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2. Jesus trägt UNSERE Last - Allendorf/Ulm

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Passionsandacht 2012: Kreuzweg von Sieger Köder<br />

III. Station: <strong>Jesus</strong> fällt unter dem Kreuz<br />

Kanzelsegen: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm<br />

Vater, und dem Herrn <strong>Jesus</strong> Christus. (Rs.) Amen.<br />

Wir betrachten heute die III. Station aus dem Kreuzweg<br />

von Sieger Köder: <strong>Jesus</strong> fällt unter dem Kreuz<br />

Votum: Der Herr segne an euch sein Wort. (Rs.) Amen.<br />

Einleitung<br />

Liebe Gemeinde,<br />

in dieser Fastenzeit laden wir sie ein verschiedene Stationen<br />

aus einem Kreuzweg zu betrachten. Der Kreuzweg ist<br />

eine ganz alte Andachtsform, bei der anhand von Bildern<br />

der letzte Weg Jesu ans Kreuz meditiert und bedacht wird.<br />

Einen modernen Kreuzweg hat der Pfarrer und Maler Sieger<br />

Köder geschaffen. Er hängt in der Pfarrkirche St. Nikolaus<br />

in Bensberg bei Bergisch-Gladbach. Sie haben schon<br />

in den letzten Wochen einige Bilder daraus gesehen und<br />

ausgelegt bekommen. Heute wollen wir uns der dritten Station<br />

aus diesem Kreuzweg widmen: <strong>Jesus</strong> fällt unter dem<br />

Kreuz.<br />

Als <strong>Jesus</strong> im Garten Gethsemane vor einer gefühlten<br />

Ewigkeit bereits Blut geschwitzt hat, bat er: Mein Vater,<br />

ist's möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber;<br />

doch nicht wie ich will, sondern wie du willst!<br />

<strong>Jesus</strong> liegt auf dem Boden in Todesangst und fleht zu seinem<br />

Vater. Er weiß: Was er nun zu tragen hat ist eine <strong>Last</strong><br />

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und Bürde, die für einen einzelnen viel zu schwer wiegt.<br />

Und so bittet er seinen Vater ihm diese <strong>Last</strong> zu ersparen.<br />

Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst! Er muss<br />

sie tragen, diese <strong>Last</strong>, weil wir sie nicht tragen können.<br />

Nun war es soweit! Er kümmert sich um die <strong>Last</strong>, die in<br />

diesem Bild ihr Gesicht zeigt.<br />

Nach seiner Verurteilung durch Pontius Pilatus hat er das<br />

Kreuz auf seine Schultern genommen. Jetzt geht der Zug<br />

los. <strong>Jesus</strong> geht voran – blutend, schwitzend, keuchend, tief<br />

gebückt von der <strong>Last</strong> auf seiner Schulter, schleppt er sich<br />

über die staubige und steinige Via Dolorosa in Jerusalem.<br />

Er geht den Weg der Verdammten, den Weg zu seiner Hinrichtung.<br />

Dahinter und daneben die Soldaten und die<br />

Schaulustigen – Menschen, denen es Spaß macht, dabei<br />

zuzusehen, wie ein Mensch gequält wird und sich quält.<br />

Die <strong>Last</strong> ist schwer – so schwer. Doch es geht den Soldaten<br />

immer noch nicht schnell genug. Mit Stockschlägen treiben<br />

sie in an. Nachdem er in der Nacht gegeißelt wurde, man<br />

ihm mit einer Dornenkrone den Kopf schwer verletzt hatte,<br />

da schlug man ihn nun noch immer und verhöhnen ihn:<br />

„Nicht dass du zu deiner Hinrichtung noch zu spät<br />

kommst!“<br />

Da passiert es: <strong>Jesus</strong> stolpert über einen Stein und fällt unter<br />

seiner <strong>Last</strong> zu Boden.<br />

1. Die <strong>Last</strong><br />

Sieger Köder zeigt uns auf diesem Bild das Geschehen auf<br />

besondere Weise. Wir betrachten gleichsam, was im Herzen<br />

Jesu geschieht, welche <strong>Last</strong> er ganz konkret zu tragen<br />

hat.<br />

Das Bild wird durch den Kreuzesbalken quer geteilt. Es<br />

gibt ein Oben und ein Unten, eine helle und eine dunkle<br />

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Seite. Wahrscheinlich war es so, dass die Verurteilten kein<br />

