21.11.2014 Aufrufe

Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...

Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...

Denkmalpflege Informationen Nr. 155 (Juli 2013) - Bayerisches ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Aktuell<br />

Stern- und Blütenmotive sowie Perlenschnur- und Flechtbandelemente<br />

und Diamantierungen überreich verziert.<br />

Mit den unterschiedlichen Nutzungen und Stilepochen erfuhr<br />

das Rathaus zahlreiche Umbauten: 1749 erhielt es, wahrscheinlich<br />

infolge von witterungsbedingten<br />

Substanzschäden, eine vorgeblendete,<br />

massive Westwand mit geohrten Sandsteingewänden.<br />

Den Fachwerkaufsatz<br />

verputzte man flächig, um einen massiven<br />

Steinbau vorzugeben und versah die<br />

Fenster ebenfalls mit geohrten Holzrahmungen.<br />

Nach Aktenlage erhielten die<br />

Innenräume moderne Türen und das<br />

Dach eine neue Biberschwanzdeckung.<br />

Für das 20. Jahrhundert sind mehrere<br />

Sanierungen nachgewiesen: 1926 installierte<br />

man einen sogenannten russischen<br />

Kamin und vergrößerte die Amtsstube.<br />

1934 legte man das verputzte Fachwerk<br />

wieder frei, um diese als typisch völkisch<br />

empfundene Konstruktion zu zeigen.<br />

Zwei Jahre später ließ die Verwaltung<br />

das Obergeschoss in kleine Büroräume<br />

unterteilen. Die Gemeinde fügte 1965<br />

einen Erweiterungsbau im Norden an,<br />

dem bedauerlicherweise zwei Gaden weichen mussten. In<br />

diesem Zusammenhang wurde auch die bis dahin erhaltene<br />

Schwarzküche im Obergeschoss entfernt. 1971 erfolgte eine<br />

grundlegende statische Sanierung des Dachwerks.<br />

An der Ostfassade des Rathauses ist das<br />

Gochsheimer Wappen eingelassen, das einen<br />

Adler über zinnenbewehrter Mauer darstellt<br />

(Foto: BLfD, Eberhard Lantz 2012)<br />

Befunduntersuchung und Restaurierung<br />

Nachdem die Rathausverwaltung 2001 ein neues Gebäude<br />

bezogen hatte, konnten zur Vorbereitung der notwendigen<br />

Renovierung des Historischen Rathauses sorgfältige Untersuchungen<br />

vorgenommen werden. Der aus Gochsheim<br />

stammende Kirchenmaler und Restaurator Harald Spitzner<br />

erarbeitete eine bauhistorische Analyse und erfasste im<br />

Obergeschoss den Bestand mit vielfältigen Um- und Einbauten.<br />

Zahlreiche Befunde gaben Aufschluss über die frühere<br />

Ausgestaltung der Ratssäle: An der Westwand ließen<br />

sich ursprünglich breit gelagerte Fenster nachweisen, die<br />

1749 verkleinert wurden. Eine aufgemalte Scheinarchitektur<br />

rahmte die Renaissancefenster, Pfeiler mit Gesims und<br />

Kugelaufsatz flankierten die Öffnungen,<br />

in Voluten auslaufende Flechtbänder<br />

begleiteten die segmentbogigen<br />

Stürze. Die Fachwerkwand zur Geheimen<br />

Ratsstube wurde mit einer dünnen<br />

Putzhaut überzogen, auf der die Hölzer<br />

nochmals in Rot mit einem schwarzen<br />

Begleitstrich aufgemalt waren. Möglicherweise<br />

diente die Putzschicht der<br />

Schall isolierung, da sich in der Geheimen<br />

Ratsstube die politischen Würdenträger<br />

zur Beratung trafen. Bereits eine<br />

Generation später erhielten die Räume<br />

eine zweite, aufwendigere Fassung, die<br />

durch die mehrmals angebrachte Jahreszahl<br />

„1599“ datiert ist. Während die<br />

Fensterstürze mit Blättern und Rüben<br />

dekoriert wurden, prangt vom zentralen<br />

Gefach über dem Haupteingang<br />

eine große runde Zwiebel, flankiert<br />

von je zwei saftigen gelben Rüben.<br />

Darüber steht die Jahreszahl „1599“, die auch auf einem<br />

Feld der Fachwerkwand zur Geheimen Ratsstube überliefert<br />

ist. Auf demselben Gefach sind die Initialen „SIH“ sowie<br />

ein Tonkrug und ein schwarzer Hahn abgebildet. Bezüge zu<br />

den Grafen von Henneberg konnten bisher nicht hergestellt<br />

werden; diese tragen zwar ebenfalls einen schwarzen Hahn<br />

in ihrem Wappen, aber von 1575 bis 1649 stand das Dorf<br />

unter der Herrschaft der Würzburger Fürstbischöfe. Es ist<br />

vielmehr zu vermuten, dass das für einen Ratssaal ungewöhnliche<br />

Bildprogramm auf die Landwirtschaft Bezug<br />

nimmt, die den zentralen ökonomischen Faktor für das vor<br />

den Toren der Freien Reichsstadt Schweinfurt gelegene Dorf<br />

darstellte. Zugehörig zu diesen beiden ersten Fassungssystemen<br />

belegt die Untersuchung eine ungewöhnlich bunte<br />

Der Große Ratssaal nach Abschluss der Restaurierung in dem wiedergewonnenen<br />

Erscheinungsbild der Renaissance (Foto: BLfD, Eberhard<br />

Lantz 2012)<br />

Die zentrale Stütze des Großen Ratssaales war farbenfroh mit Bleimennige<br />

gefasst, im Hintergrund die Fachwerkwand zum Geheimen Ratssaal und<br />

die Fensterumrahmung der Bauzeit (Foto: BLfD, Eberhard Lantz 2012)<br />

15

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!