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Gutachten zur Versalzung der Gerstunger ... - Runder Tisch

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Dr.habil. Ralf E. Krupp<br />

Flachsfeld 5<br />

31303 Burgdorf<br />

Telefon: 05136 / 7846 ▬ e-mail: ralf.krupp@freenet.de<br />

<strong>Gutachten</strong> <strong>zur</strong> <strong>Versalzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Trinkwasser-Brunnen<br />

infolge <strong>der</strong> Versenkung von Kaliabwässern.<br />

Im Auftrag <strong>der</strong> Gemeinde Gerstungen / Werra (Thüringen)<br />

Burgdorf, 08.11.2007<br />

Dr.habil. Ralf Krupp<br />

(Diplom-Geologe, Geochemiker)<br />

Dr.habil. Ralf E. Krupp – Diplom-Geologe, Geochemiker 1


Kurzfassung<br />

Die Trinkwassergewinnung <strong>der</strong> thüringischen Gemeinde Gerstungen stützt sich auf eine<br />

Anzahl von Brunnen im Buntsandstein und Quartär. Das Gewinnungsgebiet liegt im Bereich<br />

<strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde, einer Subrosionssenke am nördlichen Salzhang des Zechstein-Salinars.<br />

Der stratigraphisch unter dem Buntsandstein und über <strong>der</strong> Salzabfolge liegende Zechstein-<br />

Plattendolomit ist das Zielgestein für die Verpressung von hochkonzentrierten Salzabwässern<br />

(Laugen) <strong>der</strong> Kaliwerke. Aufgrund <strong>der</strong> Subrosion <strong>der</strong> mehrere hun<strong>der</strong>t Meter mächtigen<br />

Zechsteinsalze ist das nachgebrochene Deckgebirge im Bereich des Salzhanges und <strong>der</strong><br />

Subrosionssenken stark zerrüttet. Daher bleiben die verpressten Salzlaugen nicht in dem<br />

Zielgestein Plattendolomit, son<strong>der</strong>n verdrängen zunächst das salzige Formationswasser des<br />

Plattendolomits und steigen anschließend selbst nach oben in die zerrütteten<br />

Deckgebirgsschichten auf.<br />

Im Bereich <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde ist bereits vor Jahrzehnten eine weitgehende Verdrängung<br />

<strong>der</strong> ursprünglichen Formationswässer des Plattendolomits durch versenkte Laugen erfolgt.<br />

Dies waren hauptsächlich NaCl-reiche Kieseritwaschwässer, die auf thüringischer Seite bis<br />

<strong>zur</strong> Einstellung <strong>der</strong> Laugenversenkung 1968 im Bereich <strong>der</strong> Horschlitter Mulde und auf<br />

hessischer Seite bis <strong>zur</strong> Einführung des ESTA-Verfahrens (ab ca. 1979) im Gebiet Kleinensee<br />

verpresst wurden. Seither werden auf hessischer Seite bis heute überwiegend MgCl 2 -reiche<br />

Abwässer verpresst. Von Juni 1999 bis Oktober 2007 wurden bei Gerstungen über die<br />

Plattendolomit-Bohrungen Herda 5 und Herda 11 (und in geringem Umfang Herda 10)<br />

weitere rund 9 Mio. m³ magnesiumchlorid-reiche Endlaugen versuchsweise versenkt<br />

(Bergerprobung des „Pufferspeichers <strong>Gerstunger</strong> Mulde“ (PGM)).<br />

Die, wegen Grenzwertüberschreitungen beim Salzgehalt im Jahr 1993 notwendige<br />

Außerbetriebnahme des <strong>Gerstunger</strong> Brunnens Kohlbach II ist ursächlich auf die<br />

Laugenverpressung <strong>zur</strong>ückzuführen. Mittlerweile treten auch in an<strong>der</strong>en Brunnen,<br />

insbeson<strong>der</strong>e Kohlbach I, aber auch in Quellen, deutliche Anzeichen einer <strong>Versalzung</strong> auf.<br />

Die Gemeinde befürchtet daher zu Recht, dass durch die fortgesetzte Laugenverpressung ihre<br />

Trinkwasserversorgung insgesamt in Gefahr ist und je<strong>der</strong>zeit ein Versorgungsnotstand<br />

eintreten kann.<br />

Die vorliegenden Untersuchungen zeigen zweifelsfrei, dass bereits vor <strong>der</strong> Bergerprobung <strong>der</strong><br />

Porenraum im Niveau des Plattendolomits weitgehend von überwiegend<br />

Kieseritwaschwässern <strong>der</strong> Kaliindustrie eingenommen war. Während <strong>der</strong> Bergerprobung<br />

wurden diese Kieseritwässer zusammen mit noch vorhandenen ursprünglichen<br />

Formationswässern lateral und vertikal weiter verdrängt. Hierdurch ist eine konzentrische<br />

Zonierung um die Versenkbohrungen herum entstanden, mit magnesiumchlorid-reichen<br />

Endlaugen im Zentrum, einem Gürtel von Kieseritwaschwässern und Mischwässern sowie<br />

abgedrängter Plattendolomit-Formationswässer in <strong>der</strong> Peripherie. Die <strong>Versalzung</strong>sfront hat<br />

sich dabei weiter in nordöstlicher Richtung ausgedehnt und bewegt sich etwa in Richtung<br />

Eisenach. Die Salzwässer haben sich auch weiter nach oben in den Buntsandstein ausgedehnt,<br />

was sich unter an<strong>der</strong>em in einer aufwärts fortschreitenden Verlagerung <strong>der</strong> Salzwasser-<br />

/Süßwassergrenze, sowie in zeitlich ansteigenden Salzgehalten manifestiert.<br />

Um eine weitere <strong>Versalzung</strong> <strong>der</strong> nutzbaren Grundwasserressourcen zu verhin<strong>der</strong>n ist es daher<br />

unumgänglich, die Laugenverpressung in <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde und im Raum Kleinensee<br />

schnellstmöglich zu beenden.<br />

Dr.habil. Ralf E. Krupp – Diplom-Geologe, Geochemiker 2


Inhalt<br />

1. Geologische Betrachtungen ………………………………………………….. 4<br />

Einführung und Problemstellung …………………………………………. 4<br />

Geologische Verhältnisse ……………………..…………………………... 5<br />

Hydrogeologische Stockwerke und Strömungsregime ……………..……. 9<br />

Bewertung relevanter Literatur (Auswahl) ……………………………….. 12<br />

Vorgeschichte zum Pufferspeicher <strong>Gerstunger</strong> Mulde …………………… 14<br />

2. Chemische Betrachtungen ……………………………………………………. 21<br />

Wissenschaftlicher Ansatz ………………………………………………… 21<br />

Thermodynamische Modellierung von Mineral-Lösungs-Gleichgewichten . 25<br />

Verfügbare Datenbasis …………………………………………………….. 26<br />

Einige allgemeine Erläuterungen und Festlegungen für die Diagramme …. 27<br />

Versenkte Laugen …………………………………………………………. 28<br />

Plattendolomit ……………………………………………………………... 31<br />

Deckgebirge (Buntsandstein und Quartär) ………………………………… 34<br />

Geographische Verbreitung <strong>der</strong> Salzabwässer …………………………… .. 41<br />

Schlussfolgerungen und Empfehlungen …………………………………… 44<br />

Quellenangaben ……………………………………………………………. 46<br />

Anlagen<br />

Diagramme<br />

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1. Geologische Betrachtungen<br />

Einführung und Problemstellung<br />

Kalibergbau und Abwässer<br />

Die Kaliwerke an <strong>der</strong> Werra bauen seit Beginn des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts in großem Umfang<br />

Kalisalze <strong>der</strong> Flöze „Thüringen“ und „Hessen“ <strong>der</strong> Zechstein-Formation ab und verarbeiten<br />

diese zu verkaufsfähigen Produkten, vornehmlich Kali- und Magnesium-Dünger. Bei den<br />

geför<strong>der</strong>ten Rohsalzen handelt es sich überwiegend um kieseritische Hartsalze, aber auch um<br />

Carnallitit und Sylvinit.<br />

Durch die Aufbereitung und chemische Weiterverarbeitung <strong>der</strong> Salze in den Kalifabriken<br />

fallen einerseits feste Rückstände an, die in den Untertage-Versatz gehen sowie über Tage zu<br />

Rückstandshalden aufgeschüttet werden. Außerdem fallen bei den industriellen<br />

Lösungsprozessen große Mengen hoch konzentrierter Salzabwässer an, so genante Endlaugen<br />

(Die Bergleute verstehen unter Laugen hochkonzentrierte wässrige Salz-Lösungen, die außer<br />

NaCl (Solen) noch weitere Salze enthalten), die ebenso wie die nie<strong>der</strong>schlagsbedingten<br />

Haldenabwässer bisher beseitigt werden, indem sie in die Werra eingeleitet und im<br />

geologischen Untergrund versenkt, bzw. verpresst werden.<br />

Seit Beginn <strong>der</strong> Laugenversenkung im Jahr 1925 bis heute (2007) ist von den thüringischen<br />

und hessischen Kaliwerken zusammen das gigantische Volumen von fast einer Milliarde<br />

Kubikmeter (= 1 Kubik-Kilometer) Lauge in das Niveau des Zechstein-Plattendolomits<br />

(z3Ca) versenkt worden. Noch zu DDR-Zeiten stellten die thüringischen Kaliwerke im Jahr<br />

1968, nach Verpressung von insgesamt 233 Mio. m³ seit 1925 (HLUG, 2004), die<br />

Laugenversenkung wegen Überbeanspruchung <strong>der</strong> Versenkräume ein. Auf hessischer Seite<br />

wurden von 1928 bis 2003 von den Werken Hattorf und Wintershall 707 Mio. m³ versenkt<br />

(HLUG, 2004). Die <strong>der</strong>zeit (2007) von den drei noch aktiven Kali-Fabriken Hattorf,<br />

Wintershall und Unterbreizbach <strong>der</strong> K+S Kali GmbH (nachfolgend K+S) verpresste<br />

Laugenmenge liegt bei ca. 7,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr, während die<br />

Laugenversenkung des K+S-Werkes Neuhof-Ellers bei Fulda kürzlich wegen Erschöpfung<br />

des dortigen Versenkraumes vorzeitig beendet werden musste. Die Erschöpfung o<strong>der</strong><br />

Überbeanspruchung <strong>der</strong> Versenkräume manifestiert sich beson<strong>der</strong>s durch <strong>Versalzung</strong>en in<br />

höheren Grundwasser-Stockwerken des Buntsandsteins und des Quartärs, sowie durch diffuse<br />

Salzwasseraustritte an o<strong>der</strong> nahe <strong>der</strong> Erdoberfläche.<br />

Veranlassung<br />

Anlass für dieses <strong>Gutachten</strong> ist ein aktueller Antrag <strong>der</strong> Kaliindustrie für die Inbetriebnahme<br />

eines weiteren Versenkraumes in <strong>der</strong> Umgebung von Gerstungen, dem so genannten<br />

„Pufferspeicher <strong>Gerstunger</strong> Mulde“ (PGM). Nach einer Phase <strong>der</strong> Bergerprobung, in <strong>der</strong><br />

bereits ca. 9 Millionen Kubikmeter Lauge versuchsweise versenkt worden sind, sollte nun <strong>der</strong><br />

Regelbetrieb, bzw. die Verlängerung des Probebetriebes genehmigt werden, um das von <strong>der</strong><br />

Kali-Industrie auf 25 bis 40 Millionen Kubikmeter geschätzte „Nutzvolumen“ des<br />

Pufferspeichers in Anspruch nehmen zu können. Hiergegen bestehen von verschiedener Seite<br />

erhebliche Bedenken.<br />

Die Gemeinde Gerstungen wäre speziell durch die <strong>Versalzung</strong> des Buntsandstein-<br />

Grundwasserleiters und <strong>der</strong> Quartären Deckschichten betroffen, aus denen sie das<br />

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Trinkwasser <strong>zur</strong> Versorgung ihres Gemeindegebietes gewinnt. Während <strong>der</strong><br />

Bergerprobungsphase ist es in verschiedenen Brunnen und Quellen des <strong>Gerstunger</strong><br />

Wasserwerkes sowie an<strong>der</strong>norts zu deutlichen Anstiegen <strong>der</strong> Salzgehalte gekommen, wobei<br />

einer <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Brunnen (Kohlbach II) bereits infolge früherer Laugenversenkung<br />

stillgelegt werden musste, bzw. nur noch als Ersatzbrunnen diente. Im Fall weiterer<br />

Laugenversenkungen in den Pufferspeicher Gerstungen wird befürchtet, dass das Wasserwerk<br />

insgesamt aufgrund weiter zunehmen<strong>der</strong> <strong>Versalzung</strong>en des Buntsandstein-Wassers<br />

aufgegeben werden muss und somit ein Versorgungsnotstand eintreten wird.<br />

Neben <strong>der</strong> Beeinträchtigung <strong>der</strong> kommunalen Trinkwasserversorgung ist aber auch ein<br />

korrosiver Angriff aufsteigen<strong>der</strong> magnesiumchlorid-reicher Wässer auf Rohrleitungen aus<br />

Eisen und Beton, sowie auf Hausfundamente etc. zu besorgen, wie er im nahe gelegenen Ort<br />

Heringen nachweislich erfolgt ist.<br />

Aufgabenstellung<br />

Gegenstand dieses <strong>Gutachten</strong>s ist daher die Zusammenführung und die Bewertung<br />

vorhandener Informationen, insbeson<strong>der</strong>e Wasseranalysen, hinsichtlich <strong>der</strong> Ursachen <strong>der</strong><br />

<strong>Versalzung</strong>, weil die Kaliindustrie bislang ihre Verantwortlichkeit für die beobachteten<br />

<strong>Versalzung</strong>sprobleme bestreitet. Die über die bereits bekannten Tatsachen hinaus gehende<br />

Nachweisführung erfolgt im Wesentlichen anhand von Zeitreichen <strong>der</strong> analytisch<br />

dokumentierten Gehalte <strong>der</strong> Inhaltsstoffe, sowie anhand von chemischen Trends, die durch<br />

Mischung von Grundwässern mit den versenkten Endlaugen, sowie durch verschiedene<br />

chemische Reaktionen <strong>der</strong> Laugen mit dem Nebengestein zustande kommen.<br />

Geologische Verhältnisse<br />

Die <strong>Gerstunger</strong> Mulde (Siehe Abbildung 1.1) ist eine schüsselförmige Struktur, die sich<br />

unmittelbar nördlich des Salzhanges anschließt und im Wesentlichen durch Ablaugung des<br />

Salinars (Subrosion) entstanden ist. (Als Subrosion bezeichnet man die unterirdische<br />

Auflösung von Salzgesteinen durch zirkulierende Grundwässer, in <strong>der</strong> Regel über geologische<br />

Zeiträume hinweg, die am Ende ein Residualgestein (Brekzie) aus unlöslichen Komponenten<br />

und eingestürzten Hangendschichten hinterlässt und an <strong>der</strong> Erdoberfläche oft durch eine<br />

morphologische Senke abgebildet wird.) Nach Süd-Südost setzt sich die <strong>Gerstunger</strong> Mulde in<br />

die Horschlitter Mulde fort, die einerseits durch einen tektonischen Graben vorgeprägt ist,<br />

an<strong>der</strong>erseits aber auch in einer Ausbuchtung des Salzhanges liegt und durch Subrosion<br />

entstanden ist. Nach West-Südwest geht die <strong>Gerstunger</strong> Mulde in die Hönebacher Mulde<br />

über, die sich entlang dem Nordrand des Salzhanges nach Westen erstreckt. Diese Strukturen<br />

werden durch die Tiefenlage des Plattendolomit-Horizontes definiert, zeichnen sich aber auch<br />

an <strong>der</strong> Erdoberfläche als morphologische Senken mit jungen Sedimentfüllungen ab.<br />

Dr.habil. Ralf E. Krupp – Diplom-Geologe, Geochemiker 5


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Abbildung 1.1 - Geologische Strukturkarte nach Finkenwirth (1964). Der dunkel gerasterte Bereich stellt den Salzhang am Nordrand<br />

des Salinars dar. Die Konturlinien sind Tiefenlinien <strong>der</strong> Oberkante des Plattendolomits. <strong>Gerstunger</strong> Mulde oben in <strong>der</strong> Mitte.


