strategiewechsel im marketing - Marketing-Club Braunschweig
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„wie lange noch ein stiefkind?“<br />
Die Veränderungen auf dem ÖPNV-Markt in Deutschland waren<br />
in den letzten zehn Jahren erheblich. Auslöser war die so<br />
genannte Regionalisierung des ÖPNV <strong>im</strong> Jahre 1996, bei der die<br />
Verantwortung für Planung, Organisation und Finanzierung<br />
des ÖPNV vom Bund auf die Länder (und zum Teil auf die unteren<br />
Gebietskörperschaften) überging. Die Ziele dieser Regionalisierung<br />
bestehen darin, diesen Markt mehr dem Wettbewerb<br />
zu öffnen und durch die stärkere Berücksichtigung der „Vorort“-Bedürfnisse<br />
eine bessere Wirtschaftlichkeit bei gleichzeitig<br />
verbessertem Angebot und höherer Qualität zu erreichen.<br />
Da sich ÖPNV-Leistungen in der Regel nicht allein durch Fahrgeldeinnahmen<br />
tragen, kommt ein Verkehrsangebot nur dadurch<br />
zustande, dass die öffentliche Hand als Aufgabenträger<br />
(=Besteller) für den ÖPNV die Verkehrsleistungen bei entsprechenden<br />
Verkehrsanbietern (=Erstellern) ordert. Es wird also ein<br />
Zuschuss gezahlt, der bundesweit eine Größenordnung von<br />
rund 10 Milliarden Euro erreicht!<br />
Die institutionelle Trennung von Besteller- und Erstellerfunktion<br />
betrifft aber nicht nur fi nanzielle Aspekte, sondern es besteht<br />
zunehmend die Tendenz, dass die Besteller auch unternehmerische<br />
Funktionen an sich ziehen. Gerade bei sehr eng defi -<br />
nierten Ausschreibungen bleiben sogar <strong>Marketing</strong>- und Kommunikationsaufgaben<br />
(wie Marktforschung, Vertriebs- und Tarifkonzeption,<br />
Produktplanung, Qualitätsplanung und -sicherung)<br />
<strong>im</strong> Verantwortungsbereich der Aufgabenträger, während<br />
sich das Verkehrsunternehmen in der Rolle des „Lohnkutschers“<br />
wiederfi ndet. Aber auch ohne diese Extrembeispiele ergeben<br />
sich für ein <strong>im</strong> ÖPNV tätiges Unternehmen genügend Besonderheiten<br />
in der Marktbearbeitung durch die Art der Marktstruktur.<br />
Zum einen hat das Verkehrsunternehmen den Ansprüchen<br />
des Bestellers als Großkunden zu genügen, zum anderen sollte<br />
es aber auch die Wünsche des Fahrgastes nicht außer Acht lassen.<br />
In der Praxis war es für das Verkehrsunternehmen bislang<br />
rational, seine Bemühungen auf den Besteller zu konzentrieren.<br />
Gerade die jüngste Kürzung der öffentlichen Zuschüsse <strong>im</strong> ÖP-<br />
NV lässt jedoch den Ruf nach „mehr <strong>Marketing</strong>“ laut werden.<br />
Durch den gezielten Einsatz des <strong>Marketing</strong>instrumentariums<br />
am Fahrgastmarkt sollen die Verkehrsunternehmen die Fahrgelderlöse<br />
steigern und so einen Teil der entstehenden Einnahmelücke<br />
der Besteller schließen.<br />
clubinfo 02.2007<br />
<strong>marketing</strong> <strong>im</strong> öpnv<br />
Während <strong>im</strong> Güterverkehr und der Logistik der Einsatz <strong>marketing</strong>spezifi scher Instrumente mittlerweile eine feste Größe in den Unternehmensstrategien<br />
ist, zeigen sich <strong>im</strong> Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) erhebliche Defi zite. Es sind vor allem<br />
die Eigenheiten in der Marktstruktur sowie Wettbewerbs- und Nachfragespezifi ka, die das <strong>Marketing</strong> in Verkehrsunternehmen<br />
des ÖPNV beeinfl ussen. Ein Bericht von Prof. Dr. Dirk Gunther Trost, FH <strong>Braunschweig</strong>/Wolfenbüttel.<br />
Tatsächlich kann nachgewiesen werden*, dass die Marktakteure<br />
bislang viele Instrumente der Leistungs-, Preis-, Kommunikations-<br />
und Distributionspolitik nicht oder nur subopt<strong>im</strong>al<br />
zum Einsatz bringen. Ursache hierfür ist, dass der Nutzung der<br />
<strong>Marketing</strong>instrumente vor allem organisatorische Hürden <strong>im</strong><br />
Weg stehen. Erst wenn die zwischen Verkehrsunternehmen,<br />
Verkehrsverbünden und Aufgabenträgern gewachsene Struktur<br />
verändert wird und eindeutige Zuständigkeiten geschaffen<br />
werden, kann das <strong>Marketing</strong> den vorgesehenen Beitrag für eine<br />
verbesserte Einnahmesituation und Kundenzufriedenheit <strong>im</strong><br />
ÖPNV erbringen und die Leistungen noch mehr an den Bedürfnissen<br />
der Kunden ausrichten.<br />
Keine Frage: Mit Blick auf die Ziele der Regionalisierung ist in<br />
den letzten zehn Jahren eine Menge <strong>im</strong> ÖPNV erreicht worden,<br />
aber noch ist zum Beispiel die politische Einfl ussnahme auf die<br />
Preispolitik zu häufi g sichtbar und die Verkaufsförderung vielfach<br />
nur rud<strong>im</strong>entär ausgeprägt. Es sind daher eine noch stärkere<br />
<strong>Marketing</strong>orientierung der Akteure und eine bessere Zusammenführung<br />
sämtlicher <strong>Marketing</strong>d<strong>im</strong>ensionen und -funktionen<br />
<strong>im</strong> ÖPNV zu fordern, wenn der Fahrgast endgültig in den<br />
Mittelpunkt rücken soll.<br />
* siehe C.A. Rumpke, <strong>Marketing</strong>instrumente bei Mobilitätsdienstleistern<br />
<strong>im</strong> ÖPNV in Deutschland, Berlin 2005.<br />
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