Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...
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Denkmalgeschützte Theater<br />
200 Jahre<br />
Richard Wagner<br />
Giuseppe Verdi<br />
DENKMALGESCHÜTZTE<br />
THEATER UND OPERNHÄUSER<br />
Ballhaus, Hoftheater, Wagenremise – ein vergessener Ort in Regensburg<br />
Eine Nachlese zum 200. Todestag Emanuel Schikaneders am 21. September 2012<br />
Einführung<br />
Der Bismarckplatz in Regensburg mit der eindrucksvollen<br />
Fassade des erstmals 1803 errichteten Theater- und<br />
Gesellschaftshauses steht für die unter Fürstprimas Carl<br />
von Dalberg begonnene Umgestaltung Regensburgs in<br />
eine aufgeklärte Residenzstadt. Gegenüber der Theaterfassade<br />
allerdings lässt das noch 1805 als Sitz für den französischen<br />
Gesandten auf dem Immerwährenden Reichstag<br />
in Regensburg, Theobald Jaques Justin Baron de Bacher,<br />
durch Emmanuel d’Herigoyen errichtete Palais die untergehende<br />
Welt des Alten Reichs wie in einem letzten Reflex<br />
aufleuchten. Wer das Stadttheater am Bismarckplatz als<br />
Ausgangspunkt nimmt und – vorbei am Palais des französischen<br />
Gesandten – nach Süden in Richtung des Ägidienplatzes<br />
geht, stößt kurz vor dem früheren Deutschordenshaus<br />
und der Ordenskirche St. Ägid rechter Hand auf einen mit<br />
nachklassizistischem Dekor geschmückten Wohnbau, der<br />
1923 für die Hofbeamtenschaft der Fürsten von Thurn und<br />
Taxis errichtet worden ist. Kaum einem Besucher wird auf<br />
dieser kurzen Wegstrecke in den Sinn kommen, dass beide<br />
Orte zusammen über dreihundertfünfzig Jahre Spiel-, Theater-<br />
und Operngeschichte in Regensburg repräsentieren,<br />
denn dort, wo heute der Wohnhausbau für die fürstlichen<br />
Beamten steht, befand sich bis 1922 das erste frei stehende<br />
Theater Regensburgs.<br />
Vom reichsstädtischen Ballhaus<br />
zum fürstlichen Hoftheater<br />
Im Jahre 1652 hatte der Rat der Freien Reichsstadt Regensburg<br />
an der Westseite des St.-Gilgen-Platzes (heute Ägidienplatz)<br />
ein Ballhaus für das damals gesellschaftlich hoch<br />
geschätzte Ballspiel errichten lassen. Inwieweit dies im<br />
Zusammenhang mit dem für das folgende Jahr durch Kaiser<br />
Ferdinand III. nach Regensburg ausgeschriebenen Reichstag<br />
steht, ist nicht geklärt. Allerdings war bereits 1652 zu<br />
erwarten, dass diese Reichsversammlung im folgenden<br />
Jahr neben den Sitzungen der Stände auch zur Entfaltung<br />
von Prunk und barockem Zeremoniell Anlass bieten würde.<br />
War doch bereits 1652 in Prag die Wahl des ältesten Sohnes<br />
Kaiser Ferdinands zum römisch-deutschen König vereinbart<br />
worden, die am 31. Mai 1653 offiziell durch das Kurfürstenkollegium<br />
erfolgte. Am 18. Juni desselben Jahres<br />
vollzog dann der Kurfürst und Kurerzkanzler des Reichs,<br />
der Mainzer Fürstbischof Philipp von Schönborn, während<br />
des Reichstags in Regensburg in der Hohen Domkirche<br />
zu St. Peter auch die Krönung. Nach diesem letzten, in<br />
mittelalterlicher Manier mit einem ordentlichen Schlussdokument,<br />
dem sogenannten Reichsabschied, beendeten<br />
Reichstag trafen sich die Reichsstände zehn Jahre später<br />
erneut zu einer Reichsversammlung, welche allerdings<br />
infolge der vorzeitigen Abreise des Kaisers und eines Teils<br />
der Fürsten wegen der Türkengefahr nicht mehr ordentlich<br />
zu Ende gebracht werden konnte. Zurück in der Reichsstadt<br />
an der Donau blieben Gesandte als Vertreter der Stände.<br />
Daraus entwickelte sich jene in Permanenz tagende Reichsversammlung,<br />
die unter dem Namen „Immerwährender<br />
2<br />
1<br />
3<br />
Regensburg. 1 Neues Theater und Gesellschaftshaus; 2 Französische<br />
Gesandtschaft; 3 Ballhaus und Hoftheater (Kartengrundlage: © Bayerische<br />
Vermessungsverwaltung <strong>2013</strong>)<br />
Reichstag“ in die Geschichte eingegangen ist. Das Ende<br />
dieser Gesandtenversammlung, die nochmals für fast einhundertfünfzig<br />
Jahre den Glanz des Alten Reiches nach<br />
Regensburg brachte, kam erst am 6. August 1806, als<br />
Kaiser Franz II. in Wien in einer feierlichen Proklamation<br />
vom Balkon der Kirche zu den neun Chören der Engel am<br />
Hof herab die Kaiserkrone niederlegte und das Reich als<br />
Institution für erledigt erklärte.<br />
Der Kaiser ließ sich auf dem Reichstag meist durch einen<br />
Prinzipalkommissär vertreten, der die Aufgabe hatte, für<br />
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