Das Zielgestein für die Versenkung von Endlaugen ist gemäß den bisherigen genehmigten<br />

wasserrechtlichen Anträgen jeweils ausschließlich <strong>der</strong> Zechstein-Plattendolomit (z3Ca). Diese<br />

Gesteinsschicht ist häufig nur nahe ihrer Basis dolomitisiert und besteht großenteils noch aus<br />

Kalkstein (Deubel, 1954). In <strong>der</strong> Literatur wird für den Plattendolomit eine Mächtigkeit<br />

zwischen 15 und 25 Metern angegebenen (HLUG, 2004), sowie Kluft-Porositäten von ca. 10<br />

bis 15 Prozent und Durchlässigkeiten (kf-Werte) von 10 -5 bis 10 -4 m/s, die vermutlich nur in<br />

Zerrüttungszonen erreicht werden können. In solchen Gebieten ist <strong>der</strong> Plattendolomit nicht<br />

nur zerbrochen (brekzisiert), son<strong>der</strong>n häufig auch durch Lösungseinwirkungen zu einem<br />

sandigen Grus zersetzt worden, während er in Tieflagen subrosionsfreier Gebiete eher dicht<br />

und wenig durchlässig ist (Deubel, 1954).<br />

Abbildung 1.2 – Subrosionsbrekzie aus Plattendolomit-Fragmenten. Aufgrund <strong>der</strong> Zwickel<br />

zwischen den Bruchstücken haben Subrosionsbrekzien gute hydraulische Durchlässigkeiten<br />

und eine hohe „Porosität“. (Fundort: Höhe 292 m, südlich Wartha)<br />

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Im ungestörten Normalprofil ist <strong>der</strong> noch intakte Plattendolomit durch undurchlässige, tonige<br />

Schichten (Oberer Werra-Ton bis Unterer Leine-Ton; z1Tb – z3Ta) von dem darunter<br />

liegenden Salzgebirge abgetrennt. In ungestörter Lagerung ist <strong>der</strong> Plattendolomit auch<br />

gegenüber dem hangenden Deckgebirge, also dem Buntsandstein, durch gering durchlässige,<br />

tonige Schichten (Oberer Leine- bis Friesland-Ton und Bröckelschiefer; z3Tb – z7) getrennt.<br />

In großen Arealen ist aber <strong>der</strong> Plattendolomit wie auch die abdichtenden Trennschichten im<br />

Hangenden des Plattendolomits infolge von intensiver Subrosion des darunter liegenden<br />

Salinars zerrüttet und zerbrochen worden (Siehe Abbildungen 1.2 und 1.3). Dies gilt<br />

insbeson<strong>der</strong>e für ausgedehnte Subrosionssenken wie die <strong>Gerstunger</strong> Mulde, die davon nach<br />

Südosten abzweigende Horschlitter Mulde (Versenkgebiet Gospenroda) und die nach<br />

Südwesten abzweigende Hönebacher Mulde (Versenkgebiet Eichhorst-Kleinensee), aber<br />

ebenso für den Salzhang an <strong>der</strong> Peripherie des Salinars. Diese Zerrüttungs-Gebiete sind seit<br />

vielen Jahrzehnten bekannt und in Profilschnitten geologischer Kartenwerke auch dargestellt<br />

(z.B. Deubel 1942, 1948, 1954; GK 25000 Blatt Bad Salzungen, Blatt Vacha, Blatt Berka).<br />

Das von <strong>der</strong> Kaliindustrie immer wie<strong>der</strong> gezeichnete (und von den Bergbehörden trotz<br />

besseren Wissens bislang akzeptierte) Bild einer nach oben und unten dichten<br />

Speichergesteins-Formation („Der Plattendolomit“) bestätigt sich bei korrekter<br />

Betrachtungsweise nicht im Ansatz, insbeson<strong>der</strong>e dann nicht, wenn wegen <strong>der</strong> dort höheren<br />

Porositäten und <strong>der</strong> besseren hydraulischen Durchlässigkeiten, gerade diese Subrosions-<br />

Bereiche als Versenkgebiete ausgesucht werden.<br />

Abbildung 1.3 – Geologisches Säulenprofil vom Rotliegenden bis zum Quartär. In<br />

Subrosionsgebieten wie <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde ist das Normalprofil (links) durch Auflösung<br />

<strong>der</strong> ca. 300 m mächtigen Salzschicht und Einsturz des Deckgebirges durch eine<br />

Subrosionsbrekzie (rechts) ersetzt.<br />

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Als Folge <strong>der</strong> Zerrüttung breiten sich die bei <strong>der</strong> Versenkung aus dem Plattendolomit (den<br />

Zerrüttungszonen) verdrängten Formationswässer, aber auch die versenkten Endlaugen selbst,<br />

ungehin<strong>der</strong>t in das Deckgebirge, also den Buntsandstein und das Quartär aus, wo sie die<br />

natürlich vorhandenen Süßwasser-Reserven (Grundwasser-Körper) nach und nach versalzen.<br />

Auch ein weiterer Aufstieg <strong>der</strong> Salzwässer durch das Deckgebirge hindurch bis <strong>zur</strong><br />

Oberfläche ist unbestreitbar vorhanden (HLUG, 2004). Dieser manifestiert sich in diffusen<br />

Salzeinträgen in die Fließgewässer, beson<strong>der</strong>s in die Werra, aber auch in Salzzuflüssen in<br />

verschiedenen Kiesgruben und in Quellaustritten. Zusätzlich zu den Zerrüttungszonen setzen<br />

auch noch eine ganze Anzahl von Störungen (Verwerfungen) und Kluftzonen durch den<br />

Plattendolomit und die Hangendschichten hindurch, die für zusätzliche Wegsamkeiten aus<br />

dem Plattendolomit in und durch das Deckgebirge sorgen. Bis zu 40 Prozent <strong>der</strong> versenkten<br />

Chlorid-Frachten erreichen so als diffuse Salzwasser-Austritte die Oberfläche und damit die<br />

Werra (HLUG 2004).<br />

Die immer noch von <strong>der</strong> Kaliindustrie herangezogene Überlegung, dass sich die verpressten<br />

Laugen aufgrund ihrer höheren Dichte unterhalb <strong>der</strong> geringer dichten Plattendolomit-<br />

Formationswässer und salzarmen Grundwässer ausbreiten und zu einer Dichte-Schichtung<br />

führen, gilt nur für freie, strömungsarme Wasserkörper. Für durchströmte Kluft- und<br />

Porenwasserspeicher muss mit einer wesentlich schnelleren Vermischung gerechnet werden,<br />

die durch die vielfach verzweigten Wegsamkeiten im Speichergestein (Dispersivität)<br />

begünstigt wird. Im Übrigen kann diese, auf Professor Franz Beyschlag und den Bergrat<br />

Ernst Fulda zu Beginn des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>zur</strong>ückgehende Vorstellung seit Deubel (1942)<br />

als wi<strong>der</strong>legt gelten. Heute weis man, dass in gespannten und halbgespannten<br />

Grundwasserleitern die Strömung entlang hydrostatischer Druckgradienten verläuft. Wenn<br />

man aber mit Verpressungsdrücken von bis 30 bar arbeitet, spielen die Dichteunterschiede<br />

kaum noch eine Rolle. Vielmehr werden sich die Laugen nach oben und <strong>zur</strong> Seite hin durch<br />

Verdrängung von Formations- und Grundwasser Platz verschaffen.<br />

Die Vorstellung, dass sich im „Plattendolomit“ eine glatte Verdrängungsfront mit einer<br />

schmalen Vermischungszone zwischen Lauge und Formationswasser ausbilden würde<br />

(Anträge von K+S; Skorownek et al., 1999; HLUG 2004 …..), ist allenfalls bei sehr<br />

großräumigen Betrachtungen zulässig. Bei lokalen Betrachtungen ist eine Ausbreitung <strong>der</strong><br />

verpressten Laugen und verdrängten Wässer eher entlang größerer und kleinerer Störungsund<br />

Kluftzonen, sowie durch stark fragmentierte Gesteinskörper (Brekzien) hindurch<br />

anzunehmen. Es ist dann realistischer von einer fingerförmigen Ausbreitung <strong>der</strong><br />

Versenklaugen entlang von Zonen hoher Permeabilität auszugehen.<br />

Hydrogeologische Stockwerke und Strömungsregime<br />

Der Vollständigkeit halber, und für ein besseres Verständnis, soll hier kurz auf die<br />

hydrogeologischen Verhältnisse eingegangen werden, die ausführlicher z.B. bei Käbel (2006)<br />

o<strong>der</strong> Rösing (1992) nachzulesen sind.<br />

Natürliche, anthropogen ungestörte Verhältnisse<br />

In Gebieten mit intaktem Schichtverband und ungestörter Schichtenfolge (Abbildung 3, links)<br />

stellt <strong>der</strong> Plattendolomit einen ergiebigen Grundwasserleiter dar, <strong>der</strong> nach oben und unten<br />

durch geringleitende Schichten abgedichtet ist und als „gespannter Aquifer“ anzusehen ist.<br />

Zum Hangenden hin folgen <strong>der</strong> Untere und Mittlere Buntsandstein, die zusammen im<br />

<strong>Gerstunger</strong> Raum eine Mächtigkeit (Schichtdicke) von fast 500 Metern erreichen (Rösing,<br />

1992) und den wichtigsten Grundwasserspeicher des Gebietes repräsentieren, <strong>der</strong> nur im<br />

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Grenzbereich Unterer/Mittlerer Buntsandstein durch eine teildurchlässige Tonstein-Sandstein-<br />

Wechselfolge hydraulisch unterglie<strong>der</strong>t ist. Die hydraulische Leitfähigkeit des Buntsandsteins<br />

wird weniger durch seine Porosität als durch seine Klüftigkeit bewirk. Die Quartären (und<br />

lokal Tertiären) Auflagerungen auf dem Buntsandstein sind Grundwasserleiter, die mit dem<br />

Buntsandstein hydraulisch eine Einheit bilden. Buntsandstein und Quartär bilden einen nach<br />

oben durch den Grundwasserspiegel begrenzten, ungespannten Aquifer.<br />

In Subrosionsgebieten hingegen muss <strong>der</strong> gesamte von <strong>der</strong> Zerrüttung erfasste<br />

Gesteinskomplex vom teilweise o<strong>der</strong> vollständig aufgelösten Zechstein-Salinar bis hinauf zu<br />

den jüngsten Ablagerungen als durchgehen<strong>der</strong> Grundwasserspeicher mit guter hydraulischer<br />

Leitfähigkeit angesehen werden.<br />

Störungen können die vertikale Leitfähigkeit lokal stark vergrößern und stellen dann wichtige<br />

Aufstiegswege dar. An<strong>der</strong>erseits können Störungen Grundwasserkörper lateral auch<br />

abdichten, wenn durch die Versetzung nichtleitende an grundwasserleitende Schichten<br />

angrenzen.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> Schüsselform <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde bewegt sich das an <strong>der</strong> Oberfläche neu<br />

gebildete Grundwasser in den grundwasserleitenden Schichten zunächst zum Muldenzentrum<br />

hin und auf die Entlastungsgebiete zu. Dies sind Areale in denen Grundwasser aufgrund dort<br />

vorhandener vertikaler Wegsamkeiten (Störungen, Zerrüttungszonen) nach oben strömt und<br />

als Grundwasserspende den Vorflutern zufließt. Grundwasserneubildung und<br />

Grundwasserspende halten sich dabei innerhalb eines Einzugsgebietes die Waage. Bei dem<br />

gespannten Grundwasser des Plattendolomits, dessen Neubildungsgebiete zumeist höher<br />

liegen als die Entlastungsgebiete in den Talauen, kann es zu artesischen Überläufen kommen,<br />

dort wo die hangenden grundwasserstauenden Schichten fehlen. Dies ist beson<strong>der</strong>s beim<br />

Übergang in die Subrosionsgebiete <strong>der</strong> Fall.<br />

Wo die zunächst gering mineralisierten Plattendolomitwässer im Salzhangbereich und in<br />

Subrosionssenken auf natürliche, salzgesättigte Subrosionslaugen treffen, findet eine teilweise<br />

Vermischung statt, wodurch Salze aufgenommen und advektiv <strong>zur</strong> Oberfläche transportiert<br />

werden können, wo sie als natürliche Salzquellen austreten, o<strong>der</strong> auch von unten, über die<br />

Quartären Talfüllungen direkt in den Vorfluter einspeisen. Die aufgenommenen Salze<br />

entsprechen in ihrer Zusammensetzung und in ihren Elementverhältnissen in etwa <strong>der</strong><br />

Zusammensetzung des Salinars.<br />

Störungen des Wasserhaushalts durch Wasser-Entnahmen und Laugen-Verpressung.<br />

Durch die Entnahmen und Umleitungen von Flusswasser und Grundwasser, sowie durch die<br />

Verpressung von Abwässern in geologische Formationen, werden die oben geschil<strong>der</strong>ten<br />

natürlichen Abläufe gestört. Die von <strong>der</strong> Gemeinde Gerstungen und von benachbarten<br />

Gemeinden entnommenen Grundwassermengen bewegen sich in <strong>der</strong> Größenordnung weniger<br />

Hun<strong>der</strong>dtausend Kubikmeter pro Jahr. Nach Nutzung werden die geklärten Abwässer ortsnah<br />

<strong>zur</strong> Entnahmestelle wie<strong>der</strong> in die Vorfluter eingeleitet. Die Wasserentnahmen <strong>der</strong> Kaliwerke<br />

(nur Brauchwasser, kein Kühlwasser) belaufen sich dagegen auf mindestens 15 Mio. m³/a.<br />

Die Menge verdampften Kühlwassers ist momentan nicht verfügbar. Die 15 Mio. m³/a werden<br />

nach Nutzung als Abwasser etwa <strong>zur</strong> Hälfte in die Werra eingeleitet, die an<strong>der</strong>e Hälfte wird<br />

im Untergrund verpresst. Entnahmeorte und Versenkorte liegen teilweise viele Kilometer<br />

auseinan<strong>der</strong> und in unterschiedlichen Einzugsgebieten. Die Eingriffe kommunaler<br />

Wasserwerke in den Wasserhaushalt sind gegenüber den Eingriffen durch die Kaliindustrie<br />

fast vernachlässigbar, abgesehen von möglichen lokalen Effekten.<br />

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Durch die umfangreichen industriellen Wasserentnahmen und die regionale Inanspruchnahme<br />

des „Plattendolomits“ als Versenkraum für Kaliabwässer, die künstlichen, regionalen<br />

Verlagerungen großer Wassermengen, die Anwendung hoher Verpressungsdrücke bis 30 bar,<br />

die Störung natürlicher Dichteverteilungen und die künstliche Erzeugung ständig wechseln<strong>der</strong><br />

Grundwasserströmungen und die dadurch ausgelösten Verschiebungen von<br />

Grundwasserkörpern, werden die natürlichen hydrologischen Verhältnisse in profun<strong>der</strong> Weise<br />

gestört, und zwar nicht nur im Plattendolomit, son<strong>der</strong>n auch und gerade in höheren<br />

Grundwasserstockwerken im Bereich von Subrosionsgebieten. Dies kann für Wasserwerke<br />

neben Einbußen bei <strong>der</strong> Wasserqualität auch Verluste am nutzbaren Grundwasserdargebot<br />

bedeuten.<br />

Versuch einer Prognose<br />

Die gestörten hydrologischen Verhältnisse und die Salzbelastungen können sich erst dann<br />

wie<strong>der</strong> normalisieren, wenn die Versenktätigkeiten und Abwassereinleitungen eingestellt<br />

werden, entwe<strong>der</strong> durch alternative Verwertungs- und Entsorgungsstrategien für die<br />

Kaliabwässer, o<strong>der</strong> Beendigung <strong>der</strong> Kalisalzherstellung und des Bergbaus. Letzterer Fall wird<br />

aller Voraussicht nach in 30 bis 40 Jahren durch Erschöpfung <strong>der</strong> Lagerstätte eintreten, sofern<br />

nicht durch an<strong>der</strong>e Abbauverfahren eine weitergehende Ausbeutung möglich sein wird,<br />

beispielsweise durch Gewinnung <strong>der</strong> Stützpfeiler. (Die Abwässer <strong>der</strong> Kalihalden sind ein<br />

geson<strong>der</strong>t zu lösendes Problem, das hier ausgeklammert bleiben soll.)<br />

Mit Einstellung <strong>der</strong> Laugenversenkung entfällt das wichtigste treibende Moment für die<br />

Verdrängung von Salzwässern aus den tieferen Grundwasserkörpern (Plattendolomit, untere<br />

Bereiche des Einsturzgebirges). Dies wird einen spontanen Rückgang <strong>der</strong> diffusen<br />

Salzwasseraustritte an <strong>der</strong> Oberfläche und ein „Einfrieren“ <strong>der</strong> Salz-/Süßwassergrenzen in den<br />

Grundwasserkörpern <strong>zur</strong> Folge haben. Damit ist gemeint, dass nur noch die vergleichsweise<br />

sehr viel langsameren, natürlichen Grundwasserbewegungen ablaufen werden. Ebenso entfällt<br />

die anthropogene Zufuhr von Salzen, wodurch sich infolge natürlicher<br />

Grundwasserneubildung nach und nach wie<strong>der</strong> natürliche (naturnahe) Verhältnisse einstellen<br />

können. Dies erfolgt einerseits durch Verdünnungsvorgänge, an<strong>der</strong>erseits durch ein langsames<br />

„Herausschieben“ <strong>der</strong> versalzenen Grundwässer in die Vorfluter durch die nachrückenden,<br />

neu gebildeten Grundwassermassen.<br />

Für den Plattendolomit (gespannter Grundwasserleiter) werden diese Aussüßungsprozesse<br />

sehr lange dauern, weil seine Ausbiss-Gebiete und damit die Grundwasserneubildung klein<br />

im Verhältnis zu seiner Flächenausdehnung in <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde sind (geschätzt etwa 5<br />

Prozent). Geht man von einem gespeicherten Salzwasservolumen im Plattendolomit von 2 m³<br />

pro 1m² Flächenausdehnung des Speichergesteins aus (20 m Mächtigkeit, 10 Prozent<br />

Porosität), und nimmt eine Grundwasserneubildung von grob geschätzt 20 Prozent des<br />

Nie<strong>der</strong>schlags an (also ca. 140 mm/a entsprechend 0,14 m³/m²/a), so lässt sich die Zeitdauer<br />

für einen vollständigen Wasseraustausch größenordnungsmäßig abschätzen: 2 m³/m² :<br />

0,05*0,14 m³/m²/a = 286 a. Es wird also Jahrhun<strong>der</strong>te dauern, bis die anthropogenen<br />

Salzeinträge durch natürliche Selbstreinigung aus dem Plattendolomit wie<strong>der</strong> ausgewaschen<br />

sind. Natürliche, durch Subrosionsprozesse zugeführte Salzgehalte werden auch weiterhin in<br />

die Plattendolomitwässer gelangen.<br />

Für das Deckgebirge (ungespannter Grundwasserleiter) und große Teile des Einsturzgebirges<br />

wird <strong>der</strong> Wasseraustausch und die natürliche Entsalzung zumindest in oberflächennahen<br />

Bereichen schneller ablaufen, weil hier die Grundwasserneubildung über die gesamte Fläche<br />

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zum tragen kommen kann. Mit zunehmen<strong>der</strong> Tiefe wird <strong>der</strong> Wasseraustausch langsamer<br />

vonstatten gehen. Für die tiefer im Buntsandstein vorliegenden Salzwasserkörper wird <strong>der</strong><br />

Austausch vermutlich auch Jahrhun<strong>der</strong>te brauchen, aber eine seriöse Abschätzung würde<br />

aufwändige Modellrechnungen erfor<strong>der</strong>n und soll daher an dieser Stelle unterbleiben.<br />

In allen Fällen sollte aber damit gerechnet werden, dass eine vollständige Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

<strong>der</strong> natürlichen Ausgangssituation ein asymptotischer Prozess ist und mehr als einen einzigen<br />

Austausch-Zyklus erfor<strong>der</strong>n wird.<br />

Bewertung relevanter Literatur (Auswahl)<br />

Diese bisher skizzierten Erkenntnisse und die darauf fußende Besorgnis darüber, dass die<br />

Laugenversenkung im Niveau des zerrütteten Plattendolomits die Süßwasservorkommen des<br />

Buntsandsteins und des Quartärs zwangsläufig versalzen und an<strong>der</strong>weitig beeinträchtigen<br />

muss, sind keineswegs neu:<br />

Deubel (1942, 1948, 1954) führt bereits zahlreiche Beispiele für <strong>Versalzung</strong>en <strong>der</strong> höheren<br />

Grundwasserleiter an und warnt in seinen amtlichen <strong>Gutachten</strong> (Reichsamt für<br />

Bodenforschung) ausdrücklich davor, dass bei weiterer Versenktätigkeit die Brunnen <strong>der</strong><br />

Wasserwerke versalzen werden können. Er bezeichnete schon 1942 die Laugenversenkung als<br />

eine Zwischenlösung und wie<strong>der</strong>holte dies (mit Unterstreichung!) in seinem <strong>Gutachten</strong> aus<br />

dem Jahr 1948. In einer Veröffentlichung warnte Deubel (1954) erneut vor den Gefahren für<br />

das Grundwasser und wies darauf hin, dass die Laugenversenkung höchstens noch 2 bis 3<br />

