Skript „Angewandte Unternehmensführung“ - Liebegg
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Angewandte Unternehmensführung<br />
- Betriebsleiterschule 07/08 -
Inhaltsverzeichnis<br />
Unternehmensführung<br />
1. Das Unternehmen und seine Umwelt 4<br />
1.1 Betrieb und Unternehmen 4<br />
1.2 Wertkette (Value Chain) 6<br />
1.3 Umwelt des Unternehmens 7<br />
1.3.1 Die Anspruchsgruppen (Stakeholders) 7<br />
1.3.2 Die Umweltsphären 7<br />
2. Strategische Unternehmensführung 9<br />
2.1 Unternehmensführung 9<br />
2.2 Strategische Unternehmensführung 10<br />
2.3 Strategische und operative Führung 10<br />
2.4 Strategischer Problemlösungsprozess (Management-Zyklus) 11<br />
2.4.1 Informationsanalyse 12<br />
2.4.2 Strategieentwicklung 12<br />
2.4.3 Strategieumsetzung 13<br />
2.4.4 Strategisches Management als Prozess 13<br />
3. Schritt für Schritt zur Unternehmensstrategie 14<br />
3.1 Informationsanalyse 14<br />
3.1.1 Unternehmensanalyse (Schritt 1a) 14<br />
3.1.2 Umweltanalyse (Schritt 1b) 15<br />
3.1.3 SWOT-Analyse (Schritt 1c) 13<br />
3.1.4 Analyse-Instrumente 17<br />
Seite<br />
3.1.41 Wettbewerbsanalyse (Branchenanalyse) 17<br />
3.1.42 Portfolio-Analyse 18<br />
3.1.43 Gap-Analyse (Lückenanalyse) 20<br />
3.1.44 Benchmarking 21<br />
3.2 Vision - Leitbild - Ziele 22<br />
3.2.1 Vision (Schritt 2a) 22<br />
3.2.2 Leitbild 23<br />
3.2.3 Ziele (Schritt 2a) 24<br />
Seite 2 von 33
Unternehmensführung<br />
3.3 Strategieentwicklung 25<br />
3.3.1 Strategien (Schritt 3) 25<br />
3.3.11 Arten von Strategien 25<br />
3.3.12 Formulierung von Strategien 26<br />
3.3.13 Bewertung von Strategien 27<br />
3.4 Wahl der Strategie (Schritt 4) 29<br />
3.5 Strategieumsetzung (Schritt 5) 30<br />
3.6 Strategiekontrolle (Schritt 6) 31<br />
3.6.1 Strategische Kontrolle 32<br />
3.6.2 Operative Kontrolle 33<br />
Seite 3 von 33
1 Das Unternehmen und seine Umwelt<br />
1.1 Betrieb und Unternehmen<br />
Unternehmensführung<br />
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erzeugten die Betriebe vor allem materielle Produkte.<br />
Daneben gab es auch Handelsbetriebe, während der Dienstleistungssektor noch wenig entwickelt<br />
war. Die betriebswirtschaftlichen Überlegungen bezogen sich in dieser Zeit vorwiegend<br />
auf die wirtschaftliche Produktion der Güter und auf die Messung der Wirtschaftlichkeit<br />
der Produktionsprozesse.<br />
Erst später, als nicht mehr alle produzierten Güter schlank abgesetzt werden konnten, wurde<br />
die Bedeutung des Absatzes als ‚Leistungsverwertung’ offenkundig. Zunächst mehr als physische<br />
Funktion (Distribution) verstanden, wurde der Absatz zur Verkaufs- und Werbefunktion<br />
ausgeweitet. Später ist man zur Auffassung gelangt, dass die ganze Führung auf den Markt<br />
auszurichten sei. Damit war das moderne Marketing begründet. Nach wie vor galt das Interesse<br />
aber primär den operativen Tätigkeiten in den Betrieben. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
wurde die Bedeutung der Führungsaspekte (Unternehmenspolitik, Planung, Kontrolle)<br />
erkannt.<br />
Wenn wir von einem Betrieb sprechen, denken wir in erster Linie an die eigentliche Funktion<br />
der Produktion von Gütern und Dienstleistungen, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />
zu erfolgen hat. Demgegenüber umfasst ein Unternehmen alle Funktionen einschliesslich der<br />
Führung.<br />
Unternehmen sind marktwirtschaftlich handelnde Wirtschaftseinheiten, die:<br />
• wirtschaftlich und rechtlich selbständig sowie finanziell unabhängig sind;<br />
• freiwillig das Marktrisiko übernehmen;<br />
• nach Gewinn streben;<br />
• beim Verfolgen ökonomischer Ziele auch soziale und ökologische Erfordernisse<br />
berücksichtigen.<br />
Dabei kommt es nicht auf die Grösse und die Art des Betriebes an. Zu den Unternehmen gehören<br />
so unterschiedliche Wirtschaftseinheiten wie industrielle Grossunternehmen, Kleingewerbe,<br />
Landwirtschaftsbetriebe, Banken oder Versicherungen. In der Schweiz arbeiten zwei<br />
Drittel der Mitarbeitenden in Klein- und Mittelunternehmen (KMU), mit 1 bis 250 Beschäftigten.<br />
Seite 4 von 33
Tab. 1: Struktur KMU (Stand 2005)<br />
Tab. 2:<br />
Unternehmensführung<br />
Seite 5 von 33
1.2 Wertkette (Value Chain)<br />
Unternehmensführung<br />
Das Unternehmensgeschehen ist seit jeher aufgefasst worden als eine Folge von Tätigkeiten,<br />
durch welche Produkte oder Dienstleistungen produziert und zum Kunden gebracht werden.<br />
Im Zuge dieses Prozesses wird somit ein Wert für den Kunden ‚aufgebaut’. Es hat keinen<br />
Sinn, irgendetwas im Unternehmen zu tun, was nicht vom Kunden als Wert und als Nutzen<br />
empfunden wird.<br />
Abb. 1: Value Chain - Wertschöpfende Aktivitäten für den Kunden<br />
Die primären Aktivitäten sind jene Tätigkeiten, die den eigentlichen Produktionsprozess beschreiben,<br />
an dessen Ende das Produkt oder die Dienstleistung erzeugt und beim Kunden ist.<br />
Die einzelnen Aktivitäten sind:<br />
• die Eingangslogistik (Eingang, Lagerung, Verteilung von Betriebsmitteln);<br />
• die Operationen (Leistungserstellung/Produktion im engeren Sinn);<br />
• die Ausgangslogistik (Lagerung, Materialtransport, Anlieferung, Auftragsabwicklung);<br />
• das Marketing (Marketing-Mix);<br />
• den Kundendienst (Installation, Reparaturen, Ausbildung, Ersatzteillieferungen).<br />
Um den Produktionsprozess abzuwickeln, sind Kapazitäten (Arbeit, Finanzen, Infrastruktur)<br />
und Fähigkeiten (Know-how) erforderlich. Diese so genannten unterstützenden Aktivitäten<br />
gliedern sich wie folgt:<br />
• Infrastruktur (Infrastruktur des Unternehmens, Geschäftsführung, Finanzen usw.);<br />
• Personalwirtschaft (Rekrutierung, Einstellung, Aus- und Fortbildung);<br />
• Technologieentwicklung (Aktivitäten zur Produkt- und Verfahrensverbesserung);<br />
• Beschaffung (Einkauf der Produktionsmittel)<br />
Seite 6 von 33
1.3 Umwelt des Unternehmens<br />
Unternehmensführung<br />
Zwischen einem Unternehmen uns seiner Umwelt bestehen vielfältige Beziehungen. Das<br />
Unternehmen wird durch seine Umwelt ständig beeinflusst und umgekehrt prägt es auch<br />
seine Umgebung. Diese Beziehungen sind nicht statisch, sondern unterliegen einer ständigen<br />
Entwicklung. Es ist deshalb Aufgabe des Unternehmens, diese Beziehungen zu beobachten,<br />
Entwicklungen zu beurteilen und die Veränderungen in seinen Entscheidungen zu berücksichtigen.<br />
1.3.1 Die Anspruchsgruppen (Stakeholders)<br />
Die Umwelt des Unternehmens ist einmal dadurch gekennzeichnet, dass sie sich aus verschiedenen<br />
Gruppen zusammensetzt, mit deren Ansprüchen und Erwartungen sich das<br />
Unternehmen auseinanderzusetzen hat. Diese werden deshalb oft als Anspruchsgruppen<br />
oder Stakeholders bezeichnet. Stakeholders lassen sich in interne und externe Anspruchsgruppen<br />
unterteilen.<br />
• Als interne Anspruchsgruppen melden Eigentümer, Management und Mitarbeiter Forderungen<br />
an. Während die Eigentümer an der Einkommenserzielung oder an der Erhaltung<br />
und Wertsteigerung des investierten Kapitals interessiert sind, treten beim Management<br />
noch andere Ziele wie Macht, Einfluss, Prestige und die Möglichkeit der Entfaltung eigener<br />
Ideen und Fähigkeiten hinzu. Die Mitarbeiter haben Interesse an einem gesicherten Einkommen,<br />
an sinnvoller Betätigung, zwischenmenschlichen Kontakten, Anerkennung und<br />
