DAS EREIGNIS von Martin Oberpriller STADTJUBILÄUM HURRA DIE BRASILIANER KOMMEN Während des Confederations-Cups logiert <strong>die</strong> Fußball-Nationalmannschaft vom Zuckerhut in Leverkusen. Das bringt viel Freude, aber auch eine Reihe offener Fragen für <strong>die</strong> Organisatoren mit sich. 26 DAS REGIONALE FREIZEITMAGAZIN 3/2005
Einschlägige Erfahrungen haben <strong>die</strong> Verantwortlichen rund um den Leverkusener Sportpark ja bereits gesammelt mit Fußballartisten aus Brasilien. Immerhin war es <strong>Bayer</strong> 04 Leverkusen, der als Bundesligist in den 80er Jahren mit dem Nationalstürmer Tita einen der ersten hierzulande erfolgreichen Ballkünstler vom Zuckerhut in hiesige Gefilde transferierte. Und <strong>die</strong>se Liste ließe sich bis heute, zu den Tagen eines Roque Junior oder Juan, beliebig fortsetzen. Doch das, was in <strong>die</strong>sem Monat rund um das inzwischen zur BayArena umgebaute alte Ulrich-Haberland-Stadion ablaufen wird, dürfte alle bislang gemachten Erfahrungen mit den Kickern aus Südamerika in den Schatten stellen. Wobei, so ganz genau weiß in Leverkusen eigentlich noch niemand, was passieren wird, wenn sich im Rahmen des <strong>die</strong>sjährigen Confederation-Cups <strong>die</strong> brasilianische Nationalmannschaft in der Farbenstadt <strong>die</strong> Ehre geben und ihr zentrales Trainingslager aufschlagen wird. „Wir müssen relativ kurzfristig planen“, heißt es unisono aus den Presseabteilungen der Stadt und von <strong>Bayer</strong> 04. Der Hintergrund: Ab Mitte Juni läuft in Deutschland der für gewöhnlich von den meisten Spielern und Funktionären eher ungeliebte Confederation-Cup der Fußball-Weltorganisation FIFA quasi als Generalprobe für <strong>die</strong> WM ein Jahr darauf. Doch während es den Weltmeisterschafts-Organisatoren neben einem möglichst guten Eindruck vor allem darum geht, in Sachen Sicherheit den Stand der Vorbereitungen zu ergründen, und Bundestrainer Jürgen Klinsmann <strong>die</strong> Gelegenheit beim Schopfe ergreifen will, <strong>die</strong> Form der deutschen Nationalspieler gegen ernsthafte Gegner zu testen, steht für Leverkusen beim Besuch der Brasilianer noch etwas ganz anderes auf dem Spiel. Zwölf Monate vor dem Beginn der WM 2006 bringen sich viele deutsche Städte in Stellung, wenn es darum geht, eines der insgesamt 31 Gastteams während des Turniers zu beherbergen. Gerade für Leverkusen eine günstige Gelegenheit, sich als Standort nachdrücklich in Erinnerung zu bringen. „Über <strong>die</strong> großen Details sind wir uns zwar noch nicht im Klaren, aber wir werden uns bemühen, mit kleinen Gesten unsere Gäste zu erfreuen“, erklärt Michael Wilde, Pressesprecher der Stadt. Dabei weiß Wilde ganz genau, welcher Trubel auf <strong>die</strong> Stadt und ihre nähere Umgebung zukommen wird. In der Opladener Stadtverwaltung wird mit mehreren tausend Gästen während des Confed-Cups gerechnet, <strong>die</strong> der hiesigen Hotelbranche einen gehörigen Aufschwung bescheren und auch <strong>die</strong> Betten im Umland in Beschlag nehmen werden. Neben dem Tross der Nationalmannschaft des fünffachen Weltmeisters, zu dem nicht nur Spieler und Trainer, sondern auch unzählige Betreuer, Funktionäre und Freunde gehören werden, sind es vor allem Journalisten aus dem 200-Millionen-Einwohner-Land, <strong>die</strong> in <strong>die</strong>sen Tagen nach Leverkusen kommen werden. „Die Brasilianer sind ja sehr me<strong>die</strong>nfreundlich", sagt eine Sprecherin von <strong>Bayer</strong> 04. Und eben <strong>die</strong>se Me<strong>die</strong>nvertreter – nicht nur aus Brasilien – sind gleichzeitig perfekte Multiplikatoren, wenn es gilt, das Bild Leverkusens aufzupolieren. Nur wie kann das geschehen? Klar, aus einer deutschen Industriestadt macht kein