Jahrzehnte möglich sein würde. Er unterstrich die Notwendigkeit, das Entsorgungsproblem<br />

auf an<strong>der</strong>e Weise, beispielsweise durch einen Abwasserkanal <strong>zur</strong> Nordsee, zu lösen. Deubel<br />

geht auch in allen drei zitierten Schriften ausführlich auf die starke Zerrüttung des<br />

Plattendolomits und des hangenden Deckgebirges im Bereich <strong>der</strong> Subrosionssenken ein, die ja<br />

gerade die Zielgebiete für die Laugenversenkung sind.<br />

Deubel (1942, 1948, 1954) beschrieb auch in aller Klarheit, dass die bis dahin (beson<strong>der</strong>s im<br />

Raum Merkers-Unterbreizbach-Hattorf) versenkten Laugen nicht <strong>der</strong> ursprünglichen<br />

Erwartung folgend, nach Süden in tiefer liegende Bereiche des Plattendolomits abgeflossen<br />

sind, son<strong>der</strong>n sich vor allem nach oben in die zerrütteten Bereiche des Plattendolomits bis in<br />

den Buntsandstein ausgebreitet haben. Er wies auch wie<strong>der</strong>holt darauf hin, dass z.B. durch die<br />

Versenkbohrung Hattorf II/III Laugen beson<strong>der</strong>s in den Buntsandstein, und nicht in das<br />

Zielgestein Plattendolomit, versenkt werden.<br />

Nach Deubel (1942, 1948, 1954) kann es auch keinem Zweifel unterliegen, dass die<br />

verdrängten Formationswässer im gleichen Maße nach oben steigen wie Laugen versenkt<br />

werden, und dass die Salzwasser-Austritte vorzugsweise in tief liegenden Bereichen, also<br />

vornehmlich dem Werratal selbst, erfolgen müssen.<br />

Prof. W. Hoppe schreibt in einem <strong>Gutachten</strong> (Hoppe, 1960) bezüglich des Raumes Horschlitt-<br />

Gerstungen: „Da es sich um ein Salzauslaugungsgebiet handelt, ist es möglich, dass als Folge<br />

<strong>der</strong> Versenkung eine Beeinträchtigung des Grundwassers eintritt, und zwar entwe<strong>der</strong> durch<br />

Erhöhung des Grundwasserstandes o<strong>der</strong> durch <strong>Versalzung</strong> des Grundwassers.“<br />

Und selbst Hoppe (1962), <strong>der</strong> seinen Artikel mit dem Satz beendet: “Der Vorschlag von<br />

Beyschlag & Fulda, die Kaliabwässer in den Plattendolomit zu versenken, ist demnach für die<br />

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Werra-Kaliindustrie als eine geschichtliche Tat zu werten“, kommt nicht umhin schon 1962<br />

auf die Notwendigkeit an<strong>der</strong>er Maßnahmen, wie z.B. Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Fabrikationsprozesse,<br />

Verarbeitung <strong>der</strong> Kaliendlaugen, etc. hinzuweisen, auch wenn er die „Ableitung in die<br />

Nordsee“ aus damaliger Sicht für noch nicht notwendig erachtete.<br />

Finkenwirth (1964), <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Versenkung im Werra Kali-Revier „wohl das großartigste<br />

Beispiel von Abwasserversenkung überhaupt“ sieht, schreibt bezüglich <strong>der</strong><br />

Aufnahmefähigkeit des Plattendolomits: „Beson<strong>der</strong>s günstig erscheinen Subrosionssenken, an<br />

<strong>der</strong>en Rän<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Plattendolomit stark beansprucht ist. Eine vorteilhafte Lokation ist auch<br />

<strong>der</strong> Bereich des Salzhanges, wo <strong>der</strong> Plattendolomit durch die Subrosion des Salinars<br />

ebenfalls stärker zerrüttet ist.“ Nach diesem Autor werden in Hessen auch gewöhnlich<br />

Versenkdrücke von 20 bis 30 bar Überdruck angewendet, so dass man richtiger von<br />

Verpressung reden sollte. Finkenwith (1964) schreibt auch unverhohlen, dass „auch das zu<br />

Bruch geworfene Deckgebirge in <strong>der</strong> Auslaugungssenke im Gebiet von Hönebach-Gerstungen<br />

zumindest bis an die 0m-Isohypse aufgefüllt werden kann…“. Zugleich bedauert er, dass in<br />

diesen Raum „auch zunehmend von thüringischer Seite aus dem Gebiet Horschlitt-<br />

Gospenroda, wo bis Ende 1959 12,5 Mio. m³ versenkt worden sind, eingeleitet werden wird.“<br />

Finkenwirth (1964) beschreibt weiter, dass die vom Versenk-Gebiet Kleinensee sich<br />

ausbreitende <strong>Versalzung</strong>sfront 1954 die Bohrung Werksplatz Alexan<strong>der</strong>shall (zwischen Berka<br />

und Dippach) erreicht hat und 1958 das Bohrloch Obersuhl. In einem <strong>Gutachten</strong> aus dem Jahr<br />

1963 schreibt Finkenwirth auch, dass bekannt ist, dass sich die im Gebiet Kleinensee<br />

versenkten Kali-Endlaugen „am Salzhang entlang in östlicher Richtung“ bewegen. Somit<br />

musste schon Anfang <strong>der</strong> 1960er Jahre bekannt sein, dass die <strong>Gerstunger</strong> Mulde Versenk-<br />

Laugen in größerem Umfang sowohl aus dem hessischen Versenk-Gebiet Kleinensee als auch<br />

aus dem thüringischen Versenkgebiet Horschlitt-Gospenroda aufnimmt.<br />

Giesel (1978) konnte anhand von Druckmessungen feststellen, dass es sich bei dem<br />

Versenkhorizont (Plattendolomit) um einen Schichtwasserleiter handelt, <strong>der</strong> zum Hangenden<br />

hin nicht total dicht ist. Giesel hat weiter anhand <strong>der</strong> Auswertung von Druckschwankungen in<br />

Peilrohren ermittelt, dass bereits 1975 von einer bis damals insgesamt versenkten<br />

Laugenmenge von 342 Mio. m³ rund 10 Prozent (34 Mio. m³) ins Hangende abgewan<strong>der</strong>t<br />

waren.<br />

Skowronek et al. (1999) zitieren zwar Finkenwirth (1964), stellen aber in ihren Karten die in<br />

<strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde bis 1999 (also vor Beginn <strong>der</strong> Bergerprobung des PGM)<br />

anzutreffenden Salzwässer als „geogen“ dar!<br />

Vom Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie (HLUG, 2004) wird angegeben, dass<br />

40% <strong>der</strong> in den Plattendolomit-Horizont verpressten Chloridfracht wie<strong>der</strong> als diffuse Austritte<br />

(Leckage) die Oberflächengewässer erreichen. Ähnliche Angaben finden sich auch in<br />

Skowronek et al. (1999). Auf ihrem Weg aus dem Versenk-Horizont <strong>zur</strong> Oberfläche müssen<br />

diese salzhaltigen Wässer (Formationswässer und/o<strong>der</strong> Versenklaugen) zwangsläufig den<br />

Buntsandstein und das Quartär durchströmen.<br />

Auch Käbel (2006) schreibt, dass die grundwasserstauenden „Schutzschichten“ im<br />

Hangenden des Plattendolomits aufgrund tektonischer und subrosionsbedingter Zerrüttung<br />

des Deckgebirges nicht vollkommen dicht sind, wie <strong>der</strong> seit Langem festgestellte<br />

Salzabwasser-Einfluss in Quellen, Brunnen und Beobachtungspegeln eindeutig belegt.<br />

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Käbel (2006, seine Abb. 17) zeigt in einer hier in Abbildung 1.4 wie<strong>der</strong> gegebenen<br />

Kartendarstellung die Ausbreitung <strong>der</strong> Mischwässer im „Plattendolomit“. Demnach hatte im<br />

Jahr 1980 die Mischwasserfront bereits den Bereich nördlich des Ortes Gerstungen erreicht<br />

(Vgl. oben bei Finkenwirth (1964)), wo auch <strong>der</strong> bereits frühzeitig (1993) als versalzen<br />

erkannte Bohrbrunnen Kohlbach II steht. Auch das Schema <strong>der</strong> hydrostatischen<br />

Druckverteilung im „Plattendolomit“ in Käbel (2006, seine Abb. 26) (Vgl. Abbildung 1.6)<br />

zeigt, dass bereits im Zeitraum 1975/1980 vom Versenkraum Kleinensee aus die Isobaren in<br />

Richtung <strong>Gerstunger</strong> Mulde abfallen, sodass die bei Kleinensee vom Werk Wintershall<br />

versenkten Laugen in östlicher Richtung in die <strong>Gerstunger</strong> Mulde abgeflossen sein müssen.<br />

Als Fazit muss hier ganz klar festgestellt werden, dass das Bild einer nach unten und oben<br />

hydraulisch undurchlässigen Plattendolomit-Schicht zumindest im Bereich <strong>der</strong><br />

Subrosionssenken nach einhelligen Literaturangaben völlig unzutreffend ist. Diese<br />

Problematik müsste auch den Bergbehörden spätestens seit 1942 bewusst sein, denn das<br />

an<strong>der</strong>s lautende <strong>Gutachten</strong> des Reichsamtes für Bodenforschung (Deubel, 1942) wurde vom<br />

damals zuständigen Oberbergamt Clausthal-Zellerfeld mit Antrag vom 04.10.1941 (Az.<br />

I 4626/40) selbst angefor<strong>der</strong>t. Ebenso ist seit fast einem halben Jahrhun<strong>der</strong>t bekannt, dass die<br />

<strong>Gerstunger</strong> Mulde kein „jungfräuliches“ Versenkgebiet mehr darstellt. Es musste deshalb<br />

sowohl <strong>der</strong> Kali-Industrie wie auch den Bergbehörden bekannt sein, dass die <strong>der</strong><br />

Bergerprobung zugrunde gelegten Prognosen über das noch freie Speichervolumen im<br />

Pufferspeicher <strong>Gerstunger</strong> Mulde niemals zutreffen konnten, weil die „Speicherkapazität“ des<br />

PGM bereits seit Langem gerade vom hessischen Werk Wintershall „grenzüberschreitend“ in<br />

Anspruch genommen wird.<br />

Vorgeschichte zum Pufferspeicher <strong>Gerstunger</strong> Mulde<br />

Um die <strong>Versalzung</strong> <strong>der</strong> Grundwässer des Deckgebirges und ihre räumliche und zeitliche<br />

Entwicklung zu verstehen reicht es nicht aus, Betrachtungen für scheinbar isolierte Teilräume<br />

wie die <strong>Gerstunger</strong> Mulde anzustellen und die zeitliche Entwicklung erst mit Beginn <strong>der</strong><br />

dortigen Versenktätigkeit im Juni 1999 („Bergerprobung“) darzustellen.<br />

Es ist bekannt (Deubel, 1954), dass über den Schacht Dankmarshausen von 1928 bis 1930<br />

über 2,2 Mio. Kubikmeter Lauge versenkt worden sind. Auch bei Obersuhl und Untersuhl gab<br />

es Versuche Lauge zu versenken, die allerdings mangels Aufnahmefähigkeit des<br />

Plattendolomit-Horizontes gescheitert sind. Ebenso wurden nochmals 1987 von VEB<br />

Kalibetrieb Werra Versenk-Versuche an <strong>der</strong> Bohrung Herda 5 durchgeführt.<br />

Weiterhin ist bekannt (Käbel, 2006; Bandlowa et al. 1997; Finkenwirth, 1963), dass von den<br />

benachbarten Versenkgebieten in <strong>der</strong> Hönebacher Senke im Südwesten (Eichhorst-<br />

Kleinensee, seit 1952) und <strong>der</strong> Horschlitter Senke im Süden (Gospenroda, 1959-1968) bereits<br />

lange vor <strong>der</strong> Bergerprobung Laugen in den Plattendolomit-Horizont in <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde<br />

eingetreten sind und die ursprünglich vorhandenen Formationswässer weitgehend verdrängt<br />

haben (Abbildung 1.4). Dabei handelt es sich im hessischen Gebiet Eichhorst-Kleinensee vor<br />

Einführung des ESTA-Verfahrens (ca. 1979; K+S, 2007) um Mischungen aus<br />

magnesiumchlorid-reichen Endlaugen und mengenmäßig dominierenden Kieserit-<br />

Waschwässern des Werkes Wintershall, danach um MgCl 2 -reiche Misch-Laugen (Vgl.<br />

Skowronek et al., 1999). In <strong>der</strong> Horschlitter Senke wurden die Abwässer von VEB<br />

Kalibetrieb Werra, heute Werk Unterbreizbach, verpresst.<br />

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Da auf thüringischer Seite die Laugenverpressung 1968 komplett eingestellt worden ist, muss<br />

die Auffüllung <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde hauptsächlich durch die bis heute andauernde Laugen-<br />

Verpressung im Gebiet Eichhorst-Kleinensee erfolgt sein.<br />

Abbildung 1.4 – Ausbreitung verpresster Kali-Abwässer (Laugen) im hessisch-thüringischen<br />

Kalirevier. (Nach Käbel, 2006)<br />

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Die folgende Tabelle, die im Wesentlichen auf Angaben in Käbel (2006) beruht, gibt einen<br />

Überblick über die versenkten Laugenmengen.<br />

Tabelle 1 - Versenkte Laugenmengen im weiteren Umfeld <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde<br />

Versenkbohrungen abgeteuft Versenk-Zeitraum Versenk-Menge<br />

(Mio. m³)<br />

<strong>Gerstunger</strong> Mulde<br />

Herda 5/84 1984 02.06.1999 – 30.06.2006 3,955<br />

Herda 10/86 1986 02.06.1999 – 30.06.2006 0,379<br />

Herda 11/87 1987 02.06.1999 – 30.06.2006 3,692<br />

insgesamt 02.06.1999 – 22.10.2007 9,0<br />

Eichhorst-Kleinensee<br />

Wintershall 4 (=Lehnberg) 1957 – 1972<br />

Wintershall 5 (=Kleinensee 2) 1958 – 1972<br />

Wintershall 6 (=Kleinensee 4) 1963 – 1989<br />

Wintershall 7 (=Bodesruh)<br />

1962 – heute<br />

Wintershall 8 (=Eichhorst 1A)<br />

1965 – heute<br />

Wintershall 9 1965 - 1990<br />

Wintershall 10 (=Eichhorst 2A)<br />

1993 – heute<br />

Heringen<br />

Wintershall 1 1929 – 1967<br />

Wintershall 2 1943 – 1962<br />

Wintershall 2a 1943 – 1967?<br />

Wintershall 3 1950 – 1967?<br />

109,9<br />

99,1<br />

Hattorf / Philippsthal<br />

Hattorf 1 1928 - 1935 5,0<br />

Hattorf 2/3 (su+z3) 1936 - heute 60,1<br />

Hattorf 4 1939 – 1943 0,6<br />

Hattorf 5 1940 - heute


Tabelle 1 - Fortsetzung<br />

Springen<br />

Heiligenroda 1943 - 1968<br />

Heiligenroda III 1940 1942 0,016784<br />

Heiligenroda IV 1941 Aug. 1943 – Feb. 1968 46,049<br />

…1974<br />

Heiligenroda V ? 1943 - 1944 0,215354<br />

Heiligenroda VI (=Brunnen VIa; Ernst 1950 Juli 1952 – Feb. 1968 20,919<br />

Thälmann 6a)<br />

…Feb. 1973<br />

Heiligenroda VII (=Ernst Thälmann 7) 1951 Juli 1952 – Feb. 1968 11,091<br />

Heiligenroda VIII (=Ernst Thälmann8) 1954 Sep 1957 – Feb. 1968 3,770<br />

Heiligenroda IX (=Ernst Thälmann 9) 1955 Sep. 1957 – Feb. 1968 0,493<br />

Frauensee<br />

Wünschensuhl 1/63 E<br />

1963 Juni 1964 – Feb. 1968 0,324<br />

(Brunnen XIV)<br />

Wünschensuhl 2/63 E (Brunnen XV) 1963 Feb. 1964 – Feb. 1968 1,113<br />

Wünschensuhl 3/63 E (Brunnen XVI) 1963 Juni 1964 – Feb. 1968 1,794<br />

Wünschensuhl 4/63 E (Brunnen XVII) 1963 1966, … 1967 0,051<br />

Frauensee 2 (Brunnen XIX) 1965 Dez. 1966 - 1967 2,041<br />

Frauensee 3 (Brunnen XX) 1965 1967 0,087<br />

Gospenroda<br />

Abteroda 1 (=Einheit X) 1957 Juni 1959 , 1966 - 1968 1,461<br />

Abteroda 2 (=Einheit XI) 1957 Okt. 1959 – Feb. 1968 9,416<br />

…1972/1974<br />

Berka 1 (=Einheit XII) 1961 Juni 1962 – Feb. 1968 6,997<br />

…1972/1974<br />

Berka 2 (=Brunnen XIII;<br />

1962 Juli 1962 – Feb. 1968 1,294<br />

Alexan<strong>der</strong>shall 8v)<br />

Unterbreizbach 4 (UIV) 1963 Dez. 1964 - 1967 0,663<br />

Unterbreizbach 5 (UV) 1963 Sept. 1964 – Feb. 1968 2,9<br />

…1972/1974<br />

Schacht Dankmarshausen ? 1928 - 1930 2,208<br />

Daten aus Käbel (2006), ergänzt vom Verfasser<br />

Von Seiten <strong>der</strong> Kaliindustrie wurden im Rahmen von Genehmigungs-Anträgen auch<br />

Beobachtungen <strong>zur</strong> hydrodynamischen Reaktion zahlreicher Bohrungen im Bereich <strong>der</strong><br />

<strong>Gerstunger</strong> Mulde mitgeteilt (K+S Kali GmbH, 2006). Diese Beobachtungsdaten geben<br />

Auskunft über die hydraulischen Durchlässigkeiten zwischen <strong>der</strong> Versenkbohrung und <strong>der</strong><br />

jeweiligen Beobachtungsbohrung. In Abbildung 1.5 wurden diese Beziehungen vom<br />

Verfasser graphisch dargestellt. Die Pfeile deuten jeweils hydrodynamische Reaktionen auf<br />

Druckimpulse <strong>der</strong> beiden zentral bei Gerstungen gelegenen Versenkbohrungen Herda 5<br />

und/o<strong>der</strong> Herda 11 an. Die Darstellung erfolgt getrennt nach Plattendolomit-Messstellen<br />

(grün) und Buntsandstein-Messstellen (violett). Von Westen her sind hydrodynamische<br />

Reaktionen dreier Bohrungen auf das Versenk-Geschehen im Gebiet Kleinensee dargestellt.<br />