Prestige.<br />
• Unter den externen Anspruchsgruppen nehmen die Kunden eine zentrale Rolle ein.<br />
Kunden wollen qualitativ und quantitativ akzeptable Produkte und Dienstleistungen zu<br />
günstigen Preisen. Hinzu treten vermehrt auch Forderungen wie eine umweltschonende<br />
Produktion, sichere Produkte sowie Produkt begleitender Service. Weitere wichtige<br />
Gruppen sind Konkurrenten, Kooperationspartner, Lieferanten und Geldgeber.<br />
Während die Kapitalgeber an einer sicheren Kapitalanlage und einer befriedigenden Verzinsung<br />
interessiert sind, wünschen sich Lieferanten stabile Liefermöglichkeiten, günstige<br />
Preise und eine gute Zahlungsmoral der Abnehmer. Konkurrierende Unternehmen erwarten<br />
die Einhaltung fairer Grundsätze und Spielregeln des Wettbewerbs und auch im<br />
bestimmten Umfang eine Bereitschaft zur Kooperation.<br />
Staat und Gesellschaft treten in vielfältiger Form auf: Lokale und nationale Behörden,<br />
internationale Organisationen, Verbände und politische Parteien oder auch nur die Bewohner<br />
in der unmittelbaren Nachbarschaft des Unternehmens. Ihre Ansprüche reichen von<br />
der Bezahlung von Steuern bis hin zur Erhaltung einer lebenswerten Umwelt.<br />
1.3.2 Die Umweltsphären<br />
Da heute Veränderungen gegenüber früher schneller und häufiger eintreten, muss eine<br />
Unternehmung die für sie bedeutsamen Entwicklungen in der Umwelt dauernd beobachten,<br />
damit sie sich rechtzeitig an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen kann. Dazu lässt<br />
sich das betriebliche Umfeld in verschiedene Bereiche oder Umweltsphären aufteilen.<br />
Seite 7 von 33
Unternehmensführung<br />
• Die ökonomische Umweltsphäre umfasst diejenigen Einflussfaktoren, die für die gesamte<br />
wirtschaftliche Entwicklung von Bedeutung sind und auf die relevanten Märkte eines<br />
Unternehmens ausstrahlen. Dazu gehören beispielsweise die Entwicklung des Bruttosozialproduktes,<br />
konjunkturbedingte Schwankungen des Gesamtwachstums, Zinssätze<br />
und Wechselkurse.<br />
• Im Zentrum der sozialen Umweltsphäre stehen die gesellschaftlichen Werte und Einstellungen<br />
sowie die demographische Entwicklung. Ein Beispiel für einen derartigen Wandel ist<br />
der Ökologisierungstrend, der Mitte der achtziger Jahre eingesetzt hat.<br />
• Die politisch-rechtliche Umweltsphäre beinhaltet diejenigen Einflussfaktoren, die durch<br />
die Aktivitäten des Staates vorgegeben werden und für das Unternehmen bindend sind.<br />
Solche Aktivitäten sind in erster Linie die nationale Gesetzgebung. Im Zuge der Internationalisierung<br />
und Globalisierung gewinnen aber internationale Abkommen und Verträge<br />
(WTO, bilaterale Verträge mit der EU) zunehmend an Bedeutung.<br />
• Die ökologische Umweltsphäre hat durch die zunehmende Diskussion ökologischer<br />
Forderungen immer mehr an Bedeutung gewonnen. Die Sensibilisierung der Gesellschaft<br />
für ökologische Themen bietet aber auch Chancen, indem beispielsweise die Entwicklung<br />
umweltverträglicher Produkte oder Produktionsverfahren wirtschaftlich interessant werden<br />
können.<br />
• Die Analyse der technologischen Umweltsphäre beinhaltet die Entwicklung bei den<br />
Produkt- und Verfahrenstechnologien, mit denen ein Unternehmen Schritt halten muss, um<br />
konkurrenzfähig zu bleiben.<br />
Abb. 2: Unternehmensmodell (nach Hans Ulrich, Uni St. Gallen)<br />
Seite 8 von 33
2 Strategische Unternehmensführung<br />
2.1 Unternehmensführung<br />
Unternehmensführung<br />
Führung ist dort notwendig, wo mehrere Personen mit einer gemeinsamen Aufgabe oder<br />
Problemlösung beauftragt sind. Sind nämlich mehrere Personen an einer Problemlösung beteiligt,<br />
so muss aus verschiedenen Gründen (z.B. Zielerreichung, Effizienzsteigerung, Lösen<br />
von Konflikten usw.) ihr Verhalten beeinflusst werden.<br />
Aufgabe der Unternehmensführung (Management) ist die effiziente Steuerung der Problemlösungen<br />
in einem Unternehmen. Der Führungsprozess lässt sich grundsätzlich in vier<br />
Phasen aufteilen.<br />
Abb. 3: Integriertes Management-Modell im Überblick<br />
• Planung: Die Aufgabe der Planung besteht in einem systematischen Vorgehen zur<br />
Problemerkennung und Problemlösung sowie zur Prognose der zu erzielenden Resultate.<br />
• Entscheidung: Eine von der Planung ausgearbeitete Handlungsvariante wird für gültig<br />
erklärt und es erfolgt die definitive Zuteilung der zur Verfügung stehenden Mittel.<br />
• Anordnung: Es handelt sich um die Übertragung von Aufgaben im Rahmen des Problemlösungsprozesses.<br />
Diese Funktion ist vor allem bei der Realisierung von geplanten Massnahmen<br />
von Bedeutung.<br />
• Kontrolle: Diese Funktion umfasst die Überwachung des gesamten Problemlösungsprozesses<br />
und die Kontrolle der dabei erzielten Resultate.<br />
Seite 9 von 33
Unternehmensführung<br />
Die Elemente Planung und Entscheidung dienen primär der Willensbildung, die Elemente<br />
Anordnung und Kontrolle der Willensdurchsetzung.<br />
2.2 Strategische Unternehmensführung<br />
Betrachtet man die Probleme, die zur Steuerung des Gesamtunternehmens erforderlich sind,<br />
spricht man vom strategischen oder unternehmenspolitischen Problemlösungsprozess, der<br />
als strategisches Management bezeichnet wird.<br />
Strategisches Management ist der Prozess, mit dem sich ein Unternehmen an die Veränderungen<br />
in seiner Umwelt anpasst. Führungskräfte müssen daher nicht nur die inneren Aktivitäten<br />
des Unternehmens lenken, sondern sich ebenso mit den Veränderungen in der Umwelt<br />
auseinandersetzen. Dies ist in den letzten Jahren zunehmend schwieriger geworden, da die<br />
Dynamik der Umwelt erheblich zugenommen hat. Während die wirtschaftliche Entwicklung<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg anfangs durch einen starken Nachfrageüberhang gekennzeichnet<br />
war, der weit über dem Leistungsangebot lag, also ein so genannter Verkäufermarkt<br />
vorherrschte, kam es in den folgenden Jahrzehnten v.a. durch rasche produktionstechnische<br />
Fortschritte und Liberalisierung der Märkte vermehrt zu Überangeboten und somit zu so genannten<br />
Käufermärkten. Dieser Wandel führte dazu, dass nicht mehr allein die Produktion und<br />
ihre effiziente Gestaltung im Mittelpunkt der unternehmerischen Denkweise standen, sondern<br />
der Absatz der erzeugten Produkte.<br />
Das Ziel der strategischen Unternehmensführung besteht darin, die Existenz des Unternehmens<br />
durch erfolgreiches Handeln langfristig zu sichern. Aus dieser Zielsetzung lassen<br />
sich zwei grundsätzliche Ausrichtungen ableiten:<br />
1. Ein Unternehmen kann nur überleben, wenn es von seinem gesellschaftlichen Umfeld<br />
akzeptiert wird (Kunden, Kapitalgeber, Lieferanten, Staat usw.). Es hat sich deshalb um<br />
Glaubwürdigkeit gegenüber seinen Anspruchsgruppen zu bemühen.<br />
2. Im marktwirtschaftlichen System kann ein Unternehmen nur bestehen, wenn es wirtschaftliche<br />
erfolgreich ist. Das strategische Denken und Handeln muss deshalb darauf<br />
ausgerichtet sein, strategische Erfolgspositionen (SEP) des eigenen Unternehmens zu<br />
erkennen, zu erarbeiten und auszunutzen. Unter einer strategischen Erfolgsposition versteht<br />
man solche Fähigkeiten, die es dem Unternehmen erlauben, im Vergleich zur<br />
