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baff 1-2007.indd - Bayerisches Jugendrotkreuz

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möglich. So etwas machte Niko nicht.<br />

Sie steckte das Handy in die Jackentasche<br />

zurück und drückte den Klettverschluss zu.<br />

Blödsinn, dachte sie. „Totaler Quatsch“, sagte<br />

sie laut. Ganz sicher gab es eine Erklärung. Niko<br />

klaute doch keinem Mitschüler ein Handy! Er<br />

spazierte auch nicht quietschvergnügt in ein Geschäft<br />

und steckte einfach ein Handy ein!<br />

Und wenn doch? Vivi lehnte sich an die Fensterbank,<br />

auf der sich zusammengefaltete<br />

Handtücher, Geschirrtücher und Tischdecken<br />

stapelten, die nach der Wäsche noch nicht in die<br />

Schränke eingeräumt waren. In der Spüle stand<br />

das schmutzige Geschirr vom Frühstück und vom<br />

Mittagessen. Der Deckel des Abfalleimers stand<br />

offen, obenauf die abgegessenen grünen Melonenschalen.<br />

Auf dem Tisch lag der ausgeschnittene<br />

Teilnahmeschein für das Preisausschreiben,<br />

der Briefumschlag, die Schere, ein Kugelschreiber,<br />

die Reste der Cornflakespackung.<br />

Alles ganz normal.<br />

Aber über der Stuhllehne hing Nikos Jacke.<br />

Es war, als wäre in der Tasche rechts oben ein<br />

Magnet, der Vivis Blick automatisch anzog. Sie<br />

versuchte, woanders hinzuschauen, doch es ging<br />

nicht. Immer wieder ertappte sie sich, wie sie auf<br />

die Tasche mit dem Klettverschluss starrte.<br />

Niko aus dem Bad zurückkam, drehte Vivi rasch<br />

um und schaute aus dem Fenster. „Is was?“, fragte<br />

Niko. Sie schüttelte den Kopf. Wenn das Handy<br />

jetzt klingelte, müsste Niko alles sagen. Ohne es<br />

zu sehen, merkte Vivi, wie Niko die Jacke vom<br />

Stuhl nahm, hastig, als hätte er vergessen, was<br />

für ein Geheimnis in ihr versteckt war.<br />

„Ich geh gleich nochmal weg“, sagte Niko.<br />

„Marlene?“, entfuhr es Vivi wie auf ein Signal.<br />

Mist, dachte sie und biss sich auf die Lippe. Niko<br />

zog seine Jacke an. „Was hast du bloß immer mit<br />

deiner Marlene?“, gab er gereizt zurück. „Meine<br />

Marlene?“ Vivi drehte sich um. „Ich kenne doch<br />

überhaupt keine Marlene.“ Jetzt konnte sie ihn<br />

fragen, woher er das Handy und die vielen Süßigkeiten<br />

hatte. Jetzt könnte sie ihm auf den Kopf<br />

zusagen, dass es vermutlich gar keine Marlene<br />

gab. Dass er sie nur erfunden hatte, um zu vertuschen,<br />

dass er ...<br />

Irgendetwas in Vivi weigerte sich nach wie vor,<br />

den Satz zu Ende zu denken. Stattdessen fragte<br />

sie wie beiläufig: „Ist sie neu in deiner Klasse?“<br />

„Marlene? In meiner Klasse?“ Niko fing an zu<br />

lachen. „Du tickst doch nicht richtig!“ Er zeigte Vivi<br />

einen Vogel und ging aus der Küche. „Und außerdem<br />

geht dich das überhaupt nichts an. Bist noch<br />

viel zu klein dafür.“<br />

„Warte mal!“, rief Vivi ihm nach. Sie war sauer,<br />

dass sie sich immer noch nicht getraut hatte, ihn<br />

ganz offen zu fragen. Und außerdem war sie sauer,<br />

weil er sie behandelte wie ein Baby. „Nimmt<br />

deine Marlene, oder wie sie heißt, auch Bestellungen<br />

an?“ Richtig boshaft klang ihre Frage und so<br />

war sie auch gemeint. „Dann hätte ich heute gern<br />

zur Abwechslung mal eine Tüte Chips“, fuhr Vivi<br />

fort, „aber nur die scharfen mit Peperoniwürze.“<br />

Niko verzog genervt das Gesicht, nahm den<br />

Schlüssel vom Haken und knallte die Wohnungstür<br />

hinter sich zu. „Nervensäge“, hörte Vivi ihn<br />

draußen rufen.<br />

Fortsetzung folgt..<br />

22 |<br />

Regina Busch:<br />

Die paar Kröten<br />

Omnibus / C. Bertelsmann<br />

Jugendbuch Verlag,<br />

München, 2003,<br />

ISBN: 3-570-12763-X<br />

bäffchen | 22

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