Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...
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Denkmalgeschützte Theater<br />
Bayreuth, Festspielhaus. Schäden an der Fassade<br />
(Foto: BLfD, Robert Pick)<br />
zu erhalten und der städtebaulichen Fehlentwicklung in Form<br />
einer Agglomeration von Zweckbauten entgegenzuwirken.<br />
Wer denkt dabei als Lösungsansatz nicht an die wundervolle<br />
unterirdische Erweiterung des Städel in Frankfurt a. M. mit<br />
seinem grünen, von Bodenfenstern durchlichteten Hügel?<br />
Beunruhigend ist, dass aktuell in der Presse Meldungen<br />
kursieren, welche für die Sanierung des Festspielhauses<br />
zwischen 24 und 48 Millionen € veranschlagen. Das Landesamt<br />
weiß jedenfalls nicht, wo und wie dieses Geld verbaut<br />
werden soll. Um den Kampf für eine denkmalgerechte Realisierung<br />
des Vorhabens aufnehmen zu können, fehlt es der<br />
<strong>Denkmalpflege</strong> an den notwendigen Waffen. Diese bestehen<br />
in einer angemessenen Bestandsaufnahme und -bewertung.<br />
Der martialische Ruf nach Waffen wird aber schon bald in<br />
einen harmonischen Chor verwandelt, wenn die vermeintlichen<br />
Gegner die Schwerter zu Pflugscharen umschmieden,<br />
denn auch Architekten, Statiker und Fachplaner, ganz<br />
besonders aber ein zeitgemäßes Gebäudemanagement wird<br />
künftig ohne ein systematisches und digitalisiertes Aufmaß<br />
nicht mehr auskommen.<br />
Wen aber wundert es, wenn in Bayreuth vor der Götterdämmerung<br />
Helden sterben müssen und die Walküren reiten. Es<br />
bleibt zu hoffen, dass wenigstens beim Umzug der Nibelungen<br />
an die Spree die Rheintöchter samt Schatz nicht vergessen<br />
wurden und am Vorabend der Restaurierung Walhalls<br />
neben ausreichend Isarschotter auch großzügig Spreegold<br />
zur Verfügung gestellt wird.<br />
Robert Pick<br />
Das Theater Kempten – vom Salzstadel zum Stadttheater<br />
Am Anfang<br />
Einst holte man hier das Salz für die Suppe, bis ein Strumpfstricker<br />
sein schauspielerisches Talent entdeckte und ebenda<br />
auf die Bühne stieg. Mit „ebenda“ ist das Stadttheater in<br />
Kempten gemeint, welchem ansässige Handwerker spätestens<br />
1654 den Atem eines Schauspielhauses einhauchten.<br />
Die Spielstätte des heute unter Denkmalschutz stehenden,<br />
spätmittelalterlich erbauten Salzstadels befand sich im Obergeschoss<br />
des langgestreckten, massiven Satteldachbaus,<br />
welcher sich ganz in der Nähe der reichsstädtischen Stadtmauer<br />
und der sich davor entlangschlängelnden Iller befand.<br />
Im Erdgeschoss lagerte das kostbare Salz, während sich das<br />
Theater im Obergeschoss schon bald sehr großer Beliebtheit<br />
erfreute – und zwar dermaßen, dass sich das Publikum der<br />
Plätze wegen erlaubte, den vor der Vorstellung stattfindenden<br />
Gottesdienst früher als erbeten zu verlassen. Die örtliche<br />
Geistlichkeit war verständlicherweise erzürnt.<br />
Es wird wärmer<br />
Fast 100 Jahre Spielbetrieb im ersten Stock, Kriegsbeschuss<br />
und allgemeine Abnutzung führten bis 1740 zu einem ruinösen<br />
Zustand. Glücklicherweise erneuerte man wenige Jahre<br />
später den gesamten Innenraum. Weitere Renovierungen<br />
fanden um 1800 statt und zwar gerade, als in der Stadt französische<br />
Soldaten einquartiert waren. Darunter befanden<br />
sich ebenfalls talentierte Schauspieler, die eine Laientruppe<br />
gründeten, die „Societé dramatique d’amateurs“. Diese nun,<br />
und das sah auch der Stadtrat nach einer Ortsbegehung ein,<br />
fanden es geradezu barbarisch, in einem unbeheizten Raum<br />
aufzuspielen, in dem sowohl die Schauspieler als auch die<br />
Zuschauer erbärmlich frieren mussten. Man baute also Fenster<br />
und sogar Öfen ein. Die Erhebung der Stadt Kempten zur<br />
Hauptstadt des neuen Illerkreises (1808) förderte auch den<br />
weiteren Ausbau des Theaters. Es entstanden neue Logen<br />
mit bis zu sechs Sitzplätzen, neue Kulissen, und auch anderes<br />
Zubehör wurde erworben.<br />
Malerei trifft auf Theater<br />
1827 trat der Maler Franz Sales Lochbihler auf. Der auch bei<br />
Hof beliebte Künstler wollte das gesamte Theater umbauen und<br />
ausmalen und vereinbarte mit der Stadt einen Pachtvertrag. Ein<br />
von ihm mit Malereien geschmückter und bis heute benutzter<br />
Bühnenvorhang konnte während der Restaurierungsarbeiten<br />
2007 von Erhard Mayrock zum dritten Mal instandgesetzt<br />
werden. Schon 1896 war er bei einer Generalsanierung des<br />
Gebäudes von dem Theatermaler Adolph Mettenleiter bearbeitet<br />
worden: Er bekam ein neues Rahmenwerk und wurde<br />
deswegen beschnitten. In den 1950er Jahren änderte Franz<br />
Weiß unter anderem die Farbgebung der umgebenden Ranken<br />
von Beige- und Goldtönen zu einem starken Rot und Blau. Auf<br />
dem Vorhang abgebildet ist der tanzende Apoll im Reigen mit<br />
den neun Musen. Als Vorlage diente Lochbihler das Fresko des<br />
italienischen Renaissance-Meisters Giulio Romano. Trotz der<br />
Verschönerung des Theaters soll es während der Lochbihlerzeit<br />
keinen regelmäßigen Betrieb gegeben haben. Ein Höhepunkt<br />
war sicher der Theaterbesuch König Ludwigs I. im Jahr<br />
1829. 1831 löste Lochbihler den Pachtvertrag auf, blieb dem<br />
Theater aber weiterhin verbunden.<br />
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