Konkurrenz auch längerfristig überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen. Strategische<br />
Erfolgspositionen können in jedem unternehmerischen Bereich (Produktion, Kundenservice,<br />
Marketing usw.) aufgebaut werden.<br />
2.3 Strategische und operative Führung<br />
Die traditionelle Sichtweise unterscheidet strategisches und operatives Management meistens<br />
aufgrund des Zeithorizonts, der Wichtigkeit und des Detaillierungsgrades der Entscheide.<br />
‚Strategisch’ bezieht sich dabei auf grundlegende, langfristige, die Gesamterneuerung des<br />
Unternehmens betreffende Entscheide. ‚Operativ’ oder ‚taktisch’ hingegen bezeichnet vorwiegend<br />
mittel- oder kurzfristige Umsetzungsmassnahmen.<br />
Seite 10 von 33
Strategische und operative Führung können wie folgt unterschieden werden:<br />
Unternehmensführung<br />
• Strategische Führung: Die Schwerpunkte im strategischen Management bestehen im<br />
Aufbau, der Pflege und der Nutzung von strategischen Erfolgspositionen (‚Die richtigen<br />
Dinge tun.’)<br />
• Operative Führung: Bei den operativen Aktivitäten geht es darum, die Produkte und<br />
Dienstleistungen so effizient wie möglich zu erzeugen und zu vermarkten. Operative<br />
Aktivitäten zielen somit auf den kurzfristigen Erfolg (Gewinn, Liquidität) ab. (‚Die Dinge<br />
richtig tun.’)<br />
2.4 Strategischer Problemlösungsprozess (Management-Zyklus)<br />
Der strategische Problemlösungsprozess lässt sich in 6 Schritte unterteilen. Diese Schritte<br />
umfassen die drei Phasen Informationsanalyse, Strategienetwicklung und Strategieumsetzung.<br />
Abb. 4: Management-Zyklus<br />
Anordnung<br />
Operationelle<br />
. Planung<br />
. Realisierung<br />
. Controlling<br />
Entscheid<br />
Strategie auswählen<br />
Kontrolle<br />
der Ergebnisse<br />
Strategien<br />
formulieren<br />
und<br />
bewerten<br />
Analyse<br />
Unternehmens- Umfeld-<br />
Analyse Analyse<br />
Stärken Chancen<br />
Schwächen Gefahren<br />
Wertvorstellungen<br />
Vision<br />
Ziele<br />
Seite 11 von 33
2.4.1 Informationsanalyse<br />
Unternehmensführung<br />
Zu Beginn des strategischen Problemlösungsprozesses wird in einer Informationsanalyse der<br />
Ist-Zustand ermittelt. Diese Analyse schliesst folgende Bereiche ein:<br />
• Unternehmensanalyse: Die in dieser Analyse erarbeiteten Informationen sollen den<br />
gegenwärtigen Zustand des Unternehmens so objektiv wie möglich darstellen. Erst dann<br />
soll eine subjektive Beurteilung des Unternehmens in Form einer Stärke/Schwächen-<br />
Analyse erfolgen.<br />
• Umweltanalyse: Während bei der Unternehmensanalyse weitgehend auf relativ sichere<br />
Informationen abgestellt werden kann, geht es in der Umweltanalyse um die bedeutend<br />
anspruchsvollere Aufgabe, künftige Entwicklungen einer vielschichtigen Umwelt abzuschätzen<br />
und in ihrer Bedeutung für den eigenen Betrieb zu beurteilen. Aufgrund der voraussichtlichen<br />
Umweltentwicklungen erhält man eine umfassende Chancen/Gefahren-<br />
Analyse, die der in der Unternehmensanalyse herausgearbeiteten Stärken/Schwächen-<br />
Analyse gegenübergestellt werden muss.<br />
2.4.2 Strategieentwicklung<br />
Hat man das Unternehmen und die Umwelt analysiert, so erfolgt unter Berücksichtigung der<br />
vorhandenen Wertvorstelllungen eine Umschreibung der allgemeinen Grundsätze (Vision,<br />
Leitbild) des Unternehmens. Auf der Basis dieses Unternehmensleitbildes sowie der<br />
Stärken/Schwächen- und Chancen/Gefahren-Analyse können nun die konkreten Ziele sowie<br />
denkbare Strategien formuliert werden.<br />
Abb. 5: Arten von Grundstrategien<br />
Unternehmens-<br />
Unternehmensebene<br />
strategie<br />
Geschäftsbereichs-<br />
ebene<br />
Wachstums-<br />
Stabilisierungs-<br />
Schrumpfungsstrategie<br />
strategie strategie<br />
Kostenführer-<br />
strategie<br />
Geschäftsbereich-<br />
strategien<br />
Differenzierungs-<br />
strategie<br />
Nischen-<br />
strategie<br />
In einem weiteren Schritt gilt es, erfolgversprechende Strategien zu finden, mit denen die angestrebten<br />
Ziele erreicht werden können (Nutzwertanalyse).<br />
Seite 12 von 33
Unternehmensführung<br />
Das Hauptanliegen der Strategieentwicklung besteht darin, mögliche künftige Stossrichtungen<br />
(Strategien) des Unternehmens aufzuzeigen und eine Auswahl zwischen mehreren<br />
denkbaren Alternativen zu treffen.<br />
2.4.3 Strategieumsetzung<br />
Sobald die Strategie bestimmt ist, muss diese umgesetzt und realisiert werden. Dies ist<br />
zweifellos die anspruchsvollste Phase im Prozess des strategischen Managements. Viele<br />
erfolgversprechende Strategien scheitern, weil Fehler bei der Umsetzung gemacht werden.<br />
Während die Unternehmensstrategie mit einem Kompass zu vergleichen ist, geht es bei der<br />
Strategieumsetzung darum, eine Landkarte mit der genauen Marschrichtung zu entwickeln.<br />
Es gilt somit, konkrete Massnahmen und Aktionspläne für die Umsetzung der Strategie<br />
festzulegen.<br />
Am Schluss des strategischen Problemlösungsprozesses stehen die eigentlichen Resultate,<br />
die es zu überprüfen gilt. Sie geben Auskunft darüber, ob die Entwicklung und Durchsetzung<br />
der Strategie erfolgreich gewesen ist und die geplanten Ziele erreicht worden sind. Im Sinne<br />
einer Fortschrittskontrolle müssen auch die Teilergebnisse laufend beurteilt werden.<br />
2.4.4 Strategisches Management als Prozess<br />
Beim strategischen Management handelt es sich nicht um einen einmaligen Prozess. Vielmehr<br />
wird es nötig sein, aufgrund der erzielten Resultate oder infolge grundlegender Veränderungen<br />
in der Umwelt einen neuen Planungsprozess zu beginnen.<br />
In den letzten Jahren hat sich auch gezeigt, dass eine optimale Unternehmensführung nicht<br />
nur von einem klaren und zielgerichteten Konzept abhängt. So wurde nämlich deutlich, dass<br />
die Unternehmensstrategie ebenso von der Unternehmenskultur (d.h. den Werten und<br />
Normen, die sich im Unternehmen über die Jahre gebildet haben) sowie von der Unternehmensstruktur<br />
stark beeinflusst werden.<br />
Abb. 6: Strategie - Kultur - Struktur<br />
Umwelt<br />
Strategie<br />
Struktur Kultur<br />
Umwelt<br />
Umwelt<br />
Seite 13 von 33
3 Schritt für Schritt zur Unternehmensstrategie<br />
3.1 Informationsanalyse<br />
Unternehmensführung<br />
Ziel der Analyse der Ausgangssituation ist es, die entscheidenden Informationen für die<br />
Formulierung der Unternehmensstrategie zu gewinnen. Die Informationsanalyse umfasst<br />
einerseits das Unternehmen, andererseits auch dessen Umwelt. Dabei stellen sich folgende<br />
zwei Fragen:<br />
a. Welches sind die Stärken (Kernkompetenzen) und Schwächen des Betriebes?<br />
Dabei interessiert vor allem die Frage, wo strategische Erfolgspositionen vorhanden sind<br />
oder aufgebaut werden können.<br />
b. Welches sind die hauptsächlichen Chancen und Gefahren, die sich aus der voraussichtlichen<br />
Umweltentwicklung ergeben?<br />
Der Grundgedanke der Strategieplanung besteht darin, Umweltchancen durch Stärken des<br />
Unternehmens auszunutzen und Umweltrisiken durch Abbau von Unternehmensschwächen<br />
oder Aufbau neuer Stärken zu reduzieren.<br />
3.1.1 Unternehmensanalyse (Schritt 1a)<br />
In der Unternehmensanalyse sollen die Stärken und Schwächen des Unternehmens herausgearbeitet<br />
und beleuchtet werden. Aus der Analyse der bisherigen Entwicklung und der<br />
