Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...
Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...
Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Aktuell<br />
Beseitigung aber umso schwieriger. Rost bedeutet Volumenvergrößerung,<br />
er lässt Metall aufquellen und brüchig<br />
werden. Die nicht mehr tragfähige Unterkonstruktion<br />
versagt, die künstlerisch gestaltete Grottenoberfläche aus<br />
Romanzement platzt ab und geht so unrettbar verloren.<br />
Diese nicht aufzuhaltende, gleichsam kariöse Krankheit<br />
zerstört die Venusgrotte bis zum heutigen Tage. Plakativ<br />
dargestellt lässt sich sagen: Der historische Bestand der<br />
Grottenhülle mit seinen Stalagmiten und Stalagtiten ist zu<br />
über einem Drittel unrettbar verloren, ein weiteres Drittel<br />
muss intensiv saniert werden, und lediglich das verbleibende<br />
Drittel hat die Zeit einigermaßen gut überstanden.<br />
Diese Drahtputzschale mit ihrer Romanzementverkleidung<br />
steht als entscheidendes raumbildendes Element der Grotte<br />
aber im Zentrum des denkmalpflegerischen Interesses und<br />
muss deshalb in einer dem historischen Erscheinungsbild<br />
möglichst nahe kommenden Weise konstruktiv ertüchtigt<br />
und nachmodelliert werden.<br />
gesetzt werden können. Wie aber soll man ein „Gesicht“<br />
wieder in Ordnung bringen, wenn das „Fleisch“, das konstruktive<br />
Metallgeflecht darunter, krank ist? Versuche, z. B.<br />
den fortschreitenden Rost mittels Elektro-Galvanik aufzuhalten,<br />
gehören hier genauso zu den Überlegungen wie ein<br />
zweiter „zusätzlicher Halt“ der Grottenschale durch feinstmaschige,<br />
direkt auf die Grottenschale aufgebrachte und<br />
nach hinten verankerte Drahtnetze. Natürlich dürfen diese<br />
Maßnahmen nicht das Erscheinungsbild beeinträchtigen, sie<br />
dürfen nicht „auffallen“. Die Grottenschale wird annähernd<br />
bestandsgleich wieder aufgebaut, einzige Unterschiede<br />
gegenüber dem Bestand sind der Putzträger und der Zementauftrag.<br />
All das musste natürlich zuvor getestet werden, es<br />
gibt ja keinen Vergleich. Die Sanierung künstlicher Grotten<br />
ist keine gängige Praxis, all dies sind Experimente, auch<br />
die Langzeitwirkung muss getestet werden, hier war die<br />
Schlösserverwaltung der „TÜV“ der eigenen Maßnahmen.<br />
Neben diesen konstruktiven Fragen ist Rekonstruktion der<br />
historischen Raumstimmung der Venus grotte Planungsaufgabe<br />
gewesen. In den vielen Jahrzehnten seit ihrer Erbauung<br />
wurde deren ursprünglich wesentlich umfangreichere, mit<br />
Lichteffekten, Wasserfällen und illusionistischen Ausstattungselementen<br />
angereicherte Anmutung immer flacher und<br />
flacher. Die bauzeitlichen Quellbächlein an den Grottenwänden<br />
können aus klimatechnischen Gründen nicht mehr aktiviert<br />
werden – die Luftfeuchte verbietet dies – die historische<br />
Lichtstimmung aber soll durch LED-Licht mit Glasfiltern<br />
und Reaktivierung der historischen Beleuchtungsbecken<br />
Schnitt B-B` durch die Venusgrotte mit der von einem Ziegel gewölbe<br />
abgehängten Raumschale (Foto: Büro Barthel & Maus)<br />
Diese Probleme sind schon seit vielen Jahren bekannt, in<br />
den Ein- und Ausgangsbereichen schützen seit über zehn<br />
Jahren Stützgerüste und Netze den Besucher vor herabfallenden<br />
Teilen. Die Grotte verkommt – mangels genauer<br />
Erkenntnisse, wie der Zersetzungsvorgang aufgehalten<br />
werden kann und letztlich auch mangels zur Verfügung stehender<br />
Mittel – langsam zur Gruft, der Publikumsverkehr<br />
müsste ohne den Beginn einer umfassenden Sanierung in<br />
absehbarer Zeit komplett eingestellt werden.<br />
Restaurierungskonzept<br />
Wie aber kann man diesen Verfall aufhalten und die Venusgrotte<br />
als so wichtigen Bestandteil eines möglichen Weltkulturerbes<br />
„Königsschlösser“ vor der Zerstörung bewahren?<br />
Diese Frage stellten sich Ingenieure, Statiker, Restauratoren<br />
und Architekten, die sich im Auftrag der Bauabteilung der<br />
Schlösserverwaltung mit dieser Frage beschäftigt haben.<br />
Die notwendige Unterstützung durch das Finanzministerium,<br />
der Oberbehörde der Schlösserverwaltung, haben<br />
wir bekommen, ein Planungsauftrag zur Untersuchung der<br />
Schäden wurde erteilt, und die Untersuchungsergebnisse<br />
sind weit fortgeschritten.<br />
Neben technischen Fragen, wie der Abführung der Luftfeuchte<br />
durch eine Lüftungsanlage, der Verhinderung von<br />
Wassereintrag oder der statischen Ertüchtigung des Daches,<br />
beschäftigte uns vor allem die Frage, wie die für den Besucher<br />
sichtbaren Flächen der „Grottenschale“ bewahrt und instand-<br />
Muschelkahn Ludwigs II., 1876/77 nach Entwurf von Franz Seitz<br />
(Foto: BSV, Mathias Pfeil)<br />
19