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Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...

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Berichte<br />

Vorträge und Ergebnisse<br />

Elf Doktoranden aus sechs Disziplinen stellten die Ergebnisse<br />

dreijähriger Forschungsarbeit vor: Betreut von Prof.<br />

Dr. Enno Bünz referierten Alexander Sembdner und Tim<br />

Erthel zur Historie und Landesgeschichte, Sembdner über<br />

die Bischofsstadt Naumburg – das „Werden einer geistlichen<br />

Stadt“, Erthel über den Dombau und die „Kirchenfabrik“.<br />

Eine Auswertung der Rechnungen ab 1485 ergab, dass<br />

zahlreiche Veränderungen am Dom eine Folge des Wiederaufbaus<br />

nach dem Brand 1532 sind.<br />

Prof. Dr. Joachim Poeschke von der Westfälischen Wilhelms-Universität<br />

Münster war als Doktorvater von Sabine<br />

Treude und Peter Bömer mit dem Teilprojekt Kunstgeschichte<br />

involviert. Bömer lieferte eine Stil-Analyse der<br />

Bildwerke des Westlettners, Treude beschäftigte sich mit<br />

der Stellung der Naumburger Stifterfiguren im Kontext des<br />

französischen und deutschen Stiftermonuments.<br />

Mit der Bauforschungsgruppe erfolgte der Einstieg in die<br />

Praxis. Unter der Leitung von Prof. Dr. Manfred Schuller<br />

von der TU München untersuchten Ilona Dudzinski und<br />

Dominik Jelschewski Entstehungs- und Objektgeschichte<br />

der Architektur und Skulpturen des Westlettners – Dudzinski<br />

anhand maßstabsgerechter Handaufmaße, Jelschewski<br />

dagegen mit modernen Scanverfahren: Mit einem Streifenlichtscanner<br />

erfasste er berührungslos und auf 1/100<br />

Millimeter genau die Oberflächen der Figuren und Baldachine.<br />

Mit den so konfigurierten 3D-Modellen konnte er den<br />

Skulpturenversatz im Bauverlauf rekonstruieren.<br />

Provenienz und technische Eigenschaften der verwendeten<br />

Natursteine klärte der Geologe Dr. Gerd Seidel. Der verbaute<br />

Muschelkalk stammt aus dem nahe gelegenen Steinbruch<br />

„Himmelreich“ bei Bad Kösen. Stifterfiguren wie<br />

Lettner sind aus dem sogenannten „Schaumkalk“ gefertigt,<br />

einer relativ jungen, grobporigen, eigentlich für Bildhauerarbeiten<br />

wenig geeigneten Ablagerungsschicht.<br />

Für die Hochschule der Bildenden Künste Dresden unter der<br />

Leitung von Prof. Dr. Christoph Herm analysierte die Chemikerin<br />

Jacqueline Menzel die Farbschichten der Skulpturen<br />

im Westchor mithilfe der Raman-Spektroskopie. Sie fand<br />

heraus, dass sich die Methode zur Identifizierung mittelalterlicher<br />

Farbschichten eignet, erforderlich bleibt jedoch eine<br />

Verifizierung der Ergebnisse durch andere zerstörungsfreie<br />

Methoden und die Auswertung und Interpretation durch<br />

Restauratoren.<br />

Die Restauratorinnen Daniela Karl und Bernadette<br />

Freysoldt, Doktorandinnen bei Prof. Dr. Thomas Danzl<br />

an der Hochschule der Bildenden Künste Dresden, legten<br />

Forschungsergebnisse zu Farbfassungen vor: Karl stellte<br />

anhand einer virtuellen Farbrekonstruktion der Stifterfiguren<br />

die bauzeitliche Fassung des 13. Jahrhunderts der heute<br />

vorrangig erhaltenen Zweitfassung von 1518 gegenüber.<br />

Freysoldt präsentierte neue Erkenntnisse zu der besonders<br />

hochwertigen 13.-Jahrhundert-Fassung des Westlettners.<br />

Durch eine gezielte Analyse zahlreicher Parameter wie u. a.<br />

