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Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...

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Berichte<br />

ist insbesondere die Sanierung wesentlicher Konstruktionsteile<br />

der Hochofengruppe hervorzuheben. In den Randbereichen<br />

der Hütte jedoch dürfte schon wegen der schieren<br />

Ausdehnung des Komplexes und auch aus finanziellen<br />

Gründen eine vollständige Reinigung und Konservierung<br />

nicht möglich sein.<br />

Die Förderstrukturen in der Bundesrepublik sind auf Projekte<br />

dieser Art nicht zugeschnitten. Allein für den teuren<br />

Unterhalt von Gebäuden und für ihre Instandhaltung müssen<br />

neue Wege gefunden werden. Diese Probleme führten daher<br />

wohl zu der „Notlösung“, nur die markantesten Teile einer<br />

Industrieanlage zu erhalten. Fast alle Objekte, die wir bei<br />

der Exkursion am Samstag zu sehen bekamen, sind schon<br />

entsprechend „minimiert“.<br />

Am Beispiel der Grube Göttelborn, wo die obertägigen<br />

Bestandteile eines Steinkohlebergwerks noch fast vollständig<br />

erhalten sind, zeigt sich die Problematik deutlich: Die dortigen<br />

Projektentwickler waren anscheinend mit dem Erhalt<br />

der Gesamtanlage überfordert. Sie haben sich nicht gefragt:<br />

Wie kann man eine Kohlenwäsche vermitteln? Wozu dienten<br />

Kesselhaus, Bunker, Lager, Sozialräume und andere<br />

„unspektakuläre“, aber damals unverzichtbare Bestandteile<br />

eines solchen Großensembles? Sie haben stattdessen vergleichsweise<br />

„einfach“ umzunutzende Anlagenteile in neue<br />

Werkstätten und Büros umgewandelt und die Kernanlage<br />

weitgehend sich selbst überlassen. Ein Handlungskonzept,<br />

bei dem wirtschaftliche Verwertung und Erhalt von Sinnzusammenhängen<br />

ineinander greifen, ist hier nicht erkennbar.<br />

Ein erfreuliches Beispiel für die Erhaltung historischer<br />

Technik erwartete uns dagegen in Velsen. Hier pflegt der<br />

Bergmannsverein die älteste der vier im Saarland erhaltenen<br />

Fördermaschinen: eine Zwillings-Dampfmaschine der<br />

Maschinenfabrik Dingler, Zweibrücken von 1916 mit 3575<br />

PS, die bis zur Grubenschließung aktiv war. Die Ausstattung<br />

des Maschinenhauses ist komplett, und man könnte meinen,<br />

hier sei gerade Betriebspause. Zwei weitere Dingler-Maschinen<br />

von 1918 und 1936 sind in Ensdorf auf Grube Duhamel,<br />

die vierte und mit 8600 PS stärkste von der Eisengießerei<br />

Prinz Rudolph, Baujahr 1941, wartet in Reden auf Reinigung<br />

und bessere Zeiten.<br />

Fördertürme, die zugehörigen Maschinenhäuser mit den<br />

gewaltigen Fördermaschinen, Waschkauen, das meist repräsentative<br />

Verwaltungsgebäude und ein paar Gleise sowie<br />

kleinere Werkstätten und ausgestellte Gerätschaften, die<br />

einst untertage eingesetzt waren, vermitteln dem durchschnittlichen<br />

Besucher immer noch: Dies war eine Kohlengrube.<br />

– Natürlich: Die gewünschte Mindestgastronomie<br />

lässt sich immer gut in die erhaltenen Gebäude integrieren.<br />

Aber man kann auch Wasserbecken auf dem ehemaligen<br />

Zechenbahnhof installieren und eine Almhütte mit Schweizer<br />

Alphornbläsern auf eine Abraumhalde setzen. Das soll<br />

dann wohl ein attraktiver „Event“ sein – so zu sehen auf der<br />

Grube Reden. Man kann aber auch, wie auf Carreau Wendel,<br />