Da die Bohrung Obersuhl 2 auf die Versenkung sowohl in Kleinensee als auch bei<br />

Gerstungen (Herda 5 und Herda 11) reagiert, ist auch hierdurch erwiesen, dass hydraulische<br />

Wegsamkeiten zwischen den Versenkbohrungen bei Kleinensee und denen <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong><br />

Mulde bestehen. Nimmt man noch die Druckbeziehungen zwischen den Versenkbohrungen<br />

und <strong>der</strong> Bohrung Lauchröden 2 und <strong>der</strong> GWM Herleshausen hinzu, so ergibt sich ein<br />

hydraulisch durchlässiger Korridor von Kleinensee bis Lauchröden und Herleshausen.<br />

Dr.habil. Ralf E. Krupp – Diplom-Geologe, Geochemiker 17


Abbildung 1.5 – Karte mit Messstellen im Plattendolomit, Buntsandstein und Quartär (nach<br />

K+S Kali GmbH, 2006). Darüber gezeichnet: hydraulische Reaktionen von Messstellen auf<br />

das Versenkgeschehen bei Gerstungen (Bohrungen Herda 5 und Herda 11) sowie vom<br />

Versenkgebiet Kleinensee (westlich des Kartenschnittes) aus.<br />

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Abbildung 1.6 – Karte mit Isobaren im Plattendolomit (nach Käbel, 2006; modifiziert und<br />

ergänzt vom Verfasser). Deutlich ist <strong>der</strong> Abfall <strong>der</strong> Isobaren vom Raum Kleinensee (oben<br />

links) in die <strong>Gerstunger</strong> Mulde (oben Mitte) zu erkennen. Die roten Pfeile sollen schematisch<br />

die Strömungsrichtung entlang dem steilsten Gradienten (senkrecht zu den Isobaren)<br />

andeuten. Die in Kleinensee verpressten Laugen wan<strong>der</strong>n also „geradewegs“ in die<br />

<strong>Gerstunger</strong> Mulde.<br />

Dr.habil. Ralf E. Krupp – Diplom-Geologe, Geochemiker 19


An wichtigen Ergebnissen kann soweit festgehalten werden:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

In den Versenkgebieten, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde, liegen durch<br />

Subrosionsprozesse gestörte Verhältnisse vor, wodurch flächenhaft Wegsamkeiten für<br />

verpresste Laugen in das Deckgebirge bestehen.<br />

Durch den Wasserbedarf <strong>der</strong> Kaliindustrie und die Einleit- und Versenktätigkeiten<br />

wird massiv in den Wasserhaushalt eingegriffen.<br />

Vom Versenkgebiet Kleinensee aus bestehen hydraulische Wegsamkeiten in und<br />

durch die <strong>Gerstunger</strong> Mulde hindurch, bis in den Raum Herleshausen.<br />

Vom Versenkgebiet Kleinensee aus fallen die Isobaren in Richtung <strong>Gerstunger</strong> Mulde<br />

ab und geben so die Ausbreitungsrichtung <strong>der</strong> in Kleinensee versenkten Laugen nach<br />

Osten vor.<br />

Beim Beginn <strong>der</strong> Bergerprobung des PGM im Juni 1999 waren die im Niveau des<br />

Plattendolomits ursprünglich vorhandenen Formationswässer bereits weitgehend von<br />

früher versenkten Laugen verdrängt bzw. mehr o<strong>der</strong> weniger stark mit Laugen<br />

vermischt.<br />

Dr.habil. Ralf E. Krupp – Diplom-Geologe, Geochemiker 20


2. Chemische Betrachtungen<br />

Wissenschaftlicher Ansatz und Grundlagen<br />

In dem vorliegenden <strong>Gutachten</strong> werden die zahlreichen chemischen Analysedaten von<br />

Wasserproben aus den unterschiedlichen Speichergesteinen zusammengestellt und<br />

hinsichtlich ihrer chemischen Entwicklungstrends analysiert und interpretiert. Ziel <strong>der</strong><br />

Untersuchungen ist es, die Ursache <strong>der</strong> beobachteten <strong>Versalzung</strong>en in den<br />

süßwasserführenden Deckschichten im Raum Gerstungen zu ermitteln.<br />

Hierzu werden in einem ersten Schritt lineare Element-Korrelationen (gegenseitige<br />

Abhängigkeiten chemischer Parameter, wie z.B. Na und Cl) identifiziert, und es wird<br />

untersucht, inwieweit es sich um Mischungsreihen zwischen verschiedenen Endglie<strong>der</strong>n<br />

handelt, bzw. an<strong>der</strong>e Ursachen wie z.B. chemische Reaktionen vorliegen.<br />

Mischungs-Prozesse<br />

Mischt man zwei Lösungen unterschiedlicher Zusammensetzung und trägt die<br />

Konzentrationen verschiedener Lösungsbestandteile in Diagrammen gegeneinan<strong>der</strong> auf, so<br />

ergeben sich lineare Mischungstrends zwischen den beiden Endglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Mischungsreihe.<br />

Umgekehrt kann man bei beobachteten linearen Trends auf die Mischungs-Endglie<strong>der</strong> und<br />

ihre jeweiligen Anteile an <strong>der</strong> Mischlösung schließen.<br />

Die Anteile <strong>der</strong> Endglie<strong>der</strong> an<br />

einer Mischlösung ergeben sich<br />

aus nachstehenden Formeln,<br />

wobei x ein Bruchteil von 1 ist.<br />

A(12) = x*A(1) + (1-x)*A(2)<br />

B(12) = x*B(1) + (1-x)* B(2)<br />

…<br />

Z(12) = x*Z(1) + (1-x)* Z(2)<br />

Als Mischungs-Endglie<strong>der</strong> kommen z.B. folgende genetische Typen in Frage, die jeweils<br />

einen charakteristischen Chemismus aufweisen:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Unbeeinflusste Plattendolomit-Formationswasser<br />

Unbeeinflusste Subrosions-Laugen<br />

Unbeeinflusste Buntsandsteinwässer<br />

Diverse Endlaugen und Kieserit-Waschwässer <strong>der</strong> Kaliwerke<br />

Haldenwässer<br />

Fallen die Beobachtungsdaten mit den Modellkurven für Mischungsreihen (für alle Element-<br />

Kombinationen) zusammen, ist das Modell plausibel. Soweit ein chemischer Trend<br />

Dr.habil. Ralf E. Krupp – Diplom-Geologe, Geochemiker 21


hinsichtlich <strong>der</strong> Endglie<strong>der</strong> als Mischungsreihe charakterisierbar ist, wird <strong>der</strong><br />

Mischungsprozess auf seine räumliche und zeitliche Plausibilität geprüft.<br />

Sorption/Ionenaustausch<br />

An Grenzflächen zwischen Mineralen und Lösungen können Ionen reversibel adsorbiert<br />

werden. Je höher die Konzentration eines bestimmten Ions in <strong>der</strong> Lösung, desto mehr wird<br />

davon adsorbiert. Da die Sorptionsplätze bereits mit an<strong>der</strong>en Ionen vorbelegt sind, wird für<br />

jedes neu adsorbierte Ion ein an<strong>der</strong>es Ion desorbiert und geht in Lösung, bis sich ein<br />

Gleichgewichtswert (Massenwirkungsgesetz) einstellt, z.B.:<br />

2 Na + + Mg-R Na 2 -R + Mg ++<br />

O<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>er Schreibweise:<br />

2 NaCl (aq) + Mg-R Na 2 -R + MgCl 2(aq)<br />

Abbildung 2.1 – Schematische Darstellung von Sorption und Ionenaustausch.<br />

(Quelle:<br />

http://www.efma.org/Publications/Potassium/Un<strong>der</strong>standing%20K/K%20and%20Soil.asp)<br />

Dr.habil. Ralf E. Krupp – Diplom-Geologe, Geochemiker 22


Bei bestimmten Mineralgruppen, insbeson<strong>der</strong>e Schichtsilikaten (Tonminerale, Glimmer, Illit;<br />

Siehe Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme oben rechts in Abbildung 2.1), können analoge<br />

Sorptions-/Desorptions-Prozesse auch im Innern des Kristalls erfolgen, z.B. entlang von<br />

Zwischengitter-Schichten. Man spricht dann von Ionenaustausch.<br />

Mehrfach geladene Ionen wie Ca ++ o<strong>der</strong> Mg ++ werden dabei im Allgemeinen stärker an den<br />

Festkörper gebunden als einfach geladene, wie z.B. Na + , jedoch ist die Ladung nicht die allein<br />

entscheidende Größe.<br />

Skowronek et al. (1999) geben den wichtigen Hinweis, dass trotz <strong>der</strong> sonst stärkeren Bindung<br />

<strong>der</strong> Erdalkalien, im Buntsandstein häufig Calcium und Magnesium frei gesetzt und dafür<br />

Natrium sorbiert wird, wenn das Gestein (erstmalig) mit Salzwasser (NaCl) in Kontakt<br />

kommt. Da beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Untere Buntsandstein im Gebiet um Gerstungen recht viele<br />

schluffig-tonige Zwischenlagen besitzt (Abbildung 2.2), ist mit diesem Prozess zu rechnen.<br />

Abbildung 2.2 – Unterer Buntsandstein (Bernburg Wechselfolge). Lutzberg östlich<br />

Gerstungen. Der Untere Buntsandstein besteht aus sandig-schluffigen Wechselfolgen mit<br />

relativ hohen Anteilen an Tonmineralen, die zum Ionenaustausch und <strong>zur</strong> Oberflächen-<br />

Sorption von Ionen fähig sind.<br />

Dr.habil. Ralf E. Krupp – Diplom-Geologe, Geochemiker 23


Calcit/Dolomit-Puffer<br />

Beson<strong>der</strong>s im Plattendolomit, <strong>der</strong> ursprünglich als reines Kalk-Sediment gebildet wurde und<br />

diagenetisch teilweise in Dolomit umgewandelt worden ist, kann aufgrund <strong>der</strong> Koexistenz <strong>der</strong><br />

Minerale Calcit und Dolomit eine chemische Pufferung <strong>der</strong> Ca/Mg-Verhältnisse in <strong>der</strong><br />

wässrigen Phase erfolgen:<br />

2 CaCO 3 + Mg ++ CaMg(CO 3 ) 2 + Ca ++<br />

Calcit<br />

Dolomit<br />

D.h., bei <strong>der</strong> Reaktion von Calcit zu Dolomit werden solange Mg-Ionen aus <strong>der</strong> Mg-reichen<br />

Lösung entfernt und eine äquivalente Menge Ca-Ionen in die Lösung frei gesetzt, bis das<br />

Ca/Mg-Verhältnis <strong>der</strong> Lösung einem Gleichgewichtswert entspricht, <strong>der</strong> sich aus dem<br />

Massenwirkungsgesetz ergibt:<br />

( Ca<br />

( Mg<br />

++<br />

++<br />

)<br />

=<br />

)<br />

K Dolomit<br />

Das bedeutet, die Ca/Mg-Verhältnisse sind in <strong>der</strong> Regel durch konstante, vergleichsweise<br />

hohe Werte gekennzeichnet (theoretisch 6,43, bzw. 1 : 0,156 für gravimetrische<br />

Konzentrations-Einheiten, also mg/L). Das Ca/Mg-Verhältnis entspricht mathematisch <strong>der</strong><br />

Steigung <strong>der</strong> durch den Ursprung verlaufenden Gleichgewichts-Geraden in einem Ca-Mg-<br />

Diagramm.<br />

Bei dem sehr hohen Übergewicht von Magnesium-Ionen in versenkten Laugen sollte nach<br />

Elimination des Calcits <strong>der</strong> entstandene Dolomit sogar weiter zu Magnesit umgewandelt<br />

werden:<br />

CaMg(CO 3 ) 2 + Mg ++ 2 MgCO 3 + Ca ++<br />

Dolomit<br />

Magnesit<br />

Hierfür liegen jedoch in den untersuchten Wasser-Analysen keine Hinweise vor, was wohl<br />

daran liegt, dass im Plattendolomit immer noch größere Anteile Calcit vorhanden sind.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> Pufferung eignen sich die Ca- und Mg-Konzentrationen, bzw. Verhältnisse<br />

zwar <strong>zur</strong> Untersuchung chemischer Reaktionsprozesse bei <strong>der</strong> Laugenversenkung, jedoch<br />

nicht als Indikator für die Abwesenheit von Laugeneinflüssen im Grundwasser. Im Gegenteil:<br />

Durch die Fixierung des Ca/Mg-Verhältnisses infolge <strong>der</strong> Calcit/Dolomit-Pufferung kann<br />

vorgetäuscht werden, dass kein Laugeneinfluss vorliegt, obwohl ein solcher vorhanden sein<br />

kann. Daher ist die Heranziehung von Ca/Mg-Verhältnissen als Mittel <strong>der</strong> Früherkennung von<br />

Versenklaugen-Einfluss auf Süßwasser-Aquifere gefährlich und nicht sinnvoll (wird aber von<br />

den Bergbehörden und den Salzwasserausschüssen anhand fest gesetzter „Prüf- bzw.<br />

Überwachungswerte“ so vorgenommen; vgl. Finkenwirth (1964)).<br />

Indikatoren für <strong>Versalzung</strong>seinflüsse<br />

Die Indikatoren für <strong>Versalzung</strong>seinflüsse können von Fall zu Fall unterschiedlich sein.<br />

Stärkere <strong>Versalzung</strong>en sind im Allgemeinen offensichtlich und anhand <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Gehalte<br />

Dr.habil. Ralf E. Krupp – Diplom-Geologe, Geochemiker 24


an NaCl und/o<strong>der</strong> MgCl 2 , sowie am zeitlichen Verlauf <strong>der</strong> Salzkonzentrationen zu erkennen.<br />

Bei schwach mineralisierten Wässern kann sich eine <strong>Versalzung</strong> sowohl durch absolut<br />

ansteigende Chlorid-Trends wie auch durch zunehmende Dominanz des Chlorid-Ions<br />

gegenüber den Sulfat- und Hydrogencarbonat-Konzentrationen ankündigen (relative Zunahme<br />

des Chlorids; Umkehr des Cl/SO 4 -Verhältnisses!). Bei unbeeinflussten Buntsandstein- und<br />

Quartärwässern sollten die Chlorid-Werte nicht höher als die Hydrogencarbonat- o<strong>der</strong> Sulfat-<br />

Konzentrationen sein.<br />

Bei oberflächennahen Messstellen ist oftmals ein jahreszeitlicher Zyklus zu beobachten, <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e zeitliche Trends verschleiern kann. Bei gering mineralisierten Wässern muss man<br />

schließlich auch noch damit rechnen, dass durch Ausbreitung von Mineraldünger auf<br />

landwirtschaftlichen Flächen (Überdüngung) ein Effekt im Grundwasser erkennbar sein kann.<br />

Messwerte unmittelbar nach Herstellung <strong>der</strong> Bohrungen weichen oftmals stark ab und eine<br />

Störung <strong>der</strong> Verhältnisse durch die Bohr- und Ausbauarbeiten (Zementierung!) sollte in<br />

Betracht gezogen werden. Die Wässer einiger Bohrungen fallen auch noch später durch<br />

erhöhte pH-Werte auf, die in einem Fall sogar bis pH 12 reichen. Dieser pH deutet auf<br />

Pufferung durch die Löslichkeit <strong>der</strong> Zement-Phase Portlandit (Ca(OH) 2 ) hin. pH-Werte um 9<br />

bis 9,5 deuten auf Pufferung durch die Löslichkeit von Gibbsit (Mg(OH) 2 ) hin, <strong>der</strong> durch<br />

Umsetzung von Portlandit mit Mg-Ionen entsteht:<br />

Ca(OH) 2 + Mg ++ Mg(OH) 2 + Ca ++<br />

Ca(OH) 2 Ca ++ + 2 OH -<br />

Mg(OH) 2 Mg ++ + 2 OH -<br />

Bei dieser Zement-Zersetzung kann auch Sulfat aus <strong>der</strong> Zementphase Ettringit frei gesetzt<br />

werden. Diese Verfälschungen des Wasserchemismus können nur durch verlängertes<br />

Abpumpen vor Probenahme vermieden werden.<br />

(Alle diese Reaktionen zerstören die Zementierungen <strong>der</strong> Bohrungen. Die gleichen<br />

Reaktionen sind auch für den Angriff Mg-reicher Laugen auf Betonbauwerke (Fundamente,<br />

Kanalrohre) verantwortlich, wo sie zusätzlich auch die Stahl-Armierungen korrodieren. )<br />

Thermodynamische Modellierung von Mineral-Lösungs-Gleichgewichten<br />

Zur weitergehenden Interpretation <strong>der</strong> zahlreichen Messdaten wurden einige theoretische<br />

Kurven für Mineral-Lösungs-Gleichgewichte berechnet. Hierzu kam das Programm Phrqpitz<br />

(Plummer et al, 1988) mit <strong>der</strong> Harvie-Møller-Weare-Datenbasis (Harvie et al, 1984) zum<br />

Einsatz, welches die Modellierung von Mineral-Lösungsgleichgewichten und <strong>der</strong> Element-<br />

Speziation in <strong>der</strong> wässrigen Phase sowie <strong>der</strong> Aktivitätskoeffizienten <strong>der</strong> Lösungsspezies unter<br />

Verwendung <strong>der</strong> Pitzer-Theorie (Pitzer, 1991) für konzentrierte Elektrolyt-Lösungen<br />

berechnet.<br />

Für die Plattendolomitwässer wurde hinsichtlich ihres chemischen Gleichgewichtes mit den<br />

beiden Mineralphasen Calcit (CaCO 3 ) und Dolomit (CaMg(CO 3 ) 2 ) diese Phasengrenze und<br />

die entsprechenden Lösungszusammensetzungen berechnet. Hierzu wurde die Umwandlung<br />

von Calcit zu Dolomit durch Einwirkung einer idealen Q-Lösung (MgCl 2 -reiche Lösung, die<br />

gleichzeitig an Halit, Sylvin, Carnallit und Kainit gesättigt ist) rechnerisch modelliert. Die in<br />

dem Ca-Mg-Diagramm (Diagramme 61; 81-83) dargestellte Gerade entspricht dem Ca/Mg-<br />

Dr.habil. Ralf E. Krupp – Diplom-Geologe, Geochemiker 25


Verhältnis von Lösungen, die gleichzeitig mit Calcit und Dolomit im chemischen<br />

Gleichgewicht stehen o<strong>der</strong> durch Verdünnung aus diesen entstanden sind.<br />

Eine analoge Kurve wurde auch für die Umwandlung von Dolomit zu Magnesit (MgCO 3 )<br />

berechnet und ebenfalls in das Ca-Mg-Diagramm eingetragen. Man erkennt, dass die meisten<br />

