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Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...

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Denkmalgeschützte Theater<br />

Sitzplätze sind in die Böschung eingepasst und bieten einen<br />

grandiosen Blick auf die Bühne und die bauliche und natürliche<br />

Kulisse. In einzigartiger Weise bilden die zweistöckige<br />

Bogenbrücke, das Vortor, die eigentliche Bastion und<br />

im Hintergrund das Rote Tor einen glanzvollen Rahmen für<br />

die Bühnenhandlung.<br />

Ludwigsbau und Kongresshalle für<br />

musikalische Darbietungen<br />

Jeder Theaterbetrieb ist auf Ausweichmöglichkeiten angewiesen,<br />

wenn die eigene Spielstätte durch Umbaumaßnahmen<br />

zeitweise nicht zur Verfügung steht. In der Spielzeit<br />

1938 wurde der 1913/1914 unter Leitung von Stadtbaurat<br />

Otto Holzer (1874–1933) errichtete und im Stadtgarten<br />

befindliche Ludwigsbau als Ersatzopernhaus genutzt.<br />

Am 15. Dezember 1945 fand in dem Kuppelbau die erste<br />

Opern-Premiere in Augsburg nach Kriegsende statt. Nach<br />

dem im März 1965 erfolgten Abbruch des Veranstaltungsbaus<br />

wurde an derselben Stelle am 17. Juni 1972 die vom<br />

Architekten Max Speidel (1927−1991) konzipierte Kongresshalle<br />

eröffnet, wo die Augsburger Philharmoniker seit<br />

Jahrzehnten ihre Konzerte abhalten. Das 2009 zum Baudenkmal<br />

erklärte multifunktionale Veranstaltungszentrum<br />

wurde nach fast 38-jähriger Nutzung im Zeitraum 2010 bis<br />

2012 in denkmalpflegerisch vorbildlicher Weise generalsaniert.<br />

Die feierliche Eröffnung des vielfältig strukturierten<br />

Sichtbeton-Baus erfolgte am 3. Mai 2012 unter dem Namen<br />

„Kongress am Park“.<br />

Komödie im Gignoux-Haus im Lechviertel<br />

Am 10. Oktober 1945 eröffnete ein Schauspielensemble<br />

im Tanz- und Theatersaal der Altstadtwirtschaft „Blaues<br />

Krügle“ mit einer Aufführung das „Schauspielhaus Komödie“<br />

und markierte damit den Neubeginn des kulturellen<br />

Lebens im Augsburg der Nachkriegszeit. Die seit Sommer<br />

1946 in die Städtischen Bühnen integrierte Schauspielsparte<br />

hatte dann für insgesamt 65 Jahre im ehemaligen Gignoux-<br />

Haus am Vorderen Lech ihre Spielstätte.<br />

Das repräsentative Gebäude war vom Architekten Leonhard<br />

Christian Mayr (1725–1810) im Auftrag der Familie<br />

Gleich/Gignoux 1764/1765 als Kattunfabrik und Wohnhaus<br />

errichtet worden. Die durch ihren Rocaille-Schmuck reich<br />

verzierte Schaufassade des dreigeschossigen Komplexes<br />

dominiert bis zum heutigen Tag das Handwerkerviertel.<br />

Der am Eckpunkt des kürzeren Seitenflügels positionierte<br />

polygonale Erker akzentuiert wirkungsvoll die platzartige<br />

Aufweitung des Vorderen Lechs. Ab 1771 baute die Unternehmerin<br />

Anna Barbara Gignoux (1725−1796) das Anwesen<br />

zur drittgrößten Kattunfabrik Augsburgs aus. Der mit<br />

dem wirtschaftlichen Aufstieg verbundene Wohlstand<br />

erlaubte der Hausherrin, ihren „Fabrikpalast“ zum Treffpunkt<br />

von lokalen Künstlern und Geistesgrößen werden zu<br />

lassen.<br />

Seit 1815 befand sich die Immobilie im Besitz mehrerer<br />

Brauereien. Der Erdgeschossbereich wurde zur Gaststätte<br />

„Zum blauen Krügle“ mit einer Kapazität von 600 Plätzen<br />

ausgebaut, deren Tanz- und Theatersaal für kulturelle Veranstaltungen<br />

prädestiniert war und jahrzehntelang einen<br />

festen Platz im Augsburger Kulturleben innehatte.<br />

Ein Blick in die Zukunft<br />

Nach jahrlangen Diskussionen entschied sich die Stadt Augsburg,<br />

den Mietvertrag mit der Komödie Ende 2010 auslaufen<br />

zu lassen und für das Schauspiel eine neue, zweite Spielstätte<br />

zu errichten. Schließlich konnte die „Brechtbühne“ am 27.<br />

April 2012 eröffnet werden. Das auf dem ehemaligen Parkplatz<br />

des Intendanzgebäudes in der Kasernstraße in Leichtbauweise<br />

nach den Plänen des Architekten Gerhard Bestler<br />

(Augsburg) errichtete Gebäude soll mindestens 15 Jahre<br />

lang als Theater genutzt werden. Im Frühjahr 2012 verabschiedete<br />

die Stadt Augsburg einen Gesamtsanierungsplan<br />

für das Theater Augsburg, dessen Bausubstanz und Bühnentechnik<br />

aus den 1950er Jahren von Grund auf erneuert<br />

werden müssen. Die Durchführung der Maßnahmen ist ab<br />

2014 geplant, und die auf 27 Millionen Euro veranschlagten<br />

Kosten sollen vom Freistaat Bayern mit 45 Prozent gefördert<br />

werden. Die „Brechtbühne“ ist während der Sanierung des<br />

„Großen Hauses“ als Ausweichspielstätte vorgesehen. Wie<br />

langfristig diese Planungen angelegt sind, zeigt die Tatsache,<br />

dass eine Rundumerneuerung der Freilichtbühne zum<br />

Open-Air-Areal nicht vor 2028 abgeschlossen werden kann.<br />

Erst zu diesem Zeitpunkt wäre dann der Theaterstandort<br />

Augsburg auf dem neuesten Stand.<br />

Die Zukunft des einzigartigen Industrie- und Kulturdenkmals<br />

Gignoux-Haus im Lechviertel ist dagegen ungewiss.<br />

Für das seit Herbst 2005 in Privatbesitz befindliche Anwesen<br />

existieren bisher keine Sanierungs- und Nutzungskonzepte.<br />

Die Stadt Augsburg hatte im November 2005 endgültig von<br />

ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch gemacht und damit<br />

auf jegliches Engagement zum Erhalt eines der bekanntesten<br />

Baudenkmäler der Altstadt verzichtet.<br />

Werner Lutz<br />

Augsburg, Gignoux-Haus am Vorderen Lech, <strong>2013</strong><br />

(Foto: Werner Lutz, Architekturmuseum Schwaben)<br />

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