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Moje Weer 115x60 Phase 3:Layout 2 19/8/08 15:19 Page 1<br />

ersten 15 Jahren nach dem Krieg beständig<br />

zu, von ca. 32.000 Vertriebene im<br />

Jahr 1949 auf mehr als 84.000 im Jahr<br />

1959. Deutlich ablesbar ist in den Statistiken<br />

auch die politische Konjunktur<br />

zwischen Ost und West. So stieg die Zahl<br />

der Zuzüge aus den ehemaligen Ostgebieten<br />

des Deutschen Reiches in den<br />

Jahren 1957 und 1958 kurzfristig auf 1210<br />

bzw. 2901, um dann wieder auf einige<br />

Hundert bzw. nur einige Dutzend in den<br />

sechziger Jahren zurückzugehen. 17 Ähnlich<br />

wie in den fünfziger Jahren kam es<br />

auch Mitte der siebziger Jahre zu einem<br />

kurzfristigen Anstieg der Zuzugszahlen,<br />

in beiden Fällen aufgrund von Regierungsvereinbarungen<br />

über die Familienzusammenführung.<br />

Je später allerdings<br />

der Zuzug aus den ehemaligen deutschen<br />

Ostgebieten erfolgte, desto stärker<br />

war bei den Spätaussiedlern auch eine<br />

kulturell polnische Identität vorhanden<br />

und mit der Verschlechterung der<br />

ökonomischen Situation in der Volksrepublik<br />

Polen ab Mitte der siebziger Jahre<br />

und dann vor allem nach der Verhängung<br />

des Kriegsrechts am 13. Dezember<br />

1981 kamen mehr und mehr Polen<br />

wieder nach Bremen, teils indem sie eine<br />

deutsche Abstammung geltend machen<br />

konnten, teils als politische Flüchtlinge.<br />

Ökonomische Motive und der<br />

Wunsch, Lebenschancen in Deutschland<br />

zu suchen, spielten bei vielen sicherlich<br />

auch eine nachvollziehbare Rolle – ähnlich<br />

wie bei den ersten polnischen Zuwanderern<br />

100 Jahre zuvor.<br />

IV. Gemeinsames Europa: Rückkehr<br />

der polnischen Minderheit?<br />

Der politische Wandel in Polen 1989 bedeutete<br />

auch für die Migration von Polen<br />

nach Deutschland einschneidende<br />

Veränderungen. Die Berufung auf politisches<br />

Asyl oder auf deutsche <strong>Vor</strong>fahren<br />

fielen als Begründungen für die<br />

Migrationsentscheidung nun weg und<br />

auch Arbeitserlaubnisse für polnische<br />

Arbeitnehmer sind bis heute nur in bestimmten<br />

Branchen zu erhalten. Dennoch<br />

wird die Freizügigkeit von Au-pair-<br />

Mädchen und von Studierenden genutzt.<br />

17 Vgl. Statistisches Handbuch für das Land<br />

Freie Hansestadt Bremen 1950-1960, Bremen<br />

1961, S. 16 u. S. 30.<br />

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Hinzu kommt, dass ein Teil der in den<br />

achtziger Jahren nach Bremen gekommenen<br />

Polen in der Stadt geblieben ist<br />

und sich nun wieder stärker einer polnischen<br />

Identität zuwendet.<br />

Verändert hat sich nach 1989 auch die<br />

Binnenstruktur der Gruppe und ihr Auftreten<br />

nach außen. Viele der Spätaussiedler<br />

aus den 80er Jahren behielten<br />

mit ihrem polnischen Pass 18 auch einen<br />

Teil ihrer kulturell polnischen Identität,<br />

wenn sie sich in der Öffentlichkeit<br />

auch oft nicht dazu bekannten. Durch<br />

den Zuzug neuer Migranten aus Polen<br />

nach 1989 und das sich allmählich verbessernde<br />

Image Polens als eines demokratischen<br />

Staates sollte sich das ändern.<br />

Man hört wieder Polnisch in den<br />

Straßenbahnen, vor den katholischen<br />

Kirchen oder auch an den Universitäten<br />

des Landes. Polnische <strong>Kultur</strong>vereine<br />

machen mit Lesungen, polnischem<br />

Kino und Theater auf sich aufmerksam<br />

und präsentieren das Nachbarland interessant<br />

und kulturell kreativ. Die Spannungen<br />

zwischen „progressiven“ Bremer<br />

Katholiken und „konservativen“<br />

polnischen Katholiken, die in manchen<br />

18 Vgl. die Angaben von Christoph Pallaske,<br />

Migrationen aus Polen in die Bundesrepublik<br />

Deutschland in den 1980er und 1990er Jahren.<br />

Migrationsverläufe und Eingliederungsprozesse<br />

in sozialgeschichtlicher Perspektive, Münster,<br />

New York, Berlin 2002, S. 39 u. 56f.<br />

www.waterfront-bremen.de<br />

Bremer Gemeinden für Unruhe gesorgt<br />

haben, 19 scheinen der Vergangenheit<br />

anzugehören. Aufschlussreicher sind<br />

da schon die unterschiedlichen Traditionen<br />

innerhalb der polnischen Gruppe<br />

in Bremen, zwischen Arbeitsmigranten<br />

und einem kleinen intellektuellen Milieu<br />

von sehr gut ausgebildeten Polen,<br />

die ihr Land nicht mehr nur nach traditionellen<br />

Mustern vertreten, sondern<br />

als modernes europäisches Land. Unabhängig<br />

davon, was die Politik heute<br />

feststellt oder wie der rechtliche Status<br />

definiert ist, kann heute demnach wieder<br />

von einer polnischen Minderheit in<br />

Bremen gesprochen werden. Allerdings<br />

sind heute die <strong>Vor</strong>aussetzungen für eine<br />

Integration unter Beibehaltung der kulturellen<br />

Identität der Polen in Bremen<br />

besser als vor 100 Jahren.<br />

Dr. Stefan Garsztecki<br />

Universität Bremen<br />

19 Ausführlicher dazu Nele Krampen, Zuwanderung<br />

aus Polen und die katholische Kirche in<br />

Bremen. Migration und Religion in der modernen<br />

Gesellschaft, Hamburg 2005.<br />

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