PDF-Download - LOUISe Magazin Bad Homburg
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S t a d t g e S p r ä c h<br />
Bis Marco Polo um die Welt reiste. Er soll<br />
das Geheimnis der Eiscreme Ende des 13. Jahrhunderts<br />
aus China mitgebracht haben. Von Venedig aus trat die<br />
leckere Speise ihren Siegeszug erst durch Italien, dann<br />
durch Europa an. Als Katharina von Medici 1533 in<br />
Paris ihren Heinrich heiratete, waren die Eisspeisen<br />
ihres Leibkochs der absolute Renner. Der Gatte ihrer<br />
Enkelin Henrietta, Karl I. von England, drohte dem Eiskonditor<br />
seiner Frau sogar die Todesstrafe an, sollte er<br />
seine Eisrezepte verraten. Speiseeis war über Jahrhunderte<br />
ein Luxusartikel, den sich nur die Reichen leisten<br />
konnten. Ein Schelm, wer sich dabei denkt, dass wir bei<br />
jetzt schon 90 Cent bis einem Euro pro Kugel einmal<br />
Ähnliches wieder erleben könnten …<br />
Nein, nein, ein herrliches Eis in der Waffel<br />
oder, wenn’s denn mehr sein soll, im Pappbecher wird<br />
uns mit Sicherheit weiter ein Vergnügen bleiben können.<br />
Diese Art, Eis zu essen, haben die Italiener ebenfalls<br />
mitgebracht. Im 18., 19. Jahrhundert entdeckten sie<br />
den Eisverkauf als Einnahmequelle und wanderten nach<br />
Frankreich und England aus, dann nach Österreich-<br />
Ungarn und von dort nach Deutschland. Erst boten sie<br />
die Eiscreme an fahrbaren Ständen an, später richteten<br />
sie die „Eisdielen“ ein: in Wohnungen im Erdgeschoss.<br />
Das Fenster war die „Theke“ und damit die Kunden heran-<br />
reichen konnten, wurden Treppen vorgebaut – aus<br />
Dielen. Die meisten „Gelatieri“ stammten aus den Dolomiten<br />
und ihrem Vorland, dem neuzeitlichen Zentrum<br />
der Speiseeisherstellung.<br />
Guistino de Pellegrin ließ sich 1952 in <strong>Bad</strong> <strong>Homburg</strong><br />
nieder. Er übernahm die Eisdiele im Haus Louisenstraße<br />
Nr. 9, die das Ehepaar Buchner bereits seit Mitte<br />
der 30er Jahre betrieben hatte. Jetzt hatte auch <strong>Bad</strong> <strong>Homburg</strong><br />
endlich die erste italienische Eisdiele! Nur wenige<br />
Jahre später eröffnete der junge Mann eine zweite gegenüber<br />
dem Kurhaus. „Treffen wir uns beim Pellegrin“, wurde<br />
schnell zum geflügelten Wort. Selbst Rockstar Elvis<br />
Presley liebte die eisigen Versuchungen des <strong>Bad</strong> <strong>Homburg</strong>er<br />
Italieners. Im Sommer 1959 kam er des Öfteren<br />
von Friedberg bzw. <strong>Bad</strong> Nauheim herüber. Ließ er sich<br />
an einem Pellegrinschen Tisch nieder, sprach sich das<br />
in Windeseile herum und die Jugend eilte herbei, um<br />
Autogramme zu ergattern. „Treffen wir uns beim Pellegrin“<br />
heißt es noch heute, denn der mittlerweile 85-Jährige<br />
genießt zwar den Ruhestand in der Heimat, das Eiscafé<br />
aber blieb in der Familie. Sein Neffe Francesco Covre<br />
und dessen Frau Maria führen nun das Geschäft.<br />
8 | <strong>LOUISe</strong> 3 / 2011<br />
EISZEITEN<br />
Bei ihnen, wie auch bei Emanuele Raciti<br />
im „Venezia“, bei Antonio Faraon im gleichnamigen Eiscafé<br />
oder in einem der anderen Cafés der Stadt lassen<br />
sich die <strong>Bad</strong> <strong>Homburg</strong>er Eiszeiten trefflich genießen.<br />
Nicht nur mit einer Kugel Eis auf der Hand, sondern<br />
gleichermaßen drinnen oder draußen in der Sonne<br />
bei vorzüglichen Kreationen aus Eis. Die Fantasie der<br />
„Gelatieri“ scheint grenzenlos. Wer meint, Spaghettieis<br />
sei eben Spaghettieis, ein Erdbeerbecher ein Erdbeerbecher,<br />
der irrt gewaltig. Auf weit mehr als ein Dutzend<br />
Arten werden diese Eisbecher angerichtet. Gleichermaßen<br />
die Schokoladen-, die Joghurtbecher und und und.<br />
Nicht zu vergessen Eiskaffee und Eisschokolade in mehreren<br />
Variationen, Crêpes mit Eis und Früchten oder so<br />
ganz tolle Leckereien wie Tartufo. Wie sagte Goethes<br />
Faust doch am Schluss des „Osterspaziergangs“? „Zufrieden<br />
jauchzet groß und klein: Hier bin ich Mensch,<br />
hier darf ich‘s sein!“<br />
Eva Schweiblmeier<br />
Foto: Ulrich Häfner Fotografie