gegenwärtigen Situation lassen sich erste Handlungsempfehlungen für das Unternehmen<br />
ableiten.<br />
Im Vordergrund der Unternehmensanalyse stehen folgende Bereiche:<br />
• Familie und Personal: Ausbildung, Sozialkompetenz, Interessen und Fähigkeiten, Arbeitskapazitäten,<br />
Arbeitsbelastung usw.;<br />
• Produktion: Betriebsstruktur, Kapazitäten, Zustand der Investitionsgüter, Produktionsverfahren,<br />
Know-how usw.;<br />
• Finanzen: Bilanz, Erfolgsrechnung, Mittelflussrechnung, Investitionsbedarf usw.;<br />
• Umwelt und Ökologie: Ressourcenverbrauch, Gewässerschutz, Bodenschutz, Tierschutz,<br />
besonders ökologische Leistungen usw.;<br />
• Marketing: Teilmärkte und Produkte, Kundengruppen, Kommunikation usw..<br />
Schritt 1a: Wir richten den Blick zuerst nach innen. Wir analysieren die vorhandenen<br />
Produktionsfaktoren, die finanzielle Situation des Betriebes, die wirtschaftlichen<br />
Ergebnisse usw. Daraus schliessen wir auf die Stärken und Schwächen<br />
des Unternehmens.<br />
Wir notieren uns die drei wichtigsten Stärken und Schwächen.<br />
Seite 14 von 33
3.1.2 Umweltanalyse (Schritt 1b)<br />
Unternehmensführung<br />
In der Umweltanalyse wird versucht, die Entwicklungstendenzen in den nächsten fünf bis<br />
zehn Jahren zu erfassen. Ziel dieser Analyse ist es, Entwicklungstendenzen zu erkennen und<br />
daraus mögliche Chancen und Gefahren für das eigene Unternehmen abzuschätzen.<br />
Die Umwelt wird unterteilt in ein so genanntes Mikro-Umfeld und ein so genanntes Makro-<br />
Umfeld.<br />
Das Mikro-Umfeld umfasst folgende Bereiche:<br />
• die Verkehrslage<br />
• die Nebenerwerbsmöglichkeiten<br />
• die Kunden<br />
• die Lieferanten<br />
• die Konkurrenz oder Mitbewerber<br />
• die Kooperationspartner<br />
Das Makro-Umfeld umfasst die Situationen und Entwicklungstendenzen in folgenden Bereichen:<br />
• allgemeines Umfeld: Politik, Recht, Ökologie, Technologie, Gesamtwirtschaft, demographische<br />
Entwicklung, gesellschaftliche Werte und Einstellungen usw.;<br />
• Markt: Absatzmarkt (Trends), Beschaffungsmarkt, Arbeitsmarkt, Kapitalmarkt usw..<br />
• Branchenanalyse: Wirtschaftszweig als Ganzes<br />
Schritt 1b: Wir machen uns Gedanken, welche Erwartungen bzw. Forderungen die<br />
einzelnen Anspruchsgruppen (Stakeholders) an das Unternehmen haben.<br />
Ferner stellen wir uns die Frage, welche Auswirkungen von den einzelnen<br />
Umweltsphären (Makro-Umfeld) auf das Unternehmen zu erwarten sind.<br />
Wir notieren uns die drei wichtigsten Chancen und Gefahren.<br />
Seite 15 von 33
3.1.3 SWOT-Analyse (Schritt 1c)<br />
Unternehmensführung<br />
Die SWOT-Analyse (SWOT als Abkürzung für Strengths, Weaknesses, Opportunities,<br />
Threats) fasst die Kernpunkte der Informationsanalyse zusammen. Sie ist eine einfache und<br />
flexible Methode, um die Chancen und Gefahren mit den eigenen Stärken und Schwächen zu<br />
verbinden. Der SWOT-Analyse liegt die Annahme zugrunde, dass eine wirksame Strategie die<br />
Stärken und Chancen maximiert und die Schwächen und Gefahren minimiert.<br />
Die SWOT-Analyse wird in einer Matrix dargestellt. In den entsprechenden Zellen werden die<br />
hauptsächlichen Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren eingetragen.<br />
Abb. 7: SWOT-Matrix<br />
Unternehmensfaktoren<br />
Strengths (Stärken)<br />
1. Stärke<br />
2. Stärke<br />
3. Stärke<br />
4.<br />
Umweltfaktoren<br />
Weaknesses (Schwächen<br />
1. Schwäche<br />
2. Schwäche<br />
3. Schwäche<br />
4.<br />
Opportunities (Chancen) Threats (Gefahren)<br />
1. Chance 1. Gefahr<br />
2. Chance 2. Gefahr<br />
3.Chance 3. Gefahr<br />
4. 4.<br />
SO-Strategien<br />
nutzen die internen Stärken zur<br />
Realisierung<br />
(Idealfall).<br />
externer Chancen<br />
WO-Strategien<br />
zielen darauf ab, interne<br />
Schwächen abzubauen oder<br />
fehlende Stärken aufzubauen, um<br />
externe Chancen wahrzunehmen.<br />
ST-Strategien<br />
nutzen die internen Stärken, um<br />
externe Gefahren zu reduzieren<br />
oder zu umgehen.<br />
WT-Strategien<br />
zielen darauf ab, interne<br />
Schwächen abzubauen und<br />
gleichzeitig Gefahren zu vermeiden<br />
(kritische Situation).<br />
Der Zweck der SWOT-Analyse besteht darin, mögliche attraktive und realisierbare Strategien<br />
zu entwickeln. Sie stellt somit den fliessenden Übergang zur Strategieentwicklung dar. Der<br />
Wert der SWOT-Analyse liegt vor allem in der logischen Verbindung zwischen Unternehmens-<br />
und Umweltanalyse und in der Abhängigkeit der Strategiealternativen von diesen<br />
Verbindungen.<br />
Schritt 1c: Wir tragen in der SWOT-Matrix die hauptsächlichen Stärken und Schwächen,<br />
Chancen und Gefahren ein. Anschliessend suchen wir systematisch nach<br />
logischen ‚SWOT-Kombinationen’.<br />
Wir tragen die erhaltenen SWOT-Kombinationen in die vier Strategiefelder<br />
der Matrix ein.<br />
Seite 16 von 33
3.1.4 Analyse-Instrumente<br />
Unternehmensführung<br />
In der Praxis kommen verschiedene Methoden zur Analyse und Prognose der Unternehmens-<br />
und Umweltentwicklung zur Anwendung.<br />
3.1.41 Wettbewerbsanalyse (Branchenanalyse)<br />
Die Struktur einer Branche beeinflusst in starkem Masse sowohl die Spielregeln des Wettbewerbs<br />
als auch die Strategien, die einem Unternehmen zur Verfügung stehen. Grundsätzlich<br />
können fünf wesentliche Einflussfaktoren unterschieden werden, welche die Intensität des<br />
Wettbewerbs bestimmen.<br />
Abb. 8: Triebkräfte des Branchenwettbewerbs<br />
Die fünf Wettbewerbskräfte können wie folgt umschrieben werden:<br />
• Gefahr des Marktzutritts: Neue Marktteilnehmer erhöhen die Kapazität einer Branche.<br />
Sie haben einen Einfluss auf die Preis- und Kostenstruktur und damit auch auf die<br />
Rentabilität der Branche.<br />
Seite 17 von 33
Unternehmensführung<br />
• Rivalität unter den bestehenden Unternehmen: Das Verhalten eines Unternehmens hat<br />
immer auch Auswirkungen auf seine Konkurrenten. So lösen beispielsweise Preisänderungen,<br />
neue Produkte oder neue Absatzwege meistens entsprechende Reaktionen<br />
bei der Konkurrenz aus.<br />
• Druck durch Substitutionsprodukte: Alle Unternehmen einer Branche stehen in Konkurrenz<br />
mit Unternehmen (Branchen), die ein ähnliches Produkt herstellen. Die Gefahr einer<br />
Substitution ist dabei umso grösser, je mehr die Funktionen der jeweiligen Produkte übereinstimmen<br />
und je tiefer der Preis des Ersatzproduktes ist.<br />
• Verhandlungsstärke der Abnehmer: Einzelne Abnehmer beeinflussen den Wettbewerb,<br />
indem sie versuchen, die Preise hinunterzudrücken, eine bessere Qualität oder Leistung zu<br />
verlangen oder die Anbieter gegeneinander auszuspielen. Der Einfluss eines Abnehmers<br />
ist besonders hoch, wenn es nur relativ wenige Abnehmer und viele Anbieter gibt oder<br />
wenn die Produkte relativ leicht durch ähnliche Produkte ersetzt werden können.<br />
• Verhandlungsstärke der Lieferanten: Lieferanten können ihre Verhandlungsstärke ausspielen<br />
indem sie damit drohen, die Preise zu erhöhen oder die Qualität der Produkte zu<br />
senken. Ein Lieferant ist besonders stark, wenn es nur relativ wenig Lieferanten und viele<br />
Abnehmer gibt oder wenn seine Verkäufe nicht durch Ersatzprodukte streitig gemacht<br />
werden.<br />
3.1.42 Portfolio-Analyse<br />
Ausgangspunkt des Produkt-Portfolios ist das Modell des Produktlebenszyklus. Dieses besagt,<br />