Plattendolomit-Wässer in einer diffusen Punktwolke um die Calcit/Dolomit-Phasengrenze<br />

herum streuen und somit eine Reaktion in Richtung chemische Gleichgewichtseinstellung mit<br />

dem Nebengestein belegen. Für eine weitergehende Reaktion mit Magnesitbildung existieren<br />

hingegen keine Anhaltspunkte.<br />

Weiterhin wurde die Sättigungskurve für Gips in gesättigten NaCl-Lösungen berechnet. In<br />

solchen Lösungen ist zwar Anhydrit (CaSO 4 ) und nicht Gips (CaSO 4 ⋅2H 2 O) die<br />

thermodynamisch stabilere Phase, jedoch ist bekannt, dass sich aus übersättigten Lösungen<br />

regelmäßig <strong>der</strong> metastabile Gips und nicht <strong>der</strong> etwas weniger lösliche Anhydrit bildet (z.B.<br />

Krupp, 2005). Die Gips-Löslichkeitskurve im Ca-Mg-Diagramm ist eine Hyperbel, da<br />

entsprechend <strong>der</strong> Definition des Löslichkeitsproduktes Ca ungekehrt proportional zum Mg<br />

variiert.<br />

Verfügbare Datenbasis<br />

Wasseranalysen von Brunnen und Messstellen liegen bei verschiedenen hessischen und<br />

thüringischen Behörden sowie bei <strong>der</strong> Gemeinde Gerstungen (eigene Brunnen) vor. Teilweise<br />

sind Analysen auch einzelnen Publikationen sowie Anträgen <strong>der</strong> Kali-Industrie zu entnehmen.<br />

Vom Regierungspräsidium Kassel (hessische Bergbehörde) wurden umfangreiche Daten <strong>zur</strong><br />

Verfügung gestellt, die allerdings zeitlich nicht weit <strong>zur</strong>ückreichen. Das Fehlen älterer<br />

Beobachtungsdaten (fehlende Beweissicherung) erschwert Aussagen über den Zeitraum vor<br />

Mitte <strong>der</strong> 1990-er Jahre. Vom Thüringischen Landesamt für Umwelt und Geologie (TLUG)<br />

wurden Daten erst sehr spät <strong>zur</strong> Verfügung gestellt, konnten aber noch berücksichtigt werden.<br />

Von beiden Behörden wurden die umfangreichen Messwerte in Form von<br />

Datenbankauszügen in einem Format geliefert, welches für die wissenschaftliche Auswertung<br />

ungeeignet ist. Daher mussten zunächst sehr zeitaufwändige Umformatierungen<br />

vorgenommen werden.<br />

Die Qualität <strong>der</strong> Daten ist sehr unterschiedlich: Oft sind Analysen unvollständig, d.h. Haupt-<br />

Bestandteile <strong>der</strong> gelösten Stoffe sind nicht analysiert o<strong>der</strong> nicht berichtet worden. Dies führt<br />

in Zeitreihen-Darstellungen zu unschönen, aber lei<strong>der</strong> nicht vermeidbaren Lücken in den<br />

Kurven. Oft sind die Analysenwerte stark gerundet. Nicht zuletzt treten öfters Ausreißer in<br />

den Datensätzen auf, die vermutlich auf Übertragungsfehlern, Komma-Fehlern etc. beruhen,<br />

aber lei<strong>der</strong> nur in wenigen, offensichtlichen Fällen (z.B. anhand <strong>der</strong> Ladungsbilanz) korrigiert<br />

bzw. ausgeblendet werden konnten, weil in den Datenreihen auch gelegentlich reale<br />

Spitzenwerte vorkommen.<br />

Trotz dieser Schwierigkeiten ist die jetzt zusammengetragene Datenbasis ausreichend um gut<br />

begründete Aussagen über die Entstehung bzw. Herkunft <strong>der</strong> untersuchten Wässer zu machen.<br />

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Einige allgemeine Erläuterungen und Festlegungen für die Diagramme<br />

Die umfangreichen Analysedaten wurden mit dem Programm Microsoft Excel tabelliert und<br />

in Form von Diagrammen (Zeitreihen und x/y-Plots) dargestellt. Um die Betrachtung zu<br />

erleichtern, werden die Diagramme als eigenständige Beilage zusammengefasst.<br />

Wegen <strong>der</strong> riesigen Konzentrationsspanne zwischen schwach mineralisierten<br />

Buntsandsteinwässern und den hochkonzentrierten Endlaugen (5 Größenordnungen!) ist es<br />

häufig erfor<strong>der</strong>lich, jeweils mehrere Diagramme <strong>der</strong> gleichen Art, aber mit unterschiedlicher<br />

Skalierung zu betrachten. (Eine logarithmische Darstellung wurde wegen <strong>der</strong> dadurch<br />

bedingten Verzerrungen vermieden.) Weitere Element-Kombinationen wurden betrachtet,<br />

liefern aber we<strong>der</strong> zusätzliche Erkenntnisse noch wi<strong>der</strong>sprüchliche Befunde. (Bei 7<br />

Komponenten ergeben sich theoretisch 21 nicht identische Elementkombinationen. Bei <strong>der</strong><br />

Vielzahl einzeln zu bewerten<strong>der</strong> Messstellen und <strong>der</strong> genannten Skalierungsprobleme würde<br />

eine kaum noch zu überschauende Anzahl von Diagrammen anfallen.)<br />

Es muss in den nachfolgend besprochenen Diagrammen streng unterschieden werden<br />

zwischen Beobachtungsdaten, die immer als einfache o<strong>der</strong> als verbundene Symbole<br />

dargestellt werden, und Modell-Kurven für bestimmte chemische Trends o<strong>der</strong><br />

Gleichgewichte, die rein theoretischer Natur sind und als kräftige Linien in den Diagrammen<br />

erscheinen.<br />

Für die Diagrammdarstellungen wurden einige Festlegungen getroffen, die hier kurz<br />

zusammengefasst werden sollen.<br />

Trendlinien von Mischungsreihen werden in <strong>der</strong> Regel für ein unbeeinflusstes Modell-<br />

Grundwasser und eine hoch konzentrierte Lauge berechnet. Die Zusammensetzung des<br />

Modell-Grundwassers (Siehe Tabelle 3) wurde so gewählt, dass es die unteren beobachteten<br />

Konzentrationen <strong>der</strong> Buntsandstein-Wässer gut repräsentiert.<br />

Hintergrund<br />

Plattendolomit-Wässer<br />

Buntsandstein-Wässer<br />

Quartär-Wässer<br />

Laugen <strong>der</strong> Kaliwerke<br />

Symbole + Plattendolomit-Wässer, Laugen<br />

<br />

Quartär-Wässer<br />

Sonstige Symbole An<strong>der</strong>e Wässer, Laugen<br />

Verbundene Symbole + + chronologisch verbunden<br />

Kurven, fett<br />

Modellkurven<br />

Pfeile<br />

Entwicklungstrend<br />

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Versenkte Laugen<br />

Neben den Wasseranalysen wurden auch Analysen verschiedener Endlaugen und sonstiger<br />

Abwässer sowie theoretisch begründete Zusammensetzungen (Endglie<strong>der</strong>) verwendet, die hier<br />

nachfolgend tabellarisch aufgeführt sind. Die Definition eines unbelasteten<br />

Buntsandsteinwassers (Tabelle 3) als Endglied war erfor<strong>der</strong>lich für die Betrachtung wenig<br />

mineralisierter Buntsandstein-Wässer. Die angenommenen Konzentrationen wurden aus<br />

entsprechenden Plots geschätzt.<br />

Tabelle 2 – Zusammensetzungen von Endlaugen und Abwässern <strong>der</strong> Kali-Werke<br />

Lösung Quelle Na K Ca Mg Cl SO4 HCO3 Dichte<br />

(mg/L) (mg/L) (mg/L) (mg/L) (mg/L) (mg/L) (mg/L) (kg/m³)<br />

Versenklösung<br />

Pufferspeicher<br />

Gerstungen<br />

Versenklösung<br />

Pufferspeicher<br />

Gerstungen<br />

Versenklösung<br />

Pufferspeicher<br />

Gerstungen<br />

Versenklösung<br />

Pufferspeicher<br />

Gerstungen<br />

Versenklösung<br />

Pufferspeicher<br />

Gerstungen<br />

Versenklösung<br />

Pufferspeicher<br />

Gerstungen<br />

Versenklösung<br />

Pufferspeicher<br />

Gerstungen<br />

Versenklösung<br />

Pufferspeicher<br />

Gerstungen<br />

Rückför<strong>der</strong>-<br />

Lösung<br />

Versenklösungen Gerstungen (Werk UB)<br />

Abschlussbericht<br />

Bergerprobung<br />

2006 14000 23100 200 72000 237000 16800 1257<br />

Abschlussbericht<br />

Bergerprobung<br />

2006 11200 22100 100 71700 235000 15900 1255<br />

Abschlussbericht<br />

Bergerprobung<br />

2006 12000 21700 300 68400 227000 14400 1247<br />

Abschlussbericht<br />

Bergerprobung<br />

2006 11400 23300 200 70800 236000 13400 1255<br />

Abschlussbericht<br />

Bergerprobung<br />

2006 12800 23100 300 68800 233300 10800 1251<br />

Abschlussbericht<br />

Bergerprobung<br />

2006 11100 22200 200 71100 236500 11100 1264<br />

Abschlussbericht<br />

Bergerprobung<br />

2006 13200 23000 300 66900 228400 10800 1245<br />

Abschlussbericht<br />

Bergerprobung<br />

2006 12800 20500 300 67000 226000 8800 1240<br />

Abschlussbericht<br />

Bergerprobung<br />

2006 11900 20900 500 67500 228600 7500 1240<br />

Abwässer Werk Unterbreizbach<br />

Q-Lauge (2002) RP Kassel 11402 21987 69985 232061 13566 1250<br />

Kieseritdeckwasser<br />

(1) (2002) RP Kassel 47179 11517 25363 147375 13566 1169<br />

Kieseritdeckwasser<br />

(2) (2002) RP Kassel 21624 6282 12739 73365 3990 1085<br />

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… Fortsetzung<br />

Abwässer VEB Kalibetrieb Werra<br />

Stapelteich UB N.N. 11402 19369 297 80290 260969 12683 1277<br />

Fabriksammelwasser<br />

UB<br />

August 1984 N.N. 26735 36121 56792 219422 27930 1256<br />

Endlauge<br />

Carnallitverarbeitung<br />

Kaeding (1954) 13761 23557 82240 247562 47880 1295<br />

Kieseritwaschwasser<br />

Kaeding (1954) 112051 3141 3252 181768 4788 1198<br />

Endlauge Sulfatfabrikation<br />

Kaeding (1954) 13761 38215 66146 205028 59850 1280<br />

Endlauge<br />

Glaubersalzfabrikation<br />

Kaeding (1954) 60940 5235 37668 188227 27930 1230<br />

Mutterlauge<br />

KCl-Fabrikation Kaeding (1954) 39316 34027 56742 222035 47880 1280<br />

Versenklösung Skowronek et al.<br />

1961<br />

1999 73531 7332 106 36098 194718 20736 323<br />

Versenklösung<br />

1968<br />

Skowronek et al.<br />

1999 74313 6279 122 24166 173560 13536 372<br />

Versenklösung<br />

1987 Herda 5<br />

Versuch VEB VEB Kali 27521 14658 48897 180984 23940<br />

Versenklösung<br />

1989 VEB Kali 33812 16752 47000 187000 23000 1222<br />

Versenkte<br />

Kaliabwässer<br />

(Sept. 1929)<br />

Abwässer Kaiseroda (Merkers)<br />

Immendorf, 1929 69196 8899 13328 129059 33516 1181<br />

Abwässer Werk Wintershall<br />

Versenklösung<br />

1968<br />

Skowronek et al.<br />

1999 96324 4446 50 7336 165395 11952 153<br />

Versenklösung<br />

1994<br />

Skowronek et al.<br />

1999 56212 29835 50 34640 183287 43056 153<br />

Kieseritdeckwasser<br />

(2002) RP Kassel 101829 16228 13477 185353 35112 1232<br />

Q-Lauge (2002) RP Kassel 45607 56013 46523 215997 55860 1276<br />

Endlauge (2002) RP Kassel 12581 25651 84618 264037 35112 1290<br />

Wintershall<br />

Haldenwasser<br />

(2002) RP Kassel 51111 26174 46708 177216 83791 1280<br />

Abwässer Werk Hattorf<br />

Hartsalzabstoßlauge<br />

(2002) RP Kassel 31846 39262 61898 216760 66234 1288<br />

Kieseritwaschwasser<br />

(2002) RP Kassel 101829 6805 6239 171561 13566 1193<br />

Q-Lauge (2002) RP Kassel 22410 34550 70842 229943 58254 1289<br />

K-Mg-Lauge<br />

(2002) RP Kassel 16120 36644 64521 204259 57456 1266<br />

Haldenwasser<br />

(2002) RP Kassel 55829 24604 45539 180833 82195 1273<br />

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Tabelle 3 – Geschätzte Zusammensetzungen von unbeeinflusstem Buntsandsteinwasser<br />

Na K Ca Mg Cl SO4 HCO3<br />

(mg/L) (mg/L) (mg/L) (mg/L) (mg/L) (mg/L) (mg/L)<br />

10 2 20 5 10 10 100<br />

Die verpressten Laugen <strong>der</strong> Kaliwerke (Vgl. Tabelle 2) können je nach Herkunft in ihrer<br />

Zusammensetzung stark schwanken. Man darf die einzelnen Laugen-Mischungslinien also<br />

nicht überbewerten, weil sie nur „Momentaufnahmen“ darstellen. Sie sollen nur <strong>der</strong><br />

Orientierung dienen. Siehe hierzu die Diagramme 95 bis 100.<br />

Kieserit-Waschwässer machten vor Einführung des ESTA-Verfahrens (Elektrostatisches<br />

Trennungsverfahren) um 1979 volumenmäßig den Hauptteil <strong>der</strong> hoch konzentrierten Kali-<br />

Abwässer aus. Rechnet man aus <strong>der</strong> von Kaeding (1954) für die hessischen und thüringischen<br />

Kaliwerke an <strong>der</strong> Werra mitgeteilten Tabelle die Kühl- und Sielwässer heraus, so entfielen zu<br />

dieser Zeit auf Kieserit-Waschwässer 83 Prozent, auf Glaubersalz-Endlaugen 11 Prozent, und<br />

auf sonstige Endlaugen 6 Prozent <strong>der</strong> Abwasserströme.<br />

Die abgestoßenen Q-Laugen enthalten hauptsächlich Magnesiumchlorid, daneben<br />

Natriumchlorid und auch noch erhebliche Gehalte an Kaliumchlorid. (Q-Laugen haben<br />

aufgrund ihrer Definition im 5-Komponenten-System Na-K-Mg-Cl-SO 4 -H 2 O eine ganz<br />

bestimmte Zusammensetzung und sind gleichzeitig gesättigt an Sylvin (KCl), Carnallit<br />

(KMgCl 3 ⋅6H 2 O), Kainit (KCl⋅MgSO 4 ⋅3H 2 O) und Halit (NaCl). Technische „Q-Laugen“ fallen<br />

beson<strong>der</strong>s bei <strong>der</strong> Flotation von Sylvin aus Hartsalzen an und können von <strong>der</strong> theoretischen<br />

Zusammensetzung oft stark abweichen.)<br />

Die im PGM während <strong>der</strong> Bergerprobung versenkten Laugen sind beson<strong>der</strong>s reich an<br />

Magnesiumchlorid und Kaliumchlorid, dabei relativ arm an Natriumchlorid und Sulfat. Sie<br />

zeigen eine geringe Variabilität und sind daher gut identifizierbar. Es handelt sich offenbar<br />

um technische Q-Laugen.<br />

Bei Kieserit-Waschwässern und Kieserit-Deckwässern dominieren die Natriumchlorid-<br />

Gehalte. Die Kalium-Gehalte sind recht hoch, beson<strong>der</strong>s im Vergleich mit natürlichen NaCl-<br />

Solen, aber nicht hoch genug um vergleichbar deutliche Mischungseffekte zu zeigen wie die<br />

Hauptbestandteile. Die Unterscheidung von Kieserit-Waschwässern (sensu lato, also<br />

inklusive <strong>der</strong> Deckwässer und ähnlicher Abwässer) von Plattendolomit-Wässern ist nicht ganz<br />

trivial, insbeson<strong>der</strong>e wenn Mischungen <strong>der</strong> beiden Typen vorliegen. Erhöhte Kalium-,<br />

Magnesium- und Sulfat-Konzentrationen sowie hohe Mg/Ca- und SO 4 -/Ca-Verhältnisse und<br />

nahe stöchiometrische Mg/SO 4 -Verhältnisse bei den Waschwässern sind die wichtigsten<br />

Unterscheidungskriterien. – Native Plattendolomit-Formationswässer haben hingegen<br />

typischerweise stöchiometrische Na/Cl- und Ca/SO 4 -Verhältnisse<br />

Die Bromid-Gehalte <strong>der</strong> Endlaugen liegen heute bei ca. 2000 bis 5000 mg/L Br, weil das<br />

Brom gegenüber früher offenbar nicht mehr gewonnen wird. Für solche, nicht entbromten<br />

Endlaugen ist Bromid daher ein sehr guter Indikator für chemische Beeinflussungen von<br />

Wässern durch verpresste Laugen. Lei<strong>der</strong> liegen für die Wässer des Buntsandsteins und<br />

Quartärs keine systematischen Bromid-Analysen vor. – Für die Interpretation von Br-<br />

Gehalten früher versenkter Laugen ist aber folgendes wichtig: Die Produktion von Brom<br />

wurde seit 1922 ausgebaut. 1940 entstand eine neue Bromfabrik in Merkers. Mit dem<br />

Heißentbromungs-Verfahren wurden Ausbeuten bis zu 100 Prozent erreicht. In <strong>der</strong><br />

Dr.habil. Ralf E. Krupp – Diplom-Geologe, Geochemiker 30


Vergangenheit wurden 90 Prozent <strong>der</strong> Brom-Produktion als 1,2-Dibromethan zusammen mit<br />

Tetraethyl-Blei den Otto-Kraftstoffen zugesetzt. Ab 1985, bis zum völligen Verbot<br />

bleihaltigen Benzins 1997 in Deutschland und 2001 EU-weit, ging auch die Nachfrage nach<br />

Brom zeitweise <strong>zur</strong>ück. Weltweit steigt die Brom-Produktion aber trotz Inkrafttreten des<br />

Montrealer Protokolls (1. Januar 1989) bis heute weiter an. Ob und wie viel Brom heute von<br />

deutschen Kaliwerken noch erzeugt wird, war nicht in Erfahrung zu bringen.<br />

Die Calciumgehalte <strong>der</strong> verpressten Laugen sind vergleichsweise gering, so dass bei reinen<br />