komplettes Kreuz zu ihrer Hinrichtung schleppen mussten,<br />

sondern lediglich den Querbalken. Was heißt hier aber lediglich?<br />

Haben Sie schon mal eine Eisenbahnschwelle versucht<br />

zu tragen? Sie hat gut und gerne 40 Kilo. Das wird<br />

bei dem Querbalken des Kreuzes Jesu nicht anders gewesen<br />

sein.<br />

Und doch sehen wir in diesem Bild, dass es nicht dieser<br />

knappe Zentner auf seiner Schulter war, der ihn zu Boden<br />

drückte. Gesichter erscheinen in der Finsternis über dem<br />

Kreuzbalken. Sie erzählen von Schuld, von Leid, von Verfehlung.<br />

Sie sind es die bleischwer auf dem Balken lasten<br />

und ihn zu Boden drücken.<br />

Der Prophet Jesaja hat es im Lied vom Gottesknecht so<br />

ausgedrückt:<br />

Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich<br />

unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der<br />

geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre.<br />

Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet<br />

und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe<br />

liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten, und durch<br />

seine Wunden sind wir geheilt. [Und] der HERR warf<br />

unser aller Sünde auf ihn.<br />

Genau das versucht der Künstler auf diesem Bild umzusetzen:<br />

Wir sehen links einen gefesselten Mann. Er schreit vor<br />

Schmerzen, schreit seinen Richter an: „Warum? Warum<br />

diese Gewalt? Warum dieser Hass?“ Der Richter darunter<br />

sieht nicht durch Zufall jenem Roland Freisler ähnlich, der<br />

im Volksgerichtshof so viele Unschuldige für Hitler zum<br />

Tode verurteilte. Doch dieser Richter und sein Opfer, sie<br />

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stehen für alle, denen in dieser Welt durch Willkür und<br />

Hass Unrecht und Leid entsteht.<br />

<strong>Jesus</strong> <strong>trägt</strong> beide! Den Täter und das Opfer. Und wir wissen,<br />

wenn wir in unsere Herzen sehen, dass auch wir all zu<br />

oft beides in uns vereinen, beides sind – Täter und Opfer.<br />

Mit der Gewalt seiner Liebe stemmt sich <strong>Jesus</strong> gegen dieses<br />

Unrecht, gegen Gewalt, Terror und Tod. Er nimmt auch<br />

diese <strong>Last</strong> auf seine Schultern, <strong>trägt</strong> sie für uns.<br />

Durch seine Wunden sind wir geheilt.<br />

<strong>Jesus</strong> <strong>trägt</strong> noch einen: Ganz rechts oben – einen Säufer,<br />

einen der sein Heil in der Betäubung sucht. Volltrunken<br />

grölt er seine Lieder, macht er seine geschmacklosen Witze.<br />

Schuld richtet sich allzu oft nicht nur gegen andere<br />

sondern auch gegen uns selber. Wo wir uns selber schaden,<br />

wo wir unser Gewissen betäuben, dort gehen auch wir den<br />

Weg in die Finsternis.<br />

Auch diese Schuld <strong>trägt</strong> <strong>Jesus</strong> ans Kreuz. Stützt den, der<br />

sich schon lange nicht mehr auf eigenen Beinen halten<br />

kann. Auch darin wird <strong>Jesus</strong> uns zum Vorbild! Dass wir<br />

jene unterstützen und ihnen helfen, die sich in ihrer Sucht<br />

verfangen haben, die schuldig an sich selbst werden.<br />

Durch seine Wunden sind wir geheilt.<br />

Und schließlich sehen wir unter dem Säufer noch einen<br />

Mann und eine Frau. Sie sind eng miteinander verschlungen.<br />

Körperliche Begierde, hemmungslose Wollust. <strong>Jesus</strong><br />

<strong>trägt</strong> auch die Schuld die wir mit und an einem anderen<br />

Menschen auf uns landen. Sexualität hat ihren Ort in der<br />

Ehe. Wo zwei Menschen ohne dieses Band des Segens<br />

Gottes miteinander verkehren, dort geht es um Lust, nicht<br />

um Verantwortung. Was sehen wir ihn ihnen? Eine Ver-<br />

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gewaltigung? Ehebruch? Einen Freier bei der Hure? Oder<br />

sonst irgendeine Form der Unzucht?<br />

Auch hier muss Christus tragen. Und wenn wir in unser<br />

Herz sehen, wissen wir alle wie viel er hier von uns zu tragen<br />

hat.<br />

<strong>2.</strong> <strong>Jesus</strong> <strong>trägt</strong> <strong>UNSERE</strong> <strong>Last</strong><br />

