21.11.2014 Aufrufe

Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...

Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...

Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Über den Zaun<br />

ÜBER DEN ZAUN<br />

Römischer Limes und Chinesische Mauer<br />

BLfD im interkulturellen Austausch mit Ostasien<br />

Abteilungsleiter Prof. Dr. C. Sebastian Sommer weilte über<br />

Ostern in China und erhielt eine Einladung, am Historischen<br />

Institut der Peking University in Beijing einen Vortrag<br />

über den römischen Limes in Bayern zu halten. Da Sommer<br />

– derzeit in zweiter Amtszeit auch amtierender Vorsitzender<br />

der Deutschen Limeskommission – ein ausgewiesener<br />

Experte für die Militäranlagen des Römischen Reichs ist<br />

und für den 2009 erlangten Welterbestatus des Limes maßgeblich<br />

mitverantwortlich war, nahm er diese Gelegenheit<br />

gerne wahr.<br />

Schon im Jahr 2007 hatte Sommer die Große Mauer in<br />

China besucht (DI 138, Nov. 2007, 84-86), ein Bauwerk, das<br />

dem römischen Limes annähernd vergleichbar ist.<br />

DI: Der römische Limes – oder die Limites; es gibt sie ja<br />

auch in England und Nordafrika – ist ein gigantisches Festungsbauwerk.<br />

Der Militärhistoriker John Keegan stellt ihn<br />

neben die chinesische Mauer und die russische Tscherta<br />

des 16. Jahrhunderts als in ihrer Dimension weltweit einzige<br />

vergleichbare Anlagen. Was fasziniert Sie an diesem<br />

archäologischen Wunderwerk?<br />

Sommer: Schon als Jugendlicher hat mich der Limes als Linie<br />

in der Landschaft fasziniert. Das ist bis heute geblieben. Für<br />

den Archäologen dazugekommen ist die dahinterstehende<br />

Planung und Geschichte. Als <strong>Denkmalpflege</strong>r stehen heute<br />

die komplexen Anforderungen von Erhalt, Präsentation,<br />

Zugänglichkeit und Erforschung für mich im Vordergrund,<br />

also die zentralen Themen der Limesentwicklungspläne, im<br />

Grunde aber die Fragestellungen, die sich um jedes der insgesamt<br />

51 000 Bodendenkmäler in Bayern ranken.<br />

DI: Der Limes in Deutschland ist im Lauf der Jahrhunderte<br />

vom Bauwerk zum Bodendenkmal mutiert. Deshalb war er<br />

vor der Welterbebewerbung sträflich wenig im öffentlichen<br />

Bewusstsein. Konnten Ihre Zuhörer in China mit Ihrem Vortragsthema<br />

überhaupt etwas anfangen?<br />

Sommer: Ich bin tatsächlich mit etwas zwiespältigen Gefühlen<br />

in diesen Vortrag hineingegangen. Natürlich habe ich<br />

versucht, mit dem Titel „News about the ‚Great Wall‘ of Germany.<br />

Research on the appearance, development and function<br />

of the Raetian Limes“ Interesse zu wecken und Assoziationen<br />

zu erzeugen. Wie sich schon in einer technisch bedingten<br />

Diskussionsrunde mitten im Vortrag herausstellte, gelang<br />

dies offensichtlich gut bei den etwa 25 Zuhörern. Sicher sind<br />

einzelne aus Kuriositätsgründen da gewesen. Es gab aber<br />

etliche, die sich mit der Geschichte Europas auseinander<br />

gesetzt hatten, und auch eine Studentin, die ganz konkret<br />

in einer Abschlussarbeit einen Vergleich mit dem Hadrianswall<br />

und den gleichzeitigen Phasen der chinesischen Mauer<br />

vorgelegt hat. Überrascht hat mich aber vor allem das große<br />

Interesse an Fragen des Denkmalmanagements, das nach<br />

einem abschließenden Abschnitt über denkmalpflegerische<br />

Aspekte in meinem Vortrag deutlich wurde.<br />

DI: Die chinesische Mauer ist älter und länger als der<br />

Limes in Deutschland. Vor allem ist sie aber auch über<br />

weite Strecken oberirdisch viel mächtiger erhalten. Wo gibt<br />

es Gemeinsamkeiten aus Sicht der <strong>Denkmalpflege</strong>?<br />

Sommer: Im Grunde sind die Fragestellungen und Probleme<br />

die gleichen. Da ist zum einen eine etwa 2000-jährige<br />

Geschichte, die es nicht immer gut mit den Anlagen meinte.<br />

Die daraus resultierenden Zustände können beschrieben<br />

werden als Teile, wo gar nichts mehr sichtbar ist, andere als<br />

Teile, wo der Verlauf noch mehr oder weniger gut nachvollziehbar<br />

oder auch eindrucksvoll ist, sowie als Teile, wo es<br />

eine intensive Weiternutzung gibt. Eine Besonderheit der<br />

Großen Mauer ist, dass insbesondere nördlich von Beijing<br />

große Teile in der Mingzeit (um 1500 n. Chr.) überbaut oder<br />

sogar neu gebaut wurden. Wiederum vergleichbar ist an<br />

beiden Grenzen die akute Gefährdung, die heute an vielen<br />

Stellen von den Eigentümern und Nutzern ausgeht, wobei<br />

vieles aus Unverstand oder Desinteresse geschieht oder weil<br />

noch zu wenig alternative Nutzungsmöglichkeiten entwickelt<br />

oder akzeptiert wurden. Ein mit diesen wirtschaftlichen<br />

Problemen zusammenhängender Aspekt an der Großen<br />

Plakat zum Vortrag<br />

71

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!