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Das Buch der Ursprünge - Das Mahabharata - Pushpak

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Manchmal dürfen Könige Taub- und Blindheit vortäuschen. Wenn sie nämlich nicht in <strong>der</strong><br />

Lage sind zu strafen, dann sollten sie vorgeben, Taten, die nach Züchtigung verlangen, nicht<br />

zu bemerken. Zu solchen Gelegenheiten heißt es, ihre Bögen seien aus Stroh. Doch immer<br />

sollten sie wachsam sein, wie eine schlummernde Herde Rehe im Wald. Wenn <strong>der</strong> Feind in<br />

deiner Gewalt ist, dann schlage ihn mit allen Mitteln, ob offen o<strong>der</strong> geheim. Zeige ihm kein<br />

Mitleid, auch wenn er darum bettelt. Wenn es nötig ist einen Feind o<strong>der</strong> eine Kränkung zu<br />

besiegen, müssen die entsprechenden Mittel angewandt werden. Denn <strong>der</strong> Sieg über den<br />

Feind erleichtert und befreit von Furcht. Du mußt die drei, fünf und sieben Mittel und<br />

Auswege deiner Feinde vernichten, das heißt, die Feinde mitsamt ihren Wurzeln auslöschen.<br />

So müssen auch ihre Verbündeten und Sympathisanten geschlagen werden. Verbündete und<br />

Gefolgsleute können nicht lange überleben, wenn ihre Führer geschlagen sind, denn die Äste<br />

und Zweige eines Baumes können niemals weiterleben, wenn die Wurzeln zerstört sind.<br />

Achtsam sollst du deine Mittel und Ziele verbergen und immer die Schwächen deines<br />

Feindes beobachten. Immer sollst du dein Königreich regieren, während du sorgsam deine<br />

Feinde im Auge behältst. Indem du durch Opfer das ewige Feuer nährst, braune Kleidung<br />

und verfilzte Locken trägst und dich auf Tierfelle bettest, sollst du zuerst deinen Feind<br />

kennenlernen, um ihn dann wie ein Wolf anzuspringen. Denn es wird gesagt, daß für das<br />

Erlangen <strong>der</strong> rechten Mittel das Kleid <strong>der</strong> Heiligkeit angelegt werden sollte, wie ein<br />

gekrümmter Ast dazu benutzt wird, den Zweig mit den reifen Früchten zu beugen. Diese<br />

Methode <strong>der</strong> Auswahl von reifen Früchten sollte auch bei deinen Feinden angewandt<br />

werden. Trage du deinen Feind solange auf deinen Schultern, bis du ihn abwerfend<br />

zerbrechen kannst, wie ein tönerner Topf auf Steinboden zerschellt. Vom Feind darf niemals<br />

abgelassen werden, auch wenn er dich höchst mitleidvoll anfleht. Niemals darfst du ihm<br />

nachgeben. Schlage ihn mit einem Mal. Auch durch die Kunst <strong>der</strong> Überzeugung und<br />

Bestechung kann ein Feind vernichtet werden. Sei es, du säst Uneinigkeit unter seinen<br />

Verbündeten o<strong>der</strong> wendest Gewalt an, mit allen Mitteln müssen Feinde besiegt werden.<br />

Dhritarashtra bat:<br />

Erkläre mir genau, wie man einen Feind durch Versöhnung, Reichtum, Uneinigkeit o<strong>der</strong><br />

Gewalt besiegen kann.<br />

Kanika erwi<strong>der</strong>te:<br />

Höre, oh Monarch, die alte Geschichte vom Schakal, <strong>der</strong> im Walde lebte und mit <strong>der</strong><br />

Wissenschaft <strong>der</strong> Kriegsführung vertraut war. Er war ein weiser Schakal, handelte<br />

entsprechend seinem Wesen und lebte in Gesellschaft von vier Freunden: einem Tiger, einer<br />

Maus, einem Wolf und einem Mungo. Eines Tages trafen sie auf einen starken Hirsch, den<br />

Anführer einer Herde, den sie nicht fangen konnten, weil er so schnell und stark war. So<br />

berieten sie sich. Der Schakal schlug vor: „Oh Tiger, du hast dich vergebens bemüht, diesen<br />

Hirsch zu jagen, denn er ist jung, flink und sehr klug. Wir sollten die Maus schicken, um<br />

seine Hufe anzufressen, wenn er schläft. Dann möge <strong>der</strong> Tiger wie<strong>der</strong> angreifen und ihn<br />

packen. Und wir werden uns vergnügt an ihm laben.“ Sie alle machten sich daran, seinen<br />

Worten achtsam zu folgen. Die Maus nagte an seinen Hufen, und <strong>der</strong> Tiger tötete den Hirsch<br />

wie vorhergesagt. Als <strong>der</strong> Körper <strong>der</strong> Beute bewegungslos am Boden lag, sprach <strong>der</strong> Schakal:<br />

„Gesegnet seid ihr. Geht und vollführt eure Waschungen. Ich werde solange auf den Hirsch<br />

aufpassen.“ Wie<strong>der</strong> folgten sie seinen Worten und gingen zum Fluß. Der Schakal wartete<br />

und dachte darüber nach, was er nun tun solle. Zuerst kam <strong>der</strong> starke Tiger von seinen<br />

Waschungen zurück und sah den Schakal in Gedanken versunken. Er fragte ihn: „Warum so<br />

nachdenklich, oh Weiser? Du bist <strong>der</strong> Klügste. Laß uns froh sein und mit diesem Fleisch ein<br />

Festmahl abhalten.“ Der Schakal antwortete: „Höre, oh Mächtiger, was die Maus gerade<br />

gesagt hat: „Pfui über die Kraft des Herrn <strong>der</strong> Tiere! Ich habe den Hirsch erlegt! Durch meine<br />

Kraft wird er heute seinen Hunger stillen.“ Seit sie auf diese Weise prahlte, verspüre ich<br />

keinen Wunsch mehr, dieses Fleisch zu berühren.“ Der Tiger erwi<strong>der</strong>te: „Wenn die Maus das<br />

wirklich gesagt hat, dann bin ich nun zur Besinnung gekommen. Von nun an werde ich nur<br />

www.mahabharata.pushpak.de - 221 - <strong>Mahabharata</strong> - <strong>Buch</strong> 1, Adi Parva

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