Mischungsprozessen sehr niedrige Ca/Mg-Verhältnisse resultieren. An<strong>der</strong>erseits sind im<br />

Plattendolomit die ursprünglichen, „nativen“ Formationswässer durch die<br />

Nebengesteinsminerale Calcit + Dolomit in ihrem Ca/Mg-Verhältnis gepuffert.<br />

Abweichungen und Entwicklungstrends können daher für die zu untersuchenden Reaktionen<br />

mit dem Nebengestein aufschlussreich sein. Weiterhin werden die Calciumkonzentrationen<br />

durch die Löslichkeit von Gips begrenzt, was bei <strong>der</strong> Datenauswertung zu berücksichtigen ist.<br />

Wegen <strong>der</strong> hohen, aber deutlich unterschiedlichen NaCl- und MgCl 2 -Gehalte <strong>der</strong> versenkten<br />

Endlaugen bzw. Kieserit-Waschwässer sind beson<strong>der</strong>s Plots <strong>der</strong> Elemente Na vs. Cl und Na<br />

vs. Mg aussagekräftig.<br />

Es ist für die folgenden Ausführungen wichtig zu verstehen, dass die<br />

Konzentrationsunterschiede zwischen normal mineralisierten Grundwässern des<br />

Buntsandsteins und Quartärs gegenüber den hochkonzentrierten Endlaugen so gewaltig sind,<br />

dass bereits geringste Zumischungen eine deutliche <strong>Versalzung</strong> bewirken. Wird<br />

beispielsweise nur 1,0 Volumen-Prozent Endlauge mit einem Mg-Gehalt von 70.000 mg/L<br />

einem unbeeinflussten Wasser mit einem natürlichen Gehalt von ca. 10 mg/L Mg zugemischt,<br />

so hat die 1-prozentige Mischlösung bereits einen Gehalt von 710 mg/L Mg, also das 71-fache<br />

des natürlichen Mg-Gehaltes! (0,99*10 + 0,01*70.000 = 709,9). Daher bedarf es nur<br />

geringster Beimischungen von Endlauge um natürliche Buntsandstein- und Quartär-Wässer,<br />

wie sie im <strong>Gerstunger</strong> Wasserwerk geför<strong>der</strong>t werden, zu ver<strong>der</strong>ben. Das Rechenbeispiel zeigt<br />

in aller Deutlichkeit, wie sensibel die Grundwasservorkommen auf Laugenversenkung<br />

reagieren und wie sehr sie davor geschützt werden müssen.<br />

Plattendolomit<br />

Zeitreihen <strong>der</strong> Plattendolomit-Messstellen sind in den Diagrammen 1 bis 18 dargestellt.<br />

Beson<strong>der</strong>s hingewiesen sei hier auf die Bohrlochquelle Hausbreitenbach (Diagramm 3), die<br />

mit Beginn <strong>der</strong> Bergerprobung eine Zunahme <strong>der</strong> Salzgehalte zeigt, was auf zunehmende<br />

Anteile an Plattendolomitwasser schließen lässt.<br />

Interessant ist auch <strong>der</strong> Zeitverlauf von Herda 2 (Diagramm 5) und Herda 9 (Diagramm 8),<br />

die zu unterschiedlichen Zeitpunkten den Wechsel von natriumchlorid-dominierten<br />

Formationswässern zu magnesiumchlorid-dominierten Versenklaugen zeigen.<br />

Die Messstelle Horschlitt 5 (Diagramm 11) zeigt einen rückläufigen <strong>Versalzung</strong>strend, <strong>der</strong><br />

vermutlich auf Grundwasserneubildung und einhergehende Salzauswaschung <strong>zur</strong>ück zu<br />

führen ist.<br />

Dr.habil. Ralf E. Krupp – Diplom-Geologe, Geochemiker 31


Diagramm 15 für die Bohrung Obersuhl 2 zeigt, wie wichtig ältere Beobachtungsdaten<br />

(Beweissicherung) für die Interpretation <strong>der</strong> geochemischen Entwicklungen sind.<br />

Der Brunnen Wünschensuhl III (Diagramm 17) zeigt sehr schön die einsetzende Verdrängung<br />

gering mineralisierter Formationswässer durch Kieseritwaschwässer mit Einsetzen <strong>der</strong><br />

Bergerprobung.<br />

X/Y-Plots: In den folgenden Diagrammen (x/y-Plots) soll die Entwicklung <strong>der</strong><br />

Plattendolomit-Wässer vor und nach Vermischung mit versenkten Laugen dargestellt werden.<br />

Na/Cl-Diagramm - Im Na/Cl-Diagramm (Diagramme 59 und 60) ist zu erkennen, dass die<br />

nativen Plattendolomitwässer einen großen Konzentrationsbereich abdecken und sich eng<br />

entlang <strong>der</strong> (fast völlig verdeckten) dunkelgelben Modellkurve (stöchiometrische NaCl-<br />

Lösungen) gruppieren. Es handelt sich also um unterschiedlich stark verdünnte<br />

Subrosionslaugen. Da auch die Kieserit-Waschwässer hauptsächlich NaCl enthalten, liegen<br />

auch <strong>der</strong>en Modellkurven im Na/Cl-Diagramm dicht bei den reinen NaCl-Lösungen.<br />

Weit rechts im Diagramm 59 sind die darstellenden Punkte <strong>der</strong> Versenklösungen des PGM<br />

eingetragen. Die Entwicklungslinien <strong>der</strong> dargestellten Messstellen Herda 2, Herda 9,<br />

Horschlitt 5 und Wünschensuhl III beginnen an verschiedenen Stellen auf <strong>der</strong> NaCl-<br />

Modellkurve, je nach Mineralisationsgrad <strong>der</strong> Plattendolomitwasser-Endglie<strong>der</strong> an den<br />

jeweiligen Messstellen. Die sich bildenden Mischlösungen von Herda 2 und Herda 9 bewegen<br />

sich dann erwartungsgemäß in Richtung des PGM-Endgliedes. Dabei verän<strong>der</strong>n sich die<br />

Natrium-Konzentrationen kaum, während die Chlorid-Konzentrationen <strong>der</strong> Mischlösungen,<br />

wegen des hohen MgCl 2 -Gehaltes <strong>der</strong> Versenklösungen, rasch zunehmen.<br />

Die Wünschensuhl III-Entwicklungslinie beginnt hingegen bei schwach mineralisierten<br />

Plattendolomit-Wässern und bewegt sich auf ein relativ NaCl-reiches Endglied hin<br />

(Diagramme 59-60). Es handelt sich dabei um Kieserit-Waschwasser.<br />

Die Horschlitt 5 –Lösungen gehen von einer calcium- und magnesiumchlorid-reichen, aber<br />

natrium-armen Zusammensetzung aus und werden zunehmend von gering mineralisierten<br />

NaCl-Wässern des Plattendolomits verdünnt (Diagramme 59-60).<br />

Ca/Mg-Diagramm - Im Ca/Mg-Diagramm (Diagramm 61) ist die chemische Pufferwirkung<br />

des Plattendolomits auf die Ca/Mg-Verhältnisse seiner unbeeinflussten Formationswässer<br />

(+ Symbole) deutlich zu erkennen. Trotz unterschiedlich hoher Mineralisation zeigen diese<br />

Wässer immer gleiche Ca/Mg-Verhältnisse und folgen <strong>der</strong> Gleichgewichts-Geraden des<br />

Calcit/Dolomit-Puffers.<br />

Im krassen Unterschied dazu verlaufen die chemischen Entwicklungs-Trends, sobald eine<br />

Zumischung und Reaktion mit den Versenklaugen des Pufferspeichers <strong>Gerstunger</strong> Mulde<br />

(PGM) hinzukommt: Zu Beginn ist noch ein Einfluss des Calcit/Dolomit-Puffers zu<br />

beobachten, <strong>der</strong> sich unterschiedlich manifestieren kann, je nach dem wie schnell <strong>der</strong> Puffer<br />

wegen Erschöpfung <strong>der</strong> Calcit-Reserve o<strong>der</strong> aus kinetischen Gründen unwirksam wird.<br />

Beson<strong>der</strong>s die Entwicklung <strong>der</strong> Lösungen von Herda 9 zeigt sehr schön, wie anfangs <strong>der</strong><br />

Calcit/Dolomit-Puffer noch die Ca/Mg-Verhältnisse <strong>der</strong> Mischwässer nahe <strong>der</strong><br />

Gleichgewichts-Geraden fixiert und einen Anstieg <strong>der</strong> Mg-Konzentration verhin<strong>der</strong>t, bis dann<br />

schließlich die Pufferwirkung erschöpft ist. Der Trend verläuft also nicht entlang <strong>der</strong><br />

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theoretischen Mischungslinie (PGM-su-Trend) wie man es für die reine Vermischung gering<br />

konzentrierter Formationswässer mit MgCl 2 -reichen Laugen ohne Nebengesteinsreaktionen<br />

erwarten würde. Vielmehr steigen während <strong>der</strong> wirksamen Phase des C/D-Puffers die Ca-<br />

Konzentrationen in <strong>der</strong> Mischlösung in äquivalenter Menge zum eingebundenen Mg rasch an.<br />

Nach Erschöpfung des Puffers schwenkt <strong>der</strong> chemische Entwicklungstrend von Herda 9 dann<br />

um und verläuft geradewegs in Richtung <strong>der</strong> darstellenden Punkte <strong>der</strong> Versenklösungen, weit<br />

außerhalb des Diagrammfeldes.<br />

Im Fall des Brunnens Wünschensuhl III ist eine solche Pufferwirkung nicht erkennbar, was<br />

auf lokal geringere (bereits erschöpfte?) Puffer-Kapazität des Plattendolomits hinweisen<br />

könnte. Im Gegensatz zu an<strong>der</strong>en Wässern im Plattendolomit (z.B. Herda 2) ist hier das vor<br />

Beginn <strong>der</strong> Bergerprobung vorliegende Formationswasser nur schwach mineralisiert.<br />

Interessant ist auch die rückläufige (!) Konzentrationsentwicklung im ehemaligen<br />

Versenkbrunnen Horschlitt 5. Dort findet wahrscheinlich eine natürliche Entsalzung infolge<br />

Grundwasser-Neubildung und -Migration statt.<br />

Na/Mg-Diagramm (Diagramm 66). Auch hier macht sich die Calcit/Dolomit-Pufferwirkung<br />

auf die Lösungen von Herda 2 und Herda 9 bemerkbar, indem anfangs die Mg-<br />

Konzentrationen nahezu konstant bleiben, während sich die Na-Konzentrationen spontan dem<br />

Mischungsverhältnis anpassen. Nach Erschöpfung des Puffers entwickeln sich die Herda-<br />

Lösungen dann weiter entlang den Mischungstrends zwischen dem jeweiligen<br />

(unterschiedlich stark mineralisierten) Plattendolomit-Wasser und den MgCl 2 -reichen PGM-<br />

Versenklaugen.<br />

Die Wünschensuhl III-Lösungen folgen hingegen einem Trend, <strong>der</strong> einer reinen<br />

Mischungsreihe zwischen schwach mineralisiertem Plattendolomit-Wasser und früher<br />

versenkten, stärker NaCl-betonten Kieserit-Deckwässern entspricht, wie sie z.B. von VEB<br />

Kalibetrieb Werra (jetzt K+S Werk Unterbreizbach) in <strong>der</strong> Horschlitter Mulde und vom<br />

Werk Wintershall im Raum Kleinensee verpresst worden sind.<br />

Ca/SO 4 -Diagramm (Diagramme 62 und 63). Im Ca/SO 4 -Diagramm folgen die meisten<br />

Plattendolomit-Wässer einem linearen Trend, <strong>der</strong> in etwa dem stöchiometrischen Ca/SO 4 -<br />

Verhältnis von Gips bzw. Anhydrit entspricht. Dies deutet darauf hin, dass die Ca- und SO 4 -<br />

Gehalte ebenso wie die Na- und Cl-Gehalte durch die Auflösung von Anhydrit-haltigem<br />

Steinsalz, also durch Subrosionsprozesse bestimmt werden. Der lineare Trend stellt demnach<br />

eine Verdünnungsreihe von gesättigten Subrosions-Laugen und gering mineralisiertem (neu<br />

gebildeten) Grundwasser dar. Der geringe Sulfat-Überschuss gegenüber <strong>der</strong><br />

stöchiometrischen CaSO 4 -Zusammensetzung erklärt sich aus akzessorischen Kieseritund/o<strong>der</strong><br />

Polyhalit-Gehalten im aufgelösten Steinsalz.<br />

Sobald die Ca- und SO 4 -Konzentrationen die Löslichkeitskurve von Gips erreichen, sind sie<br />

nicht mehr unabhängig voneinan<strong>der</strong> variierbar. Lösungszusammensetzungen oberhalb <strong>der</strong><br />

Löslichkeitskurve sind nicht möglich. Wenn solche Werte dennoch auftreten (Herda 2), sind<br />

sie ein Hinweis auf analytische Fehler, z.B. durch mit analysierte Gips-Partikel.<br />

Mg/SO 4 -Diagramm (Diagramm 64). Im Mg/SO 4 -Diagramm folgen die unverän<strong>der</strong>ten<br />

Plattendolomitwässer einem „flachen“, magnesium-armen Verdünnungs-Trend, <strong>der</strong> sich aus<br />

<strong>der</strong> Zusammensetzung des subrodierten Salzgebirges ergibt und dessen Mg/SO 4 -Verhältnisse<br />

weit unterhalb des stöchiometrischen Verhältnisses von Kieserits (MgSO 4 ⋅H 2 O) liegt, wie es<br />

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sich durch Auflösung von ausschließlich Kieserit einstellen würde. An<strong>der</strong>erseits liegen einige<br />

Wässer auf dieser Kieserit-Linie und sind somit als durch Kieseritwaschwasser kontaminiert<br />

anzusehen. Im Gegensatz dazu streben die durch Q-Laugen beeinflussten Magnesiumchlorid-<br />

Mischwässer steil nach oben.<br />

Na/K-Diagramm (Diagramm 65). Das Diagramm zeigt, dass in Plattendolomitwässern die<br />

Na/K-Verhältnisse relativ konstant sind, was auf konstante Verhältnisse im subrodierten<br />

Salzgebirge hinweist. Abweichende Kalium-Konzentrationen deuten daher auf Laugen-<br />

Einflüsse hin, wie die Entwicklungslinien von Herda 2, Herda 9 und Wünschensuhl III<br />

eindrucksvoll belegen.<br />

Br/Cl-Diagramm (Diagramm 101). Brom-Analysen sind lei<strong>der</strong> nur sehr sporadisch<br />

vorgenommen worden, so dass sich kein deutliches Gesamtbild ergibt. Es scheint, dass die<br />

Plattendolomit-Formationswässer ein relativ konstantes Br/Cl-Verhältnis (ca. 300 : 1.000.000)<br />

aufweisen, das durch die Elementverhältnisse im subrodierten Salzgestein geprägt ist. Für<br />

einzelne Messstellen mit Versenklaugen-Einfluss (z.B. Wünschensuhl 3, Horschlitt 5, Herda<br />

2, Herda 9) ergeben sich sehr deutliche Abweichungen zu höheren Br/Cl-Verhältnissen,<br />

während an an<strong>der</strong>en Messstellen keine auffälligen Br-Werte beobachtet werden. Da in <strong>der</strong><br />

Vergangenheit das Brom aus den Endlaugen industriell gewonnen worden ist, ist dieses<br />

Ergebnis nicht weiter überraschend.<br />

Deckgebirge (Buntsandstein und Quartär)<br />

Im Buntsandstein befinden sich die meisten För<strong>der</strong>brunnen <strong>der</strong> Wasserwerke, sowie eine<br />

Anzahl von Messstellen <strong>zur</strong> Grundwasser-Überwachung. Die wenigen Quartär-Messstellen<br />

unterscheiden sich in ihrem Chemismus nicht grundlegend von denen des Buntsandsteins und<br />

werden deshalb hier zusammen mit diesen behandelt.<br />

Zeitreihendarstellungen aller Deckgebirgs-Messstellen sind in den Diagrammen 19 bis 52 für<br />

Buntsandsteinwässer und den Diagrammen 53 bis 58 für die Quartärwässer zu finden.<br />

Vergleicht man die Ca/Mg-Verhältnisse <strong>der</strong> Deckgebirgswässer-Wässer (Diagramme 81 bis<br />

83) mit den Plattendolomit-Wässern (Diagramm 61), so stellt man fest, dass fast alle<br />

(Ausnahme: Kohlbach I) deutlich niedrigere Ca/Mg-Verhältnisse (also höhere Mg/Ca-<br />

Verhältnisse) aufweisen. Der relative Magnesiumreichtum <strong>der</strong> höher mineralisierten<br />

Grundwässer des basenarmen Buntsandsteins gegenüber den nativen Wässern des<br />

Plattendolomits ist auf Grundlage natürlicher Vorgänge zunächst nicht ohne weiteres<br />

verständlich.<br />

Chloridkonzentrationen in Buntsandstein- und Quartärwässern (Diagramme 73 bis 77) sollten<br />

in <strong>der</strong> Regel unter 50 mg/L liegen. Ab 100 mg/L muss man definitiv von einer <strong>Versalzung</strong><br />

ausgehen, und soweit diese nicht historisch für die Zeit vor <strong>der</strong> Laugenversenkung (vor 1925)<br />

belegt ist, muss man wohl eine anthropogene Verunreinigung des Grundwassers in Betracht<br />

ziehen.<br />

In den Diagrammen für die Buntsandsteinwässer deuten sich zunächst drei Hauptgruppen mit<br />

unterschiedlich steilen Entwicklungslinien (also unterschiedlichen Element-Verhältnissen),<br />

sowie einige Son<strong>der</strong>fälle an (Siehe z.B. Diagramm 79 o<strong>der</strong> 88):<br />

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1. Wässer mit relativ reiner NaCl-Beeinflussung. Diese Wässer werden durch<br />

Zumischung von nativen, NaCl-betonten Plattendolomit-Formationswässern zu den<br />

Deckgebirgswässern gedeutet. Auch die übrigen, von den Plattendolomit-Wässern<br />

„geerbten“ Element-Verhältnisse sprechen für diese Deutung.<br />

2. Teilweise höher salzhaltige Wässer, die gemischten Na-Mg-Cl-SO 4 -Trends mit<br />

erhöhten, aber von Fall zu Fall unterschiedlichen K/Na-, Mg/SO 4 - und Mg/Ca-<br />

Verhältnissen folgen. Diese können eigentlich nur als Mischlösungen mit versenkten<br />

Kieserit-Waschwässern und -Deckwässern angesehen werden, wie sie zumindest bis<br />

<strong>zur</strong> Einführung des ESTA-Verfahrens volumenmäßig den größten Anteil an den<br />

versenkten Abwässern gestellt haben. An den Mischungen können auch untergeordnet<br />