die wichtigsten Arten von Stollen mit den ehemals eingesetzten<br />

Verbauungen, mit Maschinen und Fördereinrichtungen in<br />

einer ganz modernen Architektur oberirdisch so installieren,<br />

dass sie beim „Befahren“ den Eindruck einer unterirdischen<br />

Konstruktion vermitteln. Zusammen mit einer ansprechenden<br />

akustischen und optischen Präsentation ist das dann ein<br />

wirkliches Erlebnis und ergänzt das Begreifen der zuvor gesehenen<br />

zugehörigen oberirdischen Anlage einer Zeche/Grube.<br />

Ist dies nicht letztlich der Sinn einer musealen Erhaltung?<br />

Und in Bayern?<br />

Für das kleine Saarland jedenfalls ist es eine Mammutaufgabe,<br />

diese für die Industriegeschichte Deutschlands und<br />

Europas so wichtigen Relikte der sogenannten Schlüsselindustrien<br />

in einer Art und Weise zu erhalten, dass sie für<br />

die Nachwelt verständlich bleiben. Zwar hatte Bayern neben<br />

dem vorwiegend industriell geprägten Saarland nur eine<br />

verschwindend kleine Kohle- und Stahlindustrie – steht<br />

aber dennoch mit diesen wenigen Anlagen vor den gleichen<br />

heiklen Herausforderungen: Kohle wurde bis zur endgültigen<br />

Aufgabe lediglich im Peißenberger Revier abgebaut,<br />

und das einzige große Eisen- und Stahlwerk war die im September<br />

2002 geschlossene Maxhütte in Sulzbach-Rosenberg<br />

sowie deren Zweigwerk in Haidhof. Seit der Stilllegung aber<br />

sucht man auch hier nach einer praktikablen und vor allem<br />

finanzierbaren Lösung für die künftige Erhaltung und Nutzung<br />

der noch weitgehend erhaltenen Industriekomplexe.<br />

Eberhard Lantz<br />

Das „Naumburg Kolleg“ zu Gast<br />

in der Bundeswehrfachschule<br />

Tagungsbericht zur interdisziplinären Forschung<br />

am Naumburger Westchor<br />

Was machen Forscher des Naumburger Doms in der Bundeswehrfachschule?<br />

Eine Fortbildung in Krisenintervention<br />

oder gar Survival-Training? Selbstverständlich nicht:<br />

Die Naumburger Bundeswehrfachschule stellte vielmehr<br />

dem Kolleg für dessen Abschlusstagung „Interdisziplinäre<br />

Forschungen zur Baugeschichte, Ausstattung und Konservierung<br />

des Westchors des Naumburger Doms des 13. Jahrhunderts“<br />

am 1. und 2. Februar <strong>2013</strong> ihre Räumlichkeiten<br />

zur Verfügung.<br />

„Offen – für Außergewöhnliches“<br />

Im <strong>Juli</strong> 2009 startete das Projekt „Naumburg Kolleg“, mit<br />

1,5 Mio Euro von der VolkswagenStiftung unterstützt. Nachwuchswissenschaftler<br />

unterschiedlicher Fachdisziplinen<br />

erforschten den Naumburger Westchor unter dem Motto<br />

„Offen – für Außergewöhnliches“, offen für einen disziplinübergreifenden<br />

Austausch (http://www.naumburgkolleg.de/<br />

de/ueber-das-projekt.html). Bereits seit dem ausgehenden 19.<br />

Jahrhundert steht der für die Spätromanik bedeutende Dom<br />

im Interesse der Wissenschaft. Neu war demnach nicht der<br />

Drang, den Mythos um den Naumburger Meister und seiner<br />

Stifterfiguren zu „lüften“; neu und modellhaft war vielmehr,<br />

dass sich Kunst-, Mittelalter- und Landesgeschichtler, Bauforscher,<br />

Naturwissenschaftler, Kunsttechnologen und Konservierungswissenschaftler<br />

sowie Wirtschaftsgeographen und<br />

Tourismusforscher aus fünf Hochschulen demselben Untersuchungsgegenstand<br />

widmeten: dem Naumburger Westchor.<br />

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