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Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...

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Berichte<br />

dennoch „ambitionierte pädagogische Zielsetzung“ nennt.<br />

Mit großer Verve, atemraubendem Engagement, hat sie ihre<br />

praktischen Erfahrungen in der Sektion „<strong>Denkmalpflege</strong> als<br />

kulturelle Vermittlung“ dargestellt und viel positive Resonanz<br />

erfahren. „Die ästhetische Wahrnehmung beeinflussen“<br />

– noch einmal nachgefragt: Avantgarde also der <strong>Denkmalpflege</strong><br />

im Jahre <strong>2013</strong>? Ein wenig nachhinkend klingt das<br />

schon für unser Fach, erinnert man sich doch an ähnliche<br />

pädagogische Forderungen für die Kunsterziehung bereits<br />

in der Folge der 1968er Studentenbewegung.<br />

„Fremde Impulse“ ausmachen: in Geschichte und Gegenwart<br />

und deren Auswirkungen auf die Entstehung der<br />

Denkmäler erforschen – so Dr. Barbara Seifen vom Landschaftsverband<br />

Westfalen-Lippe, <strong>Denkmalpflege</strong>. Alles ist<br />

ja infolge irgendwelcher Einflüsse entstanden, und nicht<br />

selten waren auswärtige oder gar zugereiste Impulse dafür<br />

verantwortlich, technologische, glaubensbedingte, wirtschaftliche,<br />

gesellschaftspolitische Impulse – oder heute der<br />

nicht mehr zu bremsende Einfluss des Internets. Themenwechsel?<br />

Nicht wirklich: Schließlich geht es auch hier darum,<br />

den Umgang mit Denkmälern einer Öffentlichkeit zu<br />

vermitteln, gern auch einer mit Migrationshintergrund – im<br />

Zeitalter der Globalisierung natürlich nichts Neues. – Auch<br />

Prof. Dr. Bernhard Furrer, Architekt und früher u. a. Präsident<br />

der Eidgenössischen Kommission für <strong>Denkmalpflege</strong>,<br />

schlug in die gleiche Kerbe mit dem „Fremde[n] im Denkmal“.<br />

Aber das „Fremde“ neuer Forschungsergebnisse gleich<br />

zum Ausgangspunkt eines Vertrautheitsverlustes zu machen?<br />

Und ob neue <strong>Informationen</strong> zu unseren Denkmälern<br />

uns so verunsichern, dass sie gar zu „Fremden im eigenen<br />

Land“ werden können, scheint ein bisschen weit gesprungen.<br />

Da glaubt man doch eher ein Bündel anderer Faktoren<br />

zu kennen, die wichtiger für die Wertschätzung von und den<br />

Umgang mit Denkmälern sind. Dass ehemals fremdartige/<br />

immigrierte Entstehungsgrundlagen bei der Vermittlung an<br />

Immigranten und Fremde hilfreich sein können, mögen wir<br />

gerne glauben – aber sind sie wirklich notwendig, wenn die<br />

Rezepte altvertraut sind, das Alt- oder Neuheimische zur<br />

Integration heranzuziehen: Stadtführungen, pädagogische<br />

Programme und Kurse? Und ist das Fremde heraus- oder<br />

hineinzukitzeln schon wieder Avantgarde?<br />

„<strong>Denkmalpflege</strong>: Kontinuität und Avantgarde“ als Thema<br />

hatten sich die Veranstalter der Jahrestagung der Landesdenkmalpfleger<br />

in der BRD“ vom 16. bis 19. Juni <strong>2013</strong> in<br />

Erfurt gestellt – zwei schillernde Begriffe, die damit in einen<br />

Gegensatz (?) gespannt wurden mit der heimlich unterlegten<br />

Frage: Ist die heutige <strong>Denkmalpflege</strong> traditionell<br />

vergreist oder modern, altmodisch oder peppig? Großer<br />

Aufwand: Referenten aus verschiedenen Fachgebieten mit<br />

zupackenden Kindermalkursergebnissen, Detailversessenheit<br />

und mitunter den Horizont der von Hitze (es war die<br />

Sommerwoche dieses Jahres) und Konzentration erschöpften<br />

Zuhörer stark strapazierendem Fachjargon – oder zumindest<br />

wissenschaftlich wähnenden Satzkaskaden – umgingen<br />

denn auch zumeist diesen sich nicht wirklich aufdrängenden<br />

„Gegensatz“.<br />

Die Sektionsthemen verrieten auch gleich, wie man dem<br />

zwiegespaltenen Programmkomplex zu Leibe rücken wollte,<br />

sagen wir ruhig, wie man die gegensätzliche Einheit knacken<br />

wollte, bis die Schalen rumlagen: durch Aufdröseln nämlich<br />

in Kleinphänomene, über die vielleicht die Gesamtfrage etwas<br />

aus dem Blick geriet. Ob man aber mit dem Aufreißen<br />

der heute unumgänglichen gesellschaftlichen Probleme und<br />

ihrer Relevanz für die <strong>Denkmalpflege</strong> der so nicht richtig aufgegriffenen<br />

