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Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...

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Denkmalgeschützte Theater<br />

sich der in der Fassade des Hauses eingemeißelte Spruch:<br />

„Hier wo mein Wähnen Frieden fand, Wahnfried, sei dieses<br />

Haus von mir benannt“ letztendlich bewahrheitet hat.<br />

Vom Kampf und Krampf der Erben<br />

Nennenswerte Anstrengungen, den Bau zu „monumentalisieren“,<br />

sind bis nach dem Ersten Weltkrieg nicht unternommen<br />

worden. Dies mag auch aus Gründen der Pietät<br />

unterlassen worden sein, denn schließlich begann nach dem<br />

Tode des Meisters mit seiner hingebungsvollen Gemahlin<br />

Cosima Wagner die erste Herrschaft des „Weiblichen“ auf<br />

dem Hügel. 1906 übernahm Sohn Siegfried die Geschäftsführung.<br />

Mit der Wiederaufnahme der Festspiele nach dem Ersten<br />

Weltkrieg begann ab 1924 das Ausufern der Funktionsbauten<br />

an und um das Festspielhaus: Die große Hinterbühne war<br />

der neuen Dekorationstechnik geschuldet, welche sich nicht<br />

mehr auf zweidimensionale Kulissen beschränkte, sondern<br />

raumgreifende plastische Gebilde verlangte. 1930 starben<br />

Mutter und Sohn, Cosima im Alter von 93 und Siegfried im<br />

Alter von 61 Jahren. Auch diesmal übernahm die Gattin, nun<br />

die berühmt-berüchtigte Winifred Wagner geb. Williams,<br />

die Regie. In dem Anbau an der Westseite wurden die über<br />

die Stadt verteilten Verwaltungseinrichtungen zusammengefasst.<br />

1932–33 verlegte man die Saaltreppen nach außen<br />

in vergrößerte Foyers, schloss die bis dahin offene Wandelhalle<br />

mit verglasten Türen und zog im Zuschauerraum den<br />

Zwischenrang, den heutigen „Balkon“ ein.<br />

Bestand schon vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten<br />

zwischen Adolf Hitler und der Familie Wagner<br />

ein inniges Verhältnis, so schienen sich nach 1933 wegen<br />

der hinlänglich bekannten Begeisterung des „Führers“ für<br />

das „sinnbetörende Rauschen“ ungeahnte Möglichkeiten für<br />

den Festspielbetrieb zu eröffnen. Als im Juni 1939 während<br />

der Probenzeit ein großer Teil des Bühnenhauses durch ein<br />

Unwetter aufgerissen, der Schnürboden beschädigt und der<br />

Orchestergraben unter Wasser gesetzt worden war, schien<br />

nicht nur die Gelegenheit für eine allmähliche, sondern für<br />

eine schlagartige „Monumentalisierung“ gekommen zu sein,<br />

denn Geld sollte jetzt keine Rolle spielen. Der Industrieund<br />

Theaterarchitekt Emil Mewes, Kölner Dombaumeister<br />

und Erbauer des Volkswagenwerkes, wurde mit der Planung<br />

beauftragt. Es sollte ein Kulturzentrum mit Seitenbühnen,<br />

Probebühnen, Werkstätten, Magazinen, Tagungs- und Ausstellungsräumen,<br />

einem Restaurant, einer Richard-Wagner-Gedenkstätte<br />

und einem Wagner-Forschungszentrum<br />

entstehen. Die Pläne lagen 1940 vor.<br />

Da das sog. Tausendjährige Reich bekanntermaßen nur zwölf<br />

Jahre lang dauerte und in dessen zweiter Hälfte alles daran<br />

gesetzt wurde zu zerstören und zerstören zu lassen, was trotz<br />

eines jüngst vergangenen Weltkrieges in den letzten tausend<br />

Jahren nicht hatte in Schutt und Asche gelegt werden können,<br />

kamen die Pläne nicht zur Ausführung. Wurde Haus Wahnfried<br />

am 5. April 1945 zu zwei Dritteln durch Sprengbomben<br />

zerstört, so blieb das Festspielhaus unbeschädigt.<br />

Nach Kriegsende war erst einmal fünf Jahre Ruhe. Da<br />

Winifred sich bis zu ihrem Tod im Jahre 1980 als unverbesserlicher<br />

Nazi erwies, übernahm im Jahr 1949 die weit weniger<br />

belastete Enkelgeneration mit Wieland und Wolfgang<br />

Wagner die Festspielleitung. Nun hieß die Devise, alles was<br />

nach Richard Wagners Konzept als dauerhaft gelten konnte,<br />

zu erhalten, diejenigen Gebäudeteile aber, die vermeintlich<br />

nur als Provisorium gedacht waren unter Berücksichtigung<br />

der Aspekte der <strong>Denkmalpflege</strong> auszuwechseln. Das führte<br />

von 1958 bis 1968 zum kompletten Austausch des Holzfachwerks<br />

in Betonfachwerk. Um noch mehr Platz für die<br />

Bühnentechnik zu schaffen, versetzte man dabei die Seitenwände<br />

des Bühnenturms um jeweils ca. 3 m nach außen und<br />

ersetzte das Dachtragwerk über dem Bühnenhaus durch eine<br />

Stahlkonstruktion. Für einen effizienten und kostengünstigen<br />

Proben- und Aufführungsbetrieb entstanden zahlreiche<br />

Nebengebäude, sodass sich das umbaute Volumen von Festspielhaus<br />

und Nebengebäuden seit 1876 verdoppelte. Dabei<br />

spiegelt sich der Primat des Funktionalen schmerzlich in der<br />

Architektur wieder, denn der grüne Hügel ist stetig mehr in<br />

Beton ergraut und die Hunding-Hütte in vielfacher Gestalt<br />

von der Bühne in das unmittelbare städtebauliche Umfeld<br />

gewandert. Eine besondere Herausforderung war und ist der<br />

Kampf mit dem engen Zeitplan, da alle Baumaßnahmen nur<br />

innerhalb des kurzen Zeitraums zwischen dem Ende einer<br />

Festspiel- und dem Beginn der neuen Probenzeit durchgeführt<br />

werden können.<br />

Obgleich bei den Arbeiten die Aspekte der <strong>Denkmalpflege</strong><br />

beachtet werden sollten, ist auffällig, dass die zahlreichen<br />

Sanierungen, Erneuerungen und Erweiterungen nur einen<br />

äußerst spärlichen Niederschlag in der Akte des Landesamtes<br />

für <strong>Denkmalpflege</strong> gefunden haben. Erst die Restaurierung<br />

des Zuschauerraums im Jahr 1994/95 erfolgte mit<br />

denkmalfachlich gängigen Methoden. Zumindest ist sie<br />

durch eine Befunduntersuchung gut vorbereitet worden.<br />

Vom Kampf der <strong>Denkmalpflege</strong><br />

Zunächst einmal kämpft die <strong>Denkmalpflege</strong> mit sich und<br />

dem Objekt. Um nicht aus Unkenntnis und Unsicherheit<br />

dem Substanzfetischismus zu verfallen, gilt es zu prüfen,<br />

welche Substanz überhaupt von denkmalfachlichem Belang<br />

ist. Auch der <strong>Denkmalpflege</strong> ist bewusst, dass das Festspielhaus<br />

kein Museum ist und nur eine denkmalgerechte<br />

Weiterentwicklung die Richtschnur allen Handelns sein<br />

Bayreuth, Funktionsbauten östlich des Festspielhauses<br />

(Foto: BLfD, Robert Pick)<br />

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