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Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...

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Denkmalgeschützte Theater<br />

Bayerns ältestes Theater in Theilenhofen?<br />

Hinweise auf das erste Theater am Limes entdeckt<br />

Seit 2010 werden im Rahmen eines Forschungsprojektes<br />

des Bayerischen Landesamtes für <strong>Denkmalpflege</strong> in<br />

Kooperation mit dem Institut für Ur- und Frühgeschichte<br />

der Christian-Albrechts-Universität Kiel systematisch geophysikalische<br />

Prospektionen an Kastellplätzen des raetischen<br />

Limes in Mittelfranken durchgeführt. Nachdem bei<br />

den Ausgrabungen seit dem 19. Jahrhundert und auch bei<br />

den geophysikalischen Untersuchungen durch das BLfD in<br />

der Regel die Kastelle selbst im Mittelpunkt des Interesses<br />

standen, galt es nun, die Zivilsiedlungen und das direkte<br />

Umfeld der Kastellstandorte zu erforschen. Diese Motivation<br />

resultiert aus der Frage zur Größe der Zivilsiedlungen<br />

und deren infrastruktureller Ausstattung. Erste wichtige<br />

Ergebnisse hierzu erbrachten die geophysikalischen Prospektionen<br />

beim Kastell Ruffenhofen, bei denen neben einer<br />

ausgedehnten Zivilsiedlung auch eine repräsentative Gräberstraße<br />

sowie ein großes, funktional nicht näher einzuordnendes<br />

Gebäude entdeckt wurden. Die geophysikalische<br />

Prospektion ermöglicht es, ohne Ausgrabung und somit<br />

zerstörungsfrei, vergleichsweise kostengünstig großflächige<br />

Untersuchungen durchzuführen und so erstmals mehrere<br />

Kastelldörfer am raetischen Limes vollständig untersuchen<br />

und vergleichen zu können.<br />

Unerwartet und einzigartig<br />

Bei den Forschungen im Bereich der Zivilsiedlung um das<br />

Kastell Theilenhofen wurde völlig unerwartet ein halbrunder<br />

Befund entdeckt, der als römisches Theater zu deuten<br />

ist – ein Gebäude, das in der Form entlang des gesamten<br />

obergermanisch-raetischen Limes und auch ansonsten in<br />

Bayern bislang nicht nachgewiesen wurde. Der Befund liegt<br />

nordöstlich des Steinkastells. Unmittelbar südlich angrenzend<br />

ist zudem eine mit Säulenhallen umgrenzte, 0,2 ha<br />

große Platzanlage zu erkennen, bei der es sich um ein forum<br />

(Marktplatz) oder einen campus (Trainingsplatz für Reiter)<br />

handeln könnte. Ähnlich wie bei den Amphitheatern, die<br />

an mehreren Limeskastellen nachgewiesen sind und deren<br />

genaue Funktion nicht sicher benannt werden kann, gestaltet<br />

sich auch die funktionale Ansprache von Theatergebäuden<br />

sehr schwierig. So gibt es unter römischen Funden in<br />

Raetien und Obergermanien zahlreiche Hinweise darauf,<br />

dass klassische Theaterstücke auch in den Provinzen<br />

bekannt waren. Zu nennen sind beispielsweise Öllampen,<br />

Darstellungen auf Mosaiken oder Gemmen oder aber die<br />

bekannten Theatermasken, die allerdings nicht im Theater<br />

getragen, sondern als Dekorationselemente in Privathäusern<br />

aufgehängt wurden. Der archäologische Nachweis von Theatergebäuden<br />

gelingt jedoch nur selten, und so überrascht<br />

es nicht, dass rechts des Rheins lediglich aus Ladenburg/<br />

Lopodunum, Frankfurt-Heddernheim/Nida und Rottweil/<br />

Arae Flaviae Theater bekannt sind.<br />

Dagegen findet man in anderen Gebieten des römischen Reiches<br />

vergleichsweise häufig Theatergebäude, die sich jedoch<br />

in ihrer Funktion deutlich voneinander unterscheiden. So<br />