<strong>Jesus</strong> <strong>trägt</strong> diese <strong>Last</strong> – es ist unsere <strong>Last</strong>, es sind unsere<br />

Vergehen, es ist unser Leiden, es ist unsere Schuld.<br />

Ich, ich und meine Sünden, die sich wie Körnlein finden,<br />

des Sandes an dem Meer, die haben dir erreget das Elend,<br />

das dich schläget, und deiner schweren Martern Heer.<br />

(ELKG 64,4)<br />

so dichtete Paul Gerhard in seinem Passionslied „O Welt,<br />

sieh hier dein Leben“. Dieses stellvertretende Opfer Jesu,<br />

das können wir in diesem Bild ganz wunderbar sehen. Ich<br />

erblicke mich mit meiner Schuld auf der dunklen Seite dieses<br />

Bildes und sehe ihn auf der hellen.<br />

Von seinem Angesicht geht das Licht aus, er macht dieses<br />

Bild hell. Auf seinem Kreuz liegt die schwere <strong>Last</strong> und<br />

droht ihm fast das Genick zu brechen, so sehr ist sein Kopf<br />

auf die Brust gedrückt. Mit einer Hand hält er das Kreuz,<br />

mit der anderen stemmt er sich gegen die <strong>Last</strong> die von oben<br />

drückt – niederdrückt. Sein Blut rinnt ihm über die Stirn.<br />

Und obwohl die Szene so schrecklich ist, sehe ich diesen<br />

<strong>Jesus</strong> gerne an, weil ich weiß, dass er es für mich leidet.<br />

Ich bins, ich sollte büßen an Händen und an Füßen gebunden<br />

in der Höll; die Geißeln und die Banden und was du<br />

ausgestanden, das hat verdienet meine Seel.“ (ELKG 64,5)<br />

so hat Paul Gerhard das Lied weitergedichtet.<br />

In der letzten Ausgabe der „Lutherischen Kirche“, dem<br />

Kirchenblatt der SELK schreibt unsere Kirchenrätin Frau<br />

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Doris Michel-Schmidt über das Kreuz, über das stellvertretende<br />

Opfer Jesu. Und ich denke sie hat recht, wenn es dort<br />

heißt: Diese Wahrheit tut so sehr weh, „dass man sie entweder<br />

verdrängt oder vor ihr auf die Knie gehen muss“.<br />

Schluss<br />

Liebe Gemeinde,<br />

der Film „Die Passion – The Passion“ von Mel Gibson,<br />

wird von vielen Kritikern als zu blutrünstig, brutal und unansehnlich<br />

gebrandmarkt. Und wenn den Kritikern gar<br />

nichts anderes mehr zu diesem – aus meiner Sicht - großartigen<br />

Film einfällt wird er als antisemitisch bezeichnet<br />

(wenn der Film antisemitisch ist, dann sind es die Evangelien<br />

auch). Ich habe diesen Film immer aus der Perspektive<br />

betrachtet: Was hat Christus für mich getragen?<br />

Das ist der Blick, den Paul Gerhard in seinem Passionslied<br />

einnimmt, das ist auch der Blick, den Sieger Köder auf unserem<br />

Bild zeigt. Sich dieses vor Augen zu halten, das ist<br />

der Sinn unserer Passionsandachten, das ist der Sinn von<br />

Kreuzwegen. Die Fastenzeit lädt uns dazu ein, anhand des<br />

Kreuzwegs Jesu unsere Schuld zu bedenken und gleichzeitig<br />

Christus zu danken, dass er unsere <strong>Last</strong> getragen hat.<br />

Amen.<br />

Kanzelsegen: Der Friede Gottes, der höher ist als alle<br />

Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus <strong>Jesus</strong><br />

zum ewigen Leben. Amen.<br />

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