öko-, sozio- oder psychologischer Prozesse, zeichnet sich<br />

die Methode des Bereichs Tourismusforschung aus, wie<br />

Prof. Dr. Jürgen Schmude von der Ludwig-Maximilians-<br />

Universität einleitend darlegt. Bei der Wirtschaftsgeografie<br />

angesiedelt, lebt die Tourismusforschung von ihrer Interdisziplinarität.<br />

Susanne Frank und Christina Hans hatten das<br />

Ziel, die Angebote des Naumburger Doms zu optimieren,<br />

d. h. besser auf die Bedürfnisse der Besucher zuzuschneiden,<br />

Frank durch eine Evaluierung der Erhebung eines Eintrittspreises<br />

anhand von Besucherbefragungen. Hans erstellte auf<br />

Grundlage von Assoziationsnetzen eine Imageanalyse hinsichtlich<br />

der Besuchertypen des Doms mit dem Ergebnis,<br />

dass unterschiedliche Domführungen, für wissens- bzw. für<br />

gefühlsmäßig-orientierte Besuchergruppen eine Ideallösung<br />

wären.<br />

Arbeiten im Team<br />

Um die Zugänglichkeit des Doms für Touristen tagsüber zu<br />

sichern, musste ein Großteil der Vor-Ort-Untersuchungen<br />

nachts durchgeführt werden, was Durchhaltevermögen und<br />

ein hohes Maß an Disziplin erforderte. Und nur eingepackt<br />

in blaue Overalls – der Kühlhaustechnik entlehnt – war das<br />

Arbeiten bei winterlichen Minusgraden möglich: vorbildlich<br />

zäher Akademikerwille! Die Vermengung von Leben und<br />

Forschen, Folge der Wohngemeinschaft vor Ort oder gemeinsamer<br />

Aktivitäten wie geologischer Exkursionen, führte zu<br />

einem ungezwungenen Wissensaustausch und schließlich<br />

zur Präsentation übereinstimmender Ergebnisse – wenn es<br />

den Kollegiaten auch im Team nicht gelang, das „Rätsel“ um<br />

den Naumburger Meister zu lösen.<br />

Stephanie Hodek<br />

<strong>Denkmalpflege</strong>: Kontinuität<br />

und Avantgarde<br />

Jahrestagung der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger<br />

in der BRD, 16.–19. Juni in Erfurt<br />

Spazierengucken? – Gucken – stolpern – Details anschauen<br />

– und Notizen machen: schreiben, zeichnen, fotografieren.<br />

Kulturvermittlung ist das, an Kinder – klar: Kinder unsere<br />

Zukunft, Zukunft auch unserer Denkmäler und Zukunft<br />

überhaupt einer <strong>Denkmalpflege</strong>. Aber: Ist das jetzt schon<br />

Avantgarde der <strong>Denkmalpflege</strong> oder noch Kontinuität –<br />

also eine gesamtgesellschaftlich gesehene avantgardistische<br />

Bewegung oder wenigstens Verhaltsweise in Bezug<br />

auf unsere denkmalpflegerischen Anliegen oder nur die<br />

Fortsetzung einer, wenn vielleicht auch mit anderen Mitteln,<br />

immer im Auge behaltenen Vermittlungstradition? –<br />

So richtig mag man Letzteres tatsächlich nicht erkennen.<br />

Pädagogik ist es natürlich: Stadtgeschichte, Denkmäler,<br />

ausgezeichnete Orte der Umgebung und Geschichte vermitteln<br />

– so etwas wie Heimatkunde, hätte das nicht so<br />

einen altmodischen Hautgout.<br />

„Teilhaben an der Umwelt“, „Dialog von Mensch und Objekt“,<br />

„Interesse wecken für die Wahrnehmung der Denkmäler“,<br />

„Fachwissenschaft und Lehrer zusammenbringen“,<br />

„Theorie und Praxis nicht als Gegenteil betrachten“: So<br />

lauten die Schlagworte, die Forderungen, die man glaubt,<br />

seit Jahrzehnten aus unterschiedlichsten Bereichen zu hören,<br />

aber wahrscheinlich hat Prof. Dr. Barbara Wenzel von<br />

der Technischen Universität Dortmund recht, wenn sie das<br />

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