Mensch – sozusagen über Nacht – ein Copacabana-Para<strong>die</strong>s im Schatten von Zuckerhut und Palmen. Wobei, ein bisschen tropisches Flair soll es dann in den kommenden Wochen schon geben. „Wir werden zum Beispiel <strong>die</strong> Stadt mit brasilianischen Fähnchen schmücken“, konkretisiert Michael Wilde jene „kleinen Gesten“, mit denen <strong>die</strong> städtischen Verantwortlichen <strong>die</strong> weltweite Präsenz zu nutzen gedenken. Keine schlechte Idee, denn <strong>die</strong> brasilianischen Fahnen werden all den Fußballfreunden den Weg in <strong>die</strong> BayArena weisen, <strong>die</strong> Ronaldinho und Co. einmal hautnah bei ihrem Tagewerk in Augenschein nehmen wollen. Nach dem jetzigen Stand der Planungen werden <strong>die</strong> Kicker wohl in mehreren Intervallen auf dem Rasen des Leverkusener Stadions auflaufen. Am 11. Juni werden <strong>die</strong> Brasilianer in Deutschland erwartet und dann zunächst einmal in ihrem Hotel in Bergisch Gladbach Quartier beziehen. Vom 12. bis 15. Juni sind dann – allerdings noch ohne Gewähr – jeweils um 17 Uhr in der BayArena öffentliche Trainingseinheiten geplant, ehe sich <strong>die</strong> Mannschaft einen Tag später zu ihrem ersten Spiel gegen Europameister Griechenland in Richtung Leipziger Zentralstadion verabschiedet. Die weiteren Vorrundenspiele steigen am Sonntag, 19. Juni, gegen Mexiko in Hannover und am Dienstag, 22. Juni, in Köln gegen Japan. DAS EREIGNIS Gut möglich also, dass vor allem rund um den letzten Vorrunden-Termin noch einmal <strong>die</strong> Leverkusener Fans in den Genuss ganz besonderer ballakrobatischer Einlagen kommen werden. Zumal <strong>die</strong> Brasilianer als Confed-Sieger von 1997 trotz der bereits feststehenden Ausfälle der Superstars Roberto Carlos, Cafu und Dida angekündigt haben, den Cup nicht auf <strong>die</strong> leichte Schulter nehmen zu wollen. Denn immerhin winken dem Gewinner der Veranstaltung mit einem Gesamtetat von rund 32 Millionen Euro am Ende satte 2,25 Millionen Euro an Siegprämie. Gewinner ganz anderer Art werden auf jeden Fall <strong>die</strong> Fußballfans von <strong>Bayer</strong> 04 sein. Auch wenn es in der neuen Saison mit der Champions-League und dem damit verbundenen ganz großen Fußball in der BayArena nichts werden wird, und sie nach der gleich doppelten Ausbootung des Standorts Leverkusen in Sachen WM – zuerst verzichteten <strong>die</strong> Verantwortlichen auf eine Bewerbung als Austragungsort, dann verlegte der DFB auf Druck von Klinsmann <strong>die</strong> Trainingsstätte der deutschen Elf kurzerhand von Leverkusen nach Berlin – Gefahr liefen, in <strong>die</strong> Röhre zu gucken. Die Trainingseinheiten der Brasilianer werden nämlich nicht nur öffentlich, sondern auch kostenlos im Stadion zu beobachten sein. Und wer weiß: Vielleicht müssen sich <strong>die</strong> Verantwortlichen bei <strong>Bayer</strong> 04 und in der Leverkusener Stadtverwaltung nach <strong>die</strong>sem Monat auch in Sachen Weltmeisterschaft keine Sorgen mehr machen. „Wir überlegen, den Stadtführer vielleicht auf Portugiesisch herauszugeben“, erzählt Pressesprecher Wilde, der sich darüber hinaus auch Stadtrundfahrten für <strong>die</strong> Gäste vorstellen kann. Das alles wird bleibenden Eindruck erzeugen – und <strong>die</strong> Brasilianer eventuell davon überzeugen, ihr Hauptquartier auch während der WM in Leverkusen aufzuschlagen. Das wäre kein schlechter Tausch gegen <strong>die</strong> Deutschen um Jürgen Klinsmann. Denn erfahrene Beobachter der Fußballszene trauen den Ballkünstlern vom Zuckerhut auch bei der WM 2006 eher den Titel zu als den Gastgebern. In Leverkusen jedenfalls hat man mit den brasilianischen Freunden bislang sehr gute Erfahrungen gesammelt. DAS REGIONALE FREIZEITMAGAZIN 3/2005 27