sind die beispielsweise auf den Gebieten des heutigen Italien,<br />

Griechenland und der Türkei aber auch im Süden Frankreichs<br />

bekannten szenischen Theater der römischen Kaiserzeit mit<br />

der Aufführung von Theaterstücken in Verbindung zu bringen.<br />

Diese Bauten kann man mit einem modernen Schauspielhaus<br />

vergleichen, wenn man sich die Anordnung der<br />

Bühne, des halbrunden Zuschauerraums und der Zugangsmöglichkeiten<br />

vor Augen führt. Üblicherweise waren diese<br />

Gebäude an einem Hang errichtet und die Sitzbänke in Stein<br />

ausgeführt. Es ist davon auszugehen, dass diese Bauten für<br />

Theateraufführungen genutzt wurden.<br />

Politik, Religion und Theater in einem Gebäude<br />

Gallorömische Theater in Mittel- und Nordgallien unterscheiden<br />

sich hiervon deutlich. Sie weisen eine stark verkleinerte<br />

Bühne mitsamt Bühnengebäude auf, das nicht mehr die<br />

gesamte Fassade einnimmt. Statt der im mediterranen Raum<br />

typischen hohen Bühnenrückwand befindet sich hier das verhältnismäßig<br />

kleine Bühnengebäude. Auch führen Eingänge<br />

von der Theaterfassade direkt in die orchestra. Die strikte<br />

Trennung von orchestra und Zuschauerrängen wird aufgehoben,<br />

und Ehrenränge werden in Einzelfällen sogar nachträglich<br />

unmittelbar vor der Bühne in der orchestra errichtet.<br />

Forschungen der letzten Jahre haben zudem ergeben, dass<br />

diese Theater auch auf ebener Fläche gebaut wurden und<br />

nicht zwangsläufig an einem Hang errichtet wurden. Einige<br />

der Bauten besitzen in den ersten Bauphasen zunächst eine<br />

Umfassungsmauer und eine Fassade aus Stein und hölzerne<br />

Sitzbänke, die erst in späteren Bauphasen durch steinerne<br />

Sitzbänke ersetzt wurden. Dies geht sogar aus einer Inschrift<br />

aus Feurs (Dep. Loire, Frankreich) hervor. Im Theater von<br />

Blicquy (Belgien) hingegen weisen zahlreiche Pfostenlöcher<br />

auf hölzerne Sitzreihen hin, die nie durch steinerne Sitzreihen<br />

ersetzt wurden, da man das Theater bereits im 2. Jahrhundert<br />

aufgab. Über die Nutzung der gallorömischen Theater in<br />

den gallischen und germanischen Provinzen ist kaum etwas<br />

bekannt. Inschriften zeigen, dass die Theater unter anderem<br />

zu kultischen Zwecken genutzt wurden. Dies wird auch im<br />

Hinblick auf die Einbindung in die urbanistische Infrastruktur<br />

deutlich. So passen sich die klassisch römischen Theater<br />

architektonisch in das Stadtbild ein. Ein direkter funktionaler<br />

Bezug zu anderen Gebäuden ist aber in der Regel nicht<br />

festzustellen. Anders sieht es dagegen bei den Vertretern des<br />

gallo römischen Typs aus. Diese stellen regelhaft eine funktionale<br />

Einheit mit einem Tempel(-bezirk) dar, der sich meist<br />

vor bzw. seitlich neben der Theaterfassade befindet. Besonders<br />

deutlich zeigen das Beispiele wie Augst oder Avenches,<br />

wo Theater und Tempel axial aufeinander ausgerichtet sind.<br />

Dies impliziert eine zentrale Bedeutung der gallorömischen<br />

Theater für den Kult, was durch den Nachweis von Altären<br />

in der orchestra direkt vor der Bühne, wie sie jüngst im<br />

Theater von Dalheim (Großherzogtum Luxemburg) nachgewiesen<br />

wurden. Neben der Aufführung von Theaterstücken<br />

oder der Kult ausübung erlaubt es die Bauform des Theaters,<br />

generell große Menschenmassen an einem Ort zu versammeln.<br />

Dies könnte bedeuten, dass diese Bauten auch zu<br />

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