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Zur Arbeit nach Bremen verschleppt<br />
Polnische Zwangsarbeiterinnen und –arbeiter<br />
in Bremer Betrieben während der Nazizeit<br />
„Mein Vater arbeitete als Zwangsarbeiter<br />
auf einem Bauernhof in Hamburg-<br />
Wedel. Er ist geflohen und hat es geschafft<br />
nach Hause zurück zu kommen.“<br />
So wie Urszula Wöltjen berichten ausnahmslos<br />
alle unsere polnischen Gesprächspartner<br />
dieser Moje Weer-Ausgabe<br />
von Eltern, Großeltern oder Verwandten,<br />
die die Nazis nach der Besetzung<br />
Polens nach Deutschland verschleppten.<br />
Wer blieb, musste ebenfalls<br />
damit rechnen, für die Besatzer arbeiten<br />
zu müssen. Urszula Wöltjen berichtet<br />
vom Schicksal ihrer Mutter, „die auch ihren<br />
Weg durch die deutsche Hölle gemacht<br />
hat“. Zunächst als Zwangsarbeiterin<br />
einer Fabrik. Dann wurde sie als<br />
Mitglied einer Untergrundorganisation,<br />
die falsche Dokumente für englische<br />
Fallschirmspringer fabrizierte, verhaftet,<br />
ins Gefängnis und später ins Lager<br />
eingesperrt.<br />
2 Millionen Zwangsarbeiter aus Polen<br />
Etwa zwei Millionen Polen wurden während<br />
des Krieges ins Deutsche Reich verschleppt.<br />
Ab Oktober 1939 vermittelten<br />
die Landesarbeitsämter über Bremen<br />
zivile landwirtschaftliche Arbeitskräfte<br />
aus Polen zumeist an Bauern im Bremer<br />
Umland. Im Herbst arbeiteten aber<br />
auch schon Polen in der Industrie. Ausländische<br />
Arbeitskräfte mussten zunehmend<br />
die Lücken füllen, die durch die<br />
Einziehung deutscher Arbeiter an die<br />
Front in den Betrieben entstanden. Ein<br />
Bericht der Deutschen Arbeitsfront geht<br />
für Sommer 1943 von 41 000 „Fremdarbeitern“<br />
im Bremer Stadtgebiet aus.<br />
1942 betrug ihr Anteil bei der Deschimag<br />
AG „Weser“ 12,7 Prozent der Belegschaft,<br />
bei Weserflug und Borgward mehr als<br />
30 Prozent. Alle, auch die kleinsten Betriebe<br />
wie Handwerker und Bäcker beschäftigten<br />
ausländische Arbeiter. Man<br />
vermutet, dass 1945 jeder vierte bis fünfte<br />
Einwohner der Stadt Ausländer war.<br />
Die Nationalsozialisten behandelten<br />
Aushang von vollzogenen Bestrafungen im<br />
Betrieb<br />
Arbeiter aus den besetzten westlichen<br />
Gebieten weitaus besser als Polen und<br />
„Ostarbeiter“ aus der Sowjetunion.<br />
Während die ersteren in der Regel deutschen<br />
Arbeitern gleichgestellt waren,<br />
erhielten Polen und „Ostarbeiter“ nur<br />
ein Taschengeld.<br />
Für die Polen bestand Kennzeichnungspflicht.<br />
Sie mussten sichtbar das Abzeichen<br />
P auf der Kleidung tragen, ein violettes<br />
P auf gelbem Grund. Wer das Abzeichen<br />
verdeckte oder gar entfernte,<br />
wurde bestraft. Alle <strong>Vor</strong>schriften zielten<br />
darauf ab, die polnischen Menschen von<br />
den Deutschen zu separieren und sie als<br />
minderwertige Rasse zu diskriminieren.<br />
Dazu gehörten Ausgehverbote, Verbot<br />
des Kirchgangs, der Benutzung öffentlicher<br />
Grünanlagen bis zum Verbot, Friseurgeschäfte<br />
zu betreten.<br />
In Polen entwickelten die Nazis die ersten<br />
Umrisse eines gigantischen Umsiedlungs-<br />
und Vernichtungsplan in den<br />
eroberten Ostgebieten. Im Kern sah der<br />
so genannte „Generalplan Ost“ die Deportierung<br />
von 31 Millionen „Fremdvölkischen“<br />
nach Osten und deren Vernichtung<br />
vor. In den annektierten Gebieten<br />
sollten einige Millionen Deutsche angesiedelt<br />
werden. Namhafte deutsche<br />
Wissenschaftler hatten bereits in den<br />
1920er Jahren die Grundlagen für die<br />
„Germanisierungspolitik“ des Ostens<br />
geliefert. Ein Bestandteil dieser Sammlung<br />
„deutschen Blutes“ war es auch, in<br />
den unterworfenen Gebieten die Menschen<br />
herauszufiltern, die nach den rassischen<br />
Kategorien der Nazis „eindeutschungsfähig“<br />
waren.<br />
Rassitisch und Frauenverachtend<br />
In ihrem rassistischen Wahn verfolgten<br />
die Nazibehörden unter drakonischen<br />
Strafandrohungen geschlechtliche Beziehungen<br />
zwischen polnischen und<br />
Ostarbeitern und deutschen Frauen. In<br />
einer vertraulichen Anordnung an die<br />
Landesarbeitsämter warnt der Reichsarbeitsminister<br />
im November 1939: „Der<br />
Einsatz volksfremder Arbeitskräfte und<br />
die Unterbringung der großen Massen<br />
polnischer Gefangener in Deutschland<br />
erfordern eine intensive Aufklärung<br />
des Volkes über die Gefahr einer<br />
Vermischung mit Fremdvölkischen. Die<br />
Reinerhaltung deutschen Blutes ist nationalsozialistisches<br />
Gebot. Wer sich dagegen<br />
versündigt, verliert Ehre und Achtung.“<br />
Über eine Hinrichtung berichtet<br />
Christoph Schminck-Gustavus: Ein<br />
polnischer Landarbeiter starb auf der<br />
Bahrsplate am Galgen, weil er etwas<br />
mit einem deutschen Mädchen gehabt<br />
haben soll. Das Mädchen musste bei der<br />
Exekution mit kahl rasiertem Kopf daneben<br />
stehen 1 .<br />
Die polnischen Zwangsarbeiter sperrte<br />
man zum größten Teil in Lager. Für das<br />
Jahr 1944 ist die Existenz von 200 Bremer<br />
Lagern bezeugt, die über das gesamte<br />
Stadtgebiet verteilt lagen. In<br />
der Nachkriegszeit wurde das Schicksal<br />
der Menschen aus diesen Lagern weitgehend<br />
verdrängt. Viele Firmen, die<br />
Zwangsarbeiter beschäftigt hatten, be-<br />
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