dass der Lebenszyklus durch einen typischen Verlauf mit den fünf Phasen Einführung,<br />
Wachstum, Reife, Sättigung und Degeneration gekennzeichnet ist. Da Umsatz, Gewinn und<br />
Cashflow in den einzelnen Phasen sehr unterschiedlich ausfallen, wird ersichtlich, dass sich<br />
das Produkt-Portefeuille aus Produkten zusammensetzen muss, die sich in verschiedenen<br />
Phasen des Produktlebenszyklus befinden. Sonst läuft das Unternehmen Gefahr, dass es<br />
plötzlich nur noch nicht gewinnbringende, auslaufende Produkte führt, da es nicht rechtzeitig<br />
für neue, Erfolg versprechende Produkte gesorgt hat.<br />
Zur Einordnung und Beurteilung der vorhandenen oder künftigen Geschäftstätigkeiten bzw.<br />
Produkte können folgende zwei Kriterien herangezogen werden:<br />
• Relativer Marktanteil: Eigener Marktanteil im Verhältnis zum Marktanteil des schärfsten<br />
Konkurrenten.<br />
• Zukünftiges Marktwachstum<br />
Diese beiden Kriterien bilden die Grundlage für das so genannte Marktwachstums-/<br />
Marktanteils-Portfolio. Aufgrund dieser Matrix ergeben sich vier Portfolio-Kategorien, aus<br />
denen mögliche strategische Verhaltensweisen abgeleitet werden können.<br />
• ‚Stars’: Diese Produkte befinden sich in einem Markt mit einem hohen Marktwachstum.<br />
Das Unternehmen hat zwar einen hohen Marktanteil, doch muss es zu dessen Verteidigung<br />
weiterhin stark investieren.<br />
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Abb. 9: Marktwachstums-/Marktanteils-Matrix<br />
Unternehmensführung<br />
• ‚Cash Cows’: Bei diesen Produkten sorgt ein hoher Marktanteil mit niedrigem Marktwachstum<br />
dafür, dass das Unternehmen seine Kostenvorteile voll ausschöpfen kann. Mit<br />
den hohen Einnahmen können die übrigen Geschäftsbereiche finanziert werden.<br />
• ‚Dogs’: Es handelt sich um Problemprodukte, die aufgrund ihres niedrigen Marktanteils<br />
eine schwache Wettbewerbsstellung besitzen. Sie bringen keinen Beitrag zum Cashflow,<br />
binden aber selbst Ressourcen, deren Einsatz fragwürdig ist.<br />
• ‚Questions Marks: Am schwierigsten ist eine Beurteilung der so genannten Nachwuchsprodukte.<br />
Sie sind mit einem Fragezeichen zu versehen, weil sie<br />
a. hoffnungsvolle Produkte sind, die gefördert werden müssen, oder<br />
b. Produkte darstellen, die wegen zu tiefem Marktanteil aus dem Markt gezogen werden<br />
müssen.<br />
Ziel der Produkt-Portfolio-Analyse ist es, die vorhandenen oder potenziellen Ressourcen in<br />
solche Bereiche zu lenken, in denen die Marktaussichten besonders vorteilhaft sind und in<br />
denen das Unternehmen seine Stärken ausnutzen kann.<br />
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3.1.43 Gap-Analyse (Lückenanalyse)<br />
Unternehmensführung<br />
Die Gap-Analyse zeigt durch Gegenüberstellung der erwarteten Prognosewerte (z.B. in Bezug<br />
auf Umsatz, Cashflow, Gewinn) bei Fortführung der bisherigen Strategie einerseits und der<br />
geplanten Zielwerte (Soll-Werte) andererseits eine sich mit den Jahren vergrössernde<br />
Abweichung, d.h. eine Ziellücke.<br />
Abb. 10: Gap-Analyse<br />
Es gilt, die Ursachen für das Auftreten der Ziellücken zu analysieren und entsprechende<br />
Gegenmassnahmen einzuleiten. Dabei kann zwischen zwei Arten von Massnahmen unterschieden<br />
werden:<br />
• Strategische Massnahmen: Entwicklung neuer Strategien, Produktinnovationen,<br />
Differenzierung gegenüber der Konkurrenz usw.<br />
• Operative Massnahmen: Verstärkter und gezielter Einsatz der verschiedenen Marketing-<br />
Instrumente, Rationalisierungsmassnahmen usw.<br />
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3.1.44 Benchmarking<br />
Unternehmensführung<br />
Beim Benchmarking misst ein Unternehmen seine Leistung (Produkt, Dienstleistung) systematisch<br />
an demjenigen, der diese Leistung am besten erbringt. Unterschieden wird zwischen:<br />
• Internem Benchmarking: Vergleichspartner stammt aus dem gleichen Betrieb.<br />
• Wettbewerbsorientiertes Benchmarking: Vergleichspartner stammt aus der gleichen<br />
Branche.<br />
• Funktionales Benchmarking: Vergleichspartner stammt aus einer fremden Branche.<br />
Neben dem Aufdecken von Schwachstellen und deren Ursachen liegt der Hauptvorteil von<br />
Benchmarking darin begründet, dass hohe Ziele gesetzt werden können, die in der bestehenden<br />
Wettbewerbssituation auch zu erreichen sind.<br />
Seite 21 von 33
3.2 Vision - Leitbild - Ziele<br />
Unternehmensführung<br />
Praktiken und Strategien eines Unternehmens verändern sich dauernd und passen sich den<br />
Umweltbedingungen an. Die Sinngebung oder die Philosophie des Unternehmens und die<br />
damit verbundenen Werte, ausgedrückt als Vision, sollen hingegen einen viel längeren Zeitraum<br />
überdauern. Zahlreiche Beispiele aus der Praxis belegen, dass strategische Planung<br />
besonders tragfähig ist, wenn sie auf einer gemeinsam entwickelten Vision basiert. Eine<br />
Vision dient als Leitplanke für die Formulierung und Umsetzung einer Strategie.<br />
3.2.1 Vision (Schritt 2a)<br />
Eine Mission und/oder Vision sind nützliche Leitplanken für die Strategieformulierung. Sie<br />
geben in der Regel Antwort auf die Fragen: ‚Wer sind wir? Was tun wir? Wohin steuern wir?’<br />
Sie sagen ferner etwas aus über den Nutzen, den unser Unternehmen den verschiedenen<br />
Anspruchsgruppen (Eigentümer, Mitarbeitende, Umwelt, Kunden, Lieferanten usw.) stiftet.<br />
Unter einer Mission wird normalerweise die allgemeingültige Umschreibung des Geschäftszweckes<br />
verstanden. Eine Mission sollte mit den Wertvorstellungen und Erwartungen der<br />
wichtigsten Stakeholders übereinstimmen und die Grenzen der Geschäftstätigkeit abstecken.<br />
Demgegenüber hält die Vision einen zukünftig erwünschten Zustand des Unternehmens fest<br />
und formuliert einen Anspruch, auf den die im Unternehmen vorhandenen Kräfte ausgerichtet<br />
werden sollen (‚Focus’).<br />
‚Visionen sind wie Sterne: Beide sind unerreichbar, aber sie weisen uns den Weg.’ – Eine<br />
Vision soll der Arbeit einen langfristigen und übergeordneten Sinn geben. Sie muss gleichzeitig<br />
auf einer starken eigenen Überzeugung und andererseits auf der Realisierbarkeit beruhen.<br />
In der Praxis finden wir zahlreiche Beispiele erfolgreicher Unternehmensvisionen.<br />
Steve Jobs, der Gründer von Apple Computers, machte ‚den Computer für alle’ zur Vision<br />
seines Unternehmens. ‚Ein Auto für jedermann’ war Henry Fords Vision, die der Entwicklung<br />
und Vermarktung der preisgünstigsten Model T zugrunde lag. Der Gründer der Migros,<br />
Gottlieb Duttweiler, verfolgte die Vision, die Lebensmittelversorgung zu verbessern und damit<br />
den armen Bevölkerungsschichten zu helfen.<br />
Schritt 2a: Eine wirksame Unternehmensvision orientiert sich an den Erwartungen der<br />
Stakeholders und versucht, ein optimales und harmonisches Gleichgewicht<br />
zwischen allen wesentlichen Anspruchsgruppen herzustellen.<br />
Wir formulieren in einem Satz das Idealbild (Vision) unseres Betriebes.<br />
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3.2.2 Leitbild<br />
Unternehmensführung<br />
Die Vision soll allen Mitarbeitenden bekannt sein. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für die<br />
Umsetzung. In der Praxis ist es hilfreich, die Vision in einem Leitbild schriftlich festzuhalten.<br />