Tagungsfrage näher kam, war wohl den meisten<br />

bis zum Ende nicht klar. Wer führt heute als Untersuchungsgegenstand<br />

nicht im Munde: den gesellschaftlichen Wandel,<br />

will in erster Linie heißen demographischen Wandel (Sektion<br />

I) – natürlich mit den inzwischen bekannten katastrophalen<br />

Auswirkungen auf Denkmäler, auf Ortschaften und<br />

Kulturlandschaften? „Die <strong>Denkmalpflege</strong> als Philosophie der<br />

Nachhaltigkeit“ mit ihren Bestrebungen nach energetischer<br />

Sanierung und Ressourcenschonung, Substanzerhaltung<br />

und Energieeffizienz behandelte Sektion II. Genannt wurde<br />

schon die Aufgabe der „Denkmalvermittlung“ (Sektion III),<br />

ein weites Feld experimentierender denkmaldidaktischer und<br />

-pädagogischer Wirksamkeiten. Die Sektion IV klapperte<br />

schließlich die „Arbeit in Netzwerken“ ab, die auf sozialem,<br />

idealistischem, halb- und ganz beruflichem Engagement basierten<br />

und den bekannten Fächer von Mechanismen zum<br />

Einsatz brachten: Werbung, Information, Ehrenamt u. ä.<br />

Wie in den letzten Jahren üblich, zog man wieder ein breites<br />

Spektrum von Experten aus unterschiedlichen Gebieten<br />

zu Rate: neben den <strong>Denkmalpflege</strong>rn aus Landesämtern und<br />

Kommunen auch Pädagogen, Architekten, Stadtplaner, Politiker,<br />

Verwaltungsfachleute, verschiedene Fachingenieure<br />

und Naturwissenschaftler. So verwunderte es nicht, dass ein<br />

Architekt, Prof. Michael Braum von der IBA Heidelberg,<br />

sich eher Gedanken zu Architektur als solcher und nicht<br />

zur <strong>Denkmalpflege</strong> machte und sein Thema, die „Nachhaltigkeit“,<br />

wohl als wirtschaftlich notwendige Grundlage für<br />

zukünftiges Bauen, aber eben auch als für von der <strong>Denkmalpflege</strong><br />

abgehobenes Bauen sah. Das Ziel der <strong>Denkmalpflege</strong><br />

war im Rahmen seiner stark abstrahierten Forderungen<br />

nach qualitätvollem Bauen, für ein „Recht auf Schönheit und<br />

Landschaft“, auf Weiterbauen im (auch historischen) Kontext<br />

ohne Banalität und sklavischem Festhalten am Alten so einfach<br />

nicht wiederzufinden. Sein Vorschlag, sich angesichts<br />

der immer wiederkehrenden Klagen um Personalnot und eines<br />

nicht mehr zu bewältigenden Arbeitsanfalls auf „die 5 %<br />

gute historische Architektur“ zu beschränken – anscheinend<br />

mit dem notwendigen unfehlbaren Beurteilungsvermögen<br />

im Gepäck und damit die Frage einer Klassifizierung der<br />

Denkmäler mit einem Schlag gänzlich unreflektiert lösend<br />

– lässt um die historische Umwelt fürchten.<br />

Da aus all dem nicht so richtig klar wurde, was denn nun<br />

in der <strong>Denkmalpflege</strong> eigentlich Avantgarde, was Kontinuität<br />

sei, half auch die mehrmals bemühte Herleitung des<br />

Begriffs Avantgarde aus der französischen Militärsprache<br />

nicht wirklich: Vorhut ja, aber wofür? War der „Haupttross“<br />

doch eine gesellschaftlich wenig interessierende Fachdisziplin,<br />

deren Thesen in der praktischen Umsetzung allerorten<br />

auf Widerstand stößt! Und was war dann die Funktion der<br />

Vorhut? Konnte man sich die Antwort aus vielen kleinen<br />

Häppchen zusammensetzen?<br />

Prof. Dr. Hans-Rudolf Meier von der Bauhaus-Universität<br />

Weimar hat in seinem bereits am ersten Tag gehaltenen Beitrag<br />

„<strong>Denkmalpflege</strong> und Fortschritt“ das Problem und we-<br />

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