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tigten waren Frauen, überwiegend verheiratet.<br />

Der größte Teil wanderte seit<br />

der Gründung der „Jute“ aus Böhmen,<br />

Mähren, Galizien und dem Eichsfeld<br />

ein. In diesen überwiegend ländlichen<br />

Gebieten mit zum Teil alten Webereizentren<br />

war die Bevölkerung sehr verarmt<br />

und die „Jute“ suchte hier gezielt<br />

nach neuen Arbeitskräften. Der Werbung<br />

folgten viele Familien auf der Suche<br />

nach besseren Lebensverhältnissen.<br />

Auf der einen Seite war ihnen die Technik<br />

des Webens bekannt, auf der anderen<br />

Seite galten sie dennoch als ungelernte<br />

Arbeitskräfte und erhielten wenig<br />

Lohn, sogar weniger als ihre einheimischen<br />

Kolleginnen.<br />

So wurde auf der „Jute“ und im Wohngebiet<br />

um die „Jute“ herum überwiegend<br />

polnisch gesprochen. Die Arbeitsbedingungen<br />

waren hart und belasteten die<br />

Gesundheit, die Wohnverhältnisse eng,<br />

aber dennoch waren die Lebensbedingungen<br />

für viele Eingewanderte besser<br />

als in ihrer alten Heimat.<br />

Die „Jute“ baute werkseigene Wohnungen<br />

und Straßenzüge, so die Fabrikenstraße<br />

(später umbenannt in Albert-Hasemann<br />

Straße) und Am Syndikushof,<br />

wo ausschließlich auf der „Jute“<br />

Beschäftigte wohnten. Und in den angrenzenden<br />

Straßen ( Wormser-, Gerhard-Rolfs-,<br />

Gutenberg- und Gabelsberger<br />

Straße) waren viele „Jute“ Familien<br />

zu Hause.<br />

In einer Untersuchung von 1907 galt<br />

das Wohngebiet um die „Jute“ als das<br />

dicht besiedelste in ganz Bremen. Die<br />

Wohnungen waren überbelegt, da außer<br />

den Familien noch „Schlafgänger“<br />

und Logierer“ untergebracht wurden,<br />

d.h. es wurden zusätzlich Zimmer oder<br />

einzelne Betten für wenig Geld vermietet,<br />

meistens an Arbeiter der Jute. Für<br />

„Jute“-ArbeiterInnen war es kaum möglich<br />

Eigentum zu erwerben; sie wohnten<br />

vergünstigt in den werkseigenen Wohnungen,<br />

erhielten wenig Lohn, und zählten<br />

innerhalb der Arbeiterschaft zur untersten<br />

„Kaste“.<br />

So grenzte man sich als Hafenarbeiter<br />

oder Handwerker auch von den auf der<br />

„Jute“ Beschäftigten ab. Nicht nur die<br />

Sprache und der soziale Status waren eine<br />

Barriere, auch die Religion spielte um<br />

die Jahrhundertwende eine große Rolle:<br />

Viele der „Jute“-Familien waren katholisch,<br />

so dass sich schon 1898 die katholische<br />

Gemeinde in Bremen zum Bau der<br />

St. Mariengemeinde in Walle am Steffensweg<br />

entschied, um den Bedarf der<br />

wachsenden katholischen Bevölkerung<br />

im Westen zu decken. Hier wurde der eigenen<br />

kulturellen Identität Raum gegeben,<br />

hier wurde geheiratet, gefeiert und<br />

getrauert, und sogar die Gottesdienste<br />

fanden mehrsprachig statt. (Man muss<br />

sich vergegenwärtigen, dass es damals<br />

nicht denkbar war, dass Katholiken und<br />

Evangelen z.B. heirateten.). Zur St. Mariengemeinde<br />

gehörten auch Kinderheim<br />

und Schule. (Die St. Mariengemeinde<br />

baute trotz der starken Zerstörung nach<br />

1945 auf dem gleichen Gelände am Steffenweg<br />

ihre Kirche und Gemeindehäuser<br />

wieder auf.)<br />

Kinder- und Säuglingsheim der „Jute“<br />

Da die Lebensbedingungen im Fabrikviertel<br />

um die „Jute“ ausgesprochen<br />

schlecht waren und da viele Frauen, die<br />

auf der „Jute“ beschäftigt waren, etliche<br />

Kinder hatten, die kaum beaufsichtigt<br />

werden konnten, wurde 1907 ein großzügig<br />

angelegtes Kinderheim der „Jute“<br />

eröffnet: Das Heim, direkt an der Nordstraße<br />

gelegen, war modern eingerich-<br />

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