Anteile von Q-Laugen beteiligt sein.<br />

3. Wässer mit MgCl 2 -Trend. Hier hat sich zunächst <strong>der</strong> Verdacht aufgedrängt, dass eine<br />

Beeinflussung (Mischung) durch die während <strong>der</strong> Bergerprobung versenkten Laugen<br />

erfolgt ist. In Einzelfällen ist das auch nicht auszuschließen. In <strong>der</strong> Gesamtheit scheint<br />

aber ein Ionenaustauch-Prozess an Schichtsilikat-Mineralen im Unteren Buntsandstein<br />

die Hauptursache zu sein. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass salzhaltige<br />

Lösungen in den Buntsandstein gelangt sind und dort sorptiv gebundene Erdalkalien<br />

frei gesetzt haben (Vgl. Skowronek et al. 1999). Dies kann jedoch auch schon vor<br />

längerer Zeit als Folge <strong>der</strong> Verdrängung von Plattendolomit-Wässern und<br />

Mischlösungen ins Deckgebirge erfolgt sein. Eine solche Erklärung scheint für diese<br />

niedrig mineralisierten Wässer plausibler als eine flächendeckende Beimischung von<br />

MgCl 2 -Endlaugen während <strong>der</strong> Bergerprobung des PGM.<br />

Buntsandstein-Messstellen im Einzelnen<br />

Die Farbcodierung bezeichnet den Lösungstyp (dominierende Kontaminante):<br />

Gelb: Mischlösungen mit nativem Plattendolomit-Wasser<br />

Grün: Mischlösungen mit Kieseritwaschwasser (etc.)<br />

Rot: Mischlösung mit Q-Laugen<br />

Blau: Ohne signifikante <strong>Versalzung</strong><br />

██ Herda 51/79 – (Diagramme 21 und 22) Diese Buntsandstein-Messstelle wird jeweils in<br />

verschiedenen Tiefen beprobt und zeigt eine deutliche Tiefenzonierung bezüglich <strong>der</strong><br />

Mineralisation. Die Wässer sind über die gesamte Tiefe NaCl-dominiert, mit deutlich<br />

niedrigeren Konzentrationen <strong>der</strong> übrigen Salze. Dies spricht dafür, dass es sich im<br />

Wesentlichen um verdrängtes Formationswasser aus dem Plattendolomit handelt. Auch die<br />

Ca/Mg-Verhältnisse nahe den Calcit/Dolomit-Gleichgewichtswerten sprechen für diese<br />

Deutung. Die wenigen Bromid-Analysen liegen zwischen 2,5 und 4,5 mg/L Br und scheinen<br />

in dieses Bild zu passen.<br />

██ Herda 52/79 – (Diagramm 24) Die im Buntsandstein von dieser Bohrung<br />

aufgeschlossenen Wässer fallen sehr aus dem Rahmen, indem sie einen sehr hohen Gehalt an<br />

Natriumsulfat aufweisen. Soweit man Fehler in <strong>der</strong> Datenüberlieferung ausschließen will,<br />

würde dies auf eine Zumischung von Glaubersalz-haltigen Wässern hindeuten. Wässer<br />

ähnlicher Beschaffenheit können auch auf Rückstandshalden <strong>der</strong> Hartsalz-Verarbeitung<br />

entstehen, indem sich Kieserit mit NaCl zu Mirabilit (Glaubersalz; Na 2 SO 4 ⋅10H 2 O) umsetzt.<br />

Abwässer aus <strong>der</strong> Glaubersalz- o<strong>der</strong> Bittersalz-Fabrikation (Natriumsulfat, bzw.<br />

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Magnesiumsulfat) selbst haben allerdings an<strong>der</strong>e Zusammensetzungen (MgCl 2 -Laugen) und<br />

kommen eigentlich nicht in Frage. – Die Zusammensetzung bleibt rätselhaft.<br />

██ Herda 53/79 – (Diagramm 25) Diese Messstelle im Buntsandstein weist von Beginn an<br />

(1979) konstant hohe Konzentrationen von Natriumchlorid auf. Die Ca/Mg-Verhältnisse<br />

liegen nahe bei den Gleichgewichtswerten für die Calcit/Dolomit-Phasengrenze. Daher<br />

müssen diese Wässer als verdrängte Formationswässer des Plattendolomits angesehen<br />

werden, die im Buntsandstein Platz genommen haben.<br />

██ Herda 55/80 – (Diagramme 26 und 27) Auch diese Buntsandstein-Messstelle weist eine<br />

NaCl-dominierte Mineralisation auf, die eine starke Tiefenzonierung zeigt, mit Werten bis<br />

16000 mg/L Cl in ca. 110 bis 190 m Tiefe, und Werten bis 600 mg/L Cl in 50 bis 70 m Tiefe.<br />

Gegenüber reinen Plattendolomit-Wässern sind die Magnesiumkonzentrationen erhöht und<br />

die Ca/Mg-Verhältnisse liegen deutlich abseits des C/D-Gleichgewichts. Aufgrund des<br />

Chemismus handelt es sich um Abwässer vom Typ „Kieserit-Waschwasser“, evtl. etwas<br />

vermischt mit ursprünglichem Plattendolomit-Formationswasser.<br />

Sowohl im oberen als auch im unteren Tiefenbereich ist seit Beginn <strong>der</strong> Beobachtungsdaten<br />

(1980) ein genereller Anstieg <strong>der</strong> NaCl-Gehalte zu verzeichnen. Mit <strong>der</strong> Zeit hat sich auch die<br />

Mineralisationsgrenze nach oben verlagert (K+S (2006); Abschlussbericht). In beiden<br />

Tiefenbereichen zeigt sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein kurzzeitiger, scharfer<br />

Konzentrationsrückgang, <strong>der</strong> vermutlich auf Diskontinuitäten im Versenkbetrieb beruht.<br />

██ Herda 56/80 – (Diagramme 28 und 29) Die Messstelle Herda 55/80 zeigt ebenfalls eine<br />

Tiefenzonierung, in einem deutlich mit NaCl sowie untergeordnet mit Ca- und Mg-Sulfaten<br />

versalzenen Grundwasserkörper des Unteren Buntsandsteins. Beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Tiefe ist seit<br />

Beginn <strong>der</strong> vorliegenden Beobachtungsdaten ein starker Anstieg <strong>der</strong> Salzgehalte (von 4000<br />

auf fast 10000 mg/L Cl) zu verzeichnen. Ende 2004 ist ein kurzzeitiger, scharfer Rückgang<br />

<strong>der</strong> Konzentrationen zu verzeichnen, <strong>der</strong> mit einem zeitgleichen, scharfen Anstieg <strong>der</strong><br />

Salzgehalte im oberen Stockwerk korreliert. Hier liegt vermutlich eine Verwechslung <strong>der</strong><br />

Messdaten vor. Ignoriert man diesen Messtag (19.11.2004), so ist dennoch ein Anstieg <strong>der</strong><br />

Salzgehalte nach diesem Zeitpunkt vorhanden.<br />

Der Chemismus <strong>der</strong> vorgefundenen Salzwässer entspricht dem von Kieserit-Waschwässern,<br />

und ähnelt den Abwässern, die vom Werk Wintershall 1968 versenkt worden sind.<br />

██ Kohlbach I - (Diagramm 32) Der Brunnen Kohlbach I steht im Buntsandstein und muss<br />

als geschädigt gelten, auch wenn die Grenzwerte noch eingehalten werden: Der zeitliche<br />

Verlauf <strong>der</strong> Mineralisation (Diagramm 32) zeigt eine parallele Entwicklung <strong>der</strong> Chlorid- und<br />

Calcium-Konzentrationen, während die Magnesiumwerte niedrig bleiben. Die Ca/Mg-<br />

Verhältnisse liegen (im Gegensatz zu praktisch allen an<strong>der</strong>en Buntsandstein-Wässern) strikt<br />

auf <strong>der</strong> Calcit/Dolomit-Gleichgewichtsgeraden (Diagramm 83). Nach Beginn <strong>der</strong><br />

Bergerprobung setzen ein deutlicher Anstieg <strong>der</strong> Chlorid-Konzentration und eine<br />

Verschiebung des Chlorid-/Sulfat-Verhältnisses ein. Diese Befunde sprechen dafür, dass <strong>der</strong><br />

Brunnen bereits vor <strong>der</strong> Bergerprobung durch früher verdrängtes Plattendolomitwasser<br />

beeinflusst war, und dass nach Beginn <strong>der</strong> Bergerprobung dieser Anteil stetig zugenommen<br />

hat.<br />

██ Kohlbach II – (Diagramme 33 bis 35) Der Buntsandstein-Brunnen Kohlbach II musste<br />

wegen <strong>Versalzung</strong> bereits 1992/93, also vor Beginn <strong>der</strong> Bergerprobung (Juni 1999), für die<br />

regelmäßige Trinkwassergewinnung aufgegeben werden (nur Ersatzbrunnen für Notfälle) und<br />

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wird seither als Messstelle betrieben. Nach 1995 ist die <strong>Versalzung</strong> <strong>der</strong> ersten Episode dann<br />

wie<strong>der</strong> auf ein normales Niveau <strong>zur</strong>ückgegangen. Während <strong>der</strong> Bergerprobung kam es dann<br />

2003 zu einer erneuten, massiven <strong>Versalzung</strong> mit Chlorid-Konzentrationen bis 2250 mg/L,<br />

die bis heute anhält. Der Spitzenwert entspricht einer Verunreinigung des Grundwassers mit<br />

ca. 1 Volumen-Prozent Kieseritwaschwasser (Cl ca. 175000 mg/L).<br />

Bei den zugeführten Salzen dominiert in beiden Ereignissen das NaCl, aber es sind beson<strong>der</strong>s<br />

bei dem zweiten Ereignis auch hohe Calcium- und Magnesiumsulfat-Anteile dabei. Bei den<br />

zugeführten Salzwässern handelt es sich mit allergrößter Wahrscheinlichkeit um ehemals<br />

versenkte Kieserit-Waschwässer (bzw. Mischwässer selbiger mit Formationswasser des<br />

Plattendolomits), die bereits selbst durch die Dolomitisierungsreaktion einen partiellen<br />

Austausch von Magnesium gegen Calcium erfahren haben. Charakteristische Diagramme<br />

z.B. 78, 82, 85, 87.<br />

Da auf thüringischer Seite <strong>der</strong> Versenkbetrieb 1968 völlig eingestellt worden ist, kommt für<br />

das erste <strong>Versalzung</strong>s-Ereignis (1992/93) eigentlich nur die Versenktätigkeit des Werkes<br />

Wintershall im Raum Kleinensee als Ursache in Frage. Die damals versenkten<br />

Kieseritwaschwässer wurden dann während <strong>der</strong> Bergerprobung des PGM erneut mobilisiert<br />

und in den Buntsandstein im Einzugsbereich <strong>der</strong> Bohrung Kohlbach II abgedrängt.<br />

██ Quelle Kratzeroda – (Diagramm 36) Die Buntsandsteinquelle Kratzeroda zeigt seit<br />

langer Zeit einen deutlichen NaCl-Gehalt, <strong>der</strong> seit Beginn <strong>der</strong> Bergerprobung deutlich und<br />

stetig zunimmt. An<strong>der</strong>e Salzkomponenten sind unauffällig, so dass man von einer<br />

Beeinflussung durch Formationswasser des Plattendolomits ausgehen muss. Siehe Diagramm<br />

75.<br />

██ Lindig II und Lindig III – (Diagramme 39 und 40) Die beiden Brunnen stehen im<br />

Buntsandstein und schließen ein gering mineralisiertes Calcium-Hydrogencarbonat-Wasser<br />

auf. Abgesehen von zwei Chlorid-Spitzen, die wahrscheinlich auf Kommafehlern in <strong>der</strong><br />

Datenüberlieferung beruhen, sind weiter keine Auffälligkeiten vorhanden. Die bei hoch<br />

auflösen<strong>der</strong> Skalierung in den Na/Cl- und beson<strong>der</strong>s Na/Mg-Diagrammen (Diagramme 77,<br />

80) beobachteten Magnesiumchlorid-Trends fallen zwar mit <strong>der</strong> Mischungsreihe mit PGM-<br />

Laugen zusammen, sind aber wohl nicht durch unmittelbare Vermischung mit diesen<br />

Endlaugen, son<strong>der</strong>n durch Ionenaustausch-Prozesse zu erklären (s.o.). Allerdings erfor<strong>der</strong>t<br />

auch dieser Vorgang eine äquivalente Zufuhr von Salzen, die den Ionenaustausch antreiben<br />

können. Diese Austausch-Vorgänge könnten im Anstrombereich <strong>der</strong> Brunnen o<strong>der</strong> in größerer<br />

Tiefe des Buntsandstein-Grundwasserleiters ablaufen. Sie sind jedenfalls ein ernst zu<br />

nehmendes Signal.<br />

██ Wünschensuhl E 15/79 – (Diagramm 41) Die Doppelmessstelle (z3Ca/su) hat im<br />

Bereich des Unteren Buntsandsteins schwach salzhaltige Hydrogencarbonat-Wässer<br />

angetroffen. Die Konzentrationen aller Bestandteile zeigen starke jahreszeitliche<br />

Schwankungen, die als Verdünnungseffekte im Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />

Grundwasserneubildung zu deuten sind. Abstrahiert man von diesen Effekten, so bleibt<br />

festzustellen, dass die Magnesium- und Kaliumgehalte deutlich erhöht sind. Hier scheint eine<br />

geringe Verunreinigung mit magnesiumchlorid-reichen Endlaugen vorzuliegen, die<br />

wahrscheinlich eher mit <strong>der</strong> früheren Laugenverpressung in <strong>der</strong> Horschlitter Mulde<br />

zusammen hängt.<br />

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██ Hy Neustädt 1/62 – (Diagramm 42) Die Bohrung erschließt Calcium-Bicarbonat-<br />

Sulfatwässer mit geringen Salzgehalten. Seit Einrichtung <strong>der</strong> Messstelle sind die<br />

Chloridgehalte von unter 50 auf zeitweise über 100 mg/L angestiegen. Auch die Magnesiumund<br />

Kaliumgehalte scheinen geringfügig erhöht. Ein geringfügiger <strong>Versalzung</strong>seinfluss kann<br />

vorliegen.<br />

██ Hy Neustädt 3/87 – (Diagramm 43) Für die Buntsandstein-Messstelle liegen seit 1995<br />

relativ detaillierte Messdaten vor. Demnach handelt es sich um ein Calcium-Bicarbonat-<br />

Wasser mit niedriger Mineralisation. Allerdings zeigen auch hier die Chlorid- und die<br />

Magnesium-Konzentrationen einen langsam aber kontinuierlich ansteigenden Trend. Die<br />

Sulfat-Konzentrationen sind seit Beginn <strong>der</strong> Bergerprobung deutlich <strong>zur</strong>ückgegangen. Dies<br />

könnte auf versenkungsbedingte Verschiebungen des Grundwassers <strong>zur</strong>ück zu führen sein,<br />

ohne dass bisher stärker versalzenes Wasser die Messstelle erreicht hat.<br />

██ Hy Neustädt 5/99 – (Diagramm 44) Die Messstelle schließt ein Calcium-Bicarbonat-<br />

Wasser des Buntsandsteins auf, das durch leicht erhöhte NaCl-Gehalte und eine NaCl-Spitze<br />

im Jahr 2003 auffällt. Außerdem sind seit 2004 die Kalium-Gehalte signifikant angestiegen.<br />

██ Hy Sallmannshausen 1/94 – (Diagramm 46) Die Proben aus 60 m Tiefe (Buntsandstein)<br />

zeigen eine deutliche <strong>Versalzung</strong> mit NaCl-Dominanz. Die höchsten Konzentrationen traten<br />

2004 während <strong>der</strong> Bergerprobung auf. Proben aus 94 m Tiefe sind stark mit NaCl belastet.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> erhöhten Ca/Mg-Verhältnisse scheint es sich bei <strong>der</strong> Salzquelle eher um<br />

Mischwässer mit Kieserit-Waschwasser als um reines Plattendolomit-Formationswasser zu<br />

handeln.<br />

██ Bohrbrunnen Sallmannshausen 1/83 – (Diagramm 47) Dieser Brunnen liegt westlich<br />

<strong>der</strong> vorgenannten Messstelle Hy Sallmannshausen 1/94. Es liegen nur drei Messwerte vor, die<br />

jedoch belegen, dass Anfang <strong>der</strong> 1990-er Jahre eine stärkere <strong>Versalzung</strong> vorlag, die<br />

mittlerweile stark <strong>zur</strong>ückgegangen ist. Die Zusammensetzung deutet auch hier auf Anteile<br />

von Kieserit-Waschwasser hin.<br />

██ Hy Unterellen 1/99 (MVA) – (Diagramm 49) Die Messstelle erschließt deutlich mit<br />

NaCl sowie mit CaSO 4 belastete Wässer des Buntsandsteins, die jedoch im<br />

Beobachtungszeitraum (2000-2006) keine nennenswerten Konzentrationsschwankungen<br />

zeigen. Die erhöhten Mg-, Ca- und SO 4 -Gehalte machen einen Einfluss von Kieserit-<br />

Waschwasser wahrscheinlich.<br />

██ Hy Unterellen 1/92 (Dünkelrothe) – (Diagramm 48) Die Messstelle Dünkelrothe<br />

schließt ein von Salzen unbelastetes Calcium-Bicarbonat-Wasser des Buntsandsteins auf.<br />

██ Tiefbrunnen Obersuhl (Im Heil; Nr. 380) – (Diagramm 45) Im Tiefbrunnen sind<br />

Calcium-Bicarbonat-Wässer des Buntsandsteins aufgeschlossen, welche nur geringe<br />

Salzgehalte aufweisen. Allerdings deutet sich seit Mitte <strong>der</strong> 90-er Jahre eine Zunahme <strong>der</strong><br />

Chlorid/Sulfat-Verhältnisse an, die aber <strong>der</strong>zeit noch nicht mit Bestimmtheit als Indiz für<br />

<strong>Versalzung</strong> gewertet werden kann.<br />

██ Schachtbrunnen Alexan<strong>der</strong>shall Dippach – (Diagramm 19) Diese offenbar sehr seichte<br />

Messstelle im Buntsandstein ist beson<strong>der</strong>s gut dokumentiert und zeigt deutliche<br />

jahreszeitliche Schwankungen, die auf Verdünnung durch Nie<strong>der</strong>schläge schließen lassen. Sie<br />

ist deutlich durch Natrium, Calcium- und Magnesium-Chloride versalzen.<br />

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██ Trinkwasserbrunnen Wommen – (Diagramm 50) Calcium-Hydrogencarbonat-Wasser<br />

des Buntsandsteins; keine auffällige Salzgehalte.<br />

██ Brunnen Altersheim Wommen – (Diagramm 51) Calciumsulfat-Wasser des<br />

Buntsandsteins. Keine Hinweise auf <strong>Versalzung</strong> durch Laugenversenkung.<br />

