Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...
Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...
Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Denkmalgeschützte Theater<br />
Markt- oder Übungsplatz?<br />
Für die weitere Interpretation ist auch der direkt neben dem<br />
Theater dokumentierte Befund von Bedeutung. Hier befindet<br />
sich ein großer Platz, der von einer Säulenhalle (porticus)<br />
umgeben ist. Die Säulenstellungen zeichnen sich im<br />
Magnetogramm durch Grubenbefunde ab, wobei ohne eine<br />
archäologische Ausgrabung nicht gesagt werden kann, ob<br />
es sich um die Pfostengruben von Holzpfosten oder um die<br />
ausgeraubten Fundamente von Steinsäulen handelt. An der<br />
Schematische Darstellung der idealtypischen Grundrisse griechischer,<br />
römischer und gallorömischer Theater (Abb.: HundB, München nach G.<br />
Matter)<br />
so könnten die Bauten errichtet worden sein, um große, zu<br />
einem bestimmten Anlass zusammengekommene Menschenmassen<br />
lenken zu können. Ein solcher Anlass wäre<br />
etwa der Besuch eines römischen Kaisers am Limes, wie<br />
er beispielsweise für Trajan oder Caracalla schriftlich überliefert<br />
ist. Sowohl die Platzanlage als auch das Theater im<br />
direkten Umfeld des Kastells und der Zivilsiedlung wären<br />
für solche Anlässe perfekt geeignet.<br />
Zusammenfassung<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Messergebnis<br />
der magnetischen Prospektion so zu deuten ist, dass sich in<br />
Theilenhofen nordöstlich des Steinkastells ein Theater befindet,<br />
das mit einer südlich angrenzenden mit einer porticus<br />
umgebenen Platzanlage eine architektonische Einheit bildet.<br />
Geht man von einer Ausführung der Sitzbänke sowie der porticus<br />
in Holz aus, kann dies so interpretiert werden, dass es<br />
sich um Gebäude handelt, die nach einer Holzbauphase nicht<br />
westlichen Schmalseite fällt im Vergleich zur restlichen<br />
Platzanlage ein Bereich mit starken Anomalien auf, der an<br />
der Westseite mit einer Mauer und drei zentral in der Achse<br />
des Platzes befindlichen Punktfundamenten abgeschlossen<br />
wird. In Analogie zu anderen Befunden kann dieser Platz<br />
als Forum gedeutet werden. Der Westteil wäre demnach als<br />
Basilika anzusprechen, wobei in Theilenhofen der bei anderen<br />
Fora regelhaft gegenüber der Basilika liegende Tempel<br />
fehlt. Dem Forum käme eine merkantile und administrative<br />
Funktion zu. Andererseits könnte es sich auch um einen<br />
campus, also um ein militärisches Übungsareal handeln.<br />
Aufmarschort zu Ehren des Kaisers?<br />
Platzanlage und Theater bilden in jedem Fall eine architektonische<br />
und vermutlich auch funktionale Einheit. Sollten<br />
die Gruben der porticus zur Aufnahme von Holzpfosten<br />
gedient haben, könnte hier eine Verbindung zu den vermuteten<br />
hölzernen Sitzbänken hergestellt werden. Dies würde<br />
dann auf eine Holzarchitektur hindeuten, die später nicht in<br />
Stein ausgeführt wurde oder aber für eine bereits beim Bau<br />
vorgesehene zeitlich begrenzte Nutzungsdauer sprechen.<br />
Ohne Indizien für die absolutchronologische Einordung von<br />
Theater und Platzanlage ist es schwierig, diese funktional<br />
näher einzugrenzen. In dem Zusammenhang ist auch explizit<br />
darauf hinzuweisen, dass die Interpretation geophysikalischer<br />
Messergebnisse im Vergleich zu der Auswertung<br />
archäologischer Grabungsbefunde immer ein riskantes<br />
Unterfangen ist. Versucht man dennoch, das Messbild zu<br />
interpretieren und in den Kontext des obergermanischraetischen<br />
Limes zu setzen, so bieten sich mehrere Deutungsmöglichkeiten<br />
an. Einerseits könnten beide Bauten<br />
eine Maßnahme zum infrastrukturellen Ausbau Theilenhofens<br />
während der frühen Limesphase darstellen, die<br />
später, aus welchen Gründen auch immer, nicht weiter in<br />
Stein ausgebaut wurde. Als Parallele im weitesten Sinne ist<br />
hier das Beispiel von Waldgirmes zu nennen.<br />
Sieht man in der Holzarchitektur einen von vornherein<br />
temporären Charakter des Theaters und der Platzanlage,<br />
Gallorömisches Theater in Dalheim (Luxemburg) mit erhaltenen steinernen<br />
Sitzreihen. Einzigartig sind hier die zwei Reihen mit Rückenlehnen<br />
und die erste Reihe mit zusätzlichen Armlehnen (Foto: G. Hoffmann)<br />
in Stein ausgebaut wurden. Andererseits könnte es sich auch<br />
um eine von vornherein für einen nur temporären Gebrauch<br />
konzipierte Anlage handeln, die möglicherweise anlässlich<br />
eines Kaiserbesuches errichtet wurde. Trotz zahlreicher,<br />
ohne archäologische Ausgrabungen nicht klärbarer Fragen<br />
zeigen die Untersuchungen in Theilenhofen das große Forschungspotenzial<br />
am obergermanisch-raetischen Limes vor<br />
allem im Hinblick auf die Zivilsiedlungen, deren Struktur<br />
und Genese bislang in den Fragestellungen der Erforschung<br />
des Limes eine eher untergeordnete Rolle gespielt hat.<br />
Peter Henrich<br />
Literatur: C. S. Sommer, Amphitheaters of Auxiliary Forts on the Frontiers.<br />
In: T. Wilmott (Hrsg.), Roman Amphitheatres and spectacula: A 21st<br />
Century Perspective. BAR Internat. Ser. 1946 (Oxford 2009) 47–62. –<br />
C. Mischka/C. Moneta, Neue geomagnetische Prospektionen in den Kastellvici<br />
des Raetischen Limes. In: P. Henrich (Hrsg.), Der Limes vom<br />
Niederrhein bis an die Donau. Beiträge zum Welterbe Limes 6 (Stuttgart<br />
2012) 123–135. – C. Mischka/P. Henrich, Forum oder Campus. Theater<br />
und Platzanlage in Theilenhofen. Der Limes 6, 2002, 2, 4–7.<br />
46