Bezüglich Inhalt und Umfang eines Unternehmensleitbildes bestehen wenig einschränkende<br />
Vorgaben. Das Leitbild soll Antworten geben auf die Fragen: ‚Wer sind wir? Was machen wir?<br />
Wozu machen wir es? Wie machen wir es?’ Im Wesentlichen enthält es folgende Elemente:<br />
• Strategische Mission (Unternehmenszweck, Nutzenstiftung für die Anspruchsgruppen);<br />
• Grundwerte (z.B. allgemeine Handlungsleitlinien, Verhaltensgrundsätze bezüglich Führung,<br />
Kooperation, Partizipation, Innovation);<br />
• Strategische Intension (Ziel);<br />
• Grundstrategien (z.B. Tätigkeitsfeld, Markt- oder Kostenführerschaft);<br />
• Kernkompetenzen (besondere Fähigkeiten, strategische Erfolgspositionen);<br />
• Rahmenbedingungen (z.B. Organisationsstruktur, Managementsysteme).<br />
Die Praxis zeigt, dass weniger der Inhalt als vielmehr die Art und Weise der Entwicklung und<br />
Einführung den Wert eines Leitbildes ausmachen.<br />
Abb. 11: Vision und Leitbild als Leitplanke unternehmerischer Aktivitäten<br />
Seite 23 von 33
3.2.3 Ziele (Schritt 2b)<br />
Unternehmensführung<br />
Ziele dienen dazu, die Zukunftsvorstellungen des Unternehmers besser zu erkennen. Nur wer<br />
sich über seine Ziele im Klaren ist, kann bewusst entscheiden.<br />
Bei Zielformulierungen empfiehlt sich folgendes Vorgehen:<br />
• Ziele schriftlich festhalten;<br />
• Ziele positiv formulieren (Das will ich erreichen; so soll es sein);<br />
• Ziele konkret formulieren, damit sie messbar sind;<br />
• Teilziele festlegen (Meilensteine setzen);<br />
• Frist setzen (Zeitpunkt ist so wichtig wie der Inhalt).<br />
Abb. 12: Beispiel ‚Baer Zielkurs’<br />
Schritt 2b: Ziele dienen dazu, die Zukunftsvorstellungen des Unternehmers und seiner<br />
Familie besser zu erkennen.<br />
Wir formulieren unsere persönlichen und betrieblichen Ziele für die<br />
nächsten fünf bis zehn Jahre. Nachdem wir einen Zielkatalog festgelegt<br />
haben, nehmen wir eine Gewichtung der einzelnen Ziele vor.<br />
Seite 24 von 33
3.3 Strategieentwicklung<br />
Unternehmensführung<br />
Während die Vision das Ziel (das ‚Was?’ und ‚Warum?’ vorgibt, geht es bei der Strategieformulierung<br />
mehr um den Weg (das ‚Wie?’. Bei der Festlegung der Unternehmensstrategie<br />
sollte von einer Variantenplanung ausgegangen werden. Basierend auf der Informationsanalyse<br />
(SWOT-Analyse) sind Leidideen zu formulieren und mögliche Stossrichtungen aufzuzeigen.<br />
Darauf aufbauend können mehrere Strategievarianten ausgearbeitet werden, die nach<br />
bestimmten Kriterien (Einkommen, Cashflow, Risiko, Arbeitsbelastung usw.) bewertet werden.<br />
Anschliessend wird die beste Variante ausgewählt und definitiv festgelegt.<br />
3.3.1 Strategien (Schritt 3)<br />
Die Strategie zeigt eine realistische Marschrichtung des Unternehmens auf. Sie gibt an, auf<br />
welche Tätigkeit(en) sich das Unternehmen konzentrieren soll. Eine erfolgreiche Strategie<br />
erlaubt dem Unternehmen, im Vergleich mit seinen Konkurrenten auch langfristig überdurchschnittliche<br />
Ergebnisse zu erzielen. Erfolg versprechende Strategien haben deshalb auf<br />
folgenden Erkenntnissen anknüpfen:<br />
• Besondere Fähigkeiten und Stärken, die noch nicht genügend ausgenützt sind.<br />
• Besondere Schwächen, deren Elimination für den künftigen Erfolg bedeutsam sind.<br />
• Besondere Chancen in der Umwelt, die genutzt werden können.<br />
• Besondere Gefahren in der Umwelt, denen begegnet werden muss.<br />
Auch wenn sich aufgrund der Umwelt- und Unternehmensanalyse eine Strategie aufzudrängen<br />
schein, ist es sinnvoll, mehrere Strategievarianten zu entwickeln und zu bewerten.<br />
Damit erhöhen wir die Akzeptanz für die gewählte Strategie und verhindern, dass interessante<br />
Strategiealternativen übersehen werden.<br />
3.3.11 Arten von Strategien<br />
Unternehmensbezogene Strategien können grundsätzlich auf Wachstum, Stabilisierung<br />
oder Schrumpfung eingestellt sein.<br />
Als strategische Gründe für ein Betriebswachstum gelten vor allem mögliche Kosteneinsparungen<br />
(Economies of Scale) und der Vorteil, am Markt billiger anbieten zu können.<br />
Neben diesem Argument spielt auch die Leistungsfähigkeit gegenüber den Marktpartnern<br />
eine wichtige Rolle. Unbestritten ist, dass in vielen landwirtschaftlichen Unternehmen<br />
Wachstum notwendig ist, um langfristig das Einkommensniveau erhalten und kostengünstig<br />
produzieren zu können. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob mit der<br />
Wachstumsstrategie die strategischen Möglichkeiten für Betriebe erschöpft sind oder ob es<br />
bei steigendem Wettbewerbsdruck auch andere Alternativen gibt, Wettbewerbsvorteile<br />
gegenüber der Konkurrenz aufzubauen. Eine Möglichkeit dazu ist die zwischenbetriebliche<br />
Kooperation. Mittels Zusammenarbeit ist es möglich, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen<br />
ohne - meist hohe - Investitionen für einzelbetriebliches Wachstum tätigen zu müssen.<br />
Seite 25 von 33
Unternehmensführung<br />
Obwohl viele landwirtschaftliche Unternehmen zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit<br />
betriebliches Wachstum anstreben, kann der entgegengesetzte Vorgang, nämlich<br />
Schrumpfung, unter Umständen eine passende oder sogar unausweichliche Massnahme<br />
sein.<br />
Wettbewerbsstrategien auf der Geschäftsbereichsebene (Betriebszweige) zielen darauf ab,<br />
eine starke Position innerhalb des (Teil-)marktes zu erhalten. Profitable Wettbewerbspositionen<br />
können sich ergeben durch:<br />
• Kostenführerschaft: Diese Strategie beruht darauf, einen umfassenden Kostenvorsprung<br />
innerhalb einer Branche durch eine Reihe von Massnahmen zu erreichen (effiziente<br />
Grösse, konsequentes Kostenmanagement, Abbau von Kleinkunden usw.).<br />
• Differenzierung: Die Differenzierungsstrategie besteht darin, ein Produkt oder eine Dienstleistung<br />
von denjenigen der Konkurrenzunternehmen abzuheben und eine Produktsituation<br />
zu schaffen, die in der ganzen Branche als einzigartig angesehen wird. Damit kann sich ein<br />
Unternehmen gegen Preissenkungen der Konkurrenz abschirmen. Ansätze dazu sind:<br />
Markenname (Brand), gutes Design, hervorragender Kundendienst, gut ausgebautes<br />
Händlernetz usw..<br />
• Nischenstrategie: Diese Strategie besteht darin, dass ein Unternehmen sich auf Marktnischen<br />
konzentriert. Die Differenzierung kann nach Kundengruppen, Produkten oder<br />
geographischen Märkten erfolgen.<br />
Abb. 13: Unternehmensstrategien<br />
Gesamtmarkt Kostenführerschaft<br />
auf dem Gesamtmarkt<br />
Wettbewerbs-<br />
Breite Nischenstrategie<br />
Teilmarkt<br />
3.3.12 Formulierung von Strategien<br />
Kostenführerschaft<br />
auf einem Teilmarkt<br />
Differenzierung<br />
auf dem Gesamtmarkt<br />
Differenzierung<br />
auf einem Teilmarkt<br />
Kostenvorteile Differenzierungsvorteile<br />
Wettbewerbsvorteile<br />
Die Unternehmensstrategie ist ein mittel- bis langfristiger Bauplan, welcher sicherstellt, dass<br />
sich das Unternehmen in den kommenden Jahren auf die zentralen Ziele, Aktivitäten und<br />
Meilensteine (Umsetzungsschritte) konzentriert. Die Strategie stellt somit den Rahmen für<br />
die untergeordneten Konzepte, Pläne und Budgets dar.<br />
Seite 26 von 33
Unternehmensführung<br />
Eine Grundstrategie enthält auf wenigen Seiten in verständlicher, präziser und konkreter<br />
Form Grundsätze zu folgenden Bereichen:<br />
