mahabharata - Pushpak

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trotzdem hier leben? Aus Zuneigung für deine Familie hörtest du nicht auf meine Worte.<br />

Doch nun ist die Zeit gekommen, daß du dem Tod eines Verwandten zusehen mußt. Oh wie<br />

traurig ist <strong>der</strong> Anblick für mich! Vielleicht ist <strong>der</strong> Augenblick meines eigenen Todes<br />

gekommen, denn ich kann niemals einen <strong>der</strong> Meinen grausam aufgeben, solange ich am<br />

Leben bin.<br />

Du warst immer mein Gehilfe bei allen guten Taten, hast dich selbst eingeschränkt und<br />

warst mir immer zugetan wie eine Mutter. Die Götter gaben dich mir als einen wahren<br />

Freund, und du warst immer mein größter Halt. Durch meine Eltern wurdest du zum<br />

Teilhaber an allen Dingen meines Haushaltes. Du bist von reiner Abstammung, guten<br />

Absichten, Mutter von Kin<strong>der</strong>n, mir immer zugetan und unschuldig. Ich habe dich erwählt<br />

und mit allen angemessenen Riten geheiratet. Ich kann dich, meine gelübdetreue Gattin,<br />

nicht verstoßen, um mein eigenes Leben zu retten. Und wie könnte ich in <strong>der</strong> Lage sein,<br />

meinen Sohn zu opfern? Dieses Kind im zarten Alter und noch ohne alle Zeichen <strong>der</strong><br />

Männlichkeit? Wie könnte ich meine Tochter opfern? Die ich selbst zeugte und die mir vom<br />

ruhmreichen Schöpfer als Pfand übergeben wurde, damit ich sie einem Ehemann übergebe,<br />

durch den ich mich mit meinen Ahnen an den Bereichen erfreuen kann, die für diejenigen<br />

bestimmt sind, welche Söhne von einer Tochter haben? Manche Menschen denken, daß die<br />

Zuneigung eines Vaters für seinen Sohn größer ist. Und an<strong>der</strong>e meinen, die Tochter wird<br />

mehr geliebt. Meine Liebe für euch ist gleich. Wie kann ich nur daran denken, meine<br />

unschuldigen Kin<strong>der</strong> zu verstoßen, von denen die seligen Bereiche, meine eigene Linie und<br />

ewige Glückseligkeit abhängen? Doch wenn ich mich selbst opfere und in die an<strong>der</strong>e Welt<br />

übergehe, dann werde ich auch keinen Frieden finden. Denn es ist sicher, daß die von mir<br />

Verlassenen nicht in <strong>der</strong> Lage sein werden, ihr Leben zu fristen. <strong>Das</strong> Opfern eines Mitglieds<br />

meiner Familie wäre grausam und tadelnswert. Doch wenn ich mich opfere, werden alle<br />

an<strong>der</strong>en ohne mich vergehen. Ich bin in große Not geraten. Und ich weiß keinen Weg<br />

heraus. Weh, welchen Kurs soll ich einschlagen? Ich sollte wohl gemeinsam mit allen meinen<br />

Lieben sterben, denn so kann ich nicht länger leben.<br />

Kapitel 160 - Die Rede <strong>der</strong> Ehefrau<br />

Danach ergriff die Ehefrau des Brahmanen das Wort:<br />

Oh Brahmane, du solltest nicht wie ein gewöhnlicher Mensch trauern. Es ist auch nicht die<br />

Zeit für Klagen. Denn du bist gelehrt. Du weißt, daß alle Menschen sicher sterben müssen.<br />

Niemand sollte um etwas trauern, was unvermeidbar ist. Ehefrau, Tochter, Sohn - all diese<br />

sind um dein Selbst bemüht. Du hast hervorragendes Wissen, also wirf dein Leid von dir. Ich<br />

selbst werde gehen. Denn dies ist die ewige und höchste Pflicht für Ehefrauen, daß sie ihr<br />

Leben opfern, um dem Ehemann Gutes zu tun. Meine Tat wird dich glücklich machen, und<br />

mir Ruhm in dieser Welt und ewige Seligkeit in <strong>der</strong> nächsten bringen. <strong>Das</strong> ist wahrlich die<br />

höchste Tugend, glaube mir. Dadurch wirst du sowohl Tugend als auch Glück erlangen. Die<br />

Absicht, wofür man sich eine Ehefrau wünscht, hast du schon durch mich erreicht. Ich habe<br />

dir eine Tochter und einen Sohn geboren, und bin nun befreit von meiner Schuld dir<br />

gegenüber. Du bist sehr wohl in <strong>der</strong> Lage, deine Kin<strong>der</strong> zu lieben und zu unterhalten. Ich<br />

könnte sie nie versorgen und lieben, wie du es kannst. Du bist mein Leben, mein Wohlstand<br />

und mein Herr. Wie sollen ich und diese Kin<strong>der</strong> ohne dich nur leben? Verwitwet und ohne<br />

Meister, mit zwei kleinen Kin<strong>der</strong>n, die von mir abhängen - wie soll ich die beiden am Leben<br />

erhalten ohne dich und dabei ein ehrbares Leben führen? Wenn unehrenhafte und<br />

unwürdige Menschen, die eine Verbindung mit dir nicht verdienen, um deine Tochter<br />

werben, wie könnte ich das Mädchen beschützen? Wie Vögel gierig nach Fleischfetzen<br />

suchen, die auf den Boden geworfen wurden, so bedrängen Männer eine Frau, die ihren<br />

Ehemann verloren hat. Doch wenn mich hinterhältige Männer umwerben, oh bester<br />

Brahmane, dann schwanke ich vielleicht und bin nicht in <strong>der</strong> Lage, auf dem von allen<br />

ehrbaren Menschen begehrten und tugendhaften Pfad weiterzugehen. Und wie soll ich dann<br />

in <strong>der</strong> Lage sein, die einzige Tochter deines Hauses, dieses unschuldige Mädchen, auf den<br />

www.mahabharata.pushpak.de - 242 - <strong>Mahabharata</strong> - <strong>Buch</strong> 1, Adi Parva

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