21.11.2014 Aufrufe

Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...

Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...

Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Denkmalgeschützte Theater<br />

Bayreuth, Festspielhaus; Links Wandpfeiler der Bühnengrube, rechts Dachtragwerk (Fotos: BLfD, Robert Pick)<br />

kann. Auch weiß der <strong>Denkmalpflege</strong>r, dass Richard Wagner<br />

in seiner Festschrift zur Grundsteinlegung wiederholt den<br />

provisorischen Charakter des Gebäudes angesprochen hat.<br />

Aber es scheint auch hier zu gelten, dass nichts so beständig<br />

ist wie ein Provisorium. Es fragt sich deshalb, wann<br />

ein Provisorium allein durch seine Dauer zumindest seine<br />

materielle Konsistenz unter Beweis gestellt hat und es sich<br />

lohnt, auch um die Substanz eines vermeintlichen Provisoriums<br />

zu ringen. Vermeintlich deshalb, weil sich auch die<br />

Gelehrten darum streiten, ob Wagner den Begriff des Provisoriums<br />

nicht kokett als Umschreibung für edle Einfachheit<br />

verwendet hat. Die Ambivalenz der Begriffe wird besonders<br />

im Zuschauerraum deutlich, da hier zwar mit „allerdürftigstem<br />

Material“ (Holz, Leinwand, Gips, Pappmaschee und<br />

Farbe) gearbeitet worden war, von „völliger Schmucklosigkeit“<br />

aber nur die Rede sein kann, wenn man „völlig“ von<br />

„Völle“ ableitet. Ob Pappmaschee oder Fachwerk: Schließlich<br />

ist es nur die Substanz, welche das Original ausmacht<br />

und das Authentische greif- und fühlbar werden lässt. Den<br />

Wert der Substanz im Falle des Bayreuther Festspielhauses<br />

brachte Markus Kiesel vor Kurzem in einem Interview auf<br />

den Punkt: „Erst einmal [ist das Original] natürlich materiell<br />

[wichtig], weil die Bayreuther Festspiele GmbH und<br />

die BF Medien GmbH mit der Authentizität des Ortes einen<br />

Mehrwert abschöpfen können.“ Aber nicht nur das Haus,<br />

auch das Erleben des Festspielgedankens sind untrennbar<br />

mit dem Original und mit Bayreuth verbunden.<br />

Wagner hat in seiner Festschrift das Haus nicht nur als provisorisch<br />

angesprochen, sondern auch benannt, was von<br />

Dauer sein soll. Ausgangspunkt der Überlegungen war, das<br />

Orchester den Blicken des Publikums zu entziehen. Von allen<br />

Plätzen sollte gleichmäßig ein freier Blick auf das Bühnengeschehen<br />

möglich sein, weshalb auf Ränge und Logen verzichtet<br />

wurde. Wie üblich steigt das Auditorium nach hinten<br />

an, die Reihen verbreitern sich aber trapezförmig von der<br />

Bühnenöffnung zur Rückwand und sind zur Bühne hin in<br />

einem Segmentbogen konvex gekrümmt. Die dadurch entstehenden<br />

„unschönen Winkelecken“ konnten nicht bestuhlt<br />

werden und wurden mit den charakteristischen „Proszeniumswänden“<br />

besetzt. Besonders wichtig war das Verhältnis<br />

1 : 2 von Bühnen- zu Technikraum. Diese zentralen Entwurfsgedanken<br />

Wagners sind, bis auf den Schnürboden, noch<br />

heute substanziell nachvollziehbar. Aus der Korrespondenz<br />

Wagners während der Bauzeit wird die besondere Bedeutung<br />

der zuletzt genannten Proportionen deutlich, da nach<br />

Wagner für die Unterbühne gar nicht tief genug gegraben<br />

werden konnte. Obgleich diese heute mit moderner Technik<br />

vollgestellt ist, sind die aus Sandsteinquadern mit Stützpfeilern<br />

gesetzten Einfassungsmauern vollständig erhalten und<br />

erlauben durch zahlreiche Balkenlöcher, Auflager etc. Rückschlüsse<br />

auf die historische Bühnentechnik.<br />

Aber auch vom Provisorium ist noch vieles erhalten geblieben,<br />

so z. B. das Dachtragwerk über dem Zuschauerraum.<br />

Zwar verstellen die massiven Aufrüstungen für die unterschiedlichen<br />

Einbauten den Blick auf die historische Konstruktion,<br />

sie ist aber noch vorhanden und wirksam. Dabei<br />

erscheint eine Bestandsaufnahme und -bewertung weniger<br />

aus denkmalfachlichen als vielmehr aus statischen Gründen<br />

als dringendes Desiderat. Wenig verwundert es auch,<br />

dass an den noch bauzeitlich erhaltenen Fassaden der beiden<br />

südlichen Flügelbauten sowie des Königsbaus zur Zeit vermehrt<br />

Schäden auftreten, da diese noch keine grundlegende<br />

Sanierung erfahren haben.<br />

Als man 2009 östlich des Festspielhauses eine zusätzliche<br />

Mehrzweckhalle mit Nebenräumen errichten wollte, regte<br />

das Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> zusammen mit der Städtebauförderung<br />

bei der Regierung von Oberfranken an, die<br />

weitere Gestaltung des städtebaulichen Umfeldes in einer<br />

Gesamtschau zu betrachten und einen städtebaulichen Ideenund<br />

Realisierungswettbewerb auszuloben. Im Vordergrund<br />

stand – und steht – das Ziel, den „lieblichen Hügel“ als solchen<br />

Fortsetzung auf Seite 52<br />

49

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!