• Vision und strategische Erfolgspositionen (SEP)<br />
• Prioritäten bezüglich geographische Märkte, Teilmärkte (Produkte und Dienstleistungen)<br />
und Marktpartner<br />
• Umsatz- und Einkommensziele für die nächsten fünf Jahre bezüglich Produktgruppen<br />
und Marktpartner<br />
• Grundsätze zu folgenden Unternehmensprozessen: Marketing (Qualitätsniveau, Preispolitik,<br />
Kommunikation, Vertrieb usw.), Produktion, Kooperationen, Personal (Führung,<br />
Mitarbeiterplanung, Weiterbildung, Löhne), Innovation, Finanzierung (Eigenkapital,<br />
Fremdkapital, Investitionen), Risiko, Controlling, Qualitätssicherung usw.)<br />
• Zeitliche Fixpunkte (Meilensteine)<br />
Bei der Erarbeitung einer Unternehmensstrategie ist unbedingt zu beachten, dass die Aussagen<br />
nicht vage und allgemein wie in einer Vision oder in einem Leitbild gehalten werden.<br />
Zudem muss sichergestellt werden, dass es keine Widersprüche zu vorangehenden Entscheiden<br />
und innerhalb der Strategie gibt.<br />
3.3.13 Bewertung der Strategien<br />
Um eine Strategievariante auswählen zu können, müssen die Alternativen anhand von<br />
Kriterien, die unsere Ziel- und Wertvorstellungen widerspiegeln, bewertet werden. Die<br />
Bewertung der betriebswirtschaftlichen Grössen ist oftmals mit Unsicherheiten verbunden.<br />
Diese resultieren einerseits aus den unsicheren Prognosewerten, andererseits aber auch auf<br />
der Planungsmethode (Planung aufgrund von Mittelwerten und Normdaten).<br />
Bei der Bewertung der Strategien können Planungsunsicherheiten auf verschiedene Weise<br />
berücksichtigt werden.<br />
• Risikozuschläge: Bei der Verwendung von Risikozuschlägen können Unsicherheiten bei<br />
den Erträgen (Naturalerträge, Preise) und Kosten berücksichtigt werden, indem von den<br />
Mittelwerten (= Erfahrungswerten) Zuschläge oder Abzüge gemacht werden. Solche Zuschläge<br />
und Abzüge können als eigentliche Sicherheitsmarge betrachtet werden.<br />
• Kritische Werte (Sensitivitätsanalyse): Kritische Werte (z.B. Break Even Point) sind<br />
solche, bei denen die Vorzüglichkeit einer Variante gerade umschlägt. Diese Werte sind<br />
vor allem für die unsicheren, erfolgsrelevanten Grössen zu bestimmen. Ausgehend von<br />
einer ‚Basisvariante’ wird geprüft, wie stark einzelne Werte variieren dürfen ohne dass die<br />
Beurteilung der Variante ändert, d.h. ohne dass andere Varianten vorteilhafter werden. Das<br />
Verfahren zur Ermittlung kritischer Werte wird auch als Sensitivitätsanalyse bezeichnet.<br />
Seite 27 von 33
Unternehmensführung<br />
• Szenarienanalyse: Bei der Szenarienanalyse stellt man einer Durchschnittsbetrachtung<br />
normalerweise eine Worst-Case- und eine Best-Case-Analyse gegenüber. Dieses Vorgehen<br />
bietet sich an, wenn wenige, aber entscheidende Änderungen im Umfeld des<br />
Unternehmens (z.B. Fortführung oder Wegfall der Milchkontingentierung) zur Diskussion<br />
stehen.<br />
• Risikoanalyse: Eine Risikoanalyse ergibt sich unmittelbar aus der oben beschriebenen<br />
Szenarienanalyse, indem die Anzahl der betrachteten Szenarien erheblich erhöht wird.<br />
Im Bereich der Betriebsplanung in der Landwirtschaft stehen für die Bewertung der Strategien<br />
verschiedene Hilfsmittel zur Verfügung wie technische Pläne, Arbeitsvoranschlag,<br />
Betriebsvoranschlag mit Finanzplan, Teilbudget usw.<br />
Abb. 14: ‚Planung ersetzt den Zufall durch Irrtum’<br />
Schritt 3: Die Unternehmensstrategie fasst die wichtigsten strategischen Aussagen auf<br />
wenigen Seiten prägnant und leicht verständlich zusammen.<br />
Aus der SWOT-Analyse leiten wir Ideen für die künftige Betriebsentwicklung<br />
ab. Die so entstehende Liste von Einzelelementen verdichten wir<br />
anschliessend zu möglichen Strategien (Zukunftsvarianten).<br />
In einem zweiten Schritt bewerten wir die einzelnen Strategien anhand<br />
unserer Ziel- und Wertvorstellungen.<br />
Seite 28 von 33
3.4 Wahl der Strategie (Schritt 4)<br />
Unternehmensführung<br />
Neben betriebwirtschaftlichen und arbeitswirtschaftlichen Grössen müssen in der Regel bei<br />
der Strategieauswahl auch qualitative Aspekte (Selbständigkeit, Prestige, Arbeitserleichterung<br />
usw.) berücksichtigt werden. Ein effizientes und leicht anzuwendendes Instrument für solche<br />
Variantenentscheide ist die Nutzwertanalyse. Dabei werden alternative Lösungsmöglichkeiten<br />
systematisch gegeneinander abgewogen und nach den gleichen Kriterien bewertet.<br />
Abb. 15: Nutzwertanalyse<br />
Strategie A Strategie B<br />
Kriterien G E G x E E G x E<br />
1. Ziel / Messgrösse 5 4 20 3 15<br />
2. Ziel / Messgrösse 4 4 16 5 20<br />
3. Ziel / Messgrösse 3 5 15 3 9<br />
4. Ziel / Messgrösse 4 4 16 4 16<br />
Gesamtnutzwert 67 60<br />
G = Gewicht E = Erfüllungsgrad<br />
In einem ersten Schritt legen wir die Ziele/Bewertungskriterien fest und gewichten sie (z.B.<br />
auf einer Skale von eins bis fünf). Danach schätzen wir für jede Strategie den Grad der Zielerreichung<br />
ein (ebenfalls auf einer Skala). Diese Zahlen multiplizieren wir mit den entsprechenden<br />
Gewichtungsfaktoren. Die Summe der Resultate ergibt den Gesamtnutzwert<br />
der betreffenden Strategie.<br />
Die Nutzwertanalyse erlaubt es uns, jene Strategien herauszufiltern, die den persönlichen<br />
und betrieblichen Zielen am besten entsprechen. Gleichzeitig besteht aber auch die<br />
Möglichkeit, dass gewisse Strategievarianten ausscheiden, weil so genannte Minimal- oder<br />
Mussanforderungen nicht erfüllt werden können.<br />
Eine gewisse Vorsicht ist bei der Anwendung der Methode allerdings angebracht, denn mit<br />
der Wahl der Bewertungskriterien und der Gewichtungsfaktoren kann das Ergebnis erheblich<br />
beeinflusst und allenfalls auch manipuliert werden. Wir dürfen uns daher von der<br />
Scheingenauigkeit der Nutzwertanalyse nicht irreführen lassen.<br />
Schritt 4: Für eine Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile der Strategievarianten ist<br />
die so genannte Nutzwertanalyse geeignet<br />
Als Grundlage für die Nutzwertanalyse dienen die detaillierten Berechnungen<br />
und Beurteilungen der einzelnen Varianten. Gestützt auf diese<br />
Berechnungen fällen wir den definitiven Entscheid.<br />
Seite 29 von 33
3.5 Strategieumsetzung (Schritt 5)<br />
Unternehmensführung<br />
Bei der Umsetzung einer Strategie muss versucht werden, die gesetzten Ziele schrittweite zu<br />
erreichen. Die Vorgabe dieser Ziele ist Sache der Betriebsleiterfamilie. Sind die Ziele und<br />
Zwischenschritte (Meilensteine) einmal festgelegt, geht es darum, diese in Aktionspläne (=<br />
Massnahmenpläne) umzusetzen. Für komplexere Vorhaben kann es zweckmässig sein, den<br />
auf die Zielgrösse ausgerichteten Aktionsplan in verschiedene Einzelpläne oder Entwicklungsschritte<br />
zu zerlegen.<br />
Die Entwicklung von Aktionsplänen erfolgt wie folgt:<br />
a. Zerlegung der Aufgaben/Massnahmen in überblickbare Teilschritte.<br />
b. Ermittlung der einzelnen Tätigkeiten innerhalb des Teilschrittes und Schätzung des Zeitaufwandes.<br />
c. Festlegung der Reihenfolge und Terminierung der Teilschritte.<br />
d. Regelung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten.<br />
e. Festlegen von Kontrollpunkten (Meilensteinen).<br />
Die Reihenfolge der Teilschritte sowie der zeitliche Ablauf werden oftmals in einem Balkendiagramm<br />
dargestellt.<br />
