Gutachten zur Versalzung der Gerstunger ... - Runder Tisch
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Kurzfassung<br />
Die Trinkwassergewinnung <strong>der</strong> thüringischen Gemeinde Gerstungen stützt sich auf eine<br />
Anzahl von Brunnen im Buntsandstein und Quartär. Das Gewinnungsgebiet liegt im Bereich<br />
<strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde, einer Subrosionssenke am nördlichen Salzhang des Zechstein-Salinars.<br />
Der stratigraphisch unter dem Buntsandstein und über <strong>der</strong> Salzabfolge liegende Zechstein-<br />
Plattendolomit ist das Zielgestein für die Verpressung von hochkonzentrierten Salzabwässern<br />
(Laugen) <strong>der</strong> Kaliwerke. Aufgrund <strong>der</strong> Subrosion <strong>der</strong> mehrere hun<strong>der</strong>t Meter mächtigen<br />
Zechsteinsalze ist das nachgebrochene Deckgebirge im Bereich des Salzhanges und <strong>der</strong><br />
Subrosionssenken stark zerrüttet. Daher bleiben die verpressten Salzlaugen nicht in dem<br />
Zielgestein Plattendolomit, son<strong>der</strong>n verdrängen zunächst das salzige Formationswasser des<br />
Plattendolomits und steigen anschließend selbst nach oben in die zerrütteten<br />
Deckgebirgsschichten auf.<br />
Im Bereich <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde ist bereits vor Jahrzehnten eine weitgehende Verdrängung<br />
<strong>der</strong> ursprünglichen Formationswässer des Plattendolomits durch versenkte Laugen erfolgt.<br />
Dies waren hauptsächlich NaCl-reiche Kieseritwaschwässer, die auf thüringischer Seite bis<br />
<strong>zur</strong> Einstellung <strong>der</strong> Laugenversenkung 1968 im Bereich <strong>der</strong> Horschlitter Mulde und auf<br />
hessischer Seite bis <strong>zur</strong> Einführung des ESTA-Verfahrens (ab ca. 1979) im Gebiet Kleinensee<br />
verpresst wurden. Seither werden auf hessischer Seite bis heute überwiegend MgCl 2 -reiche<br />
Abwässer verpresst. Von Juni 1999 bis Oktober 2007 wurden bei Gerstungen über die<br />
Plattendolomit-Bohrungen Herda 5 und Herda 11 (und in geringem Umfang Herda 10)<br />
weitere rund 9 Mio. m³ magnesiumchlorid-reiche Endlaugen versuchsweise versenkt<br />
(Bergerprobung des „Pufferspeichers <strong>Gerstunger</strong> Mulde“ (PGM)).<br />
Die, wegen Grenzwertüberschreitungen beim Salzgehalt im Jahr 1993 notwendige<br />
Außerbetriebnahme des <strong>Gerstunger</strong> Brunnens Kohlbach II ist ursächlich auf die<br />
Laugenverpressung <strong>zur</strong>ückzuführen. Mittlerweile treten auch in an<strong>der</strong>en Brunnen,<br />
insbeson<strong>der</strong>e Kohlbach I, aber auch in Quellen, deutliche Anzeichen einer <strong>Versalzung</strong> auf.<br />
Die Gemeinde befürchtet daher zu Recht, dass durch die fortgesetzte Laugenverpressung ihre<br />
Trinkwasserversorgung insgesamt in Gefahr ist und je<strong>der</strong>zeit ein Versorgungsnotstand<br />
eintreten kann.<br />
Die vorliegenden Untersuchungen zeigen zweifelsfrei, dass bereits vor <strong>der</strong> Bergerprobung <strong>der</strong><br />
Porenraum im Niveau des Plattendolomits weitgehend von überwiegend<br />
Kieseritwaschwässern <strong>der</strong> Kaliindustrie eingenommen war. Während <strong>der</strong> Bergerprobung<br />
wurden diese Kieseritwässer zusammen mit noch vorhandenen ursprünglichen<br />
Formationswässern lateral und vertikal weiter verdrängt. Hierdurch ist eine konzentrische<br />
Zonierung um die Versenkbohrungen herum entstanden, mit magnesiumchlorid-reichen<br />
Endlaugen im Zentrum, einem Gürtel von Kieseritwaschwässern und Mischwässern sowie<br />
abgedrängter Plattendolomit-Formationswässer in <strong>der</strong> Peripherie. Die <strong>Versalzung</strong>sfront hat<br />
sich dabei weiter in nordöstlicher Richtung ausgedehnt und bewegt sich etwa in Richtung<br />
Eisenach. Die Salzwässer haben sich auch weiter nach oben in den Buntsandstein ausgedehnt,<br />
was sich unter an<strong>der</strong>em in einer aufwärts fortschreitenden Verlagerung <strong>der</strong> Salzwasser-<br />
/Süßwassergrenze, sowie in zeitlich ansteigenden Salzgehalten manifestiert.<br />
Um eine weitere <strong>Versalzung</strong> <strong>der</strong> nutzbaren Grundwasserressourcen zu verhin<strong>der</strong>n ist es daher<br />
unumgänglich, die Laugenverpressung in <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde und im Raum Kleinensee<br />
schnellstmöglich zu beenden.<br />
Dr.habil. Ralf E. Krupp – Diplom-Geologe, Geochemiker 2