██ Überlandwerk Wommen – (Diagramm 52) Der Brunnen för<strong>der</strong>t Calcium-<br />

Hydrogencarbonatwässer mit einer nur leicht erhöhten Mineralisation aus dem Buntsandstein.<br />

Allerdings ist seit 1996 ein signifikanter Anstieg <strong>der</strong> Kalium-Werte zu verzeichnen und seit<br />

2002 sind die Chlorid-Gehalte erstmals seit <strong>der</strong> Aufzeichnung höher als die Sulfat-Werte.<br />

██ Herleshausen 1, Trinkwasserbrunnen - (Diagramm 30) Calcium-Hydrogencarbonat-<br />

Wasser des Buntsandsteins, keine Anzeichen für eine <strong>Versalzung</strong>.<br />

██ Herleshausen 2, Trinkwasserbrunnen - (Diagramm 31) Calcium-Hydrogencarbonat-<br />

Wasser des Buntsandsteins, keine Anzeichen für eine <strong>Versalzung</strong>.<br />

██ Lachenquelle Rohr 1 - (Diagramm 37) Calcium-Hydrogencarbonat-/Sulfat-Wasser des<br />

Buntsandsteins, ohne auffällige Salzgehalte.<br />

██ Lachenquelle Rohr 2 - (Diagramm 38) Calcium-Sulfat-/Hydrogencarbonat-Wasser des<br />

Buntsandsteins, ohne auffällige Salzgehalte.<br />

██ Hy Fernbreitenbach 1/65 - (Diagramm 20) Calcium-Hydrogencarbonat-/Sulfat-Wasser<br />

des Buntsandsteins. Keine auffälligen Salzgehalte. Leichter Anstieg <strong>der</strong> Chloridgehalte und<br />

Abfall <strong>der</strong> Sulfatgehalte.<br />

Quartär-Messstellen im Einzelnen<br />

██ Grundwassermessstelle Herleshausen – (Diagramm 54) Die in Quartären<br />

Deckschichten hergestellte Bohrung liefert Calcium-Hydrogencarbonat-Wässer mit<br />

wechselnden Natriumchlorid- und Magnesiumsulfat-Anteilen. Im Beobachtungszeitraum seit<br />

1999 erreichte die Salzbelastung 2003 einen markanten Spitzenwert über 300 mg/L Cl, wobei<br />

auch die Kalium-, Magnesium- und Sulfat-Gehalte deutlich angestiegen sind. Der Chemismus<br />

weist auf variable Beimischungen von Kieseritwaschwässern hin (Diagramme 76, 80).<br />

██ Quelle Salzrasen (Salzrain) – (Diagramm 58) Die Quelle Salzrasen zeigt ein synchrones<br />

und chemisch identisches <strong>Versalzung</strong>smuster wie <strong>der</strong> Brunnen Kohlbach II, erreicht aber<br />

nicht ganz so hohe Salzkonzentrationen. Grund für die heute beobachtete <strong>Versalzung</strong> sind<br />

auch hier früher versenkte Kieserit-Waschwässer (erhöhte Mg-Gehalte, stöchiometrische Mgund<br />

SO 4 -Verhältnisse, erhöhte Kaliumgehalte), die durch die Bergerprobung des PGM<br />

mobilisiert und durch den Buntsandstein hindurch in die Quartären Deckschichten abgedrängt<br />

wurden.<br />

Die Flurbezeichnung „Salzrasen“ weist darauf hin, dass hier bereits seit historischer Zeit<br />

Salzwässer auf natürlichem Weg austreten und dass entsprechende Wegsamkeiten in den<br />

Plattendolomit-Horizont bestehen. Es ist aber kein Wi<strong>der</strong>spruch, wenn heute die gleichen<br />

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Wegsamkeiten von im Plattendolomit-Niveau verpressten Kaliabwässern als Aufstiegsweg<br />

benutzt werden.<br />

██ Pfarrlandquelle – (Diagramm 57) Die Pfarrlandquelle schüttet Calcium-<br />

Hydrogencarbonat-Sulfat-Wässer mit stark schwankenden Sulfat- und Chloridgehalten bis<br />

100 mg/L Cl. Ob eine Salzbelastung vorliegt, ist fraglich.<br />

██ Schachtbrunnen Lauchröden – (Diagramm 55) Der Quartär-Brunnen fällt durch<br />

Chlorid- und Sulfat-Konzentrationen jeweils bis 400 mg/L, hohe Calcium-Gehalte und<br />

Magnesiumkonzentrationen bis 40 mg/L auf. (Die hohen Ca-Werte Anfang 2003 sind<br />

vermutlich fehlerhaft, weil keine komplementäre Entwicklung bei den Anionen vorliegt.) Die<br />

Salzzusammensetzung spricht für beigemischte Anteile von Kieseritwaschwässern.<br />

██ Lindig I – (Diagramm 56) Der in Quartären Deckschichten abgeteufte Brunnen liefert<br />

salzarme Calcium-Hydrogencarbonat-Sulfatwässer, die keine Anzeichen für anthropogene<br />

Salzeinträge aufweisen.<br />

██ Gallegraben (Eltezufluss) – (Diagramm 53) Der Gallegraben fällt durch erhöhte<br />

Natriumchlorid und Calciumsulfat-Gehalte auf. Lei<strong>der</strong> decken die verfügbaren Messdaten nur<br />

den Zeitraum seit 2000 ab. Mit Chloridgehalten von 500 bis 600 mg/L Cl liegt ein versalzenes<br />

Wasser vor, jedoch lässt sich ohne weitere Information/Untersuchungen eine natürliche<br />

Salzquelle nicht ausschließen.<br />

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Geographische Verbreitung <strong>der</strong> Salzabwässer<br />

Nachdem die zahlreichen Messstellen chemisch charakterisiert sind, kann nun die<br />

geographische Verteilung <strong>der</strong> einzelnen (Ab-)Wasser-Typen in den Aquiferen betrachtet<br />

werden (Abbildung 2.3).<br />

Die Abbildung 2.3 zeigt eine deutliche Zonierung um die beiden dicht beieinan<strong>der</strong> liegenden<br />

Versenkbohrungen Herda 5 und Herda 11 (und Herda 10, über die auch geringe Mengen<br />

versenkt wurden).<br />

Im näheren Umfeld <strong>der</strong> Versenkbohrungen sind naturgemäß Mischlösungen mit den (rot<br />

dargestellten) magnesiumchlorid-reichen Versenklaugen <strong>der</strong> PGM-Bergerprobung<br />

anzutreffen. Die weiter im Südosten anzutreffenden MgCl 2 -reichen Wässer <strong>der</strong> Bohrungen<br />

Horschlitt 5 und Wünschensuhl E15/79(su) sind aufgrund <strong>der</strong> geographischen Lage<br />

wahrscheinlich eher den früheren Laugen-Versenkungen in <strong>der</strong> Horschlitter Mulde<br />

zuzuordnen.<br />

Die gelb dargestellten Wässer sind Plattendolomitwässer, entwe<strong>der</strong> in situ o<strong>der</strong> in höhere<br />

Stockwerke des Deckgebirges verdrängt. Diese ortsfremden, NaCl-betonten Wasserkörper im<br />

Buntsandstein bzw. in Quellaustritten sind ein Beweis für die großräumige Verschiebung von<br />

Wassermassen infolge <strong>der</strong> Laugenverpressung.<br />

Die Mehrzahl <strong>der</strong> Messstellen weist eine Vermischung mit Kieseritwaschwässern im<br />

weitesten Sinne auf. Diese früher bereits in die <strong>Gerstunger</strong> Mulde eingewan<strong>der</strong>ten<br />

Kaliabwässer sind während <strong>der</strong> Bergerprobung des PGM an die Peripherie <strong>der</strong><br />

Muldenstruktur, und dort vielfach in den Unteren Buntsandstein, abgedrängt worden.<br />

Die (noch) ohne signifikanten Laugeneinfluss verbliebenen Grundwassermessstellen (in<br />

Abbildung 2.3 blau dargestellt) liegen allesamt im äußeren Bereich <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong><br />

Muldenstruktur, sowie in topographischen Hochlagen. Es besteht überhaupt kein Zweifel<br />

daran, dass jede weitere Verpressung von Kaliabwässern in <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde zu einer<br />

sich lateral ins Umfeld und vertikal in die Deckschichten ausweitenden<br />

Grundwasserversalzung führen wird.<br />

Es muss aber an dieser Stelle auch auf die Grundwasserversalzung im Bereich <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong><br />

Mulde durch Laugenzuflüsse aus dem immer noch aktiven hessischen Versenkgebiet bei<br />

Tiefensee hingewiesen werden. Aufgrund <strong>der</strong> geologischen Verhältnisse und <strong>der</strong> durch die<br />

Verpressung akzentuierten Druckverteilung in den Grundwasserleitern ist hier in <strong>der</strong><br />

Vergangenheit bereits eine weitgehende <strong>Versalzung</strong> durch Kieseritwaschwässer eingetreten.<br />

Durch die anhaltende Laugenverpressung des Werkes Wintershall im Raum Kleinensee findet<br />

diese <strong>Versalzung</strong> zweifellos auch weiterhin statt und wird aller Voraussicht nach ebenfalls<br />

zum Ausfall weiterer Trinkwasserbrunnen führen, soweit sie nicht umgehend eingestellt wird.<br />

Historisch bedingt scheinen entlang <strong>der</strong> ehemaligen deutsch-deutschen Grenze auch kaum<br />

Vorfeld-Messstellen vorhanden zu sein, was die Gefährdung <strong>der</strong> Trinkwasseranlagen umso<br />

brisanter macht.<br />

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Abbildung 2.3 – Chemische Typisierung <strong>der</strong> aufgeschlossenen Wässer. (Kartengrundlage<br />

K+S Kali GmbH (2006) und Abbildung 1.5)<br />

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Abbildung 2.4 – Ausbreitung <strong>der</strong> Laugenfront (Mischwässer) in <strong>der</strong> Vergangenheit und im<br />

Jahr 2007. Angaben bis 1980 nach Käbele (2006). Die Punkte markieren die Messstellen im<br />

Bereich <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde.<br />

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Schlussfolgerungen und Empfehlungen<br />

Aus den vorausgeschickten Erläuterungen muss <strong>der</strong> Schluss gezogen werden, dass jede<br />

weitere Versenkung von Endlaugen in <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong> Mulde, aber auch im Versenkgebiet bei<br />

Kleinensee, egal in welcher Größenordnung, eine Zunahme <strong>der</strong> <strong>Versalzung</strong> in den hangenden<br />

Grundwasserleitern verursachen wird. Eine solche <strong>Versalzung</strong> in den unteren<br />

Buntsandsteinschichten ist bereits bekannt, hat aber auf die Einzugsbereiche <strong>der</strong> <strong>Gerstunger</strong><br />

Brunnen bislang nur begrenzten Einfluss (Ausfall eines Brunnens, erste Zeichen einer<br />

chemischen Beeinflussung in weiteren Brunnen). Wird die Versenkung nicht umgehend und<br />

vollständig eingestellt, muss zwangsläufig von einer Ausweitung <strong>der</strong> bereits versalzenen<br />

Grundwasserbereiche ausgegangen werden. Die Gefahr des Ausfalls weiteren Brunnen wird<br />

dadurch größer werden.<br />

Neben <strong>der</strong> Beeinträchtigung <strong>der</strong> Trinkwasserversorgung ist aus kommunaler Sicht aber auch<br />

ein korrosiver Angriff aufsteigen<strong>der</strong> magnesiumchlorid-reicher Wässer auf Rohrleitungen aus<br />

Eisen und Beton, sowie auf Hausfundamente etc. zu besorgen, wie er im nahe gelegenen Ort<br />

Heringen nachweislich erfolgt ist.<br />

Die von K+S vorgeschlagene, stärkere (aber bisher nicht quantifizierte) Rückför<strong>der</strong>ung<br />

versenkter Laugen kann nur temporär bei ungewöhnlich hoher Wasserführung <strong>der</strong> Werra<br />

erfolgen. Der ständige Wechsel von Verpressung und Rückför<strong>der</strong>ung begünstigt die<br />

Vermischung <strong>der</strong> Versenklaugen mit Formations- und Grundwasser. Eine temporäre<br />

Rückför<strong>der</strong>ung kann an <strong>der</strong> Gefährdung <strong>der</strong> Brunnen nicht viel än<strong>der</strong>n, weil sie die zuvor statt<br />

gefundene Vermischung von Laugen, Formations- und Grundwässern nicht durch eine<br />

entsprechende „Entmischung“ wie<strong>der</strong> rückgängig machen kann. Wo die <strong>Versalzung</strong>sfront<br />

einmal angekommen ist, kann die Salzfracht nur sehr langfristig und nach und nach durch<br />

Grundwasserneubildung wie<strong>der</strong> ausgewaschen werden.<br />

Von einer Rückför<strong>der</strong>ung größerer Laugenvolumina wird auch deshalb abgeraten, weil<br />

dadurch das Druckgefälle aus Richtung Kleinensee vergrößert wird und als Folge die<br />

Einwan<strong>der</strong>ung versalzener Grundwässer von hessischer Seite begünstigt würde.<br />

Beson<strong>der</strong>s westlich und südwestlich des <strong>Gerstunger</strong> Wassergewinnungsgebietes (ehemalige<br />

deutsch-deutsche Grenze) sind offenbar kaum Vorfeld-Messstellen vorhanden, sollten aber<br />

dringend eingerichtet werden. Die Einrichtung zusätzlicher Vorfeld-Messstellen <strong>zur</strong><br />

Überwachung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>brunnen kann die <strong>Versalzung</strong> des Grundwassers jedoch bestenfalls<br />

(!) beobachten. Es kann aber nicht das Ziel sein, die fortschreitende <strong>Versalzung</strong> <strong>der</strong><br />

Grundwasser-Vorkommen nur zu beobachten, son<strong>der</strong>n sie muss verhin<strong>der</strong>t werden. Ob eine<br />

Grundwassermessstelle die eintretende <strong>Versalzung</strong> des Brunnens vorzeitig anzeigen kann,<br />

hängt davon ab, ob die <strong>Versalzung</strong>sfront zuerst die Messstelle o<strong>der</strong> zuerst den Brunnen<br />

erreicht. Welchen Pfad die versenkten Laugen und die verdrängten Plattendolomit-Wässer im<br />

Einzelfall nehmen werden, hängt von den ganz lokalen Wegsamkeiten ab, die im Detail nicht<br />

bekannt sind. Wird hingegen die Messstelle zu nahe an die Brunnen verlegt, bleibt noch nicht<br />

einmal eine nennenswerte Vorwarnzeit.<br />

Die Abbildung 2.5 zeigt eine von vielen denkbaren Situationen, in denen eine<br />

Vorfeldmessstelle nicht ihren Zweck erfüllen kann.<br />

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Abbildung 2.5 – Vorfeldmessstellen sind keine Gewähr gegen unerwartete <strong>Versalzung</strong>en in<br />

Brunnen. Liegt das Leck (Störung, Zerrüttungszone) im Abstrom <strong>der</strong> Messstelle, wird die<br />

<strong>Versalzung</strong> nicht o<strong>der</strong> erst sehr spät entdeckt werden.<br />

Ein weiteres Problem <strong>der</strong> Vorfeldmessstellen besteht darin, dass sie mit einer längeren<br />

Planungs-, Genehmigungs- und Herstellungsdauer verbunden wären, während K+S einen<br />

fließenden Übergang zwischen Probebetrieb und Regelbetrieb anstrebt. Es würde also auch<br />

über einen längeren Zeitraum keine Überwachung <strong>der</strong> Brunnen erfolgen können, ganz zu<br />

schweigen von einer Beweissicherung bezüglich des Ist-Zustandes.<br />

Die bisherige behördliche Überwachungspraxis <strong>der</strong> Grundwassermessstellen muss<br />

grundlegend verbessert werden. Die Festsetzung von Ca/Mg-Verhältnissen als<br />

Überwachungswerte ist aufgrund <strong>der</strong> nachweislich ablaufenden Dolomitisierungsreaktionen<br />

<strong>zur</strong> Erkennung von Laugeneinflüssen ungeeignet. Es müssen grundsätzlich alle Parameter<br />

betrachtet werden, und im Hinblick auf das Verschlechterungs-Verbot, bzw. das<br />

Verbesserungs-Gebot <strong>der</strong> Wasserrahmenrichtlinie für Grundwässer, müssen entsprechende,<br />

wirksame Reinhalte-Maßnahmen eingeleitet werden. Die ständige Anpassung <strong>der</strong><br />

behördlichen Grenzwerte nach oben, bzw. die Verlegung von Probenahme-Tiefen in<br />

Messstellen in höhere Niveaus, wie sie bisher praktiziert wird, ist nicht akzeptabel.<br />

Soweit die Gemeinde Gerstungen an einem Erhalt ihres in Eigenbetrieb geführten<br />

Wasserwerkes festhalten will, muss daher aus gutachtlicher Sicht dazu geraten werden, auch<br />

weiterhin auf eine völlige und sofortige Einstellung <strong>der</strong> Laugenversenkung im Bereich <strong>der</strong><br />

<strong>Gerstunger</strong> Mulde, aber auch im Versenkgebiet Kleinensee, zu bestehen. Nur so kann eine<br />

eigene, nachhaltige Wasserversorgung gesichert und das Eintreten eines<br />

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Versorgungsnotstandes abgewendet werden. Das Gleiche gilt sinngemäß für den Schutz<br />

bestehen<strong>der</strong> Rohrleitungen und Bauwerke, sowie aus Gründen des Umweltschutzes.<br />

Sollte die Gemeinde Gerstungen eine Aufgabe ihres Wasserwerkes in Erwägung ziehen, wäre<br />

dafür zu sorgen, dass zuerst eine zuverlässige und gleichwertige Ersatz-Versorgung in Betrieb<br />

gestellt wird, bevor die Laugenversenkung weiter betrieben werden kann.<br />

Weiterhin wird dazu geraten, als Ersatz für den ausgefallenen Brunnen Kohlbach II einen<br />

(o<strong>der</strong> mehrere) Ersatzbrunnen zu bohren, damit die bestehenden Brunnen durch Drosselung<br />

<strong>der</strong> För<strong>der</strong>menge etwas entlastet werden können. Dies sollte dem Risiko einer künftigen<br />

<strong>Versalzung</strong> vorbeugen.<br />

Nachdem die Bedeutung des Versenkraumes bei Kleinensee auch für die <strong>Gerstunger</strong> Mulde<br />

erkannt ist, wäre eine Erweiterung <strong>der</strong> hier vorgelegten Studie nach Westen auf hessisches<br />

Gebiet sinnvoll und an<strong>zur</strong>aten.<br />

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