Abb. 16: Balkendiagramm (Beispiel)<br />
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mär<br />
2007<br />
Planung Phase II<br />
Start Phase II<br />
2008<br />
Seite 30 von 33
Unternehmensführung<br />
Aktionsprogramme zur Umsetzung der Unternehmensstrategie weisen die gleichen typischen<br />
Kriterien auf wie ein Projekt (einmalig, risikobehaftet, zeitlich befristet und mit beschränkten<br />
Mitteln ausgestattet). Daher ist es nahe liegend, für die Umsetzung von Strategien auf die<br />
Methoden des Projektmanagements zurückzugreifen.<br />
Schritt 5: Bei umfangreichen oder langfristigen Projekten müssen Meilensteine definiert<br />
und vereinbart werden, damit die Umsetzung der Strategie nicht scheitert.<br />
Wir ermitteln die einzelnen Tätigkeiten zur Umsetzung, schätzen den<br />
Zeitaufwand und legen die Reihenfolge fest.<br />
Anschliessend machen wir uns Gedanken, wer für welche Aufgaben zuständig<br />
ist und überlegen uns, wo wir Meilensteine setzen wollen.<br />
Am Schluss zeichnen wir die Tätigkeiten in einem Diagramm auf.<br />
3.6 Strategiekontrolle (Schritt 6)<br />
Die Strategiekontrolle schliesst als letztes Element den Unternehmensführungszyklus ab.<br />
Dies bedeutet aber nicht, dass Kontrolle erst nach der Strategieumsetzung stattfindet. Umsetzung<br />
und Kontrolle verlaufen vielmehr parallel zueinander. Strategien sind ihrem Wesen<br />
nach zukunftsgerichtet. Sie stützen sich auf Annahmen über bevorstehende Umweltentwicklungen<br />
und zukünftige Ereignisse. Die Umsetzung einer Strategie kann oft mehrere Jahre<br />
dauern. Würde eine Kontrolle erst ganz am Schluss nach erfolgter Umsetzung durchgeführt,<br />
ergäbe sich keine Möglichkeit mehr für rechtzeitige Korrekturen.<br />
Strategiekontrolle erschöpft sich nicht nur in der Kontrolle der erzielten Resultate (Kontrolle),<br />
sondern schliesst die permanente Überwachung des Umsetzungsprozesses (Controlling) mit<br />
ein. Dadurch ermöglicht sie uns, frühzeitig, d.h. noch während der Strategieumsetzung,<br />
lenkend einzugreifen.<br />
Neben der laufenden Überwachung gilt es insbesondere folgende Bereiche periodisch zu<br />
überprüfen:<br />
• Prämissenkontrolle: Bei der Prämissenkontrolle setzen wir uns mit der Umweltentwicklung<br />
auseinander. Insbesondere gilt es zu überprüfen, ob die bei der Strategieentwicklung<br />
erkannten Trends sowie die gemachten Annahmen bezüglich des allgemeinen<br />
Umfeldes, des Marktes, der Branche und der Konkurrenz noch zutreffen.<br />
• Fortschrittskontrolle: Bei dieser Kontrolle untersuchen wir den Fortschritt der Strategieumsetzung<br />
in einem Soll-Ist-Vergleich. Grundsätzlich geht es darum, ob die gesteckten<br />
strategischen Ziele in qualitativer (SEP) und quantitativer Hinsicht (Umsätze, Marktanteile,<br />
Gewinn usw.) erreicht worden sind.<br />
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Abb. 17: Soll-Ist-Vergleich<br />
Differenz ‚Ist-Soll’<br />
Ursachen feststellen<br />
Korrekturmassnahmen erarbeiten<br />
geeignete Massnahmen auswählen<br />
Korrekturen vornehmen<br />
Unternehmensführung<br />
• Abweichungsanalyse: In dieser Analyse werden die Gründe für die festgestellten Soll-Ist-<br />
Abweichungen diskutiert. Wichtig ist dabei, dass nicht nur negative, sondern auch positive<br />
Abweichungen analysiert werden.<br />
Im nächsten Schritt müssen aufgrund der Ergebnisse dieser Strategieevaluation die entsprechenden<br />
Konsequenzen gezogen werden. Diese können sich auf sämtliche Elemente des<br />
strategischen Problemlösungsprozesses beziehen.<br />
Die Controlling-Aufgaben lassen sich in einen strategischen Bereich (Tun wir die richtigen<br />
Dinge?) und in einen operativen Bereich (Tun wir die Dinge richtig?) unterteilen. Viele Unternehmen<br />
setzen dazu eine so genannte Balanced Scorecard (BSC) ein, welche sowohl<br />
finanzielle als auch nicht finanzielle Kennzahlen umfasst.<br />
3.6.1 Strategische Kontrolle<br />
Die strategische Kontrolle hat den Aufbau und die Entwicklung künftiger Erfolgspotenziale<br />
zum Ziel. Auf diese Weise will das Unternehmen seine Wettbewerbsfähigkeit sowie das<br />
Überleben am Markt sichern. Das strategische Controlling soll die dafür benötigten Informationen<br />
stellen.<br />
Am besten können wir uns auf interne und externe Ereignisse und Entwicklungen einstellen,<br />
wenn wir versuchen, sie vorauszudenken. Es lohnt sich deshalb, bereits bei der Strategieentwicklung<br />
Indikatoren zur Früherkennung von Veränderungen zu bestimmen. Für die<br />
Auswahl dieser Indikatoren müssen wir uns klar werden, welche Sachverhalte einen entscheidenden<br />
Einfluss auf die gewählte Strategie ausüben können.<br />
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Unternehmensführung<br />
In der Praxis eines Landwirtschaftsbetriebes kann eine Vielzahl von Faktoren von strategischer<br />
Bedeutung sein (agrarpolitische Entscheidungen, technische Entwicklungen, Änderungen<br />
im Konsumverhalten, Tierseuchen, Tierschutz, internationale Handelsabkommen usw.).<br />
Dies bedingt, dass sich ein Unternehmen auf jene Faktoren (kritische Erfolgsfaktoren)<br />
konzentrieren muss, deren Veränderung das Unternehmen besonders gefährdet bzw. besondere<br />
Chancen für den Betrieb eröffnet. Die kritischen Erfolgsfaktoren eines Betriebes gehen<br />
meistens aus der Betriebsanalyse hervor und sind in den folgenden vier Bereichen zu<br />
beobachten:<br />
• Wettbewerbsstellung in der Branche: Betriebliche Voraussetzungen, die für den Erfolg<br />
wichtig sind (z.B. Qualität)<br />
• Branchenstruktur: Anzahl Konkurrenten in der Region (Direktvermarktung, Nischenprodukte,<br />
Lohnunternehmer usw.).<br />
• Branchenumfeld: Agrarpolitik (z.B. AP 2007), internationale Abkommen (z.B. WTO),<br />
gesetzliche Bestimmungen (z.B. Tierschutz, Gewässerschutz, Luftreinhalteverordnung)<br />
• Ausserordentliche Ereignisse (z.B. BSE)<br />
3.6.2 Operative Kontrolle<br />
Die operative Kontrolle ist kurzfristig angelegt und soll gewährleisten, dass die angestrebten<br />
Ziele effizient erreicht werden. Damit ist operatives Controlling weitgehend identisch mit Soll-<br />
Ist-Vergleichen im Hinblick auf die Verbesserung der laufenden Unternehmensaktivitäten.<br />
Das operative Controlling lässt sich in folgende Bereiche unterteilen:<br />
• Prozesscontrolling (Naturalerträge, Futterverwertung, Tageszunahmen, Qualitätsniveau<br />
usw.)<br />
• Markt- und Preiscontrolling (Preisentwicklung, Umsatzzahlen, Kundenstamm usw.)<br />
• Erfolgscontrolling (Deckungsbeiträge, Strukturkosten, Eigenkapitalbildung, Arbeits- und<br />
Flächenproduktivitäten usw.)<br />
• Liquidationscontrolling (Liquidationsplan und Finanzbudget für max. 12 Monate, Finanzplan<br />
für die nächsten 5 bis 10 Jahre)<br />
Schritt 6: Die Kontrolle setzt bereits mit der Umsetzung der Strategie ein. Sie hat die<br />
Aufgabe, anhand geeigneter Indikatoren den Erfolg der ausgewählten Unternehmensstrategie<br />
zu überprüfen.<br />
Wir legen für den strategischen und den operativen Bereich geeignete<br />
Indikatoren fest.<br />
Anhand eines Soll-Ist-Vergleichs überprüfen wir, ob die Ziele mit der<br />
ausgewählten Unternehmensstrategie erreicht werden oder nicht.<br />
Werden Abweichungen festgestellt, müssen wir geeignete Korrekturmassnahmen<br />
definieren und einleiten.<br />
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